Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Jan. 2011 - 7 Sa 278/10

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:0126.7SA278.10.0A
bei uns veröffentlicht am26.01.2011

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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 10.03.2010, Az.: 7 Ca 2534/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

I. Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestand sowie ob eine fristlose Kündigung das Vertragsverhältnis beendet hat.

2

Der am 23.04.1958 geborene Kläger, der verheiratet ist und ein Kind hat, war seit dem 05.08.1974 bei der Firma Y AG beschäftigt. Aufgrund eines Betriebsteilsübergangs wurde die Firma Z GmbH & CO. KG (im Folgenden: Firma Z) neue Arbeitgeberin, die den Kläger zuletzt als Laborleiter einsetzte. Die Firma Z kündigte mit Schreiben vom 22.12.2008 das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen ordentlich zum 30.06.2009.

3

Am 02.02./19.02.2009 schlossen die Firma Z, der Kläger und die Beklagte, die einer Personalentwicklungsgesellschaft betreibt, einen dreiseitigen Vertrag (vgl. Bl. 5 ff. d. A.). Hierbei wurde unter anderem vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Firma Z und dem Kläger einvernehmlich aus betriebsbedingten Gründen beendet wird und der Kläger von der Firma Z eine Abfindungsleistung aus dem Sozialplan vom 07.11.2008 in Höhe von 70.000,00 EUR brutto erhält. Die Beklagte sollte nach dem Vertrag innerhalb ihres Betriebes eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit ("beE") im Sinne des § 216 b SGB III einrichten, deren Zweck darin bestand, für die Dauer von längstens neun Monaten Transferkurzarbeit und Qualifizierungsmaßnahmen für insgesamt 20 von betriebsbedingten Kündigungen der Firma Z betroffene Arbeitnehmer durchzuführen. Zwischen dem Kläger und der Beklagten sollte für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.03.2010 ein befristetes Arbeitsverhältnis bestehen. Der Kläger sollte als Arbeitnehmer ein monatliches Entgelt erhalten, das sich aus Zahlungen der Agentur für Arbeit (Transferkurzarbeitergeld) und der Firma Z GmbH & Co. KG (Aufstockung des vom Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Arbeit für die Berechnung von KUG festgelegten pauschalierten monatlichen Nettoentgelt auf 80 % des Nettoentgelts) zusammensetzt. Als Arbeitszeit sollte grundsätzlich Kurzarbeit Null realisiert werden, wobei eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden als vereinbart gelten sollte. Des Weiteren enthält der Vertrag, bezogen auf das befristete Arbeitsverhältnis, Regelungen über einen Urlaubsanspruch sowie Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers.

4

Im Juli 2009 leistete die Firma Z, aufgrund eines zwischen ihr und der Beklagten gesondert geschlossenen Dienstleistungsvertrages den dort vereinbarten vierteljährlichen Vorschuss in Höhe von 100.000,00 EUR auf die bei der Beklagten anfallenden Aufstockungszahlungen, Sozialversicherungsbeiträge und weiteren Remanenzkosten für die Zeit von Juli bis September 2009.

5

Spätestens im Oktober 2009 wurde bei der Firma Z ein Insolvenzverfahren eingeleitet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der dem Geschäftsführer der Beklagten am 22.10.2009 mitteilte, dass keine weiteren Vorschusszahlungen durch die Firma Z erfolgen würden.

6

Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 30.10.2009, das dem Kläger am 31.10.2009 zuging, sie kündige das "bestehende befristete Arbeitsverhältnis" fristlos.

7

Durch Beschluss des Amtsgerichtes Frankenthal vom 01.12.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma Z eröffnet und die Vorläufigkeit der Insolvenzverwaltung aufgehoben.

8

Mit seiner am 06.11.2009 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenen Klage hat der Kläger unter anderem die Feststellung begehrt, dass das aus seiner Sicht bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

9

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Tatbestandes sowie wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 10.03.2010 (dort Seite 2 bis 9 = Bl. 129 bis 136 d. A.) Bezug genommen.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 30.10.2009 - zugegangen am 31.10.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst ist.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 10.03.2010 (Bl. 128 ff. d. A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 30.10.2009 - zugegangen am 31.10.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst ist. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, das unter Beachtung von

15

§ 626 Abs. 1 BGB durch die fristlose Kündigung der Beklagten nicht beendet worden sei.

16

Der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis stehe nicht entgegen, dass der Kläger von einer grundsätzlichen Arbeitsverpflichtung befreit gewesen sei. Dies beruhe nämlich nicht darauf, dass es sich bei der Beklagten um eine Transfergesellschaft handele, sondern auf der Tatsache, dass Kurzarbeit Null angeordnet gewesen sei; in einem solchen Fall sei auch in jedem anderen Arbeitsverhältnis die Arbeitspflicht reduziert bzw. ausgesetzt. Der Kläger sei im Übrigen auch zu bestimmten Leistungen im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet gewesen, so sei zum Beispiel unter Ziffer III. 3. b) des dreiseitigen Vertrages geregelt, dass der Arbeitnehmer die Unterrichtungszeiten der jeweiligen Qualifizierungsmaßnahme einhalten müsse. Auch die Lage der Arbeitszeit werde nach Ziffer III. 3. c) durch die Beklagte festgelegt. Angesichts des bestehenden Direktionsrechts der Beklagten sei mithin von einem Arbeitsverhältnis auszugehen.

17

Das Beschäftigungsverhältnis sei durch die fristlose Kündigung nicht rechtswirksam beendet worden, da es an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB fehle. Die Beklagte habe zwar durch die Zahlungsunfähigkeit der Firma Z und das Ausbleiben von weiteren Vorschusszahlungen durch dieses Unternehmen in der Zukunft mit Verlusten rechnen müssen. Jedoch müsse die Beklagte das wirtschaftliche Risiko für die Finanzierung der Remanenzkosten tragen und könne dies als Arbeitgeberin nicht auf den Kläger, mithin auf den Arbeitnehmer abwälzen. Es sei branchenüblich, dass bei Abschluss von dreiseitigen Verträgen die von der abgebenden Gesellschaft zur Aufstockung ihres Verdienstes geschuldeten Remanenzkosten gegen die Insolvenz der abgebenden Gesellschaft abgesichert würden. Des Weiteren bestehe die Möglichkeit sich gegen die Zahlungsunfähigkeit der abgebenden Gesellschaft durch eine entsprechende Auflösungsbedingung in dem mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag abzusichern. Schließlich könne für diesen Fall im Arbeitsvertrag auch eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden. Die Beklagte habe von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht und könne sich daher auch nicht auf die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten berufen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf bezeichnete Entscheidung verwiesen.

19

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 14.05.2010 zugestellt worden ist, hat am 01.06.2010 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 12.07.2010 ihr Rechtsmittel begründet.

20

Die Beklagte macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Unwirksamkeit der Kündigung vom 30.10.2009 festgestellt. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus, es fehle angesichts der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.03.2010, welche zwischenzeitlich verstrichen sei, bereits das Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung.

21

In der Sache sei ihre Kündigung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB wirksam, falls das Gericht davon ausgehe, dass sie dem Kläger aus dem dreiseitigen Vertrag zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet sei. Der Wortlaut des dreiseitigen Vertrages vom 02.02.2009 lasse erkennen, dass Grundlage des Vertrages die Finanzierung der von ihr übernommenen beE durch die Firma Z gewesen sei. Durch die Insolvenz der Firma Z sei eine Störung dieser Geschäftsgrundlage eingetreten, welche für die Vertragspartner nicht vorhersehbar gewesen sei. Anders als vom Arbeitsgericht angenommen sei eine Absicherung gegen die Insolvenz der personalabgebenden Gesellschaft nicht branchenüblich. Angesichts des Missverhältnisses zwischen dem Vergütungsanspruch des Klägers aus dem dreiseitigen Vertrag und dem Betrag, den sie pro Monat und Mitarbeiter für das Betreiben der beE habe bekommen sollen, sei ihr das Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar. Da eine Anpassung des Vertrages ausscheide, sei die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB zulässig.

22

Die Beklagte beantragt,

23

das Urteil des Arbeitsgericht Ludwigshafen vom 10.03.2010 -Az :7 Ca 2534/09 wird abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

26

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags. Ergänzend trägt er vor, die Kündigung der Beklagten sei auch nicht nach § 313 Abs. 3 BGB wirksam gewesen. Weder sei § 313 BGB auf die Kündigung von Arbeitsverhältnissen anzuwenden, da insoweit die Sonderregelung des § 626 BGB vorgehe, noch seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 313 BGB verwirklicht. Die Finanzierung der beE durch die Firma Z sei als einseitige Erwartung der Beklagten nicht Grundlage des dreiseitigen Vertrags geworden, da er als Vertragspartner weder das Risiko des Ausfalls der Finanzierung getragen habe noch sich – im Gegensatz zur Beklagten - gegen den Ausfall habe absichern können. Dass seinen Vergütungsansprüchen keine fremdnützige Arbeitspflicht gegenübergestanden habe, sei dem Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigungsgesellschaft wesensimmanent.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien und die zu den Akten gereichten Schriftstücke, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 26.01.2011.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

29

I. Die Berufung der Beklagten ist nach § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und in gleicher Weise begründet (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. v. m. § 520 ZPO. Sie ist somit zulässig.

30

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

31

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat auf die zulässige Klage zu Recht festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.10.2009 unwirksam ist.

32

Die Klage ist nicht durch Ablauf der Befristung des Rechtsverhältnisses aus dem dreiseitigen Vertrag zum 31.03.2010 unzulässig geworden. Das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht mit Ablauf der Frist entfallen, da die von ihm begehrten Feststellungen zum Bestand des Arbeitsverhältnisses Folgen für Gegenwart und Zukunft haben können (vgl. BAG, Urteil v. 3. 3. 1999 - 5 AZR 275–98 (Köln) – NJW 1999, 2918).Das Feststellungsinteresse folgt auch schon aus §§ 7,13 KSchG.

33

Die Klage ist auch begründet.

34

Der außerordentlichen Kündigung der Beklagten mangelt es an dem nach § 626 Abs. 2 BGB erforderlichen wichtigen Grund.

35

Die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 30.10.2009 war an den Anforderungen des § 626 BGB zu messen, weil die Parteien des Rechtsstreits mit dem dreiseitigen Vertrag vom 02.02.2009 ein Arbeitsverhältnis begründet haben.

36

Die vertraglichen Beziehungen der Parteien des dreiseitigen Vertrags sind privatrechtlicher Natur, da Verpflichtete und Berechtigte aus dem Vertrag ausschließlich Privatpersonen sind, die untereinander dem Privatrecht zuzuordnende Rechtsbeziehungen eingegangen sind.

37

Die Beklagte ist kein Träger öffentlichen Rechts und erbringt mit der vereinbarten Weiterleitung von Transferkurzarbeitergeld nach § 216 b SGB III auch keine Leistungen nach öffentlichem Recht. Vielmehr sind die vereinbarten Leistungen der Beklagten als privatrechtliche Dienstleistung zu qualifizieren, da sich die Beklagte gegenüber einer anderen Person des Privatrechts zur Übernahme von deren Arbeitnehmer in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit verpflichtet hat, um so die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialleistungen nach § 216 b SGB III zu schaffen. Die Beklagte ist nach der Vergütungsregelung des dreiseitigen Vertrags verpflichtet, die durch die Arbeitsagentur als Träger öffentlichen Rechts erbrachten Leistungen an den Kläger weiterzuleiten. Eine solche Gestaltung der Rechtsbeziehungen entspricht auch der Konstruktion des § 216 b SGB III, welcher die Unterstützung von privatrechtlichen – nämlich arbeitsvertraglichen – Verhältnissen durch Leistung von Transferkurzarbeitergeld vorsieht. Schließlich orientieren sich die in dem dreiseitigen Vertrag vereinbarten Rechte und Pflichten zwar teilweise an Regelungen des Sozialrechts. Dies soll jedoch lediglich den Bezug der als Teil der Vergütung vereinbarten Sozialleistungen nach § 216 b SGB III sicherzustellen, bedeutet aber nicht, dass dadurch das zugrundeliegende Rechtsverhältnis der Parteien als sozialrechtlich und damit öffentlich-rechtlich zu qualifizieren wäre.

38

Das Vertragsverhältnis der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ist als Arbeitsvertragsverhältnis (so auch BAG, Urteil v. 10.12.1998 – 8 AZR 324/97; Urteil v. 23.08.2001 – 5 AZB 11/01 für vergleichbare Vertragsverhältnisse) eigener Art einzuordnen.

39

Ein Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn sich eine Privatperson einer anderen aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages zur Erbringung von weisungsgebundenen Diensten verpflichtet (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urteil v. 14.02.1974 - 5 AZR 298/73 = AP Nr. 12 zu § 611 BGB – Abhängigkeit; BAG, Urteil v. 9. 6. 2010 - 5 AZR 332/09). Für die Einordnung kommt es nicht nur auf den Wortlaut des Vertrages sowie die zugrunde liegende Interessenlage der Parteien, sondern auch darauf an, ob die sich aus Inhalt und Durchführung des Vertrages ergebenden prägenden charakteristischen Merkmale des Rechtsverhältnisses mit denen eines Arbeitsvertrages übereinstimmen (vgl. BAG, Urteil v. 21.01.1966 - 3 AZR 133/65).

40

Im vorliegenden Fall haben die Parteien nicht nur das zwischen ihnen geschlossene Vertragsverhältnis ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichnet. Sie haben auch für ein Arbeitsverhältnis typische Regelungen getroffen, welche eine Weisungsgebundenheit des Klägers begründen. So ist nach Ziffer III. 3. a und c des Vertrags eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 37, 5 Stunden vereinbart, deren Lage u.a. die Beklagte, jedenfalls aber nicht der Kläger festlegen kann. Ziffer 4 begründet einen Urlaubsanspruch des Klägers, wobei er nach 4. b die zeitliche Lage des Urlaubs mit der Beklagten abzustimmen hat. Nebentätigkeiten hat der Kläger nach Ziffer 6 der Beklagten anzuzeigen. Nach Ziffer 7 erhält er Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Schließlich hat der Kläger nach Ziffer 9 die Leistungspflicht, aktiv an den Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterbildung mitzuwirken und dafür an den seitens der Arbeitsagentur oder der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen teilzunehmen. Bereits nach der Vertragsgestaltung kann der Kläger somit seine Tätigkeit im Wesentlichen nicht frei gestalten, sondern ist hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit einem Weisungsrecht der Beklagten unterworfen. Dass die Parteien einen Arbeitsvertrag schließen wollten, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 216 b SGB III, dessen Voraussetzungen die Parteien mit der Gestaltung des Vertrages erfüllen wollten. Diese Norm sieht bei dauerhaftem Arbeitsausfall die Zusammenfassung und Weiterbeschäftigung betroffener Arbeitnehmer in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit vor, um diesen so gezielt Weiterbildung- und Qualifizierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit bieten zu können. Sinn und Zweck der Norm ist es also, betriebsbedingte Kündigungen bei Arbeitsausfall zu verhindern und die betroffenen Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis zu halten, um so ihre Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz zu erhöhen. Nach dem Gesetzeswortlaut wird hierfür die Bildung von betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheiten bei dem von Arbeitsausfall betroffenen Arbeitgeber verlangt. Das Gesetz verlangt also eine organisatorische Maßnahme, nicht hingegen die Begründung neuer und andersartiger Rechtsverhältnisse zu den betroffenen Arbeitnehmern. Ebenso wie bei Anordnung von Kurzarbeit bei nicht dauerhaftem Arbeitsausfall nach §§ 169 ff. SGB III sieht das Gesetz dann bei Anordnung von Kurzarbeit die Modifizierung der im Arbeitsverhältnis bestehenden Hauptleistungspflichten für die Dauer des Bezugs von (Transfer)Kurzarbeitergeld vor. Zutreffend hat das Arbeitsgericht daher festgestellt, dass diese Reduzierung bzw. Aussetzung der Hauptleistungspflichten als Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht geeignet ist, die Rechtsnatur des zugrundeliegenden Arbeitsverhältnisses zu ändern. Nichts anderes kann aber gelten, wenn der alte Arbeitgeber die Bildung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit an einen externen Dienstleister abgibt und zu diesem Zweck, wie im vorliegenden Fall, einen entsprechenden dreiseitigen Vertrag mit Aufhebung des alten Arbeitsverhältnisses bei Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses mit der Transfergesellschaft schließt. Dass die Parteien die Hauptleistungspflichten dieses neuen Rechtsverhältnisses von vorneherein vertraglich der gesetzlichen Folge bei Anordnung von Kurzarbeit angepasst haben, ergibt sich aus der Natur der Dienstleistung, welche die Transfergesellschaft für den alten Arbeitgeber erbringt und lässt daher nicht auf den Willen der Parteien schließen, ein andersartiges Rechtsverhältnis als ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Entsprechend dem Unternehmenszweck der Beklagten und den Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld haben die Prozessparteien daher von vorneherein ihre Hauptleistungspflichten auf die Anordnung von Kurzarbeit ausgerichtet und gelebt. Damit ist das Rechtsverhältnis auch nach seiner tatsächlichen Durchführung als typisches, unter Anordnung von Kurzarbeit stehendes Arbeitsverhältnis zu qualifizieren (a.A. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.01.2007 – 4 Sa 1258/06).

41

Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag nicht wirksam nach § 313 Abs. 3 BGB gekündigt. Die Regeln über den Wegfall bzw. die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB sind zwar grundsätzlich auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar (vgl. BAG, Urteil v. 24.08.1995 – NZA 1996, S. 29). Vorliegend sind die Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage jedoch nicht gegeben, da die Finanzierung der Vergütung des Klägers und der Vergütung der Dienstleistung der Beklagten durch die Firma Z nicht Grundlage des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien des Rechtsstreits geworden ist und damit nicht durch deren Insolvenz weggefallen sein kann. Geschäftsgrundlage sind die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhoben worden sind, die beim Abschluss aber zu Tage getreten sind, oder die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei von dem Vorhandensein und dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen sich der Geschäftswille der Parteien aufbaut (st. Rspr.; z.B. BGH, NJW 1958, 297; BGH, NJW 1973, 1658; BGH, NJW 2001, 1204). Zudem ist für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage dann kein Raum, wenn es um Erwartungen und Umstände geht, die in den Risikobereich einer der Parteien fallen (BGH NJW 2006, 899 mwN). Vorliegend beruhte der Entschluss der Prozessparteien zum Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht auf der gemeinsamen Vorstellung einer gesicherten Finanzierung der Vergütung durch die Firma Z. Denn die Beklagte haftete, für den Kläger erkennbar, nach Ziffer III. 2 des Vertrages nicht für die Zahlung des Aufstockungsbetrages. Die Absicherung der eigenen Vergütung der Beklagten für ihre Dienstleistung fiel zudem in ihre Risikosphäre und hätte durch Aufnahme von für solche Vertragsverhältnisse typischen Klauseln wie die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung oder einer Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung des befristeten Arbeitsvertrags geschehen können.

42

Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Fehlen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs.1 BGB sind vollständig und zutreffend. Zur Meidung von Wiederholungen wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG auf die diesbezügliche Begründung Bezug genommen (Blatt 137 bis 139 der Gerichtsakten)

43

Einer Umdeutung der ausgesprochenen außerordentlichen und fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung steht, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, der Ausschluss dieser Kündigungsmöglichkeit nach § 15 Abs. 3 TzBfG entgegen.

44

III. Nach alldem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

45

Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Divergenz zugelassen gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2010 - 5 AZR 332/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tenor 1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und - im Wege der Widerklage - die Zahlung einer üblichen Vergütung.

2

Der Kläger ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war bei ihm vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2006 als Versicherungsvertreter tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter (§§ 84 ff. HGB)“ vom 10./16. Januar 2005 (im Folgenden: Vertretervertrag), in dem es auszugsweise heißt:


        

     

                 
Der Vertreter übernimmt im Hauptberuf eine Vertretung für die D. Die Übernahme der Vertretung geschieht unter den nachstehenden Bedingungen sowie gemäß den diesem Vertrag beigefügten und den noch zu erlassenden schriftlichen Geschäftsanweisungen, soweit sie diesem Vertrag nicht zuwiderlaufen.
                 
Die Vertragspartner sind sich einig, dass der Vertreter die Anforderungen des Ausbildungsprogramms zum/zur ‚Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)’ zu erfüllen hat. Steht endgültig fest, dass er diesen Anforderungen nicht genügt, so wird der Vertretervertrag grundsätzlich ordentlich gekündigt.
        
       

                 
Der Vertreter ist als selbstständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB) ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln. Über seine Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann der Vertreter im Wesentlichen frei bestimmen.
                 
Für die Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung und Versteuerung seiner Einkünfte) ist der Vertreter selbst verantwortlich.
                 
Der Vertreter ist Vermittlungsagent im Sinne des § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). …
                 
…       
        
       

                 
Der Vertreter erhält nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen Provisionen, die das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit darstellen. Er ist nicht berechtigt, besondere Gebühren für die Aufnahme des Antrags oder aus anderen Gründen zu erheben.
        
…“   
        
3

Mit gleichem Datum schlossen die Parteien „Besondere Vereinbarungen zum Vertretervertrag vom 1. Februar 2005“ (im Folgenden: Besondere Vereinbarungen), in denen sie ua. regelten:


        

„1.

Zur Gründung und Konsolidierung seiner Existenz als selbständiger Gewerbetreibender nach Maßgabe des § 84 HGB kann der Vertreter für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 eine Aufbauhilfe in Form eines gleichbleibenden Vorschusses in Höhe von € 1900,00 pro Monat, im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.07.2005 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1700,00 und im Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1500,00 von der D bekommen.
        
…       
        
        
3.   

Die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse (offene D-Forderungen) ist während des gesamten Aufbauhilfezeitraumes auf € 15.500,00 begrenzt. Erreicht das Vertreterkonto diesen Forderungsbetrag, endet die Zahlung der Aufbauhilfe ungeachtet des in Ziffer 1 vereinbarten Zeitraumes.
        
4.   

Die Aufbauhilfe wird jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrages erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet.
                 
Ist eine vollständige Verrechnung in einem Monat nicht möglich, wird der sich ergebende Vorschußsaldo vorgetragen und ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit evtl. bestehenden Überschüssen in den Folgemonaten verrechnet. Sofern das Vertreterkonto ausgeglichen ist, werden sich ergebende Überschüsse ausgezahlt.
                 
Der Unterschuß wird bis zur vollständigen Verrechnung bzw. Beendigung des Vertretervortrages vorgetragen.
        
5.   

Etwaige nach Auslaufen der Aufbauhilfe sich ergebende Unterschüsse werden ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit noch anfallenden Provisionen und sonstigen Vergütungen einschließlich Bonifikation verrechnet.
        
6.   

Die Vorschußzahlungen enden sofort mit Ausspruch der Kündigung bzw. bei Abschluß einer Beendigungsvereinbarung. Alle danach noch anfallenden Vergütungen werden auf einen evtl. Unterschuß angerechnet.
        
7.   

Bei Ausspruch der Kündigung des Vertretervertrages bzw. Abschluß einer Beendigungsvereinbarung ist ein noch ausstehender Unterschuß vom Vertreter sofort auszugleichen.
                 
Kündigt der Vertreter, ist, um das Kündigungsrecht des Vertreters nicht zu erschweren, ein etwaiger sich nach Verrechnung mit verdienten Provisionen, Bonifikationen und sonstigen Vergütungen ergebender Unterschuß nach Vertragsbeendigung in 12 gleichen Monatsraten an die D zurückzuzahlen. Die erste Rate ist zum Schluss des auf das Vertragsende folgenden Monats zu zahlen. Die folgenden Raten werden zum Ende der jeweils folgenden Monate zur Zahlung fällig. Nach Vertragsbeendigung noch anfallende Vergütungen werden ebenfalls auf den Unterschuß angerechnet. Der Vertreter paßt die Ratenzahlung entsprechend an (d.h. Verkürzung des Ratenzahlungszeitraums und/oder Reduzierung der letzten Ratenzahlung).
        
…       
        
        
9.   

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes liegt im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L.“
4

Ebenfalls unter dem 10./16. Januar 2005 trafen die Parteien eine „Bonifikationsvereinbarung zum Vertretervertrag vom 01.02.2005“, nach der der Beklagte zusätzlich zu den Provisionen eine freiwillige Bonifikation iHv. 10.000,00 Euro bei Erreichen von Nettoabschlussprovisionen iHv. 35.266,67 Euro in den ersten 24 Tätigkeitsmonaten oder von 21.050,00 Euro vom 13. - 24. Tätigkeitsmonat erhalten sollte. Vorausgesetzt wurde ferner, dass der Vertretervertrag im 25. Tätigkeitsmonat auf unbestimmte Dauer fortbesteht. Mit dem Inhaber der Agentur L schloss der Kläger mit Datum 10./14. Januar 2005 eine Vereinbarung über die Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L, in der es heißt:


        

„…   
        
1.   

Der Agenturvertreter (V) wird dem Vertreter zugeordnet.
                 
Damit soll eine optimale Kundenbetreuung und eine höhere Bestandsproduktivität erzielt werden.
                 
Der Vertreter stellt dem Agenturvertreter hierfür alle notwendigen Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung.
        
2.   

Das Neukundengeschäft des Agenturvertreters fließt für die Dauer der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Regelung in Ziffer 4 in den Bestand des Vertreters ein.
        
3.   

Die im Rahmen der Zusammenarbeit erzielte Jahresnetto-Abschlußprovisionen des v.g. Agenturvertreters wird auch bei Ermittlung des erhöhten Abschlußprovisionszuschusses für den Vertreter berücksichtigt.
        
4.   

Sollte die Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Agenturvertreter entweder vom Vertreter, vom Agenturvertreter oder von der D nicht mehr gewünscht werden, wird die Vermittler-Zuordnung beendet. Das bis dahin dem Vertreter zugeflossene bestands- bzw. servicevergütungspflichtige Geschäft verbleibt im Bestand des Vertreters.
        
…“   
        
5

Mit einem Nachtrag vom 22./27. Dezember 2005 wurde die Zuordnung des Beklagten zur Agentur L zum 31. Dezember 2005 beendet. Auf seinen Wunsch wechselte er zur Agentur V.

6

Zur Erlangung der Qualifikation „Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ veranstaltet der Kläger in seiner Zentrale in K eine Seminarreihe, bestehend aus sieben Grundseminaren und einem prüfungsvorbereitenden Seminar. Die Seminare dauern in der Regel fünf Arbeitstage und sollen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durchlaufen werden. Der Beklagte erhielt regelmäßig Einladungen zur Teilnahme an den Seminaren.

7

Im Rahmen seiner Tätigkeit übermittelte der Beklagte dem für ihn zuständigen Organisationsleiter des Klägers regelmäßig montags bis 12:00 Uhr einen Wochenbericht für die zurückliegende Woche und eine Planung für die folgende.

8

Im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 zahlte der Kläger an den Beklagten gem. Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen unter Verrechnung verdienter Provisionen 10.344,73 Euro.

9

Mit Schreiben vom 30. März 2006 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich unter Verrechnung von Stornoreserveguthaben ein Saldo iHv. 9.698,24 Euro zu seinen Lasten.

10

Mit der zunächst zum Landgericht erhobenen und von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen den Ausgleich des Negativsaldos begehrt und geltend gemacht, bei der dem Beklagten gewährten Aufbauhilfe habe es sich um Vorschüsse auf(noch) nicht ins Verdienen gebrachte Provisionen gehandelt, zu deren Rückzahlung der Beklagte verpflichtet sei. Der Beklagte sei als selbständiger Versicherungsvertreter entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bei ihm tätig gewesen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,


        

1.   

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.698,24 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.273,71 Euro seit dem 1. März 2007 sowie aus 2.424,53 Euro seit dem 9. August 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Widerklage abzuweisen.
12

Der Beklagte hat beantragt,


        

1.   

die Klage abzuweisen,
        
2.   

den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.565,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.
13

Der Beklagte hat geltend gemacht, keine Provisionsvorschüsse erhalten zu haben. Die Besonderen Vereinbarungen seien dahingehend auszulegen, dass die Aufbauhilfe als Vergütung während der Startphase garantiert sein solle. Das ergebe sich zumindest bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Darüber hinaus benachteilige ihn die Rückzahlungsklausel unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

14

In zweiter Linie hat der Beklagte geltend gemacht, sein Vertragsverhältnis zum Kläger sei als Arbeitsverhältnis einzuordnen, und vorgebracht, er habe seine Tätigkeit nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen können. Die Zuordnung zu den Agenturen L und V hätte ihn örtlich eingeschränkt, zudem sei er an die Bürozeiten der jeweiligen Agentur gebunden gewesen. Auf Anweisung des Klägers habe er mindestens 15 bis 20 Termine pro Woche vereinbaren und wahrnehmen müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden.

15

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Vergütung allein auf Provisionsbasis sei im Arbeitsverhältnis sittenwidrig. Deshalb könne er die übliche Vergütung beanspruchen, die sich aus den Tarifverträgen für das private Versicherungsgewerbe ergebe. Danach habe er für den Zeitraum seiner Tätigkeit beim Kläger insgesamt 28.624,13 Euro brutto zu beanspruchen. Abzüglich erhaltener Zahlungen iHv. 21.893,35 Euro verbleibe ein restlicher Vergütungsanspruch iHv. 6.730,78 Euro brutto.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende und die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

18

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis eingeordnet. Der Beklagte war sowohl nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 als auch dessen praktischer Durchführung selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 HGB.

19

1. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 93, 132; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 93, 112; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 95, 324). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, BAGE 115, 1; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

20

2. Unter beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB war der Beklagte in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen.

21

a) Das gilt zunächst für die Arbeitszeit.

22

aa) Der Vertretervertrag enthält zu Beginn und Ende einer täglichen Arbeitszeit keinerlei Vorgaben. Der Beklagte hatte keine festen Arbeitszeiten. Aus der Vereinbarung der Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L vom 10./14. Januar 2005 ergibt sich keine verbindliche Festlegung seiner Arbeitszeiten in Anlehnung an die Öffnungszeiten des Agenturbüros. Diese Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage für die in Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen getroffene Regelung, der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebiets des Beklagten solle im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L liegen. Damit wurde ein Tätigkeitsbezirk festgelegt, jedoch keine zeitliche Weisungsgebundenheit begründet.

23

bb) Die tatsächliche Durchführung des Vertretervertrags lässt eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht erkennen.

24

Der Beklagte macht zwar geltend, in den Agenturen L und V festen Arbeitszeiten unterworfen gewesen zu sein. Es fehlt aber an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag dazu, wann der Beklagte von welchem Vertreter des Klägers eine Weisung welchen Inhalts erhalten hätte.

25

Der Arbeitszeitsouveränität des Beklagten steht die von ihm behauptete Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Klägers nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132).

26

Ebenso wenig führen die vom Beklagten behaupteten Vorgaben des Klägers, pro Woche 15 bis 20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden, zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum verbleibt(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 770/98 - zu II 1 b der Gründe, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; 26. Mai 1999 - 5 AZR 469/98 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75). Insoweit fehlt es an Sachvortrag des Beklagten zur zeitlichen Inanspruchnahme der von ihm behaupteten Zahl von Kundenbesuchen und einer damit verbundenen Einengung seines Spielraums zur Bestimmung von Dauer und Lage seiner Arbeitszeit. Im Übrigen liegt es für einen Versicherungsvertreter im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht.

27

b) Der Beklagte war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

28

aa) Dem Beklagten war vertraglich kein bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Er musste weder die Räumlichkeiten des Klägers noch die der Agenturen L bzw. V aufsuchen, um von dort aus tätig zu werden. Sollte er das gleichwohl getan haben, so lag dem keine entsprechende Verpflichtung durch den Kläger zugrunde. Die bloße „Zuordnung“ zu einer bestimmten Agentur - Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen - begründete keinen Zwang, von dort aus der Vertretertätigkeit nachzugehen. Der Beklagte durfte, musste jedoch nicht auf die Ressourcen der Agenturen zurückgreifen.

29

Durch die Zuordnung zu einer Agentur gem. Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen war dem Beklagten allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk vorgegeben. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises ist jedoch mit dem Status eines selbständigen Handelsvertreters vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus § 87 Abs. 2 HGB, in dem eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Für den Beklagten als Versicherungsvertreter gilt nichts anderes(vgl. ausf. Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 112). Im Übrigen wird die Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit iSv. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geografischen Bereichs, innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll, nicht berührt.

30

bb) Ebenso wenig beeinträchtigen die vom Beklagten vorgetragenen Berichtspflichten seine Freiheit bei der Gestaltung seiner Tätigkeit in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Maße. Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Über diese Berichtspflicht eines selbständigen Handelsvertreters ginge eine dem Beklagten abverlangte Vorlage von Wochenberichten nicht hinaus. Die vorgetragene Weisung, einem Organisationsleiter des Klägers jeweils montags bis 12:00 Uhr eine Planung für die folgende Woche zu übermitteln, vermag die selbstbestimmte Gestaltung der Tätigkeit solange nicht zu beeinträchtigen, wie der Handelsvertreter seine Planung ohne verbindliche Vorgaben des Unternehmers eigenständig vornehmen kann.

31

Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten behaupteten Kontrollanrufe bei zwei von ihm besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB abgedeckt(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 95, 324).

32

c) Die Teilnahme des Beklagten an dem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm „zum/zur Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ steht der Annahme eines selbständigen Versicherungsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verpflichtende tätigkeitsbegleitende Ausbildung zur Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis führen kann. Denn zum einen entspringt die Ausbildung des Beklagten zum Versicherungsfachmann dem berechtigten Interesse des Klägers an einer möglichst effizienten Tätigkeit des Beklagten, der wiederum seinerseits von einer solchen Ausbildung profitieren konnte(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ff der Gründe, BAGE 95, 324). Zum anderen führt der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Umfang der Ausbildung - insgesamt 35 Arbeitstage im Jahr - angesichts des Nutzens für den Beklagten zu keiner übermäßigen Beschränkung der freien Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

33

d) Die von der Revision zu Recht als fehlend gerügte Gesamtwürdigung kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst vornehmen. Sie kann nur zu dem Ergebnis führen, dass das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Die Freiheit des Beklagten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit wurde von dem Kläger nicht in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Umfang eingeschränkt. Da die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters sowohl selbständig - § 92 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 84 Abs. 1 HGB - als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - § 92 Abs. 1 in Verb. mit § 84 Abs. 2 HGB - erbracht werden kann, ist bei der Gesamtwürdigung zudem die Vertragstypenwahl der Parteien zu berücksichtigen. Wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien oder eine von ihnen im Geschäftsverkehr gänzlich unerfahren sind. Das ist aber weder bei dem Kläger als Versicherungsunternehmen, noch beim Beklagten der Fall. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt war der Beklagte nach eigenem Vorbringen bereits zuvor als freier Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 war der Beklagte „ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln“. Dabei wurde er als selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB tätig.

34

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann vom Beklagten die Rückzahlung nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschüsse verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen.

35

1. Nach Ziff. 7 Abs. 1 Besondere Vereinbarungen ist der Beklagte verpflichtet, bei Beendigung des Vertretervertrags nach Maßgabe der Ratenregelung in Abs. 2 einen noch ausstehenden Unterschuss auszugleichen.

36

a) Bei den Regelungen zur Aufbauhilfe in den Besonderen Vereinbarungen handelt es sich nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats(1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von den Parteien nicht angegriffen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB),die vom Kläger für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Beklagten bei Vertragsschluss gestellt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (Senat 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

37

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vereinbarte Aufbauhilfe als Vorschuss auf Provisionen zu qualifizieren, der nach Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen bei Vorliegen eines „Unterschusses“ zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist.

38

aa) Schon der Wortlaut von Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen ist eindeutig. Danach wird die Aufbauhilfe zur Gründung und Konsolidierung der Existenz des Beklagten als selbständiger Gewerbetreibender „in Form eines gleichbleibenden Vorschusses“ nach Maßgabe der dort aufgeführten zeitlichen Staffelung gezahlt. Durch die dreimalige Verwendung des Begriffs „gleichbleibender Vorschuss“ kann die Regelung von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur als bloße Vorschussregelung verstanden werden, zumal es in Ziff. 4 Vertretervertrag heißt, die Provisionen stellten „das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit“ dar. Die weiteren Regelungen in den Besonderen Vereinbarungen bestätigen, dass die Zahlung eines Vorschusses, nicht aber eines garantierten(Mindest-)Entgelts vereinbart war. So sieht Ziff. 4 vor, dass die Aufbauhilfe jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrags erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet wird. Ziff. 3 begrenzt die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse auf eine bestimmte Summe. In Ziff. 6 heißt es, die Vorschusszahlungen endeten sofort mit Ausspruch einer Kündigung bzw. des Abschlusses einer Beendigungsvereinbarung. Auch der allgemeine Sprachgebrauch schließt ein Verständnis des Begriffs „Vorschuss“ als „Garantieeinkommen“, „Mindestentgelt“ oder „Fixum“ aus.

39

bb) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

cc) Die in Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen vorgesehene Rückzahlungspflicht unterliegt nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

41

Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(Senat 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 18, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Beklagte wäre auch ohne Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen verpflichtet, nicht ins Verdienen gebrachte Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen. Ein Vorschuss ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzugewähren. Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (BAG 25. September 2002 - 10 AZR 7/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 103, 1).

42

dd) Eine hiervon abweichende und damit die uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnende Wirkung erhält Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen nicht dadurch, dass der Beklagte durch die Gewährung von Vorschüssen in einer seine Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Weise an den Kläger gebunden würde(vgl. zu einer Vereinbarung, nach der ein Handelsvertreter dem Unternehmer Schulungskosten anteilig zu erstatten hat BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 103, 180; zur Bindung eines Arbeitnehmers durch eine Sonderzahlung BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

43

Mit seiner „Aufbauhilfe“ bindet der Kläger den Beklagten zwar insofern an sich, als bei Vertragsschluss damit zu rechnen war, der Beklagte werde als in der Versicherungsbranche Unerfahrener in der Anfangsphase seiner Tätigkeit die Vorschüsse nicht sogleich in voller Höhe ins Verdienen bringen können und sich zunächst bei dem Kläger „verschulden“. Die Vorschüsse lagen aber primär im Interesse des Beklagten, der sie nach Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen beanspruchen konnte, aber nicht musste. Sie gewährleisteten ihm in der Anfangsphase des Vertragsverhältnisses kontinuierliche Einnahmen unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlungstätigkeit. Außerdem waren sie zeitlich auf ein Jahr und in der Höhe auf max. 15.500,00 Euro begrenzt. Schließlich mussten die Vorschüsse, sofern sie nicht ins Verdienen gebracht wurden, bei einer Kündigung des Versicherungsvertreters nicht sofort in voller Höhe, sondern in zwölf gleichen Monatsraten zurückgezahlt werden.

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2. Die Vergütung eines freien Versicherungsvertreters nur auf der von § 92 Abs. 3 HGB vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines - wie auch immer gearteten - Garantieeinkommens(Ziff. 4 Vertretervertrag) ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, unterliegen nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der eingeschränkten Kontrolle auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Vergütungsvereinbarung Stand. Ziff. 4 Vertretervertrag regelt klar und verständlich, dass die vereinbarte Provision das volle Entgelt für die Tätigkeit des Beklagten darstellt.

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3. Die Höhe der nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschüsse ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2, § 291 BGB.

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III. Die Widerklage ist unbegründet.

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Der Beklagte kann eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nicht beanspruchen. Die Höhe der Vergütung ist bestimmt durch die Vergütungsvereinbarung in Ziff. 4 Vertretervertrag. Dass die dort in Bezug genommenen Provisionsbestimmungen unwirksam wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

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IV. Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Wolf    
                 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.