Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 04. Mai 2011 - 8 TaBVGa 5/10

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2011:0504.8TABVGA5.10.0A
published on 04/05/2011 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 04. Mai 2011 - 8 TaBVGa 5/10
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Gericht

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Tenor

Das Verfahren wird wegen Erledigung eingestellt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über die Berechtigung der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.), in der Zeit vom 24.12. bis 31.12.2010 Arbeitnehmer zu beschäftigen.

2

Der Antragsteller ist der Betriebsrat des von der Arbeitgeberin betriebenen Werks in Höhr-Grenzhausen. Die Arbeitgeberin unterhält darüber hinaus noch einen Produktionsbetrieb in A-Stadt. Am 15.10.2009 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:

3

„Für folgende Tage in 2010 wird Betriebsruhe vereinbart:

[...] 

Betriebsruhe: vom 24.12. bis 31.12.2010 (5 Urlaubstage)“

4

Die Arbeitgeberin beabsichtigte, den Betrieb in Höhr-Grenzhausen in das etwa 170 km entfernte A-Stadt zu verlegen. Diesbezüglich besteht ein zwischen den Beteiligten vereinbarter Sozialplan.

5

Die Arbeitgeberin kündigte den Mietvertrag über das von ihr gemietete Werksgelände in Höhr-Grenzhausen zum 3.12.2010. Nachdem sich die Räumung des Betriebs in Höhr-Grenzhausen unvorhergesehen verzögerte, gelangte die Arbeitgeberin zu der Auffassung, der Personalbedarf für den Rückbau in Höhr-Grenzhausen und den Aufbau am Standort A-Stadt habe sich für den Zeitraum vom 27.12.2010 bis 30.12.2010 erhöht. Verhandlungen zwischen der Arbeitgeberin und dem Antragsteller über die Aufhebung bzw. Abänderung der Betriebsvereinbarung vom 15.10.2009, der eine Betriebsruhe für diesen Zeitraum vorsieht, scheiterten.

6

Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 23.11.2010 die betreffende Betriebsvereinbarung fristlos.

7

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Die Betriebsvereinbarung vom 15.10.2009 sei weiterhin zu beachten. Zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts sei es geboten, der Arbeitgeberin den Einsatz von Mitarbeitern während der Zeit der Betriebsruhe im Wege einer einstweiligen Verfügung zu untersagen.

8

Der Betriebsrat hat beantragt:

9

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, im Zeitraum 24. Dezember bis 31. Dezember 2010 die am Stichtag 23. November 2010 (Kündigung der Betriebsvereinbarung durch die Arbeitgeberin) in Höhr-Grenzhausen beschäftigten Mitarbeiter im Werk Höhr-Grenzhausen oder A-Stadt einzusetzen.

10

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

11

den Antrag zurückzuweisen.

12

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Betriebsvereinbarung sei wirksam gekündigt worden. Für den betreffenden Zeitraum bestehe ein erhöhter Personalbedarf. Für den Fall, dass der Umzug nach A-Stadt nicht fristgerecht abgeschlossen werden könne, drohe ein erheblicher finanzieller Schaden. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe nicht mehr, weil sich eine hinreichende Anzahl von Mitarbeitern bereit erklärt habe, freiwillig in der Zeit der Betriebsruhe zu arbeiten.

13

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.12.2010 (Bl. 55 - 57 d.A.) Bezug genommen.

14

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2010 dem Antrag stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 - 6 dieses Beschlusses (=Bl. 57 - 59 d.A.) verwiesen.

15

Gegen den ihr am 28.12.2010 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 28.12.2010 Beschwerde eingelegt und diese am 23.02.2011 begründet.

16

Die Arbeitgeberin macht u.a. geltend, der Antrag des Betriebsrats sei im Hinblick auf den eingetretenen Zeitablauf bereits mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Darüber hinaus sei der Antrag im Übrigen mangels eines Verfügungsanspruchs sowie eines Verfügungsgrundes unbegründet.

17

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren wird auf deren Beschwerdebegründungsschrift vom 23.02.2011 (Bl. 107 - 119 d.A.) Bezug genommen.

18

Die Arbeitgeberin beantragt,

19

den erstinstanzlichen Beschluss abzuändern und den Antrag des Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

20

Der Betriebsrat, der im Beschwerdeverfahren zunächst seinen Antrag weiter verfolgte, hat im Anhörungstermin vom 04.05.2011 das Verfahren für erledigt erklärt. Die Arbeitgeberin hat der Erledigungserklärung des Betriebsrats nicht zugestimmt.

II.

21

Das Verfahren ist aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs erledigt. Es ist daher einzustellen.

22

Auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren kann in den Rechtsmittelinstanzen das Verfahren für erledigt erklärt werden. Erklärt der Antragsteller das Verfahren für erledigt und stimmen die übrigen Beteiligten nicht zu, so hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist oder nicht (BAG v. 26.04.1990 - 1 ABR 79/89 - BAGE 65, 105). Liegt ein erledigendes Ereignis vor, so ist das Verfahren einzustellen. Darauf, ob der Antrag von Anfang an zulässig und begründet war, kommt es nicht an (BAG v. 27.08.1996 - 3 ABR 21/95 - AP Nr. 4 zu § 83 a ArbGG 1979).

23

Voraussetzung für die Einstellung des Verfahrens ist zunächst eine wirksame Erledigungserklärung in der Rechtsmittelinstanz. Eine solche liegt vor. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist insgesamt zulässig, so dass das Verfahren wirksam in die Beschwerdeinstanz gelangt ist und somit dort für erledigt erklärt werden konnte.

24

Es liegt auch ein erledigendes Ereignis vor. Ein solches Ereignis ist gegeben, wenn nach der Rechtshängigkeit des Antrags tatsächliche Umstände eingetreten sind, aufgrund derer der Antrag jedenfalls jetzt als unbegründet oder unzulässig abgewiesen werden müsste (BAG v. 26.04.1990 - 1 ABR 79/89 - BAGE 65, 105).

25

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Durch den zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablauf ist ein erledigendes Ereignis eingetreten. Der im Verfügungsantrag bezeichnete Zeitraum, für den der Betriebsrat die Untersagung der Beschäftigung von Mitarbeitern begehrt, ist abgelaufen. Eine diesbezüglich Regelung könnte daher keine Wirkung mehr entfalten. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass ein zeitlich befristeter Unterlassungstitel auch nach Zeitablauf unverändert rechtsbeständig bleibt und bei während des Verbotszeitraums begangenen Zuwiderhandlungen die Grundlage für eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO bildet (vgl. BGH v. 23.10.2003 - I ZB 45/02 - NJW 2004, 506; OLG Nürnberg v. 20.10.1995 - 3 W 2862/95 - WRP 1996, 145). Die Zwangsvollstreckung nach § 890 Abs. 1 ZPO durch Verhängung eines Ordnungsgeldes und ersatzweiser Ordnungshaft erfordert zunächst eine entsprechende Androhung (§ 890 Abs. 2 ZPO), die der Zuwiderhandlung zeitlich voran gehen muss. Vorliegend enthält weder der erstinstanzliche Beschluss eine solche Androhung, noch ist diese nachträglich erfolgt. Etwaige Zuwiderhandlungen der Arbeitgeberin gegen die erstinstanzlich titulierte, zeitlich begrenzte Unterlassungsverfügung können daher nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung geahndet werden. Eine Entscheidung des vorliegenden Verfahrens hätte demnach keine Rechtswirkung mehr; sie liefe auf ein Rechtsgutachten hinaus. Hierfür fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag des Betriebsrats wäre daher nunmehr unzulässig. Damit sind Umstände eingetreten, aufgrund derer der Antrag des Betriebsrats jedenfalls jetzt abgewiesen werden müsste.

26

Das Verfahren war daher wegen Erledigung einzustellen.

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(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem
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published on 23/10/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 45/02 Verkündet am: 23. Oktober 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja.
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published on 12/11/2015 00:00

Tenor 1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 20.02.2015, Az. 2 BV 47 d/14, wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten
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Annotations

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.