Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Feb. 2017 - 4 Sa 154/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0222.4Sa154.16.00
22.02.2017

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 01.03.2016, Az.: 4 Ca 3085/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin.

2

Der Beklagte war bei der Klägerin vom 01. Februar 2002 bis zum 31. Juli 2015, zuletzt als Personalleiter auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 30. Juni 2006, beschäftigt. Im Einleitungssatz dieses Arbeitsvertrages, hinsichtlich des Inhalt im Einzelnen auf Bl. 5 - 7 d. A. Bezug genommen wird, heißt es, dass es sich um einen "nicht einem Tarifvertrag unterliegenden Anstellungsvertrag" handelt. Im ursprünglichen Arbeitsvertrag des Klägers vom 04. Januar 2002 hatten die Parteien hingegen die Geltung der Tarifverträge für die Metall - und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz vereinbart.

3

Als Personalleiter oblag dem Beklagten das gesamte Personalwesen, insbesondere auch die Erstellung der monatlichen Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen für ca. 250 - 300 Mitarbeiter und die entsprechenden Überweisungen an die Beschäftigten. Ihm unterstellt waren alle tariflichen Beschäftigten der Beklagten. Er selbst war lediglich der Geschäfts- und kaufmännischen Leitung unterstellt.

4

Ab dem Jahr 2007 erstellte der Beklagte betreffend seine eigene Arbeitsvergütung Gehaltsabrechnungen, die der vertraglich geschuldeten (Grund-)Vergütung entsprachen. Darüber hinaus veranlasste er jedoch auch die Überweisung von Geldbeträgen zu seinen Gunsten, die weit über die vertraglich geschuldete Vergütung hinausgingen sowie die Abführung der darauf entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.

5

Die arbeitsvertragliche Vergütung des Beklagten und die tatsächlich zu seinen Gunsten aus dem Vermögen der Klägerin abgeführten Geldbeträge stellen sich wie folgt dar:

6

Jahr   

vertraglich geschuldete Vergütung
des Beklagten in EUR

tatsächlich angewiesene Zahlung zugunsten
des Beklagten in EUR

Differenz in EUR

2007   

69.149,80

87.549,80

18.400,00

2008   

63.291,16

96.587,39

33.566,23

2009   

66.516,60

91.528,32

25.012,16

2010   

67.741,16

112.756,52

45.015,36

2011   

71.491,16

118.006,52

46.515,36

2012   

73.199,16

133.214,52

60.015,36

2013   

74.817,16

130.040,24

55.169,08

Gesamt

        

769.683,31

283.693,55

7

Die Zahlungen in Höhe von insgesamt 769.683,31 EUR brutto hat der Beklagte selbst mittels Diskettenclearing angewiesen. Hiervon floss der Nettobetrag auf sein Privatkonto, der Restbetrag wurde an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger abgeführt.

8

Der Beklagte war für die Abrechnungen und die Überweisungen der Löhne und Gehälter alleinverantwortlich. Er erstellte jede Abrechnung und Überweisung stets eigenständig und ohne Mithilfe anderer Mitarbeiter. Das EDV-Programm zur Erstellung und Speicherung der Daten war ausschließlich auf dem PC des Beklagten installiert. Andere Personen hatten hierzu keinen Zugang. Die so vom Beklagten vorbereiteten Überweisungen wurden jeweils durch den kaufmännischen Geschäftsführer und den technischen Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet, wobei diese jedoch dabei keine Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der einzelnen Anweisungsbeträge hatten.

9

Am 09. Juli und 10. Juli 2015 wurde eine Kontrolle der persönlichen Verdienstabrechnungen des Beklagten durchgeführt. Dabei fielen der Klägerin erstmals die Differenzen zwischen der dem Beklagten vertraglich zustehenden und der ihm ausgezahlten Vergütung auf. Mit Schreiben vom 21. August 2015 wurde der Beklagte von der Klägerin zur Rückzahlung des im vorliegenden Verfahren eingeklagten Geldbetrages aufgefordert. Der Beklagte hat die Rückzahlung mit Schreiben vom 27. August 2015 abgelehnt.

10

Mit ihrer am 09. September 2015 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 283.693,55 EUR in Anspruch genommen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 die Einrede der Verjährung erhoben.

11

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestands sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 01. März 2016 (Bl. 139 - 145 d. A.).

12

Die Klägerin hat beantragt:

13

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 283.693,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent

14

aus 18.400,00 EUR seit dem 01. Januar 2008 bis Rechtshängigkeit,
aus 33.566,23 EUR seit dem 01. Januar 2009 bis Rechtshängigkeit,
aus 25.012,16 EUR seit dem 01. Januar 2010 bis Rechtshängigkeit,
aus 45.015,36 EUR seit dem 01. Januar 2011 bis Rechtshängigkeit,
aus 46.515,36 EUR seit dem 01. Januar 2012 bis Rechtshängigkeit,
aus 60.015,36 EUR seit dem 01. Januar 2013 bis Rechtshängigkeit,
aus 55.169,08 EUR seit dem 01. Januar 2014 bis Rechtshängigkeit

15

sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 283.693,55 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

16

Der Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 01. März 2016 stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 - 19 dieses Urteils (Bl. 145 - 155 d. A.) verwiesen.

19

Gegen das ihm am 18. März 2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18. April 2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 12. Mai 2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08. Juli 2016 begründet.

20

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts fänden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz, wie im ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 04. Januar 2002 bindend vereinbart, auf das Arbeitsverhältnis Anwendung mit der Folge, dass der geltend gemachte Anspruch nach § 28 dieses Tarifvertrages verfallen sei. Bei Abschluss des Vertrages vom 30. Juni 2006 sei die Klägerin irrtümlich davon ausgegangen, dass er - der Beklagte - als Personalleiter die Funktion eines leitenden Angestellten übernehme und aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis nicht mehr durch Tarifvertrag geregelt werden könne. Er sei indessen nicht als leitender Angestellter tätig gewesen, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 BetrVG nicht erfüllt seien. So habe er weder über Prokura verfügt, noch Aufgaben der Geschäftsleitung wahrgenommen. Auch habe sein Gehalt im tariflichen Rahmen gelegen. Die Klägerin habe bei Vertragsschluss seinen Status fehlerhaft beurteilt und aufgrund dieses Irrtums in den Vertrag die Formulierung aufgenommen, wonach der Anstellungsvertrag keinem Tarifvertrag unterliege. Die geltend gemachte Forderung sei überdies verjährt, da die Nichtkenntnis der Klägerin von dem Anspruch auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Es sei gerade eine der Hauptaufgaben der Geschäftsleitung der Klägerin, die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu vertreten und ihn - den Beklagten - zumindest stichprobenweise zu kontrollieren. Eine solche Kontrolle sei offensichtlich seit Januar 2007 niemals erfolgt. Den Geschäftsführern der Klägerin habe jederzeit die Möglichkeit offen gestanden, die Zahlungsaufstellungen einzusehen. Jeden Monat habe er eine CD-Rom mit den Zahlungsaufstellungen an die Geschäftsleitung zur Freigabe übergeben. Die Lohnjournale und Lohnkonten hätten jederzeit in seinem Büro eingesehen werden können. Aus Datenschutzgründen hätten diese Dokumente sein Büro nicht verlassen würfen. Offensichtlich seien die betreffenden Dateien von den Geschäftsführern kein einziges Mal eingesehen worden. Man habe ihn - den Beklagten - nahezu vertrauensselig schalten und walten lassen. Eine Controlling-Abteilung sei (unstreitig) bei der Klägerin nicht eingerichtet. In den Jahren 2007 bis 2013 habe er insgesamt 6.980,20 Mehrarbeitsstunden geleistet. Sämtliche anstehenden Arbeiten in der Personalabteilung der betreffenden Niederlassung der Klägerin habe er alleine erledigt. In anderen Niederlassungen sei die Personalabteilung mit drei Mitarbeitern sowie zeitweise darüber hinaus auch mit einem Auszubildenden besetzt. Diese unterschiedliche Personalausstattung zeige, dass das geforderte Arbeitspensum nicht innerhalb eines 8-Stunden-Tages zu erfüllen gewesen sei. Hätte er sich an die 40-Stunden-Woche gehalten, so hätten die Mitarbeiter ihre Gehälter nicht rechtzeitig erhalten. Daher habe er Überstunden leisten müssen. Er habe jeden Abend bis 19.30 Uhr/20.30 Uhr gearbeitet. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Forderung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrer Schadensaufstellung die Bruttobeträge von insgesamt 283.693,55 EUR aufführe, jedoch lediglich die sich hieraus ergebenden Nettobeträge, nämlich insgesamt 162.957,79 EUR auf sein Privatkonto geflossen seien.

21

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 21. Juni 2016 (Bl. 186 - 202 d. A.) sowie auf die Schriftsätze des Beklagten vom 20. September 2016 (Bl. 289 - 292 d. A.) und vom 31. Januar 2017 (Bl. 301 f. d. A.) Bezug genommen.

22

Der Beklagte beantragt,

23

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 18. August 2016 (Bl. 264 - 267 d. A.) und ihrer Schriftsätze vom 11. Januar 2017 (Bl. 295 - 298 d. A.) und vom 16. Februar 2017 (Bl. 316 f. d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

27

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung stattgegeben.

II.

28

Die zulässige Klage ist begründet.

29

Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB sowie nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 Abs. 1 StGB einen Schadensersatzanspruch in Höhe des eingeklagten und erstinstanzlich ausgeurteilten Geldbetrages. Die geltend gemachten Zinsen rechtfertigen sich für die auf die Jahre 2007 - 2013 entfallenden Teilbeträge bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus §§ 849, 246 BGB, hinsichtlich des Gesamtbetrages ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

30

Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Das Berufungsvorbringen des Beklagten bietet lediglich Anlass für folgende ergänzenden Klarstellungen:

31

1. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht nach § 28 des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz verfallen, da die Bestimmungen dieses Manteltarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finden.

32

Da der Kläger nicht Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft ist, kommt eine auf beiderseitige Organisationszugehörigkeit beruhende Anwendbarkeit tariflicher Vorschriften nicht in Betracht. Die Parteien haben die Geltung tariflicher Vorschriften auch nicht einzelvertraglich vereinbart, sondern vielmehr im Einleitungssatz des Arbeitsvertrages vom 30.06.2006 sogar ausdrücklich ausgeschlossen.

33

Soweit der Beklagte geltend machte, die fehlende Bezugnahme auf tarifliche Vorschriften im Arbeitsvertrag und deren ausdrücklich vereinbarte Nichtgeltung beruhe auf der irrtümlichen Annahme der Klägerin bei Vertragsschluss, das Arbeitsverhältnis sei als dasjenige eines leitenden Angestellten zu qualifizieren, so zielt diese Argumentation in rechtlicher Hinsicht auf die Vorschriften des § 313 BGB. Danach kann, wenn sich wesentliche Vorstellungen als falsch herausstellen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, eine Vertragsanpassung verlangt werden, soweit einem Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

34

Es kann offen bleiben, ob der Kläger trotz seiner nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages herausgehobenen Stellung bei der Beklagten nicht als leitender Angestellter beschäftigt war und die Parteien bzw. zumindest die Klägerin bei Vertragsschluss diesbezüglich einem Irrtum unterlagen. Eine Vertragsanpassung kann nämlich nach § 313 Abs. 1 BGB nur dann verlangt werden, wenn einer Vertragspartei das Festhalten am unveränderten Vertrag, insbesondere auch unter Berücksichtigung der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, unzumutbar ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Bei Nichtanwendbarkeit der einschlägigen tariflichen Vorschriften verbleibt es insoweit bei den gesetzlichen Regelungen. Tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass eine Nichtanwendung einschlägiger Tarifnormen - insbesondere bezüglich des Verfalls von Forderungen aus vorsätzlichen Pflichtverletzungen - für den Beklagten unzumutbar ist, sind nicht erkennbar. Darüber hinaus besteht der in § 313 BGB normierte Anspruch auf Anpassung des Vertrags regelmäßig nur für die Zukunft, wobei in aller Regel auf den Zeitpunkt des erstmaligen Zugangs des Anpassungsverlangens bei der anderen Vertragspartei abzustellen ist (vgl. MüKo-BGB/Finkenauer, 7. Aufl., § 313, RandZiff. 96 ff. m. N. a. d. R.). Ein solches Anpassungsbegehren hat der Beklagte - wenn überhaupt - frühestens im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits (einredeweise) geltend gemacht.

35

2. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist auch nicht (zumindest teilweise) verjährt.

36

Nach § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist regelmäßig drei Jahre und nach § 199 Abs. 4 BGB - kenntnisunabhängig - höchstens zehn Jahre. Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

37

Dass die Klägerin vor der am 09. Juli und 10. Juli 2015 durchgeführten Kontrolle der persönlichen Verdienstabrechnungen des Beklagten positive Kenntnis von den ihren Schadensersatzanspruch begründenden Umständen erlangt hat, hat der hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht behauptet. Diesbezügliche Anhaltspunkte liegen ebenfalls nicht vor.

38

Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin vor dem 09. Juli bzw. 10. Juli 2015 von den ihren Schadensersatzanspruch begründenden Umständen ist zu verneinen. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (BGH v. 15. März 2016 - XI ZR 122/14 - NJW-RR 2016, 1187, m. w. N.).

39

Nach diesen Maßstäben kann eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin davon, dass der Beklagte zu seinen Gunsten Gehaltsauszahlungen veranlasst hat, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung überschritten, nicht angenommen werden. Zwar wurden die vom Beklagten vorbereiteten Überweisungen jeweils sowohl durch den kaufmännischen Geschäftsführer als auch durch den technischen Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet. Unstreitig bestand jedoch bei der Unterzeichnung der insgesamt 250 - 300 Mitarbeiter betreffenden Überweisungen keine unmittelbare Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der einzelnen Anweisungsbeträge. Es mag zwar zutreffen, dass der Beklagte monatlich eine CD-Rom mit den Zahlungsaufstellungen an die Geschäftsleitung übergeben hat und die Lohnjournale und die Lohnkonten in seinem Büro hätten eingesehen werden können. Das Bestehen dieser Kontrollmöglichkeiten vermag indessen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht zu begründen, da nichts dafür ersichtlich ist, dass für die Geschäftsleitung der Klägerin irgendwelche Anhaltspunkte hinsichtlich des pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten bestanden, geschweige denn sich dies für die Geschäftsleitung geradezu aufdrängen musste. Darüber hinaus hat der Beklagte nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag der Klägerin monatlich neben dem Abrechnungslauf, welchem die erhöhte Vergütung zur Anweisung gebracht wurde, noch einen weiteren (fingierten) Abrechnungslauf mit der ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Vergütung durchgeführt und nur diesen für die unternehmensinterne Ablage dokumentiert, was eine Erkennbarkeit des Fehlverhaltens des Beklagten zumindest erschwerte. Dass für die Klägerin Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit des Beklagten bestanden, hat dieser nicht vorgetragen. Die Klägerin hat dem Beklagten schlichtweg vertraut. Die auf diesem Vertrauen beruhende Unterlassung von Kontrollen rechtfertigt nicht die Annahme einer grob-fahrlässigen Unkenntnis i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

40

3. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die von ihm zu seinen eigenen Gunsten veranlassten Überweisungen von Geldbeträgen, die seine vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung bei weitem überstiegen, seien im Hinblick auf von ihm in den Jahren 2007 bis 2013 insgesamt geleistete 6.980,20 Überstunden gerechtfertigt bzw. diese Überstunden seien im Wege einer Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.

41

Unabhängig davon, dass der Beklagte ohnehin nicht berechtigt war, eigenmächtig, d. h. ohne Einverständnis der Klägerin, Vergütung für Überstunden zu seinen Gunsten zur Auszahlung zu bringen, hat der Beklagte nicht dargetan, dass überhaupt ein solcher Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung bestand.

42

Ein Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung besteht nur, wenn die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder gebilligt oder zumindest geduldet wurden. Diesbezüglich fehlt es an einem ausreichenden Sachvortrag des Beklagten.

43

Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden fehlt es an jeglichem Sachvortrag. Auch von einer konkludenten Anordnung seitens der Klägerin kann nicht ausgegangen werden. Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten war, oder dass ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte (BAG v. 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - AP Nr. 54 zu § 611 BGB/Mehrarbeitsvergütung m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Beklagten nicht. Sein diesbezügliches Vorbringen erschöpft sich in der unsubstantiierten Behauptung, er habe die ihm anvertrauten Aufgaben - insbesondere auch wegen einer zu geringen Personalausstattung seiner Abteilung - nur unter Ableistung von Überstunden erledigen können. An einem konkreten Sachvortrag hierzu fehlt es jedoch.

44

Von einer Billigung der behaupteten Überstunden durch die Klägerin kann vorliegend ebenfalls nicht ausgegangen werden. Mit der Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber gleichsam durch eine nachträgliche Genehmigung die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Der Arbeitnehmer muss hierzu darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein. Diesbezüglich lässt sich dem Sachvortrag des Beklagten nichts entnehmen.

45

Letztlich bietet der Sachvortrag des Beklagten auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die behaupteten Überstunden seitens der Klägerin geduldet wurden. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zukünftig zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist (BAG v. 10. April 2013, a. a. O.). Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Beklagten nicht. Aus der Behauptung, er habe seit 2007 mehrfach gegenüber der Geschäftsleitung eine personelle Verstärkung der Personalabteilung gefordert und dabei die Antwort erhalten "du schaffst das schon", lässt sich nicht ableiten, dass die Klägerin konkrete Kenntnis davon erlangt hat, dass der Beklagte Überstunden geleistet hat.

46

4. Soweit der Beklagte schließlich geltend macht, dass nicht die von der Klägerin geltend gemachten Bruttobeträge von insgesamt 283.693,55 EUR, sondern nur die entsprechenden Nettobeträge von insgesamt 162.957,79 EUR seinem Konto zugeflossen seien, so erweist sich dieses Vorbringen als unerheblich, da die Klägerin keinen Bereicherungsanspruch, sondern vielmehr einen Schadensersatzanspruch geltend macht und ihr ein Schaden in Höhe des eingeklagten Betrages entstanden ist.

III.

47

Die Berufung des Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

48

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

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(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

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(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein anderes bestimmt ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 122/14 Verkündet am:
15. März 2016
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
bei einem Schadensersatzanspruch, der darauf gestützt ist, dem Anleger sei
von der ihn beratenden Bank nicht mitgeteilt worden, dass sie für den Vertrieb
der empfohlenen Kapitalanlage eine Rückvergütung erhält.
BGH, Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
ECLI:DE:BGH:2016:150316UXIZR122.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. Januar 2014 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an der V. 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 2) in Anspruch.
2
Der Kläger zeichnete am 20. Dezember 2002, zurückdatiert auf den 13. Dezember 2002, nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten , den Zeugen S. , eine Beteiligung an V 2 im Nennwert von 180.000 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 5.400 €. Hiervon zahlte er letzt- endlich entsprechend dem Fondskonzept nur 55% der Nominaleinlage, d.h. 99.000 €, und das Agio ein.
3
Mit der Vermittlung der Anlage war die V. AG beauftragt , die hierfür als Provision eine Vergütung von 8,9% der Zeichnungssumme und das Agio von 3% erhielt. Aufgrund einer gesonderten Vertriebsvereinbarung mit der V. AG flossen der Beklagten hiervon für die Vermittlung von Kunden 8,25% der Zeichnungssumme zu. Dies ergab sich nicht aus dem Emissionsprospekt und wurde dem Kläger auch nicht von der Beklagten bei Vertragsschluss offengelegt.
4
Zu Beginn der Verhandlungen des Klägers mit der Beklagten war unbestimmt , ob der Kläger V 2 noch würde zeichnen können oder ob dieser bereits geschlossen war. Vorsorglich unterzeichnete der Kläger deshalb im Dezember 2002 seinen Beitritt zu dem von der Beklagten aufgelegten Filmfonds " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A. II). Bei diesem Fonds stand der Beklagten nach dem Emissionsprospekt eine Provision von 8,5% des gezeichneten Kommanditkapitals zu. Die Beteiligung des Klägers an diesem Fonds ist nicht wirksam geworden.
5
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung an V 2, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 104.400 € zuzüglich entgangenen Zinsgewinns und Prozesszinsen sowie die Freistellung von einer Nachhaftung auf den noch nicht erbrachten Teil der Kommanditeinlage. Des Weiteren begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen aus der Beteiligung folgenden steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Beteiligung an V 2.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung im Übrigen die Klage hinsichtlich des entgangenen Gewinns und den Feststellungsantrag hinsichtlich aller weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteile abgewiesen.
7
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der Anschlussrevision den vom Berufungsgericht abgewiesenen Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

A. Revision der Beklagten
8
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BeckRS 2014, 03732), soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
10
Der Kläger könne von der Beklagten die Rückabwicklung seines Beitritts zu V 2 verlangen, weil diese ihre beratungsvertragliche Pflicht zur Aufklärung über die von ihr vereinnahmte Vertriebsprovision, bei der es sich um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung gehandelt habe, schuldhaft verletzt habe.
11
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe nicht zu beweisen vermocht, dass der Kläger die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung gezeichnet hätte. Der Kläger habe in seiner Parteivernehmung ausgesagt, er sei davon ausgegangen, die Beklagte erhalte einen Teil des Agios von 3%, da in der Druckereibranche, in der er tätig sei, Provisionen von 3% bis 4% gezahlt würden, während ihm eine Provision von 8,25% verdächtig gewesen wäre. In diesem Fall hätte er nach seiner Aussage das Vertrauen in eine objektive anleger- und anlagegerechte Beratung der Beklagten verloren und wäre dem Fonds nicht beigetreten. Dem stehe nicht entgegen, dass der vom Kläger alternativ gezeichnete Fonds A. II für die Vermittlung der Beklagten eine Provision von 8,5% der Zeichnungssumme vorgesehen habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten folge daraus nicht, dass der Kläger auch eine Provision von 8,25% bei V 2 akzeptiert hätte. Es könne dahinstehen, ob der Kläger den Emissionsprospekt zu A. II erhalten und gelesen habe, denn die Dienstleistung der Beklagten bei den beiden Fonds sei ganz unterschiedlich. Die Beklagte habe den Fonds A. II selbst aufgelegt und die Nominaleinlage durch Mindestgarantien gesichert. Für die Eigenkapitalvermittlung und Platzierungsgarantie habe sie eine Vergütung von 8,5% des gezeichneten Kommanditkapitals erhalten. Bei V 2 habe sie für ein Beratungsgespräch innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung eine nahezu gleich hohe Provision von 8,25% erhalten sollen, ohne dass sie Sicherheiten für das investierte Kapital übernommen und für den Fonds als Initiatorin "gerade gestanden" habe.
12
Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Von einer Kenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei nicht schon deshalb auszugehen, weil er - wie hier der Kläger - annehme, die vermittelnde Bank werde eine Provision erhalten, dies aber nicht sicher wisse. Ebenso wenig sei von einer grob fahrlässigen Unkenntnis auszugehen , wenn kein Anlass für eine Nachfrage bestehe. Abgesehen davon sei nicht nur auf die Kenntnis darüber, ob überhaupt eine Rückvergütung fließe, abzustellen, sondern auch auf die Kenntnis von deren Höhe. Der Kläger sei stillschweigend von einer für ihn üblichen Provision von 3% ausgegangen und habe der Empfehlung der Beklagten vertraut, während er bei einer Provision von 8,25% misstrauisch gewesen wäre und die Angaben der Beklagten kritisch überprüft hätte. Davon habe ihn die Beklagte durch ihre unterlassene Aufklärung abgehalten.

II.

13
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
14
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien konkludent ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist und dass die Beklagte ihre aus diesem Vertrag folgende Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären , schuldhaft verletzt hat. Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig eine umsatzabhängige Provision aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten bzw. dem Agio erhalten. Bei dieser Provision handelte es sich, wie der Senat auch für den hier in Rede stehenden Fonds V 2 bereits entschieden hat, um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 sowie Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18 und vom 23. September 2014 - XI ZR 215/13, BKR 2015, 339 Rn. 15). Über diese Rückvergütung hat die Beklagte den Kläger, wie das Berufungsgericht ebenfalls unangegriffen festgestellt hat, weder mündlich noch durch den Emissionsprospekt aufgeklärt.
15
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auch stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
16
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 f. mwN, vom 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13, WM 2014, 1670 Rn. 26 und vom 23. September 2014 - XI ZR 215/13, BKR 2015, 339 Rn. 17). Die Beweislastumkehr greift bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein, ohne dass es darauf ankommt, ob der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte (Senatsurteile vom 8. Mai 2012, aaO, Rn. 30 ff. mwN, vom 15. Juli 2014, aaO, Rn. 26 und vom 23. September 2014, aaO, Rn. 17).
18
b) Von diesen Maßgaben ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat aufgrund der von ihm durchgeführten Vernehmung des Klägers als Partei festgestellt , dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung das Anlagegeschäft nicht abgeschlossen hätte.
19
aa) Diese tatrichterliche Würdigung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Sie kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 und Urteil vom 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13, WM 2014, 1670 Rn. 28, jeweils mwN).
20
bb) Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
21
Das Berufungsgericht hat nicht nur die Angaben des Klägers in seiner Vernehmung, sondern darüber hinaus berücksichtigt, dass sich relevante Indizien für die fehlende Kausalität sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben können. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 50, vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 29 und vom 24. September 2013 - XI ZR 204/12, WM 2013, 2065 Rn. 39).
22
Davon ausgehend hat das Berufungsgericht geprüft, ob sich aus der Tatsache , dass der Zedent im Dezember 2002 auch noch den Filmfonds A. II vorsorglich gezeichnet hat, bei dem die Beklagte eine im Fondsprospekt genannte Rückvergütung in Höhe von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt, ein Indiz dafür ergibt, dass er sich auch bei Kenntnis der Rückvergütung bei V 2 nicht von einer Beteiligung hätte abhalten lassen. Dies hat das Berufungsgericht aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls verneint , die sich wesentlich von der Würdigung in dem Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2011 (4 U 95/10, juris Rn. 83), das eine andere nach Beratung durch die Beklagte erworbene Fondsbeteiligung des Klägers und seiner Mutter betraf und auf die sich das Senatsurteil vom 4. Juni 2013 (XI ZR 188/11, juris Rn. 28 ff.) bezieht, unterscheidet.
23
Ohne Erfolg wendet die Revision gegen die hier vorgenommene Würdigung ein, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang in rechtsfehlerhafter Weise darauf abgestellt, ob die Beklagte als beratende Bank davon habe ausgehen können, dass der Kläger V 2 auch in Kenntnis der Rückvergütung gezeichnet hätte. Aus dem Gesamtzusammenhang der Würdigung durch das Berufungsgericht geht hervor, dass dieses nicht auf die Sicht der Beklagten , sondern auf die Sicht des Klägers abgestellt und geprüft hat, wie dieser sich im Fall der Kenntnis der Rückvergütung entschieden hätte.
24
Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe die Provision bei A. II und V 2 jeweils für ganz unterschiedliche Dienstleistungen erhalten, treffe nicht zu. Bei den Ausführungen des Berufungsgerichts zu den von der Beklagten bei dem jeweiligen Fonds erbrachten Dienstleistungen handelt es sich um tatbestandliche Feststellungen nach § 314 ZPO, ungeachtet dessen, dass sie sich in den Entscheidungsgründen befinden (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 1993 - IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851, 1852 [insoweit nicht in BGHZ 122, 297 abgedruckt], vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 40 und vom 1. Oktober 2013 - XI ZR 28/12, WM 2013, 2121 Rn. 44). Diese Feststellungen können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn - wie hier - nicht zuvor ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO gestellt worden ist (Senatsurteile vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, BGHZ 195, 1 Rn. 40 mwN, vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 18 und vom 1. Oktober 2013 - XI ZR 28/12, WM 2013, 2121 Rn. 44).
25
Die tatrichterliche Würdigung weist auch nicht deshalb einen revisionsrechtlich relevanten Fehler auf, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger erkannt hat, dass die Beklagte bei V 2 eine fast gleich hohe Provision für erheblich geringere Dienstleistungen erhält. Denn die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der im Prospekt von A. II angegebenen Rückvergütung betreffen nur die Frage, ob diese Angabe ein Indiz dafür ist, dass der Kläger entgegen seiner Aussage in seiner Vernehmung die Fondsbeteiligung auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Die Eignung als ein solches Indiz konnte im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung bereits aufgrund der festgestellten objektiven Unterschiede zwischen den beiden Fonds verneint werden.
26
Schließlich hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision nicht dadurch gegen § 286 ZPO oder Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, dass es im Berufungsurteil nicht ausdrücklich auf die Aussage des Zeugen S. eingegangen ist, nach dessen Eindruck eine Provision von 8,5% für die Anlageentscheidung des Klägers nicht ausschlaggebend gewesen wäre. Der Tatrichter braucht im Urteil nicht auf jedes einzelne Beweismittel einzugehen und jede Erwägung darzustellen, die für seine Überzeugungsbildung maßgebend war (BGH, Urteile vom 18. Juni 1998 - IX ZR 311/95, NJW 1998, 2969, 2971, vom 16. Dezember 1999 - III ZR 295/98, WM 2000, 424, 426 und vom 13. März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508). Dies gilt insbesondere für eine erkennbar unergiebige Zeugenaussage, wie sie hier in Rede steht. Denn der Zeuge hat weder nach der Revisionsbegründung noch nach dem Sitzungsprotokoll Angaben zu äußeren Umständen gemacht, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang - die hypothetische Entscheidung des Klägers über den Erwerb der Fondsbeteiligung in Kenntnis der Rückvergütung - zulassen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 44 und Beschluss vom 3. Juni 2014 - XI ZR 435/12, BKR 2014, 430 Rn. 17), sondern nur seinen persönlichen Eindruck wiedergegeben, ohne zu erläutern, worauf er diesen gestützt hat.
27
3. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht mit seiner Hauptbegründung die Verjährung des Klageanspruchs nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verneint.
28
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig , dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (Senatsurteile vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 27 mwN und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 27). In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (Senatsurteile vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 28 mwN und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 27).
29
b) Nach diesen Maßgaben weist die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe keine positive Kenntnis von dem Zufluss von Rückvergütungen an die Beklagte gehabt, keinen durchgreifenden Rechts- oder Verfahrensfehler auf.
30
aa) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Senatsurteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 17, vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 13 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 32 mwN).
31
bb) Das Berufungsgericht hat aufgrund der Vernehmung des Klägers als Partei nicht festgestellt, dieser habe gewusst, dass die Beklagte als vermittelnde Bank eine Provision erhalten werde. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass von einer Kenntnis nicht auszugehen ist, wenn der Anleger nur "angenommen" oder sich "gedacht" hat, dass die Beklagte eine Provision erhält (vgl. Senat, Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 33 und Beschluss vom 14. Mai 2013 - XI ZR 274/12, juris Rn. 6 und 21).
32
Des Weiteren ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die beklagte Bank die Darlegungs- und Beweislast für die erforderliche Kenntnis des Anlegers trägt. Es oblag daher der Beklagten darzulegen, dass der Kläger Kenntnis von ihrem Provisionsinteresse aus anderen Quellen, wie zum Beispiel aus allgemein zugänglichem Informationsmaterial zu der betroffenen Kapitalanlage oder aus Berichten von anderen Erwerbern dieser Anlage, hatte. Die Revision macht nicht geltend, dass die Beklagte in den Vorinstanzen solche Umstände dargelegt habe, die das Berufungsgericht übergangen habe.
33
c) Das Berufungsgericht hat ebenfalls rechtsfehlerfrei eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den den geltend gemachten Schadensersatzanspruch begründenden Umständen verneint.
34
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 28, vom 13. Januar 2015 - XI ZR 182/13, juris Rn. 28 und vom 2. Juli 2015 - III ZR 149/14, WM 2015, 1413 Rn. 11, jeweils mwN). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 28, vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 8 und vom 13. Januar 2015 - XI ZR 182/13, juris Rn. 28, jeweils mwN).
35
Vertraut daher ein Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters in Anspruch nimmt, auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters und unterlässt er deshalb eine "Kontrolle" des Beraters durch Lektüre des Prospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 33 und vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 10 mwN).
36
Demgemäß liegt auch kein "Verschulden gegen sich selbst" vor, wenn ein Anleger, der die Zahlung von Provisionen an die beratende Bank für möglich hält oder vermutet, diesbezüglich nicht nachfragt, da der Bankberater ungefragt über das Ob und die Höhe von Rückvergütungen aufklären muss (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9) und der Anleger nicht verpflichtet ist, im Hinblick auf einen möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist zu kontrollieren, ob der Berater dieser Verpflichtung nachgekommen ist. Die Revision macht nicht geltend, dass vorliegend andere Hinweise für den Empfang von Rückvergütungen durch die Beklagte bestan- den, die den Kläger zu einer diesbezüglichen Nachfrage hätten veranlassen müssen.
37
4. Schließlich ist der Kläger nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich auf die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu berufen.
38
Aufgrund eines Beratungsvertrags hat eine Bank die Pflicht, den Anleger ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe einer von ihr erhaltenen Rückvergütung aufzuklären und es ist entgegen der Ansicht der Revision nicht treuwidrig, wenn der Anleger, der diesbezüglich nicht nachgefragt hat, sich später auf die Aufklärungspflichtverletzung beruft (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9). Ein solches Anlegerverhalten ist nicht vergleichbar mit dem Fall, dass ein Anlageinteressent im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Erklärung des Anlageberaters der Bank, ihm diese Höhe nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl abschließt, später jedoch von der Bank Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung verlangt (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 18).
B. Anschlussrevision des Klägers
39
Die zulässige Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet.

I.

40
Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
41
Für den Antrag auf Freistellung von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, die unmittelbar oder mittelbar aus der Kommanditbeteiligung entstehen, fehle das Feststellungsinteresse. Steuerliche Nachteile, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultierten, seien bereits abschließend im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt worden. Weitergehende mögliche wirtschaftliche und steuerliche Nachteile, die ein Feststellungsinteresse rechtfertigten, habe der Kläger nicht dargetan. Auch in seiner Parteivernehmung habe er keine weiteren denkbaren Nachteile angeben können.

II.

42
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Zutreffend hat das Berufungsgericht das Feststellungsinteresse des Klägers verneint.
43
1. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht setzt die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus jedoch von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (Senatsurteile vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN, vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 73 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, BKR 2013, 506 Rn. 31).
44
2. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht die Möglichkeit von über den zuerkannten Schadensersatzanspruch hinausge- henden steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen dargelegt, ist nichts zu erinnern. Jedenfalls ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit solcher Schäden nicht substantiiert dargelegt.
45
Soweit die Anschlussrevision auf den Vortrag aus der Klageschrift verweist , es könne zur Ermöglichung der Übertragung des Fondsanteils gemäß dem Gesellschaftsvertrag nötig werden, dass der Kläger den Fonds von etwaigen Gewerbesteuerschäden durch den Gesellschafterwechsel freistelle, fehlt jeglicher Vortrag dazu, dass bzw. aus welchen Gründen eine solche Freistellung im vorliegenden Fall wahrscheinlich notwendig sein werde.
46
Der weitere von der Anschlussrevision in Bezug genommene Vortrag in der Klageschrift, es sei absehbar, dass es nicht nur zu Steuerrückforderungen kommen werde, sondern die Anleger weitere steuerliche Schäden, zum Beispiel in Form von Säumniszinsen, erleiden würden, beschränkt sich ebenfalls auf diese allgemeine Behauptung, ohne auch nur ansatzweise darzulegen, dass solche weiteren steuerlichen Schäden im konkreten Fall wahrscheinlich seien. Auch soweit der Kläger in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, die Liquidation der Fondsgesellschaft sei abgebrochen worden und es solle wieder in das Filmgeschäft eingestiegen werden, fehlen jegliche Ausführungen dazu, dass bzw. warum dieser Umstand wahrscheinlich zu Änderungen bezüglich der in der Vergangenheit erfolgten Verlustzuweisungen führen werde. Im Übrigen hat die Anschlussrevision nicht mit einer Verfahrensrüge geltend gemacht , dass das Berufungsgericht im Hinblick auf den neuen Vortrag gemäß § 296a Satz 2 i.V.m. § 156 ZPO gehalten gewesen wäre, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
47
Schließlich kommt es entgegen der Anschlussrevision nicht darauf an, ob Gegenstand der Vernehmung des Klägers als Partei durch das Berufungsgericht ausschließlich die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung, nicht aber mögliche weitere Zukunftsschäden gewesen seien. Denn es fehlt schon an der substantiierten Darlegung der Wahrscheinlichkeit solcher Nachteile.

C.

48
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Neuruppin, Entscheidung vom 06.11.2012 - 5 O 141/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.01.2014 - 7 U 175/12 -

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17. November 2011 - 11 Sa 867/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Überstunden.

2

Der 1988 geborene Kläger war seit dem 15. Januar 2010 bei der Beklagten als Handwerker im Gebäudemanagement beschäftigt. Er bezog bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 167 Stunden monatlich ein Bruttomonatsentgelt von 2.100,00 Euro. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Februar 2011.

3

Mit der am 18. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 25. März 2011 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision von Belang - zuletzt Vergütung für 498 Überstunden zu einem Stundensatz von 12,5748 Euro brutto geltend gemacht und vorgetragen, er habe zusammen mit dem Mitarbeiter R das komplette Firmengebäude der Beklagten umgebaut. Dabei seien der gesamte Innenausbau sowie Arbeiten an der Außenanlage, insbesondere Pflaster- und Gartenbauarbeiten, ausgeführt worden. Die an datumsmäßig näher bezeichneten Arbeitstagen im Zeitraum Januar bis Dezember 2010 angefallenen Überstunden habe der damalige Geschäftsführer der Beklagten angeordnet, jedenfalls geduldet. Hilfsweise hat der Kläger die Vergütung für 262,47 Überstunden darauf gestützt, diese würden sich aus von der Beklagten in der Berufungserwiderung vorgelegten Excel-Tabellen ergeben.

4

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.262,25 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe keine von ihr angeordneten oder geduldeten Überstunden geleistet. In die Excel-Tabellen habe sie ungeprüft die Angaben aus den von den Beschäftigten geführten handschriftlichen Anwesenheitslisten übernommen.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

8

I. Die Revision rügt allerdings zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegung der Leistung von Überstunden überspannt.

9

1. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tariflicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat, und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27 ff.).

10

2. Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers in der Berufungsinstanz. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung auf über 100 Seiten für jeden einzelnen Tag des Streitzeitraums angegeben, von wann bis wann er gearbeitet haben will. Mit dem Vortrag, zu bestimmten Zeiten gearbeitet zu haben, behauptet der Arbeitnehmer regelmäßig zugleich, während der genannten Zeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht zu haben. Das ist für die erste Stufe der Darlegung ausreichend. Der Kläger hat zudem den Inhalt der erbrachten Arbeitsleistung dahin gehend konkretisiert, zusammen mit einem anderen Beschäftigten das komplette Firmengebäude der Beklagten umgebaut, sämtliche Innenausbauarbeiten ausgeführt sowie Arbeiten an den Außenanlagen, insbesondere Pflaster- und Gartenbauarbeiten verrichtet zu haben. Das Landesarbeitsgericht überspannt die Anforderungen, wenn es bereits auf der ersten Stufe der Darlegung einer Überstundenleistung vom Arbeitnehmer „konkrete Tätigkeitsangaben“ für jede einzelne Überstunde verlangt.

11

3. Von der Substantiierung des Tatsachenvortrags zu trennen ist dessen Schlüssigkeit und Glaubwürdigkeit. Substantiiertes Lügen ändert nichts an der Substanz des Sachvortrags, sondern betrifft dessen Glaubwürdigkeit. Insoweit obliegt es vornehmlich den Tatsacheninstanzen, unbeschadet einer etwaigen Einlassung des Arbeitgebers im Rahmen des § 286 Abs. 1 ZPO die Glaubwürdigkeit des Sachvortrags des Arbeitnehmers zu beurteilen, etwa wenn er - wie im Streitfall der Kläger - seinen Sachvortrag mehrfach variiert, Überstunden nach Monaten „aus dem Gedächtnis“ rekonstruiert haben will oder vorprozessual dem Arbeitgeber mitteilte, die geltend gemachten Überstunden seien hauptsächlich bei der kompletten Neugestaltung des privaten Gartens des früheren Geschäftsführers entstanden.

12

II. Ob der Sachvortrag des Klägers zur Leistung von Überstunden in allen Details schlüssig und glaubwürdig ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht eine weitere Voraussetzung für die Vergütung von Überstunden verneint. Der Kläger hat die Veranlassung der Überstundenleistung durch die Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

13

1. Der Arbeitgeber ist nach § 611 Abs. 1 BGB zur Gewährung der vereinbarten Vergütung für die vereinbarte Arbeitsleistung verpflichtet. Legen die Parteien einen bestimmten zeitlichen Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung (Regel- oder Normalarbeitszeit) fest, betrifft die Vergütungspflicht zunächst (nur) die Vergütung der vereinbarten Normalarbeitszeit. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vergütungspflicht für Überstunden auf arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB beruht.

14

Für diese arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung als - neben der Überstundenleistung - weitere Voraussetzung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung formuliert, Überstunden müssten vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein (BAG 15. Juni 1961 - 2 AZR 436/60 - zu II der Gründe; 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 - zu II 3 der Gründe; 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - zu V 1 der Gründe; 28. Januar 2004 - 5 AZR 530/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 109, 254; 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 a der Gründe). Daran hat der Senat stets und auch in seinem die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden betreffenden Urteil vom 16. Mai 2012 (- 5 AZR 347/11 - , vgl. dort Rn. 31) festgehalten.

15

2. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren, trägt der Arbeitnehmer als derjenige, der den Anspruch erhebt (vgl. BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 15 mwN). Dabei gelten folgende Grundsätze:

16

a) Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Dazu fehlt es an substantiiertem Sachvortrag des Klägers. Die pauschale und stereotyp wiederholte Behauptung, der frühere Geschäftsführer der Beklagten habe „die Überstunden angeordnet“, ist nicht ausreichend.

17

b) Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers (zu diesem Maßstab siehe BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 24 mwN) nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten (vgl. als Beispiel BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 31) oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte (vgl. als Beispiel BAG 28. November 1973 - 4 AZR 62/73 - BAGE 25, 419). Dabei begründet allein die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (aA LAG Berlin-Brandenburg 23. Dezember 2011 - 6 Sa 1941/11 -; 10. September 2012 - 15 Ta 1766/12 -).

18

Ist wie im Streitfall eine Monatsarbeitszeit vereinbart, muss der Arbeitnehmer zudem darlegen, dass einzelne, zur Erledigung der zugewiesenen Arbeiten geleisteten Überstunden nicht innerhalb einer flexibel gehandhabten Monatsarbeitszeit ausgeglichen werden konnten. Zu alledem fehlt substantiierter Sachvortrag des Klägers.

19

c) Mit der Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber gleichsam durch eine nachträgliche Genehmigung die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Die Billigung von Überstunden setzt deshalb voraus, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Das muss nicht ausdrücklich erfolgen und kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit einer Überstundenleistung ausdrückt. Dazu reicht aber die widerspruchslose Entgegennahme der vom Arbeitnehmer gefertigten Arbeitszeitaufzeichnungen nicht aus (BAG 3. November 2004 - 5 AZR 648/03 - zu III 2 der Gründe; 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 c der Gründe). Vielmehr muss der Arbeitnehmer darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein.

20

Daran fehlt es im Streitfall. Die Übertragung der vom Kläger gefertigten Aufschriebe seiner Anwesenheitszeiten in Excel-Tabellen ist schon deshalb keine Billigung von Überstunden, weil diese Tabellen unstreitig nicht an die Mitarbeiter ausgehändigt wurden und der Kläger somit keinen Anhaltspunkt dafür hatte, die Beklagte genehmige bereits geleistete Überstunden.

21

d) Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt (BAG 6. Mai 1981 - 5 AZR 73/79 - zu II 2 der Gründe; vgl. auch - zu § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG - BAG 27. November 1990 - 1 ABR 77/89 -; 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - BAGE 122, 127). Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst wenn dieses feststeht, ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat.

22

Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers nicht. Er kommt über die formelhafte Wendung, der frühere Geschäftsführer der Beklagten habe von den geleisteten Überstunden Kenntnis gehabt und diese geduldet, nicht hinaus. Allein die Entgegennahme von Aufschrieben der Anwesenheitszeiten seiner Beschäftigten vermag eine Kenntnis des Arbeitgebers von einer bestimmten Überstundenleistung nicht zu begründen. Erst wenn der Arbeitnehmer seine Aufzeichnungen hinsichtlich der Arbeitsleistung konkretisiert und mit einem Hinweis auf eine Überstundenleistung verbindet, ist der Arbeitgeber gehalten, dem nachzugehen und gegebenenfalls gegen nicht gewollte Überstunden einzuschreiten.

23

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    E. Bürger    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)