Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 05. Nov. 2012 - 3 Ta 193/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:1105.3TA193.12.0A
bei uns veröffentlicht am05.11.2012

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 24. September 2012 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17. August 2012 - 2 Ca 1092/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin war vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2012 beim Beklagten als Aushilfskraft beschäftigt.

2

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Juli 2012 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr bis spätestens 10. August 2012 ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, woraufhin ihr mit Telefax vom 26. Juli 2012 geantwortet wurde, dass der Beklagte sich bis zum 19. August 2012 im Urlaub befinde.

3

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Kaiserslautern am 6. August 2012 eingegangenen Klage, die dem Beklagten am 9. August 2012 zugestellt worden ist, hat die Klägerin die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verlangt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten beantragt. Mit Schreiben vom 10. August 2012 teilte der Beklagte dem Arbeitsgericht mit, dass er das Zeugnis für die Klägerin am 9. August 2012 an deren Prozessbevollmächtigte gefaxt habe und das Original zeitnah per Post versandt worden sei. Mit Schriftsatz vom 13. August 2012, beim Arbeitsgericht am 15. August 2012 eingegangen, teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass ihm zwischenzeitlich eine Telefax-Kopie eines Zeugnisses vom 9. August 2012 zugegangen sei, die Klägerin aber bis zum 10. August 2012 das Original des Zeugnisses nicht erhalten habe und sich nunmehr in ihrem Jahresurlaub bis zum 21. August 2012 befinde. Im Hinblick darauf, dass bis zum vorgesehenen Gütetermin vom 20. August 2012 nicht geklärt werden könne, ob das Original des Zeugnisses zwischenzeitlich der Klägerin zugegangen sei, bitte er um Aufhebung des Termins vom 20. August 2012 und Bestimmung eines neuen Termins erst auf Antrag der Klägerin. Mit Schriftsatz vom 16. August 2012 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin deren Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Bitte um Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

4

Mit Beschluss vom 17. August 2012 - 2 Ca 1092/12 - hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern der Klägerin für die 1. Instanz mit Wirkung vom 17. August 2012 Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes aber abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs 2 ZPO nicht erforderlich sei. Die Klägerin hätte den Antrag ohne Schwierigkeiten bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts erheben können.

5

Mit Schriftsatz vom 24. September 2012, beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, hat die Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17. August 2012 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit durch diesen Beschluss der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes abgelehnt wurde. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2012 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6

Die Klägerin trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei im vorliegenden Fall die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen. Sie habe davon ausgehen müssen, dass der Beklagte den Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses nicht erfüllen würde. Sie sei selbst absolut gerichtsunerfahren und habe durch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes auch sicherstellen wollen, dass ein im Verlauf des Verfahrens erteiltes Zeugnis überprüft werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 24. Oktober 2012 Bezug genommen.

II.

7

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

8

1. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft. Wird die Beiordnung eines Rechtsanwalts vom Gericht abgelehnt, ist dagegen die sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO unabhängig davon statthaft, ob die Entscheidung im zugehörigen Hauptsacheverfahren anfechtbar ist, weil es sich um eine personenbezogene Voraussetzung der Prozesskostenhilfe handelt (BGH 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - NJW 2011, 2434). Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO). Der angefochtene Beschluss ist entgegen § 329 Abs. 3 ZPO nicht förmlich zugestellt worden, so dass die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) nicht gemäß § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Lauf gesetzt worden ist.

9

2. In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg.

10

Die Voraussetzungen für eine Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, weil weder der Beklagte anwaltlich vertreten war noch die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich erscheint.

11

a) Was "erforderlich erscheint", ist im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsstaats- und dem in Art. 20 Abs. 1 GG verbürgten Sozialstaatsprinzip auszulegen. Nach diesen Grundsätzen muss die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend angeglichen werden. Der unbemittelten Partei darf die Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung im Vergleich zur Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden; der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Ein Rechtsanwalt ist beizuordnen, wenn ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Das gebietet eine auf die jeweilige Lage bezogene Einzelfallprüfung und lässt eine Herausbildung von Regelsätzen, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen zu. Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilen sich vielmehr im Einzelfall nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit sowie Bedeutung der Sache für den Betroffenen, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, seine Rechte selbst wahrzunehmen sowie sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Partei der Hilfe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, hier der Rechtsantragsstelle eines Arbeitsgerichts, vergewissern kann. Eine Beiordnung ist daher regelmäßig schon dann erforderlich, wenn in Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht oder der Antragsteller nicht in der Lage ist, die Hilfe der Rechtsantragsstelle in Anspruch zu nehmen. Gleiches gilt, falls bereits im Gütetermin mit einer Erörterung des gesamten Streitverhältnisses durch den Vorsitzenden zu rechnen ist, die auch die Würdigung rechtlicher und tatsächlicher Umstände verlangt, und an der auch eine begüterte Partei im Interesse einer sachgerechten Rechtsverfolgung nicht ohne anwaltlichen Beistand teilnehmen würde. Allein die Möglichkeit, dass der Klagegegner Einwendungen erhebt, hat allerdings keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Schwierigkeit einer Sache. Dies ist jedem Zivilprozess immanent. Das kann dazu führen, dass es der antragstellenden Partei zuzumuten ist, den Verlauf des arbeitsgerichtlichen Gütetermins abzuwarten. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn derartige Einwendungen nicht nur möglich, sondern auch konkret zu erwarten sind (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZB 9/10 - Rn. 22 bis 25, NJW 2010, 2748).

12

b) Nach diesen Grundsätzen hatte vorliegend die Beiordnung eines Anwalts nicht zu erfolgen. Auch eine bemittelte Partei in der Lage der Klägerin hätte vernünftigerweise zur Durchsetzung des Anspruchs auf die bloße Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses noch keinen Rechtsanwalt beauftragt. Bei dem Klagebegehren auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses handelt es sich um einen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht einfachst gelagerten Rechtsstreit, der auch von einem gerichtsunerfahrenen rechtlichen Laien ohne weiteres mit Hilfe der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts durchgeführt werden kann, zumal dem Beklagten keinerlei Rechtsgründe für die Nichterfüllung des Zeugnisanspruchs zur Seite standen und von ihm auch nicht geltend gemacht worden sind. Soweit die Klägerin angeführt hat, dass sie durch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes auch habe sicherstellen wollen, dass ein im Verlaufe des Verfahrens erteiltes Zeugnis überprüft werden könne, begründet dies derzeit noch keine Erforderlichkeit eines Rechtsanwalts für das vorliegende Verfahren, dessen Streitgegenstand sich auf die bloße Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses beschränkt. Der Inhalt des vom Beklagten zwischenzeitlich erteilten Arbeitszeugnisses ist nicht Gegenstand der vorliegenden Klage, auf die sich der PKH-Antrag bzw. die beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts bezieht. Jedenfalls war es der Klägerin ohne weiteres zumutbar, den Verlauf des arbeitsgerichtlichen Gütetermins abzuwarten, bevor sie bereits zur Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses anwaltlichen Beistand in Anspruch nimmt.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

14

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG).

15

Diese Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.

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Tenor Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Februar 2010 - 14 Ta 518/09 - wird zurückgewiesen.

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(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 265/10
vom
18. Mai 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Rechtsmittel gegen eine (teilweise) Zurückweisung eines Verfahrenskostenhilfeantrags
in Familienstreitsachen bestimmt sich nach den §§ 127 Abs. 2, 567
bis 572 ZPO.

b) Wird die Beiordnung eines Rechtsanwalts vom Gericht abgelehnt, ist dagegen die
sofortige Beschwerde statthaft, auch wenn die Entscheidung im zugehörigen
Hauptsacheverfahren (hier: einstweilige Anordnung über Kindesunterhalt) nicht
anfechtbar ist.

c) Die Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich in Familienstreitsachen nach
§ 121 ZPO. Es gilt das Gebot der Waffengleichheit.
BGH, Beschluss vom 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - OLG Frankfurt am Main
AG Melsungen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2011 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke,
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird derBeschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 2010 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Melsungen vom 15. März 2010 dahin abgeändert, dass der Antragstellerin Rechtsanwältin Dr. R. beigeordnet wird. Gerichtskosten werden für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben vor dem Amtsgericht um Kindesunterhalt gestritten und sich schließlich in der Hauptsache geeinigt. Die Antragstellerin hat neben ihrem Unterhaltsantrag einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat ihr Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Die Beiordnung ihrer Rechtsanwältin hat es aber abgelehnt, weil eine Beistandschaft des Jugendamts bestehe, die lediglich im Hinblick auf die Antragstellung im vorliegenden Verfahren zum Ruhen gebracht worden sei.
2
Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

3
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass über den Wortlaut des § 127 Abs. 2 ZPO hinaus ein Rechtsmittel auch dann nicht eröffnet sei, wenn die Zulässigkeit des Rechtsmittels aus anderen Gründen scheitere als der nicht erreichten Berufungssumme (Senatsbeschluss BGHZ 162, 230 = FamRZ 2005, 790) und die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt worden sei.
4
Lege man § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in diesem Sinne aus, dann sei die Beschwerde ausschließlich in den Fällen zulässig, in denen die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Überprüfung stünden. Man werde aber nicht annehmen können, dass die Anwaltsbeiordnung die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Beteiligten betreffe, da der Wortlaut des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO hier eindeutig auf die in § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abstelle.
5
2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
a) Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG aufgrund der Zulassung durch das Oberlandesgericht statthaft.
7
§ 70 Abs. 4 FamFG steht der Statthaftigkeit nicht entgegen. Die Ausnahmeregelung bezieht sich nur auf das Verfahren über die einstweilige Anordnung selbst, nicht auf das zugehörige Verfahrenskostenhilfeverfahren. § 70 Abs. 4 FamFG hat insoweit die bereits bestehende Regelung der §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 ZPO übernommen (Schulte-Bunert/Weinreich/Unger FamFG 2. Aufl. § 70 Rn. 28). Für das alte Recht hat der Senat die Zulässigkeit einer (sofortigen) Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren nur abgelehnt, wenn es um die Erfolgsaussicht geht, selbst in diesem Fall aber die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bejaht (Senatsbeschluss BGHZ 162, 230, 231 = FamRZ 2005, 790). An der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde hat sich durch das neue Verfahrensrecht nichts geändert.
8
b) Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG sind in Familienstreitsachen (hier: Unterhaltssache nach §§ 112 Nr. 1, 231 Nr. 1 FamFG) die Vorschriften des FamFG über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Statt dessen gelten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist.
9
Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen andere als die Prozesskostenhilfe bewilligende Entscheidungen die sofortige Beschwerde statt. Zwar mangelt es an einer Verweisung auf die zugehörigen Vorschriften über die sofortige Beschwerde nach §§ 567 bis 572 ZPO, die im FamFG nicht vorgesehen ist. Hierbei handelt es sich jedoch ersichtlich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Denn dieser wollte die Familienstreitsachen weitergehend den Verfahrensmaximen der Zivilprozessordnung unterstellen als die übrigen Familiensachen. Selbst in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden aber nach § 76 Abs. 2 FamFG im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe die §§ 567 bis 572 ZPO entsprechende Anwendung. Die sofortige Beschwerde richtet sich demnach im Hinblick auf die Verfahrenskostenhilfe für Familienstreitsachen ebenfalls nach den §§ 567 bis 572 ZPO (so im Ergebnis auch OLG Schleswig FamRZ 2011, 131 juris Rn. 4; OLG Saarbrücken Beschluss vom 28. April 2010 - 9 WF 41/10 - juris Rn. 12).
10
c) Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet die sofortige Beschwerde nicht statt, wenn der Streitwert der Hauptsache die Rechtsmittelsumme gemäß § 511 ZPO (entsprechend § 61 Abs. 1 FamFG) nicht erreicht, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Das Oberlandesgericht hat daraus gefolgert, dass bei nicht anfechtbarer Hauptsacheentscheidung alle anderen Entscheidungen , die nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe betreffen, ebenfalls nicht anfechtbar seien.
11
Dem kann nicht beigetreten werden. Die Regelung in § 127 Abs. 2 ZPO schließt weder nach ihrem Wortlaut noch nach dem ihr zugrunde liegenden Gedanken ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts aus.
12
aa) Der Senat hat die Frage, ob § 127 Abs. 2 ZPO eine abschließende Regelung enthält, in anderem Zusammenhang verneint (Senatsbeschluss BGHZ 162, 230, 232 f. = FamRZ 2005, 790 f.). Danach ist ein Rechtsmittel im Prozesskostenhilfeverfahren wegen Versagung mangels Erfolgsaussicht über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch dann nicht statthaft, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel aus anderen Gründen als der nicht erreichten Wertgrenze nicht statthaft ist. Dies hat der Senat für das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach §§ 620, 644 ZPO entschieden. Er hat die entsprechende Anwendung des Beschwerdeausschlusses damit begründet, dass der Gesetzgeber durch die mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO der bis dahin ergangenen Rechtsprechung nicht den Boden entziehen wollte, sondern diese vielmehr Eingang in das Gesetz finden sollte (Senatsbeschluss BGHZ 162, 230, 233 = FamRZ 2005, 790, 791 mwN). Diese Rechtsprechung betraf hingegen vorwiegend Fälle einer vom erstinstanzlichen Gericht verneinten Erfolgsaussicht (vgl. BGHZ 53, 369, 370, 372; BFH BFH/NV 1997, 259 juris Rn. 5 mwN; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1325; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1996, 746; OLG Köln FamRZ 2001, 1535; OLG Naumburg FamRZ 2001, 358).
13
Dagegen lässt sich ein allgemeiner Grundsatz, dass das Prozesskostenhilfeverfahren nicht in eine höhere Instanz gelangen könne als das zugehörige Hauptsacheverfahren (so aber wohl FamVerf/Gutjahr 2. Aufl. § 1 Rn. 70), nicht aufstellen. Das zeigt sich im Ansatz bereits daran, dass das Gesetz in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die sofortige Beschwerde ausdrücklich vorsieht, auch wenn die Hauptsache selbst nicht rechtsmittelfähig ist. Daraus folgt gleichzeitig, dass nicht aus allgemeinen Erwägungen wie der Verfahrensbeschleunigung oder -vereinfachung der Rechtszug über die gesetzliche Regelung hinaus eingeschränkt werden kann (aA Musielak/Borth FamFG § 57 Rn. 9), auch wenn diese mitunter als zusätzliches Motiv einer Rechtsmitteleinschränkung aufgeführt worden ist (Senatsbeschluss BGHZ 162, 230, 233 = FamRZ 2005, 790, 791; vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 75, BT-Drucks. 14/163 S. 20).
14
bb) Soweit der Senat über den Wortlaut des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO hinaus eine entsprechende Anwendung dieser Regelung und einen erweiterten Ausschluss der Beschwerde angenommen hat, hat er dies dementsprechend nur für den Fall der verneinten Erfolgsaussicht entschieden. Eine darüber hinausgehende Einschränkung der Anfechtbarkeit findet hingegen im Gesetz und der bei der Neuregelung durch die Zivilprozessreform 2002 zugrunde gelegten Rechtsprechung keine hinreichende Stütze.
15
Vielmehr ist davon auszugehen, dass durch die Formulierung nur eine Abgrenzung zu den Fällen mangelnder Erfolgsaussicht hergestellt werden sollte. Die Verwendung des Wortes "ausschließlich" in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO dient ersichtlich dazu, die Fälle zu erfassen, in denen ein Prozesskostenhilfegesuch sowohl mangels Erfolgsaussicht als auch wegen fehlender Bedürftigkeit zurückgewiesen worden ist. Die Einschränkung des Rechtsmittels im Prozesskostenhilfeverfahren dient nämlich vor allem dem Zweck zu vermeiden, dass eine im Prozesskostenhilfeverfahren ergangene Entscheidung des Rechtsmittelgerichts in der Sache der - nicht anfechtbaren - Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts in der Hauptsache widerspricht oder diese präjudiziert. Diese Gefahr besteht aber nicht, wenn ausschließlich die Bedürftigkeit des Antragstellers zu überprüfen ist und diese vom Rechtsmittelgericht anders beurteilt wird als vom erstinstanzlichen Gericht.
16
Nicht anders verhält es sich, wenn die Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit versagt worden ist (zutreffend Horndasch/Viefhues/Götsche FamFG 2. Aufl. § 76 Rn. 209; Grün NJW 2010, 1821, 1822; aA Baumbach/Hartmann ZPO 69. Aufl. § 127 Rn. 38). Der Senat hat dementsprechend für die insoweit vergleichbar gelagerte Frage im Rechtsbeschwerdeverfahren die Zulassung einer Rechtsbeschwerde generell gebilligt, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht. Um eine personenbezogene Voraussetzung handelt es sich, wenn Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit versagt worden ist (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477 mwN).
17
Das Gleiche muss gelten, wenn der bedürftigen Partei die Beiordnung eines Rechtsanwalts versagt wird (ebenso OLG München FamRZ 1999, 1355). Dass das Gericht die Beiordnung des Rechtsanwalts ablehnt, hat für die Partei gleichermaßen einschneidende Folgen wie die Versagung mangels Bedürftig- keit. In beiden Fällen muss die Partei das Verfahren entweder ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts führen oder die Kosten für diesen selbst aufbringen. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht bei Überprüfung einer unterlassenen Beiordnung durch das Beschwerdegericht ebenso wenig wie bei einer vom Gericht verneinten Bedürftigkeit der Partei.
18
cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Zivilprozessreform 2002 dem nicht die Grundlage entzogen. Denn schon nach dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die sofortige Beschwerde nur ausgeschlossen , wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel wegen nicht erreichter Rechtsmittelsumme unstatthaft ist. Zwar ist dem Beschwerdegericht insoweit zuzugeben, dass eine unterschiedliche Behandlung von Rechtsmitteln, die mangels Rechtsmittelsumme unstatthaft sind, und solchen, die aus anderen Gründen nicht statthaft sind, sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Auch insoweit spricht indessen mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck vieles für eine einschränkende Auslegung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, dass auch bei nicht erreichter Rechtsmittelsumme bei Verfahrensfragen oder anderen personenbezogenen Voraussetzungen als der Prozesskostenhilfebedürftigkeit die sofortige Beschwerde statthaft ist. Ähnliches dürfte auch im Fall der nicht erreichten Rechtsmittelsumme gelten, wenn etwa das erstinstanzliche Gericht die Beschwerde nach § 61 Abs. 2 FamFG zugelassen hat.
19
Der vom Beschwerdegericht angeführte Gedanke rechtfertigt demnach in der vorliegenden Fallgestaltung keine andere Auslegung des Gesetzeswortlauts.
20
3. Demnach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Senat kann nach § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden.
21
Das Beschwerdegericht hat in der angefochtenen Entscheidung "der Vollständigkeit halber" Ausführungen zur Begründetheit des Rechtsmittels gemacht und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beiordnung der Rechtsanwältin wegen der Schwierigkeit der Sache notwendig sei.
22
Die Beiordnung ist allerdings bereits gesetzlich vorgeschrieben. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts bestimmt sich die Anwaltsbeiordnung nicht nach § 78 Abs. 2 FamFG, weil die §§ 76 bis 78 FamFG in Familienstreitsachen nicht anwendbar sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Vielmehr finden - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend hervorhebt - auch hier die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung Anwendung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Nach § 121 Abs. 2 ZPO ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten , wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Das ist hier der Fall gewesen.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
AG Melsungen, Entscheidung vom 15.03.2010 - 51 F 140/10-EAUK -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 06.05.2010 - 2 WF 119/10 -

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.

(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.

(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Februar 2010 - 14 Ta 518/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Rechtsbeschwerde betrifft die Frage, ob dem Kläger im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch ein Anwalt hätte beigeordnet werden müssen.

2

Der Rechtsbeschwerdeführer und Kläger des Hauptverfahrens(hiernach: Kläger) ist am 26. Juni 1987 geboren. Er absolvierte vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2008 bei der Beklagten des Hauptverfahrens (künftig: Beklagte) ein Praktikum, das mit Wirkung vom 1. August 2008 in ein Berufsausbildungsverhältnis als „Mediengestalter Bild und Ton“ überging. Für die Dauer des Praktikums war mündlich eine monatliche Vergütung von 288,00 Euro brutto und für das erste Jahr des Berufsausbildungsverhältnisses eine Vergütung von 500,00 Euro brutto vereinbart. Ab Mitte 2008 gab es mit der Zahlung der Vergütung Probleme. Die Beklagte zahlte für Juni und Juli 2008 keine Praktikumsvergütung und für September und Oktober 2008 keine Ausbildungsvergütung.

3

Nachdem Zahlungserinnerungen des Klägers erfolglos geblieben waren, vereinbarten die Parteien auf seine Initiative schriftlich am 9. Oktober 2008 eine Freistellung des Klägers bis zur Aufnahme der Zahlungen durch die Beklagte. Später hoben sie das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich auf.

4

Unter dem 17. März 2009 erhob der Kläger anwaltlich vertreten Klage auf Zahlung des rückständigen Entgelts von 1.576,00 Euro nebst Zinsen. Gleichzeitig beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. In der Güteverhandlung am 6. Mai 2009 erschien der Inhaber der Beklagten persönlich. Die Beklagte war anwaltlich nicht vertreten. Ihr Inhaber erkannte die Klageforderung an, woraufhin Anerkenntnisurteil erging.

5

Bei den Akten befindet sich eine auf den 18. Juni 2009 erstellte Verfügung, die sich über einen Beschluss verhält, mit dem dem Kläger Prozesskostenhilfe in vollem Umfange bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt wurde, und in der auf Gründe verwiesen wurde, die sich auf der nächsten Seite befanden. Diese richterliche Verfügung ist nicht unterzeichnet. Sowohl im Beiheft Prozesskostenhilfe als auch in der Akte des Hauptverfahrens befindet sich jeweils eine Leseabschrift eines Beschlusses mit Begründung mit demselben Inhalt, die in der maschinenschriftlichen Unterschriftenzeile Richter am Arbeitsgericht H als Unterzeichner ausweist. Die Akten enthalten keinen tatsächlich unterzeichneten Beschluss. Mit Empfangsbekenntnis vom 23. Juni 2009 bestätigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Erhalt des „PKH-Beschl. v. 18.6.09“.

6

Eingehend beim Arbeitsgericht am 8. Juli 2009 legte der Kläger insoweit sofortige Beschwerde ein, als die Beiordnung eines Anwalts abgelehnt wurde. Mit unterzeichnetem Beschluss vom 27. August 2009 half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab. Es legte die Akten dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor. Mit Beschluss vom 24. Februar 2010 wies das Landesarbeitsgericht die sofortige Beschwerde des Klägers zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Dieser Beschluss wurde nicht förmlich zugestellt.

7

Mit seiner am 12. März 2010 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen und gleichzeitig begründeten Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Ziel, eine Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten im Wege der Prozesskostenhilfe zu erreichen, weiter.

8

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

9

1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

10

Eine den Fristbeginn für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde auslösende Zustellung des angefochtenen Beschlusses(§ 575 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 ZPO) erfolgte nicht dadurch, dass dieser dem Prozessbevollmächtigten des Klägers formlos zuging. Der formlose Zugang des Beschlusses steht einer förmlichen Zustellung nicht gleich. Insbesondere ist § 189 ZPO nicht anwendbar. Hier geht es um eine vom Gericht unterlassene Zustellung. Es liegt schon kein Zustellauftrag (§ 176 ZPO) vor. Auf derartige Fallgestaltungen ist § 189 ZPO nicht anwendbar. Er gilt nur, wenn das Gericht mit Zustellungswillen gehandelt hat (BAG 25. November 2008 - 3 AZB 55/08 - Rn. 6, AP ZPO § 115 Nr. 8 = EzA ZPO 2002 § 115 Nr. 6; BGH 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - zu II 1 c der Gründe, NJW 2003, 1192).

11

Obwohl damit weder die Frist zur Einlegung, noch die zur Begründung der Rechtsbeschwerde begonnen hat, ist das Rechtsmittel wirksam eingelegt und begründet. Auch vor dem gesetzlich festgelegten Fristbeginn kann ein Rechtsmittel eingelegt und begründet werden, da die Begründung(hier nach § 575 Abs. 2 und 3 ZPO) nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist jedoch, dass die Entscheidung bereits in der Welt ist. Das ist hier der Fall. Beschlüsse sind von dem Augenblick an in der Welt, in dem sie formlos mitgeteilt werden. Das ist unabhängig davon, ob eine Verkündung oder Zustellung gesetzlich (§ 329 Abs. 2 und 3 ZPO) vorgesehen ist (BAG 25. November 2008 - 3 AZB 55/08 - Rn. 7, AP ZPO § 115 Nr. 8 = EzA ZPO 2002 § 115 Nr. 6).

12

2. Verfahrensrechtliche Gründe stehen weder einer Sachentscheidung entgegen noch führen sie zu einem Erfolg der Rechtsbeschwerde.

13

a) Allerdings ist Ausgangspunkt des Beschwerdeverfahrens ein unwirksamer Beschluss des Arbeitsgerichts. Es fehlte nämlich an einer Unterzeichnung des ursprünglichen Beschlusses. Dieser war damit nichtig, ein bloßer „Scheinbeschluss“.

14

§ 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO verweist für Beschlüsse auf die für Urteile geltende Regelung in § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die die Zustellung betrifft. Daraus wird deutlich, dass bei Beschlüssen die richterliche Unterschrift als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Die Zustellung eines Beschlusses kann die richterliche Unterschrift nicht ersetzen, da sie von der Geschäftsstelle veranlasst wird(§ 168 Abs. 1 ZPO; zum Ganzen BGH 23. Oktober 1997 - IX ZR 249/96 - zu II 1, 3 a und d der Gründe, BGHZ 137, 49).

15

b) Damit richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers gegen einen Beschluss, der in Wirklichkeit gar nicht erlassen war. Er war nicht in der Welt. Das macht die Beschwerde jedoch nicht unzulässig, denn durch die Zustellung an den Kläger war der Schein eines Beschlusses gesetzt. Derartige Scheinbeschlüsse können mit dem dafür gegebenen Rechtsmittel, hier der sofortigen Beschwerde(§ 127 Abs. 2 iVm. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), angegriffen werden (vgl. OLG Karlsruhe 20. Mai 2003 - 16 WF 41/03 - NJW-RR 2004, 1507).

16

c) Der Mangel der fehlenden Unterschrift wurde durch die vom Arbeitsgericht getroffene Abhilfeentscheidung geheilt.

17

Eine fehlende Unterschrift unter einen Beschluss kann nachträglich mit Wirkung für die Zukunft geheilt werden(BGH 23. Oktober 1997 - IX ZR 249/96 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 137, 49). Wird in einer Nichtabhilfeentscheidung auf den ursprünglichen, formal unwirksamen Beschluss verwiesen, nimmt das Gericht dadurch die ursprüngliche Entscheidung in seinen Willen auf (vgl. OLG Düsseldorf 23. Juli 1993 - 3 W 326/93 - zu II der Gründe, NJW-RR 1994, 383). Das steht der nachträglichen Anbringung einer fehlenden Unterschrift gleich, da damit sichergestellt ist, dass die ursprüngliche Entscheidung inhaltlich von dem erkennenden Gericht getragen wird.

18

Hier hat das Arbeitsgericht zwar nicht ausdrücklich seine ursprünglichen Ausführungen in Bezug genommen. Aus den inhaltlichen Ausführungen der Nichtabhilfeentscheidung ergibt sich jedoch, dass diese nur vor dem Hintergrund der Ursprungsentscheidung zu verstehen ist und diese deshalb in vollem Umfange gebilligt hat. Die Ursprungsentscheidung ist deshalb vom Willen des erkennenden Gerichts gedeckt.

19

d) Mit der Abhilfeentscheidung wurden nicht nur die formalen Fehler der Ursprungsentscheidung geheilt, vielmehr hat das Arbeitsgericht - wie in § 572 Abs. 1 ZPO vorgesehen - sich nochmals erneut unter Berücksichtigung von Einwendungen in einer zulässigen sofortigen Beschwerde inhaltlich mit den im Scheinbeschluss enthaltenen und nunmehr auch für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Gründen auseinandergesetzt. Damit hat es gleichzeitig das Abhilfeverfahren durchgeführt. Jedenfalls deswegen lagen die Voraussetzungen für eine Beschwerdeentscheidung vor. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob ein unterbliebenes Abhilfeverfahren nach dieser Vorschrift einer Entscheidung über die Beschwerde entgegensteht(zum vergleichbaren Fall der fehlerhaft unterbliebenen Heranziehung der ehrenamtlichen Richter im Nichtabhilfeverfahren verneinend LAG Baden-Württemberg 7. August 2002 - 15 Ta 12/02 - LAG-Report 2003, 150; bejahend Hessisches LAG 15. Februar 2008 - 8 Ta 259/07 -).

20

3. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

21

Nach § 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, § 121 Abs. 2 ZPO ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz einer Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Da die Beklagte anwaltlich nicht vertreten war, kommt es hier allein darauf an, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts „erforderlich erscheint“. Das ist nicht der Fall.

22

a) Was „erforderlich erscheint“, ist im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG iVm. dem in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsstaats- und dem in Art. 20 Abs. 1 GG verbürgten Sozialstaatsprinzip auszulegen. Nach diesen Grundsätzen muss die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend angeglichen werden. Der unbemittelten Partei darf die Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung im Vergleich zur bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden; der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Begüterter. Ein Rechtsanwalt ist beizuordnen, wenn ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte(vgl. BVerfG 18. März 2003 - 1 BvR 329/03 - zu II 2 a der Gründe, ZInsO 2003, 653; BGH 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - Rn. 9, NJW-RR 2009, 794).

23

Das gebietet eine auf die jeweilige Lage bezogene Einzelfallprüfung und lässt eine Herausbildung von Regelsätzen, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen zu(vgl. BGH 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - Rn. 10, NJW-RR 2009, 794). Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilen sich vielmehr im Einzelfall nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit sowie Bedeutung der Sache für den Betroffenen, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, seine Rechte selbst wahrzunehmen sowie sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Partei der Hilfe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, hier: der Rechtsantragsstelle eines Arbeitsgerichts, vergewissern kann (vgl. BVerfG 6. Mai 2009 - 1 BvR 439/08 - Rn. 17; BGH 18. Juli 2003 - IXa ZB 124/03 - zu II der Gründe, NJW 2003, 3136).

24

Eine Beiordnung ist daher regelmäßig schon dann erforderlich, wenn in Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht(BVerfG 18. März 2003 - 1 BvR 329/03 - zu II 2 a der Gründe, ZInsO 2003, 653; BGH 18. Februar 2009 - XII ZB 137/08 - Rn. 9 f., NJW-RR 2009, 794) oder der Antragsteller nicht in der Lage ist, die Hilfe der Rechtsantragsstelle in Anspruch zu nehmen.

25

Gleiches gilt, falls bereits im Gütetermin mit einer Erörterung des gesamten Streitverhältnisses durch den Vorsitzenden(§ 54 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) zu rechnen ist, die auch die Würdigung rechtlicher und tatsächlicher Umstände verlangt, und an der auch eine begüterte Partei im Interesse einer sachgerechten Rechtsverfolgung nicht ohne anwaltlichen Beistand teilnehmen würde. Allein die Möglichkeit, dass der Klagegegner Einwendungen erhebt, hat allerdings keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Schwierigkeit einer Sache. Dies ist jedem Zivilprozess immanent. Das kann dazu führen, dass es der antragstellenden Partei zuzumuten ist, den Verlauf des arbeitsgerichtlichen Gütetermins abzuwarten. Das gilt jedoch dann nicht, wenn derartige Einwendungen nicht nur möglich, sondern auch konkret zu erwarten sind.

26

b) Diesen Überlegungen steht nicht die Erwägung des Klägers entgegen, dass nach den zivilprozessualen Kostenerstattungsvorschriften, von denen § 12a ArbGG allerdings für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren eine Ausnahme macht, nach § 91 Abs. 2 ZPO immer die Erstattung der gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts umfasst ist und das Gesetz sie deshalb letztlich als zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig iSv. § 91 Abs. 1 ZPO ansieht. Die Kostenvorschriften setzen daran an, ob eine Partei ganz oder teilweise den Rechtsstreit gewonnen hat oder nicht(§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO). Wer in der Sache Recht hat, soll grundsätzlich nicht mit den Kosten der anwaltlichen Vertretung belastet bleiben. Demgegenüber geht es bei der Frage der Prozesskostenhilfe nicht darum, eine Partei, die im Ergebnis Recht hatte, von bestimmten Kosten zu entlasten. Es geht vielmehr darum, durch Einsatz öffentlicher Mittel sicherzustellen, dass auch eine nicht bemittelte Partei ebenso wie eine bemittelte Partei grundsätzlich die gleichen Chancen hat, überhaupt am gerichtlichen Verfahren effektiv teilzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Wertung in den Kostenerstattungsvorschriften nicht auf das Prozesskostenhilfeverfahren zu übertragen.

27

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt darin auch keine fiskalische Betrachtung des Prozesskostenhilferechts, sondern dessen Auslegung anhand seines Zweckes und der ihm zugrunde liegenden verfassungsrechtlichen Vorgaben.

28

c) Die Anwendung der genannten Grundsätze führt hier dazu, dass eine Beiordnung eines Anwalts nicht zu erfolgen hatte. Auch eine bemittelte Partei in der Lage des Klägers hätte vernünftigerweise erst nach einer erfolglosen Güteverhandlung einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.

29

Der Kläger war, als er den Prozess einleitete, 21 Jahre alt. Er strebte den Beruf eines Medienberaters Bild und Ton an. Irgendwelche Hinweise, dass er nicht in der Lage war, eine Rechtsantragsstelle aufzusuchen und auf diesem Wege Klage zu erheben, sind nicht ersichtlich. Auch eine Unterlegenheit gegenüber dem Inhaber der Beklagten lag nicht vor. Vielmehr hatte der Kläger bereits außergerichtlich durch die mit der Beklagten geschlossene Vereinbarung, wonach er während der Zahlungsrückstände von der Arbeit freigestellt wurde, gezeigt, dass er seine Interessen effizient auch gegenüber dem Inhaber der Beklagten durchsetzen konnte.

30

Schließlich war aufgrund der Vorgeschichte klar, dass der Beklagten keinerlei Rechtsgründe für die Nichtzahlung des Entgelts zur Seite standen; sie hatte auch keine derartigen Gründe geltend gemacht. Angesichts dessen war es zwar möglich, aber unwahrscheinlich, dass es in der Güteverhandlung zu ernsthaften rechtlichen und tatsächlichen Erörterungen kommen würde. Es war dem Kläger daher ohne Weiteres zumutbar, den Verlauf der Güteverhandlung abzuwarten, um zu klären, ob anwaltlicher Beistand in Anspruch genommen werden musste.

        

    Reinecke    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.