Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung des Klägers an eine andere Schule.

2

Der 1967 geborene Kläger ist seit 1994 im Schuldienst des beklagten Landes tätig. Er besitzt die Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Mathematik, Physik und Informatik. Stammdienststelle des Klägers ist das Greifen-Gymnasium in U..

3

Bereits im Schuljahr 2008/2009 wurde der Kläger ohne seine Zustimmung an die Regionale Schule L. für ein Schuljahr abgeordnet. Gegen diese Maßnahme hatte sich der Kläger gerichtlich zur Wehr gesetzt. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten die Abordnung für unwirksam angesehen, weil sie den Anspruch des Klägers auf vertragsgemäße Beschäftigung verletzt habe (LAG Mecklenburg-Vorpommern 20. April 2010 – 5 Sa 214/09 -). Das Bundesarbeitsgericht hat dieses Urteil aufgehoben und die gegen die Abordnung erhobene Klage abgewiesen (BAG 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 – NZA-RR 2012, 106).

4

Auch für das Schuljahr 2009/2010 ist das zuständige Schulamt in N. von einem fortbestehenden Überhang an Lehrkräften für das Fach Mathematik am Greifen-Gymnasium in U. ausgegangen. Diesen hat das beklagte Land mit 54 Unterrichtswochenstunden beziffert und hat deshalb die Versetzung bzw. Abordnung von vier Lehrkräften vorgesehen. Da der Kläger im Schuljahr zuvor bereits abgeordnet war, sollte er an sich nicht versetzt werden. Dies hätte aber zur Folge gehabt, dass die Ehefrau des Klägers, die auch als Lehrkraft am Greifen-Gymnasium in U. tätig ist, als nächstes für eine Versetzung in Betracht gekommen wäre. Um dies zu vermeiden, hat sich der Kläger mit einer Versetzung einverstanden erklärt, hat dazu aber einen Vorbehalt in Hinblick auf die benötigten Lehrkräfte im Fach Informatik gemacht (wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 3 zur Klageschrift, hier Blatt 31 Bezug genommen), wobei die Parteien streiten, ob der Vorbehaltsfall eingetreten ist oder nicht.

5

Das Ziel der Versetzung sollte die Kooperative Gesamtschule (KGS) in F. sein. Denn dort war ein zusätzlicher Unterrichtsbedarf entstanden, weil der Kollege Herr H. an die KGS A. versetzt wurde. Diese Maßnahme wiederum war erforderlich geworden, da die dort tätige Kollegin Frau C. an eine Regionale Schule mit Grundschule in D. versetzt werden sollte, um einen dort bestehenden Unterrichtsbedarf abzudecken. Diese Kettenversetzung war so geplant worden, weil eine direkte Versetzung von der klägerischen Schule an die Schule mit dem Bedarf in D. wegen der Entfernung der beiden Schulen vom Schulamt als unzumutbar angesehen wurde.

6

Die geplante Kettenversetzung ist letztlich wegen veränderter anderer Umstände nicht durchgeführt worden. Denn eine weitere Mathematiklehrerin an der KGS A., Frau B., ist auf ihren Wunsch hin am 8. Juli 2009 für ein Jahr beurlaubt worden. Damit konnte diese Schule trotz der Verstärkung durch den Kollegen aus F. keine Lehrkraft mehr nach D. abgeben. Letztlich wurde das in D. bestehende Problem dann mit einer Aufstockung der Teilzeitquoten der dort beschäftigten Kollegen gelöst. Da aber der Kollege aus F. tatsächlich nach A. versetzt wurde, hat das Schulamt auch an der Versetzungsmaßnahme gegenüber dem Kläger festgehalten.

7

Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 hat das Schulamt N. daher bei dem Lehrerbezirkspersonalrat die Zustimmung zur Versetzung des Klägers zum Schuljahr 2009/2010 vom Gymnasium U. an die KGS F. unter Bezugnahme auf die von dem Kläger abgegebene Bereitschaftserklärung beantragt. Zur Begründung ist dort unter anderem ausgeführt (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage B 8 überreichte Kopie, hier Blatt 90 f Bezug genommen):

8

„… das Gymnasium in U. hat zum Schuljahr 2009/2010 einen Überhang von insgesamt 54 Stunden im Fach Mathematik angezeigt. Durch die Regionale Schule mit Grundschule in D. wurde ein Bedarf für dieses Fach gemeldet. Aufgrund unzumutbarer Entfernung ist eine direkte Versetzung nicht möglich. Daher ist es erforderlich, Zwischenstationen einzurichten. Unter Berücksichtigung zumutbarer Fahrwege muss eine Überhangstelle des Gymnasiums U. über die KGS F. und weiter über die KGS A. an die Regionale Schule mit Grundschule in D. versetzt werden.“

9

Am 23. Juli 2009 hat der Bezirkspersonalrat auf dem Beteiligungsschreiben (hier Blatt 90 f) die im Stile eines Formulars dort vorgesehenen Antwortmöglichkeiten des Bezirkspersonalrats „Ablehnung/Zustimmung“ durchgestrichen und darüber handschriftlich das Wort „Verfristung“ eingefügt. Das Schulamt hat darin eine abschließende Stellungnahme des Bezirkspersonalrats gesehen und hat daher mit Schreiben vom 24. Juli 2009 (Kopie hier Blatt 35), das dem Kläger zeitnah zuging, die Versetzung des Klägers an die KGS F. verfügt.

10

Mit seiner im September 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wehrt sich der Kläger gegen die Versetzung und verlangt die Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzungsverfügung.

11

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat der Klage mit dem Urteil vom 6. April 2011 in vollem Umfang entsprochen und bei einer Wertfestsetzung in Höhe von knapp unter 3.000,00 Euro in der Hauptsache wie folgt tenoriert.

12

„Es wird festgestellt, dass die Versetzung des Klägers vom Greifen-Gymnasium in U. an die Kooperative Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in F. vom 24.07.2009 unwirksam ist.“

13

Das Arbeitsgericht hat angenommen, der dienstliche Anlass für die Versetzungsmaßnahme sei nicht hinreichend dargelegt. Außerdem sei die Maßnahme unwirksam, weil der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Ihm sei als Grund für die Versetzung ein falscher Sachverhalt mitgeteilt worden. Außerdem habe die Dienststelle ohne Vorliegen einer tatsächlichen oder gesetzlich fingierten Zustimmung des Gremiums die Versetzung verfügt. – Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

14

Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land unverändert das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.

15

Das beklagte Land geht nach wie vor davon aus, dass es einen ausreichenden dienstlichen Anlass für die Personalmaßnahme gibt. Dazu behauptet das beklagte Land, am Greifen-Gymnasium in U. habe man im Planungsvorlauf für das Schuljahr 2009/2010 tatsächlich von einem Überhang an Mathematiklehrern im Umfang von 54 Unterrichtswochenstunden ausgehen müssen. Dies könne durch den Schulleiter und den Schulrat bezeugt werden. Auch wenn man das Problem in D., das ursprünglich Anlass für die Personalmaßnahme gewesen sei, letztlich anders gelöst habe, sei die Versetzung sinnvoll geblieben, da durch die Beurlaubung der Kollegin Frau B. in A. dort eine Lücke entstanden sei, die man habe schließen müssen.

16

Der Schulrat habe die Versetzung auch schon mit dem Schreiben vom 24. September 2009 verfügen dürfen, da zu diesem Zeitpunkt das Verfahren zur Beteiligung des Bezirkspersonalrats bereits abgeschlossen gewesen sei. Der handschriftliche Vermerk des Bezirkspersonalrats auf dem Anschreiben zur Beteiligung sei so zu verstehen, dass dieser in der Sache keine weitere Stellungnahme mehr abgeben wolle. Das sei eine übliche und eingespielte Verfahrensweise. Daher sei es eine überflüssige Förmelei, wenn man das beklagte Land zwingen wolle, auch noch den Ablauf der gesetzlichen Frist für das Eintreten der Zustimmungsfiktion abzuwarten, bevor man die Personalmaßnahme aussprechen dürfe.

17

Der Schulrat habe den Bezirkspersonalrat auch ordnungsgemäß über die Gründe der geplanten Maßnahme unterrichtet. Es sei zwar einzuräumen, dass das Anhörungsschreiben insoweit einen veralteten Planungsstand wiedergebe, als dort noch von der Kettenversetzung von U. über mehrere Zwischenstationen bis nach D. die Rede sei. Das sei aber unschädlich, da der Vorsitzende des Bezirkspersonalrats Lehrer an der Schule in A. sei und er aus dieser Stellung heraus Kenntnis der Beurlaubung der Kollegin Frau B. gehabt habe.

18

Das beklagte Land beantragt,

19

die Klage unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

20

Der Kläger beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Nach wie vor bestreitet der Kläger, dass überhaupt ein dienstlicher Anlass bestanden habe, Mathematiklehrer vom Greifen-Gymnasium an andere Schulen zu versetzen. Außerdem seien ja bereits drei Kollegen und Kolleginnen abgeordnet oder versetzt worden und für eine vierte Personalmaßnahme lasse sich ein dienstlicher Anlass schon gleich gar nicht begründen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die Berufung, die keinen formellen Bedenken begegnet, ist nicht begründet.

I.

25

Der Kläger hat sein Recht, sich gegen die Versetzung zu wehren, nicht durch sein Einverständnis mit der Versetzung, die er zum Schutz seiner Ehefrau abgegeben hat, verloren. Denn die Maßnahme des beklagten Landes ist nicht im Wege der einvernehmlichen Vertragsänderung erfolgt, sondern durch Ausübung des Direktionsrechts. Als einseitige Direktionsmaßnahme kann die Versetzung gerichtlich überprüft werden.

26

Aus dem Schreiben des Klägers, das er hier als Anlage K3 (Blatt 31) zur Akte gereicht hat (das dort ausgewiesene Datum „ 31. August 2009“ ist wohl dem nochmaligen Ausdruck der Datei an diesem Tag geschuldet, zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger seine Versetzungsbereitschaft schon im Juli 2009 angezeigt hatte), lässt sich nicht ein rechtsgeschäftlich verbindliches Einverständnis mit einer vertraglichen Abänderung des Arbeitsvertrages der Parteien ablesen. Der Kläger selbst redet von einer „Bereitschaftserklärung“, die daher allenfalls den Status einer invitatio-ad-offerendum haben kann. Da auch der vom Kläger in dem Anschreiben gemachte Vorbehalt nicht vor Ausspruch der Versetzungsverfügung abgearbeitet wurde, kann letztlich nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger und das beklagte Land sich einvernehmlich auf eine Versetzung nach F. geeinigt haben.

II.

27

Zutreffend hat das Arbeitsgericht auf dem Standpunkt beharrt, dass bereits der dienstliche Anlass für die streitige Versetzungsmaßnahme nicht substantiiert dargelegt sei.

28

Das hat sich im Rahmen der Berufung nicht geändert. Der Vortrag des beklagten Landes zum Ausmaß des Personalüberhangs für Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung im Fach Mathematik am Greifen-Gymnasium in U. ist nach wie vor unsubstantiiert. Denn der Vortrag geht nicht über die pauschale Behauptung hinaus, es habe ein Überhang im Umfang von 54 Unterrichtswochenstunden bestanden.

29

Bei Lichte betrachtet kann man darin noch nicht einmal eine Tatsachenbehauptung erkennen, denn es handelt sich um eine Folgerung, die das beklagte Land rechnerisch aus Tatsachen, die es dem Gericht allerdings nicht mitgeteilt hat, gezogen hat.

30

Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass man eine solche Rechengröße als Tatsache ansehen könnte, bleibt der Vortrag gänzlich unzureichend. Denn der Kläger hat hier im Rechtsstreit von Anfang an die Planungsansätze seines Schulleiter bzw. des Schulamtes in Frage gestellt. Wird in einem Rechtsstreit eine zunächst sehr pauschal vorgetragene Tatsache vom Gegner bestritten, ist die beweispflichtige Partei – hier das beklagte Land – verpflichtet, die hinter der pauschalen Tatsachenbehauptung stehenden Einzelfakten in den Rechtsstreit einzuführen (vgl. nur BGH 13. August 1997 - VIII ZR 246/96 - NJW-RR 1998, 712).

31

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des beklagten Landes nicht. Obwohl die Angabe der konkreten Zahl von 54 Unterrichtswochenstunden als Ausmaß des Personalüberhangs wie eine konkrete Tatsachenbehauptung erscheint, ist es in Wirklichkeit nur ein pauschaler Hinweis auf viele Einzeltatsachen, die erst in der Zusammenschau diese Behauptung rechtfertigen und begründen. Diese Tatsachenbehauptung ist daher ähnlich pauschal wie die häufig anzutreffende pauschale Behauptung, der Betriebsrat oder der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Wird diese pauschale Behauptung bestritten, müssen die ihr zu Grunde liegenden Einzeltatsachen in den Rechtsstreit eingeführt werden. Das gilt für den pauschal behaupteten Personalüberhang im Fach Mathematik ebenso. Eine Erläuterung des Rechenmodells und der dabei verwendeten Ausgangsdaten ist hier trotz des Bestreitens des Klägers nicht erfolgt.

32

Die Vernehmung der nochmals im Berufungsrechtszug benannten Zeugen (Schulleiter und Schulrat) kommt nicht in Betracht, da das Gericht keinen Ausforschungsbeweis erheben darf. Denn bisher gibt es keine streitigen Tatsachen, sondern nur die streitige pauschale Sammelbezeichnung zu dem Problem an der Schule (54 Unterrichtswochenstunden zu viel), die in dieser Pauschalität einem Beweis nicht zugänglich ist. Darauf hatte das Arbeitsgericht ausdrücklich in seiner Urteilsbegründung abgestellt, ohne dass sich die Berufung damit auseinander gesetzt hat.

III.

33

Zutreffend ist das Arbeitsgericht im Weiteren davon ausgegangen, dass die streitige Personalmaßnahme auch wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des beim Schulrat gebildeten Bezirkspersonalrats der Lehrer unwirksam ist.

1.

34

Nach § 68 Absatz 1 Ziffer 9 Landespersonalvertretungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LPersVG MV) bestimmt der Personalrat bei Versetzungen mit. Nach § 62 Absatz 1 LPersVG MV verlangt die Mitbestimmung die Zustimmung des Personalrats zu der geplanten Maßnahme. Die Zustimmung kann ausdrücklich durch den Personalrat auf Basis eines Beschlusses erklärt werden, sie kann durch die Einigungsstelle ersetzt werden, oder sie kann per Gesetz durch Fristablauf eintreten (§ 62 Absatz 2 Satz 4 LPersVG MV).

35

Eine Zustimmung des Personalrats in der einen oder der anderen Weise liegt nicht vor. Der Bezirkspersonalrat hat das in dem Beteiligungsbogen vorgesehene Antwortmuster „Zustimmung“ sogar durchgestrichen und durch das Wort „Verfristung“ ersetzt. Daher kann in der Reaktion des Personalrats auch nicht eine konkludente Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme erblickt werden. Auf den Fristablauf kann sich das beklagte Land ebenfalls nicht berufen, da es die nach dem Gesetz geltende Frist von 10 Arbeitstagen aus § 62 Absatz 2 Satz 3 LPersVG MV nicht abgewartet hat. Der Beteiligungsbogen vom 20. Juli 2009 ist beim Bezirkspersonalrat ausweislich des abgezeichneten Stempelaufdrucks am 21. Juli 2009 eingegangen. Die Zustimmungsfiktion hätte also frühestens am 5. Oktober 2009 eintreten können. Zu diesem Zeitpunkt war die Versetzungsverfügung dem Kläger allerdings schon längere Zeit zugegangen. Da das beklagte Land auch das Stufenverfahren nicht eingeleitet hat, ist die fehlende Zustimmung auch nicht ersetzt worden.

36

Eine ohne Zustimmung des Personalrats ausgesprochene Versetzung ist unwirksam. Dies folgt aus dem Zweck des Beteiligungsrechts, mit dem in erster Linie der von der Personalmaßnahme betroffene Arbeitnehmer geschützt werden soll, in zweiter Linie aber auch die Interessen der Dienststellenangehörigen berücksichtigt werden sollen (BAG 15. Januar 1991 — 1 AZR 105/90 – BAGE 67, 35 = AP Nr. 4 zu § 4 BPersVG = PersR 1991, 307; BAG vom 2. Juni 1987 - 1 AZR 645/85). Da das Landespersonalvertretungsgesetz für die Versetzung die Mitbestimmung vorsieht, gilt diese Rechtsfolge ohne weiteres auch bei einer Maßnahme, für die zwar eine Beteiligung eingeleitet wurde, die Zustimmung des Personalrats jedoch nicht vorliegt. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits für die Maßnahme des Ausspruchs einer Kündigung so entschieden, wenn diese nach Landesrecht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt (BAG 28. Januar 2010 – 2 AZR 50/09 – AP Nr. 162 zu § 102 BetrVG = PersR 2010, 305).

37

Dieser Rechtsgedanke ist auf die Personalmaßnahme der Versetzung, die nach dem Landesrecht in Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, übertragbar. Zwar kennt das Gesetz anders als bei der Kündigung in § 68 Absatz 7 LPersVG MV keine ausdrückliche Anordnung einer Rechtsfolge für den Fall der unterbliebenen oder der fehlerbehafteten Beteiligung. Gleichwohl geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch bei anderen belastenden Maßnahmen, die der Beteiligung unterliegen, von vergleichbaren Grundsätzen aus. Denn nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls dann zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, wenn diese den betroffenen Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen (BAG 22. Juni 2010 – 1 AZR 853/08 – BAGE 135, 13 = NZA 2010, 1243 = AP Nr. 136 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Dieser für den Bereich der Privatwirtschaft und das Betriebsverfassungsrecht entwickelte Gedanke lässt sich ohne weiteres auf den Bereich des öffentlichen Dienstrechts und des Personalvertretungsrechts übertragen (so wohl auch BAG 9. November 2010 – 1 AZR 147/09 – PersR 2011, 176 = NZA-RR 2011, 278).

38

Die dargestellte Rechtsfolge lässt sich nicht mit dem Hinweis darauf vermeiden, dass der Personalrat doch mit der Rücksendung des Beteiligungsbogens eine endgültige Stellungnahme abgegeben habe. Die vom beklagten Land als Beleg zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 12. März 1987 – 2 AZR 176/86 – AP Nr. 47 zu § 102 BetrVG 1972 = DB 1988, 658 = NZA 1988, 137) lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich auf eine außerordentliche Kündigung und die Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG. Hier hebt das Gericht zu Recht darauf ab, dass es nicht erforderlich sei, den Ablauf der Frist für die Zustimmungsfiktion abzuwarten, wenn sich der Betriebsrat endgültig und abschließend zu der beabsichtigten Maßnahme positioniert habe. Eine solche Interpretation des Gesetzes ist aber nur möglich, weil § 102 BetrVG lediglich als Anhörungsrecht ausgestaltet ist. Es kommt also letztlich gar nicht darauf an, ob und wie der Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung Stellung nimmt. Das eröffnet die Möglichkeit, im Falle einer endgültigen Stellungnahme des Betriebsrats das Beteiligungsverfahren als abgeschlossen zu betrachten. Das ist bei der Versetzung, die nach Landesrecht der Mitbestimmung unterliegt, nicht möglich. Denn ein Mitbestimmungsverfahren kann immer nur mit der Zustimmung des Personalrats, mag sie freiwillig, erzwungen oder durch gesetzliche Fiktion erfolgen, enden (so auch BAG 28. Januar 2010 aaO zur mitbestimmten Kündigung nach niedersächsischen Personalvertretungsrecht).

2.

39

Die Beteiligung des Personalrats leidet allerdings auch noch unter einem weiteren Mangel. Denn der Personalrat ist über den Grund der Versetzung nur unzureichend unterrichtet worden und nach Lage der Dinge ist dies nicht aus Versehen passiert.

a)

40

Die Unterrichtung des Bezirkspersonalrats der Lehrer über den Grund für die Versetzung des Klägers ist falsch. Der Bezirkspersonalrat wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass die Versetzung wegen des Bedarfs nach einem Mathematiklehrer in D. erfolgt. Das mag der ursprüngliche Plan gewesen sein. Der war aber schon zum Zeitpunkt der Beteiligung des Bezirkspersonalrats nicht mehr aktuell, denn durch die Beurlaubung der Kollegin Frau B, die am 9. Juli 2009 verfügt wurde, war eine neue Situation entstanden.

41

Letztlich ist nunmehr die Versetzung des Klägers und des Kollegen H. von F. nach A. allein deshalb erfolgt, weil an der Schule in A. die Kollegin Frau B. auf ihren Wunsch beurlaubt wurde.

b)

42

Werden dem Personalrat im Rahmen der Unterrichtung versehentlich Umstände falsch mitgeteilt, berührt das die Wirksamkeit der Unterrichtung nicht. Anders ist dies aber bei einer absichtlichen Falschunterrichtung des Personalrats.

43

Nach Sinn und Zweck des Beteiligungsverfahrens ist eine bewusst und gewollt unrichtige oder unvollständige Mitteilung der für die personelle Maßnahme des Arbeitgebers maßgebenden Gründe wie eine Nichtinformation des Betriebsrats zu behandeln (BAG 22. September 1994 – 2 AZR 31/94 – BAGE 78, 39 = AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972 = DB 1995, 477 zu dem insoweit vergleichbaren Fall der Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG an einer Kündigung; vgl. auch BAG Urteil vom 31. August 1989 - 2 AZR 453/88 - AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Schleswig-Holstein; vgl. zu einem Kündigungsfall auch LAG Mecklenburg-Vorpommern 3. Februar 2011 – 1 Sa 232/10 – NZA-RR 2011, 461). Sie führt zur Unwirksamkeit der Kündigung entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Denn der Arbeitgeber setzt den Betriebsrat dadurch außerstande, sich ein zutreffendes Bild von den Gründen für die personelle Maßnahme zu machen. Damit ist es ihm nicht mehr möglich, seiner gesetzlichen Aufgabe, auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen, nachzukommen.

44

Ein solcher Fall liegt hier – wie vom Arbeitsgericht richtig gesehen – vor. Die dem Personalrat mitgeteilten Gründe für die Versetzung hatten angesichts der Tatsache, dass man das Ziel, den Personalbedarf an der Schule in D. durch eine Versetzung zu beheben, schon aufgegeben hatte, mit der Realität nichts mehr zu tun.

c)

45

Nach Lage der Dinge muss das Gericht auch davon ausgehen, dass die Falschunterrichtung der Personalvertretung bewusst erfolgt ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in der bereits zitierten Entscheidung vom 22. September 1994 zu dieser subjektiven Seite der Falschinformation ausgeführt, dass es in der Beweislast des Arbeitgebers liege nachzuweisen, dass eine objektiv falsche Unterrichtung ohne ein Willen zur Falschunterrichtung erfolgt sei (BAG 22. September 1994 aaO RNr. 31).

46

Die vom Land angeführten Gründe, weshalb es zu der objektiv unzutreffenden Unterrichtung gekommen sei, entlasten das beklagte Land nicht. Denn das beklagte Land stellt auf Seite 10 der Berufungsbegründung lediglich darauf ab, dass die Deckung des Personalengpasses in D. lediglich das Motiv für die Maßnahme gewesen sei, während diese sich schon objektiv allein aufgrund des Bedarfes in F., der durch die Versetzung des Kollegen Herrn H. nach A. entstanden war, rechtfertigen lasse. Das lässt sich mit dem Text des Beteiligungsschreibens nicht in Einklang bringen, wo es an der zentralen Stelle der Begründung heißt, die Versetzung erfolge wegen des Personalbedarfs an der Schule in D.. Außerdem stellt sich die Rechtfertigung für das Opfer, das das beklagte Land vom Kläger abverlangt, in Wirklichkeit ganz anders dar. Denn nachdem das beklagte Land das ursprüngliche Ziel der indirekten Deckung des Bedarfs in D. aufgegeben hatte, ließ sich das Festhalten an dem Plan der Versetzung des Klägers allein noch mit der Deckung des Bedarfs rechtfertigen, der durch die Beurlaubung der Kollegin Frau B. in A. entstanden war.

47

Das sind aber aus der Sicht des Personalrats Versetzungsgründe von völlig unterschiedlichem Gewicht. Denn im Falle der Deckung des Personalbedarfs in D. geht es um eine Reaktion auf ein vom beklagten Land nicht steuerbares Personalproblem, bei dem sich das Land durch eine komplizierte Kettenversetzung zudem intensiv darum bemüht hat, die damit verbundenen Opfer der Belegschaft feinfühlig auf mehrere Schultern zu gleichen Teilen zu verteilen. – Später als es nur noch um die Deckung der Lücke ging, die Frau B. in A. hinterlassen hatte, ging es um ein vom beklagten Land durch die Genehmigung von Sonderurlaub selbst heraufbeschworenes Problem, dass man wegen der Kostenvorteile durch die unbezahlte Beurlaubung durchaus auch durch eine Aufstockung der Teilzeitquoten der Kollegen vor Ort hätte beheben können. Wäre der Personalrat über diesen wahren Hintergrund der neu begründeten Maßnahme unterrichtet gewesen, hätte er aus seiner Rolle als Personalrat ganz andere Ansatzpunkte für eine Intervention gegen diese Pläne gehabt.

48

Der Sachverhalt stellt sich für den Personalrat auch nicht dadurch anders dar, dass dieser über die Person seines Vorsitzenden und dessen Tätigkeit als Lehrer an der KGS A. Kenntnis von der Beurlaubung von Frau B. hatte. Denn nicht die Kenntnis dieses Umstandes ist entscheidend, sondern entscheidend ist die Frage, zu welcher Neubewertung der geplanten Maßnahme das beklagte Land in Folge dieser Veränderung der objektiven Verhältnisse gekommen ist. Diesbezüglich wurde die Unterrichtung des Personalrats nicht aktualisiert, so dass der Personalrat keine Chance hatte zu erkennen, dass die neue Begründung für die Maßnahme ganz andere Ansätze für eine begründete Ablehnung durch den Personalrat bietet.

IV.

49

Die Kosten der Berufung hat das beklage Land zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

50

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 97 ZPO sind nicht erfüllt.

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Tenor

1. Auf die klägerische Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 27. Mai 2009 - 4 Ca 1119/08 - insgesamt abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass eine Abordnung des Klägers außerhalb von Notfällen an eine Regionale Schule nicht zulässig ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der klagende Gymnasiallehrer wehrt sich mit seiner Feststellungsklage gegen die Gefahr der Wiederholung seiner Abordnung an eine Regionale Schule wie er dies zuletzt für die Dauer des Schuljahres 2008/2009 auf sich nehmen musste.

2

Der Kläger ist nach erfolgreich abgelegten Staatsexamina Gymnasiallehrer mit der Lehrbefähigung in den Fächern Mathematik, Physik und Informatik. Er ist seit 1994 im Schuldienst des beklagten Landes tätig und war bis Ablauf des Schuljahres 2008/2009 mit Stammdienststelle am G... - G... U... eingesetzt. Während der vorliegende Rechtsstreit im Berufungsrechtszug anhängig war, ist der Kläger mit seinem Einverständnis dauerhaft an eine kooperative Gesamtschule versetzt worden. Er ist dort dem gymnasialen Teil der Schule zugeordnet. Der Regionalschulzweig der Gesamtschule ist in demselben Gebäudekomplex untergebracht.

3

Der Kläger ist eingruppiert in die Entgeltgruppe E13 des TV-L. Grundlage dieser Eingruppierung ist die besoldungsrechtliche Zuordnung des Klägers zum Lehramt des Studienrats im Sinne der Besoldungsgruppe A13 der Bundesbesoldungsordnung A (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz). Der 1967 geborene Kläger ist ledig und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet.

4

Für das Schuljahr 2008/2009 war der Kläger gegen seinen Widerstand und ohne seine Einwilligung an die Regionale Schule nach L... zur Erteilung von Unterricht in seinen Fächern abgeordnet worden. Der Kläger hatte sich während der Zeit der Abordnung darum bemüht, durch die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung seine Abordnung vorzeitig zu beenden. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Verfügungsgrund abgelehnt (LAG Mecklenburg-Vorpommern 26. Mai 2009 - 5 SaGa 4/08 über juris.de verfügbar).

5

Auch im vorliegenden Rechtsstreit - der Hauptsache zum einstweiligen Verfügungsverfahren -hatte der Kläger ursprünglich feststellen lassen wollen, dass die konkrete Abordnung für das Schuljahr 2008/2009 an die Regionalschule L... unwirksam sei. Außerdem sollte das beklagte Land zur weiteren Beschäftigung des Klägers als Gymnasiallehrer an seiner Stammschule verurteilt werden. Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat mit Urteil vom 27. Mai 2009 (4 Ca 1119/08) diese Klage in beiden Punkten abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

6

Im Rahmen der rechtzeitig eingereichten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt der Kläger nur noch sein Feststellungsbegehren weiter. Dem Begehren hat er wegen der zwischenzeitlichen Beendigung der Maßnahme mit einer etwas weiteren zukunftsbezogenen anderen Formulierung einen neuen Ausdruck verliehen.

7

Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Abordnung an eine Regionalschule seinen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung verletze, da er wegen seiner Qualifikation und der Tätigkeit am Gymnasium in die Vergütungsgruppe II a BAT-O und jetzt Entgeltgruppe 13 TVL zu Recht eingruppiert ist. Eine Tätigkeit an der Regionalschule entspreche nur der Entgeltgruppe 12 des TVL. Der Beschäftigungsanspruch müsse vom beklagten Land im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts berücksichtigt werden und stehe einer Abordnung außerhalb von Notfällen entgegen.

8

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils festzustellen, dass eine zukünftige Abordnung des Klägers außerhalb von Notfällen an eine Regionale Schule nicht zulässig ist.

9

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

10

Das beklagte Land betont, die vorübergehende Abordnung an eine Regionale Schule sei eine zulässige Maßnahme im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Die Grenzen des Direktionsrechts seien durch diese Maßnahme nicht überschritten. Der Beschäftigungsanspruch sei jedenfalls nicht im Kern berührt, da es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handele. Bei der Bewertung müsse auch berücksichtigt werden, dass es auch an der Regionalen Schule Lehrer gäbe, die nach derselben Entgeltgruppe wie der Kläger vergütet würden. Denn im Rahmen des Stellenkegels seien auch an Regionalschulen Lehrkräfte tätig, die nach der Vergütungsgruppe BAT IIa bzw. heute aus der Entgeltgruppe E 13 TVL vergütet würden.

11

Abordnungsmaßnahmen in der Art, wie sie gegenüber dem Kläger für das Schuljahr 2008/2009 angeordnet war, werde es auch zukünftig geben müssen, da durch die Erweiterung der Zeit des gemeinsamen Lernens bis zum Abschluss der sechsten Klasse in den Gymnasien des Landes ein zusätzlicher Personalüberhang und an den Regionalschulen ein dementsprechender Personalmehrbedarf entstanden sei.

12

Der Rechtsstreit ist im Einverständnis der Parteien nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und der in diesem Rahmen erfolgten Antragsumstellung in das schriftliche Verfahren im Sinne von § 128 Absatz 2 ZPO überführt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die Schriftsätze nebst ihren Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung ist begründet. Der Kläger kann aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Stellung nicht gegen seinen Willen an eine Regionale Schule abgeordnet werden.

I.

1.

14

Die Umstellung des Klageantrages in der Berufungsinstanz ist zulässig, denn sie ist sachdienlich. Das neue Feststellungsbegehren erfasst den wesentlichen Teil des ursprünglichen Feststellungsbegehrens, das sich auf eine Maßnahme, die inzwischen bereits abgeschlossen ist und daher einer gerichtlichen Feststellung nicht mehr zugänglich ist, bezogen hatte.

2.

15

Der Kläger greift mit dem veränderten Feststellungsantrag den Kern seiner Argumentation zum ursprünglichen Antrag auf und möchte zur Vorbeugung gegen eine zukünftige Wiederholung einer solchen Abordnungsmaßnahme festgestellt wissen, dass er als Gymnasiallehrer nicht verpflichtet ist, Unterricht an einer Regionalschule zu erteilen. Damit ist das Rechtsschutzziel konkret bestimmt und die begehrte gerichtliche Entscheidung ist auch geeignet, den Streit der Parteien über die Grenzen der Weisungsbefugnis des beklagten Landes durch eine Entscheidung über den Feststellungsantrag zu befrieden.

16

Auch die für das Feststellungsinteresse bei einer negativen Feststellungsklage notwendige Wiederholungsgefahr ist gegeben. Das beklagte Land berühmt sich nach wie vor des Rechts, den Kläger als Gymnasiallehrer vorübergehend auch an einer Regionalschule einsetzen zu können. Angesichts der durch das längere gemeinsame Lernen entstandenen Brüche in der Versorgung der Schulen mit Lehrern ist das beklagte Land auch objektiv in einer Zwangslage, die durch die beim Kläger praktizierte Abordnung im Schuljahr 2008/2009 wirksam gemildert werden kann. Diese Brüche in der bedarfsgerechten Zuordnung der Lehrkräfte zu den Schulen werden sich erst über viele weitere Jahre nach und nach abbauen lassen. Außerdem unterliegt der Kläger aufgrund seines Status als lediger Lehrer ohne Kinder und seines für den Schuldienst hier im Lande vergleichsweise jungen Alters immer wieder der Gefahr bei Anlegung sozialer Kriterien bei einer notwendigen Auswahlentscheidung mit als erster ins Blickfeld zu geraten.

17

Damit ist der neu gestellte Antrag zulässig. Die Zulässigkeit des Antrages wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger nur die eingeschränkte Feststellung der Unzulässigkeit solcher Abordnung mit Ausnahme von Notfällen begehrt. Denn der Begriff Notfall hat einen im vorliegenden Zusammenhang hinreichend bestimmten Inhalt. Der Notfall, bei dessen Eintritt der an sich gegebenen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung vor den zur Beherrschung und Überwindung des Notfalls gebotenen Maßnahmen zurücktritt, bezeichnet eine allgemein anerkannte Grenze des Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung. Ein Notfall in diesem Sinne liegt vor, wenn unvorhersehbare äußere Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen) dazu zwingen, vorübergehend fachfremde Arbeit zu leisten. Da sich der Kläger mit seiner Antragsformulierung erkennbar an dieser allgemein anerkannten Grenze des Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung orientiert, ist der mit dieser Einschränkung gemeinte Sinn hinreichend deutlich und ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO. Auch wenn der Begriff des Notfalls damit noch nicht in allen seinen Facetten und in Anwendung auf die Tätigkeit als Lehrer an öffentlichen Schulen ausgeleuchtet ist, wird die Entscheidung über den klägerischen Antrag eine im Rechtsverhältnis der Parteien streitige Frage abschließend klären. Sollte zukünftig noch Streit über die Rechtmäßigkeit einer Abordnungsverfügung an eine Regionale Schule entstehen, würde es dann nur noch um den Streit gehen, ob ein Notfall vorliegt.

II.

18

Der klägerische Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger kann außerhalb von Notfällen nicht gegen seinen Willen zur Erteilung von Unterricht an einer Regionalen Schule eingesetzt werden, da ein solcher Einsatz nicht mehr als Erfüllung des Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung des Klägers angesehen werden kann.

1.

19

Der Arbeitgeber ist im Rahmen seines Direktionsrechts berechtigt, die Art und den Ort der Arbeit des Arbeitnehmers zu bestimmen (§ 106 GewO). Dieses allgemein für alle Arbeitsverhältnisse gegebene Recht wird im Bereich des öffentlichen Dienstes durch § 4 TV-L weiter ausgestaltet. Danach kann der Angestellte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt oder abgeordnet werden. Eine Versetzung oder Abordnung ist mithin nur zulässig, wenn dienstliche oder betriebliche Gründe die Maßnahme bedingen. Ein dienstlicher Grund ist schon dann gegeben, wenn die ordnungsmäßige Aufgabenerledigung in der Verwaltung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit den Einsatz des Angestellten bei einer anderen Dienststelle erfordert (B AG 30. Oktober 1985 - 7 AZR 216/83 - AP Nr. 1 zu § 12 BAT = DB 1986, 2188). Wäre allein dieses Kriterium anzulegen, könnte die vom Kläger gewünschte Feststellung nicht getroffen werden.

20

Unabhängig von der tariflichen Ausgestaltung des Direktionsrechts des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst in § 4 TV-L findet das Direktionsrecht allerdings zusätzlich seine Grenzen in den geltenden Gesetzen und in arbeitsvertraglichen Regelungen, die das Direktionsrecht einschränken können. Dies kommt bereits in § 106 GewO zum Ausdruck, wenn es dort heißt, dass die Bestimmungsbefugnis nur gegeben ist, "soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind". Daher muss der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes bei Ausübung des Direktionsrechts neben § 4 TV-L insbesondere auch den Anspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung beachten.

21

Der Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung fußt auf dem richterrechtlich anerkannten Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers, den das Bundesarbeitsgericht aus den §§ 611,613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB und unter Berücksichtigung der Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG abgeleitet hat (27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht = DB 1985, 2197). Mit der Teilnahme am Arbeitsleben verwirklicht der Arbeitnehmer eben nicht nur sein Interesse, Einkommen zu erzielen, sondern er sieht seine Arbeit auch als Element seiner Selbstverwirklichung und seiner Teilhabe am gesellschaftlichen Leben an. Daher hat die vollständige Freistellung von der Arbeit, auch wenn sie nicht zu Einbußen in der Vergütung führt, im Regelfall einen diskriminierenden Charakter, sie negiert rechtswidrig den sozialen Geltungsanspruch des Arbeitnehmers.

22

In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist aber auch anerkannt, dass der Beschäftigungsanspruch nicht nur durch die vollständige Freistellung von der Arbeit verletzt wird, sondern gleichermaßen durch eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung (BAG 15. Mai 1991 - 5 AZR 271/90 - BAGE 68, 6 - AP Nr. 23 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht - DB 1991, 2442). Welche Grenzen sich daraus für die Ausübung des Direktionsrechts ergeben, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln.

2.

23

Der Arbeitsvertrag des Klägers, der zuletzt mit Vertragsurkunde vom 12. Oktober 1999 vollständig zu Papier gebracht wurde (Anlage K1 zur Klageschrift, hier Blatt 17 ff) gibt für die vertragliche Begrenzung des Direktionsrechts zunächst wenig her, denn es heißt dort in § 1 nur sehr allgemein, der Kläger werde "für den Aufgabenbereich eines Lehrers eingestellt", worunter man offensichtlich auch eine Tätigkeit als Lehrer an einer Regionalen Schule verstehen könnte.

24

Da der Arbeitsvertrag der Parteien eine Privaturkunde darstellt, können und müssen zu ihrer weiteren Auslegung alle erkennbar relevanten Umstände, auch wenn sie keinen Ausdruck in der Urkunde selbst gefunden haben, mit herangezogen werden. Zieht man all die weiteren Umstände hinzu, ergibt sich, dass das beklagte Land arbeitsvertraglich nur berechtigt ist, den Kläger im Rahmen der von ihm erworbenen Lehrbefähigungen für den Unterricht an Gymnasien zu beschäftigen.

a)

25

Ein gewichtiges Indiz für diese einschränkende Auslegung des Vertragstextes ergibt sich aus der Einstellungssituation. Der Kläger hat durch seine beiden Staatsexamina und seine Lehrbefähigung für den Schulunterricht an Gymnasien eine Bildungsinvestition getätigt, die er durch eine ausbildungsadäquate Anstellung mit den damit verbundenen Einkommenschancen auch umsetzen wollte. Dieses Interesse ist vom beklagten Land auch anerkannt worden. Denn dem Kläger ist nicht nur vertraglich die Vergütung aus der Vergütungsgruppe IIa zum BAT/BAT-O versprochen worden (§ 3 des Arbeitsvertrages), sondern er ist auch in der Amtsstellung eines Studienrates im Sinne der Bezeichnung und Erläuterung dieses Amtes in der Bundesbesoldungsordnung bei der Besoldungsgruppe A13 eingestuft worden. Da die Vergütungsgruppe IIa zum BAT/BAT-O die höchste denkbare Eingruppierung für eine Erstanstellung eines jungen Lehrers im Schuldienst darstellt, muss man aus den Umständen folgern, dass das beklagte Land einen Gymnasiallehrer gesucht hat und es daher dem Kläger durch den Arbeitsvertrag auch die Stellung eines Gymnasiallehrers im Landesdienst vermitteln wollte.

b)

26

Die sehr allgemein gehaltene Einstellung des Klägers als Lehrer (§ 1 des Arbeitsvertrages) muss daher einschränkend ausgelegt werden.

27

Da es für Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst typisch ist, dass die Arbeitsaufgabe des Arbeitnehmers nur sehr allgemein und offen beschrieben ist, ist es in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits seit vielen Jahren anerkannt, dass auch solche allgemeinen Formulierungen in Arbeitsverträgen im Regelfall den Arbeitgeber nur dazu berechtigten, all die Aufgaben zu übertragen, die nach den tarifvertraglichen Regelungen zu den Aufgaben gehören, die eine tarifliche Eingruppierung in die gegebenen Vergütungsgruppe ermöglichen. Denn das allgemeine Direktions- oder Weisungsrecht berechtigt den Arbeitgeber nicht, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu übertragen. Das gilt nicht nur deshalb, weil damit regelmäßig eine Änderung der vertraglich zugesagten Vergütung verbunden ist. Auch die Art der Beschäftigung kann durch das allgemeine Direktionsrecht nicht unbegrenzt abgeändert werden. Zwar ist bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrages die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig. Voraussetzung ist aber, dass diese als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Art der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (vgl. nur BAG Urteil vom 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP Nr 44 zu § 611 BGB Direktionsrecht = NZA 1996, 440 und vom 12. Dezember 1984 - 7 AZR 509/83 - BAGE 47, 314 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969).

28

Das beklagte Land versteht diese Entscheidung falsch wenn es meint, aus der Formulierung "grundsätzlich" ableiten zu können, dass es auch Fälle geben könne, in denen die Zuweisung einer Arbeit auch über die Grenzen von Vergütungsgruppen hinweg ohne eine ausdrückliche dahingehende vertragliche Regelung möglich sei. Das Gegenteil ist richtig. Denn die Begrenzung des Direktionsrechts auf die Aufgaben, die noch zu derselben Vergütungsgruppe gehören, bezeichnet nur die äußere Grenze des Direktionsrechts, die im Einzelfall jedoch je nach arbeitsvertraglicher Stellung auch noch weiter eingeschränkt sein kann, etwa weil innerhalb einer Vergütungsgruppe Tätigkeiten beschrieben sind, die unterschiedliche Ausbildungen erfordern. So war es gerade bei der Vergütungsgruppe IIa des BAT/BAT-O so, dass diese für alle Arbeitnehmer mit Universitätsabschluss die Eingangsvergütungsgruppe darstellt. Dennoch wäre es abwegig anzunehmen, dass beispielsweise ein Arzt oder ein Jurist verpflichtet sein könnte, Unterricht am Gymnasium wie ein Gymnasiallehrer zu erteilen, nur weil alle drei Dienstposten eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IIa des BAT/BAT-O vermitteln.

29

Daher ist der Arbeitsvertrag des Klägers dahin auszulegen, dass er die Zuteilung anderer Aufgaben im Rahmen des Berufsbildes des Lehrers nur gestattet, soweit auch die neue Tätigkeit in ihrer tariflichen Bewertung eine Tätigkeit ist, die der derzeitigen Eingruppierung des Klägers entspricht. Da diese Begrenzung ihren Sinngehalt aus der Gleichwertigkeit der Anforderungen an die verschiedenen Dienstposten ableitet, kann es für den Vergleich nur auf die jeweils grundständige Eingruppierung ankommen und nicht auf tarifliche Höherstufungen, die direkt oder indirekt nur vom Lebensalter oder den Dienstjahren abhängen. Eine Gleichwertigkeit der tariflichen Vergütung, die nur dadurch entsteht, dass der Dienstposten mit dem einfacheren Anforderungsprofil durch einen Beschäftigten besetzt ist, der im Wege des Bewährungsaufstieges aus derselben Vergütungsgruppe vergütet wird, vermittelt daher keine Gleichwertigkeit der beiden Dienstposten (BAG 30. August 1985 a.a.O.).

3.

30

In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kammer nach Abwägung aller Umstände zu der Feststellung gelangt, dass die Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule seinen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung als Gymnasiallehrer verletzt.

31

Der Kläger wird aufgrund seines beruflichen Profils zu Recht aus der Vergütungsgruppe IIa des BAT/BAT-0 bzw. heute aus der Entgeltsgruppe E13 des TV-L vergütet. Die tarifgerechte Vergütung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen wird nach der Sonderregelung SR 2 Buchst. 1 römisch I zum BAT (dort Nr. 3) danach bestimmt, wie vergleichbare Lehrkräfte im Beamtenstatus zu besolden wären. Ein Lehrer mit dem beruflichen Profil des Klägers würde als Beamter das Amt des Studienrates übertragen bekommen, das in der Eingangsbesoldung der Besoldungsgruppe A13 des Besoldungsordnung (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz) zugeordnet ist. Nach der insoweit anzuwendenden Tabelle aus § 11 BAT/BAT-O ergibt das eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IIa zum BAT/BAT-O, die nach § 17 TVÜ (Länder) zu einem Entgelt nach der Entgeltgruppe E13 führt.

32

Würde das beklagte Land unter Berücksichtigung der Ausbildung und unter Berücksichtigung der Grundsätze der sparsamen Haushaltsführung eine freie Stelle an einer Regionalen Schule durch einen nach neuem Recht ausgebildeten Lehrer besetzen, würde sie einen Lehrer einstellen, der die Lehrbefähigung für die Realschule oder die Real- und Hauptschule besitzt. Nach § 16 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Februar 2006 (GVOBl. M-V 2006, S. 41) umfasst die neu geschaffene Regionale Schule (auch als Regionalschule bezeichnet) die Klassen 5 bis 10 und soll entweder nach Klasse 9 zur Berufsreife führen oder nach Klasse 10 zur Mittleren Reife. Dementsprechend werden an dieser Schulform zur Erreichung des gesetzlichen Ziels dieser Schule unter anderem Realschullehrer benötigt. Realschullehrer haben ebenfalls zwei Staatsexamina, ihre Lehrbefähigung ist jedoch auf den Schulunterricht in der Realschule zugeschnitten. Realschullehrer im Beamtenverhältnis werden nach der Bundesbesoldungsordnung grundständig im Eingangsamt der Besoldungsgruppe A12 zugeordnet. Als Beamte gehören sie daher zur Laufbahn des gehobenen Dienstes, während Studienräte der Laufbahn des höheren Dienstes angehören. Nach der Tabelle zu § 11 BAT/BAT-O ergab sich bisher daraus eine Vergütung aus der Vergütungsgruppe III BAT/BAT-O, die nach § 17 TVÜ (Länder) zu einem Entgelt aus der Entgeltgruppe E11 oder E 12 führt, wobei die genaue Zuordnung davon abhängt, ob die Fallgruppe, die die Vergütung nach der Vergütungsgruppe III des BAT/BAT-0 vermittelt hatte, einen Aufstieg in die Vergütungsgruppe IIa (entsprechend A13 gD bei Beamten) ermöglicht hätte (vgl. Anlage 4 zum TVÜ-Länder). Die Einzelheiten zu dieser Differenzierung können hier dahinstehen, da jedenfalls feststeht, dass ein voll und nach neuem Recht ausgebildeter Lehrer an einer Regionalschule hier im Lande im besten Falle nur eine wenn nicht gar mehrere Vergütungsgruppen bzw. Entgeltgruppen unterhalb eines Lehrers am Gymnasium eingruppiert wäre.

33

Damit ist es ohne Einwilligung der Lehrkraft am Gymnasium nicht möglich, sie als Lehrkraft an einer Regionalen Schule einzusetzen.

4.

34

Diese rechtliche Bewertung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es bei den in Rede stehenden Personalmaßnahmen nicht um dauerhafte Versetzungen geht, sondern um vorübergehende Abordnungen, die entsprechend den Planungsrhythmen im Schulbereich schuljahresweise ausgesprochen werden.

35

Der Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung ist bereits dann verletzt, wenn es nur zu einem vorübergehenden nicht vertragsgemäßen Einsatz kommt. Das versteht sich eigentlich von selbst, wenn man sich vergegenwärtigt, dass dieser Anspruch aus den Wertungen des Grundgesetzes und damit letztlich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 GG) abgeleitet wird. Entscheidend ist allein der Umstand, dass ein Einsatz außerhalb der vertragsgemäßen Beschäftigung an sich schon eine Rechtsverletzung darstellt; eine zeitliche Komponente ist hier nicht vorgesehen.

36

Richtig ist in dem Zusammenhang nur, dass die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zwischen dem Kernbereich des Persönlichkeitsrechts und Randbereichen des Persönlichkeitsrechts differenziert. Daraus wird aber lediglich die Rechtsfolge abgeleitet, dass der Grundrechtsträger über Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts im Randbereich disponieren darf, während es einen Kern des Persönlichkeitsrechts gibt, der der privaten Disposition gänzlich entzogen ist. Im Sinne dieser Differenzierung gehört der Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung sicherlich zu den Randbereichen des Persönlichkeitsrechts, über die disponiert werden kann. Das bedeutet aber nur, dass es möglich ist, einen Arbeitnehmer auch außerhalb seines Anspruchs auf vertragsgemäße Beschäftigung zu beschäftigen, wenn das in seinem Einverständnis erfolgt. - Damit wird auch gleichzeitig deutlich, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht dazu fuhren muss, dass das beklagte Land jeglichen Handlungsspielraum verliert. Es muss bei seinen Maßnahmen nur berücksichtigen, dass es durch eine schulartübergreifende Abordnungspraxis in die vertraglichen Rechte der Lehrkräfte eingreift, was nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich ist. Das gegenseitige Einverständnis muss gegebenenfalls im Wege des Aushandelns hergestellt werden. Dass dieses Einverständnis möglicherweise nicht immer zum Nulltarif zu haben ist, ist für eine Situation, in der man sich über die Rechte anderer hinwegsetzen will, nicht ungewöhnlich und ist daher für sich genommen noch kein Grund, die bisher dazu ergangene Rechtsprechung in Frage zu stellen.

5.

37

Das erkennende Gericht sieht auch keinen Anlass, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung unter den Vorbehalt einer notwendigen Interessenabwägung zu stellen. Ohne Zweifel sind die vom beklagten Land durch die demographischen Verwerfungen und durch die gelegentlich fehlende Berechenbarkeit der Schulpolitik zu bewältigenden Personalprobleme im Schulbereich von einer ganz besonderen Qualität und Schärfe. Es ist dem Modell der vertraglich ausgehandelten Arbeitsbedingungen jedoch fremd, darauf Rücksicht zu nehmen. Gerade in der Krise, in der es so leicht ist, vertragliche Rechte durch Hinweis auf die Sachzwänge und Nöte argumentativ klein zu reden, kommt es darauf an, dass die vertraglichen Rechte der Lehrkräfte und auch das Recht auf vertragsgemäße Beschäftigung nicht in Frage gestellt wird, damit ihnen ein Stück Sicherheit verbleibt, der es einfacher macht, den notwendigen Wandel durchzustehen.

III.

38

Die Kosten des Rechtsstreit hat das beklagte Land zu tragen, da es den Rechtsstreit verloren hat (§ 91 ZPO).

39

Das Gericht hat die Revision zugelassen, da die Grenzen des Abordnungsrechts des öffentlichen Dienstherrn möglicherweise noch nicht zur Gänze ausgeleuchtet sind. Das beklagte Land hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass in der bisherigen Rechtsprechung überwiegend Fälle von Versetzungen und nicht von vorübergehenden Abordnungen eine Rolle gespielt haben.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. April 2010 - 5 Sa 214/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 27. Mai 2009 - 4 Ca 1119/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land den Kläger an eine Regionale Schule abordnen kann.

2

Der Kläger hat die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt und verfügt über die Lehrbefähigung in den Fächern Mathematik, Physik und Informatik. Er ist seit 1994 im Schuldienst des beklagten Landes. Der Arbeitsvertrag vom 17. Mai/22. Juni 1999 regelt ua.:

        

§ 1   

        

Herr S, geboren am …

        

wird ab 01.08.1999

        

für den Aufgabenbereich

        

eines Lehrers

        

als nicht vollbeschäftigter Angestellter mit durchschnittlich regelmäßig 50 von Hundert der jeweiligen Regelstundenzahl für vollbeschäftigte Lehrkräfte gemäß Erlass über die Festsetzung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern in der jeweils geltenden Fassung (25 Wochenstunden) unbefristet eingestellt.

        

…       

                 
        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

                 
        

§ 3     

        

Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 08. Mai 1991 in Verbindung mit den bundesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt in die Vergütungsgruppe II a BAT-Ost.“

3

Zum 1. August 2001 vereinbarten die Parteien die unbefristete Vollzeitbeschäftigung des Klägers unter Fortgeltung der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen.

4

Für das Schuljahr 2008/2009 wurde der Kläger ohne seine Einwilligung an eine Regionale Schule abgeordnet. Regionale Schulen umfassen die Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Sie führen mit Ende der Jahrgangsstufe neun zur Berufsreife und mit Ende der Jahrgangsstufe zehn zur mittleren Reife. An Regionalen Schulen sowie den Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs die schulartunabhängige Orientierungsstufe. Ab der Jahrgangsstufe sieben verbleiben die Schüler an der Regionalen Schule oder wechseln an ein Gymnasium. Realschullehrer erhalten im Eingangsamt an Regionalen Schulen eine Vergütung nach Entgeltgruppe (EG) 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12. Einige Lehrer erhalten an Regionalen Schulen auch eine Vergütung nach EG 13 TV-L.

5

Bis Ende des Schuljahres 2008/2009 war Stammdienststelle des Klägers das Gymnasium U. Mit seinem Einverständnis versetzte ihn das beklagte Land sodann an eine Kooperative Gesamtschule. Dort ist er dem gymnasialen Zweig der Schule zugeordnet.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, außerhalb von Notfällen dürfe das beklagte Land ihn nicht an Regionale Schulen abordnen. Die dortige Lehrtätigkeit sei der an einem Gymnasium nicht gleichwertig.

7

Der Kläger hat sich zunächst gegen die konkrete Abordnung an eine Regionale Schule gewendet. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Beendigung der Abordnung durch Zeitablauf hat er im Berufungsverfahren die Klage umgestellt und beantragt

        

festzustellen, dass eine künftige Abordnung außerhalb von Notfällen an eine Regionale Schule nicht zulässig ist.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule sei vom Direktionsrecht gedeckt. Es handele sich um gleichwertige Tätigkeiten. Die Rahmenpläne seien aufeinander abgestimmt, damit die Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe an das Gymnasium wechseln könnten. In beiden Schularten müsse der Kläger in der Sekundarstufe I unterrichten. Bei der Bewertung müsse berücksichtigt werden, dass auch an Regionalen Schulen Lehrer nach EG 13 TV-L vergütet würden.

9

Das Landesarbeitsgericht hat dem geänderten Feststellungsantrag stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Feststellung, dass eine Abordnung an eine Regionale Schule, dh. die vorübergehende Zuweisung dorthin unter Beibehaltung der Stammdienststelle, unzulässig ist, bezeichnet das Klagebegehren so genau, dass die Streitfrage zwischen den Parteien mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann. Die Beschränkung auf Abordnungen „außerhalb von Notfällen“ steht dem nicht entgegen, weil der Kläger damit lediglich klarstellt, dass er sich nicht gegen eine Abordnung in außergewöhnlichen Fällen wendet, in denen der Arbeitnehmer Arbeiten zu verrichten hat, deren Zuweisung nicht vom allgemeinen Weisungsrecht gedeckt ist (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 20, 32, BAGE 132, 88; 3. Dezember 1980 - 5 AZR 477/78 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 4 = EzA BGB § 615 Nr. 39).

13

2. Das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Die Parteien streiten über den Inhalt der Leistungspflicht des Klägers. Eine Feststellungsklage kann auf den Umfang einer Leistungspflicht aus einem Rechtsverhältnis beschränkt sein (BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9). Das beklagte Land berühmt sich des Rechts zur Abordnung des Klägers an Regionale Schulen und hat das Direktionsrecht insoweit bereits ausgeübt. Mit einer Entscheidung über die begehrte Feststellung wird abschließend geklärt, ob eine solche Abordnung zulässig ist.

14

II. Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Land ist rechtlich befugt, den Kläger an eine Regionale Schule abzuordnen.

15

1. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (st. Rspr., vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, NZA 2011, 507; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 22 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 104, 16; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Übertragung einer Tätigkeit, die geringere Qualifikationsmerkmale erfüllt, ist auch dann nicht zulässig, wenn der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiterzahlt. Auch die Zuweisung einer Tätigkeit, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die ursprünglich maßgebende Vergütungsgruppe ermöglicht, ist regelmäßig nicht vom Direktionsrecht gedeckt (BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 455/96 - zu B I 2 der Gründe, ZTR 1998, 187; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, aaO). Ein weitergehendes Direktionsrecht folgt schließlich nicht aus § 4 Abs. 1 TV-L. Danach können Beschäftigte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen abgeordnet werden. Auch dieses tarifliche Recht wird durch den Inhalt des Arbeitsvertrags begrenzt (vgl. zur Vorgängerregelung des § 12 BAT: BAG 11. Juni 1992 - 6 AZR 218/91 - zu II 1 der Gründe, AP BAT § 12 Nr. 2). Voraussetzung für die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit ist somit regelmäßig, dass sie als gleichwertig anzusehen ist (st. Rspr., vgl. BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, aaO; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

16

2. Der Arbeitsvertrag steht der Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule nicht entgegen. Die vertraglich geschuldete Tätigkeit ist nicht auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium beschränkt.

17

a) Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 13, AP BGB § 307 Nr. 50; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

18

b) Nach § 1 des Arbeitsvertrags ist der Kläger „für den Aufgabenbereich eines Lehrers“ eingestellt worden. Nach objektivem Inhalt und typischem Sinn ergibt sich daraus, dass dem Kläger (nur) Tätigkeiten eines Lehrers zugewiesen werden können. Eine weitergehende Beschränkung auf eine Lehrtätigkeit (nur) an einem Gymnasium ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen.

19

c) Eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium folgt nicht aus der Eingruppierung des Klägers in die VergGr. IIa BAT-O bzw. nach Überleitung gemäß § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder iVm. Teil B der Anlage 2 TVÜ-Länder in die EG 13 TV-L.

20

aa) Nach § 3 des Arbeitsvertrags bestimmt sich die Eingruppierung des Klägers nach dem Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 8. Mai 1991 (im Folgenden: Änderungstarifvertrag Nr. 1). Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 ist der Kläger in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die gemäß § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in die er eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Diese Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften ist rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr., vgl. BAG 6. September 2001 - 8 AZR 59/01 - zu 2 der Gründe mwN, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 91).

21

bb) Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien oder an beruflichen Schulen werden bei einer entsprechenden Verwendung nach Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes (Bundesbesoldungsordnungen A und B - BBesO A/B) in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft (vgl. BAG 30. Oktober 2003 - 8 AZR 494/02 - zu II 2 c der Gründe, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 117). Dem entspricht eine Eingruppierung in die VergGr. IIa BAT-O. Aufgrund seiner Verwendung als Lehrer an einem Gymnasium hatte der Kläger deshalb nach Überleitung in den TV-L einen Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L. Darüber streiten die Parteien nicht.

22

cc) Eine vertragliche Beschränkung der Leistungspflicht auf eine Lehrtätigkeit nur an einem Gymnasium ergibt sich daraus nicht. Nach BBesO A/B kann ein beamteter Lehrer nach A 13 besoldet werden, ohne dass er an einem Gymnasium verwendet wird. Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Primarstufe und die Sekundarstufe I und Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II können zB bei entsprechender Verwendung in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft werden, sofern die Vorgaben der Protokollnotizen 18 und 20 im Hinblick auf den Umfang der ausgebrachten Planstellen eingehalten werden. Aus der Eingruppierung des Klägers kann deshalb entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Leistung geschlossen werden.

23

d) Eine Einschränkung der Leistungspflicht folgt nicht daraus, dass der Kläger die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt hat. Der Vertrag definiert den Aufgabenbereich des Klägers allgemein als den eines Lehrers; eine einschränkende Auslegung ist nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise auch nicht nahe liegend, denn eine Lehrtätigkeit in einer anderen Schulart ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des beklagten Landes nicht ausgeschlossen. Nach § 100 Abs. 4 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern(SchulG M-V) erteilt der Lehrer zwar Unterricht in solchen Fächern und Schularten, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Er kann aber auch Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dies nach Vorbildung und bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist (§ 100 Abs. 4 Satz 2 SchulG M-V). Eine schulartübergreifende Lehrtätigkeit ist danach in den Grenzen der Zumutbarkeit gesetzlich möglich. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit als Lehrer, die in ihrer Wertigkeit der EG 13 TV-L entspricht.

24

3. Der Kläger kann an einer Regionalen Schule als Lehrer gleichwertig beschäftigt werden, sodass eine Abordnung dorthin in den Grenzen von § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich ist.

25

Mangels anderer Anhaltspunkte bestimmt sich die Gleichwertigkeit grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungssystems orientiert sie sich regelmäßig an diesem System (BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14).

26

a) An Regionalen Schulen beschäftigt das beklagte Land Lehrkräfte, die nach EG 13 TV-L vergütet werden. Nach BBesO A/B ist die Besoldung vergleichbarer Beamter aus der Besoldungsgruppe A 13 an Regionalen Schulen möglich, soweit die in den Protokollnotizen 18 und 20 ausgewiesenen Grenzen beachtet werden. Mit dieser Vergütungssystematik hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Tätigkeiten grundsätzlich gleichwertig sind. Der Kläger kann deshalb bei einer Abordnung an eine Regionale Schule mit einer Lehrtätigkeit beschäftigt werden, die nach dem bestehenden Vergütungssystem der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium gleichwertig ist.

27

b) Dem steht nicht entgegen, dass auf diesen Stellen auch Lehrkräfte beschäftigt werden können, die im Eingangsamt an einer Regionalen Schule zuvor eine Vergütung nach EG 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12 (Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, soweit nicht anders eingereiht) bezogen haben. Dem Kläger werden deshalb bei einer Abordnung keine weniger qualifizierten Tätigkeiten übertragen, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die maßgebende Vergütungsgruppe ermöglichen (vgl. BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 ist nach BBesO A/B nicht durch eine solche Regelungssystematik geprägt.

28

c) Das Schulkonzept der Regionalen Schule des beklagten Landes und das sich daraus ableitende Sozialbild bestätigen die Gleichwertigkeit der Tätigkeit eines Lehrers an einer Regionalen Schule mit der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium. Nach § 15 Abs. 1 SchulG M-V bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs an Regionalen Schulen und Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen eine schulartunabhängige Orientierungsstufe. Diese hat die Aufgabe, durch Beobachtung, Förderung und Erprobung das Erkennen der Interessengebiete und Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und damit die Wahl zwischen den nachfolgenden Bildungsgängen ab der Jahrgangsstufe sieben zu erleichtern. Es gibt damit eine schulartübergreifende Notwendigkeit, Lehrkräfte auch mit der Lehrbefähigung für das Gymnasium dort einzusetzen, wo Schüler auf einen Wechsel zum Gymnasium vorbereitet werden.

29

III. Ob eine Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule rechtmäßig ist, hängt nach § 106 GewO, § 315 BGB von den Umständen des Einzelfalls und der Ausübung billigen Ermessens ab. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TV-L müssen dienstliche Gründe die Abordnung bedingen. Sodann ist die gesetzliche Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V zu beachten, wonach ein Lehrer grundsätzlich Unterricht in solchen Fächern und Schularten zu erteilen hat, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Darüber hinaus kann er Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dieses nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. Geboten ist deshalb in jedem Einzelfall eine Abwägung aller dienstlichen und sozialen Belange. Eine gehäufte Abordnungspraxis kann der gesetzlichen Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V widersprechen und zur Unwirksamkeit einer Abordnung führen.

30

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Beschäftigten, die nach dem für die Dienststelle maßgebenden Tarifvertrag oder nach der Dienstordnung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, die als übertarifliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden oder die sich in einer beruflichen Ausbildung befinden,
2.
Arbeitstage die Wochentage Montag bis Freitag mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage,
3.
Beamtinnen und Beamte die Beschäftigten, die nach den jeweils für sie geltenden Beamtengesetzen Beamtinnen und Beamte sind,
4.
Behörden der Mittelstufe die der obersten Dienstbehörde im Sinne dieses Gesetzes unmittelbar nachgeordneten Behörden, denen andere Dienststellen nachgeordnet sind,
5.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst vorbehaltlich des Absatzes 2 die Beamtinnen und Beamten sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie Richterinnen und Richter, die an eine der in § 1 Absatz 1 genannten Verwaltungen oder zur Wahrnehmung einer nichtrichterlichen Tätigkeit an ein Gericht des Bundes abgeordnet sind,
6.
Dienststellen vorbehaltlich des § 6 die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der in § 1 Absatz 1 genannten Verwaltungen sowie die Gerichte,
7.
Personalvertretungen die Personalräte, die Stufenvertretungen und die Gesamtpersonalräte.

(2) Als Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht Personen,

1.
deren Beschäftigung überwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist oder
2.
die überwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung beschäftigt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. November 2008 - 13 Sa 912/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13. Februar 2008 - 6 Ca 82/07 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 nicht beendet worden ist.

3. Wegen der übrigen Klageanträge wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier betriebsbedingter Kündigungen.

2

Der 1971 geborene Kläger ist Maurer- und Betonbauermeister. Seit dem 1. Oktober 1996 ist er als Ausbildungsmeister bei der Beklagten beschäftigt. In den Jahren 2002/2003 absolvierte er einen Lehrgang und eine Meisterprüfung als Zimmerer. Mit Wirkung vom 18. April 2006 ist er einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

3

Die Beklagte betreibt überbetriebliche Ausbildung für das Maurer- und Zimmererhandwerk. Noch im Jahr 2000 beschäftigte sie unter insgesamt etwa 30 Arbeitnehmern vier Meister. Nachdem sich die Zahl der Auszubildenden bis 2007 im Maurerbereich von 137 auf 68 und im Zimmererbereich von 124 auf 67 reduziert hatte, beschloss sie, Ausbildungsangebote nur noch einzügig anzubieten und dafür lediglich zwei Ausbildungsmeister einzusetzen.

4

Mit Schreiben vom 23. Januar 2007 informierte die Beklagte den Personalrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers und bat um Mitteilung, welcher der drei im Jahr 2007 noch beschäftigten Ausbildungsmeister nach seiner - des Personalrats - Einschätzung am wenigsten sozial schutzwürdig sei. Mit Schreiben vom 30. Januar 2007 beantragte sie die Zustimmung zur fristgerechten Kündigung. Der Personalratsvorsitzende teilte dem Geschäftsführer daraufhin mit, dass der Personalrat der Kündigung weder zustimmen noch sie ablehnen werde und mit einer weiteren Stellungnahme des Gremiums nicht zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2007. Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 kündigte sie ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2007.

5

Mit seiner am 19. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die rückläufigen Auszubildendenzahlen rechtfertigten eine betriebsbedingte Kündigung nicht. Auch sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Im Übrigen habe der Personalrat der Kündigung vom 31. Januar 2007 entgegen § 68 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes vom 22. Januar 2007 (NPersVG) nicht zugestimmt. Bei Zugang der Kündigung habe weder eine Zustimmungserklärung vorgelegen noch die Zustimmung als erteilt gegolten.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.   

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 31. Januar 2007 und 26. Juni 2007 nicht beendet worden ist;

        

2.   

die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Ausbildungsmeister auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Der Personalrat habe schon der Kündigung vom 31. Januar 2007 zugestimmt. Durch Übergabe des Anhörungsschreibens an seinen Vorsitzenden sei das Mitbestimmungsverfahren tags zuvor eingeleitet worden. Da der Personalrat beschlossen habe, sich zur Kündigung nicht zu äußern, und der Vorsitzende dies ihrem Geschäftsführer noch am 30. Januar 2007 mündlich mitgeteilt und erklärt habe, mit einer weiteren Stellungnahme sei nicht zu rechnen, gelte die Zustimmung zu diesem Zeitpunkt als erteilt.

8

Das Arbeitsgericht hat - nach Beweisaufnahme - die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Kündigung vom 31. Januar 2007 ist unwirksam. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat vermag über die Wirksamkeit der Kündigung vom 26. Juni 2007 nicht abschließend zu entscheiden.

10

A. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 nicht beendet worden. Die Kündigung ist nach § 65 Abs. 2 Nr. 9, § 68 Abs. 1 und 2 NPersVG iVm. § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam. Es mangelt ihr an der erforderlichen Zustimmung des Personalrats.

11

I. Nach § 108 Abs. 2 BPersVG ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist (Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 58/06 - Rn. 14, BAGE 123, 175; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 36, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144). Diese bundesrechtliche Regelung gilt für die Länder unmittelbar. Danach ist eine Kündigung wegen mangelnder Beteiligung der Personalvertretung in allen Fällen unwirksam, in denen das Landesrecht eine Beteiligung des Personalrats vorschreibt. Die ordnungsgemäße Durchführung des jeweiligen vom Landesgesetzgeber vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens ist Wirksamkeitsvoraussetzung einer jeden Kündigung (BVerfG 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - zu B I 1 a der Gründe, BVerfGE 51, 43). Dies gilt auch, soweit das Landesrecht die Zustimmung des Personalrats zur Voraussetzung der Wirksamkeit macht.

12

II. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 31. Januar 2007 gekündigt, bevor das nach § 65 Abs. 2 Nr. 9, § 68 Abs. 1 und 2 NPersVG durchzuführende Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen war.

13

1. Nach § 65 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG bestimmt der Personalrat bei einer ordentlichen Kündigung mit. Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, bedarf sie nach § 68 Abs. 1 NPersVG seiner Zustimmung. Gemäß § 68 Abs. 2 NPersVG hat die Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme schriftlich zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen. Der Beschluss des Personalrats ist der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Antrags mitzuteilen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Personalrat sie nicht innerhalb der Frist schriftlich unter Angabe von Gründen verweigert oder die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach den §§ 64 bis 67 NPersVG liegen.

14

2. Im Streitfall ist die Kündigung der Beklagten ohne ausdrückliche Zustimmung des Personalrats und vor Eintritt der Zustimmungsfiktion des § 68 Abs. 2 NPersVG erklärt worden.

15

a) Der Personalrat hat der Kündigung weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt. In der Mitteilung seines Vorsitzenden, der Personalrat werde sich zum Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht schriftlich äußern und der Kündigung weder zustimmen noch sie ablehnen, mit einer weiteren Stellungnahme sei nicht zu rechnen, liegt keine Zustimmung iSd. § 68 Abs. 1 NPersVG. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Personalratsvorsitzende auf der Basis eines wirksamen Beschlusses handelte und die Beklagte ggf. auf die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses vertrauen durfte (vgl. dazu BVerwG 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62, 67; Weber in Richardi/Dörner/Weber BPersVG 3. Aufl. § 69 Rn. 53 mwN; Fischer/Goeres/Gronimus in Fürst GKöD V Stand Juli 2004 K § 69 Rn. 9g).

16

b) Die Zustimmung des Personalrats gilt auch nicht als erteilt.

17

aa) Gemäß § 68 Abs. 2 NPersVG wird die Zustimmung des Personalrats fingiert, wenn dieser sie nicht innerhalb der zweiwöchigen Äußerungsfrist - schriftlich unter Angabe von Gründen - verweigert hat. Diese Frist begann im Streitfall mit der Zuleitung des Antrags auf Zustimmung an den Personalratsvorsitzenden am 30. Januar 2007. Bei Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 31. Januar 2007 war sie noch nicht abgelaufen. Die gesetzliche Zustimmungsfiktion war folglich noch nicht eingetreten.

18

bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Erklärung des Personalratsvorsitzenden vom 30. Januar 2007, der Personalrat werde zum Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht Stellung nehmen, keinen vorzeitigen Eintritt der Fiktion bewirkt.

19

Nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 NPersVG gilt die Zustimmung des Personalrats erst nach Ablauf der gesetzlichen Äußerungsfrist und nicht schon mit Zugang einer Erklärung von dessen Seite als erteilt, er werde der Kündigung weder zustimmen noch ihr widersprechen (vgl. auch BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14, NZA 2010, 278; 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 37, BAGE 120, 239; BVerwG 7. Dezember 1994 - 6 P 35.92 - zu II 2 d bb der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 13). Die Beklagte konnte die Kündigung deshalb selbst dann nicht wirksam vor Ablauf der Zweiwochenfrist aussprechen, wenn die Erklärung des Personalratsvorsitzenden, wie sie gemeint hat, tatsächlich als abschließende Äußerung der Personalvertretung anzusehen sein sollte.

20

Eine Abkürzung der Äußerungsfrist und einen darauf beruhenden vorzeitigen Eintritt der Zustimmungsfiktion lässt das Gesetz nicht zu. Die vom Landesarbeitsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, derzufolge der Arbeitgeber bereits vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kündigen kann, wenn der Betriebsrat abschließend zur Kündigungsabsicht Stellung genommen hat (vgl. 12. März 1987 - 2 AZR 176/86 - zu B I 1 b und c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 71; 4. August 1975 - 2 AZR 266/74 - zu III 3 der Gründe, BAGE 27, 209), kann wegen der Unterschiedlichkeit der Beteiligungsrechte auf das Mitbestimmungsverfahren bei einer ordentlichen Kündigung nach § 68 Abs. 2 NPersVG nicht übertragen werden. Sie verstieße gegen das im NPersVG normierte positive Konsensprinzip (zu § 79 PersVG Berlin: BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14, NZA 2010, 278; vgl. auch Weber in Richardi/Dörner/Weber BPersVG 3. Aufl. § 69 Rn. 13). Der Personalrat besitzt bei der Kündigung eines Arbeitnehmers nicht nur ein Anhörungsrecht. Eine ordentliche Kündigung bedarf seiner vorherigen Zustimmung. Diese muss in jedem Fall vor Ausspruch der Kündigung vorliegen. Entweder sie wurde vom Personalrat selbst innerhalb zweier Wochen erteilt oder sie wurde nach form- und fristgerechter Verweigerung im Verfahren nach § 70 NPersVG erzielt, äußerstenfalls also durch eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde ersetzt, oder sie wurde nach Ablauf von zwei Wochen gesetzlich fingiert. Einen „vierten Weg“ in Gestalt einer Zustimmungsfiktion vor Ablauf von zwei Wochen gibt es nicht. Selbst bei ausdrücklicher und fristgemäßer Zustimmungsverweigerung aus Gründen, die „offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 liegen“ (§ 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG), gilt die Zustimmung erst nach Ablauf der zweiwöchigen Äußerungsfrist und nicht bereits mit Eingang der unbeachtlichen abschließenden Verweigerung als erteilt (zu § 79 PersVG Berlin: BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14 mwN, aaO). Für den Fall, dass der Personalrat - wie hier - innerhalb der Äußerungsfrist noch nicht einmal inhaltlich zur Kündigungsabsicht Stellung genommen und ihr widersprochen, sondern nur erklärt hat, er werde sich inhaltlich gerade nicht äußern, kann nichts anderes gelten. Auch in diesem Fall verkürzt sich die gesetzliche Frist bis zum Eintritt der Zustimmungsfiktion nicht. Eine solche Annahme liefe auf eine nicht gerechtfertigte Anwendung des Gesetzes jenseits seines Wortsinns hinaus.

21

B. Die Sache ist nicht in vollem Umfang entscheidungsreif. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 26. Juni 2007 beendet worden ist, vermag der Senat auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu beurteilen. Das Berufungsgericht hat sich - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig - mit dieser Kündigung nicht befasst. Das wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Eylert    

        

        

        

    Röder    

        

    Niebler    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Januar 2009 - 9 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin ist an der Musikschule der beklagten Stadt als Lehrkraft beschäftigt. Kraft vertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Durch einen zwischen der Beklagten mit der Gewerkschaft ver.di am 3. Februar 2005 vereinbarten Anwendungstarifvertrag wurde die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Musikschullehrer für die Zeit vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2008 von 30 auf 27 Unterrichtsstunden zu 45 Minuten herabgesetzt. Die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden wird von den Lehrkräften in Absprache mit den Schülern bzw. deren Eltern selbst festgelegt. Ein Dienstplan besteht nicht.

3

Zum 1. August 2005 trat eine vom Direktor der Musikschule erlassene „Dienstanweisung über den Abbau des Ferienüberhangs“ in Kraft, an welcher die Beklagte den Personalrat zuvor nicht beteiligt hatte. Nach § 1 dieser Dienstanweisung bezeichnet der sog. Ferienüberhang den Überhang an Freizeit, der durch die unterrichtsfreie Zeit in den Schulferien entsteht und der nicht durch Urlaub oder anderweitigen Arbeitseinsatz ausgefüllt ist. Gemäß § 4 der Dienstanweisung wird der Ferienüberhang dadurch abgebaut, dass ein vollbeschäftigter Musikschullehrer wöchentlich außerhalb der Schulferien des Freistaates Sachsen nicht durchschnittlich 27, sondern 31,05 Unterrichtseinheiten leistet, wobei ein Ausgleichszeitraum von 52 Wochen zugrunde gelegt wird.

4

Mit Schreiben vom 7. November 2005 teilte der Personalrat der Beklagten mit, der Ferienüberhang sei mitbestimmungswidrig und daher nicht wirksam umgesetzt worden. Anfang April 2006 leitete er ein Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht ein, in dem festgestellt werden sollte, dass durch die Dienstanweisung das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt worden sei. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag durch Beschluss vom 16. August 2010 ab (- PL 9 A 223/09 -) und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

5

Ab dem 1. August 2005 erteilte die Klägerin außerhalb der Schulferien wöchentlich 31,05 Unterrichtsstunden. Sie hat geltend gemacht, seit diesem Zeitpunkt habe sie Überstunden in Höhe von wöchentlich 4,05 Stunden geleistet, da sie in jeder Unterrichtswoche durchschnittlich 31,05 statt der tariflich geltenden 27 Stunden unterrichtet habe. Die durch die Dienstanweisung erfolgte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit und die Festlegung des Ausgleichszeitraums seien unwirksam gewesen, weil sie unter Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats aus § 80 Abs. 3 Nr. 1 SächsPersVG erfolgt seien.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Überstundenausgleich im Umfang von 4,05 Stunden je Woche für die Zeit vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2008 zu gewähren.

7

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin habe keine Überstunden geleistet, sondern nur die innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 52 Wochen von ihr geschuldeten Unterrichtsstunden. Die Berechnung des Ferienüberhangs habe nicht der Zustimmung des Personalrats bedurft.

8

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

10

I. Die Klage ist zulässig.

11

1. Der Antrag der Klägerin bedarf der Auslegung. Aufgrund des Vortrags der Klägerin in den Vorinstanzen und ihren Klarstellungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist der Antrag einschränkend dahin auszulegen, dass die Klägerin den begehrten Überstundenausgleich von 4,05 Stunden für volle Unterrichtswochen außerhalb der Schulferien begehrt. Soweit die Schulferien im Laufe der Woche begonnen oder geendet haben, verlangt die Klägerin einen anteiligen Ausgleich. Gegenstand des Überstundenausgleichs ist nach den Darlegungen der Klägerin die Zahlung der tariflichen Überstundenvergütung. Allein mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

12

2. Die Klägerin konnte ihr Begehren mit einer Feststellungsklage verfolgen.

13

a) Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Verpflichtungen aus einem Rechtsverhältnis sein (BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19, EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9). Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung eines Überstundenausgleichs gerichtete Feststellungsantrag hat eine solche Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand.

14

b) Für diesen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen, denn das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann auch erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (zu diesen Anforderungen BAG 13. März 2007 - 1 AZR 232/06 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 32).

15

c) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 4. Dezember 2008 vorgenommenen zeitlichen Begrenzung eine vergangenheitsbezogene Feststellung für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2008 begehrt. Der nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt(vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, AP BGB § 241 Nr. 4).

16

II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geforderten Überstundenausgleich. Sie hat keine Überstunden geleistet.

17

1. Für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 30. September 2005 richtete sich die Regelung von Überstunden nach § 17 Abs. 1 BAT-O, für den nachfolgenden Zeitraum ist § 7 Abs. 7 des zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Bereich Verwaltung im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-AT) maßgeblich.

18

a) Gem. § 17 Abs. 1 BAT-O sind Überstunden die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit iSv. § 15 Abs. 1 bis 4 BAT-O und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 2 BAT-O ist dienstplanmäßige Arbeit die Arbeit, die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist. Überstunden fallen danach erst an, wenn die vom Angestellten auf Anordnung des Arbeitgebers im Ausgleichszeitraum von 26 Wochen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT geleisteten Arbeitsstunden über die geschuldete regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen(BAG 13. Dezember 2001 - 6 AZR 127/00 - zu B I 2 b aa der Gründe, ZTR 2002, 323).

19

b) Gem. § 7 Abs. 7 TVöD-AT sind Überstunden, die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten(§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen.

20

2. Die regelmäßige Arbeitszeit vollbeschäftigter Musikschullehrer bei der Stadt L betrug im Streitzeitraum gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT-O iVm. Nr. 2 der SR 2l II bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT iVm. § 52 Nr. 2 TVöD-BT-V, beide iVm. § 2 Abs. 2 Anwendungstarifvertrag, ohne Berücksichtigung des Ferienüberhangs 27 Unterrichtsstunden. Die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der bei der Beklagten beschäftigten Musikschullehrer ergibt sich damit nach den anwendbaren Tarifregelungen erst nach Berücksichtigung des Ferienüberhangs. Nachdem die Klägerin nicht bestritten hat, dass der in der Dienstanweisung der Beklagten ausgewiesene Ferienüberhang von 4,05 Unterrichtsstunden zutreffend berechnet ist, hat diese durch die Anordnung des Ferienüberhangs die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit tarifgerecht konkretisiert. Da die Klägerin nicht mehr Unterrichtsstunden als nach der Dienstanweisung vorgesehen geleistet hat, gibt es keine Überstunden, deren Ausgleich sie verlangen könnte.

21

3. Der Personalrat war bei der Festlegung der sich aus der Berücksichtigung des Ferienüberhangs ergebenden Dauer der regelmäßig zu leistenden Arbeitszeit der Musikschullehrer nicht zu beteiligen. Nach § 80 Abs. 3 Nr. 1 Sächsisches Personalvertretungsgesetz idF der Bekanntmachung vom 25. Juni 1999 (SächsPersVG) hat die Personalvertretung, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ggf. durch Abschluss einer Dienstvereinbarung mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Bestimmung der Zahl der außerhalb der Schulferien zu leistenden Unterrichtsstunden geht es indes weder um Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit noch um die Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Wochentage. Die Unterrichtsstunden werden vielmehr - unstreitig - von den jeweiligen Musikschullehrern mit den Schülern bzw. deren Eltern vereinbart. Gegenstand der Dienstanweisung ist die Bestimmung der Dauer der sich aus der Berücksichtigung des Ferienüberhangs ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Diese unterliegt jedoch nach § 80 Abs. 3 Nr. 1 SächsPersVG nicht der Mitbestimmung des Personalrats.

22

4. Selbst wenn man mit der Revision der Auffassung wäre, die Berücksichtigung des Ferienüberhangs bei der Berechnung der Zahl der von den Musikschullehrern außerhalb der Schulferien zu leistenden Unterrichtsstunden unterliege der Mitbestimmung des Personalrats, wäre die Klage gleichwohl unbegründet.

23

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsverfassungsrecht ist die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung zwar Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei allerdings nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt jedoch nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden. Bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer daher keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, welche die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (18. September 2002 - 1 AZR 668/01 - zu I 1 c der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 99 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 1).

24

b) Auch wenn man zugunsten der Klägerin annimmt, diese Rechtsprechung sei auf Verstöße gegen Mitbestimmungsrechte aus dem Personalvertretungsrecht übertragbar (vgl. dazu Fischer/Goeres Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder Stand August 2010 § 75 Rn. 73; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler BPersVG 6. Aufl. § 75 Rn. 112 und § 69 Rn. 69; Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber BPersVG Stand August 2010 § 75 Rn. 106; Kaiser in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 75 Rn. 228 f.), hat sie keinen Anspruch auf Überstundenvergütung im Umfang von 4,05 Stunden je Unterrichtswoche. Aus dem Regelungszweck des § 80 Abs. 3 Nr. 1 SächsPersVG lässt sich diese Rechtsfolge nicht herleiten.

25

aa) Zweck dieses Mitbestimmungsrechts ist zum einen, dem Personalrat zu ermöglichen, darauf hinzuwirken, dass berechtigte Wünsche einzelner Beschäftigter hinsichtlich der zeitlichen Lage ihrer Arbeitszeit in Einklang mit den dienstlichen Erfordernissen gebracht, dh. im Rahmen des Möglichen berücksichtigt werden. Zum anderen ist es Aufgabe des Personalrats im Rahmen der arbeitszeitbezogenen Mitbestimmung, die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen zu überwachen. Da diese Bestimmungen auch der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeitszeitgestaltung dienen (vgl. § 1 Nr. 1 ArbZG), zielt die arbeitszeitbezogene Mitbestimmung letztlich auf den Schutz der Beschäftigten vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme (BVerwG 30. Juni 2005 - 6 P 9/04 - zu II 2 b dd der Gründe, BVerwGE 124, 34 zum wortgleichen § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG).

26

bb) Ausgehend von diesem Schutzzweck des § 80 Abs. 3 Nr. 1 SächsPersVG könnte Rechtsfolge eines Verstoßes gegen dieses Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung des Ausgleichszeitraums nach § 6 Abs. 2 TVöD-AT allenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitnehmer sein(so bei einer mitbestimmungswidrigen Überstundenanordnung Kaiser in Richardi/Dörner/Weber § 75 Rn. 229). Ob dies auch für eine ohne Zustimmung des Personalrats erfolgte Festlegung der Arbeitszeit nach § 106 GewO gilt, bedarf hier keiner Entscheidung, denn der Streit der Parteien betrifft nicht diese Frage, sondern die Forderung der Klägerin nach Vergütung von außerhalb der Schulferien wöchentlich über die 27 Unterrichtsstunden geleisteten weiteren 4,05 Stunden Musikschulunterricht. Ein derartiger Vergütungsanspruch lässt sich aus § 80 Abs. 3 Nr. 1 SächsPersVG iVm. der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung jedoch nicht herleiten.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)