Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Aug. 2014 - 5 Sa 217/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0807.5SA217.14.0A
bei uns veröffentlicht am07.08.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 13. Februar 2014, Az. 6 Ca 307/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Leistungszulage nach § 8 ERA.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit 1990 bei der Beklagten als Qualitätskoordinator beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz, ua. das Entgeltrahmenabkommen (ERA), Anwendung. Die Beklagte beschäftigt ca. 1.750 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Der Kläger wird im Zeitentgelt vergütet, das sich aus einem Grundentgelt und einer Leistungszulage zusammensetzt. Das tarifliche Grundentgelt des Klägers nach Entgeltgruppe E 8 betrug € 3.248,00 brutto. Zusätzlich gewährte ihm die Beklagte bis einschließlich März 2013 eine tarifliche Leistungszulage iHv. 13 % (€ 422,24 brutto). Die Leistungsbeurteilung der im Zeitentgelt vergüteten ca. 600 Arbeitnehmer erfolgte im ersten Quartal 2013 erstmals nach dem tariflichen Verfahren gemäß Anhang A zu § 8 Ziff. (4) ERA. Der Kläger wurde am 07.03.2013 von seinem direkten Vorgesetzten beurteilt, der ihn auf dem Beurteilungsbogen mit der Gesamtpunktzahl "9" bewertete. Ab April 2013 zahlte ihm die Beklagte eine Leistungszulage iHv. 5,88 % (€ 190,98 brutto). Dies teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 18.04.2013 mit. Der Kläger widersprach der Leistungsbeurteilung und der Zulagenkürzung wiederholt vergeblich.

3

Das ERA hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

4

"§ 7 ERA Grundsätze der Entgeltgestaltung

5

Die Beschäftigten werden in den Entgeltgrundsätzen Zeitentgelt oder Leistungsentgelt vergütet.

6

Im Zeitentgelt erhalten sie ein Grundentgelt und eine Leistungszulage, die sich durch Beurteilung gemäß § 8 ermittelt.

7

8

§ 8 ERA Zeitentgelt mit Beurteilung

9

Für alle im Zeitentgelt Beschäftigten erfolgt die Beurteilung auf der Basis sachgerechter und betrieblich zu vereinbarender Kriterien. Sie erhalten aufgrund ihrer persönlichen Leistung -entsprechend dem Ergebnis der betrieblichen Beurteilung- eine Leistungszulage. Diese ist in Prozenten auszuweisen und in schriftlicher Form mitzuteilen.

10

Die Beurteilung der Leistung obliegt dem Arbeitgeber oder seinem Beauftragten.

11

Die Leistungszulagen der Beschäftigten im Zeitentgelt müssen mindestens 10 % der Summe der tariflichen Grundentgelte der nach dem Entgeltgrundsatz "Beurteilung" erfassten Beschäftigten im jeweiligen Geltungsbereich betragen. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass jeder Beschäftigte eine Leistungszulage beanspruchen kann.

12

13

Die Leistungszulage soll einmal im Jahr überprüft werden.

14

Ist im Einzelfall der Arbeitgeber oder der Beschäftigte der Auffassung, dass die gezeigte Leistung der vorliegenden Beurteilung nicht oder nicht mehr entspricht, so ist eine Überprüfung vorzunehmen.

15

Ergibt die Überprüfung eine höhere Leistungszulage, so wird diese vom darauf folgenden Entgeltabrechnungszeitraum an gezahlt.

16

Ergibt die Überprüfung eine geringere Leistungszulage so ist die Leistungszulage auf Verlangen des Beschäftigten nach einer Karenzzeit von vier Wochen zu überprüfen. Ergibt die nochmalige Leistungsbeurteilung wiederum eine verminderte Leistungszulage, so wird diese vom darauf folgenden Entgeltabrechnungszeitraum an gezahlt.

17

Gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung kann der Beschäftigte binnen einer Woche seit Zugang der schriftlichen Mitteilung Einspruch einlegen. Findet der Einspruch keine Erledigung, so kann der Beschäftigte binnen einer weiteren Woche die Paritätische Kommission anrufen. Das Verfahren richtet sich nach § 11.

18

19

§ 11 ERA Reklamationsverfahren zum variablen Leistungsentgelt

20

Treten in den Fällen von § 8 Ziff. (7) … Meinungsverschiedenheiten auf, so ist eine paritätische Kommission aus Vertretern des Arbeitgebers und der Beschäftigten zu bilden. Die Vertreter der Beschäftigten werden vom Betriebsrat bestimmt und müssen dem Betrieb angehören. Die Mitglieder sollen die erforderliche Sachkunde haben.

21

Die paritätische Kommission hat in den Fällen des § 8 Ziff. (7) zu prüfen, ob der Einspruch berechtigt ist, das vereinbarte bzw. tariflich festgelegte Verfahren angewandt wurde und die Leistungsbeurteilung objektiv und nach billigem Ermessen durchgeführt wurde.

22

Gelingt in der paritätischen Kommission keine Einigung, ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben.

23

Bis zum Tätigwerden der paritätischen Kommission und während deren Beratung ist die Arbeit weiterzuführen. Im Leistungsentgelt mit Kennzahlenvergleich ist während dieses Zeitraums der Durchschnittsverdienst der laufenden oder abgeschlossenen Abrechnungsperiode zu zahlen."

24

In Anhang A zum ERA ist der von der Beklagten verwendete Beurteilungsbogen tariflich festgelegt. Außerdem ist dort geregelt:

25

"Nach der Leistungsbeurteilung der im Zeitentgelt erfassten Beschäftigten sind die jeweils erreichten Beurteilungspunkte mit dem Entgeltschlüssel zu gewichten. Die Summe der gewichteten Punkte ist der Geldbetrag gemäß § 8 Ziff. (1) in Höhe von mind. 10 % zuzuweisen. Dazu gilt folgendes Beispiel: …"

26

In einer Betriebsvereinbarung vom 05.11.2012, die am 01.01.2013 in Kraft getreten ist, vereinbarten Geschäftsleitung und Betriebsrat zu § 8 ERA ua. folgende Ergänzungen:

27

Beurteilungen sind grundsätzlich durch den direkten Vorgesetzten vorzunehmen. … Der zu Beurteilende wird mit einer Ankündigungsfrist von zwei Wochen auf das bevorstehende Beurteilungsgespräch informiert.

..

28

Leistungsbeurteilung sind für alle im Zeitentgelt Beschäftigten einmal im Jahr durchzuführen. Die Beurteilungen sind im ersten Quartal jeden Jahres abzuschließen und ab dem 1. April wirksam. …

29

Die Summe der Leistungszulagen entspricht 11 % der tariflichen Grundentgelte, bezogen auf den jeweiligen Bereich (Definition eines Bereiches nach derzeitigem Organigramm: …). Die Bereiche sind in der Anlage definiert.

30

…"

31

Mit seiner mehrfach erweiterten Klage macht der Kläger - nach Abschluss eines Teilvergleichs für die Monate April bis Juni 2013 - zuletzt die Differenz zwischen alter und neuer Leistungszulage für Juli bis November 2013 geltend. Wegen einer Tariflohnerhöhung um 3 % ab 01.07.2013 erhöhte sich die Differenz auf € 238,30 brutto monatlich.

32

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 13.02.2014 Bezug genommen.

33

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

34

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.191,50 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 238,30 seit dem 27.07., 27.08., 27.09., 27.10. und 27.11.2013 zu zahlen,

35

die Beklagte zu verurteilen, die paritätische Kommission iSv. § 8 Ziff. (7) ERA anzurufen.

36

Die Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.02.2014 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Gem. § 11 Abs. 3 ERA sei die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben, wenn in der paritätischen Kommission keine Einigung gelinge. Der Kläger habe fristgemäß Einspruch gegen das Ergebnis seiner Leistungsbeurteilung eingelegt und die paritätische Kommission angerufen. Weil trotzdem kein Verfahren gem. § 11 ERA durchgeführt worden sei, sei die Arbeitsgerichtsbarkeit zurzeit unzuständig.

39

Der Lauf der Wochenfrist zur Einlegung des Einspruchs gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung nach § 8 Ziff. (7) ERA beginne nicht mit der Kenntnisnahme des Beurteilungsbogens und dessen Gegenzeichnung. Bei dem Verfahren nach § 8 ERA handele es sich um ein zweistufiges Verfahren, das aufeinander aufbaue: Entsprechend dem Ergebnis der betrieblichen Beurteilung sei die Leistungszulage zu bestimmen, in Prozenten auszuweisen und dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen, § 8 Ziff. (1) ERA. Wenn sich die Leistungszulage verringere, könne der Arbeitnehmer nach einer Karenzzeit von vier Wochen die Überprüfung der Leistungszulage verlangen. Ergebe die nochmalige Leistungsbeurteilung wiederum eine verminderte Leistungszulage, so werde diese vom darauf folgenden Entgeltabrechnungszeitraum an gezahlt, § 8 Ziff. (6) Abs. 3 ERA. Das Ergebnis dieser nochmaligen Leistungsbeurteilung sei dem Beschäftigten schriftlich mitzuteilen. Mit Zugang dieser schriftlichen Mitteilung beginne die Wochenfrist des § 8 Ziff. (7) ERA zu laufen. Finde der Einspruch keine Erledigung, so könne der Beschäftigte dann binnen einer weiteren Woche die paritätische Kommission anrufen.

40

Vorliegend habe die Beklagte das Verfahren gem. § 8 ERA nicht eingehalten. Sie sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die einwöchige Einspruchsfrist bereits am 07.03.2013 zu laufen begonnen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Kläger die Leistungszulage jedoch noch nicht mitgeteilt worden. Die nochmalige Leistungsüberprüfung, die zu keinem anderen Ergebnis geführt habe, sei erst am 05.06.2013 erfolgt. Die Beklagte hätte daher zuerst über den fristgerechten Einspruch des Klägers entscheiden und sodann die paritätische Kommission einberufen müssen. Weil das in § 11 ERA vorgesehene Verfahren noch nicht durchlaufen sei, sei die Arbeitsgerichtsbarkeit noch nicht zuständig.

41

Dem Antrag zu 2), die paritätische Kommission gleich anzurufen, könne ebenfalls nicht stattgegeben werden, weil die Beklagte inhaltlich noch nicht über den Einspruch des Klägers entschieden habe. Sollte der Einspruch bei der Prüfung durch die Beklagte keine Erledigung finden, müsste der Kläger erneut die paritätische Kommission anrufen. Erst wenn der paritätischen Kommission keine Einigung gelinge, sei gem. § 11 Abs. 3 ERA die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 8 bis 13 des erstinstanzlichen Urteils vom 13.02.2014 Bezug genommen.

42

Gegen das am 17.03.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 17.04.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 02.05.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.

43

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe zwar richtig erkannt, dass sein Einspruch gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung nicht verfristet sei, weil die Wochenfrist zur Einlegung des Einspruchs nicht bereits mit der Kenntnisnahme des Beurteilungsbogens und dessen Gegenzeichnung zu laufen beginne. Die Beklagte habe sich nicht an das Verfahren gem. § 8 ERA gehalten, weil sie verpflichtet gewesen sei, seinen Einspruch zu prüfen und dann die paritätische Kommission anzurufen. Demzufolge sei das in § 11 ERA vorgesehene Verfahren nicht durchlaufen. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit deshalb noch nicht zuständig sei, sei unzutreffend. Das erstinstanzliche Urteil führe faktisch zu einer Rechtsverweigerung. Wollte man der Ansicht des Arbeitsgerichts folgen, würde aufgrund der fortgesetzten Weigerung der Beklagten, das Verfahren gemäß ERA durchzuführen und die paritätische Kommission anzurufen, sein Rechtsschutz an dieser Stelle enden. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 30.04.2014 Bezug genommen.

44

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

45

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 13.02.2014, Az. 6 Ca 307/13, abzuändern und

46

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.191,50 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 238,30 seit 27.07., 27.08., 27.09., 27.10. und 27.11.2013 zu zahlen,

47

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, eine paritätische Kommission iSd. § 11 ERA einzuberufen.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Berufung zurückzuweisen.

50

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis als zutreffend. Die Begründung des Arbeitsgerichts, dass der Einspruch des Klägers nicht verfristet und sie daher verpflichtet gewesen sei, über den Einspruch zu entscheiden und sodann die paritätische Kommission anzurufen, sei jedoch unzutreffend. Der Kläger habe am 07.03.2013 den Beurteilungsbogen zur Kenntnis genommen. Die Wochenfrist des § 8 Ziff. (7) ERA sei am 14.03.2013 abgelaufen, so dass der Widerspruch des Klägers vom 15.03.2013 verspätet sei.

51

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

53

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die geltend gemachten Vergütungsdifferenzen für die Monate von Juli bis November 2013 iHv. € 1.191,50 brutto (5 x € 238,30) nebst Zinsen. Er hat auch keinen Anspruch darauf, dass eine paritätische Kommission gebildet wird, die die Leistungsbeurteilung vom 07.03.2013 prüft.

54

1. Die Klage ist zulässig. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Zuständigkeit ist zweifellos gegeben. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts war der Kläger nicht gehalten, vor der Erhebung seiner Klage das in § 11 ERA geregelte Reklamationsverfahren zum variablen Leistungsentgelt durchzuführen. Nach § 4 ArbGG kann der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nur nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die paritätische Kommission soll nicht anstelle der staatlichen Gerichte als Schiedsgericht iSv. §§ 101 ff. ArbGG tätig werden.

55

Das in § 11 ERA geregelte Reklamationsverfahren stellt entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts kein Prozesshindernis dar. Die Tarifvertragsparteien haben in § 11 ERA nicht festgelegt, dass eine Klage unzulässig ist, wenn die paritätische Kommission nicht vor Klageerhebung tätig geworden und die Berechtigung des Einspruchs gegen die Leistungsbeurteilung geprüft hat. Der Wortlaut des § 11 ERA bietet keinen Anhalt für die Annahme, die staatliche Gerichtsbarkeit sei vorläufig ausgeschlossen. Der Inhalt von § 11 ERA beschränkt sich auf die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Parteien, bei Meinungsverschiedenheiten über die Leistungsbeurteilung die paritätische Kommission zu bilden. Zwar legt § 11 Abs. 3 ERA eine zeitliche Reihenfolge zwischen dem Tätigwerden der paritätischen Kommission und dem staatlichen Rechtsschutz fest. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen soll danach gegeben sein, wenn der paritätischen Kommission keine Einigung gelingt. Hieraus lässt sich aber nicht ablesen, die gleichwohl unmittelbar erfolgte Anrufung des Arbeitsgerichts begründe ein (von Amts wegen zu beachtendes) Prozesshindernis. Das Bundesarbeitsgericht hat zu den früheren Tarifverträgen zur Leistungsbeurteilung entschieden, dass für Rechtsstreitigkeiten über eine Leistungszulage eines Angestellten der Metallindustrie die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts nicht vereinbart werden könnte (vgl. BAG 22.01.1997 - 10 AZR 468/96 - NZA 1997, 837).

56

In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass in Tarifverträgen betriebliche Einrichtungen wie paritätische Kommissionen oder andere Stellen geschaffen werden können, die die Aufgabe eines Schiedsgutachters haben. Derartige Schiedsgutachtenvereinbarungen verstoßen nicht gegen das im Arbeitsrecht mit wenigen Ausnahmen geltende Verbot der Schiedsgerichtsbarkeit (§ 101 ArbGG). Die für das arbeitsgerichtliche Verfahren aus der Gutachtenabrede folgende Bindung ist allein materiell-rechtlicher Natur. Sie führt zur entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff. BGB (vgl. BAG 17.03.2005 - 8 AZR 179/04 - Rn. 26, AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 13; BAG 20.01.2004 - 9 AZR 393/03 - Rn. 91, AP BetrVG 1972 § 87 Vorschlagswesen Nr. 3).

57

2. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht die begehrte Leistungszulage iHv. 13 % nicht (mehr) zu. Die Leistungszulage hat sich vielmehr aufgrund der im ersten Quartal 2013 gem. § 8 ERA durchgeführten Leistungsbeurteilung auf 5,88 % verringert.

58

Die Leistungsbeurteilung ist wirksam erfolgt. Der Kläger wurde am 07.03.2013 von seinem direkten Vorgesetzten beurteilt, er erzielte eine Gesamtzahl von 9 Punkten. Der Beurteilungsbogen wurde ihm von seinem Vorgesetzten zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der Kläger bestätigte in der dafür vorgesehenen Rubrik mit seiner Unterschrift, dass er die Beurteilung am 07.03.2013 zur Kenntnis genommen hat. Eine (Mit-)Beurteilung durch den Abteilungsleiter war entgegen der Ansicht des Klägers nicht erforderlich. In § 8 Ziff. (1) Abs. 2 ERA haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich geregelt, dass die Beurteilung der Leistung dem Arbeitgeber oder seinem Beauftragten obliegt. In der ergänzenden Betriebsvereinbarung vom 05.11.2012 haben Geschäftsleitung und Betriebsrat zu § 8 ERA vereinbart, das Beurteilungen grundsätzlich durch den direkten Vorgesetzten vorzunehmen sind.

59

Das Ergebnis der Leistungsbeurteilung iSd. § 8 Ziff. (7) ERA ist dem Kläger am 07.03.2013 schriftlich zugegangen. Entgegen seiner Ansicht bedurfte es keiner Aushändigung einer schriftlichen Urkunde. Die tarifliche Regelung, die für den Fristbeginn auf den Zugang der schriftlichen Mitteilung über das Ergebnis der Leistungsbeurteilung abstellt, setzt nicht voraus, dass dem Arbeitnehmer ein vom Abteilungsleiter unterzeichneter Beurteilungsbogen ausgehändigt werden muss. Vielmehr reicht es für den Zugang der schriftlichen Mitteilung iSd. § 8 Ziff. (7) ERA aus, dass der Arbeitnehmer über seinen direkten Vorgesetzten das Ergebnis der Leistungsbeurteilung in Form des Beurteilungsbogens zur Kenntnis nimmt. Diese Kenntnisnahme hat der Kläger mit seiner Unterschrift ausdrücklich bestätigt. Für die Möglichkeit, vom Ergebnis der Leistungsbeurteilung Kenntnis zu nehmen, ist nicht erforderlich, dass dem Arbeitnehmer eine Zweitschrift oder Kopie des Beurteilungsbogens ausgehändigt wird. Soweit der Kläger behauptet, er habe sowohl gegenüber seinem direkten Vorgesetzten als auch gegenüber dem Abteilungsleiter erklärt, dass er mit der Leistungsbeurteilung nicht einverstanden sei und nach Rücksprache mit dem Betriebsratsvorsitzenden darauf gewartet, dass ihm eine "vollständig unterschriebene" Leistungsbeurteilung vorgelegt werde, fehlt jedwede zeitliche Angabe, wann genau, bei welcher Gelegenheit und mit welchem Inhalt er den - von der Beklagten bestrittenen - "mündlichen Einspruch" erhoben haben will. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil es für die Einhaltung der Wochenfrist entscheidend auf den Zeitpunkt ankommt. Der Lauf der Wochenfrist des § 8 (7) ERA, der am 07.03.2013 begann, endete am 14.03.2013. Der als "Widerspruch zur Leistungsbeurteilung" bezeichnete Einspruch des Klägers vom 15.03.2013 war demnach verspätet. Es war deshalb nicht erforderlich, den verspäteten Einspruch zu prüfen und das Reklamationsverfahren nach § 11 ERA mit Bildung einer paritätischen Kommission durchzuführen.

60

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts begann die Wochenfrist nicht erst mit Zugang der schriftlichen Mitteilung der Beklagten vom 18.04.2013 über die Höhe der Leistungszulage (5,88 % = € 190,98) zu laufen. In § 8 Ziff. (1) Abs. 1 ERA ist geregelt, dass dem Arbeitnehmer die Leistungszulage in Prozenten auszuweisen und in schriftlicher Form mitzuteilen ist.

61

Die schriftliche Mitteilung über die Leistungszulage gem. § 8 Ziff. (1) Abs. 1 ERA ist von der schriftlichen Mitteilung des Ergebnisses der Leistungsbeurteilung gem. § 8 Ziff. (7) ERA zu unterscheiden. Dies ergibt die Auslegung des ERA (zu den Auslegungsgrundsätzen bei Tarifverträgen: vgl. unter vielen BAG 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, NZA 2011, 1293).

62

Nach Wortlaut und Systematik des ERA ist die Leistungsbeurteilung eine Grundlage für die Ermittlung der Höhe der individuellen Leistungszulage. Die tariflichen Regelungen zum Beurteilungsverfahren sehen in einem ersten Schritt vor, dass für alle im Zeitentgelt beschäftigten Arbeitnehmer die individuellen Bewertungspunkte zu ermitteln sind. Die Beurteilung erfolgt gem. § 8 Ziff. (4) ERA nach Anhang A, wenn - wie hier - Arbeitgeber und Betriebsrat kein eigenes Beurteilungsverfahren festlegen. Die Leistungsbeurteilung des einzelnen Arbeitnehmers wird anhand des in Anhang A dargestellten Beurteilungsbogens durchgeführt, den die Beklagte auch verwendet hat. Nach dem tariflichen Verfahren gem. Anhang A sind in einem zweiten Schritt die individuell erreichten Bewertungspunkte mit dem Entgeltschlüssel zu gewichten. In einem dritten Schritt ist der Summe der gewichteten Punkte der Geldbetrag iHv. mindestens 10 % - hier aufgrund Betriebsvereinbarung 11 % - zuzuweisen, dh. 11 % der Grundentgeltsumme ist durch die Summe der gewichteten Punkte zu dividieren. Die Ermittlung des Geldwerts pro individuellem Bewertungspunkt kann erst erfolgen, wenn die Gesamtzahl der Punkte in den Bereichen feststeht, die in der Betriebsvereinbarung vom 05.11.2012 definiert worden sind. Nach dem tariflichen System ist die Höhe der Leistungszulage nicht nur von der individuellen Punktezahl, sondern auch von der Anzahl der insgesamt erreichten Punkte aller Arbeitnehmer eines Bereichs abhängig. Steigt die Anzahl aller Punkte, sinkt der Geldwert pro Punkt, weil der Verteilungstopf begrenzt ist; hier auf 11 % der Grundentgeltsumme im definierten Bereich.

63

Aus Wortlaut und Systematik des ERA lässt sich daher das klare Auslegungsergebnis gewinnen, dass die Wochenfrist für den Einspruch nach § 8 Ziff. (7) ERA an die schriftliche Mitteilung der Leistungsbeurteilung anknüpft. Es soll möglichst schnell Klarheit über die Summe der erreichten Bewertungspunkte bestehen, um in den nächsten Schritten, den Geldwert pro Punkt ermitteln zu können. Sollte der Arbeitnehmer fristgerecht Einspruch einlegen, ist im Reklamationsverfahren nach § 11 ERA eine paritätische Kommission zu bilden. Erst am Ende dieses Verfahrens kann die Mitteilung nach § 8 Ziff. (1) Abs. 1 ERA über die Höhe der Leistungszulage in Prozenten erfolgen.

64

Diesem Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass nach § 8 Ziff. (6) ERA eine Überprüfung vorzunehmen ist, wenn "im Einzelfall" der Arbeitgeber oder der Beschäftigte der Auffassung ist, dass die gezeigte Leistung der vorliegenden Beurteilung nicht oder nicht mehr entspricht. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts handelt es sich bei dem Überprüfungsverfahren nach § 8 Ziff. (6) ERA und dem Reklamationsverfahren nach § 8 Ziff. (7) iVm. § 11 ERA nicht um ein zweistufiges Verfahren, das aufeinander aufbaut. Beide Verfahren sind vielmehr unabhängig voneinander geregelt worden. Werden die Arbeitnehmer im Zeitentgelt - wie hier aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 05.11.2012 - einmal jährlich beurteilt, müssen sie innerhalb einer Woche Einspruch einlegen, wenn sie mit dem Ergebnis der Beurteilung nicht einverstanden sind. Nur so lässt sich im Grundsatz zu einem Stichtag im Jahr - hier zum 1. April - eine Gesamtsumme der gewichteten Punkte pro definiertem Bereich ermitteln. Auf den Zugang der schriftlichen Mitteilung nach § 8 Ziff. (1) ERA kommt es nicht an, weil die Höhe der Leistungszulage erst ermittelt werden kann, wenn die Gesamtsumme der gewichteten Punkte - ggf. nach Abschluss des Reklamationsverfahrens nach § 11 ERA - feststeht.

65

3. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass nach § 11 ERA eine paritätische Kommission gebildet wird, die im Reklamationsverfahren seinen Einspruch gegen die Leistungsbeurteilung vom 07.03.2013 prüft. Der Einspruch war - wie oben ausgeführt - nach § 8 Ziff. (7) ERA verfristet.

66

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

67

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Apr. 2010 - 6 AZR 962/08

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

In den Fällen des § 2 Abs. 1 und 2 kann die Arbeitsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ausgeschlossen werden.

(1) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeitsgerichtsbarkeit allgemein oder für den Einzelfall durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, daß die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll.

(2) Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, können die Parteien des Tarifvertrags die Arbeitsgerichtsbarkeit im Tarifvertrag durch die ausdrückliche Vereinbarung ausschließen, daß die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, wenn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags überwiegend Bühnenkünstler, Filmschaffende oder Artisten umfaßt. Die Vereinbarung gilt nur für tarifgebundene Personen. Sie erstreckt sich auf Parteien, deren Verhältnisse sich aus anderen Gründen nach dem Tarifvertrag regeln, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich vereinbart haben; der Mangel der Form wird durch Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt.

(3) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das schiedsrichterliche Verfahren finden in Arbeitssachen keine Anwendung.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Strukturausgleich nach § 12 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 15. März 1989 in einer Forschungsanstalt der Beklagten als Chemielaborantin in der Funktion einer Chemisch-Technischen Assistentin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach dem TVöD und dem TVÜ-Bund. Die Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Im Wege eines Zeitaufstiegs wurde sie zum 1. Januar 1997 in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert. Sie erhielt vor der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD zuletzt Grundgehalt dieser Vergütungsgruppe nach Lebensaltersstufe 39. Im Rahmen der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD wurde die Klägerin der Entgeltgruppe E 8 TVöD und einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet, weil das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe 6 der Entgeltgruppe E 8 TVöD lag.

3

In einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 unterrichtete die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel die Klägerin über die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses in den TVöD und teilte ua. mit, dass sie einen Strukturausgleich in Höhe von 40,00 Euro(auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung) erhält, dieser Ausgleichsbetrag ab dem 1. Oktober 2007 dauerhaft gezahlt, jedoch nicht dynamisiert wird und daher an künftigen Tariferhöhungen nicht teilnimmt. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass es der Information dient und keinen Rechtsanspruch begründet.

4

Die mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigte Klägerin hat ohne Erfolg von der Beklagten ab Oktober 2007 Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund iVm. Anlage 3 TVÜ-Bund (Strukturausgleichstabelle) in Höhe von monatlich 20,00 Euro verlangt. In dieser Tarifvorschrift und der Strukturausgleichstabelle heißt es:

        

㤠12 Strukturausgleich

        
        

(1) 1Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-Bund aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen Strukturausgleich. 2Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.

        
        

(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im Oktober 2007, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht etwas anderes bestimmt ist.

        
        

(3) …

        
        

(4) Bei Teilzeitbeschäftigung steht der Strukturausgleich anteilig zu (§ 24 Abs. 2 TVöD). ...

        
        

Protokollerklärung zu Absatz 4:

        
        

Bei späteren Veränderungen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der/des Beschäftigten ändert sich der Strukturausgleich entsprechend.

        
        

…       

        
        

Anlage 3 TVÜ-Bund

        
        

Strukturausgleiche für Angestellte (Bund)

        
        

...

        
        

Entgeltgruppe

Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ

Aufstieg

Orts-Zuschlag Stufe 1, 2

Lebensaltersstufe

Höhe Ausgleichsbetrag

Dauer

bei In-Kraft-Treten TVÜ

        

2       

X       

IX b nach 2 Jahren

OZ 2

23   

40 €

für 4 Jahre

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…       

        

8       

V c

ohne

OZ 2

39   

40 €

dauerhaft

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…“   

5

Die Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund lauten:

        

„1.

1Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der denkbaren Fallgestaltungen bewusst, dass die Festlegung der Strukturausgleiche je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen kann. 2Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten hin.

        

2.   

1Die Tarifvertragsparteien erkennen unbeschadet der Niederschriftserklärung Nr. 1 an, dass die Strukturausgleiche in einem Zusammenhang mit der zukünftigen Entgeltordnung stehen. 2Die Tarifvertragsparteien werden nach einer Vereinbarung der Entgeltordnung zum TVöD, rechtzeitig vor Ablauf des 30. September 2007 prüfen, ob und in welchem Umfang sie neben den bereits verbindlich vereinbarten Fällen, in denen Strukturausgleichsbeträge festgelegt sind, für einen Zeitraum bis längstens Ende 2014 in weiteren Fällen Regelungen, die auch in der Begrenzung der Zuwächse aus Strukturausgleichen bestehen können, vornehmen müssen. 3Sollten zusätzliche Strukturausgleiche vereinbart werden, sind die sich daraus ergebenden Kostenwirkungen in der Entgeltrunde 2008 zu berücksichtigen.“

6

Die Klägerin hat gemeint, sie habe nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich in Höhe von monatlich 20,00 Euro. Sie sei bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund in der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT eingruppiert gewesen und habe alle anderen für diese Vergütungsgruppe in der Strukturausgleichstabelle genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Ohne Bedeutung sei, dass sie aus der Vergütungsgruppe VI b in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT aufgestiegen sei. Die tarifliche Regelung stelle für den Anspruch auf den Strukturausgleich nicht auf die „originäre“ Vergütungsgruppe oder die „Ausgangsvergütungsgruppe“ ab. Maßgeblich sei die Eingruppierung am Stichtag. Für die Monate Oktober und November 2007 stünde ihr aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung Strukturausgleich in Höhe von jeweils 20,00 Euro brutto zu.

7

Die Klägerin hat beantragt:

        

1.   

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.

        

2.   

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu bezahlen.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, für den Anspruch auf Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle sei nicht auf die am Stichtag tatsächlich erreichte, sondern die originäre Vergütungsgruppe abzustellen. Die Spalten 2 und 3 der Tabelle seien nur verständlich, wenn sie als Einheit verstanden würden. Die Tarifvertragsparteien hätten die Aufstiegsmöglichkeiten der Beschäftigten in der Strukturausgleichstabelle nachgezeichnet. So sei in Spalte 3 stets eine höhere Vergütungsgruppe als in Spalte 2 der Tabelle ausgewiesen. Anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund hätten die Tarifvertragsparteien in der Strukturausgleichstabelle nicht zwischen vorhandenem, vollzogenem und noch ausstehendem Aufstieg differenziert. Die Fallvariante „nach Aufstieg“ enthalte diese Tabelle nicht. Dies zeige, dass es für den Anspruch auf den Strukturausgleich auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme. Die Fallgruppe der originären Vergütungsgruppe ohne weitere Aufstiegsmöglichkeit könne nicht mit der nach erfolgtem Aufstieg erreichten Vergütungsgruppe gleichgestellt werden. Für dieses Auslegungsergebnis spreche auch, dass die nach dem Überleitungsstichtag vollzogenen Aufstiege gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund zum Wegfall des Strukturausgleichs führten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung darf die Klage nicht abgewiesen werden. In der Sache kann der Senat nicht selbst entscheiden. Es bedarf der Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht, ob sich die Tarifvertragsparteien - wie die Beklagte behauptet - in den Tarifvertragsverhandlungen einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in der Strukturausgleichstabelle nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Strukturausgleich gerichtete Feststellungsantrag hat eine Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand(vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - BAGE 112, 112, 115). Für diesen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird. Die Klägerin musste den beanspruchten Ausgleichsbetrag auch nicht beziffern, nachdem dieser Betrag bei Teilzeitbeschäftigung anteilig zu zahlen ist (§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) und die Höhe des Strukturausgleichs damit vom jeweiligen zeitlichen Umfang der Beschäftigung der Klägerin abhängt.

13

2. Allerdings bedarf der Feststellungsantrag bezüglich des Beginns des streitbefangenen Zeitraums der Auslegung, nachdem die Klägerin insoweit von einer Datumsangabe abgesehen hat. Die Klägerin beansprucht für die Monate Oktober und November 2007 Strukturausgleich im Wege der Zahlungsklage. Ihr Feststellungsbegehren ist daher so auszulegen, dass die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, ihr ab Dezember 2007 Strukturausgleich zu zahlen.

14

II. Das Arbeitsverhältnis richtet sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung ua. nach den Bestimmungen des TVÜ-Bund. Der mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigten Klägerin könnte deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle ab dem 1. Oktober 2007 anteiliger Strukturausgleich(§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) in Höhe von monatlich 20,00 Euro brutto zustehen. Für die Monate Oktober und November 2007 schuldete ihr die Beklagte in diesem Fall Strukturausgleich in Höhe des im Wege der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags von 40,00 Euro brutto.

15

1. Die Tarifvertragsparteien haben in der Strukturausgleichstabelle den Anspruch auf den Ausgleichsbetrag an fünf Voraussetzungen geknüpft. Sie haben zu jeder „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ für bestimmte Lebensaltersstufen und Stufen des Ortszuschlags jeweils die Höhe des Ausgleichsbetrags und die Dauer der Zahlung des Strukturausgleichs festgelegt. Die Klägerin hat am 1. Oktober 2005 und damit am gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund maßgeblichen Stichtag die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für einen dauerhaft zu zahlenden Strukturausgleich in Höhe von monatlich 40,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung nur dann erfüllt, wenn es für das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Sie wurde im Rahmen der Überleitung in den TVöD der Entgeltgruppe E 8 zugeordnet. Seit dem 1. Januar 1997 und damit bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund am 1. Oktober 2005 war sie in der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Darüber, dass der Klägerin bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund Ortszuschlag der Stufe 2 zustand, sie zu diesem Zeitpunkt die Lebensaltersstufe 39 erreicht hatte und im Wege eines Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstiegs nicht mehr höhergruppiert werden konnte, besteht kein Streit.

16

2. Strittig ist, ob es sich bei der in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle genannten Vergütungsgruppe entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Rechtsauffassung der Beklagten um die „originäre“ Vergütungsgruppe handelt und spätere Höhergruppierungen durch Bewährungs- oder Zeitaufstiege nicht zu berücksichtigen sind(so auch Kutzki RiA 2009, 256; Görgens ZTR 2009, 562; Kuner Der neue TVöD Rn. 114a; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-Bund § 12 Rn. 18, 19; Hinweise zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund des Bundesministeriums des Innern [Hinweise des BMI] vom 10. August 2007 - D II 2-220 210 1/12 - Nr. 3.4.1 und 3.4.2), oder ob es entsprechend der Ansicht der Klägerin auf die am Stichtag tatsächlich erreichte Vergütungsgruppe ankommt (so Hanau ZTR 2009, 403; Dannenberg PersR 2009, 193; Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12 Rn. 2 und 4).

17

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209; 8. September 1999 - 4 AZR 661/98 - BAGE 92, 259, 263) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

18

4. Der Wortlaut der tariflichen Regelungist nicht eindeutig. § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund bestimmt, dass maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen(Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) der 1. Oktober 2005 ist, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit verweist der Wortlaut der Tarifbestimmung zwar nicht auf eine „originäre“ Vergütungsgruppe, eine „Ausgangsvergütungsgruppe“ oder die „Vergütungsgruppe bei erstmaliger Übertragung der Tätigkeit“. Die in Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle unter der Überschrift „Aufstieg“ enthaltene Angabe „ohne“ kann vom Wortsinn her aber auch so verstanden werden, dass die in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle angegebene Vergütungsgruppe ohne vorherigen Aufstieg erreicht sein muss und keinen künftigen Aufstieg vorsehen darf. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund hindert nicht ein Verständnis des Merkmals „Aufstieg - ohne“, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 die für die Überleitung in den TVöD maßgebliche Vergütungsgruppe nicht mit einem früheren oder zukünftigen Aufstieg verbunden sein darf.

19

5. Auch die Tarifsystematik führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis.

20

a) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage 2 TVÜ-Bund, die die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen regelt, in der Spalte 2 zwischen Vergütungsgruppen „ohne Aufstieg“, „nach Aufstieg“ und „mit ausstehendem Aufstieg“ unterschieden und in der Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle mit dem Wort „ohne“ von dieser Differenzierung abgesehen haben, spricht noch nicht entscheidend dafür, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausschließlich das Fehlen künftiger Aufstiegsmöglichkeiten erfasst und Vergütungsgruppen nach erfolgtem Aufstieg nicht vom Strukturausgleich ausgenommen sind. Die Strukturausgleichstabelle und die Anlage 2 TVÜ-Bund verfolgen nicht nur unterschiedliche Regelungszwecke. Sie unterscheiden sich auch in der Regelungstechnik, indem in der Strukturausgleichstabelle anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund der Aufstieg unter der entsprechenden Überschrift in einer gesonderten Spalte behandelt wird. Dies könnte gegen eine Anknüpfung an die in Anlage 2 TVÜ-Bund getroffenen Differenzierungen und für eine eigenständige Auslegung sprechen, zumal in der Strukturausgleichstabelle anders als in Anlage 2 Spalte 2 TVÜ-Bund nach dem Wort „ohne“ die für einen Aufstieg in Betracht kommende höhere Vergütungsgruppe nicht genannt wird. Würde das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in einem weiteren Sinne als die Worte „ohne Aufstieg“ in der Anlage 2 TVÜ-Bund verstanden, dürfte die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden sein.

21

b) Wenn die Strukturausgleichstabelle bei den genannten Vergütungsgruppen mit Aufstieg nur Vergütungsgruppen mit einem am Stichtag noch nicht erfolgten, also einem zukünftigen Aufstieg bezeichnet, liegt die Annahme nahe, auch das Wort „ohne“ erfasse nur einen zukünftigen Aufstieg. Allerdings lässt sich dieser Auslegung entgegenhalten, dass in den Fällen mit Aufstieg die höhere Vergütungsgruppe genannt ist, in den Fällen ohne Aufstieg dagegen nicht.

22

c) Aus dem Wort „ausschließlich“ in § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund kann zwar abgeleitet werden, dass die Zahlung von Strukturausgleich Ausnahmecharakter hat. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ auch solche Vergütungsgruppen vom Strukturausgleich ausschließen soll, die von den Beschäftigten im Wege des Aufstiegs erreicht wurden. Ob es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mehr oder weniger Ausnahmefälle geben soll, in denen Strukturausgleich zu zahlen ist, erschließt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund nicht.

23

d) Das Argument, dass in den Fällen eines nach § 8 Abs. 2 TVÜ-Bund nachgeholten Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiegs ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt ein etwaiger Strukturausgleich entfällt und dass ein Wertungswiderspruch entstünde, wenn man die nach dem Stichtag erfolgte Gleichstellung mit den früher Aufgestiegenen mit dem Wegfall des Strukturausgleichs bestrafe, die früheren Höhergruppierungen hingegen noch durch Zahlungen eines Strukturausgleichs belohne, trägt nicht( aA Görgens ZTR 2009, 562, 563). Es berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Folgen der Überleitung nach einem Aufstieg aus einer höheren Vergütungsgruppe und der Überleitung vor einem nach dem alten Tarifrecht möglichen Aufstieg aus der niedrigeren Vergütungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren aufgrund des Stichtagsprinzips nicht gehindert, nur danach zu differenzieren, ob am 1. Oktober 2005 ein (weiterer) Aufstieg noch möglich war.

24

6. Auch Sinn und Zweck des Strukturausgleichs geben kein eindeutiges Auslegungsergebnis vor.

25

a) Mit dem Strukturausgleich wollten die Tarifvertragsparteien Erwartungen auf zukünftige Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung tragen. Bei der Ermittlung der begünstigten Personengruppen war entscheidend, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand(Ortszuschlag Stufe 1 oder Stufe 2) noch möglich gewesen wäre. Dies erklärt, warum die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Dezember 2009 Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 150). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben die Tarifvertragsparteien Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (Nr. 1 Satz 2 der Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund). Mit den Spalten 2 und 3 der Strukturausgleichstabelle haben sie zwar auch mögliche Karriereentwicklungen der Angestellten nach dem BAT/BAT-O abgebildet, soweit sie den Anspruch auf Strukturausgleich in der Spalte 3 an den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe geknüpft haben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien mit dem Strukturausgleich nicht ausschließlich nach dem bisherigen Tarifsystem bestehenden Exspektanzen im Hinblick auf eine Höhergruppierung Rechnung getragen. Sie haben vielmehr auch Exspektanzverluste aufgrund der Beseitigung des Aufstiegs nach dem Lebensalter abmildern wollen. In Spalte 5 der Strukturausgleichstabelle haben sie deshalb auf die Lebensaltersstufe des Angestellten bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund abgestellt (vgl. Hanau ZTR 2009, 403, 408).

26

b) Dieses Abmilderungsziel spricht zwar für das Verständnis, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ bereits erfüllt ist, wenn am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Entgeltsteigerungen aufgrund des Erreichens einer höheren Lebensaltersstufe wären nach bisherigem Tarifrecht unabhängig davon eingetreten, ob die aktuelle Eingruppierung noch einen Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg zugelassen hätte oder ein solcher Aufstieg bereits vor dem Inkrafttreten des TVÜ-Bund erfolgt war. Der Verlust der Altersexspektanz trifft alle Beschäftigte einer Vergütungsgruppe gleich, unabhängig davon, ob sie in diese originär eingruppiert waren oder durch Aufstieg gelangt sind(Hanau ZTR 2009, 403, 407). Eine Bindung des Anspruchs auf Strukturausgleich an eine originäre Vergütungsgruppe könnte deshalb dem Willen der Tarifvertragsparteien, auch mit der Abschaffung der Lebensaltersstufen verbundene Exspektanzverluste auszugleichen (vgl. Dannenberg PersR 2009, 193, 195), widersprechen.

27

c) Zwingend ist dies jedoch nicht. Auch eine Regelung, wonach das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde die Grenzen der autonomen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund nicht überschreiten, sondern wäre von der Tarifautonomie gedeckt.

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7. Das von der Klägerin befürwortete Auslegungsergebnis ist auch nicht nennenswert praktikabler als das Abstellen auf originäre Vergütungsgruppen. Die Prüfung, ob im Überleitungszeitpunkt eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit bzw. keine Aufstiegsmöglichkeit bestand, erfordert ohnehin den Rückgriff auf die bei der Überleitung einschlägige Fallgruppe der Vergütungsgruppe des BAT, so dass ohne Weiteres festgestellt werden kann, ob der Angestellte in die Vergütungsgruppe mit der entsprechenden Fallgruppe erst durch einen vorherigen Aufstieg gelangt ist. Aufgrund dieses notwendigen Rückgriffs auf die einschlägige Fallgruppe kann aus der Strukturausgleichstabelle auch dann nicht „problemlos“ abgelesen werden, wer ab wann für wie lange welchen Betrag erhält, wenn ohne Weiteres auf die Vergütungsgruppe abgestellt wird, in der der Angestellte bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund eingruppiert war(aA Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12).

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8. Ob es nach § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006 für den Anspruch auf Strukturausgleich darauf ankommt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe ohne Aufstieg erreicht worden ist, ist für die Auslegung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ in der Anlage 3 TVÜ-Bund nicht entscheidend. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder auf die originäre Vergütungsgruppe abgestellt haben sollten, könnte daraus kein entsprechender Regelungswille der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund abgeleitet werden, die diesen Tarifvertrag bereits am 13. September 2005 vereinbart hatten.

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9. Ebenso wenig Rückschlüsse auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund lässt der zeitgleich vereinbarte Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-VKA) mit seiner in Anlage 2 geregelten Strukturausgleichstabelle zu. Diese ist anders strukturiert als die Tabelle für die Beschäftigten des Bundes und nicht mit vergleichbaren Auslegungsproblemen verbunden. Soweit dort auch für einige Fälle ein Strukturausgleich vorgesehen ist, in denen der Angestellte im Wege des Aufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe gelangt war, unterscheidet er sich nach Betrag, Beginn und Dauer von den Fällen, in denen die Überleitung des Angestellten aus der originären Vergütungsgruppe erfolgte.

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10. Bezogen auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund hat das Bundesministerium des Innern mit Schreiben vom 5. Februar 2008 an das Eisenbahn-Bundesamt behauptet, die Gewerkschaften hätten in den Tarifvertragsverhandlungen umfangreiche Vergleichsberechnungen vorgelegt, die auf den „originären“ Vergütungsgruppen basierten und zur tariflichen Regelung des Strukturausgleichs geführt hätten. Die Beklagte hat dieses Schreiben in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt, sich darauf bezogen und sich damit die Behauptung des Bundesministeriums des Innern zu Eigen gemacht. Sollte diese Behauptung zutreffen und wären die Tarifvertragsparteien sich in den Tarifverhandlungen einig gewesen, dass der Anspruch auf Strukturausgleich voraussetzt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde dies die Auslegung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten rechtfertigen(zu den Voraussetzungen eines Rückgriffs auf die Entstehungsgeschichte der tariflichen Regelung als für die Auslegung entscheidenden Anhaltspunkt vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 -).

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Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner Annahme, bereits die Systematik der tariflichen Regelung spreche entscheidend dafür, dass es zur Erfüllung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme, nicht geprüft, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund in den Tarifverhandlungen die Strukturausgleichsbeträge auf der Basis der originären Vergütungsgruppen mit und ohne Aufstiegsmöglichkeit festgelegt haben und sich einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist. Diese Prüfung hat es nachzuholen. Dazu hat es beiden Parteien zunächst Gelegenheit zu geben, ihren jeweiligen Sachvortrag zur Entstehungsgeschichte der Regelung des Strukturausgleichs zu ergänzen und weiter zu substantiieren. Sodann wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die Tarifvertragsparteien sich einig gewesen sind, dass die originäre Vergütungsgruppe maßgeblich ist. Da Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte nicht zu einer zweifelsfreien Auslegung führen, kann auch Veranlassung zur Einholung einer Tarifauskunft bestehen(vgl. BAG 17. Mai 1994 - 1 ABR 57/93 -). Gemäß § 293 ZPO können so Mittel der Rechtsanwendung und die dazu erforderlichen Erkenntnisquellen gewonnen werden, indem zB Auskünfte der Tarifvertragsparteien darüber eingeholt werden, ob es zu der Regelung des Strukturausgleichs Protokollnotizen oder vergleichbare Unterlagen gibt, aus denen ein übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien ersichtlich ist(vgl. BAG 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - BAGE 50, 9, 21).

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11. Kann eine solche Einigkeit der Tarifvertragsparteien nicht festgestellt werden, wäre das Merkmal „Aufstieg - ohne“ so auszulegen, dass es ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Für diese Auslegung streitet dann entscheidend der Gesichtspunkt der Normenklarheit. Wenn die Tarifvertragsparteien in den ersten fünf Spalten der Strukturausgleichstabelle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für den Strukturausgleich und in den Spalten 6 und 7 der Tabelle die Höhe des jeweiligen Ausgleichsbetrags bzw. die Bezugsdauer aufgelistet haben, spricht dies dafür, dass sie den Strukturausgleich möglichst transparent regeln wollten. Müsste erst ermittelt werden, ob der Beschäftigte in die in der Spalte 2 der Tabelle bezeichnete Vergütungsgruppe im Wege des Aufstiegs gelangt ist oder nicht, wäre die Regelung weniger durchschaubar. Für Normadressaten, die sich allein anhand des Wortlauts von § 12 TVÜ-Bund und der Strukturausgleichstabelle Gewissheit über Ansprüche auf Strukturausgleich verschaffen wollen, ist dies entscheidend. Auch die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel hat die tarifliche Regelung zunächst so verstanden, dass es für den Anspruch auf Strukturausgleich auf die „gegenwärtige Eingruppierung bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund“ ankommt. Sie hat der Klägerin deshalb in einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 mitgeteilt, dass diese Strukturausgleich erhält, und diese Mitteilung erst nach Kenntnis der Hinweise des Bundesministeriums des Innern zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund korrigiert. Bei einem unbefangenen Durchlesen der tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen liegt die Interpretation, entscheidend sei die bei der Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe des BAT ohne Rücksicht auf einen vorangegangenen Aufstieg, deutlich näher als die von der Beklagten befürwortete Auslegung. Wenn alle anderen Auslegungsgesichtspunkte zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, muss dies den Ausschlag geben, weil von den Normadressaten typischerweise nicht zu erwarten ist, dass sie sich zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sämtlicher Auslegungsmethoden bedienen und alle in Betracht kommenden Auslegungsgesichtspunkte heranziehen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Matiaske    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.