Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 11. Juni 2013 - 6 Sa 15/12

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2013:0611.6SA15.12.0A
11.06.2013

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 17.11.2011 – 1 Ca 121/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die Klägerin ist seit 01.01.2008 als kaufmännisch-technische Assistentin bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Sie verfügt über einen Berufsabschluss als Diplom-Ingenieurin.

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmte sich zunächst nach dem Arbeitsvertrag vom 22./30.11.2007 (Bl. 6 – 13 d.A.), wonach (§ 7) der Klägerin u.a. ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zustand. Vereinbart war eine Vollzeitbeschäftigung mit 40 Stunden pro Woche. Mit (erstem) Änderungsvertrag vom 30.06.2008 (Bl. 14 f.d.A.) vereinbarten die Parteien u.a. eine Veränderung der von der Klägerin geschuldeten Tätigkeit.

4

Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Schwerpunkt der von der Klägerin zu leistenden Dienste sich zunächst auf das von der Beklagten in Angriff genommene Projekt „P“ betreffend eine Betriebserweiterung bezog. Die Klägerin war in diesem Rahmen damit betraut, den Einkauf technischer Investitionsgüter und Anlagen abzuwickeln. Ob sich im Verlauf des Arbeitsverhältnisses der Aufgabenbereich der Klägerin dahin erweitert hat, dass sie allgemein für die Abwicklung des Einkaufs, auch von betriebsnotwendigen Rohstoffen, zuständig war und ihr Anfang 2011 sogar die Funktion einer Einkaufsleiterin übertragen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 20.05.2011 (Bl. 28 d.A.) fristgerecht zum 30.06.2011 und bot der Klägerin zugleich die Weiterbeschäftigung zu einer geringeren Stundenzahl an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:

6

7

Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus ordentlich, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, mit Wirkung zum 30.06.2011.

8

Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.07.2011 zu geänderten Bedingungen, vorliegend auf Grundlage einer 24-Stunden-Woche mit entsprechender Herabsetzung der Vergütung, ansonsten aber zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Den neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 01.07.2011 fügen wir Ihnen anliegend in zweifacher Ausfertigung bei. Gleiches gilt für die Stellenbeschreibung, die Gegenstand Ihres neuen Arbeitsvertrages sein wird.

9

10

Der diesem Kündigungsschreiben als Entwurf beigefügte neue Arbeitsvertrag enthält in § 7 einen Erholungsurlaubsanspruch für die Klägerin in Höhe von (lediglich) 20 Arbeitstagen (5-Tage-Woche). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsentwurfs wird auf Bl. 29 – 35 d.A. verwiesen. Die Beklagte hat hinsichtlich dieser Diskrepanz, nachdem das Arbeitsgericht erstinstanzlich darauf hingewiesen hatte, vorgetragen, die im Vertragsentwurf enthaltene Angabe zu den Urlaubstagen sei versehentlich erfolgt. Für die Klägerin sollten weiterhin 30 Urlaubstage pro Jahr gelten.

11

Mit Schreiben vom 08.06.2011 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.

12

Der vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 05.05.2011 (Bl. 162 – 167 d.A.) informierte Betriebsrat hat der Kündigung am 06.05.2011 (Schreiben – Bl. 37 d.A.) widersprochen.

13

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der streitbefangenen Änderungskündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu. Sie sei sozial nicht gerechtfertigt, weil hierfür weder ein Kündigungsgrund bestehe noch eine ordnungsgemäße Sozialauswahl erfolgt sei. Darüber hinaus sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

14

Die Klägerin hat beantragt,

15

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 20. Mai 2011, zugegangen am 20. Mai 2011, sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam sind.

16

Die Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte hat behauptet, der Arbeitsbereich der Klägerin sei aufgrund Auslaufens des Projektes „P“ in einem solchen Umfang in Wegfall geraten, dass eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 24 Stunden notwendig geworden sei. Die Hauptaufgabe der Klägerin habe bis zum Ausspruch der Änderungskündigung darin gelegen, den Einkauf technischer Investitionsgüter und Anlagen für das Projekt „P“ abzuwickeln. Keineswegs seien ihr die Aufgaben einer Einkaufsleiterin betreffend den zentralen Einkauf einschließlich der Rohstoffe übertragen worden. Hierfür seien andere Mitarbeiter zuständig gewesen. Mit dem Auslaufen des Projektes Ende 2011 sei auch ein deutlicher Rückgang an erforderlichen Einkäufen im technischen Anlagenbereich prognostizierbar gewesen. Hinzu komme, dass sich im Jahr 2011 – wie auch in den Jahren zuvor – die Umsätze im Vergleich zu den prognostizierten Umsätzen deutlich rückläufig entwickelt haben. Dies habe zu einer geringeren Auslastung der Anlage, damit zu einem geringeren Verschleiß und folglich zu einem geringeren Volumen an technischen Investitionen, für deren Abwicklung die Klägerin zuständig gewesen sei, geführt. Insgesamt ergebe sich unter Beachtung dieser Parameter ein prognostizierter Arbeitsbedarf von 1.086 Stunden pro Jahr, was einer täglichen Arbeitszeit von 4,94 Stunden entspreche. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Rechenwerks der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 19.07.2011, Seite 4 – 7 – Bl. 147 ff.d.A. verwiesen.

19

Einer Sozialauswahl habe es vor Ausspruch der Kündigung nicht bedurft, weil mit der Klägerin vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten nicht vorhanden gewesen seien.

20

Die Klägerin hat hierzu entgegnet, sie sei keineswegs während des gesamten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses ausschließlich für den „technischen Einkauf“ betreffend das Projekt „P“ zuständig gewesen. Ihr sei vielmehr im Verlauf des Arbeitsverhältnisses auch die Verantwortung für den Einkauf von Rohstoffen übertragen worden. So habe die Klägerin auf Anordnung der Beklagten an diversen Schulungen für Einkäufer teilgenommen. Der damalige Geschäftsführer habe Anfang 2011 beschlossen, ihr die Funktion eines „Leiter Einkauf“ zu übertragen, wie sich aus seiner an den Betriebsrat gerichteten E-Mail vom 07.01.2011 (Bl. 565 d.A.) ergebe. Einen entsprechenden Aufgabenumfang habe ihr die Beklagte auch in dem von ihr erbetenen Zwischenzeugnis vom 31.12.2009 (Bl. 313 d.A.) bescheinigt.

21

Darüber hinaus sei die Beklagte auch gehalten gewesen, eine Sozialauswahl vorzunehmen. Die Klägerin sei vergleichbar mit den weiter im Einkauf tätigen Mitarbeitern S und S .

22

Der von der Beklagten nunmehr angeführte Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben. Die Kündigung beruhe tatsächlich darauf, dass die Klägerin „unbequem“ geworden sei.

23

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.11.2011 dem Änderungsschutzantrag der Klägerin entsprochen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der streitbefangenen Änderungskündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu, weil sie nicht sozial gerechtfertigt sei. Die darlegungspflichtige Beklagte habe es nicht vermocht, die für eine soziale Rechtfertigung notwendigen betriebsbedingten Gründe substantiiert darzulegen. Aus ihrem Vorbringen sei bereits nicht hinreichend schlüssig herleitbar, welche Aufgaben der Klägerin zum Zeitpunkt der Änderungskündigung übertragen worden seien. Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten stehe im Widerspruch zu den von ihr selbst getätigten Angaben im Zwischenzeugnis. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 319 – 334 d.A. verwiesen.

24

Gegen dieses, ihr am 16.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.01.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.03.2012 am 01.03.2012 begründet. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie ihren Klagabweisungsantrag unter Ergänzung ihres Sachvortrages weiter.

25

Sie behauptet weiter, die Aufgabe der Klägerin habe sich auf den Einkauf von technischen Anlagen für das Projekt „P“ beschränkt. Die in das Zwischenzeugnis aufgenommene Aufgabenbeschreibung beruhe auf einer zum damaligen Zeitpunkt bestehenden optimistischen Stimmung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von dem damaligen Geschäftsführer an den Betriebsrat gerichteten E-Mail vom 07.01.2011. Hierbei habe es sich nur um Überlegungen gehandelt, die sich auf den technischen Einkauf bezogen haben.

26

Im Übrigen sei als weiterer betriebsbedingter Kündigungsgrund anzuführen, dass nach im Jahr 2012 durchgeführten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen im Betrieb B kein zentraler Einkauf mehr existiere. Diese Umstrukturierung sei bereits bei Ausspruch der Änderungskündigung seitens der Beklagten prognostiziert und jener zugrunde gelegt worden, obwohl es zum damaligen Zeitpunkt noch kontroverse Diskussionen innerhalb der Führungsebene der Beklagten zu dieser Veränderung gegeben habe.

27

Die Beklagte beantragt,

28

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 17.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.

29

Die Klägerin beantragt,

30

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist erneut unter Bezugnahme auf diverse E-Mails sowie Schulungsprogramme der Beklagten darauf, dass ihre Aufgabe sich nicht auf den sog. technischen Einkauf beschränkt habe.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

33

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Änderungskündigung vom 20.05.2011 nicht sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist.

I.

34

Sie ist nicht sozial gerechtfertigt, weil hierfür keine dringenden betrieblichen Erfordernisse gemäß §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG – sonstige Kündigungsgründe im Sinne der vorgenannten Bestimmungen liegen ersichtlich nicht vor – gegeben sind.

35

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dabei ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde.

36

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitzuteilen. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhaltes hinausgehen (BAG 12.08.2010 – 2 AZR 945/08 Rn. 29 und Rn. 18).

37

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lässt sich ein betriebsbedingter Grund für den Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung nicht feststellen.

1.

38

Dies gilt zum einen hinsichtlich des behaupteten Wegfalls des „zentralen Einkaufs“ in B aufgrund der im Jahr 2012 erfolgten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen.

a.

39

Hierauf kann die Beklagte die Änderungskündigung schon deshalb nicht stützen, weil sie den Betriebsrat ausweislich des Anhörungsschreibens vom 05.05.2011 insoweit nicht informiert hat. Nach diesem Schreiben wird die Änderungskündigung ausschließlich – siehe insbesondere Ziffer 6. „Fazit“ – auf den Wegfall von Aufgaben wegen Beendigung des Projekts „P“ und rückläufiger Umsätze gestützt.

b.

40

Weiter fehlt es insoweit an einem betriebsbedingten Grund zum Zeitpunkt der streitigen Kündigung. Erforderlich ist eine wirtschaftliche Entscheidung des Arbeitgebers, die den dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen bewirkt und deren Umsetzung zum Zeitpunkt der Kündigung zumindest greifbare Formen angenommen hat (BAG 12.04.2002 – 2 AZR 740/00). Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass bereits bei Ausspruch der Änderungskündigung im Mai 2011 ein Wegfall des Bereichs „zentraler Einkauf“ von der Unternehmensführung definitiv beschlossen war. Sie räumt in ihrem letzten Schriftsatz vielmehr ein, hierüber haben zunächst im Unternehmen bzw. Konzern kontroverse Meinungen bestanden.

2.

41

Betriebsbedingte Gründe lassen sich weiter nicht aus dem von der Beklagten behaupteten Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Projektes „P“ und den gegenüber den geplanten Umsätzen sich tatsächlich rückläufig entwickelnden Umsatzzahlen ableiten. Es fehlt auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der gemäß §§ 2, 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungsbelasteten Beklagten an substantiiertem Sachvortrag für den behaupteten Wegfall eines Beschäftigungsbedürfnisses der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen im Umfang von mindestens 16/40.

a.

42

Dazu hätte die Beklagte zunächst substantiiert darzulegen, dass die von der Klägerin bei Ausspruch der Änderungskündigung im Mai 2011 aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geschuldete Tätigkeit sich auf den Bereich „technischer Einkauf“ beschränkt hat. Dieser Obliegenheit ist sie jedoch auch unter Berücksichtigung ihres zweitinstanzlichen Vortrages nicht nachgekommen. Aus dem maßgeblichen ersten Änderungsvertrages vom 30.06.2008 ergibt sich eine auf diesen Bereich beschränkte Tätigkeit der Klägerin nicht. Danach (Neufassung des § 1 Art. 2 des Arbeitsvertrages) ist sie als kaufmännisch-technische Assistentin verpflichtet, alle damit in Verbindung stehenden verkehrsüblichen Tätigkeiten wahrzunehmen. Die sodann konkret benannte Tätigkeit „Beschaffung technischer Investitionsgüter…“ konkretisiert ihre Arbeitsaufgabe nicht auf diese und die weiter benannten Funktionen. Der von den Vertragsparteien im diesbezüglichen Eingangssatz verwendete Begriff „insbesondere“ macht deutlich, dass die aufgezählten Tätigkeiten den vertraglichen Pflichtenkreis der Klägerin nicht abschließend bestimmen sollten. Dies wird weiter verdeutlicht durch § 1 Art. 3 des Arbeitsvertrages vom 22./30.11.2007 (Konzernversetzungsklausel), dessen Weitergeltung durch den vorgenannten Änderungsvertrag nach der Vereinbarung im letzten Absatz nicht berührt wird.

43

Soweit die Beklagte behauptet, der Klägerin seien durchgängig bis zum Ausspruch der Änderungskündigung ausschließlich Aufgaben aus dem Bereich „technischer Einkauf“ betreffend das Projekt „P“ zugewiesen worden, so ist dieser, von der Klägerin bestrittene Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, deren Inhalt die Beklagte nicht bestreitet, lassen vielmehr den Schluss zu, die Klägerin sei auch in anderen Bereichen des „Einkaufs“ von der Beklagten eingesetzt worden. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Verkehr mit Kunden und Schwesterunternehmen sowie aus der Information des damaligen Geschäftsführers vom 07.01.2011 an den Betriebsrat, wonach die Klägerin die Funktion „Leiter Einkauf“ erhalten soll. Weiter ist die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 für diverse Fortbildungsveranstaltungen betreffend den Einkauf allgemein verplant worden. Schlussendlich weist das von der Beklagten erstellte Zwischenzeugnis explizit über den „technischen Einkauf“ hinausgehende Aufgaben der Klägerin im Bereich „Einkauf“ aus.

44

Aus dem hierauf bezogenen Sachvortrag der Beklagten lässt sich nicht schlüssig ableiten, dass ungeachtet dieser Geschäftsvorgänge die Klägerin dennoch ausschließlich bis Mai 2011 mit dem „technischen Einkauf“ für das Projekt „P“ beschäftigt worden ist. Das Zwischenzeugnis ist inhaltlich eindeutig. Danach gehörten zu den übertragenen Aufgaben insbesondere der Einkauf von Rohstoffen, also ein Bereich, der nicht dem Projekt „P“ zugeordnet war. Selbst wenn dieses Zeugnis von der Beklagten in einer „optimistischen Aufbaustimmung“ gefertigt worden sein sollte, erschließt sich nicht, wie diese Stimmung auf die Aufgabenbeschreibung (nicht auf einen möglichen perspektivisch geplanten Einsatz) der Klägerin Einfluss haben konnte. Ebenso wenig plausibel ist es, die Klägerin zwar in den Jahren 2008 und 2009 für Veranstaltungen, bei denen auf Konzernebene Themen des Einkaufs allgemein besprochen werden, als Teilnehmerin einzuplanen, wenn diese für die dort erörterten Themen gar nicht zuständig ist.

b.

45

Darüber hinaus fehlt es an substantiiertem Sachvortrag, aus dem auf einen dauerhaften Rückgang der Arbeitsmenge im Bereich „technischer Einkauf“ im Umfang von mindestens 16/40 geschlossen werden kann. Der Beklagten mag zwar zuzugestehen sein, dass sich mit Abschluss des Projektes der Bedarf für den Einkauf von technischen Gerätschaften verringert. Nach ihrem eigenen Sachvortrag beruht die Verringerung des Arbeitsvolumens jedoch nicht nur auf dem Auslaufen des Projektes an sich, sondern auch auf den – gegenüber der Planung – verringerten Umsätzen in den Jahren 2009 bis 2011, woraus eine verringerte Produktion von chemischen Stoffen und daraus wiederum eine geringere Belastung bzw. ein geringerer Verschleiß der technischen Anlagen folgen soll. In welchem Umfang dieser Faktor in das Rechenwerk der Beklagten einfließt, ist jedoch ihrem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Aus ihrem Vorbringen, es liege auf der Hand, dass bei einem auf ¼ abgesunkenen Umsatz sich auch der Wartungsaufwand der Anlagen erheblich verringere, lassen sich konkrete Werte für die im Bereich „technischer Einkauf“ anfallenden Arbeitsmengen nicht ableiten.

II.

46

Schlussendlich steht der Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung entgegen, dass das darin enthaltene Änderungsangebot widersprüchlich ist. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 29.09.2011 – 2 AZR 523/10 – Rn. 29).

47

Der mit der Änderungskündigung übermittelte Vertragsentwurf sieht in § 7 einen Urlaubsanspruch von lediglich 20 Tagen pro Jahr vor, während nach den bisher geltenden Vertragsbedingungen (§ 7 Arbeitsvertrag vom 22./30.11.2007) der Klägerin 30 Urlaubstage pro Jahr zustanden. Andererseits teilt die Beklagte der Klägerin im Änderungskündigungsschreiben selbst mit, die Arbeitsbedingungen mit Ausnahme der wöchentlichen Arbeitszeit und damit korrespondierend der Vergütungshöhe sollen unverändert bleiben. Hieraus ergibt sich hinsichtlich des zukünftig geltenden Urlaubsanspruchs aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Widerspruch. Dass für die Klägerin bei Zugang der Änderungskündigung aus sonstigen Umständen eindeutig ableitbar war, bei der Angabe „20 Arbeitstage“ im Arbeitsvertragsentwurf handele es sich – wie die Beklagte nach Hinweis des Arbeitsgerichts erstinstanzlich vorgetragen hat – um einen Fehler, ist dem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Eine spätere Beseitigung des Widerspruches vermag der Kündigung als (einseitiges) Gestaltungsrecht nicht nachträglich zur Wirksamkeit zu verhelfen. Die gestaltende Wirkung dieses Rechtsgeschäfts macht es vielmehr notwendig, dass bei Ausspruch der Willenserklärung für den Empfänger die Rechtswirkungen eindeutig feststehen.

III.

48

Die Kammer hält die von der Beklagten in dem Schriftsatz vom 06.06.2013 angeregte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 1 ZPO für nicht angezeigt. Mit den Parteien ist bereits im Termin am 16.04.2013 ein ausführliches Vergleichsgespräch geführt worden, in dem sowohl die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung der Klägerin als auch eine vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung thematisiert worden ist. Im Hinblick auf das Ergebnis der im Anschluss an die mündliche Verhandlung zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen sieht die Kammer keinen Raum mehr für eine vergleichsweise Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits.

IV.

49

Nach alledem konnte das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg haben.

B.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

C.

51

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.

52

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

53

Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.


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(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2008 - 20 Sa 1594/07 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin ist seit 1993 bei der Beklagten tätig. Die Beklagte nimmt im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Aufgaben des Immobilienmanagements im ländlichen Raum der fünf neuen Bundesländer wahr. Sie ist in verschiedene Niederlassungen gegliedert. In Mecklenburg-Vorpommern bestehen Niederlassungen in Schwerin/Rostock, mit Geschäftsstellen in Schwerin und Rostock, und in Neubrandenburg. In den Geschäftsstellen Schwerin und Rostock sowie der Niederlassung Neubrandenburg waren Betriebsräte gewählt worden; am Sitz der Beklagten besteht ein Gesamtbetriebsrat.

3

Die Klägerin arbeitete ursprünglich als Gruppenleiterin im Bereich „Außenstellen Rostock“ mit „Dienstort Rostock“. Später wurde sie in Rostock als Referentin weiterbeschäftigt. Gemeinsam mit drei weiteren Referenten bearbeitete sie den Bereich „Bad Doberan“.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2003, wegen rückläufigen Auftragsvolumens die Zahl ihrer Geschäftsstellen zu reduzieren und Personal abzubauen. Am 15. Dezember 2003 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. In ihm ist unter § 5 geregelt, dass Versetzungen entweder auf freiwilliger Basis oder im Rahmen von vereinbarten Zumutbarkeitskriterien erfolgen sollen. Ein Versetzungsangebot gilt ua. dann als zumutbar, wenn der Fahrweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der Wohnung zur Arbeitsstätte maximal 1 ½ Stunden je Weg beträgt (§ 6 Abs. 3 des Interessenausgleichs). Der Interessenausgleich wurde am 20. Januar 2005 ohne inhaltliche Änderungen neu gefasst.

5

Im Februar 2004 beschloss die Beklagte, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen. Mit Wirkung zum 1. April 2005 ordnete sie den Bereich „Bad Doberan“ dem neuen Arbeitsbereich „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan“ in der Geschäftsstelle Schwerin zu. Wegen der örtlichen Nähe sollten die Bad Doberan betreffenden Aufgaben zunächst weiter von Rostock aus erledigt werden. Mit Schreiben vom 2. März 2005 erhielt die Klägerin die Bestätigung, dass sie ab 1. April 2005 als Referentin in der Gruppe „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan der Niederlassung Schwerin/Rostock, Geschäftsstelle Schwerin, Standort Rostock tätig“ sei. Alle anderen vertraglichen Regelungen sollten weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Die Klägerin bestätigte mit ihrer Unterschrift ihr Einverständnis.

6

Im Juni 2005 entschied die Beklagte, die restlichen Aufgaben der Geschäftsstelle Rostock zum 1. Januar 2008 auf die Niederlassung Neubrandenburg zu übertragen. Mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte sie am 30. Januar 2006 in Ergänzung der bestehenden Regelungen einen weiteren „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“. Nach dessen § 1 wurden „im Zuge der Schließung der Geschäftsstelle Rostock“ der Geschäftsstelle Schwerin 11,5 und der Niederlassung Neubrandenburg 19 „Vollzeitäquivalente“ zugewiesen. In dem „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ heißt es unter §§ 4 und 5:

        

„§ 4   

        

Für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle Rostock findet das folgende Verfahren im Rahmen von § 5 des Interessenausgleichs vom 15.12.2003 Anwendung:

        

Die B wird diesen Mitarbeitern entsprechend den nachfolgenden Auswahlrichtlinien (vgl. § 5) einen Arbeitsplatz an dem neuen Standort (Niederlassung oder Geschäftsstelle) zur Weiterbeschäftigung schriftlich anbieten (=’Versetzung’), der ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Funktion und ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend zumutbar ist. Der Arbeitgeber wird bei dieser Versetzung eine Ankündigungsfrist einhalten, die mindestens einen Monat länger ist als die individuelle, vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist des Mitarbeiters; je nach dem, welche der beiden genannten Fristen länger ist.

        

Die B wird die Mitarbeiter auffordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang der Mitteilung zu erklären, ob sie der Versetzung zustimmen.

        

Sofern die Mitarbeiter sich nicht innerhalb der o.g. Frist zu einer einvernehmlichen Versetzung per ergänzender arbeitsvertraglicher Vereinbarung bereit erklären, kann die B, soweit sie dies für erforderlich hält, unter Wahrung der gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen Änderungskündigungen mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung an dem neuen Standort aussprechen. Hierauf wird die B die Arbeitnehmer in der Mitteilung über die Versetzung hinweisen.

        

§ 5     

        

Die Betriebsparteien sind darüber einig, die vor Ausspruch einer Änderungskündigung erforderliche Sozialauswahl, d.h. die Frage, welchen austauschbaren Mitarbeitern der Geschäftsstelle Rostock im Rahmen einer Änderungskündigung ein Arbeitsplatz in Schwerin resp. Neubrandenburg anzubieten ist, auf Grundlage der nachfolgend im Rahmen einer Auswahlrichtlinie i.S.d. §§ 95 BetrVG, 1 Abs. 4 KSchG festgelegten und gewichteten sowie auf die besondere Situation der zukünftig gegebenenfalls auszusprechenden Änderungskündigungen angepassten Sozialauswahlkriterien vorzunehmen:

        

Die Auswahlrichtlinie legt die folgenden Kriterien und Bewertungen zugrunde:

        

1.    

Für jedes vollendete Lebensjahr

1,0 Punkte

        

2.    

Für jedes vollendete Jahr der Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit

1,0 Punkte

        

3.    

Für jede unterhaltsberechtigte Person (Ehegatte, Kinder, etc.,)

5,0 Punkte

        

4.    

Für jedes im Haushalt lebende Kind vom 13. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

10,0 Punkte

        

5.    

Für jeden pflegebedürftigen Angehörigen i.S.d. § 61 SGB XII oder betreuungsbedürftiges Kind (bis Vollendung des 12. Lebensjahres) im Haushalt

20,0 Punkte

        

6.    

Für die Fahrtzeitdifferenz zwischen dem Wohnort und der alten Arbeitsstätte und dem Wohnort und der Niederlassung Neubrandenburg pro zusätzliche Fahrminute (einfache Fahrt) (ermittelt nach Falk.de-Routenplaner, Schnellster Weg, PKW mittel)

0,15 Punkte

        

7.    

Für eine Schwerbehinderung von 50% oder i.S.v. § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellte Mitarbeiter

5,0 Punkte

                 

Für jeden um 10% erhöhten Behinderungsgrad

2,0 Punkte

        

Die Summe dieser Punktwertung wird für alle Mitarbeiter in Rostock, die potentiell von einer Änderungskündigung betroffen sind, ermittelt. Je höher die ermittelte Punktzahl ist, desto schützenswerter ist der von der Schließung betroffene Mitarbeiter, d.h. umso schwerwiegender streitet die Sozialauswahl für ein Versetzungsangebot nach Schwerin. Je geringer die Gesamtpunktzahl eines Mitarbeiters ist, desto eher ist ihm die Versetzung an den weiter entfernten Standort Neubrandenburg zuzumuten.“

7

Anfang März 2006 bewarb sich die Klägerin auf eine für Schwerin ausgeschriebene Stelle. Das Angebot der Beklagten, sie dort bis 31. Dezember 2007 bei Einverständnis mit einer späteren Versetzung nach Neubrandenburg weiter zu beschäftigen, lehnte sie ab. In der Folgezeit schrieb die Beklagte insgesamt 7 Referentenstellen für Schwerin (einschließlich der vorgenannten Stelle) und 8 Referentenstellen für Neubrandenburg aus. 12 der bisher in Rostock tätigen 15 Referenten einschließlich der Klägerin bewarben sich für eine Tätigkeit in Schwerin. Die Beklagte ermittelte anhand von Fragebögen die Sozialdaten der Rostocker Mitarbeiter und erstellte auf deren Grundlage eine Auswahlliste. Mit Schreiben vom 13./14. Juli 2006 unterbreitete sie den Rostocker Referenten Angebote zur einvernehmlichen Weiterbeschäftigung an den Standorten Schwerin bzw. Neubrandenburg. 13 Mitarbeiter nahmen das Angebot an. Die Klägerin, die eine Gesamtpunktzahl von 84,10 erzielte, lehnte die angebotene Weiterbeschäftigung in Neubrandenburg ab. Die geringste Punktzahl eines Arbeitnehmers, der ein Versetzungsangebot nach Schwerin erhalten hatte, belief sich auf 86,65 Punkte.

8

Nach Zustimmung des Betriebsrats Neubrandenburg zur beabsichtigten „Versetzung“ hörte die Beklagte mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 den Betriebsrat der Geschäftsstelle Rostock zur beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin verbunden mit dem Hinweis an, es sei beabsichtigt, das ihr mit Schreiben vom 13. Juli 2006 angetragene Änderungsangebot erneut zu unterbreiten. Zugleich beantragte sie die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach Neubrandenburg. Der Betriebsrat Rostock äußerte sich nicht.

9

Mit Schreiben vom 6. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 und bot der Klägerin ab 1. Januar 2008 eine Tätigkeit als Referentin „Verkauf/Verpachtung“ in der Niederlassung Neubrandenburg bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen an.

10

Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen. Sie hat Änderungsschutzklage erhoben und die Auffassung vertreten, sie sei von der Schließung der Geschäftsstelle Rostock nicht betroffen, da „Ihre“ Stelle bereits nach Schwerin verlagert worden sei. Die Auswahl sei fehlerhaft und sozial unangemessen. Der Gesamtbetriebsrat sei für die im Interessenausgleich vereinbarte Auswahlrichtlinie nicht zuständig gewesen. Die Auswahlkriterien seien teils sachwidrig, teils willkürlich gewichtet. In die Auswahlentscheidung hätten auch die vergleichbaren Schweriner Referenten miteinbezogen werden müssen. Auch habe die Beklagte unzutreffende Angaben der Rostocker Mitarbeiter zu ihren Sozialdaten ungeprüft übernommen und keine Einzelfallbewertung vorgenommen. Die Anhörung des Betriebsrats sei fehlerhaft. Die Beklagte habe ihn nicht über die Sozialdaten der in die Auswahlentscheidung einbezogenen Referenten unterrichtet.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 6. November 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht: Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock seien die dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen. Das Änderungsangebot sei verhältnismäßig. Einer Sozialauswahl habe es nicht mehr bedurft. Entsprechend dem Interessenausgleich habe sie sich mit 13 der 15 Referenten über eine einvernehmliche Versetzung nach Schwerin bzw. Neubrandenburg vorab verständigt. Sämtliche Stellen in Schwerin seien demnach zum Kündigungszeitpunkt besetzt gewesen, es seien nur noch die beiden Stellen in Neubrandenburg offen gewesen. Die Stellenbesetzungen in Schwerin seien nicht treuwidrig, sondern auf der Grundlage der Auswahlrichtlinie erfolgt. Deshalb habe sie den Betriebsrat auch nicht über die Sozialdaten und die Sozialauswahl unterrichten müssen. Unabhängig davon habe dieser eine Übersicht der ermittelten Gesamtpunktzahlen der Rostocker Referenten erhalten; ihm seien auch die einzelnen Sozialdaten bekannt gewesen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Zwar ist die Änderungskündigung nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat aber auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Es steht noch nicht fest, dass die Beklagte der Klägerin ein verhältnismäßiges, zumutbares Änderungsangebot unterbereitet hat. Dementsprechend war das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

I. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam.

16

1. Die Beklagte hat mit dem in Rostock gebildeten Betriebsrat die zuständige betriebliche Interessenvertretung nach § 102 BetrVG angehört. Die Feststellungen und Würdigung des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin greift dieses Ergebnis auch nicht an.

17

2. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die Gründe der Änderungskündigung unterrichtet (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

18

a) Bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitzuteilen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167). Dabei ist die Mitteilung der Kündigungsgründe nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“. Der Arbeitgeber muss nur die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115b). Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (bspw. Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 11. Oktober 1989 - 2 AZR 61/89 - zu II 2 b, c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 64). Der Arbeitgeber kommt seiner Unterrichtungspflicht erst dann nicht mehr nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewusst eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsdarstellung unterbreitet (Senat 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - zu B I 1 a der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50).

19

b) Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist die Mitteilung über die Überlegungen des Arbeitgebers zur Sozialauswahl grundsätzlich Bestandteil der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats. Beruft sich der Arbeitgeber auf eine Auswahl nach sozialen Kriterien, hat er die in seine Auswahl einbezogenen Arbeitnehmer und deren Sozialdaten, die Auswahlkriterien und seinen Bewertungsmaßstab anzugeben. Nicht ausreichend sind pauschale, schlag- oder stichwortartige Angaben (Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199). Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht, wenn er die für ihn subjektiv erheblichen Auswahlüberlegungen darlegt. Ergibt sich aus seiner Auskunft, dass er nicht alle nach dem Gesetz maßgeblichen Sozialdaten oder ungeeignete Kriterien berücksichtigt hat oder dass die von ihm beachteten Kriterien im Kündigungsschutzprozess bei objektiver Würdigung noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen (Senat 30. Juni 1988 - 2 AZR 49/88 - zu II 2 b der Gründe, RzK III 1 b Nr. 12), kann die Unterrichtung gleichwohl ausreichend sein, wenn für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl für überflüssig gehalten hat, etwa weil nach dessen Ansicht kein mit dem zu kündigenden Arbeitnehmer vergleichbarer Mitarbeiter (mehr) vorhanden sein soll oder weil er allen Arbeitnehmern kündigen will (vgl. Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 b bb der Gründe, BAGE 110, 331; Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 99, 167; KR-Etzel 9. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 62j mwN).

20

c) Daran gemessen ist die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß.

21

aa) Die Beklagte hat ihren Kündigungsentschluss dahingehend erläutert, dass sie eine soziale Auswahl bei der beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin für entbehrlich halte, weil sie bereits zuvor mit 13 der in Rostock beschäftigten 15 Referenten eine verbindliche Verständigung über eine einvernehmliche Versetzung erzielt habe und nur noch zwei Referenten zur Änderungskündigung angestanden hätten. Nach dem mit dem Betriebsrat abgestimmten Verfahren seien daher im Kündigungszeitpunkt die für Schwerin ausgeschriebenen Stellen besetzt gewesen und sei nur noch eine Versetzung der Klägerin (und eines Kollegen) nach Neubrandenburg im Wege der Änderungskündigung in Betracht gekommen.

22

bb) Die Annahme der Klägerin, diese subjektiven Erwägungen seien nur „vorgeschoben“, um dem Vorwurf einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung zu entgehen, ist unberechtigt. Zwar hatte sich die Beklagte im Streitfall zunächst auf eine ordnungsgemäß durchgeführte Auswahl unter Einbeziehung sozialer Gesichtspunkte berufen und erst auf Rüge der fehlerhaften Unterrichtung des Betriebsrats ihre jetzige Position eingenommen. Dieser Vortrag zu den Gründen ihres Kündigungsentschlusses war der Beklagten jedoch nicht abgeschnitten. Dies gilt um so mehr und erscheint bei Anwendung eines subjektiven Maßstabs nachvollziehbar als sich ihre Argumentation an den Regelungen zu §§ 4, 5 des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 orientiert, nach denen den betroffenen Arbeitnehmern vorab Angebote zur einvernehmlichen Versetzung unter „entsprechender“ Anwendung der vereinbarten Kündigungsauswahlrichtlinie zu unterbreiten waren. Erst in einem zweiten Schritt sollte - ausnahmsweise - eine Änderungskündigung ausgesprochen werden.

23

cc) Die ihren Kündigungsentschluss bestimmenden Umstände hat die Beklagte dem Betriebsrat ausreichend mitgeteilt. Im Anhörungsschreiben vom 2. Oktober 2006 hat sie als betrieblichen Anlass für die Kündigung die Schließung der Geschäftsstelle Rostock genannt und den Betriebsrat über ihre Absicht unterrichtet, der Klägerin eine Weiterbeschäftigung als Referentin in Neubrandenburg anzubieten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ein zuvor unterbreitetes Angebot einer befristeten Beschäftigung auf einer Referentenstelle in Schwerin und das Versetzungsangebot vom 13. Juli 2006 eingegangen ist, verweist sie zwar darauf, dass diese - durch die Klägerin abgelehnten - Angebote „die Regeln der Sozialauswahl gemäß § 5 der Vereinbarung zum Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ berücksichtigten. Mit daran anschließendem Hinweis auf eine zwischenzeitlich getroffene Entscheidung zur Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen hat sie aber zugleich ihren Standpunkt verdeutlicht, dass es zu dem Änderungsangebot keine Alternative mehr gegeben habe und andere Beschäftigungsmöglichkeiten zwischenzeitlich ausgeschlossen seien.

24

dd) Zu Unrecht rügt die Revision, die Beklagte hätte dem Betriebsrat die Sozialdaten der anderen Referenten mitteilen müssen. Die Beklagte konnte aufgrund der ihrer Ansicht nach gebotenen Trennung der nach §§ 4, 5 des Interessenausgleichs abzugebenden Erklärungen vertretbar davon ausgehen, dass es solcher Angaben nicht bedürfe, weil nunmehr keine Sozialauswahl mehr stattzufinden brauche.

25

Auch war sie nicht verpflichtet, dem Betriebsrat von vorneherein solche Umstände mitzuteilen, die ein treuwidriges Verhalten oder eine Umgehung des Kündigungsschutzes einschließlich einer vorzunehmenden Sozialauswahl objektiv auszuschließen vermochten. Lediglich wenn und soweit sie dies zum Gegenstand ihres Kündigungsentschlusses gemacht hätte, könnte sich etwas anderes ergeben (vgl. Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199).

26

d) Andere Mängel des Anhörungsverfahrens sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.

27

3. Ob die Beklagte darüber hinaus das Mitbestimmungsverfahren zur Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG beim Betriebsrat Rostock ordnungsgemäß durchgeführt hat, kann dahingestellt bleiben. Es ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderungskündigung, dass im Kündigungszeitpunkt eine Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung vorliegt (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15, NZA 2010, 1235; 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 74, 291).

28

II. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht als sozial gerechtfertigt iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG ansehen. Zwar liegen im Kündigungszeitpunkt betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in Rostock entgegenstanden. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Änderungsangebots hat das Berufungsgericht jedoch einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt.

29

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(st. Rspr. des Senats, zuletzt 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141). Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies für die Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar werden, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, die notwendig gewordene Anpassung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (Senat 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (Senat 26. November 2009 - 2 AZR 658/08 - Rn. 16, EzA KSchG § 2 Nr. 76; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN, aaO).

30

2. Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock und der Verlagerung der Aufgaben in die Geschäftsstelle Schwerin und in die Niederlassung Neubrandenburg lag an sich ein dringendes betriebliches Erfordernis vor.

31

a) Dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sind gegeben, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist(Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 136 = EzA KSchG § 2 Nr. 69; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 188). Eine Änderung des Beschäftigungsbedarfs kann sich insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen als Folge einer Organisationsentscheidung ergeben (Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, aaO; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 16, BAGE 115, 149). Eine Organisationsentscheidung kann ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt(Senat 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Solche Organisationsentscheidungen unterliegen im Kündigungsschutzprozess nur einer eingeschränkten Missbrauchskontrolle darauf hin, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf sind (Senat 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 17, aaO; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 3 der Gründe, aaO).

32

b) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)hat die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen und die bisher dort verrichteten Tätigkeiten nach Schwerin und Neubrandenburg zu verlagern. Diese Aufgabenverlagerung ist grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu rechtfertigen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c aa der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 41).

33

c) Von diesen Veränderungen war die Klägerin betroffen. Ihr Arbeitsplatz befand sich seit Beginn ihrer Tätigkeit in Rostock. Dies entsprach der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung zum Dienstort Rostock. Die im Jahr 2005 erfolgte verwaltungstechnische Anbindung der von der Klägerin besetzten Stelle an die Niederlassung Schwerin - wie im Schreiben vom 2. März 2005 dokumentiert - änderte daran nichts; die den Bereich Bad Doberan betreffenden Aufgaben wurden weiterhin aufgrund entsprechender Organisationsentscheidung der Beklagten in Rostock erledigt. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind mit der Schließung der Geschäftsstelle Rostock entfallen.

34

d) Dass die Entscheidung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht vollständig umgesetzt war, steht dem nicht entgegen. Die Organisationsentscheidung hatte mit dem Beschluss zur Schließung der Geschäftsstelle, dem Abschluss des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 und den bereits getroffenen Versetzungsvereinbarungen im Kündigungszeitpunkt hinreichend greifbare Formen angenommen (zuletzt bspw. Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 23, RDG 2008, 234; 11. März 1998 - 2 AZR 414/97 - zu II 1 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 99).

35

e) Der Beklagten kann auch nicht entgegen gehalten werden, sie hätte ihre Struktur so organisieren können, dass die Klägerin weiterhin ihre Arbeit von Rostock aus hätte erledigen können. Das liefe auf eine unzulässige Zweckmäßigkeitsüberprüfung der getroffenen Organisationsentscheidung hinaus (Senat 21. Februar 2002 - 2 AZR 556/00 - zu II 3 d der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 45).

36

3. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, dass die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen verhältnismäßig und zumutbar waren. Dieses Ergebnis wird von den bisherigen Feststellungen nicht getragen.

37

a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass eine Weiterbeschäftigung in der Geschäftsstelle Schwerin für die Klägerin objektiv günstiger und weniger belastend wäre als eine Tätigkeit in Neubrandenburg.

38

b) Einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit des Änderungsangebots im Hinblick auf Beschäftigungsmöglichkeiten in Schwerin steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte mit anderen Referenten bereits endgültig über deren dortige Weiterbeschäftigung verständigt hatte.

39

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann sich ein Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer Kündigung nicht auf einen von ihm selbst treuwidrig herbeigeführten, etwa durch eine vorgezogene Stellenbesetzung verursachten Wegfall freier Arbeitsplätze im Kündigungszeitpunkt berufen (Rechtsgedanke des § 162 BGB; vgl. Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - zu III 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121; 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - zu III 2 d ee der Gründe, BAGE 95, 350). Er hat es nicht in der Hand, eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG dadurch zu vermeiden, dass er zunächst einen freien Arbeitsplatz besetzt und später eine Beendigungskündigung wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausspricht. Erfolgen die Besetzung einer freien Stelle und die Kündigung aufgrund eines einheitlichen Entschlusses, sind bei Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen des § 1 KSchG beide Erklärungen des Arbeitgebers als Einheit zu würdigen. Dies gilt nicht nur für die Prüfung anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb oder Unternehmen, sondern auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG(vgl. Senat 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - aaO; 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu II 3 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Ein treuwidriges, weil rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn für den Arbeitgeber bereits zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den später gekündigten Arbeitnehmer absehbar war (Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121).

40

bb) Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welchen Arbeitnehmer er auf dem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt(Senat 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77; vgl. auch Senat 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - Rn. 41 mwN, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141). Entsprechendes gilt, wenn sich der Arbeitgeber in Kenntnis anstehender Kündigungen zur Besetzung freier Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG entschließt.

41

cc) Diese Grundsätze finden auch bei einer Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG. Auch bei ihr kann sich der Arbeitnehmer auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten zu ihn weniger belastenden Arbeitsbedingungen berufen (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.). Dass es dabei nicht um das „Ob“ einer Kündigung, sondern das „Wie“ der Änderungen der Arbeitsbedingungen geht, entbindet den Arbeitgeber jedenfalls dann nicht von einer analog zu § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden sozialen Auswahl, wenn für eine Weiterbeschäftigung - objektiv und eindeutig - unterschiedliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, zugleich mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl günstigerer Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren und deshalb eine personelle Auswahl zu treffen ist. Ein anderes Ergebnis wäre mit dem Grundsatz, wonach Kündigung und Änderungsangebot im Fall der Änderungskündigung eine innere Einheit bilden, unvereinbar (Senat 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).

42

dd) Von diesen allgemeinen Erwägungen ist das Landesarbeitsgericht zwar ausgegangen. Es hat aber den Prüfungsmaßstab unzutreffend angewandt. Es hätte die Auswahlrichtlinie nicht mit der Begründung für maßgeblich halten dürfen, sie habe lediglich zur Festlegung von Zumutbarkeitskriterien für die einvernehmlichen Versetzungen gedient. Es hätte sie vielmehr einer uneingeschränkten Prüfung nach § 1 Abs. 3 und 4 KSchG unterziehen müssen. Dies ergibt sich aus dem objektiven Zusammenhang zwischen den vorgezogenen Änderungsangeboten und der anschließenden Änderungskündigung. Den Erklärungen lag der einheitliche Entschluss der Beklagten zugrunde, die Arbeitsbedingungen der in Rostock tätigen Referenten den veränderten Strukturen anzupassen. Die Beklagte beabsichtigte von vorneherein, die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen notfalls durch Änderungskündigung herbeizuführen. Das ergibt sich deutlich aus ihrem Schreiben an die Rostocker Mitarbeiter, das mit dem Hinweis versehen war, dass das Beschäftigungsangebot „zur Vermeidung einer Änderungskündigung“ unterbreitet werde.

43

(1) Zwar ist für Änderungskündigungen die Aufstellung von Auswahlrichtlinien nach § 1 Abs. 4 KSchG grundsätzlich möglich(hM, vgl. nur ErfK/Oetker 10. Aufl. § 2 KSchG Rn. 52; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103c; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 79; zur Anwendbarkeit von § 1 Abs. 5 KSchG bereits Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 304/06 - Rn. 18 ff., BAGE 123, 160). Dabei sind die Betriebsparteien aber an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen(Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81).

44

(2) Dies gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren. Nur so lässt sich verhindern, dass die Regelungen zur Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen umgangen werden und der gesetzliche Kündigungsschutz für den einzelnen Arbeitnehmer abgeschwächt wird.

45

ee) Die vorliegende Auswahlrichtlinie genügt nicht den Voraussetzungen, unter denen nach § 1 Abs. 4 KSchG die Bewertung der sozialen Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob sie wirksam vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen werden konnte - wofür vieles spricht, da der für die Sozialauswahl maßgebende kündigungsschutzrechtliche Betrieb sich in zwei Geschäftsstellen gliederte, die betriebsverfassungsrechtlich als selbständige Betriebe nach § 4 BetrVG galten(vgl. Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 186). Sie verwendet jedenfalls Kriterien, die auch bei einer Sozialauswahl im Zusammenhang mit Änderungskündigungen nach § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG nicht berücksichtigt werden dürfen.

46

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Sozialauswahl bei einer Änderungskündigung nicht allein daran auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen würde. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung - unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht - um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebotes geht, ist bei der sozialen Auswahl vielmehr darauf Bedacht zu nehmen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status vergleichbarer Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie eher zumutbar gewesen wäre (vgl. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64 - insoweit zu § 2 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vom 19. Dezember 1998; 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - zu II 3 d der Gründe, BAGE 73, 151; BAG 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - zu II 2 der Gründe, BAGE 52, 210). Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts konnten dabei auch andere als die in § 1 Abs. 3 KSchG nF genannten Kriterien Beachtung finden(vgl. bspw. 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - aaO). Seit Inkrafttreten der Neuregelung des § 1 Abs. 3 KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, 3002) sind nunmehr allein die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung bei der sozialen Auswahl maßgebend. Zwar sind diese für die besondere Situation einer Änderungskündigung oft nicht aussagekräftig genug (bspw. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64). Auf eine Heranziehung zusätzlicher Faktoren und Kriterien muss aber wegen der klaren gesetzlichen Regelung verzichtet werden. Es kommt allenfalls eine Ergänzung im Rahmen der Gewichtung der Grunddaten aus § 1 Abs. 3 KSchG in Betracht, soweit die ergänzenden Faktoren einen unmittelbaren Bezug zu diesen Grunddaten haben(Fitting 25. Aufl. § 95 Rn. 25; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103b; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 65; Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 185).

47

(2) Diesen gesetzlichen Vorgaben genügt die hier angewandte Auswahlrichtlinie nicht.

48

Nach § 5 Nr. 5 der Auswahlrichtlinie wird die Pflegebedürftigkeit von im Haushalt des Arbeitnehmers lebenden Angehörigen oder die Betreuungsbedürftigkeit von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs unabhängig vom Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung mit jeweils 20 Punkten berücksichtigt. Das ist mit § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht vereinbar. Die Norm geht von gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen aus (ganz hM, bspw. HaKo-Gallner 3. Aufl. § 1 Rn. 780; Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 1087; jeweils mwN). Es besteht nach geltender Gesetzeslage kein rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür, dass ein anderer Mitarbeiter demjenigen Arbeitnehmer, der sich zur Pflege eines hilfsbedürftigen Menschen entschlossen hat oder in seinem Haushalt ohne gesetzliche Unterhaltsverpflichtung ein minderjähriges Kind betreut, in der Sozialauswahl nachzustehen hätte (vgl. APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 724).

49

ff) Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei der Abgabe des Änderungsangebots soziale Auswahlgesichtspunkte nicht ausreichend beachtet wurden und das Angebot aus diesem Grund unverhältnismäßig und der Klägerin unzumutbar war.

50

Der von der Beklagten im Prozess vorgelegten Punktetabelle ist zwar zu entnehmen, dass bei keinem der 15 Referenten die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen im Haushalt Berücksichtigung gefunden hat. Es ist aber nicht auszuschließen, dass bei der Berücksichtigung von im Haushalt lebenden Kindern unter 12 Jahren keine Differenzierung nach Unterhaltspflichten erfolgt ist. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin die Richtigkeit der Angaben ihrer Kollegen zu den Sozialdaten angezweifelt hat. Dem wird das Landesarbeitsgericht weiter nachgehen müssen.

51

III. Ob bei der Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen die sozialen Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG gleichwohl ausreichend berücksichtigt worden sind und deshalb jedenfalls der Klägerin im Ergebnis ein verhältnismäßiges und zumutbares Änderungsangebot von der Beklagten unterbreitet wurde, wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben.

52

1. Dabei wird es berücksichtigen müssen, dass der Mangel der Auswahlrichtlinie nicht zwingend zur Fehlerhaftigkeit der konkreten Auswahlentscheidung führt. Diese kann gleichwohl ausreichend iSv. § 1 Abs. 3 KSchG sein, wenn sich der betreffende Fehler auf das Ergebnis der sozialen Auswahl nicht ausgewirkt hat. Der Beklagten muss deshalb die Darlegung ermöglicht werden, dass im Ergebnis soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Berücksichtigung gefunden haben(Senat 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - Rn. 33, BAGE 120, 18). Dies erscheint im Streitfall nicht ausgeschlossen. Die in der Auswahlrichtlinie vorgenommene Gewichtung der Grunddaten zueinander ist dabei mit Blick auf § 1 Abs. 3 KSchG und die Intention der Änderungskündigung nicht zu beanstanden. Die im Verhältnis zu den Unterhaltspflichten geringere Gewichtung selbst einer langjährigen Betriebszugehörigkeit kann sich daraus rechtfertigten, dass die Dauer der Beschäftigung - anders als etwa das Lebensalter und die Unterhaltspflichten - bei einer örtlichen Versetzung nur eine untergeordnete Rolle spielt.

53

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wegstrecken und Wegezeiten bei der Auswahl Berücksichtigung finden konnten. In dieser Hinsicht hat die Klägerin - unstreitig - die zweithöchste Punktzahl von allen Referenten erreicht. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass ihr dieser Umstand im Ergebnis zum Nachteil gereicht hat.

54

3. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus zu berücksichtigen haben, dass es der Beklagten selbst bei Unkenntnis des Betriebsrats über die maßgebenden Sozialdaten der Rostocker Referenten nicht verwehrt ist, sich auf eine iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Sozialauswahl zu berufen. Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder nicht für vergleichbar erachtet und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände zunächst nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag im Prozess zu ergänzen, ohne dass darin ein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen läge(vgl. Senat 7. November 1996 - 2 AZR 720/95 - zu B III 2 der Gründe mwN, RzK III 1 b Nr. 26).

55

4. Sollte es noch darauf ankommen, wird das Landesarbeitsgericht davon ausgehen können, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, die schon zuvor in Schwerin beschäftigten Referenten in die Sozialauswahl einzubeziehen. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass sich das Direktionsrecht der Beklagten auf die Zuweisung einer Tätigkeit in Rostock beschränkt habe. Unabhängig davon hat die Klägerin keine, schon zuvor in Schwerin tätigen Referenten benannt, die statt ihrer eine Änderungskündigung hätten erhalten müssen.

        

    Eylert    

        

    Gallner    

        

    Berger    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Niebler    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. Januar 2010 - 17 Sa 1055/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Der Beklagte, der mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist Träger von Behinderteneinrichtungen in Niedersachsen. Er ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelisch-lutherischen (Ev.-luth.) Landeskirche Hannovers e. V. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ihrerseits ist Mitglied der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (Konföderation). Die Konföderation hat am 11. Oktober 1997 das Kirchengesetz zur Regelung des Arbeitsrechts für Einrichtungen der Diakonie (ARRG-D) erlassen. Nach § 1 Abs. 2 ARRG-D gilt dieses Kirchengesetz nur für Einrichtungen der Diakonie, die sich ihm ausdrücklich angeschlossen haben. Der Beklagte hat keine entsprechende Erklärung abgegeben. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse seiner Mitarbeiter weder die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) noch die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation (AVR-K), sondern - überwiegend - die Tarifverträge des öffentlichen Diensts an.

3

Die 1969 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 2000 beim Beklagten als Wohngruppenbetreuerin in Teilzeit beschäftigt. Nach den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 1. August 2002 gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-VKA) und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist.

4

Am 16. Dezember 2003 schloss der Beklagte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit der Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2007. Danach sollten die Mitarbeiter durch Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Urlaubsgelder in den jeweiligen November und eine Verschiebung der Fälligkeit des tariflichen Weihnachtsgelds (Zuwendung) auf einen späteren Zeitpunkt zu einer Sanierung des Beklagten beitragen. Die Nachzahlung des Weihnachtsgelds für die Jahre 2004 bis 2007 sollte zudem vom positivem Ausgang eines Verwaltungsgerichtsverfahrens abhängen, mit dem der Beklagte eine Erhöhung der vom Land Niedersachsen an ihn zu zahlenden Betreuungsgelder anstrebte. Mit Änderungsvertrag vom 13. Februar 2004 stimmte die Klägerin der zeitlich begrenzten Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zu.

5

Am 25. April 2007 schlossen der Beklagte und die Mitarbeitervertretung für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2012 eine neue Sanierungsvereinbarung. Danach sollte für die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die eine Vergütung auf tariflicher Basis erhielten, mit Wirkung zum 1. Juli 2007 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gelten. Parallel dazu sollten sie „finanzielle Beiträge“ zur weiteren Konsolidierung des Beklagten leisten. Diese „Mitarbeiterbeiträge“ sollten im Wesentlichen - begrenzt auf die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung - in dem Verzicht auf alle Jahressonderzahlungen gemäß TVöD-B und in der Erhöhung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft von 38,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich bestehen. Hinsichtlich der Weihnachtsgeldzahlungen sollte es - mit bestimmten Modifizierungen für das Jahr 2007 - bei den Vereinbarungen aus der ersten Sanierungsvereinbarung verbleiben. Im Gegenzug sollten Beschäftigte gemäß näheren Festlegungen eine Erfolgsbeteiligung erhalten. Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung wurden betriebsbedingte Beendigungskündigungen - mit gewissen Einschränkungen - ausgeschlossen. Zulässig blieben betriebsbedingte Änderungskündigungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine „aufgrund der Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“.

6

Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 übersandte der Beklagte den infrage kommenden Beschäftigten Ausfertigungen entsprechender Änderungsverträge. Etwa 98 vH der Mitarbeiter nahmen das Änderungsangebot an. Die Klägerin lehnte es ab.

7

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach vorheriger Anhörung der Mitarbeitervertretung - „fristgemäß“ zum 31. März 2008. Zugleich bot er an, die Klägerin „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ weiterzubeschäftigen. Der im Entwurf beigefügte Änderungsvertrag nebst Anlagen stimmt inhaltlich mit dem vorangegangenen Änderungsangebot überein und ist - wie dieses - auf den 30. Mai 2007 datiert. Auszugsweise heißt es dort:

        

„…    

        

Am 25. April 2007 haben Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung geschlossen, um die Zukunftsfähigkeit der dwh zu gewährleisten. … Zum Zwecke der Überleitung in den TVöD sowie der Umsetzung der oben genannten Sanierungsvereinbarung wird daher der Arbeitsvertrag vom 01.08.2002 wie folgt neu gefasst:

        

…       

        

§ 2     

Geltung des TVöD

        

Ab dem 1. Juli 2007 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

                 
        

§ 3     

Mitarbeiterbeiträge für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung

        

(1) Jahressonderzahlung

        

Der Anspruch auf die in § 20 TVöD-B tariflich gewährte Jahressonderzahlung wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 ausgeschlossen. Für die Jahre 2004 bis 2007 verbleibt es hinsichtlich der noch nicht gewährten ‚Weihnachtsgeldzahlungen’ bei den ... Regelungen des Sanierungsvertrags vom 16. Dezember 2003 ... mit der Maßgabe, dass eventuelle Zahlungen für das Jahr 2007 nicht an den Mitarbeiter ausbezahlt werden, sondern als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung desjenigen Kalenderjahres einfließen, in dem der Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers festzustellen ist.

        

(2) Urlaubsgeld für 2007

        

Im Juli 2007 erhält der/die Mitarbeiter/in eine Einmalzahlung in Höhe des Urlaubsgeldanspruchs gem. § 4 des Tarifvertrags über ein Urlaubsgeld. Sonstige Einmalzahlungen werden nicht gewährt.

        

(3) Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit

        

Ab dem 1. Juli 2007 wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auf wöchentlich durchschnittlich 39,5 Stunden erhöht. Die Erhöhung erfolgt ohne Lohnausgleich ... Für Teilzeitbeschäftigte gilt eine entsprechende Regelung. Hieraus ergibt sich für die/den Mitarbeiter/in eine wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 29,63 Stunden.

        

…       

        

(5) Leistungsentgelt

        

Der Mitarbeiter erhält ein Leistungsentgelt in Anlehnung an § 18 TVöD-B, das nach Maßgabe der nachfolgenden Vorgaben bestimmt wird: Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist der Höhe nach auf die Erfolgsbeteiligung der Beschäftigten gemäß § 5 dieses Arbeitsvertrages begrenzt. Der Anspruch auf das Leistungsentgelt wird auf den Anspruch des/der Mitarbeiters/in auf die Erfolgsbeteiligung gem. § 5 dieses Arbeitsvertrags angerechnet.

        

§ 4     

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

        

Für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 erklären die dwh gegenüber der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter einen Verzicht auf den Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen. Betriebsbedingte Änderungskündigungen infolge der Umsetzung von Strukturveränderungsmaßnahmen sind - soweit unumgänglich - möglich. …

        

§ 5     

Erfolgsbeteiligung

        

Die Mitarbeiter/innen erhalten für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 einen Anspruch auf Erfolgsbeteiligung in Höhe von 40 % des freien Cash-flow. Für den auf die/den einzelnen Mitarbeiter/in entfallenden Anteil der Erfolgsbeteiligung ist das Verhältnis der Bruttojahresvergütung der einzelnen Mitarbeiterin/des einzelnen Mitarbeiters zu der Summe der Bruttopersonalkosten aller anspruchsberechtigten Mitarbeiter/innen maßgebend. …

        

…       

        

§ 13   

Schlussbestimmungen

        

…       

        

(2) Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Auch die Aufhebung dieser Schriftformklausel kann nur schriftlich erfolgen.

        

…“    

8

Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, es fehle an einem dringenden betrieblichen Bedürfnis für die angestrebte Änderung ihrer Arbeitsbedingungen. Der Beklagte habe sich nicht in einer finanziellen Notlage befunden. Alternative Möglichkeiten zu den „Sanierungsbeiträgen“ der Mitarbeiter seien nicht erwogen und ausgeschöpft worden.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 unwirksam ist.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei zur Sicherung seiner Existenz unumgänglich gewesen. Er habe für die Jahre 2007 bis 2013 mit einem negativen Betriebsergebnis rechnen müssen, im Jahr 2013 mit einem solchen in Höhe von über 5,5 Millionen Euro. Um dem entgegenzuwirken, habe er mit der Mitarbeitervertretung eine zweite Sanierungsvereinbarung schließen müssen. Eine Sanierung sei nur über eine vorübergehende Senkung der Personalkosten, deren Anteil an seinen Gesamtausgaben 75 vH betrage, zu erreichen gewesen. Langfristig sei die angestrebte Tarifumstellung gegenüber einer statischen Weitergeltung des BAT, wie sie der Rechtslage vor Ausspruch der Änderungskündigung entsprochen habe, für die Klägerin sogar günstiger.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 ist unwirksam.

13

I. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht hätte die Änderungsschutzklage deshalb abweisen müssen, weil die der Klägerin angetragenen Arbeitsbedingungen ohnehin seit dem 1. Juli 2007 für das Arbeitsverhältnis bestimmend gewesen seien. Die Änderungskündigung war nicht in diesem Sinne „überflüssig“.

14

1. Die Begründetheit einer Änderungsschutzklage iSv. § 4 Satz 2 KSchG setzt allerdings voraus, dass in dem Zeitpunkt, zu welchem die Änderungskündigung wirksam wird, das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin zu den Bedingungen besteht, die dem Arbeitnehmer mit der Kündigung angetragen wurden(BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, BAGE 111, 361). Zielt eine Änderungskündigung ausschließlich auf die Herbeiführung von Arbeitsbedingungen, die - etwa aufgrund einer unmittelbar anzuwendenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung - ohnehin für das Arbeitsverhältnis gelten, ist die Kündigung wegen der mit ihr einhergehenden Bestandsgefährdung zwar unverhältnismäßig. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist aber nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen. Die Feststellung, dass die dem Arbeitnehmer mit der Änderungskündigung angetragenen neuen Arbeitsbedingungen nicht gelten, kann das Gericht nicht treffen, wenn sich das Arbeitsverhältnis bei Kündigungsausspruch aus anderen Gründen bereits nach den fraglichen Arbeitsbedingungen richtet (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, aaO; 24. August 2004 - 1 AZR 419/03 - zu B I der Gründe, aaO).

15

2. Im Streitfall ist ein Rechtsgrund, der unabhängig von der ausgesprochenen Kündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen in dem fraglichen Umfang bewirkt haben könnte, nicht zu erkennen.

16

a) Die Auffassung des Beklagten, die „streitbefangenen“ Änderungen der Arbeitsbedingungen seien unmittelbar mit Inkrafttreten der - zweiten - Sanierungsvereinbarung zum 1. Juli 2007 eingetreten, trifft schon deshalb nicht zu, weil dieser sich nicht darauf beschränkt hat, der Klägerin Änderungen anzubieten, die Bestandteil der mit der Mitarbeitervertretung getroffenen Vereinbarung sind. Er hat ihr vielmehr unter § 13 des Änderungsvertrags eine sog. doppelte Schriftformklausel angetragen, die nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weder Gegenstand schon der bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch in der Sanierungsvereinbarung vorgesehen war.

17

b) Abgesehen davon kommt der - zweiten - Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 zumindest hinsichtlich der angestrebten Sanierungsbeiträge der Beschäftigten des Beklagten keine unmittelbare Wirkung zu. Das gilt selbst dann, wenn es sich bei der Vereinbarung um eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 des Kirchengesetzes der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über Mitarbeitervertretungen(MVG-K) handeln sollte.

18

aa) Die verfassten Kirchen können aufgrund ihrer in Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten Autonomie Mitarbeitervertretungsgesetze erlassen. Das betrifft auch kirchliche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für den Beklagten gelten insoweit die Regelungen des MVG-K in der für den Streitfall maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2005 (KABl. S. 76) und ihrer Ergänzung und Berichtigung vom 25. August 2005 (KABl. S. 202). Nach § 1 Abs. 2 MVG-K sind in Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich dem Kirchengesetz angeschlossen haben, Mitarbeitervertretungen zu bilden. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich der Beklagte dem Gesetz angeschlossen hat.

19

bb) Gemäß § 37 Abs. 1 MVG-K können Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung Dienstvereinbarungen schließen(§ 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K). Solche Dienstvereinbarungen dürfen Regelungen weder erweitern, einschränken noch ausschließen, die auf Rechtsvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission, auf Entscheidungen der Schlichtungskommission nach dem Gemeinsamen Mitarbeitergesetz, auf allgemeinverbindlichen Richtlinien der beteiligten Kirchen oder auf etwa anzuwendenden Tarifverträgen beruhen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 MVG-K). Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch eine Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, es sei denn, die Regelung durch die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission lässt eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zu (§ 37 Abs. 1 Satz 3 MVG-K). Dienstvereinbarungen sind nach § 37 Abs. 2 MVG-K schriftlich abzuschließen. Gemäß § 37 Abs. 3 MVG-K gelten sie unmittelbar und zwingend und können im Einzelfall nicht abbedungen werden.

20

cc) Es ist bereits fraglich, ob sich die unmittelbare Wirkung, die das Kirchengesetz Dienstvereinbarungen zuerkennt, auf dem Regime staatlichen Rechts unterfallende Arbeitsverhältnisse erstrecken kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen (Arbeitsvertragsrichtlinien oder BAT-KF) keine normative Wirkung gegenüber Arbeitnehmern, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Kirche oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind. Es bedarf vielmehr stets eines die Regelungen in Kraft setzenden säkularen Akts, typischerweise einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme (vgl. BAG 13. November 2002 - 4 AZR 73/01 - zu I 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 353; 20. März 2002 - 4 AZR 101/01 - zu III 2 b aa der Gründe, BAGE 101, 9). Für die durch § 37 Abs. 3 MVG-K angeordnete unmittelbare Wirkung kirchenrechtlicher Dienstvereinbarungen gilt möglicherweise nichts anderes(vgl. Schliemann NZA 2005, 976, 977). Die Frage muss nicht abschließend beantwortet werden. In keinem Fall kann durch eine Dienstvereinbarung - ihre kirchenrechtliche Zulässigkeit unterstellt - zum Nachteil der Arbeitnehmer in bestehende arbeitsvertragliche Rechtspositionen eingegriffen werden. Dies vermöchte selbst eine auf staatlichem Recht fußende Betriebsvereinbarung iSv. § 77 Abs. 2, Abs. 4 BetrVG nicht(vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 21, BAGE 120, 308; 18. Juli 2006 - 1 AZR 578/05 - Rn. 31 ff., BAGE 119, 122; vgl. auch Bietmann Betriebliche Mitbestimmung im kirchlichen Dienst S. 77; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 348).

21

dd) Einer Wirksamkeit von Regelungen, die - wie die in Rede stehenden Bestimmungen der zweiten Sanierungsvereinbarung - auf eine Änderung von Arbeitsbedingungen im Bereich des Entgelts und der Arbeitszeit zielen, dürften zudem die Vorgaben des § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K entgegenstehen. Diese enthalten, wie das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat, eine an § 77 Abs. 3 BetrVG angelehnte „Regelungssperre“. Ihr Zweck besteht nach allgemeinem Verständnis darin, den von den Kirchen beschrittenen „Dritten Weg“ abzusichern und zu stärken (vgl. Baumann-Czichon/Germer MVG-K § 37 Rn. 10; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. S. 371). Es soll - wie im Betriebsverfassungsrecht durch § 77 Abs. 3 BetrVG - verhindert werden, dass Arbeitgeber und Mitarbeitervertretung Normen erlassen, die inhaltlich zu den in § 37 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 MVG-K genannten „überbetrieblichen“ Regelungen in Konkurrenz treten. Der Abschluss von Vereinbarungen auf Dienststellenebene ist bei diesem Verständnis bereits dann unzulässig, wenn die Dienstvereinbarung Gegenstände behandelt, derer sich die Arbeitsrechtliche Kommission angenommen hat oder üblicherweise annimmt, ohne dass es auf den Verbreitungsgrad solcher „überbetrieblicher“ Regelungen oder darauf ankäme, ob sie im Arbeitsverhältnis Geltung beanspruchen könnten (ähnlich für die „Regelungssperre“ in § 38 MAVO: BAG 16. März 2004 - 9 AZR 93/03 - zu B II 2 c aa und bb der Gründe, BAGE 110, 60).

22

ee) Auch dies kann im Streitfall dahinstehen. Der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 kommt, soweit sie auf eine Änderung materieller Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zielt, jedenfalls deshalb keine unmittelbare Geltung zu, weil sie selbst dies ausschließt. Die Sanierungspartner gehen, was die angestrebten Sanierungsbeiträge der Mitarbeiter anbelangt, ersichtlich von der Notwendigkeit einer einzelvertraglichen Umsetzung ihrer Abreden - ggf. durch Änderungskündigung - aus.

23

(1) Dafür spricht zunächst die Präambel der zweiten Sanierungsvereinbarung. Im dortigen Absatz 3 heißt es, Vorstand und Mitarbeitervertretung seien übereingekommen, die bestehenden Arbeitsverträge „frühestmöglich“ in neue Arbeitsverträge auf der Grundlage des „dynamischen“ TVöD-B umzustellen. Das lässt auf einen erst noch in Gang zu setzenden Mechanismus schließen, der „frühestmöglich“ Wirkung solle entfalten können. Noch deutlicher kommt das Fehlen des Willens, unmittelbar auf die materiellen Arbeitsbedingungen einzuwirken, in Nr. 3 der Sanierungsvereinbarung zum Ausdruck. Nach dieser Regelung, die betriebsbedingte Kündigungen für die Laufzeit der Vereinbarung grundsätzlich ausschließt, bleiben Änderungskündigungen gegenüber denjenigen Beschäftigten zulässig, die eine „aufgrund dieser Sanierungsvereinbarung erforderliche Änderungsvereinbarung nicht annehmen“. In dieselbe Richtung weist die unter Nr. 8 der Vereinbarung begründete Verpflichtung der Sanierungspartner, erneut in Verhandlungen einzutreten, falls „die in der Anlage zum Sanierungsvertrag genannten finanziellen Beiträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht erzielt werden“. Außerdem sollten nur diejenigen Beschäftigten Anspruch auf eine Erfolgsbeteiligung haben, die „zu einem Wechsel in den TVöD-B mit den in dieser Sanierungsvereinbarung niedergelegten Modifikationen bereit sind“.

24

(2) Diesem Verständnis der Vereinbarung entspricht das spätere Verhalten des Beklagten. Er hat allen Beschäftigten, mit denen er die Geltung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes vereinbart hatte, nach Abschluss der zweiten Sanierungsvereinbarung und unter Bezugnahme auf sie Angebote zur Vertragsänderung zugeleitet und gegenüber Mitarbeitern, die das Angebot ablehnten, eine Änderungskündigung erklärt.

25

ff) Ob die Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 unter diesen Umständen überhaupt eine Dienstvereinbarung iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 MVG-K darstellt oder - zumindest in Teilen - als Regelungsabrede zu qualifizieren ist(für die Zulässigkeit von Regelungsabreden im Bereich des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts: KGH EKD 26. Mai 2010 - I-0124/R73-09 - zu II 3 der Gründe, ZMV 2011, 37; Baumann-Czichon/Germer MVG.EKD 2. Aufl. § 38 Rn. 15; (ablehnend) Fey/Rehren MVG.EKD Stand Juli 2011 § 36 Rn. 1), ist damit für die Beurteilung ihrer rechtlichen Wirkung auf die Arbeitsbedingungen der Klägerin ohne Belang.

26

c) Die nach Maßgabe der Vereinbarung vom 25. April 2007 angestrebten Änderungen sind auch nicht aufgrund einer im Änderungsvertrag der Parteien vom 13. Februar 2004 enthaltenen Klausel Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geworden. Zwar haben die Klägerin und der Beklagte darin für einen möglichen Wegfall nicht ständiger Bezüge aufgrund Tarifvertragsänderung vereinbart, dass der in das (erste) Sanierungskonzept eingestellte Sanierungsbeitrag der Klägerin ggf. durch Einbehalt anderer Vergütungsbestandteile sichergestellt werden solle. Gegenstand der zweiten Sanierungsvereinbarung ist aber nicht eine solche „Sicherstellung“. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt eine Vertragsanpassung auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Das arbeitsrechtliche Kündigungsrecht ist lex specialis gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB(BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).

27

II. Die der Klägerin im Rahmen der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind sozial ungerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG. Es fehlt an einem ausreichend bestimmten Änderungsangebot. Zudem hat der Beklagte der Klägerin nicht nur solche Änderungen angetragen, die zur Erreichung des behaupteten Sanierungsziels unabweisbar notwendig waren. Ob die Änderungskündigung noch aus anderen Gründen unwirksam ist, bedarf keiner Entscheidung.

28

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, PersR 2012, 90; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, BAGE 132, 78). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bestehende vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 24, aaO).

29

2. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141 = EzAÜG KSchG Nr. 30). Ihm muss zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb kurzer Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen ablehnt, ob er sie mit oder ohne Vorbehalt annimmt, ist dies schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern. Nur so kann der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15 mwN, aaO).

30

3. Danach sind die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Streitfall schon deshalb ungerechtfertigt, weil dem Änderungsangebot nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, ab welchem Zeitpunkt sie gelten sollen.

31

a) Ein Änderungsangebot kann auch dann den Bestimmtheitserfordernissen genügen, wenn sich sein Inhalt erst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) hinreichend sicher ermitteln lässt. Dabei können und müssen auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende, zur Erforschung seines Inhalts geeignete Umstände herangezogen und berücksichtigt werden. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nur auf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des wirklichen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, ob dieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 20 ff., EzA KSchG § 2 Nr. 81; 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).

32

b) Der Beklagte hat in einer Vielzahl von Fällen im Wesentlichen inhaltsgleiche Änderungskündigungen ausgesprochen. Seine Erklärungen sind deshalb nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Empfänger unter Berücksichtigung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Ansatzpunkt für die Auslegung typischer Willenserklärungen ist in erster Linie ihr Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligter Verkehrskreise zu verstehen ist. Die Auslegung typischer Willenserklärungen unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 102/08 - Rn. 28, AP BGB § 133 Nr. 58; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 78).

33

c) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, lässt sich dem Änderungsangebot nicht eindeutig entnehmen, die der Klägerin angesonnene Vertragsänderung solle rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 gelten. Das Angebot ist vielmehr perplex, dh. in sich widersprüchlich.

34

aa) Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens hat der Beklagte der Klägerin angeboten, das Arbeitsverhältnis „nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den Bedingungen der in der Anlage beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrags“ fortzusetzen. Dem musste ein objektiver Erklärungsempfänger entnehmen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist - im Streitfall mit Wirkung ab dem 1. April 2008 - eintreten sollte.

35

bb) In Widerspruch dazu steht der Inhalt des beigefügten Änderungsvertrags. Diesem zufolge wird eine Änderung der Arbeitsbedingungen bereits zum 1. Juli 2007 angestrebt. So ist die Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD ausdrücklich zum 1. Juli 2007 vorgesehen. Die gleichfalls vorgesehene Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit soll möglichst zum 1. Juli 2007, spätestens aber zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (§ 2 und § 3 Abs. 3 des Änderungsvertrags). Andere Regelungen, wie etwa die zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und zur Erfolgsbeteiligung (§ 4 und § 5 des Änderungsvertrags), knüpfen an die „Laufzeit der Sanierungsvereinbarung“ und damit zumindest mittelbar ebenfalls an den 1. Juli 2007 an. Dieses wortlautorientierte Verständnis des Änderungsangebots wird auch durch eine Beachtung des Gebots der interessengerechten Auslegung von Willenserklärungen nicht korrigiert. Ein objektiver, mit den Umständen vertrauter Erklärungsempfänger musste vielmehr davon ausgehen, der Beklagte wolle durch eine Rückwirkung der Änderungen eine gleichmäßige Behandlung sämtlicher Mitarbeiter erreichen. Dies war gemäß § 311a Abs. 1 BGB auch schuldrechtlich nicht ausgeschlossen.

36

cc) Außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung liegende Umstände führen nicht dazu, dass zweifelsfrei von einem Änderungsangebot ausgegangen werden könnte, das frühestens ab dem 1. April 2008 hat wirken sollen.

37

(1) Soweit der Beklagte behauptet, Änderungsangebote im Zusammenhang mit der ersten Sanierungsvereinbarung seien, falls sie erst mit zeitlicher Verzögerung angenommen worden seien, ausschließlich für die Zukunft umgesetzt worden, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revision keine Berücksichtigung finden kann. Überdies ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von einer derartigen Praxis Kenntnis gehabt hätte. Auch war es - zumal angesichts der Komplexität der ihr nunmehr angetragenen Vertragsänderungen - nicht Aufgabe der Klägerin, darüber zu spekulieren, ab welchem Zeitpunkt diese wirksam werden sollten. Es war Sache des Beklagten, dies von vorneherein zweifelsfrei klarzustellen.

38

(2) Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, wie der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich abgerechnet hat. Der Arbeitnehmer muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung die Tragweite der ihm angesonnenen Änderungen überblicken können. Außerdem schloss der Umstand, dass der Beklagte im August 2008 rückwirkend ab 1. April 2008 korrigierte Abrechnungen auf der Grundlage einer Überleitung in den TVöD-B erstellen ließ, nicht aus, dass er sich zukünftig auf ein noch früheres Wirksamwerden berufen würde. Ebenso wenig konnte die Klägerin aus der mehrfachen Unterbreitung eines gleichlautenden Änderungsvertrags schließen, der Beklagte wolle sich nur die zeitliche Anpassung des Vertragstexts ersparen. Sein Vorgehen konnte, wie erwähnt, ebenso gut als Hinweis darauf verstanden werden, dass er die Änderungen aus Gründen der Praktikabilität und der Gleichbehandlung aller Beschäftigten einheitlich und ab demselben Zeitpunkt durchsetzen wollte.

39

dd) Das Änderungsangebot wäre selbst dann nicht hinreichend bestimmt, wenn es eindeutig dahin zu verstehen wäre, es solle erst zum 1. April 2008 gelten. Dann bliebe beispielsweise unklar, ob die Klägerin ggf. Anspruch auf Auszahlung der verschobenen Weihnachtsgeldzahlung für das Jahr 2007 haben sollte oder ob die entsprechende Summe gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Änderungsangebots als außerordentlicher Ertrag in die Ergebnisbeteiligung des Jahres einfließen würde, in dem ein möglicher Zahlungszufluss auf einem Konto des Arbeitgebers erfolgt. Unklar bliebe auch, ob Änderungen, die an die „Laufzeit“ der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 anknüpfen, automatisch prolongiert würden, sollte sich der Beklagte - wie unter Nr. 8 der Vereinbarung vorgesehen - mit der Mitarbeitervertretung auf deren Verlängerung verständigen.

40

4. Wäre das Änderungsangebot dennoch - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - dahin zu verstehen, dass es auf eine rückwirkende Änderung der Arbeitsbedingungen zum 1. Juli 2007 zielte, wäre es mangels eines diese Rückwirkung rechtfertigenden Grundes sozial ungerechtfertigt. Eine ordentliche Kündigung entfaltet Wirkungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, in eine schon früher wirkende Vertragsänderung einzuwilligen (BAG 21. September 2006 - 2 AZR 120/06 - Rn. 22, 25 mwN, BAGE 119, 332). Eine solche Rückwirkung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil es um die einheitliche Umsetzung eines Sanierungskonzepts geht. Schon das Interesse des Arbeitgebers an einer zukünftigen Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen kann im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG regelmäßig keine Beachtung finden(vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75).

41

5. Die der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 28. Dezember 2007 angetragenen Änderungen der Arbeitsbedingungen sind zudem deshalb sozial ungerechtfertigt, weil § 13 des Änderungsangebots eine sog. doppelte Schriftformklausel vorsieht, ohne dass der Beklagte hierfür Gründe iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG dargetan hätte. Eine derartige Klausel war weder Gegenstand der Sanierungsvereinbarung noch bisheriger arbeitsvertraglicher Regelungen. Die Klausel erweitert das im ursprünglichen Arbeitsvertrag nur für „Nebenabreden“ vorgesehene Schriftformerfordernis und kann insbesondere die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindern (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 34, BAGE 126, 364). Damit handelt es sich, anders als der Beklagte gemeint hat, nicht nur um eine unwesentliche Änderung. Ob ggf. auch eine solche einer sozialen Rechtfertigung bedürfte und ob die Klausel im Hinblick auf § 305b BGB einer Überprüfung ihrer Wirksamkeit überhaupt standhielte, braucht nicht entschieden zu werden.

42

III. Der Beklagte hat gemäß § 97 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Nielebock    

        

    Dr. Roeckl    

                 

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.