Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in einem laufenden Arbeitsverhältnis um die Pflicht der Beklagten, dem Kläger eine Jahresleistungsprämie in Abhängigkeit von den von ihm erreichten Anwesenheitsstunden zu zahlen. Der Streitzeitraum umfasst die Zeit von Mai 2008 bis einschließlich April 2009.

2

Der Kläger ist 1949 geboren und bei der Beklagten bzw. bei Rechtsvorgängern der Beklagten seit vielen Jahren - zumindest seit 1999 - als Mitarbeiter im Geld- und Werttransport sowie Sicherheitsdienst beschäftigt. Er ist der Niederlassung in R. zugeordnet. Es existiert ein schriftlicher Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag aus Januar 1999 (auszugsweise in Kopie als Anlage K1 zum Schriftsatz vom 12. Juni 2009, hier Blatt 9 ff., überreicht; es wird Bezug genommen - folgend als Änderungsvertrag 1999 bezeichnet), in dem heute noch gültige Arbeitsbedingungen festgehalten sind. Der seinerzeitige Arbeitgeber des Klägers war nicht an Tarifverträge gebunden.

3

Der vom seinerzeitigen Arbeitgeber vorformulierte Änderungsvertrag 1999 befasst sich in Punkt 3 mit dem Arbeitsentgelt. Es heißt dort eingangs - gestalterisch durch eine Tabelle hervorgehoben - wörtlich: "Das Arbeitsentgelt beträgt je Stunde ... DM 11,54/DM 9,78/DM 8,84 ... darauf Zulage DM 2,25/DM 0,00/DM 0,00 ... Sonstige Zahlungen: DM 0,10 Jahresleistungsprämie auf alle geleisteten Stunden des Kalenderjahres". Insoweit besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, dass mit der Hintereinanderreihung mehrerer unterschiedlicher Stundenlohn- und Zulagenbeträge die Bezahlung auf verschiedenen Arbeitsplätzen zum Ausdruck gebracht werden sollte.

4

Im Änderungsvertrag 1999 heißt es dann im direkten Anschluss:

5

"Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet.

6

Eine teilweise oder vollständige Kürzung der Zulage behält sich die Firma u. a. auch dann vor, wenn das Betriebs-, Ertragsergebnis sich um mehr als 10 % verringert.

7

Der Arbeitnehmer erkennt an, dass Weihnachts- oder sonstige Gratifikation freiwillig gezahlt wird und hierauf auch nach wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch besteht. Die Gratifikation wird nicht gezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung oder bis zum 31.12. von einem Vertragsteil gekündigt wird oder infolge eines Aufhebungsvertrages endet.

8

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung der Firma bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres ausscheidet...

9

21. ERGÄNZUNGEN

10

... Zulage

11

Die Zulage vermindert sich jeweils um den Betrag jeder tariflichen Erhöhung."

12

Diese Vergütungsregelungen lehnen sich an den seinerzeit gültigen Tarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD), an (Kopie hier Blatt 61 ff.). Die im Änderungsvertrag erwähnte Jahresleistungsprämie wurde in entsprechender Anwendung von § 10 dieses Tarifvertrages jeweils für das zurückliegende halbe Jahr mit der Mai- bzw. mit der Novemberabrechnung ausgezahlt.

13

Seit der Einführung des EURO im Jahre 2002 erhielt der Kläger die Jahresleistungsprämie in Höhe von 0,10 EUR je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde.

14

Am 3. November 2008 schloss die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e. V. mit der Gewerkschaft v. einen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für verschiedene Niederlassungen der Beklagten, u. a. auch für die Niederlassung in R., der der Kläger zugeordnet ist. Der Tarifvertrag trat rückwirkend ab September 2008 in Kraft. Zum Entgelt enthält er unter anderem folgende Regelungen, die dem Gericht und den Parteien aus dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen 5 Sa 312/09 bekannt sind:

15

"§ 2 STUNDENGRUNDLÖHNE IN EURO

16

Bei den nachfolgend aufgeführten Stundengrundlöhnen handelt es sich um Bruttogrundlöhne pro Stunde.

17
        

ab 1.9.2008

ab 1.1.2009

ab 1.7.2009

Geldbearbeitung

5,80   

6,00   

6,50   

Geld- und Werttransport

6,90   

7,30   

7,60   

Kurier- und Belegdienste

5,30   

5,60   

6,10   

18

§ 3 ANRECHNUNG ÜBERTARIFLICHER ZULAGEN

19

Es erfolgt eine Anrechnung der im Einzelfall vorhandenen übertariflichen Zulagen in Höhe von maximal 0,20 €/Stunde. Die Anrechnung erfolgt ab dem 01.07.2009.

20

§ 4 SCHUTZKLAUSEL

21

Alle zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages höher gezahlten Stundengrundlöhne als im § 2 dieses Tarifvertrages vereinbart, werden nicht berührt."

22

Der Stundenlohn des Klägers (Arbeitsentgelt, Zulage und Prämie) lag zum Zeitpunkt der Einführung des Tarifvertrages im November 2008 unterhalb des Tariflohns. Seit dem Zeitpunkt des Tarifabschlusses zahlt die Beklagte die von den Anwesenheitstagen abhängige Jahresleistungsprämie nicht mehr aus.

23

Mit Schreiben vom 19. Januar 2009 (hier Blatt 15) forderte der Kläger von der Beklagten unter anderem die Auszahlung der Jahresleistungsprämie für den Zeitraum Mai 2008 bis Oktober 2008. In dieser Zeit hat der Kläger 996,5 produktive Stunden geleistet.

24

Mit weiterem Schreiben vom 15. Juni 2009 (hier Blatt 43) forderte der Kläger von der Beklagten die Auszahlung der Jahresleistungsprämie für den Zeitraum November 2008 bis April 2009. In dieser Zeit hat der Kläger 1.114,7 produktive Stunden geleistet. Da die Beklagte die Zahlung abgelehnt hat, verfolgt der Kläger sein Begehren klageweise (Klageingang im Juni 2009) weiter.

25

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 10. November 2009 (3 Ca 1056/09) der Klage in vollem Umfang (212,15 EUR brutto) entsprochen und die Berufung gegen dieses Urteil im Tenor ausdrücklich zugelassen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen. Soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, ist seine Entscheidung rechtskräftig geworden.

26

Das Urteil ist der Beklagten am 7. Januar 2010 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Gericht am 19. Januar 2010 erreicht, die Berufungsbegründung am 18. Februar 2010. Die Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

27

In erster Linie vertritt die Beklagte die Auffassung, die streitige Jahresleistungsprämie sei als eine "Gratifikation" im Sinne des Änderungsvertrages 1999 anzusehen; die Zahlung sei daher in der Vergangenheit freiwillig erfolgt. Der Anspruch auf die weitere Zahlung sei entfallen, da sich die Beklagte entschlossen habe, die Zahlung einzustellen.

28

Im Weiteren vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Jahresleistungsprämie nach dem Änderungsvertrag 1999 sei eine übertarifliche Leistung. Daher habe die Beklagte unter Rückgriff auf die Vertragsregel "Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet." die Zahlung mit Einführung der Tariflöhne im Herbst 2008 einstellen dürfen. Dies werde im Übrigen bestätigt durch die Zulagenregelung am Ende des Änderungsvertrages 1999 ("Die Zulage vermindert sich jeweils um den Betrag jeder tariflichen Erhöhung").

29

Schließlich meint die Beklagte, wenn der Kläger sich schon auf seine Rechte aus dem Änderungsvertrag 1999 berufe, könne die Forderung allenfalls in Höhe von 0,10 DM und nicht in Höhe von 0,10 EUR pro Anwesenheitsstunde begründet sein.

30

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Klage abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

32

Der Kläger meint, eine Einstellung der Zahlung aufgrund der tariflichen Regelung sei ausgeschlossen. Bei der vertraglichen Jahresleistungsprämie handele sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten, sondern um einen vertraglich vereinbarten festen Lohnbestandteil, mit dem ein besonderer Zweck verfolgt werde. Eine Anrechnung käme nach dem Tarifvertrag im Übrigen frühestens ab Juli 2009 in Betracht.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

34

Die Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet, ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Klage hinsichtlich der Jahresleistungsprämie für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden von Mai 2008 bis April 2009 begründet ist. Der Anspruch beruht auf dem Änderungsvertrag 1999. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der streitigen Prämie und zwar wegen der im Streitzeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, die mit je 0,10 EUR zu veranschlagen sind, in Höhe von insgesamt 212,15 EUR brutto.

35

Dass die Jahresleistungsprämie ursprünglich im Arbeitsverhältnis der Parteien rechtsgeschäftlich vereinbart war, ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Der Beklagten ist aber der Nachweis nicht gelungen, dass diese rechtsgeschäftliche Regelung inzwischen untergegangen ist. Da dieser Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers nicht einvernehmlich abbedungen wurde, könnte er nur durch einseitige Erklärungen oder Handlungen der Beklagten untergegangen sein. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Beklagten die Rechtsmacht zusteht, diese Leistung aus dem Änderungsvertrag 1999 einseitig in Fortfall zu bringen.

1.

36

Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht erkannt, dass die Zahlung nicht auf Basis des Freiwilligkeitsvorbehalts aus dem Änderungsvertrag 1999 eingestellt werden kann.

37

Das Arbeitsgericht hat dazu ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Jahresleistungsprämie um eine "sonstige Gratifikation" im Sinne des Freiwilligkeitsvorbehalts handele. Dem schließt sich das Berufungsgericht an und macht sich die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts ausdrücklich zu Eigen.

38

Die Vorstellung der Beklagten, man könne das Problem der richtigen Vertragsauslegung bereits auf der begrifflichen Ebene lösen, etwa in dem man nachweist, dass der Begriff der Gratifikation der Oberbegriff sei, der auch den Begriff der Prämie umfasse, ist zum Scheitern verurteilt. Denn beide Begriffe stammen aus der Praxis des Arbeitslebens und sind keine juristischen Begriffe, die in Gesetzestexten oder Gerichtsurteilen als solche definiert oder verbindlich ausgelegt worden sind. Als Begriffe aus der deutschen Umgangssprache haben sie nicht einmal eine allgemeingültige Bedeutung. Diese muss vielmehr erst aus dem Kontext, in dem die Parteien die Begriffe verwenden, erschlossen werden. Ein Rückgriff auf Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, in denen diese Begriffe vorkommen, ist wenig hilfreich, denn auch das Bundesarbeitsgericht verwendet die beiden Begriffe immer nur fallbezogen und nicht mit dem Anspruch, sie für die Verwendung in der juristischen Fachsprache eindeutig und unverwechselbar zu definieren.

39

Entscheidend für die richtige Einordnung der Jahresleistungsprämie aus dem Änderungsvertrag 1999 ist daher der Sinn und Zweck dieses vom seinerzeitigen Arbeitgeber ausgelobten Vergütungsbestandteils. Diesen sehen beiden Parteien übereinstimmend und zutreffend in der Steuerungsfunktion, die von einer besseren Vergütung tatsächlich abgeleisteter Arbeitsstunden ausgeht. Bekommt ein Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung, wenn er tatsächlich die Arbeit antritt und sie bis Feierabend durchführt, kann das dazu führen, die Fehlzeiten zu reduzieren. Wegen der nur geringen Höhe des Stundenaufschlags mag die Steuerungsfunktion vorliegend nur eingeschränkt wirksam sein. Dies vermag aber an dem Charakter der Zahlung nichts zu ändern, da ein anderer Sinn für die Zahlung dieses Vergütungsbestandteils weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.

40

Hat man diese Steuerungsfunktion vor Augen lässt sich mit Sicherheit ausschließen, dass die Parteien diesen Vergütungsbestandteil als "sonstige Gratifikation" im Sinne des Freiwilligkeitsvorbehalts aus dem Änderungsvertrag 1999 verstanden haben. Denn sowohl die Freiwilligkeit der Zahlung an sich als auch die weiteren Regelungen zur Gratifikation in dem Änderungsvertrag 1999 stehen der Steuerungsfunktion dieses Vergütungsbestandteils hinderlich entgegen.

41

Denn wenn der Arbeitnehmer in der konkreten Situation, in der er sich überlegt, ob er die Arbeit antreten oder den Arzt aufsuchen soll, gar keine Sicherheit hat, dass er die Prämie, die für das Antreten der Arbeit ausgelobt ist, auch tatsächlich erhält, wird er seine Entscheidung auch nicht mehr an den Vorteilen dieser Prämie ausrichten. Der Steuerungseffekt tritt also nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer die Anwesenheitsprämie fest und ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit versprochen wird. Man mag dieses Argument mit dem Hinweis beiseiteschieben können, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt so zu verstehen sei, dass er nur in der Zukunft wirken kann und nicht für bereits zurückliegende Zeiträume.

42

Dann muss man sich aber die Rückzahlungsregelung für die Gratifikationszahlung bei Ausscheiden im ersten Quartal des Folgejahres im Änderungsvertrag 1999 anschauen. Eine solche Regelung ist für Gratifikationen, die ja auch die Betriebstreue honorieren, weit verbreitet, sie macht aber bei einer Anwesenheitsprämie keinerlei Sinn und würde im Übrigen erst recht die erhoffte Steuerungsfunktion stören. Denn der Arbeitnehmer hätte in seiner Entscheidungssituation wiederum keine Sicherheit, ob ihm die Prämie tatsächlich ausgezahlt wird, wenn er statt zum Arzt zu gehen, die Arbeit antritt. Dies gilt gleichermaßen für die weitere Klausel aus dem Änderungsvertrag 1999, nach der eine Gratifikation gar nicht erst gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis zum Fälligkeitszeitpunkt bereits gekündigt ist.

43

Da die vertraglichen Regelungen zur Gratifikation auf die Anwesenheitsprämie, die die Parteien Jahresleistungsprämie genannt haben, nicht passen, ist festzustellen, dass die Parteien die Jahresleistungsprämie nicht als eine freiwillige Leistung im Sinne des vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalts verstanden wissen wollten.

2.

44

Der klägerische Anspruch auf die Jahresleistungsprämie ist auch nicht im Zusammenhang mit der Einführung des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages für die Beklagte im September bzw. November 2008 untergegangen.

45

Der Vorstellung der Beklagten, das bisherige Entgelt des Klägers, das sich nach dem Änderungsvertrag 1999 aus dem eigentlichen Arbeitsentgelt, der Zulage und der Jahresleistungsprämie zusammengesetzt hat, sei gänzlich in dem Tariflohn aufgegangen, nur weil dieser höher ist als die Summe der bisherigen Entgeltbestandteile, kann nicht gefolgt werden. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt; auch insoweit macht sich das Berufungsgericht die Argumente des Arbeitsgerichts ausdrücklich zu Eigen.

a)

46

Eine solche Verrechnungsmöglichkeit folgt nicht schon aus allgemeine Grundsätzen. Der Arbeitgeber kann nach der Rechtsprechung zwar eine Tariferhöhung grundsätzlich auf übertarifliche Zulagen anrechnen, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht vertraglich als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt war (BAG, 1. März 2006 - 5 AZR 540/05 - NZA 2006, 688; BAG, 21. Januar 2003 - 1 AZR 125/02 - EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 41; BAG, 25. Juni 2002 - 3 AZR 167/01 - EzA § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 38). Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung der Frage der Anrechenbarkeit, kann sich der Wille der Parteien insbesondere auch aus dem Zweck der Zulage ergeben (BAG, 21. Januar 2003 aaO).

47

Die hier streitige Prämie dient einem besonderen Zweck, nämlich dem Zweck, persönliche Fehlzeiten zu verringern und die damit verbundenen betrieblichen Ablaufstörungen zu minimieren. Dieser Zweck verbietet eine Anrechnung, da er verloren gehen würde, wenn nur noch der tarifliche Stundenlohn gezahlt wird. Das mit der Prämie verbundene Ziel könnte nach einer Anrechnung überhaupt nicht mehr erreicht werden. Der mit der Anwesenheitsprämie verfolgte Zweck kann also nur erreicht werden, wenn man diesen Vergütungsbestandteil beständig und unabhängig von Tariflohnerhöhungen zahlt. Eine Verrechnung kommt daher nach den allgemeinen Regeln nicht in Betracht.

b)

48

Ob die Verrechnungsregelung aus § 3 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrag aus November 2008 die Beklagte zur Verrechnung der Anwesenheitsprämie mit dem Tariflohn berechtigen würde, kann offen bleiben, da eine solche Verrechnung nach dem Tarifvertrag frühestens im Juli 2009 möglich ist.

c)

49

Auch dem Arbeitsvertrag der Parteien und insbesondere dem Änderungsvertrag 1999 kann keine Regelung entnommen werden, nach der der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, mit der Zahlung des Tariflohns die Zahlung der Jahresleistungsprämie einzustellen.

50

Die allgemeine Verrechnungsregelung aus dem Änderungsvertrag 1999 ("Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet.") ist nach Überzeugung des Gerichts schon gar nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden, da das Arbeitsverhältnis 1999 zum Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages 1999 gar keiner Tarifbindung unterlag.

51

Die Regelung, die erkennbar nur bei tarifgebundenen Arbeitgebern Sinn macht, ging also schon 1999 ins Leere und hat daher keine rechtsgeschäftliche Bedeutung. Insoweit bedurfte es auch nicht der Gewährung einer Schriftsatznachlassfrist, denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis seinerzeit keinem Tarifvertrag unterfiel.

52

Aber selbst dann, wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die Regelung jedenfalls seit 2008 aufgrund der nunmehr vorhandenen Tarifbindung einen Sinn macht und daher von den Parteien auch 2008 noch so gewollt sei, könnte das am Ergebnis nichts ändern, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Jahresleistungsprämie unter den Begriff "Entgelt" oder den Begriff "freiwillige Zahlung" im Sinne der Verrechnungsklausel fällt. Dass es sich nicht um eine "freiwillige Zahlung" handelt, ist bereits oben ausgeführt worden, darauf kann Bezug genommen werden. Die Jahresleistungsprämie ist aber auch keine "übertarifliche Leistung" aus dem "Entgelt" des Klägers im Sinne der Verrechnungsklausel.

53

Da der Tarifvertrag eine der Jahresleistungsprämie vergleichbare Regelung gar nicht kennt, kann es sich bei ihr nicht um eine übertarifliche Leistung handeln. Übertariflich kann im Regelfall nur eine Leistung sein, die auch der Tarifvertrag vorsieht, die der Arbeitgeber aber über die Ansätze im Tarifvertrag hinaus erhöht zur Auszahlung bringt. Wenn man dafür einen Begriff prägen will, müsste man also eher von einer außertariflichen Leistung oder einer Leistung außerhalb des Tarifvertrages reden.

54

Dass aber auch solche Leistungen von der Verrechnungsabrede erfasst sein sollten, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Änderungsvertrag 1999 vom Arbeitgeber vorformuliert wurde und er sich daher Unklarheiten seiner Formulierungen entgegenhalten lassen muss.

55

Auch die spezielle Verrechnungsregelung im Änderungsvertrag 1999 hinsichtlich der Zulagen in Punkt 21 (Ergänzungen) findet hier keine Anwendung, da der Begriff der Zulage im Änderungsvertrag 1999 eine feste Bedeutung hat und die Jahresleistungsprämie nicht darunter fällt. Die Zulage bezeichnet einen Aufschlag auf den Grundlohn, der für bestimmte Arbeiten gezahlt wird. Das geht schon aus der tabellarisch hervorgehobenen Darstellung der verschiedenen Elemente des Arbeitsentgelts am Anfang von Punkt 3 des Änderungsvertrages 1999 hervor. Dass die dortige Wortwahl keinem Zufall entspringt, ergibt sich indirekt auch aus den weiteren Regelungen, denn für die Zulagen gibt es im zweiten Absatz danach noch eine besondere Kürzungsregelung in Abhängigkeit von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

3.

56

Die Prämie steht dem Kläger auch in der eingeklagten Höhe zu; auch insoweit macht sich das Berufungsgericht die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen. Die maßgebliche Anzahl der vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden im Streitzeitraum ist zwischen den Parteien unstreitig. Zu Recht legt der Kläger seiner Berechnung die derzeit gültige Währungseinheit EURO zugrunde.

57

Die Prämie war zwar im Änderungsvertrag 1999 in der seinerzeit aktuellen nationalen Währung ausgedrückt. Sie ist aber schon 2002 nicht mit dem richtigen Umrechnungskurs umgerechnet worden, sondern man hat ohne Änderung des Nennbetrages einfach die Währungseinheit ausgetauscht, wodurch sich die Prämie nahezu verdoppelt hat.

58

Diesbezüglich ist es jedoch zu einer wortlosen Änderung des Arbeitsvertrages gekommen, so dass die Prämie heute dem Kläger in Höhe von 0,10 EUR brutto je Anwesenheitsstunde vertraglich zusteht. Denn aufgrund der kommentarlosen und jahrelangen Zahlung der erhöhten Prämie ist davon auszugehen, dass der seinerzeitige Arbeitgeber des Klägers die Prämie tatsächlich im Rahmen der Währungsumstellung erhöhen wollte. Dies liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil eine Prämie in Höhe von 0,052 EUR brutto, die sich bei Umrechnung mit dem amtlichen Kurs eigentlich ergeben hätte, so niedrig gewesen wäre, dass sie ihre Steuerungsfunktion offensichtlich eingebüßt hätte. Da der Arbeitnehmer seine Arbeit in Kenntnis der erhöhten Prämie fortgesetzt hat, ist davon auszugehen, dass er damit auch sein Einverständnis mit der Prämienerhöhung zum Ausdruck gebracht hat.

4.

59

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

60

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG sind nicht gegeben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

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Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten in einem laufenden Arbeitsverhältnis um die Pflicht der Beklagten, dem Kläger eine Jahresleistungs
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Sept. 2010 - 5 Sa 19/10.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Nov. 2016 - 5 Sa 298/15

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 07.10.2015 - 3 Ca 149/15 - teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als restliches Arbeitsentgelt für den Monat Januar 2015 € 1,68

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Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in einem laufenden Arbeitsverhältnis um die Pflicht der Beklagten, dem Kläger eine Jahresleistungsprämie in Abhängigkeit von den von ihm erreichten Anwesenheitsstunden zu zahlen. Im Berufungsrechtszug ist der Streit noch anhängig für die Zahlungen auf Basis der Anwesenheitsstunden des Klägers aus der Zeit von November 2008 bis einschließlich April 2009.

2

Der Kläger ist 1956 geboren und bei der Beklagten bzw. bei Rechtsvorgängern der Beklagten seit 1990 als Mitarbeiter im Geld- und Werttransport sowie Sicherheitsdienst beschäftigt. Er ist der Niederlassung in R. zugeordnet. Es existiert ein schriftlicher Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag aus Januar 1999 (Anlage 1 zur Klageschrift, hier Blatt 5 ff.; es wird Bezug genommen - folgend als Änderungsvertrag 1999 bezeichnet), in dem heute noch gültige Arbeitsbedingungen festgehalten sind. Der seinerzeitige Arbeitgeber des Klägers war nicht an Tarifverträge gebunden.

3

Der vom seinerzeitigen Arbeitgeber vorformulierte Änderungsvertrag 1999 befasst sich in Punkt 3 mit dem Arbeitsentgelt. Es heißt dort eingangs - gestalterisch durch eine Tabelle hervorgehoben - wörtlich: "Das Arbeitsentgelt beträgt je Stunde ... DM 11,54/DM 9,78/DM 8,84 ... darauf Zulage DM 2,25/DM 0,00/DM 0,00 ... Sonstige Zahlungen: DM 0,10 Jahresleistungsprämie auf alle geleisteten Stunden des Kalenderjahres". Insoweit besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, dass mit der Hintereinanderreihung mehrerer unterschiedlicher Stundenlohn- und Zulagenbeträge die Bezahlung auf verschiedenen Arbeitsplätzen zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der jeweils erste Wert bezieht sich auf die klägerische Tätigkeit als Mitarbeiter beim Geld- und Werttransport.

4

Im Änderungsvertrag 1999 heißt es dann im direkten Anschluss:

5

"Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet.

6

Eine teilweise oder vollständige Kürzung der Zulage behält sich die Firma u. a. auch dann vor, wenn das Betriebs-, Ertragsergebnis sich um mehr als 10 % verringert.

7

Der Arbeitnehmer erkennt an, dass Weihnachts- oder sonstige Gratifikation freiwillig gezahlt wird und hierauf auch nach wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch besteht. Die Gratifikation wird nicht gezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung oder bis zum 31.12. von einem Vertragsteil gekündigt wird oder infolge eines Aufhebungsvertrages endet.

8

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung der Firma bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres ausscheidet...

9

21. ERGÄNZUNGEN

10

... Zulage

11

Die Zulage vermindert sich jeweils um den Betrag jeder tariflichen Erhöhung."

12

Diese Vergütungsregelungen lehnen sich an den seinerzeit gültigen Tarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD), an. Die im Änderungsvertrag erwähnte Jahresleistungsprämie wurde in entsprechender Anwendung von § 10 dieses Tarifvertrages jeweils für das zurückliegende halbe Jahr mit der Mai- bzw. mit der Novemberabrechnung ausgezahlt.

13

Seit der Einführung des EURO im Jahre 2002 erhielt der Kläger die Jahresleistungsprämie in Höhe von 0,10 EUR je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde.

14

Am 3. November 2008 schloss die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e. V. mit der Gewerkschaft v. einen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für verschiedene Niederlassungen der Beklagten, u. a. auch für die Niederlassung in R., der der Kläger zugeordnet ist. Der Tarifvertrag trat rückwirkend ab September 2008 in Kraft. Zum Entgelt enthält er unter anderem folgende Regelungen (Anlage A2 zum Beklagtenschriftsatz vom 25.06.2009, hier Blatt 28 ff.; es wird Bezug genommen):

15

"§ 2 STUNDENGRUNDLÖHNE IN EURO

16

Bei den nachfolgend aufgeführten Stundengrundlöhnen handelt es sich um Bruttogrundlöhne pro Stunde.

17
        

ab 1.9.2008

ab 1.1.2009

ab 1.7.2009

Geldbearbeitung

5,80   

6,00   

6,50   

Geld- und Werttransport

6,90   

7,30   

7,60   

Kurier- und Belegdienste

5,30   

5,60   

6,10   

18

§ 3 ANRECHNUNG ÜBERTARIFLICHER ZULAGEN

19

Es erfolgt eine Anrechnung der im Einzelfall vorhandenen übertariflichen Zulagen in Höhe von maximal 0,20 €/Stunde. Die Anrechnung erfolgt ab dem 01.07.2009.

20

§ 4 SCHUTZKLAUSEL

21

Alle zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages höher gezahlten Stundengrundlöhne als im § 2 dieses Tarifvertrages vereinbart, werden nicht berührt."

22

Der Stundenlohn des Klägers (Arbeitsentgelt und Zulage) lag zum Zeitpunkt der Einführung des Tarifvertrages im November 2008 unterhalb des Tariflohns. Seit dem Zeitpunkt des Tarifabschlusses zahlt die Beklagte die von den Anwesenheitstagen abhängige Jahresleistungsprämie nicht mehr aus.

23

Mit Schreiben vom 15. Juni 2009 forderte der Kläger von der Beklagten die Auszahlung der Jahresleistungsprämie für den Zeitraum November 2008 bis April 2009. In dieser Zeit leistete er 1.031 produktive Stunden. Da die Beklagte die Zahlung abgelehnt hat, verfolgt der Kläger sein Begehren klageweise (Klageingang im Juni 2009) weiter.

24

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 10. November 2009 (1 Ca 1084/09) die Klage für die Monate November 2007 bis Oktober 2008 wegen Eingreifens von Ausschlussfristen abgewiesen, ihr aber im Übrigen für die Zeit von November 2008 bis einschließlich April 2009 im eingeklagten Umfang (103,10 EUR) entsprochen und die Berufung gegen dieses Urteil im Tenor ausdrücklich zugelassen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen. Soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, ist seine Entscheidung rechtskräftig geworden.

25

Das Urteil ist der Beklagten am 20. November 2009 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Gericht am 18. Dezember 2009 erreicht, der Antrag auf Fristverlängerung für die Berufungsbegründung am 19. Januar 2010. Die Berufungsbegründung ist sodann innerhalb der auf den 22. Februar 2010 verlängerten Begründungsfrist hier eingegangen. Die Beklagte verfolgt im Berufungsrechtszug ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

26

In erster Linie vertritt die Beklagte die Auffassung, die streitige Jahresleistungsprämie sei als eine "Gratifikation" im Sinne des Änderungsvertrages 1999 anzusehen; die Zahlung sei daher in der Vergangenheit freiwillig erfolgt. Der Anspruch auf die weitere Zahlung sei entfallen, da sich die Beklagte entschlossen habe, die Zahlung einzustellen.

27

Im Weiteren vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Jahresleistungsprämie nach dem Änderungsvertrag 1999 sei eine übertarifliche Leistung. Daher habe die Beklagte unter Rückgriff auf die Vertragsregel "Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet." die Zahlung mit Einführung der Tariflöhne im Herbst 2008 einstellen dürfen. Dies werde im Übrigen bestätigt durch die Zulagenregelung am Ende des Änderungsvertrages 1999 ("Die Zulage vermindert sich jeweils um den Betrag jeder tariflichen Erhöhung").

28

Schließlich meint die Beklagte, wenn der Kläger sich schon auf seine Rechte aus dem Änderungsvertrag 1999 berufe, könne die Forderung allenfalls in Höhe von 0,10 DM und nicht in Höhe von 0,10 EUR pro Anwesenheitsstunde begründet sein.

29

Die Beklagte beantragt,

30

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Klage vollständig abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

32

Der Kläger meint, eine Einstellung der Zahlung aufgrund der tariflichen Regelung sei ausgeschlossen. Bei der vertraglichen Jahresleistungsprämie handele sich nicht um eine freiwillige Leistung der Beklagten, sondern um einen vertraglich vereinbarten festen Lohnbestandteil, mit dem ein besonderer Zweck verfolgt werde. Eine Anrechnung käme nach dem Tarifvertrag im Übrigen frühestens ab Juli 2009 in Betracht.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

34

Die Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet, ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Klage hinsichtlich der Jahresleistungsprämie für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden von November 2008 bis April 2009 begründet ist. Der Anspruch beruht auf dem Änderungsvertrag 1999. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der streitigen Prämie und zwar wegen der im Streitzeitraum tatsächlich geleisteten 1.031 Arbeitsstunden, die mit je 0,10 EUR zu veranschlagen sind, in Höhe von insgesamt 103,10 EUR brutto.

35

Dass die Jahresleistungsprämie ursprünglich im Arbeitsverhältnis der Parteien rechtsgeschäftlich vereinbart war, ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Der Beklagten ist aber der Nachweis nicht gelungen, dass diese rechtsgeschäftliche Regelung inzwischen untergegangen ist. Da dieser Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers nicht einvernehmlich abbedungen wurde, könnte er nur durch einseitige Erklärungen oder Handlungen der Beklagten untergegangen sein. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Beklagten die Rechtsmacht zusteht, diese Leistung aus dem Änderungsvertrag 1999 einseitig in Fortfall zu bringen.

1.

36

Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht erkannt, dass die Zahlung nicht auf Basis des Freiwilligkeitsvorbehalts aus dem Änderungsvertrag 1999 eingestellt werden kann.

37

Das Arbeitsgericht hat dazu ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Jahresleistungsprämie um eine "sonstige Gratifikation" im Sinne des Freiwilligkeitsvorbehalts handele. Dem schließt sich das Berufungsgericht an und macht sich die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts ausdrücklich zu Eigen.

38

Die Vorstellung der Beklagten, man könne das Problem der richtigen Vertragsauslegung bereits auf der begrifflichen Ebene lösen, etwa in dem man nachweist, dass der Begriff der Gratifikation der Oberbegriff sei, der auch den Begriff der Prämie umfasse, ist zum Scheitern verurteilt. Denn beide Begriffe stammen aus der Praxis des Arbeitslebens und sind keine juristischen Begriffe, die in Gesetzestexten oder Gerichtsurteilen als solche definiert oder verbindlich ausgelegt worden sind. Als Begriffe aus der deutschen Umgangssprache haben sie nicht einmal eine allgemeingültige Bedeutung. Diese muss vielmehr erst aus dem Kontext, in dem die Parteien die Begriffe verwenden, erschlossen werden. Ein Rückgriff auf Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, in denen diese Begriffe vorkommen, ist wenig hilfreich, denn auch das Bundesarbeitsgericht verwendet die beiden Begriffe immer nur fallbezogen und nicht mit dem Anspruch, sie für die Verwendung in der juristischen Fachsprache eindeutig und unverwechselbar zu definieren.

39

Entscheidend für die richtige Einordnung der Jahresleistungsprämie aus dem Änderungsvertrag 1999 ist daher der Sinn und Zweck dieses vom seinerzeitigen Arbeitgeber ausgelobten Vergütungsbestandteils. Diesen sehen beiden Parteien übereinstimmend und zutreffend in der Steuerungsfunktion, die von einer besseren Vergütung tatsächlich abgeleisteter Arbeitsstunden ausgeht. Bekommt ein Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung, wenn er tatsächlich die Arbeit antritt und sie bis Feierabend durchführt, kann das dazu führen, die Fehlzeiten zu reduzieren. Wegen der nur geringen Höhe des Stundenaufschlags mag die Steuerungsfunktion vorliegend nur eingeschränkt wirksam sein. Dies vermag aber an dem Charakter der Zahlung nichts zu ändern, da ein anderer Sinn für die Zahlung dieses Vergütungsbestandteils weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.

40

Hat man diese Steuerungsfunktion vor Augen lässt sich mit Sicherheit ausschließen, dass die Parteien diesen Vergütungsbestandteil als "sonstige Gratifikation" im Sinne des Freiwilligkeitsvorbehalts aus dem Änderungsvertrag 1999 verstanden haben. Denn sowohl die Freiwilligkeit der Zahlung an sich als auch die weiteren Regelungen zur Gratifikation in dem Änderungsvertrag 1999 stehen der Steuerungsfunktion dieses Vergütungsbestandteils hinderlich entgegen.

41

Denn wenn der Arbeitnehmer in der konkreten Situation, in der er sich überlegt, ob er die Arbeit antreten oder den Arzt aufsuchen soll, gar keine Sicherheit hat, dass er die Prämie, die für das Antreten der Arbeit ausgelobt ist, auch tatsächlich erhält, wird er seine Entscheidung auch nicht mehr an den Vorteilen dieser Prämie ausrichten. Der Steuerungseffekt tritt also nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer die Anwesenheitsprämie fest und ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit versprochen wird. Man mag dieses Argument mit dem Hinweis beiseiteschieben können, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt so zu verstehen sei, dass er nur in der Zukunft wirken kann und nicht für bereits zurückliegende Zeiträume.

42

Dann muss man sich aber die Rückzahlungsregelung für die Gratifikationszahlung bei Ausscheiden im ersten Quartal des Folgejahres im Änderungsvertrag 1999 anschauen. Eine solche Regelung ist für Gratifikationen, die ja auch die Betriebstreue honorieren, weit verbreitet, sie macht aber bei einer Anwesenheitsprämie keinerlei Sinn und würde im Übrigen erst recht die erhoffte Steuerungsfunktion stören. Denn der Arbeitnehmer hätte in seiner Entscheidungssituation wiederum keine Sicherheit, ob ihm die Prämie tatsächlich ausgezahlt wird, wenn er statt zum Arzt zu gehen, die Arbeit antritt. Dies gilt gleichermaßen für die weitere Klausel aus dem Änderungsvertrag 1999, nach der eine Gratifikation gar nicht erst gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis zum Fälligkeitszeitpunkt bereits gekündigt ist.

43

Da die vertraglichen Regelungen zur Gratifikation auf die Anwesenheitsprämie, die die Parteien Jahresleistungsprämie genannt haben, nicht passen, ist festzustellen, dass die Parteien die Jahresleistungsprämie nicht als eine freiwillige Leistung im Sinne des vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalts verstanden wissen wollten.

2.

44

Der klägerische Anspruch auf die Jahresleistungsprämie ist auch nicht im Zusammenhang mit der Einführung des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages für die Beklagte im September bzw. November 2008 untergegangen.

45

Der Vorstellung der Beklagten, das bisherige Entgelt des Klägers, das sich nach dem Änderungsvertrag 1999 aus dem eigentlichen Arbeitsentgelt, der Zulage und der Jahresleistungsprämie zusammengesetzt hat, sei gänzlich in dem Tariflohn aufgegangen, nur weil dieser höher ist als die Summe der bisherigen Entgeltbestandteile, kann nicht gefolgt werden. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt; auch insoweit macht sich das Berufungsgericht die Argumente des Arbeitsgerichts ausdrücklich zu Eigen.

a)

46

Eine solche Verrechnungsmöglichkeit folgt nicht schon aus allgemeine Grundsätzen. Der Arbeitgeber kann nach der Rechtsprechung zwar eine Tariferhöhung grundsätzlich auf übertarifliche Zulagen anrechnen, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht vertraglich als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt war (BAG, 1. März 2006 - 5 AZR 540/05 - NZA 2006, 688; BAG, 21. Januar 2003 - 1 AZR 125/02 - EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 41; BAG, 25. Juni 2002 - 3 AZR 167/01 - EzA § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 38). Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung der Frage der Anrechenbarkeit, kann sich der Wille der Parteien insbesondere auch aus dem Zweck der Zulage ergeben (BAG, 21. Januar 2003 aaO).

47

Die hier streitige Prämie dient einem besonderen Zweck, nämlich dem Zweck, persönliche Fehlzeiten zu verringern und die damit verbundenen betrieblichen Ablaufstörungen zu minimieren. Dieser Zweck verbietet eine Anrechnung, da er verloren gehen würde, wenn nur noch der tarifliche Stundenlohn gezahlt wird. Das mit der Prämie verbundene Ziel könnte nach einer Anrechnung überhaupt nicht mehr erreicht werden. Der mit der Anwesenheitsprämie verfolgte Zweck kann also nur erreicht werden, wenn man diesen Vergütungsbestandteil beständig und unabhängig von Tariflohnerhöhungen zahlt. Eine Verrechnung kommt daher nach den allgemeinen Regeln nicht in Betracht.

b)

48

Ob die Verrechnungsregelung aus § 3 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrag aus November 2008 die Beklagte zur Verrechnung der Anwesenheitsprämie mit dem Tariflohn berechtigen würde, kann offen bleiben, da eine solche Verrechnung nach dem Tarifvertrag frühestens im Juli 2009 möglich ist.

c)

49

Auch dem Arbeitsvertrag der Parteien und insbesondere dem Änderungsvertrag 1999 kann keine Regelung entnommen werden, nach der der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, mit der Zahlung des Tariflohns die Zahlung der Jahresleistungsprämie einzustellen.

50

Die allgemeine Verrechnungsregelung aus dem Änderungsvertrag 1999 ("Tarifliche Erhöhungen werden auf die im Entgelt oder in freiwilligen Zahlungen enthaltenen übertariflichen Leistungen angerechnet.") ist nach Überzeugung des Gerichts schon gar nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden, da das Arbeitsverhältnis 1999 zum Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages 1999 gar keiner Tarifbindung unterlag.

51

Die Regelung, die erkennbar nur bei tarifgebundenen Arbeitgebern Sinn macht, ging also schon 1999 ins Leere und hat daher keine rechtsgeschäftliche Bedeutung. Insoweit bedurfte es auch nicht der Gewährung einer Schriftsatznachlassfrist, denn das Arbeitsgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestandes festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis seinerzeit nicht unter einen Tarifvertrag fiel. Dem hätte die Beklagte in der Berufungsbegründung entgegentreten müssen.

52

Aber selbst dann, wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die Regelung jedenfalls seit 2008 aufgrund der nunmehr vorhandenen Tarifbindung einen Sinn macht und daher von den Parteien auch 2008 noch so gewollt sei, könnte das am Ergebnis nichts ändern, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Jahresleistungsprämie unter den Begriff "Entgelt" oder den Begriff "freiwillige Zahlung" im Sinne der Verrechnungsklausel fällt. Dass es sich nicht um eine "freiwillige Zahlung" handelt, ist bereits oben ausgeführt worden, darauf kann Bezug genommen werden. Die Jahresleistungsprämie ist aber auch keine "übertarifliche Leistung" aus dem "Entgelt" des Klägers im Sinne der Verrechnungsklausel.

53

Da der Tarifvertrag eine der Jahresleistungsprämie vergleichbare Regelung gar nicht kennt, kann es sich bei ihr nicht um eine übertarifliche Leistung handeln. Übertariflich kann im Regelfall nur eine Leistung sein, die auch der Tarifvertrag vorsieht, die der Arbeitgeber aber über die Ansätze im Tarifvertrag hinaus erhöht zur Auszahlung bringt. Wenn man dafür einen Begriff prägen will, müsste man also eher von einer außertariflichen Leistung oder einer Leistung außerhalb des Tarifvertrages reden.

54

Dass aber auch solche Leistungen von der Verrechnungsabrede erfasst sein sollten, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Änderungsvertrag 1999 vom Arbeitgeber vorformuliert wurde und er sich daher Unklarheiten seiner Formulierungen entgegenhalten lassen muss.

55

Auch die spezielle Verrechnungsregelung im Änderungsvertrag 1999 hinsichtlich der Zulagen in Punkt 21 (Ergänzungen) findet hier keine Anwendung, da der Begriff der Zulage im Änderungsvertrag 1999 eine feste Bedeutung hat und die Jahresleistungsprämie nicht darunter fällt. Die Zulage bezeichnet einen Aufschlag auf den Grundlohn, der für bestimmte Arbeiten gezahlt wird. Das geht schon aus der tabellarisch hervorgehobenen Darstellung der verschiedenen Elemente des Arbeitsentgelts am Anfang von Punkt 3 des Änderungsvertrages 1999 hervor. Dass die dortige Wortwahl keinem Zufall entspringt, ergibt sich indirekt auch aus den weiteren Regelungen, denn für die Zulagen gibt es im zweiten Absatz danach noch eine besondere Kürzungsregelung in Abhängigkeit von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

3.

56

Die Prämie steht dem Kläger auch in der eingeklagten Höhe zu; auch insoweit macht sich das Berufungsgericht die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen. Die maßgebliche Anzahl der vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden im Streitzeitraum ist zwischen den Parteien unstreitig. Zu Recht legt der Kläger seiner Berechnung die derzeit gültige Währungseinheit EURO zugrunde.

57

Die Prämie war zwar im Änderungsvertrag 1999 in der seinerzeit aktuellen nationalen Währung ausgedrückt. Sie ist aber schon 2002 nicht mit dem richtigen Umrechnungskurs umgerechnet worden, sondern man hat ohne Änderung des Nennbetrages einfach die Währungseinheit ausgetauscht, wodurch sich die Prämie nahezu verdoppelt hat.

58

Diesbezüglich ist es jedoch zu einer wortlosen Änderung des Arbeitsvertrages gekommen, so dass die Prämie heute dem Kläger in Höhe von 0,10 EUR brutto je Anwesenheitsstunde vertraglich zusteht. Denn aufgrund der kommentarlosen und jahrelangen Zahlung der erhöhten Prämie ist davon auszugehen, dass der seinerzeitige Arbeitgeber des Klägers die Prämie tatsächlich im Rahmen der Währungsumstellung erhöhen wollte. Dies liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil eine Prämie in Höhe von 0,052 EUR brutto, die sich bei Umrechnung mit dem amtlichen Kurs eigentlich ergeben hätte, so niedrig gewesen wäre, dass sie ihre Steuerungsfunktion offensichtlich eingebüßt hätte. Da der Arbeitnehmer seine Arbeit in Kenntnis der erhöhten Prämie fortgesetzt hat, ist davon auszugehen, dass er damit auch sein Einverständnis mit der Prämienerhöhung zum Ausdruck gebracht hat.

4.

59

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

60

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG sind nicht gegeben.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.