Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Juni 2009 - 9 Sa 143/09

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2009:0619.9SA143.09.0A
19.06.2009

Tenor

1. Dem Beklagten wird wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 25.09.2008, Az.: 6 Ca 206/08 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger weiteren Lohn für die Monate September 2007, Januar 2008 sowie Februar 2008 nebst Zinsen zu zahlen, nachdem der Beklagte durch das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens -, Az: 6 Ca 206/08, vom 25.09.2008 verurteilt worden ist, an den Kläger

2

- für den Monat September 2007 1.204,24 EUR netto zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab 27.03.2008

3

- für den Monat Januar 2008 eine Arbeitsvergütung in Höhe von 180,00 EUR brutto zuzüglich Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.02.2008 zu zahlen, abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit P. - übergegangener 378,84 EUR

4

- und für den Monat Februar 2008 1.440,00 EUR brutto zuzüglich Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.03.2008 abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit P. - übergegangene 998,76 EUR

5

zu zahlen.

6

Der Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, der Restnettolohnanspruch des Klägers für den Monat September 2007 sei durch zwei Barzahlungen erfüllt worden. Der Kläger habe am 15.10.2007 in Anwesenheit des erstinstanzlich vernommenen Zeugen B. A. einen Lohnvorschuss in Höhe von 800,00 EUR in bar erhalten. Am 27.10.2007 habe der Beklagte an den Kläger ebenfalls im Beisein des genannten Zeugen den restlichen Nettoverdienst in Höhe von 404,24 EUR in bar gezahlt. Für die Monate Januar und Februar 2008 sei zulässigerweise Kurzarbeit geleistet worden, so dass - wenn überhaupt - nur ein Anspruch des Klägers in Höhe des Kurzarbeitergeldes in Betracht komme. Ergänzend wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze des Beklagten vom 23.04., 09.05.2008 und 17.06.2009 (Bl. 38 f., 58 ff., 71 ff. d. A.) Bezug genommen.

7

Zur Darstellung des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des genannten Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - (Bl. 109 ff. d. A.).

8

Soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse hat das Arbeitsgericht zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt: Ausweislich der Abrechnung 09/07 habe der Kläger für den Monat September 2007 einen Nettolohnanspruch in Höhe von 1.204,24 EUR. Soweit der Beklagte behauptet habe, er habe hierauf einen Abschlag in Höhe von 800,00 EUR gezahlt, sei diese Behauptung nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen. Zwar habe der Zeuge A. erklärt, dass der Kläger am 15.10.2007 einen Abschlag in Höhe von 800,00 EUR erhalten habe. Des ungeachtet sei die Behauptung aber nicht zur Überzeugung des Gerichts erwiesen. Gleiches gelte für die Behauptung des Beklagten, es seien weitere 404,24 EUR am 26.10.2007 gezahlt worden. Ungeachtet der Aussage des Zeugen verblieben an diesen Behauptungen Zweifel. Diese ergeben sich daraus, dass sich in dem Kalender des Zeugen lediglich eine Eintragung über die Zahlung von 800,00 EUR befände, andere Zahlungen in anderen Monaten seien hingegen nicht notiert worden. Auch habe der Zeuge behauptet, der Kläger habe sein Geld immer bar bekommen, da er angeblich kein Konto gehabt habe, während aus den Lohnabrechnungen hervorgehe, dass eine Überweisung auf ein Konto des Klägers erfolgt sei.

9

Für den Monat Januar 2008 ergebe sich ein Restlohnanspruch in Höhe von 180,00 EUR brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 378,84 EUR. Für den 01.01.2008 folge der Lohnanspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG. Im Übrigen bestehe ein Restlohnanspruch für den Monat Januar nur hinsichtlich des 31.01.2008, da der Kläger sodann nicht mehr zur Arbeit erschienen sei und erst mit Anwaltschreiben vom 23.01.2008, dem Beklagten allerdings erst Ende Januar 2008 zugegangenen Schreiben von einem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Arbeitsleistung im Hinblick auf noch offen stehende Lohnansprüche Gebrauch gemacht habe.

10

Für den Zeitraum 01. bis 22.02.2008 ergebe sich ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.440,00 EUR brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 998,76 EUR. Da der Kläger mit Wirkung ab Ende Januar 2008 von seinem Leistungsverweigerungsrecht wegen erheblicher Lohnrückstände Gebrauch gemacht habe, sei der Beklagte in Annahmeverzug geraten.

11

Das genannte Urteil ist dem Beklagten im Februar 2009 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem erst am 11.03.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz wurde dabei am 10.03.2009 um 16.37 Uhr zunächst per Telefax an das Arbeitsgericht Mainz übermittelt, welches diesen am 11.03.2009 an das Landesarbeitsgericht weiterleitete. Mit gerichtlichem Schreiben vom 25.03.2009 wurde der Beklagte auf eine mögliche Fristversäumung hingewiesen. Der Beklagte legte sodann mit einem am 03.04.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung ein und beantragte gleichzeitig ihm wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mit Schriftsatz vom 09.04.2009, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, hat der Kläger seine Berufung begründet.

12

Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Nach Eingang des erstinstanzlichen Urteils sei die Monatsfrist ordnungsgemäß im Fristenkalender sowie zusätzlich in einem weiteren, von seinem Prozessbevollmächtigten zusätzlich geführten Fristenkalender nebst Eintragung einer Vorfrist eingetragen worden. Die Berufungsschrift sei am 10.03.2009 gefertigt und von seinem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden. Die Sekretariatsmitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten G. habe gegen 16.00 Uhr versucht, die Berufungsschrift an das Landesarbeitsgericht per Telefax zu übermitteln. Das Telefaxgerät habe jedoch angezeigt, dass keine Verbindung hergestellt werden könne, was zunächst zu einer Aktivierung der Wahlwiederholung geführt habe. Auch diese sei jedoch erfolglos gewesen. Die Mitarbeiterin G. habe deshalb beim Landesarbeitsgericht angerufen und mitgeteilt, dass ein technischer Defekt vorliege. Die (namentlich nicht benannte) Mitarbeiterin des Landesarbeitsgericht habe daraufhin mitgeteilt, dass noch eine weitere Telefaxnummer vorhanden sei, an die die Berufung gefaxt werden könne. Von dort würde die Berufungsschrift dann direkt an das Landesarbeitsgericht weitergeleitet. Hierbei habe die Mitarbeiterin des Landesarbeitsgerichts eine Telefaxnummer genannt, bei der es sich - wie sich für seinen Prozessbevollmächtigten aber erst nachträglich herausgestellt habe - um die des Arbeitsgerichts Mainz gehandelt hat. Der Beklagte nimmt ergänzend Bezug auf die Eidesstattliche Versicherung der genannten Mitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten (Bl. 170 d. A.).

13

Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 09.04. und 09.06.2009, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 179 ff., 221 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

14

Das Arbeitsgericht habe die Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen A. falsch gewürdigt. Der Zeuge habe geäußert, dass er erst ab September 2007 Abschläge auf die Hand erhalten habe, so dass der Kalendereintrag des Zeugen hinsichtlich der behaupteten Zahlung am 15.10.2007 nachvollziehbar der erste Kalendereintrag gewesen sei. Es habe auch einen nachvollziehbaren Grund für die Barzahlung eines Lohnvorschusses in Höhe von 800,00 EUR deshalb gegeben, weil sodann eine Baustelle an der Cote Azur angestanden habe und die dort tätigen Mitarbeiter - so auch der Kläger - hierfür etwas Geld benötigt hätten. Von einer Überweisung auf ein Konto des Klägers sei auch im Hinblick auf eine dort bestehende Kontopfändung abgesehen worden, da dann der Lohn an den Gläubiger der Kontopfändung ausgezahlt worden wäre. Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen spreche auch, dass dieser über den Dezemberlohn nichts habe aussagen können. Er habe damit in Teilen auch eine zu Ungunsten des Beklagten ausfallende Aussage getätigt. Es gebe auch kein Grund an der Aussage des Zeugen A. hinsichtlich der behaupteten Zahlung vom 26.01.2007 zu zweifeln. Derartige Zweifel ergäben sich insbesondere nicht daraus, dass der Zeuge die genaue Stückelung der Zahlung nicht mehr erinnert habe.

15

Soweit das Arbeitsgericht Restlohnansprüche für die Monate Januar und Februar 2008 zuerkannt habe, bestünden diese jedenfalls nicht in der vom Arbeitsgericht angenommenen Höhe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass der Beklagte für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.03.2008 Kurzarbeit angemeldet habe und diese auch antragsgemäß ausweislich des Bescheids der Agentur für Arbeit bewilligt worden sei. Auch dem Kläger könne daher nur ein Anspruch in Höhe des von der zuständigen Agentur für Arbeit genehmigten Kurzarbeitergeldes zustehen. Der Kläger habe aus den Lohnabrechnungen November und Dezember 2007 entnehmen können, dass in der Firma des Beklagten Kurzarbeit geleistet werde und ihm Kurzarbeitergeld gezahlt werde. Dem habe der Kläger nicht widersprochen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

1. ihm wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren;

18

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 25.09.2008, Az.: 6 Ca 206/08 wie folgt abzuändern:

19

a) Nr. 3 des Urteilstenors wird dahingehend abgeändert, dass auch insoweit die Klage abgewiesen wird,

20

b) Nr. 5 des Urteilstenors wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, für den 31.01.2008 das von der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit P. genehmigte Kurzarbeitergeld zu zahlen,

21

c) Nr. 6 des Urteilstenors wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger für die Zeit vom 01.02. bis zum 22.02.2008 das von der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit P. genehmigte Kurzarbeitergeld zu zahlen.

22

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung gemäß Schriftsatz vom 15.05.2009, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 211 ff. d. A.), als zutreffend. Die Beweiswürdigung des Arbeitsgericht sei nicht zu beanstanden. Soweit der Beklagte geltend mache, für die Monate Januar und Februar 2008 bestehe jedenfalls ein Lohnanspruch nur in Höhe des Kurzarbeitergelds, sei eine Kurzarbeit mit dem Kläger nicht vereinbart worden. Eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund Direktionsrechts sei nicht möglich. Die Meldung über Kurzarbeit bei der Arbeitsverwaltung schaffe ebenfalls keine Ermächtigungsgrundlage hierfür.

23

Auch im Übrigen wird ergänzend zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die Berufung ist zulässig.

25

Der Beklagte hat zwar die Berufungsfrist, die mit Ablauf des 10.3.2009 endete, versäumt, da die Berufungsschrift erst am 11.3.2008 beim Landesarbeitsgericht einging. Ihm war aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beklagte hat gegen die Fristversäumung zulässigerweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, insbesondere hat er den Antrag in der gebotenen Form (§ 236 ZPO) und innerhalb der hierfür geltenden Frist (§ 234 ZPO) gestellt.

26

Der Antrag ist auch begründet. Nach den durch die Eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten des Beklagten glaubhaft gemachten Angaben war der Beklagte ohne eigenes Verschulden, aber auch ohne nach § 85 Abs. 2 ZPO ihm zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten verhindert, die Berufungsfrist zu wahren. Danach war eine Übertragung der Berufungsschrift an das Telefax-Gerät des Landesarbeitsgerichts nicht möglich, wobei der Mitarbeiterin des Anwalts des Beklagten auf telefonische Nachfrage beim Landesarbeitsgericht als Ausweich-Telefaxnummer die des Arbeitsgerichts Mainz angegeben worden sein soll. Dies erscheint zwar unwahrscheinlich, da beim Landesarbeitsgericht die Anweisung existiert, bei Defekten des Telefax-Geräts auf die Telefaxnummer des im gleichen Haus befindlichen Landessozialgerichts zu verweisen und das Telefaxgerät des Landesarbeitsgerichts sowohl unmittelbar vor dem behaupteten Übermittlungsversuch als auch danach Faxsendungen empfangen hat. Vollständig ausschließen lässt sich eine möglicherweise unzutreffende Auskunft von Mitarbeitern des Landesarbeitsgericht aber nicht. Zumindest ebenso wahrscheinlich ist allerdings ein Fehler der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten des Beklagten bei der Ermittlung der Faxnummer bzw. einer Ausweichnummer. Selbst wenn dies unterstellt wird, lässt sich ein dem Kläger zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht feststellen. Dieser durfte zulässigerweise den Vorgang der Übermittlung per Fax seiner geschulten Mitarbeiterin eigenverantwortlich überlassen. Die Berufungsschrift war zutreffend adressiert. Soweit ein fristgebundener Schriftsatz aber an das richtige Gericht adressiert ist, darf ein Prozessbevollmächtigter das Heraussuchen der zutreffenden Faxnummer und deren Eingabe geschultem Büropersonal eigenverantwortlich überlassen. Es handelt sich hierbei um einfache, büromäßige Aufgaben ohne rechtlichen Bezug (vgl. BFH Urteil vom 24.4.2003 – VII R 47/02- BB 2003, 1485 ff.; BGH Beschluss vom 10.1.2000 –II ZB 14/99- NJW 2000, 1043 f.).

27

Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht begründet.

28

Der Zulässigkeit der Berufung steht hinsichtlich der Berufungsanträge zu 1 b), c) auch nicht entgegen, dass weder aus den Anträgen, noch aus der Berufungsbegründung selbst ersichtlich ist, in welchem Umfang der Beklagte eine Abänderung begehrt, da der Beklagte nicht erläutert, in welcher genauen Höhe sich eine Abänderung bei Zugrundelegung einer Zahlungspflicht in Höhe des genehmigten Kurzarbeitergeldes ergibt. Zwar muss gem. § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Berufungsbegründung u.a. die Erklärung enthalten, welche Abänderung des angefochtenen Urteils begehrt wird, was grundsätzlich einen bestimmten Antrag voraussetzt. Ausreichend ist aber, dass für das Gericht erkennbar ist, in welchem Umfang das Urteil angefochten wird (vgl. nur Gummer/Heßler in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 520 Rz. 28, 32).

29

Dies ist hier der Fall. Die Berufungsbegründung verdeutlicht, dass der Beklagte der Auffassung ist, für den Monat Januar und Februar 2008 einer Zahlungsverpflichtung nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes und nicht in Höhe des vollen Lohnanspruchs ausgesetzt zu sein, wobei er erstinstanzlich den Tagesbetrag des Kurzarbeitergeldes mit 46,81 EUR beziffert hatte. Daraus ergibt sich, dass der Beklagte eine Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend begehrt, dass er für Januar 2008 eine Klageabweisung hinsichtlich des 93,62 EUR brutto übersteigenden Betrags (2 Tage à 46,81 EUR) und hinsichtlich des Monats Februar 2008 Klageabweisung hinsichtlich des 748,96 EUR brutto (16 Arbeitstage à 46,81 EUR) begehrt.

II.

30

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

31

1. Soweit der Beklagte die Abweisung der Klage hinsichtlich des geltend gemachten (Rest-) Lohnes für den Monat September 2007 in Höhe von 1.204,24 EUR netto nebst Zinsen begehrt und geltend gemacht, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von ihm behaupteten Zahlungen am 15.10.2007 und 26.10.2007 seien nicht bewiesen, folgt die Berufungskammer im Ergebnis der Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen A..

32

Zwar hat der Zeuge bekundet, dass der Kläger am 15.10.2007 einen Betrag von 800,- EUR erhalten haben soll und am 26.10.2007 ca. weitere 400,- EUR. Wenn das Arbeitsgericht dennoch angenommen hat, diese Zahlungen seien nicht erwiesen, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ausgehend von der protokollierten Aussage des Zeugen teilt die Berufungskammer die Zweifel des Arbeitsgerichts. Die Aussage des Zeugen enthält in Teilen Widersprüche und erscheint auch unter Berücksichtigung des vom Beklagten erstinstanzlich gehaltenen Sachvortrags als wenig glaubhaft. So hat der Zeuge bekundet, der Kläger habe sein Geld immer in bar bekommen, da er (der Kläger) angeblich kein Konto gehabt habe. Dies steht aber in Widerspruch dazu, dass der Zeuge unmittelbar zuvor bekundet hatte, erst ab September seien Barzahlungen erfolgt, vorher sei das Geld immer auf das Konto des Klägers überwiesen worden. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts sich im Kalender des Zeugen nur unter dem 15.10.2007 der Eintrag einer Zahlung fand und entsprechende Eintragungen weder für den Zeitraum davor, noch danach feststellbar waren. Nach dem erstinstanzlichen Sachvortrag des Beklagten (Schriftsatz vom 23.4.2008), hat der Kläger aber gerade immer Barzahlungen gefordert, weil sein Konto überzogen sei. Hinzu kommt, dass nach dem Sachvortrag des Beklagten (Schriftsatz vom 17.6.2008) der Zeuge immer anwesend gewesen sein soll, wenn Zahlungen erfolgten und dieser die Höhe des zu zahlenden Betrages überwacht und die entsprechenden Beträge auch aufnotiert und Buch geführt haben soll. Angesichts dieser dem Zeugen vom Beklagten selbst zugeschriebenen umfassenden Kontroll- und Dokumentationsfunktion ist es umso weniger nachvollziehbar, dass obwohl weitere Zahlungen an den Kläger auch nach der behaupteten Zahlung erfolgt sein sollen, insbesondere auch die Restzahlung am 26.10.2007, sich hierüber keine Aufzeichnungen im Kalender des Zeugen finden. Ferner hat der Zeuge bekundet, am 15.10.2007sei neben dem Abschlag auch Fahrtgeld und Auslöse gezahlt worden. Auch hierüber gibt es keinen Eintrag im Kalender des Zeugen und dieser Teil der Aussage steht in Widerspruch zu den eigenen Behauptungen des Beklagten, die Zahlung der Auslöse bei dem Aufenthalt in Frankreich im Oktober sei dort an den jeweiligen Tagen erfolgt.

33

Aufgrund dieser Gesichtspunkte verbleiben Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen, auch wenn man berücksichtigt, dass der Zeuge eine weitere behauptete Zahlung betreffend Dezemberlohn nicht hat bestätigen können, also nicht durchweg für den Beklagten positiv ausgesagt hat und auch nach Meinung des Berufungsgerichts nicht entscheidend ins Gewicht fällt, dass der Zeuge die genaue Stückelung des als am 15.10.2007 gezahlt behaupteten Betrages nicht angeben konnte und auch den genauen Betrag des nach den Behauptungen des Beklagten am 26.10.2007 gezahlten Restbetrages nicht angeben konnte.

34

Verstärkt werden diese Zweifel noch dadurch, dass es bei Zahlung derartiger Beträge unüblich ist, diese ohne Quittierung auszuzahlen und entsprechende Belege nicht existieren.

35

2. Die Berufung hat aber auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Januar und Februar 2008 in einer bei Berechnung der zu vergütenden Tage mit 46,81 EUR brutto als auf einen Arbeitstag zu leistendes Kurzarbeitergeld übersteigenden Höhe richtet.

36

Das Arbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch dem Grunde nach für den 1.1.2008 aus § 2 Abs. 1 EFZG und für den 31.1.2008 sowie den Zeitraum 1.-22.2.2008 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§ 615 BGB) wegen der berechtigten Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch den Kläger wegen erheblicher Lohnrückstände ergibt. Die Berufungskammer folgt diesbezüglich der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest, § 69 Abs. 2 ArbGG. Auch die Berufung greift diesen rechtlichen Ausgangspunkt nicht an.

37

Die Ansprüche des Klägers bestehen aber auch in der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Höhe. Zutreffend ist, dass sowohl für den Anspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG, der auch besteht, wenn Feiertag und Kurzarbeit zusammenfallen (§ 2 Abs. 2 EFZG), als auch für einen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung das sog. Lohnausfallprinzip mit der Folge gilt, dass bei rechtmäßiger Anordnung von Kurzarbeit nur ein Anspruch in der Höhe besteht, die sich ergibt, wenn auch der anspruchstellende Arbeitnehmer von der Kurzarbeitsanordnung erfasst worden wäre, hätte er gearbeitet (vgl. etwa BAG 5.4.1984 -3 AZR 194/82- EzA FeiertagslohnzG §1 Nr. 28; ErfK-Preis, 8. Aufl. § 615 BGB Rz. 76 m. w. N..).

38

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eine Befugnis des Arbeitgebers zur einseitigen, von der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit abweichenden Reduzierung der Dauer der zu leistenden Arbeitszeit jedenfalls in betriebsratslosen Betrieben nicht aus dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht und auch nicht aus den sozialrechtlichen Bestimmungen des Arbeitsförderungsrechts (§§ 169 ff SGB III) ergibt (LAG Rheinland-Pfalz 7.10.1996 -9 Sa 703/96- LAGE § 615 BGB Kurzarbeit Nr. 2 ). Allerdings kann sich eine entsprechende Befugnis aus tarifvertraglichen, auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Bestimmungen ergeben. Nach allgemeinen Grundsätzen ist hierfür der Arbeitgeber ebenso darlegungs- und beweispflichtig wie dafür, dass die ggf. tarifvertraglich normierten Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit erfüllt sind. Hierzu fehlt es an jeglichem Sachvortrag des Beklagten. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kläger ist nicht ersichtlich. Der Beklagte hat aber auch nicht die Voraussetzungen einer Kurzarbeitsanordnung auf tarifvertraglicher Grundlage dargelegt. Insoweit kommt vorliegend nur § 17 des Rahmentarifvertrags für das Dachdeckerhandwerk in Betracht, der allerdings den Entfall des Lohnanspruchs davon abhängig macht, dass zwingende Witterungsgründe oder wirtschaftliche Gründe die Arbeitsleistung unmöglich machen und die Entscheidung über die Einstellung der Arbeit in das pflichtgemäße Ermessen des Arbeitgebers stellt. Der Beklagte hat zu den Gründen der behaupteten Kurzarbeit auch im Berufungsverfahren nichts vorgetragen. Auch ein Tatsachenvortrag dazu, ob die Arbeit vollständig oder nur an einzelnen Tagen eingestellt wurde und aus welchen Gründen eventuelle Arbeitseinstellungsentscheidungen pflichtgemäßem Ermessen im Sinne des § 17 Ziff. 3 RTV entsprachen, fehlt.

III.

39

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsrund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2000 - II ZB 14/99

bei uns veröffentlicht am 10.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 14/99 vom 10. Januar 2000 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 233 (Fd) Wird beim Telefax-Verkehr mit den Gerichten die Telefax-Nr. des Adressaten von der Computeranlage im Büro des Rec

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 14/99
vom
10. Januar 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wird beim Telefax-Verkehr mit den Gerichten die Telefax-Nr. des Adressaten von
der Computeranlage im Büro des Rechtsanwaltes automatisch aus einem Stammdatenblatt
übernommen, dann hat der Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen
dafür zu sorgen, daß die Eintragung der Telefax-Nr. in das Stammdatenblatt
kontrolliert wird oder aber daß jede einzelne Sendung z.B. anhand des Sendeberichts
auf die Richtigkeit des Adressaten und der Telefax-Nr. überprüft wird.
BGH, Beschluß vom 10. Januar 2000 - II ZB 14/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Mai 1999 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 77.000,-- DM

Gründe:


I. Der Beklagte hat rechtzeitig und formgerecht am 1. März 1999 bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht Berufung eingelegt. Den an den Berufungszivilsenat adressierten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hat sein Prozeßbevollmächtigter am 1. April 1999 per Telefax versandt, dabei ist nicht die Telefax-Nummer des Oberlandesgerichts, sondern diejenige der 5. Zivilkammer des Landgerichts, gegen deren Urteil sich die Berufung richtete, verwendet worden. Grund dafür war, daß die zuständige Mitarbeiterin des Prozeßbevollmächtigten das sog. Stammdatenblatt, das u.a. die Telefax-Nummer des Gerichts enthält, bei dem die Sache anhängig ist, im Zuge der Einlegung der Berufung geändert hat und dabei die Nummer des Anschlusses der 5. Zivilkammer des Landgerichts übernommen hat. Aus dem Stammdatenblatt
übernimmt die Computeranlage des Prozeßbevollmächtigten automatisch die Telefax-Nummer des Gerichts, wenn ein Schriftsatz per Fax versandt werden soll. Bei der gemeinsamen Briefannahmestelle der Justizbehörden in Hamburg ist der Verlängerungsantrag erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, nämlich am 6. April 1999 eingegangen. Der Senatsvorsitzende hat gleichwohl die Berufungsbegründungsfrist verlängert und ist in gleicher Weise auch hinsichtlich eines weiteren - ebenfalls mit der unrichtigen Telefax-Nummer versandten - Fristverlängerungsantrages verfahren.
Nachdem das Berufungsgericht Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung geäußert hat, hat der Beklagte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und durch eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten M. glaubhaft gemacht, daß diese bei der Ä nderung des Stammdatenblattes versehentlich die falsche Telefax-Nummer eingetragen hat.
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die formell einwandfreie sofortige Beschwerde des Beklagten.
II. Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten mit Recht die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert, weil es an der gesetzlichen Voraussetzung (§ 233 ZPO) fehlt, daß er ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Sein Prozeßbevollmächtigter, dessen Verschulden er sich anrechnen lassen muß (§ 85 Abs. 2 ZPO), hat nicht alle erforderlichen organisa-
torischen Vorkehrungen getroffen, um den fristgerechten Eingang des Verlängerungsantrages bei dem Berufungsgericht sicherzustellen.
Es entspricht anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß ein Rechtsanwalt, der sich zulässigerweise bei der Anbringung fristgebundener Schriftsätze des Telefax-Verkehrs bedient, gehalten ist, durch organisatorische Anweisungen sicherzustellen, daß die notierten gerichtlichen Telefax-Nummern überprüft und ggfs. korrigiert werden (BGH, Beschl. v. 3. November 1998 - VI ZB 29/98, LM Nr. 62 zu § 511 ZPO m.w.N.). Diese Überprüfung, die Teil der gebotenen Ausgangskontrolle ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1995 - XII ZB 123/95, VersR 1996, 778), darf er zwar seinem als zuverlässig erkannten Büropersonal überlassen (BGH, Beschl. v. 23. März 1995 - VII ZB 19/94, NJW 1995, 2105 f.; Beschl. v. 18. Oktober 1995 - XII ZB 123/95, VersR 1996, 778; BAG, Urt. v. 30. März 1995 - 2 AZR 1020/94, NJW 1995, 2742). Diesen organisatorischen Anforderungen ist der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten indessen nicht gerecht geworden.
Es reichte dazu nicht aus, daß im Büro des Rechtsanwalts die zutreffende Telefax-Nummer des Berufungsgerichts bekannt und außerdem die Kopie einer Mitteilung des Hamburger Anwaltvereins mit den Telefax-Nummern ausgehängt war. Hierdurch wurde die unerläßliche Ausgangskontrolle nicht gewährleistet. Da die Zielnummer für den Telefax-Verkehr bei dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten automatisch aus dem Stammdatenblatt aufgerufen und dem Telefax-Gerät für die jeweilige Sendung zugewiesen wird, war es geboten, in geeigneter Weise die Eintragung der jeweiligen Nummern in die Stammdatenblätter zu kontrollieren oder aber sicherzustellen, daß ein Sendebericht ausgedruckt und auf die Korrektheit des Adressaten überprüft wurde.
Schon ein Vergleich der ausgedruckten Telefax-Nummer mit der nach der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Anwalts wohlbekannten Nummer des Oberlandesgerichts hätte den Fehler offenbart, ganz abgesehen davon, daß die Sendeberichte moderner Geräte den Adressaten üblicherweise nicht nur mit der Telefax-Nummer, sondern zusätzlich mit einer individuellen Bezeichnung ausweisen.
Gegenüber diesem Fehlen einer funktionsfähigen Ausgangskontrolle in der Büroorganisation des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten spielt es keine Rolle, daß der Vorsitzende des Berufungszivilsenats die Verfristung der verschiedenen Verlängerungsanträge nicht bemerkt und den Anträgen entsprochen hat. Wird der Fristverlängerungsantrag verspätet bei Gericht eingereicht , ist die Entscheidung rechtskräftig; eine gleichwohl gewährte Fristverlängerung des Gerichts kann daran nichts ändern. Insofern ist die Lage entgegen der Meinung des Beklagten anders, als wenn fristgerecht ein prozessual unwirksamer Antrag angebracht und diesem durch den Vorsitzenden entsprochen wird (BGH, Beschl. v. 8. Oktober 1998 - VII ZB 21/98, LM Nr. 139 zu § 519 ZPO m.w.N.).
Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich entschieden, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten nicht hat erwarten können, er werde am 1. April 1999 in den wenigen noch verbliebenen Bürostunden vom Landgericht darauf aufmerksam gemacht, daß er seinen Antrag nicht an das allein zuständige Oberlandesgericht gesandt hatte. Im Gegenteil ergibt sich schon aus der
von ihm selbst vorgelegten Mitteilung des Hamburger Anwaltvereins, daß jeder Anwalt selbst das Risiko trägt, daß seine fristgebundenen Schriftsätze an das zuständige Gericht oder an die hierfür eingerichtete gemeinsame Postannahmestelle gesandt werden müssen.

Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.