Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 28. Dez. 2011 - 6 Ta 275/11
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.11.2011 - 7 Ca 2678/11 - wird wie folgt klarstellend zurückgewiesen: Der Antrag des Beklagten vom 17.10.2011 auf Erstreckung der Prozesskostenhilfe auch für den Vergleichsmehrwert wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die am 04.11.2011 beschlossene Versagung der Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die Kosten eines (Mehr-)Vergleichs.
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Zur Abwehr der gegen den Beklagten erhobenen Zahlungsklage im Zusammenhang mit eigenmächtigen Barentnahmen hatte der Beklagte im Klageabweisungsantrag vom 29.08.2011 Prozesskostenhilfe beantragt. Das Verfahren wurde in der öffentlichen Sitzung vom 01.09.2011 durch einen Ratenzahlungsvergleich mit einer Abgeltungsklausel beendet (Bl. 27 und 28 d. A.). Zugleich ist im Protokoll folgende Feststellung enthalten:
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"Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert für das Verfahren auf 1.380,21 EUR und für den Vergleich auf 2.534,21 EUR festzusetzen (Vergleichsmehrwert: 1.154,00 EUR für weitere Forderungen des Klägers gegen den Beklagten, die noch nicht geltend gemacht waren)."
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Für das laufende Prozesskostenhilfeverfahren wurden zugleich Nachweise für die Wohnkosten und Abzahlungsverpflichtungen gefordert.
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Der bis zum 15.09.2011 widerruflich ausgestaltete Vergleich wurde bestandskräftig. Unter dem 23.09.2011 erfolgte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab Antragstellung "in vollem Umfang" unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten.
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Mit Schreiben vom 17.10.2011 wurde Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert beantragt.
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Dieses Begehren wies das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.11.2011 zurück. Hiergegen richtet sich die am 02.12.2011 eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten.
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Diese wurde im Wesentlichen damit begründet, der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten habe sich auf die gesamte Vertretung in der ersten Instanz bezogen; ein weiterer Anspruch des Klägers sei aus prozessökonomischen Gründen Gegenstand des Vergleiches unter Ziffer 2 geworden. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag sei erst zwei Wochen nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung und dem Zustandekommen des Vergleichs erfolgt.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde des Beklagten nicht abgeholfen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass vor Beendigung der Instanz kein Antrag auf Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf einen eventuellen Vergleichsmehrwert vorgelegen habe.
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Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs.2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist n i c h t begründet.
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Das Arbeitsgericht hat zu Recht ein den Antrag der Beklagten auf Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrvergleich zurückgewiesen.
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Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz bedarf es für andere Gegenstände als die durch die Klageschrift festgelegten Streitgegenstände eines erneuten Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrages (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.04.2006 - 5 Ta 52/06 - und Beschluss vom 30.03.2011 - 6 Ta 64/11 -). Stillschweigende Bewilligungsanträge sind mit dem stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren nicht vereinbar (vgl. Zöller/Geimer, Zivilprozessordnung, 29. Auflage, § 114,Rz. 13). Die Notwendigkeit eines isolierten Gesuchs hat ihren Grund darin, dass es durch die Erhöhung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit - wie vorliegend - für den Prozessvergleich vom 01.09.2011 zu einer Verteuerung des Verfahrens kommt. Mit Rücksicht auf die aus der Staats- bzw. Landeskasse vorzuschießende Anwaltsvergütung ist es daher geboten, dass sich das Arbeitsgericht jeweils rechtzeitig in Bezug auf den einzelnen Streitgegenstand mit der Frage befassen kann, inwieweit für eine entsprechende Bewilligung und Beiordnung die sich aus § 114 ergebenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.04.2006, a. a. O.).
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Vorliegend ist ein solches Gesuch entgegen der Auffassung der Beschwerde in dem im Klageabweisungsschriftsatz gestellten Prozesskostenhilfeantrag nicht erkennbar. Aus der im Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss vom 23.09.2011 enthaltenen Formulierung "in vollem Umfang" ergibt sich keine erstreckende Bewilligung. Damit wird primär ausgedrückt, dass dem Beklagten bezogen auf den Klageabweisungsantrag voll umfänglich Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt wurde. Aus der gewählten Formulierung ergibt sich keineswegs, dass das Arbeitsgericht gewissermaßen antizipierend für alle möglichen zukünftigen Erweiterungen des Streitgegenstandes Prozesskostenhilfe bewilligen wollte (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.04.2006, a. a. O.). Regelt der Prozessvergleich andere Gegenstände als den ursprünglichen Streitgegenstand, so muss hierfür erneut rechtzeitig Prozesskostenhilfe beantragt werden. Diese Möglichkeit bestand angesichts der noch nicht gegebenen Entscheidungsreife des ursprünglichen PKH-Gesuchs bis zum Ablauf der im vorliegenden Vergleich vorgesehenen Widerrufsfrist.
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Da sich die Prozesskostenhilfe auf die Kosten des den ursprünglichen Klagegegenstand berührenden Prozessvergleichs erstreckt, die Zurückweisungsentscheidung des Arbeitsgerichts vom 04.11.2011 im Tenor jedoch unklar ist, war klarstellend zu verdeutlichen, dass sich die Ablehnung der Erstreckung der Prozesskostenhilfe ausschließlich auf den Vergleichsmehrwert bezieht.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren dem Beklagten aufzuerlegen.
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Gegen diese Entscheidung ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, ein Rechtsmittel nicht gegeben (§§ 78 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Annotations
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.