Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.556,10 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04.2017 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die ab dem 01.11.2017 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent des Bruttostundenlohnes für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 56 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz gemäß § 288 Absatz 5 BGB in Höhe von 320,00 Euro zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt zu 88 Prozent und die Klägerin zu 12 Prozent die Kosten des Rechtsstreits.

II.

Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zum einen über eine angemessene Entschädigung für geleistete Nachtarbeitsstunden und zum anderen um Zahlungsansprüche aus – wie die Klägerin behauptet – nicht gewährten Pausenzeiten im Rahmen der Erbringung von Nachtarbeit.

2

Die Klägerin ist seit 1998 bei der Beklagten, einem privaten Dienstleister im Bereich der Seniorenbetreuung, beschäftigt. An einigen Standorten bietet die Beklagte auch spezielle Konzepte für pflegebedürftige jüngere Menschen an, so auch am Standort „P.“, an dem die Klägerin eingesetzt ist. Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Grundvergütung von 2.041,67 Euro brutto im Rahmen einer 35 Stundenwoche, woraus sich ein Stundenlohn von 13,44 Euro ergibt. Die Klägerin arbeitet im Schichtdienst, nämlich Tag-, Wechsel- und Nachtdienst. Die Nachtschicht beginnt bei der Beklagten üblicherweise um 20:45 Uhr und dauert bis 06:15 Uhr. Auf Grund einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 01.08.1999 zahlt die Beklagte der Klägerin für Nachtarbeit einen Zuschlag in Höhe von 1,08 Euro brutto je Stunde, und zwar für die Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Außerdem besteht bei der Beklagten eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 09.05.2005, in der es – soweit hier von Bedeutung – wie folgt lautet:

3

„11. Zugesagte Zuschläge

4

Den gesamten Mitarbeitern wird arbeitgeberseits zugesagt, soweit nicht individualvertraglich eine günstigere Regelung besteht, dass neben der Zeitgutschrift für die tatsächliche Arbeitsleistung folgende Zeitzuschläge gewährt werden:

5

a) für Nachtarbeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr                           1,00 €/Std.“

6

Während der Nachtschicht ist in der Einrichtung „P.“ eine Pflegefachkraft eingesetzt. Diese wird ganz überwiegend (jedoch nicht ausschließlich, so z. B. unstreitig nicht für den 14.07.2017, 15.07.2017 und 16.07.2017) durch eine Pflegehilfskraft unterstützt.

7

In der Einrichtung „P.“ der Beklagten leben chronisch kranke Menschen, wie schwere Alkoholiker und Drogenabhängige. In der Regel sind 42 Personen zu betreuen, wobei der MDK für den überwiegenden Teil dieser Personen die Pflegestufe 2 und teilweise die Pflegestufe 3 festgestellt hat.

8

Die im Rahmen der Nachtschicht zu erbringenden Arbeitsleistungen sind zwischen den Parteien dem Grunde nach – von einigen kleineren Arbeitsschritten abgesehen – ganz überwiegend unstreitig, wobei teilweise unterschiedliche Wertungen hinsichtlich der Dauer und der Intensität bestimmter Arbeitsschritte vorgetragen und teilweise abweichende Angaben zu den Zeitpunkten, zu denen die Arbeiten tatsächlich anfallen, gemacht werden. Auf der Grundlage des erstinstanzlichen Schriftsatzes der Beklagten vom 21.06.2017 (Blatt 107 bis 112 d. A.) stellen sich die dem Grunde nach überwiegend unstreitigen Tätigkeiten, die während der Nachtschicht zu erbringen sind, wie folgt dar:

9

- Dienstübergabe der Fachkraft an den Nachtdienst;
- Hilfe beim Zubettgehen der Bewohner, gegebenenfalls Radio und Fernseher abschalten, zubereiten und gegebenenfalls Hilfe bei der Nahrungsaufnahme;
- erster Kontrollgang, Toilettengänge, Wechsel von Inkontinenzprodukten, Lagern von Bewohnern nach Bedarf, Radio und Fernseher ausschalten von Bewohnern nach Bedarf;
- zweiter Kontrollgang;
- dritter Kontrollgang, Toilettengänge, Wechsel von Inkontinenzprodukten, Lagern von Bewohnern nach Bedarf, Dokumentation in den Bewohnerakten;
- Dienstübergabe der Fachkraft an den Frühdienst

10

Zwischen den Kontrollgängen fallen insoweit unstreitig folgende Tätigkeiten an:

11

- Reinigung und Desinfektion in den Dienstzimmern;
- Reinigung und Desinfektion der Kühlschränke einmal im Monat;
- Temperaturkontrolle der Kühlschränke;
- Reinigung und Desinfektion der Rollstühle

12

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten für unstreitig 105 geleistete Nachtschichten in dem Zeitraum Januar 2016 bis Februar 2017 die Zahlung eines Zuschlages von 25 Prozent je Arbeitsstunde (13,44 Euro x 25 Prozent = 3,36 Euro) abzüglich der durch die Beklagte geleisteten 1,08 Euro und mithin eine Differenzzahlung von 2,28 Euro je Nachtarbeitsstunde. In diesem Zusammenhang setzt die Klägerin pro Schicht den gesamten Nachtarbeitszeitraum von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr und mithin jeweils sieben Stunden an, da nach ihrer Auffassung eine Pausengewährung im Sinne des Arbeitszeitgesetzes während einer jeden Nachtschicht durch die Beklagte nicht erfolgt sei. Mit dieser Begründung fordert die Klägerin von der Beklagten außerdem für diese 105 Nachtschichten die Zahlung von jeweils 30 Minuten zu Unrecht einbehaltenen Arbeitsentgelts (52,5 Stunden zu jeweils 13,44 Euro). Schließlich begehrt die Klägerin mit Wirkung ab dem 01.10.2017 die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent, wahlweise eine entsprechende Arbeitsfreistellung zu gewähren.

13

Dementsprechend hat die Klägerin beantragt:

14

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.675,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen.

15

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 706,65 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen.

16

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die ab dem 01.11.2017 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent des Bruttostundenlohnes für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 56 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

17

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz gemäß § 288 Absatz 5 BGB in Höhe von 320,00 Euro zu zahlen.

18

Mit Urteil vom 08.11.2017 hat das Arbeitsgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Klägerin Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz sei. Die Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, dass die zu erbringende Arbeitsleistung im Nachtdienst weniger belastend sei, als die Tätigkeit im Tagdienst. Bereitschaftszeiten in erheblichem Umfang seien nicht angefallen. Die Beklagte habe mithin keine substantiellen Argumente vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, einen Nachtarbeitszuschlag unterhalb von 25 Prozent als angemessen anzusehen. Soweit die Klägerin zur Berechnung ihres Anspruches insoweit sieben Stunden Nachtarbeit in Ansatz gebracht habe, so sei dies nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe während der kompletten Nachtwache vergütungspflichtige Arbeiten geleistet. Die Klägerin habe auf Grund der Arbeitseinteilung der Beklagten das Pflegezentrum nicht verlassen können, sondern habe sich in den Räumlichkeiten der Einrichtung zur Verfügung halten müssen, um im Notfall zu helfen. Die Behauptung der Beklagten, für den Zeitraum der Pausenzeit könne die Arbeitsbereitschaft auf die Hilfskraft übertragen werden, welche dann im Notfall ihrerseits einen Notarzt zu rufen habe, stelle eine Schutzbehauptung dar. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte auch verpflichtet, für die 105 erbrachten Nachtschichten jeweils 30 Minuten und mithin 52,5 Arbeitsstunden nachzuvergüten. Zudem sei der Feststellungsantrag der Klägerin hinsichtlich des zukünftigen Ersatzes und Ausgleichs der geleisteten Nachtarbeit begründet. Die Beklagte setze die Klägerin regelmäßig in Nachtarbeit ein. Der Ersatz erfolge planbar, allerdings lasse sich der tatsächliche Umfang der Nachtarbeit im Voraus nicht näher bestimmen, so dass eine Klage auf zukünftige Leistung ausscheide. Schließlich schulde die Beklagte, da sie fälligen Lohn trotz kalendarisch bestimmten Leistungszeitpunktes nicht gezahlt habe, auch pauschal den Schadensersatz nach § 288 Absatz 5 BGB.

19

Gegen diese am 30.11.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten nebst Berufungsbegründung.

20

Die Beklagte hält an der erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest und trägt vor, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei vorliegend ein Nachtzuschlag von 25 Prozent nicht gerechtfertigt. Die erstinstanzliche Entscheidung verkenne, dass die Beklagte gesetzlich verpflichtet sei, Arbeitnehmer in Nachtarbeit zu beschäftigen. Es sei mindernd zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Tätigkeit verrichte, die zwingend in der Nacht zu erfolgen habe und nicht aufgeschoben werden könne. Die Beklagte setze die Klägerin in der Nacht nämlich nicht ein, um den Umsatz zu steigern, sondern weil sie für die ordnungsgemäße Pflege und Betreuung der ihr anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner verantwortlich sei. Die Beklagte sei verpflichtet, in der Nacht Personal für die dann unmittelbar zu erledigenden Aufgaben bereit zu halten und sie dürfe nicht auf den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Nacht verzichten. Es seien in der Nachtschicht auch lediglich solche Tätigkeiten durchzuführen, die ausschließlich in diesem Zeitraum zwingend zu bewältigen seien. Die Beklagte habe für die Nachtschicht keine Tätigkeiten angewiesen, die auch am Tage erledigt werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei in diesen Fällen eine Absenkung auf 10 Prozent Zuschlag je Nachtstunde vorzunehmen. Die Analyse der Rechtsprechung zeige, dass der angemessene Zuschlag dann bei 10 Prozent liege, wenn die Rechtsprechung lediglich die Erschwernisse für die Gesundheit des in der Nacht tätigen Arbeitnehmers bei der Bezifferung eines angemessenen Ausgleiches zu berücksichtigen habe. Verlange die Rechtsprechung darüber hinaus Prozentpunkte bis zu insgesamt 25 Prozent Zuschlag für einen angemessenen Ausgleich, dann fordere sie diese zusätzlichen Prozentpunkte dafür, dass ein Arbeitgeber Nachtarbeit anordne, obwohl dies nicht zwingend erforderlich wäre. Mit dieser Rechtsprechung habe sich die erstinstanzliche Entscheidung nicht auseinandergesetzt. Die Entscheidung lasse unberücksichtigt, dass die Arbeit in der Nachtschicht geprägt sei von pflegerischen Kernaufgaben, auf die nicht verzichtet werden könne.

21

Hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Pausenzeiten verkenne die erstinstanzliche Entscheidung sowohl die Substantiierungspflicht für die Klägerin, als auch die Darlegungs- und Beweislast. In der Klageerweiterung vom 18.04.2017 habe die Klägerin - insoweit unstreitig, Blatt 56 d. A. – selber vorgetragen, dass die Pausenzeit ausweislich der Schichtpläne 30 Minuten betrage. Die Klägerin habe ausweislich ihrer eigenen Ausführungen vom 18.04.2017 – insoweit unstreitig, Blatt 56 d. A. – auch gar nicht in Abrede gestellt, dass es für sie entsprechende Arbeitsunterbrechungen gegeben habe. Die Klägerin habe lediglich behauptet, dass es sich dabei nicht um Ruhepausen im Sinne des § 4 Arbeitszeitgesetz gehandelt habe, da sie von der Heimleitung angewiesen worden sei, während des Nachtdienstes das Diensttelefon ständig bei sich zu tragen und auf Notrufe der Heimbewohner unverzüglich zu reagieren habe und das es ihr untersagt gewesen sei, dass Haus zu verlassen. Diesen Behauptungen der Klägerin sei die Beklagte mit substantiiertem Sachvortrag unter Beweisantritt entgegengetreten, wobei durch die Klägerin selbst keine Beweisangebote unterbreitet worden seien. Soweit die substantiellen Ausführungen der Beklagten durch das erstinstanzliche Gericht als Schutzbehauptung gewertet und der lediglich pauschale Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt worden sei, so sei dies rechtlich nicht haltbar. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Weisung an die Klägerin gegeben in den Pausenzeiten das Diensttelefon bei sich zu tragen und auf Notrufe der Heimbewohner unverzüglich zu reagieren. Es habe auch keine Weisung gegeben, das Haus zu verlassen. Die Beklagte plane für die Nachtschichten immer eine Pflegefachkraft und eine Pflegehilfskraft ein. Während die Pflegefachkraft Pause habe, sei die Pflegehilfskraft weiter in den Wohnbereichen tätig. Die Bewohnerinnen und Bewohner seien während der Pause der Pflegefachkraft durch die Pflegehilfskraft ausreichend versorgt. Die Pflegehilfskraft sei in der Lage, eine Erstversorgung zu leisten. Sei die Pflegehilfskraft dazu nicht in der Lage, dann müsse ein Notarzt hinzugerufen werden. Den Notarzt könne eine Pflegehilfskraft genauso rufen wie eine Pflegefachkraft. Auch könne die Pflegehilfskraft Einblick in die jeweilige Pflegedokumentation der Bewohnerinnen und Bewohner nehmen. Die Pflegehilfskraft habe lediglich nicht die Befugnisse, die Pflegedokumentation zu bearbeiten, was in aktuellen Notfallsituationen aber auch gar nicht nötig sei.

22

Die Beklagte beantragt:

23

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 08.11.2017, zugestellt am 30.11.2017, Aktenzeichen 4 Ca 79/17, wird abgeändert.

24

2. Die Klage wird abgewiesen.

25

Die Klägerin beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Der Klägerin sei durch das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf jede Nachtarbeitsstunde zugesprochen worden. Auch mit der Berufung habe die Beklagte keine nachvollziehbaren Argumente vorgetragen, die eine Minderung des Zuschlages rechtfertigen könnten. Hinsichtlich der streitigen Pausenzeiten habe die Beklagte den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, dass sie nach Weisungslage das Gebäude nicht habe verlassen dürfen. Dies gelte ebenso für den Vortrag, dass die Pflegehilfskraft keinen Zugriff auf die elektronische Bewohnerakte habe, der Rettungsdienst allerdings bei Alarmierung bereits konkrete Informationen erwarte, um zu entscheiden, ob ein Rettungswagen oder zusätzlich der Notarzt alarmiert werden müsse. Die Weisung, das Diensthandy ständig bei sich zu tragen, habe die Klägerin vor zirka 20 Jahren vom damaligen Direktor, Herrn B., erhalten. Die Anweisung sei von der Leitung der Einrichtung nicht widerrufen worden und habe mithin der Weisungslage im streitbefangenen Zeitraum entsprochen. Über die Lage der Pause in der Nachtschicht seien durch die Betriebsparteien keine Vereinbarungen getroffen worden. Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie Beginn und Ende der Pausen seien Gegenstand eines laufenden Einigungsstellenverfahrens. Die Gesamtbetriebsvereinbarung verhalte sich weder zur Lage und Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit, noch zu Beginn und Ende der Pausen. Der Vortrag der Beklagten verkenne im Übrigen, dass mit der Anwesenheitspflicht einer Fachkraft sichergestellt werden müsse, dass zur Betreuung der Bewohner einer stationären Einrichtung stets fachlich geschultes und entsprechend kompetentes Personal anwesend sei. Damit sei eine ständige Anwesenheit gemeint. Eine bloße Ruf- oder Anwesenheitsbereitschaft reiche nicht aus. Würde man dem Vortrag der Beklagten folgen, wonach während der Nachtschicht im Rahmen einer 30minütigen Pause keine Pflegefachkraft zur Verfügung stehe, liege ein erheblicher Mangel vor, welcher eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit der Bewohner einer Pflegeeinrichtung darstelle. Die Beklagte würde mit einer derartigen Vorgehensweise ihre gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung nicht nachkommen. Es sei mithin davon auszugehen, dass die Klägerin auch in Zeiten der Arbeitsunterbrechung als Pflegefachkraft jederzeit einsetzbar sein müsse. Genau dieser Umstand führe dazu, dass nach der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Voraussetzungen für eine Pausenzeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes nicht gegeben seien.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Berufung ist lediglich im Hinblick auf die zwischen den Parteien streitigen Pausenzeiten begründet. Bezüglich der Angemessenheit des zu zahlenden Nachtzuschlages ist die Berufung dagegen nicht begründet.

I.

30

Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu Ziffer 3 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die beantragte Feststellung ist ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO.

31

Dem Vorbringen der Klägerin ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz bezieht. Die Klägerin begehrt die Feststellung des Bestehens der Höhe des Ausgleichsanspruches für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 Arbeitszeitgesetz) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Der Antrag ist mithin auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz. Schließlich hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen in Höhe von 1,08 Euro auf den Bruttostundenlohn (das entspricht ca. acht Prozent) einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz gewährt hat oder ob der Klägerin für ihre geleistete Nachtarbeit ein weitergehender Ausgleichsanspruch zusteht.

II.

32

Im Hinblick auf die zwischen den Parteien streitigen Pausenzeiten ist die Berufung begründet, so dass die Klage bezüglich des Klageantrages zu Ziffer 2 und eines geringen Betrages hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 1 abzuweisen ist (1.). Im Übrigen ist die Berufung unbegründet (2.).

1. a)

33

Die Klägerin verfügt gegenüber der Beklagten gemäß § 611 BGB nicht über einen Anspruch auf Zahlung von 706,65 Euro brutto für 52,5 Stunden nicht vergütete Arbeitsunterbrechungen.

34

Gemäß § 611 Absatz 1 BGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet, die dafür zugesagten Lohnzahlungen zu leisten.

35

Die genannten Voraussetzungen für eine entsprechende Lohnzahlungsverpflichtung der Beklagten zu Gunsten der Klägerin sind für das erkennende Gericht nicht feststellbar. Die Klägerin behauptet insoweit, anlässlich der in der Zeit von Januar 2016 bis Februar 2017 geleisteten 105 Nachtschichten habe sie die in den Schichtplänen vorgesehenen Pausenzeiten von jeweils 30 Minuten nicht als Pausenzeiten nutzen können. Sie sei vom Arbeitgeber angewiesen worden, das Gebäude während der Pausenzeiten nicht zu verlassen und das eingeschaltete Diensthandy bei sich zu tragen, um im Notfall reagieren zu können. Für diese streitigen Behauptungen hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin jedoch kein Beweisangebot unterbereitet. Der Vortrag ist lediglich in der zweiten Instanz dahingehend konkretisiert worden, dass die vorgenannten Anweisungen der Klägerin vor zirka 20 Jahren vom damaligen Direktor erhalten habe. Jedoch fehlt es auch hinsichtlich dieser streitigen Behauptung an einem entsprechenden Beweisangebot durch die Klägerin. Soweit die Klägerin – nach wiederholter Änderung ihres entsprechenden Tatsachenvortrages – behauptet, es sei ihr – teilweise – nicht möglich gewesen, während der Nachtschichten in dem streitigen Zeitraum tatsächlich Pausen zu nehmen, da auch keine Pflegehilfskraft anwesend gewesen sei, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Unter Berücksichtigung des Tatsachenvortrages der Parteien lässt sich für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Februar 2017 während der von der Klägerin abgeleisteten 105 Nachtschichten kein Fall nachvollziehen, in welchem zur Unterstützung der Klägerin eine Pflegehilfskraft nicht eingesetzt worden wäre. Auch die von der Klägerin geäußerte Rechtsauffassung, die Annahme einer Pausengewährung zu Gunsten der Klägerin als einzig eingesetzte Pflegefachkraft in der Nachtschicht, komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil dies eine Verletzung der gesetzlichen Pflichten der Beklagten zur ununterbrochenen Gestellung einer Pflegefachkraft darstelle, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin einen entsprechenden Verstoß gegen gesetzliche Verpflichtungen der Beklagten gegenüber den zu betreuenden Personen in der Einrichtung unterstellt, so mag dies entsprechende Sanktionen gegen die Beklagte nach sich ziehen. Dieser Umstand besitzt jedoch keinerlei Aussagefähigkeit zu der Frage, ob der Klägerin tatsächlich eine Pausenzeit gewährt worden ist. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch damit begründet, die Pflegehilfskraft sei nicht in der Lage, sie während einer gewährten Pausenzeit im notwendigen Umfang zu vertreten, so vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen. Zwar geht die Kammer mit der Klägerin ebenfalls davon aus, dass die Pflegehilfskraft in Ermangelung der entsprechenden Ausbildung nicht in der Lage ist, Versorgungsleistungen zu erbringen, welche denen einer Pflegefachkraft vergleichbar wären. Auch diesbezüglich liegt es jedoch in der Organisationshoheit der Beklagten, während der Pausenzeit der Pflegefachkraft in der Nachtschicht auf die qualitativ hochwertigen Arbeitsleistungen der Pflegefachkraft zu verzichten. Das erkennende Gericht hat in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob eine entsprechende Arbeitsorganisation sinnvoll ist. Jedenfalls sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb – nach der von der Beklagten vorgetragenen Arbeitsorganisation – es einer Pflegehilfskraft nicht möglich sein sollte, gegebenenfalls den Notarzt zu rufen. In diesem Zusammenhang ist zu unterstellen, dass auch die Pflegehilfskraft in der Lage ist, die von ihr festgestellten Symptome unter Schilderung der konkret vorgefundenen Situation zu artikulieren. Soweit die Klägerin darauf hinweist, es fehle an einer generellen Regelung der Festlegung der Arbeitszeiten inklusive der Lage der Pausen mit dem Betriebsrat nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG, so ist dieser Vortrag unbeachtlich. Es mag sein, dass insoweit bei der Beklagten ein diesbezügliches Einigungsstellenverfahren durchgeführt wird. Jedoch trägt die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.04.2017 unter Abreichung der entsprechenden Schichtpläne für Oktober 2016 bis einschließlich Februar 2017 (Blatt 61 d. A. sowie Blatt 71 bis 74 d. A.) selbst vor, dass in den jeweiligen Dienstplänen eine Pausenzeit von 30 Minuten je Nachtschicht vorgesehen ist. Auch die Klägerin selbst behauptet diesbezüglich nicht, dass die von ihr vorgelegten Schichtpläne einseitig und mitbestimmungswidrig ohne den bei der Beklagten bestehenden Betriebsrat durch die Beklagte erstellt worden wären. Das erkennende Gericht geht mithin davon aus, dass die von der Klägerin selbst vorgelegten Schichtpläne das Mitbestimmungsverfahren bei der Beklagten mit Zustimmung des Betriebsrates durchlaufen haben.

36

Der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, bei der Schilderung der Arbeitsorganisation durch die Beklagte handele es sich um eine Schutzbehauptung, die deshalb dem klägerischen Vortrag nicht entgegengehalten werden könne, folgt die Kammer nicht. Die Beklagte hat substantiiert vorgetragen, in welcher Art und Weise die Pausengewährung für die Klägerin als Pflegefachkraft im Rahmen einer Vertretung durch die Pflegehilfskraft realisiert werden soll. Um diesen qualifizierten Sachvortrag als – pauschale - Schutzbehauptung werten zu können, hätten diesbezüglich hinreichend entsprechende Anhaltspunkte vorhanden sein müssen. Daran fehlt es nach Auffassung der Kammer. Soweit das Arbeitsgericht zur Begründung anführt, die Klägerin habe jedenfalls teilweise die Nachtdienste alleine verrichten müssen, so kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits erörtert ist nach dem Sach- und Streitstand kein Fall ersichtlich, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Februar 2017 eine Nachtschicht allein ohne Einsatz einer Pflegehilfskraft gearbeitet hat. Auch der Umstand, dass die Beklagte schriftsätzlich zunächst von einer Pausenzeit von 45 Minuten ausgegangen ist und diesen Vortrag dann erstinstanzlich auf eine Pausenzeit von 30 Minuten korrigiert hat, reicht nicht aus, um den Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Schilderung der Arbeitsorganisation während der Nachtschicht als Schutzbehauptung qualifizieren zu können. Denn die Beklagte hat bereits erstinstanzlich nachvollziehbar darstellen können, dass es sich insoweit lediglich um ein Versehen gehandelt hat.

1.b)

37

Da die Behauptung der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin, sie habe während der 105 Nachtschichten in der Zeit von Januar 2016 bis Februar 2017 keine Pausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gewährt bekommen, im Ergebnis zu ihren Lasten offen geblieben ist, bleibt die Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu 1 für 52,5 Stunden multipliziert mit dem geltend gemachten Differenzzuschlag in Höhe von 2,28 Euro und mithin in Höhe von 119,70 Euro unbegründet.

2.

38

Im Übrigen ist die Berufung überwiegend nicht begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit von Januar 2016 bis Februar 2017 einen Betrag in Höhe von 1.556,10 Euro brutto zu zahlen [a)]. Zudem ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 01.11.2017 wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent des Bruttostundenlohnes für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 56 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren [b)]. Schließlich ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 320,00 Euro zu zahlen [c)].

2.a)

39

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.556,10 Euro brutto für die im Zeitraum von Januar 2016 bis Februar 2017 geleisteten 105 Nachtschichten.

40

Gemäß § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz für die während der Nachtarbeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen. Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen vorliegend die Höhe des Nachtarbeitszuschlages mit 25 Prozent als angemessen festgesetzt.

aa)

41

Die Klägerin kann Ansprüche aus § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz geltend machen, da sie Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz ist, denn nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien arbeitet sie in Wechselschicht.

bb)

42

Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien findet eine tarifvertragliche Regelung auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung.

cc)

43

Die Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit der Klägerin hat das Arbeitsgericht nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz rechtsfehlerfrei mit 25 Prozent pro geleisteter Nachtarbeitsstunde im Sinne von § 2 Absatz 3 Arbeitszeitgesetz (23:00 Uhr abends bis 06:00 Uhr morgens) festgesetzt.

44

Die dagegen vorgetragenen Angriffe der Beklagten rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.

45

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt im Regelfall ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von zusätzlichen bezahlten freien Tagen zu einem angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (BAG vom 09.12.2015 – 10 AZR 434/14 -; juris Rn. 21).

46

Im Einzelnen maßgeblich ist die mit der Nachtarbeit verbundene Belastung. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlages richtet sich damit nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (LAG M-V vom 17.10.2017 – 2 Sa 58/17 -; juris Rn. 91). Die Höhe des Zuschlages auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich gegenüber dem Regelwert in Höhe von 25 Prozent erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten, die normalerweise mit Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. In anderen Fällen kann nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz ein geringerer Ausgleich ausreichend sein, nämlich dann, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil beispielsweise in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um einen nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (LAG M-V, a. a. O.).

47

Gemessen an den vorgenannten Voraussetzungen gibt es unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag geringer anzusetzen, als im Regelfall.

48

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang offensichtlich unter Hinweis auf die vom Gesetzgeber verfolgte Steuerungsfunktion davon ausgeht, dass – wie hier – im Falle der Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit für den Arbeitgeber im Sinne eines Automatismus zwingend in jedem Fall eine Herabsetzung des Regelwertes von 25 Prozent erfolgen müsse, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Diese Auffassung deckt sich nicht mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welcher sich das erkennende Gericht ausdrücklich anschließt. In der Entscheidung vom 09.12.2015 führt das Bundesarbeitsgericht (a. a. O., Rn. 29) wie folgt aus:

49

„Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt (...) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (...). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (...). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (...).“

50

Die vorstehenden und zutreffenden Ausführungen machten deutlich, dass nur im Fall der unvermeidbaren Nachtarbeit wegen Wegfalls der Steuerungsmöglichkeit eine Absenkung des Regelwertes von 25 Prozent rechtlich zulässig ist. Ob allerdings bei unvermeidbarer Nachtarbeit tatsächlich eine Absenkung vorgenommen werden kann, hängt nach der zitierten und zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung nach der vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation ab. Eine automatische Reduzierung des Regelsatzes im Falle einer unvermeidbaren Nachtarbeit ist nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerade nicht vorgesehen.

51

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen kommt eine Absenkung des Regelwertes von 25 Prozent nicht in Betracht. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten den Umstand der unvermeidbaren Nachtarbeit als absenkungsfähiges Kriterium berücksichtigt und zudem zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass nach ihrer Arbeitsorganisation während der Nachtschicht nur solche Tätigkeiten anfallen, die zwingend in der Nacht zu leisten sind, so werden diese Kriterien nach Auffassung des erkennenden Gerichts durch die von der Beklagten vorgetragene Arbeitsorganisation aufgewogen. Denn danach ist für die Kammer nicht feststellbar, die Belastung der Klägerin im Zuge der Erbringung der Nachtarbeit sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der seine Arbeitsleistung außerhalb der Nachtarbeitszeit erbringt. Diesbezüglich ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht in einem nächtlichen Bereitschaftsdienst tätig ist. Die Nachtarbeitszeit bei der Beklagten beinhaltet nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auch keine Bereitschaftszeiten in nicht unerheblichem Umfang. Hinzu kommt, dass die Klägerin im Rahmen der Nachtschichtarbeit als alleinige Pflegefachkraft tätig ist und in diesem Zusammenhang die alleinige Verantwortung für 42 Personen trägt, wovon der überwiegende Teil über die Pflegestufe 2 sowie ein geringerer Teil über die Pflegestufe 3 verfügt. Die Klägerin ist mithin nach der Arbeitsorganisation der Beklagten neben der Verpflichtung zur Erbringung der anfallenden Arbeiten einem besonders hohen physischen Druck ausgesetzt. Sie muss jeder Zeit damit rechnen, dass außergewöhnliche Vorfälle ein sofortiges Eingreifen notwendig machen. Eine Konsultation mit anderen Pflegefachkräften ist nicht möglich. Zwar ist während der Nachtschicht im Regelfall – und nach dem Vortrag der Parteien ganz überwiegend - zusätzlich eine Pflegehilfskraft anwesend. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass die Klägerin als Pflegefachkraft die ausschließliche Letztverantwortung trägt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beklagte bereits nach ihrem eigenen Vortrag nicht gänzlich ausschließen kann, dass für eine Nachtschicht keine Pflegehilfskraft zur Verfügung steht. So ist zwischen den Parteien unstreitig, dass am 14.07.2017, am 15.07.2017 sowie am 16.07.2017 lediglich eine Pflegefachkraft während der entsprechenden Nachtschichten im Einsatz gewesen ist. Dieser Umstand wiederum bedeutet, dass die für die Nachtschicht vorgesehene Pflegefachkraft jedenfalls immer auch damit rechnen muss, die Nachtschicht alleine bewältigen zu müssen. Auch damit ist nach Auffassung der Kammer vor Antritt einer jeden Nachtschicht eine erhöhte Belastungssituation verbunden. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Arbeitssituation für eine Pflegefachkraft im Rahmen des Einsatzes bei der Beklagten in der Nachtschicht auf der Grundlage der von der Beklagten selbst gewählten Arbeitsorganisation folgt für die Kammer unzweifelhaft die Angemessenheit eines Zuschlages von 25 Prozent für jede Nachtarbeitsstunde im Sinne des § 2 Absatz 3 Arbeitszeitgesetz.

dd)

52

Der Umstand, dass zwischen den Parteien arbeitsvertraglich hier ein Nachtarbeitszuschlag von 1,08 Euro vereinbart worden ist, steht dem von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht entgegen. Die Angemessenheit des Nachtzuschlages ist nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz zu bemessen. Bleibt eine arbeitsvertragliche Regelung dahinter zurück, so geht die nach gesetzlichen Vorgaben als angemessen festzusetzende Leistung vor.

53

Die von der Beklagten angeführte Gesamtbetriebsvereinbarung, nach der allen Beschäftigten zugesagt wird, für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde zu gewähren, ist für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz ebenfalls ohne eigenen Erkenntniswert.

54

Dem Betriebsrat steht bei der Bemessung der richtigen Höhe des angemessenen Zuschlags im Sinn von § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz kein Mitbestimmungsrecht zu (LAG M-V vom 17.10.2017 – 2 Sa 58/17 -; juris Rn. 115). Eine gemeinsame mit dem Gesamtbetriebsrat in einer Betriebsvereinbarung schriftliche Zusage des Arbeitgebers, Nachtzuschläge in einem gewissen Mindestumfang zu leisten, hat daher keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs. Es ist und bleibt eine einseitige Zusage des Arbeitgebers.

ee)

55

Der Höhe nach ergibt sich ein Anspruch zu Gunsten der Klägerin von 1.556,10 Euro brutto. Bei einem Bruttomonatsgehalt von 2.041,67 Euro im Rahmen einer 35 Stundenwoche ergibt sich ein Stundenlohn in Höhe von 13,44 Euro. Mit einem Zuschlag von 25 Prozent ergibt dies einen Betrag in Höhe von 3,36 Euro und mithin unter Berücksichtigung der gezahlten 1,08 Euro einen Differenzbetrag pro Nachtarbeitsstunde von 2,28 Euro. Damit ergibt sich bei 105 Nachtschichten mit jeweils 6,5 Nachtarbeitsstunden der austenorierte Betrag in Höhe von 1.556,10 Euro.

b)

56

Dem Zahlungsanspruch steht die grundsätzlich nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz vorgesehene Wahlmöglichkeit zu Gunsten des Arbeitgebers nicht entgegen. Denn die Parteien haben arbeitsvertraglich die Zahlung eines Nachtarbeitszuschlages vereinbart. An diese Wahl über die Art des Ausgleiches ist der Arbeitgeber gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden (BAG vom 09.12.2015 – 10 AZR 423/14 -; juris Rn. 56).

2.b)

57

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt unmittelbar die Begründetheit des austenorierten Feststellungsantrages. Der Umstand, dass die Klägerin hier wahlweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Zuschlages von 25 Prozent oder zur Gewährung bezahlter freier Tage beantragt hat, steht dem nicht entgegen. Denn eine Abänderung einer einmal getroffenen Vereinbarung bezüglich des Wahlrechts nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz ist jederzeit möglich (BAG, a. a. O.; juris Rn. 55). Der Umfang der von der Klägerin begehrten Freistellung entspricht im Verhältnis dem geltend gemachten Zuschlag in Höhe von 25 Prozent.

2.c)

58

Die Begründetheit des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruches in Höhe von 320,00 Euro folgt unmittelbar aus § 288 Absatz 5 BGB. Zur Begründung kann auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen werden, da die dortigen Ausführungen mit der Berufung nicht angegriffen worden sind. Dies gilt ebenso für den austenorierten Zinsanspruch.

III.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 Satz 1 ZPO.

60

Anhaltspunkte für Gründe der Revisionszulassung sind nicht ersichtlich.

61

Diese Entscheidung befindet sich sowohl im Einklang mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015 (10 AZR 423/14), als auch mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 17.10.2017 (2 Sa 57/17; rechtskräftig, da Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; BAG vom 27.06.2018 – 10 AZN 278/18 -; nicht veröffentlicht).

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(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

I.

Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II.

Das Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) wird in der Hauptsache aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens zu gewähren.

3. Es wird festgestellt, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Höhe des angemessenen Zuschlags für die Nachtarbeit nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die die Klägerin im Rahmen ihrer Altenpflegetätigkeit leistet.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten in A-Stadt als Pflegefachkraft beschäftigt. Die nicht tarifgebundene bundesweit aktive Beklagte betreibt in A-Stadt unter anderem die Einrichtungen W. und H.. Nach dem Vertrag ist die Klägerin im H. eingesetzt, vertretungsweise ist sie auch in der W. tätig.

3

Das H. ist auf die Pflege und Betreuung von Senioren ausgerichtet. Die Einrichtung umfasst ungefähr 60 Zimmer, in denen im Mittel 80 ältere Menschen mit unterschiedlichen Pflegegraden und unterschiedlichsten – häufig chronischen – Erkrankungen betreut werden. Die Beklagte ist der Behauptung der Klägerin, die Einrichtung habe sich auf die Beherbergung demenzkranker Bewohner spezialisiert, nicht entgegengetreten. Die Einrichtung ist in einem Gebäudekomplex mit zwei Stockwerken untergebracht.

4

Die Personalbesetzung tagsüber ist nicht weiter aufgeklärt. Nachts ist die gesamte Einrichtung mit einer Pflegefachkraft und einer Pflegehilfskraft besetzt.

5

In der Nachtschicht fallen planbare Arbeiten an und es muss auf nicht planbare Ereignisse reagiert werden.

6

Zum Bereich der planbaren Arbeiten gehört die Medikamentengabe und die Vornahme von Messungen (beispielsweise Blutzucker oder Blutdruck). Bei Bewohnern, die einen Katheder tragen, und bei inkontinenten Bewohnern müssen auch nachts die Hilfsmittel gewechselt werden. Bei Bedarf werden Magensonden oder Trachialkanülen kontrolliert und gegebenenfalls wieder funktionstüchtig gemacht. Die dekubitus-gefährdeten Bewohner werden auch nachts umgelagert. Schließlich müssen anlasslose Kontrollgänge durch das Gebäude und alle Zimmer gemacht werden. In den letzten Stunden der Nachtschicht fallen zusätzlich Vorbereitungsarbeiten für das Frühstück an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

7

Zusätzlich fallen regelmäßig anlassbezogene nicht planbare Tätigkeiten an. Da die dort wohnenden Personen häufig krankheitsbedingte Ein- und Durchschlafschwierigkeiten haben, wird die Anzahl der unregelmäßigen Einsatzereignisse in der Nachtschicht von den Beschäftigten als sehr hoch eingeschätzt. Beispielsweise müssen verwirrte Bewohner auf den Fluren wieder ins Bett gebracht werden, oder es müssen Bewohner, die nach der Schwester rufen, versorgt oder beruhigt werden. Bewohner mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus müssen gegebenenfalls nachts beschäftigt werden.

8

Als besonders belastend wird von den Pflegekräften die Sterbebegleitung empfunden. Verstirbt einer der Bewohner während der Nachtzeit, müssen die anwesenden Pflegekräfte – wenn keine Angehörigen anwesend sind – die Sterbenden begleiten, nach dem Versterben die notwendigen organisatorischen Schritte einleiten und sich gegebenenfalls auch um die Angehörigen kümmern. Es ist unstreitig, dass Sterbefälle nachts häufiger sind als tagsüber. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung allerdings behauptet, in den letzten 2 Jahren hätte es nachts nur einen einzigen Sterbefall gegeben.

9

Da nachts in der Einrichtung nur die zwei Arbeitnehmerinnen mit der pflegerischen Aufgabenstellung beschäftigt sind, müssen diese bei Bedarf auch Aufgaben einer Reinigungskraft wahrnehmen, etwa wenn außer der Reihe mal etwas geputzt oder weggewischt werden muss.

10

Viele der nachts dort eingesetzten Pflegekräfte nutzen die Nachtzeit zusätzlich dafür, tagsüber liegengebliebene Schreibarbeiten (notwendige Dokumentationsarbeiten) zu erledigen. Auch andere Arbeiten, die zeitlich geschoben werden können, werden von den Mitarbeitern gelegentlich in die Nachtschicht verschoben, so etwa die Medikamentenbestellung oder notwendige Reinigungsarbeiten an Rollatoren.

11

In der Einrichtung wird nach Dienstplan in Wechselschicht gearbeitet. Einige Dienstplanparameter sind durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 vorgegeben. Danach können bis zu vier Nachtschichten in Folge angeordnet werden und nach einem Nachtschichtblock müssen mindestens zwei freie Tage gewährt werden. Die Nachtschicht weist eine Bruttoschichtlänge von 10,5 Stunden (19:45 Uhr bis 06:15 Uhr) auf. Nach den Dienstplänen ist in ihr eine Pause von 45 Minuten, die nach Mitternacht liegt, ausgewiesen.

12

Angaben zur Häufigkeit des Einsatzes in der Nachtschicht liegen nicht vor. Das Arbeitsgericht ist bei seinen Überlegungen zum Streitwert von 30 bis 35 Nachtschichten im Kalenderjahr ausgegangen. Dem hat keine der Parteien im Berufungsrechtszug widersprochen.

13

Die Bruttovergütung beträgt derzeit 1.920,00 Euro bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden. Die Klägerin errechnet sich daraus einen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro brutto. Die Klägerin arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht mit Früh-, Spät- und Nachtschichten.

14

In § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien ist für Arbeit während der Zeit von 20:00 Uhr abends bis 06:00 Uhr morgens ein Zuschlag in Höhe von 1,16 Euro brutto pro Stunde vereinbart. Außerdem hat die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 9. Mai 2005 eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung abgeschlossen, deren Ziffer 11 auszugsweise wie folgt lautet:

15

"Den gesamten Mitarbeitern wird arbeitgeberseitig zugesagt, soweit nicht individualvertraglich eine günstigere Regelung besteht, dass neben der Zeitgutschrift für die tatsächliche Arbeitsleistung folgende Zeitzuschläge gewährt werden:

16

a) Für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr 1,00 Euro pro Stunde

b) ..."

17

Nach § 4 des Arbeitsvertrages erhält die Klägerin Zusatzurlaub für geleistete Nachtstunden und zwar 1 Tag für mindestens 110 geleistete Nachtstunden und 2 Tage für 220 geleistete Nachtstunden. Wegen des weiteren Verlaufs der Staffel wird auf den Vertrag (Kopie als Anlage K 1 überreicht, hier Blatt 8 ff) Bezug genommen.

18

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält außerdem eine Regelung zum Verfall von Ansprüchen mittels Ausschlussfristen. Nach § 10 des Arbeitsvertrages verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

19

Die Klägerin hat außergerichtlich gemeint, der ihr gewährte Nachtarbeitszuschlag sei nicht angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG, ihr stünde ein Nachtzuschlag in Höhe von 25 Prozent zu. Die Klägerin hat den Anspruch auf weiteren Nachtzuschlag erstmals mit einem knapp gehaltenen Schreiben vom 8. Januar 2016 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. ("aufgrund der aktuellen Rechtsprechung möchte ich … nach § 6 Abs. 5 ArbZG meine Ansprüche geltend machen" – Anlage K 2, hier Blatt 14). Mit Schreiben vom 16. April 2016 hat der jetzige Prozessbevollmächtige der Klägerin die Ansprüche nochmals formvollendet für die Zeit ab Juni 2015 außergerichtlich geltend gemacht (Anlage K 3, hier Blatt 15).

20

Da die Beklagte eine Verbesserung des gewährten Zuschlags abgelehnt hat, verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der vorliegenden Klage in Form von Feststellungsanträgen weiter. Die Klage ist Ende Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde der Beklagten am 13. Juni 2016 zugestellt.

21

Das Arbeitsgericht Stralsund – Kammern Neubrandenburg – hat mit Urteil vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) in der Hauptsache – bei Klageabweisung im Übrigen – festgestellt, dass der Klägerin ein Ausgleichsanspruch im Umfang von 20 Prozent zustehe, der nach Wahl der Beklagten als Zuschlag auf das Entgelt oder als Freizeitausgleich auf die geleistete Arbeitszeit zu leisten sei. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 1.250 Euro festgesetzt und der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

22

Gegen dieses Urteil hat allein die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt und fristgemäß begründet worden. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte nach wie vor das Ziel, die Klage vollständig abzuweisen.

23

Die Klägerin hat ihren Klageantrag im Berufungsrechtszug auf Anregung des Gerichts in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und im Übrigen neu formuliert. Die Beklagte ist der Antragsänderung nicht entgegengetreten.

24

Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, da es der Klägerin möglich sei, den Klageantrag zu beziffern und Leistungsklage zu erheben. Die Beklagte beruft sich wegen der älteren Ansprüche zudem auf die Ausschlussfrist aus dem Arbeitsvertrag.

25

Der Sache nach hilfsweise meint die Beklagte, der von ihr geleistete Nachtzuschlag in Höhe von 1,16 Euro pro Stunde sei angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG. Mit diesem Zuschlag werde ein Ausgleich von rund 11 Prozent auf das Entgelt während der Nachtstunden gewährt. Zusätzlich werde Zusatzurlaub in Abhängigkeit von der Anzahl der erreichten Nachtstunden gezahlt. Insgesamt sei das angesichts der Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im Bereich der Beklagten ein angemessener Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG.

26

Der angemessene Nachtzuschlag sei im Bereich der pflegerischen Tätigkeiten mit 10 Prozent zu bemessen. Das Bundesarbeitsgericht sei in einer Entscheidung den Wachdienst betreffend zu der Einschätzung gekommen, dass 10 Prozent Nachtzuschlag ausreichend seien, wenn der Zweck, die Nachtarbeit zu verteuern, um sie möglichst zu vermeiden, keine Rolle spielen könne, da die Tätigkeit grundsätzlich nicht tagsüber erfolgen könne (Verweis auf BAG 11. Februar 2009 — 5 AZR 148/08). Auch in seinem Urteil vom 31. August 2005 (5 AZR 545/04) habe das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass für Angehörige des Rettungsdienstes ein Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG in Höhe von 10 Prozent des Arbeitsverdienstes angemessen sei. Durch den Zuschlag sollen für den Personenkreis nur die mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse abgegolten werden. Der Zweck, die Nachtarbeit einzuschränken, sei – so das Gericht – im Rettungsdienst nicht erreichbar, da der Rettungsdienst der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung diene. Zutreffend habe daher auch das LAG Köln in seiner Entscheidung vom 2. September 2005 — 12 Sa 132/05 — allein das Kriterium des Gesundheitsschutzes für Zeitungszusteller bewertet und daher den angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit ebenfalls mit 10 Prozent bemessen. Diese zutreffende Argumentation des Bundesarbeitsgerichts und des LAG Köln müsse auch auf die Bewertung der Nachtarbeit in der Pflege übertragen werden. Hier sei für eine Sanktionierung im Sinne einer Verteuerung, um die Nachtarbeit einzudämmen und auszuschließen, kein Raum. Der Sanktionierungsaspekt müsste daher unberücksichtigt bleiben.

27

Vorliegend könne daher nur der Aspekt des Gesundheitsschutzes zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werden. Dieser sei mit einem Ausgleich im Umfang von 10 Prozent angemessen bewertet.

28

Im Übrigen sei es ein erhebliches Indiz für die Angemessenheit des vorliegend gewährten Nachtzuschlags, dass die Betriebsparteien mit Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 es als angemessen ansehen haben, den Nachtzuschlag mit 1,00 Euro pro Nachtarbeitsstunde zu bewerten.

29

Dabei müsse auch die Zusatzvergütung, die für die Spätarbeit vor 23:00 Uhr gezahlt werde, einbezogen werden, da auch damit ein Ausgleich für die Nachtarbeit geleistet werde. Verteile man vorliegend den bisher gezahlten Zuschlag von 1,16 Euro für 8 Stunden Nachtarbeit, auf die siebenstündige gesetzliche Nachtarbeitszeit, werde durch die Beklagte bereits derzeit ein Nachtzuschlag annähernd in der hier verlangten Höhe gezahlt. Bei der Berechnung müsse man zusätzlich beachten, dass die Klägerin und ihre Kolleginnen tatsächlich nur 6,25 Stunden Nachtarbeit pro Nachtschicht leisten, da in die Zeit zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens auch die 45-minütige nicht vergütungspflichtige Pause falle. Die Klägerin werde also für 6,25 Nachtstunden Arbeit mit 9,28 Euro Nachtzuschlag entschädigt, was bei dem klägerseits angegebenen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro einem Zuschlag in Höhe von über 12 Prozent entspreche.

30

Im H. seien die Belastungen während der Nachtarbeit nicht als ungewöhnlich hoch zu bewerten.

31

Nicht berücksichtigt werden könnten von vornherein die Arbeiten, die die Pflegekräfte eigentlich tagsüber zu erledigen haben, die sie jedoch in die Nachtzeit schieben (Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren u.ä, Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeiten). Es gebe keine Anweisung der Beklagten, entsprechend zu verfahren. Hilfsweise müsse berücksichtigt werden, dass diese Arbeiten nicht in jeder Nachtschicht anfallen würden.

32

Die Belastungen während der Nachtarbeit würden die Belastungen, die die pflegerische Tätigkeit ohnehin mit sich bringe, nicht übersteigen. Generell würde nachts weniger Arbeit anfallen, da die Bewohner schlafen. Bei dementen Bewohnern sei zwar mit gewissen Verhaltensauffälligkeiten auch in den Nachtzeiten zu rechnen, das sei jedoch eine betriebstypische Belastung, die auch tagsüber auftrete. Kennzeichnend für die Nachtarbeit seien daher im Wesentlichen nur die routinemäßigen nächtlichen Kontrollgänge. Diese mögen zeitaufwendig sein, sie erhöhten die Belastung, die mit der Arbeit in der Nacht verbunden ist, jedoch nicht wesentlich. Die geringere Besetzung mit Personal werde durch den geringeren Anfall von Arbeit in den Nachtstunden ausgeglichen. In der Nacht sei die Belastung des Personals keinesfalls höher als tagsüber, allenfalls könne man von einer gleichwertigen Belastung sprechen.

33

Die Beklagte beantragt,

34

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) abzuändern und die Klage abzuweisen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen und nach den umgestellten Anträgen nunmehr wie folgt zu erkennen:

1.

37

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten;

2.

38

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens zu gewähren.

3.

39

festzustellen, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

40

Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Nachtzuschlag mindestens in der zugesprochenen Höhe von 20 Prozent zum arbeitsvertraglichen Bruttolohn zu. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Verweis auf BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14) sei im Regelfall davon auszugehen, dass Arbeitnehmer für Nachtarbeitszeiten ein 25-prozentiger Nachtzuschlag zu gewähren sei, daher seien die zugesprochenen 20 Prozent jedenfalls nicht zu hoch angesetzt. Gründe, die dafürsprechen, im vorliegenden Fall nach unten abzuweichen, lägen nicht vor.

41

Die Klägerin meint, die bisher gewährten Zuschläge würden keinen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit darstellen. Das Bundesarbeitsgericht habe ausgeführt, dass Zweck des § 6 Absatz 5 ArbZG unter anderem der Gesundheitsschutz sei und die gesetzlichen Regelungen auch einen Sanktionscharakter zur Vermeidung unnötiger Nachtarbeit habe. Diese beiden Kriterien seien jedoch nicht die einzigen ausschließlichen Kriterien die für die Angemessenheitsprüfung von Relevanz seien. Vielmehr handele es sich um Beispiele, was sich auch der Gesetzesbegründung des Arbeitszeitgesetzes entnehmen lasse. Neben der unbestreitbaren Gesundheitsbeeinträchtigung sei zu berücksichtigen, dass Nachtarbeit auch zu Beeinträchtigungen der familiären und sozialen Bindungen führe, die Wach- und Schlafzeiten störe und das Interesse der Familienmitglieder – insbesondere der Kinder – nach körperlicher und emotionaler Nähe verletze. Durch die Nachtarbeit könnten Kulturveranstaltungen nicht besucht werden und gemeinsame Familienzeit werde unmöglich. Ebenso würden Behördengänge bzw. Arztbesuche erschwert. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit sei bei wechselnden Arbeitszeiten mit Nachtdiensten nur eingeschränkt möglich.

42

Auch der von der Beklagten gezogene Vergleich zu den Berufsgruppen, zu denen bereits Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vorliegen, sei nicht überzeugend. Die Tätigkeit als Altenpflegerin sei nicht mit der Tätigkeit im Rettungsdienst vergleichbar. Im Gegensatz zu der Tätigkeit als Rettungssanitäter falle im Rahmen der Altenpflege nicht in erster Linie Rufbereitschaft an. Vielmehr seien die Nachtschichten besonders lang, besonders arbeitsintensiv und psychisch besonders belastend. Es komme außerdem zu einer Arbeitsverdichtung in der Nacht, da nachts bedeutend weniger Personal zur Verfügung stehe und der Verantwortungsbereich dementsprechend größer als tagsüber sei.

43

Der vergrößerte Verantwortungsbereich verknappe daher nachts die Zeit für pflegerische Arbeiten zusätzlich. Die Klägerin müsse unter hohem Termindruck arbeiten und insbesondere bei der Gabe von Medikamenten und Infusionen höchst konzentriert sein.

44

Demente Patienten hätten im Regelfall einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus oder zumindest Durchschlafstörungen und sie müssten daher nachts permanent beaufsichtigt und immer wieder in ihre Zimmer gebracht werden. Bei 60 Zimmern erfordere allein die Durchführungen der regelmäßigen Anwesenheitskontrolle einen erheblichen Zeitaufwand. Dazu komme, dass sich bei nur 2 tätigen Mitarbeitern durch die umfangreichen Aufgaben die Arbeiten konzentrierten und Pausenzeiten dementsprechend oft verlegt und verkürzt werden müssten.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

46

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die inzwischen präzisierte und in zeitlicher Hinsicht eingeschränkte Klage ist zulässig und begründet. Das hat das Arbeitsgericht mit überwiegend zutreffenden Erwägungen, denen sich das Berufungsgericht insoweit anschließt, begründet.

47

In Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts wie folgt zu ergänzen.

A.

48

Die Berufung ist zulässig.

49

Da das Arbeitsgericht die Berufung nicht gesondert zugelassen hat, kann sie nur aufgrund des Überschreitens des notwendigen Beschwerdewerts zulässig sein. Nach § 64 Absatz 2 Buchst. b) ArbGG muss dafür der Beschwerdewert mehr als 600 Euro betragen. Das ist hier der Fall.

50

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf 1.250 Euro festgesetzt und der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Legt man diese Zahlen zu Grunde, ist die notwendige Beschwer von mehr als 600 Euro überschritten.

51

Eine Streitwertfestsetzung im Urteil des Arbeitsgerichts ist allerdings für das Berufungsgericht nur dann verbindlich, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist (BAG 19. Januar 2011 – 3 AZR 111/09 – AP Nr. 43 zu § 64 ArbGG 1979 = NZA 2011, 1054; BAG 4. Juni 2008 – 3 AZB 37/08 – AP Nr. 42 zu § 64 ArbGG 1979 = NJW 2009, 171). Gemessen an diesem Maßstab ist die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht noch als verbindlich anzusehen.

52

Das Arbeitsgericht hat die Herleitung des Streitwertes zwar nicht begründet, sondern nur mitgeteilt, man habe den Wert berechnet auf Basis von geschätzten 30 bis 35 Nachtschichten der Klägerin im Kalenderjahr. Gegen diese Schätzung sind keine Einwände erhoben worden und es sind auch keine Einwände ersichtlich.

53

Ausweislich der Klageschrift rechnet sich die Klägerin bei einem Stundenlohn von 12,46 Euro brutto pro Nachtstunde einen 25-prozentigen Zuschlag in Höhe von 3,11 Euro brutto aus. Bringt man davon die gezahlten 1,16 Euro brutto in Abzug, verbleibt ein noch offener Anspruch in Höhe von 1,95 Euro brutto pro Stunde Nachtarbeit. Der wirtschaftliche Wert des Streits der Parteien beläuft sich demnach im Kalenderjahr auf 409,50 Euro (bei Zugrundelegung von 30 Nachtschichten je 7 Stunden im Jahr) bzw. auf 477,75 Euro (bei Zugrundelegung von 35 Nachtschichten je 7 Stunden im Jahr). Maßgebend für die Streitwertberechnung dürfte in Anlehnung an § 42 GKG der Dreijahreswert sein, der dann zwischen 1.228,50 Euro und 1.433,25 Euro liegt. Ein Abschlag des Wertes in Hinblick auf die gestellten Feststellungsanträge ist nicht geboten. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Beklagte, sollte der Rechtsstreit zu ihren Lasten ausgehen, die Konsequenzen tragen und entsprechende Zahlungen vornehmen wird.

54

Die Beschwer der Beklagten umfasst jedoch nicht den gesamten Streitwert, da sie vor dem Arbeitsgericht teilweise obsiegt hat. Die Beschwer ist um den Obsiegensanteil (30 Prozent) zu kürzen. Sie liegt damit aber immer noch deutlich oberhalb von 600 Euro.

55

Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass das Arbeitsgericht bei der Bemessung des Streitwerts und der richtigen Kostenquote die Teilerfüllung des gesetzlichen Ausgleichsanspruchs durch die Gewährung von Zusatzurlaub für Nachtarbeit übersehen hat, wird die gesetzlich geforderte Mindestbeschwer nicht unterschritten.

56

Die Beklagte gewährt für 110 Nachtstunden 8 Stunden zusätzliche bezahlte Freizeit. Das ergibt einen zusätzlichen Freizeitanspruch in Höhe von 7,27 Prozent für jede Stunde Nachtarbeit. Wenn man das in einen Entgeltzuschlag umrechnet, ergibt sich bei dem von der Klägerin angegebenen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro einen Aufschlag in Höhe von 0,58 Euro brutto. Damit reduziert sich der wirtschaftliche Wert des nicht erfüllten Anteils des gesetzlichen Nachtzuschlages von 1,95 Euro um weitere 0,58 Euro auf nunmehr 1,37 Euro. Bei 30 Nachtschichten im Jahr hätte die begehrte klägerische Feststellung also einen Wert von rund 288 Euro pro Kalenderjahr. Damit würde der Dreijahreswert immer noch deutlich oberhalb von 600 Euro liegen.

B.

57

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klage ist zulässig und im jetzt allein noch rechtshängigen Umfang auch begründet.

I.

58

Die Klage ist zulässig.

1.

59

Die beantragten Feststellungen sind ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO.

60

Dem Vorbringen der Klägerin ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Absatz 5 ArbZG bezieht. Die Klägerin begehrt die Feststellung des Bestehens und der Höhe des Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang.

61

Den Geltungsbereich der begehrten Feststellung haben die Parteien zu Protokoll des Gerichts dadurch klargestellt, dass diese nur für die Zeit der Teilnahme der Klägerin an der Wechselschicht gelten soll.

62

Die Parteien haben auf Anregung des Gerichts auch zu Protokoll erklärt, dass die begehrte Feststellung den eventuell gegebenen Anspruch auf höhere Zuschläge (beispielsweise bei Nachtarbeit an Feiertagen) nicht einschränken soll.

63

Schließlich haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass der von der Beklagten gewährte Zusatzurlaub als Element der Erfüllung des Anspruchs auf einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG anzusehen ist.

2.

64

Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Absatz 5 ArbZG. Eine Feststellungsklage nach § 256 Absatz 1 ZPO kann sich auch auf einzelne Ansprüche eines umfassenderen Rechtsverhältnisses beschränken (Elementfeststellungsklage, vgl. beispielsweise BAG 15. April 2015 – 10 AZR 250/14 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

3.

65

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG gewährt hat oder ob der Klägerin für ihre geleistete Nachtarbeit ein weitergehender Ausgleichsanspruch zusteht.

66

Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Feststellungsantrag ist daher geeignet, den Rechtsfrieden im Arbeitsverhältnis der Parteien wiederherzustellen.

67

Dem steht nicht entgegen, dass sich in der Anwendung des durch die gerichtliche Feststellung fixierten angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit weitere Probleme ergeben können, die sich bereits jetzt abzeichnen. Dabei geht es im Einzelnen unter anderem um die Frage, ob die in den Dienstplänen ausgewiesene Pause als Pause im Sinne von § 4 ArbZG anerkannt werden kann und um die weitere Frage, wie man die Höhe des der Klägerin zustehenden Stundenlohns, der Basis für einen prozentual bestimmten Aufschlag, bestimmen muss. Obwohl es sich bereits im hiesigen Rechtsstreit abzeichnet, dass die Auffassungen der Parteien in diesen Fragen nicht übereinstimmen, ergibt sich dagegen kein Argument gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages, da mit der begehrten Feststellung jedenfalls die Grundfragen der Bemessung des angemessenen Ausgleichs für die Belastungen der Nachtarbeit geklärt werden.

68

Wegen der ausreichenden Befriedungsfunktion der begehrten Feststellung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass sich die Feststellung auch auf vergangene Zeiträume bezieht; eine Rechtspflicht, zum Leistungsantrag überzugehen, besteht nicht (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG).

4.

69

Das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung ist auch nicht für die Zeiträume in der Vergangenheit entfallen, für die die Klägerin bei wortgetreuer Anwendung der arbeitsvertraglichen Verfallklausel wegen Verfalls gar keine Ansprüche mehr durchsetzen könnte.

70

Zum einen verlangt die Klägerin vorliegend allein die Feststellung, dass der Ausgleichsanspruch jedenfalls in der vom Gericht zugesprochenen Höhe für alle Nachtarbeitsstunden seit dem 1. Januar 2015 entstanden ist. Ob er inzwischen noch erfüllt werden muss, ist damit nicht Teil des zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Anspruchs.

71

Aber selbst dann, wenn man das Feststellungsinteresse für zurückliegende Zeiträume verneinen würde, soweit daraus wegen des Eingreifens von Verfallsfristen keine wirtschaftlichen Folgerungen mehr gezogen werden könnten, ergäbe sich daraus vorliegend keine weitere Einschränkung des Feststellungsinteresses für Zeiträume aus der Vergangenheit. Denn die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag keine wirksame Verfallsklausel vereinbart.

72

§ 10 des im Jahre 2004 unterzeichneten Arbeitsvertrages der Parteien, der heute noch maßgeblich ist, sieht folgende Regelungen zum Verfall von Ansprüchen vor:

73

"§ 10 Ausschlussfristen

1.

74

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

2.

75

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

76

Diese arbeitsvertragliche Regelung ist spätestens mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes zum 1. Januar 2015 unwirksam geworden, da sie gegen das Transparenzgebot aus § 307 Absatz 1 BGB verstößt.

77

Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB) ist auf den Arbeitsvertrag der Parteien anzuwenden, da es sich um einen von der Beklagten vorformulierten Vertragstext handelt, der – was das Gericht aus den zahlreichen Parallelverfahren weiß – in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung gekommen ist.

78

Nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung auch aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (BAG 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 – AP Nr. 1 zu § 9 AEntG = NZA 2016, 1539; 21. Januar 2015 – 10 AZR 84/14 – AP Nr. 8 zu § 92 HGB = NJW 2015, 2364; BAG 17. August 2011 – 5 AZR 406/10 – AP Nr. 55 zu § 307 BGB = NJW 2012, 552 = DB 2011, 2550). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH 25. November 2015 – VIII ZR 360/14 – BGHZ 208, 52 = NJW 2016, 936; BGH 5. Oktober 2005 – VIII ZR 382/04 – NJW 2006, 211).

79

Hieran gemessen ist die Ausschlussfristenregelung des § 10 des Arbeitsvertrags der Parteien intransparent. Die Klausel stellt die Rechtslage irreführend dar und suggeriert dem durchschnittlichen Arbeitnehmer, er müsse auch seinen Anspruch auf Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) innerhalb der dort vorgesehenen Fristen außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Damit besteht die Gefahr, dass bei Verstreichen dieser Fristen der Arbeitnehmer den Anspruch auf Mindestlohn nicht mehr durchsetzt, obwohl nach § 3 MiLoG noch kein Verfall eingetreten ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des MiLoG – hier zutreffend – der Anspruch auf den Mindestlohn nach § 1 MiLoG von einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (BAG 28. August 2016 aaO mit weiteren Nachweisen zu der vergleichbaren Regelung über den Mindestlohn in der Pflegebranche).

80

Diese notwendige Klarstellung fehlt in der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung der Parteien.

81

Es ist unerheblich, dass die Parteien vorliegend nicht um Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz streiten, denn die intransparente Regelung bezogen auf die klägerischen Ansprüche aus diesem führt zur vollständigen Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Verfallsklausel, denn sie kann nicht sinnvoll in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgeteilt werden. Das liegt daran, dass der Klausel die notwendige einschränkende Formulierung fehlt.

82

Eine Einschränkung der zu weitgehend formulierten Ausschlussfrist mittels ergänzender Vertragsauslegung einzufügen, kommt vorliegend nicht in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Der Wegfall der Klausel muss den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist (BAG 24. August 2016 aaO). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die bei Wegfall der Verfallklausel greifenden Verjährungsregeln bieten einen hinreichenden Interessenausgleich.

83

Insoweit weicht das Berufungsgericht von der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ab. Das hatte gemeint, die Fälligkeit eines weiteren Zuschlags sei auch für Zeiträume in der Vergangenheit noch gar nicht eingetreten, da die Beklagte insoweit ihr Wahlrecht noch gar nicht ausgeübt hätte. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 52 ff).

II.

84

Die Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der angemessene Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG im Falle der Klägerin nicht unterhalb von 20 Prozent angesetzt werden kann. Die dagegen vorgetragenen Angriffe der Beklagten rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.

1.

85

Die Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit der Klägerin nach § 6 Absatz 5 ArbZG beträgt mindestens 20 Prozent pro geleisteter Nachtarbeitsstunde im Sinne von § 2 Absatz 3 ArbZG (23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens).

86

Die Klägerin kann Ansprüche aus § 6 Absatz 5 ArbZG geltend machen, da sie Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Absatz 5 ArbZG ist, denn sie arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht. Ihr steht ein angemessener Ausgleich für die Nachtarbeit zu, da eine tarifliche Regelung nicht besteht. Weder ist die Beklagte tarifgebunden, noch haben die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifwerks vereinbart.

87

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass im Betrieb der Beklagten und für die Arbeitsaufgabe der Klägerin ein Ausgleich in Höhe von 20 Prozent auf jede Stunde der Nachtarbeit oder eine entsprechende bezahlte Freistellung angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG ist. Da die Klägerin diese Feststellung nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat, kann und braucht das Berufungsgericht nicht zu entscheiden, ob der angemessene Ausgleich für die Nachtarbeit unter Umständen auch noch höher hätte bewertet werden können.

88

Der Auffassung der Beklagten, das Arbeitsgericht habe den Ausgleich für die Nachtarbeit mit 20 Prozent zu hoch bemessen, kann jedenfalls nicht gefolgt werden.

a)

89

Nach § 6 Absatz 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit – wie vorliegend – eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Absatz 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt.

90

Im Regelfall führt ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von zusätzlichen bezahlten freien Tagen zu einem angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG). Davon kann es Abweichungen nach oben wie nach unten geben.

91

Im Einzelfall maßgeblich ist die mit der Nachtarbeit verbundene Belastung. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich damit nach der Gegenleistung, für die er bestimmt ist (BAG 9. Dezember 2015 aaO). Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich gegenüber dem Regelwert in Höhe von 25 Prozent erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. In anderen Fällen kann nach § 6 Absatz 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich ausreichend sein, nämlich dann, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil beispielsweise in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um einen nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist.

b)

92

Gemessen an diesem Kriterium gibt es vorliegend keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag geringer anzusetzen als im Regelfall.

93

Die Beklagte räumt ein, dass die Belastung der in der Nachtschicht eingesetzten Pflegekräfte mit den Belastungen der Pflegekräfte in der Früh- und Spätschicht vergleichbar sei. Die Verringerung der in der Nacht geforderten Leistungen gleiche sich in etwa mit der Erweiterung des Verantwortungsbereichs durch die geringere Personalbesetzung aus.

94

Legt man diese Feststellung zu Grunde, gibt es keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag abweichend vom Regelfall mit weniger als 25 Prozent zu bemessen. Denn der Bezugspunkt für den notwendigen wertenden Vergleich ist nicht die Belastung der Früh- und Spätschicht in den Einrichtungen der Beklagten, sondern die übliche Belastung während der Nachtschicht in anderen Betrieben und Branchen. Da die Belastungen in der Nachtschicht in vielen Bereichen durch Überwachungstätigkeiten geprägt ist, die nur gelegentliches anlassbezogenes aktives Arbeiten erfordern, reicht schon das Eingeständnis der Beklagten, die Belastung in der Nachtschicht sei mit den Belastungen in der Früh- und Spätschicht vergleichbar, aus, um zu der Feststellung zu gelangen, die Belastungen in der Nachtschicht bei der Beklagten sei höher als die übliche Belastung in der Nachtschichtarbeit.

c)

95

Eine Herabsetzung der Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit mit Rücksicht auf ihre Unvermeidbarkeit in den Pflegeeinrichtungen der Beklagten ist nicht möglich.

96

Von Arbeitgeberseite wird immer wieder – so auch hier – argumentiert, der Nachtzuschlag aus § 6 Absatz 5 ArbZG habe auch eine Steuerungsfunktion. Mit ihm solle die Nachtarbeit verteuert werden, damit Nachtarbeit möglichst nur dort eingerichtet wird, wo dies unvermeidbar sei. Versage diese Steuerungsfunktion, weil es sich um Arbeiten handele, die notwendig allein in den Nachtstunden erledigt werden können, müsse der angemessene Nachtzuschlag um den Anteil des Nachtzuschlags gemindert werden, der auf diese Steuerungsfunktion entfällt. Es gehe also nur noch um den Ausgleich der persönlichen Unannehmlichkeiten der Nachtarbeit für den Arbeitnehmer; ein Zuschlag von 10 Prozent für die Nachtarbeit sei daher im Regelfall ausreichend.

97

Das Berufungsgericht hält dieses Argument nicht für tragfähig. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten hilfsweise davon ausgehen mag, dass die Verteuerung der Nachtarbeit einen Steuerungseffekt hat, könnte dieser bei der Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs für Nachtarbeit allenfalls mit zwei oder drei Prozentpunkten des angemessenen Aufschlags Berücksichtigung finden.

aa)

98

Die gesetzliche Regulierung der Nachtarbeit in § 6 ArbZG beruht auf der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnis, dass regelmäßige Nachtarbeit gesundheitsschädlich ist. Die Schädigung tritt allerdings nicht im engen zeitlichen Zusammenhang zur Nachtarbeit auf, sondern sie wirkt sich im Regelfall erst Jahre oder gar Jahrzehnte später aus. Das erhöht die Gefahr, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gesundheitlichen Fernwirkungen regelmäßiger Nachtarbeit unterschätzen.

99

Die gesundheitlichen Spätfolgen regelmäßiger Nachtarbeit können nach derzeitigem Stand der Erkenntnis der Arbeitswissenschaften dadurch vermieden oder zumindest abgeschwächt werden, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten müssen, weniger Stunden in der Woche arbeiten, als andere Arbeitnehmer. Durch die dadurch gewonnenen zusätzlichen Ruhezeiten bekommt der Körper die Chance, sich wieder auf den biologischen Tag-Nacht-Rhythmus einzupendeln. Vor diesem Hintergrund verfolgt § 6 Absatz 5 ArbZG in erster Linie und von seiner gesetzlichen Konzeption her Ziele des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

100

Es bedarf keiner tiefen Begründung, dass die nach dem Gesetz auch mögliche Bezahlung eines Zuschlags in Geld für die Stunden der Nachtarbeit, das mit der Regelung verfolgte Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes konterkariert. Denn die Ausbezahlung eines Nachtzuschlags an Stelle der gesundheitspolitisch gebotenen Gewährung zusätzlicher Freizeit begünstigt das Ausblenden der tatsächlichen gesundheitlichen Risiken der regelmäßigen Nachtarbeit durch alle Beteiligten. Die Auszahlung des Zuschlags führt zu gesundheitspolitischen Fehlentwicklungen, die auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer gehen und im weiteren Sinne damit auch auf Kosten der Sozialversicherungsträger. Wenn man schon die Nachtarbeit verteuern will, hätte man eigentlich konsequenterweise die Beitragspflicht für Nacharbeitnehmer erhöhen müssen.

101

Das Bundesarbeitsgericht hat diese offensichtliche Schwäche der gesetzlichen Arbeitsschutzregelung zur Nachtarbeit erkannt. Das Gericht formuliert seine Kritik sehr vorsichtig und sagt, der Geldzuschlag könne dem Gesundheitsschutz jedenfalls noch mittelbar dienen. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers werde verteuert, und trage auf diesem Weg dazu bei, Nachtarbeit einzudämmen. Nachtarbeit solle damit für Arbeitgeber weniger attraktiv sein (BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG = DB 2003, 1175 unter Bezugnahme auf BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441).

102

Es mag sein, dass es diesen Zusammenhang zwischen den Kosten der Nachtarbeit und der Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit gibt. Das kann aber nicht dazu führen, dass der angemessene Ausgleich für Nachtarbeit, die unvermeidbar ist, geringer ausfällt, als bei nachts durchgeführten Arbeiten, die man auch tagsüber erledigen lassen könnte, denn die gesundheitlichen Risiken der Nachtarbeit ändern sich dadurch nicht. Bezugspunkt der gesetzlichen Ausgleichsregelung in § 6 Absatz 5 ArbZG ist sowohl bei den zusätzlichen freien Tagen als auch bei dem Zuschlag auf das Entgelt die Gesundheit des Arbeitnehmers. Während man durch die freien Tage die Gesundheit des Arbeitnehmers zielgerichtet schützt, gleicht man mit dem Zuschlag in Geld die gesundheitlichen Risiken finanziell aus, die der Arbeitnehmer durch regelmäßiger Nachtarbeit ohne verkürzte Arbeitszeit in Form der Spätfolgen eingeht.

103

Die Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt bezogen auf die Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit tritt als möglicher zusätzlicher Effekt lediglich neben den eigentlichen Zweck des Zuschlags, den Arbeitnehmer für die Übernahme des Risikos wahrscheinlicher gesundheitlicher Spätfolgen zu entschädigen. Fällt der Steuerungseffekt bei Nachtarbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, weg, berührt das in keiner Weise die Bemessung der angemessenen Entschädigung des Arbeitnehmers für die Übernahme des Gesundheitsrisikos.

bb)

104

Selbst wenn man der Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt mit der Beklagten eine eigene Bedeutung beimessen wollte, könnte dies keinesfalls dazu führen, den im Regelfall als angemessen anzusehenden Zuschlag in Höhe von 25 Prozent bei unausweichlicher Nachtarbeit zu halbieren oder gar noch weiter abzusenken.

105

Denn die Vorstellung, man könne betriebswirtschaftlich geprägte Entscheidungen zur Einrichtung von Nachtarbeit dadurch beeinflussen, dass man die Nachtarbeit um 25 Prozent oder einen Aufschlag in ähnlicher Größenordnung verteuert, geht an der Realität vollständig vorbei. Angesichts der Vorteile, die längere Laufzeiten für teure hochtechnisierte Maschinen mit sich bringen, könnte man auf die Entscheidungen der Unternehmen allenfalls dann Einfluss nehmen, wenn man die Nachtarbeit – um einmal eine Zahl zu greifen – um den Faktor 3 bis 5 verteuern würde. Da dies an der derzeitigen Gesetzeslage weit vorbeigeht, kann umgekehrt auch der mit der derzeitigen Gesetzeslage unter Umständen nebenbei verbundene Steuerungseffekt nur als vernachlässigbar gering eingeschätzt werden. Wenn man ihn beziffern wollte, könnte man ihn vielleicht mit 2 oder 3 Prozentpunkten aus dem gesamten für angemessen erachteten Nachtzuschlag bemessen. Eine Kürzung des im Regelfall angemessenen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent könnte in Bereichen, in denen die Nachtarbeit unvermeidbar anfällt, also allenfalls dazu führen, dass sich der im Regelfall angemessene Zuschlag auf 22 oder 23 Prozent reduziert.

cc)

106

In diesem Zusammenhang ist es auch nicht zutreffend zu argumentieren, auch das Bundesarbeitsgericht halte eine Absenkung des Nachtzuschlags für Arbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, für geboten oder jedenfalls für möglich. Denn in der jüngsten Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2015 (aaO) hatte dieser Aspekt keine Rolle gespielt und das Gericht fasst lediglich die dazu bisher ergangene Rechtsprechung kursorisch zusammen und schließt diesen Teil seiner Ausführungen mit dem Bemerken ab, dass ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 Prozent jedenfalls die absolute Untergrenze für alle dahingehenden Gedankenspiele sein müsse (Randnummer 29).

107

Der Umstand, dass die Nachtarbeit in den beiden Einrichtungen der Beklagten in A-Stadt, unvermeidbar ist, kann daher hier nicht dazu führen, den vom Arbeitsgericht als angemessen angesehenen Ausgleichssatz von 20 Prozent noch weiter abzusenken.

d)

108

Selbst wenn man – abermals hilfsweise – das Argument der Beklagten aufgreift und für unvermeidbare Nachtarbeit eine Reduzierung des regelmäßigen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent um ungefähr 10 bis 15 Prozentpunkte für denkbar hält, würde das im vorliegenden Falle nicht zu einem teilweisen Obsiegen mit der Berufung führen. Denn die tatsächlichen Belastungen der Beschäftigten der Beklagten in den beiden Einrichtungen in A-Stadt rechtfertigen eine Anhebung des für den Regelfall angemessenen Aufschlags von 25 Prozent um mindestens 5 Prozentpunkte.

109

Im Gegensatz zu einer Nachtwache in einem Krankenhaus – um einmal einen Vergleich zu ziehen – ist die Nachtschicht in der Einrichtung H. der Beklagten nicht durch die Bereitschaftszeiten, sondern durch die tatsächlichen Arbeitseinsätze geprägt. Das liegt zum einen an den chronischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bewohner, die dazu führen, dass man nicht von einer regelmäßigen Nachtruhe in der Einrichtung ausgehen kann.

110

Zum anderen ist die Personalbesetzung in der Nacht in der Einrichtung ausgesprochen gering. In dem Seniorenpflegeheim müssen im Regelfall 80 Bewohner in 60 Zimmern, die sich auf zwei Stockwerke verteilen, durch eine Pflegefachkraft und eine Pflegehilfskraft durch die Nacht gebracht werden. Aufgrund des häufig chronischen Krankheitsbildes der Bewohner müssen ungewöhnlich häufig des nachts Hilfsmaßnahmen (Medikamente geben, Hilfsmittel austauschen, Messungen vornehmen) ergriffen werden und wegen der Spezialisierung des Hauses auf demenzkranke Bewohner muss auffällig häufig mit ein- und Durchschlafschwierigkeiten und den Folgeproblemen für die Beschäftigten gerechnet werden.

111

Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch auf die erhöhte psychische Belastung während der Nachtschichten abgestellt. In der Nacht ist der Verantwortungsbereich, für den die Klägerin zuständig ist, vergrößert. Ihr obliegt die Gesamtverantwortung für viel mehr Bewohner, was die psychische Belastung der Tätigkeit steigert. Gleichzeitig ist ein fokussiertes Abarbeiten von Routineaufgaben dadurch erschwert, dass ständig parallel dazu die Überwachungsaufgabe weiter ausgefüllt werden muss.

112

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hält das Berufungsgericht auch die nächtliche Erledigung von Arbeiten, die tagsüber liegengeblieben sind (Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeit, Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren usw.), für belastungserhöhend. Es mag sein, dass diese Aufgabe eigentlich zu den Aufgaben der Früh- und Spätschicht gehören. Die Beklagte hat sich aber auf das Argument der Klägerin, in der Früh- und Spätschicht sei die Belastung so groß, dass solche Arbeiten gelegentlich liegen bleiben bzw. in die Nachtschicht geschoben würden, nicht substantiiert eingelassen. Das Gericht muss also davon ausgehen, dass in den anderen Schichten nicht genügend Zeit für die Erledigung dieser Aufgaben verbleibt. Da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Klägerin diese Aufgaben nicht zu erledigen braucht, müssen sie bei der Bewertung der Belastungen in der Nachtschicht mitberücksichtigt werden. Da es sich um Arbeiten handelt, die nicht notwendig in der Nachtschicht erledigt werden müssen, rechtfertigt allein schon diese ungeschickte Betriebsorganisation einen sichtbaren Aufschlag.

113

Dass das Arbeitsgericht in der Gesamtabwägung der Faktoren, die die Angemessenheit des Zuschlags im vorliegenden Falle steigern oder abschwächen können, zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls ein Zuschlag von 20 Prozent als angemessen anzusehen ist, ist vor dem geschilderten Hintergrund nicht zu kritisieren. Neue Gesichtspunkte, die eine weitere Reduzierung des als angemessen anzusehenden Zuschlags rechtfertigen, sind im Berufungsrechtszug nicht vorgetragen worden.

e)

114

Die von der Beklagten als Hilfs-Abwägungskriterium angeführte Gesamtbetriebsvereinbarung, nach der allen Beschäftigten zugesagt wird, für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde zu gewähren, ist für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Absatz 5 ArbZG ohne eigenen Erkenntniswert.

115

Dem Betriebsrat steht bei der Bemessung der richtigen Höhe des angemessenen Zuschlags im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG kein Mitbestimmungsrecht zu (BAG 26. August 1997 – 1 ABR 16/97 – AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441). Eine gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat in einer Betriebsvereinbarung verschriftliche Zusage des Arbeitgebers, Nachtzuschläge in einem gewissen Mindestumfang zu leisten, hat daher keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs. Es ist und bleibt eine einseitige Zusage des Arbeitgebers.

2.

116

Die Beklagte hat den klägerischen Anspruch auf Leistung eines Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit in Höhe von 20 Prozent für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume bisher nicht annähernd erfüllt. Der klägerische Anspruch ist nicht durch Erfüllung untergegangen.

117

Die Klägerin bezieht ein regelmäßiges Monatseinkommen in Höhe von 1.920 Euro brutto. Dem regelmäßigen Entgelt steht eine wöchentliche Arbeitspflicht der teilzeitbeschäftigten Klägerin im Umfang von 35 Stunden gegenüber. Geht man von 13 Wochen im Quartal aus, ergibt sich daraus ein Wochenentgelt in Höhe von 443,08 Euro brutto. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn in Höhe von 12,66 Euro brutto. Dieser Feststellung steht die klägerische Auffassung, der Stundenlohn betrage 12,46 Euro brutto, nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Schlussfolgerung aus anderen Tatsachen handelt.

118

20 Prozent von 12,66 Euro berechnen sich auf 2,53 Euro. Dieser Aufschlag steht der Klägerin pro Stunde der Nachtarbeit zu. Die Beklagte hat bisher lediglich 1,16 Euro pro Stunde als Aufschlag gezahlt, so dass die Klägerin Anspruch auf weiteren Zuschlag in Höhe von 1,37 Euro pro Stunde Arbeit während der gesetzlichen Nachtarbeitszeit hat.

119

Davon ist der wirtschaftliche Wert des Zusatzurlaubs für geleistete Nachtstunden als weitere Teilerfüllungsleistung in Abzug zu bringen. Wie oben im Teil A. der Entscheidungsgründe abgeleitet, kann diese Form des angemessenen Ausgleichs mit ungefähr 0,58 Euro brutto pro Nachtstunde bewertet werden, so dass sich der bisher nicht erfüllte Anteil des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit auf 0,79 Euro brutto pro Nachtstunde belaufen dürfte. Eine genauere Berechnung ist im hiesigen Zusammenhang entbehrlich, da hier nur die Feststellung erforderlich ist, dass die Beklagte den gesetzlichen Ausgleichsanspruch bisher nicht vollständig erfüllt hat.

3.

120

Für die Zuschläge auf das Entgelt bis zu dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat die Beklagte ihr Wahlrecht ausgeübt. Sie hat sich für die Zahlung eines angemessenen Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit entschlossen. Zusätzlich hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen falle ihr eine zusätzliche Zahlung durchweg leichter als zusätzliche Freizeitgewährung. Daher ist der auf die Vergangenheit bezogene Urteilstenor zu 1 auf weitere Zahlung gerichtet.

121

Für die Zuschläge, die ab dem Datum der gerichtlichen Entscheidung im Oktober 2017 fällig werden, steht der Beklagten noch das Wahlrecht zu. Der Urteilstenor zu 2 ist daher auf wahlweise Zahlung oder Freistellung gerichtet.

4.

122

Auch der Feststellungsantrag zu 3 ist begründet.

123

Zwischen den Parteien besteht Streit, in welchem Umfang die Beklagte berechtigt ist, die von ihr gezahlten Zuschläge wegen Nachtarbeit aus den Spätarbeitszeiten vor 23 Uhr auf die gesetzliche Nachtarbeit von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens anzurechnen. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie der Vertragstext es ausweist – tatsächlich Anspruch auf Spätarbeitszuschlag ab 20:00 Uhr hat. In der gesamten Akte und in der mündlichen Verhandlung sind beide Parteien davon ausgegangen, dass Zuschlag erst ab 22:00 Uhr gezahlt wird. Die Frage kann dahinstehen, denn Zuschläge, die die Beklagte für Arbeitsstunden zahlt, die vor Beginn der gesetzlichen Nachtarbeitszeit um 23:00 Uhr liegen, können nicht als Teilerfüllung des angemessenen Ausgleichs für die gesetzlichen Stunden der Nachtarbeit bewertet werden.

124

Die Beklagte kann nur solche Zahlungen auf den gesetzlich geschuldeten Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung anrechnen, die für die gesetzlich definierte Nachtzeit geleistet werden. Da die gesetzliche Nachtzeit erst um 23 Uhr beginnt, kann die Beklagte einen Zeitzuschlag, den sie ausdrücklich für die Zeit vor 23 Uhr leistet, auf den geschuldeten Zuschlag nicht verrechnen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 51).

C.

125

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da das von ihr eingelegte Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 ZPO).

126

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 ArbGG) sind nicht erfüllt.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

I.

Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

II.

Das Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) wird in der Hauptsache aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens zu gewähren.

3. Es wird festgestellt, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 06.00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Höhe des angemessenen Zuschlags für die Nachtarbeit nach § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die die Klägerin im Rahmen ihrer Altenpflegetätigkeit leistet.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten in A-Stadt als Pflegefachkraft beschäftigt. Die nicht tarifgebundene bundesweit aktive Beklagte betreibt in A-Stadt unter anderem die Einrichtungen W. und H.. Nach dem Vertrag ist die Klägerin im H. eingesetzt, vertretungsweise ist sie auch in der W. tätig.

3

Das H. ist auf die Pflege und Betreuung von Senioren ausgerichtet. Die Einrichtung umfasst ungefähr 60 Zimmer, in denen im Mittel 80 ältere Menschen mit unterschiedlichen Pflegegraden und unterschiedlichsten – häufig chronischen – Erkrankungen betreut werden. Die Beklagte ist der Behauptung der Klägerin, die Einrichtung habe sich auf die Beherbergung demenzkranker Bewohner spezialisiert, nicht entgegengetreten. Die Einrichtung ist in einem Gebäudekomplex mit zwei Stockwerken untergebracht.

4

Die Personalbesetzung tagsüber ist nicht weiter aufgeklärt. Nachts ist die gesamte Einrichtung mit einer Pflegefachkraft und einer Pflegehilfskraft besetzt.

5

In der Nachtschicht fallen planbare Arbeiten an und es muss auf nicht planbare Ereignisse reagiert werden.

6

Zum Bereich der planbaren Arbeiten gehört die Medikamentengabe und die Vornahme von Messungen (beispielsweise Blutzucker oder Blutdruck). Bei Bewohnern, die einen Katheder tragen, und bei inkontinenten Bewohnern müssen auch nachts die Hilfsmittel gewechselt werden. Bei Bedarf werden Magensonden oder Trachialkanülen kontrolliert und gegebenenfalls wieder funktionstüchtig gemacht. Die dekubitus-gefährdeten Bewohner werden auch nachts umgelagert. Schließlich müssen anlasslose Kontrollgänge durch das Gebäude und alle Zimmer gemacht werden. In den letzten Stunden der Nachtschicht fallen zusätzlich Vorbereitungsarbeiten für das Frühstück an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

7

Zusätzlich fallen regelmäßig anlassbezogene nicht planbare Tätigkeiten an. Da die dort wohnenden Personen häufig krankheitsbedingte Ein- und Durchschlafschwierigkeiten haben, wird die Anzahl der unregelmäßigen Einsatzereignisse in der Nachtschicht von den Beschäftigten als sehr hoch eingeschätzt. Beispielsweise müssen verwirrte Bewohner auf den Fluren wieder ins Bett gebracht werden, oder es müssen Bewohner, die nach der Schwester rufen, versorgt oder beruhigt werden. Bewohner mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus müssen gegebenenfalls nachts beschäftigt werden.

8

Als besonders belastend wird von den Pflegekräften die Sterbebegleitung empfunden. Verstirbt einer der Bewohner während der Nachtzeit, müssen die anwesenden Pflegekräfte – wenn keine Angehörigen anwesend sind – die Sterbenden begleiten, nach dem Versterben die notwendigen organisatorischen Schritte einleiten und sich gegebenenfalls auch um die Angehörigen kümmern. Es ist unstreitig, dass Sterbefälle nachts häufiger sind als tagsüber. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung allerdings behauptet, in den letzten 2 Jahren hätte es nachts nur einen einzigen Sterbefall gegeben.

9

Da nachts in der Einrichtung nur die zwei Arbeitnehmerinnen mit der pflegerischen Aufgabenstellung beschäftigt sind, müssen diese bei Bedarf auch Aufgaben einer Reinigungskraft wahrnehmen, etwa wenn außer der Reihe mal etwas geputzt oder weggewischt werden muss.

10

Viele der nachts dort eingesetzten Pflegekräfte nutzen die Nachtzeit zusätzlich dafür, tagsüber liegengebliebene Schreibarbeiten (notwendige Dokumentationsarbeiten) zu erledigen. Auch andere Arbeiten, die zeitlich geschoben werden können, werden von den Mitarbeitern gelegentlich in die Nachtschicht verschoben, so etwa die Medikamentenbestellung oder notwendige Reinigungsarbeiten an Rollatoren.

11

In der Einrichtung wird nach Dienstplan in Wechselschicht gearbeitet. Einige Dienstplanparameter sind durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 vorgegeben. Danach können bis zu vier Nachtschichten in Folge angeordnet werden und nach einem Nachtschichtblock müssen mindestens zwei freie Tage gewährt werden. Die Nachtschicht weist eine Bruttoschichtlänge von 10,5 Stunden (19:45 Uhr bis 06:15 Uhr) auf. Nach den Dienstplänen ist in ihr eine Pause von 45 Minuten, die nach Mitternacht liegt, ausgewiesen.

12

Angaben zur Häufigkeit des Einsatzes in der Nachtschicht liegen nicht vor. Das Arbeitsgericht ist bei seinen Überlegungen zum Streitwert von 30 bis 35 Nachtschichten im Kalenderjahr ausgegangen. Dem hat keine der Parteien im Berufungsrechtszug widersprochen.

13

Die Bruttovergütung beträgt derzeit 1.920,00 Euro bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden. Die Klägerin errechnet sich daraus einen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro brutto. Die Klägerin arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht mit Früh-, Spät- und Nachtschichten.

14

In § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien ist für Arbeit während der Zeit von 20:00 Uhr abends bis 06:00 Uhr morgens ein Zuschlag in Höhe von 1,16 Euro brutto pro Stunde vereinbart. Außerdem hat die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 9. Mai 2005 eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung abgeschlossen, deren Ziffer 11 auszugsweise wie folgt lautet:

15

"Den gesamten Mitarbeitern wird arbeitgeberseitig zugesagt, soweit nicht individualvertraglich eine günstigere Regelung besteht, dass neben der Zeitgutschrift für die tatsächliche Arbeitsleistung folgende Zeitzuschläge gewährt werden:

16

a) Für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr 1,00 Euro pro Stunde

b) ..."

17

Nach § 4 des Arbeitsvertrages erhält die Klägerin Zusatzurlaub für geleistete Nachtstunden und zwar 1 Tag für mindestens 110 geleistete Nachtstunden und 2 Tage für 220 geleistete Nachtstunden. Wegen des weiteren Verlaufs der Staffel wird auf den Vertrag (Kopie als Anlage K 1 überreicht, hier Blatt 8 ff) Bezug genommen.

18

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält außerdem eine Regelung zum Verfall von Ansprüchen mittels Ausschlussfristen. Nach § 10 des Arbeitsvertrages verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

19

Die Klägerin hat außergerichtlich gemeint, der ihr gewährte Nachtarbeitszuschlag sei nicht angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG, ihr stünde ein Nachtzuschlag in Höhe von 25 Prozent zu. Die Klägerin hat den Anspruch auf weiteren Nachtzuschlag erstmals mit einem knapp gehaltenen Schreiben vom 8. Januar 2016 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. ("aufgrund der aktuellen Rechtsprechung möchte ich … nach § 6 Abs. 5 ArbZG meine Ansprüche geltend machen" – Anlage K 2, hier Blatt 14). Mit Schreiben vom 16. April 2016 hat der jetzige Prozessbevollmächtige der Klägerin die Ansprüche nochmals formvollendet für die Zeit ab Juni 2015 außergerichtlich geltend gemacht (Anlage K 3, hier Blatt 15).

20

Da die Beklagte eine Verbesserung des gewährten Zuschlags abgelehnt hat, verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der vorliegenden Klage in Form von Feststellungsanträgen weiter. Die Klage ist Ende Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde der Beklagten am 13. Juni 2016 zugestellt.

21

Das Arbeitsgericht Stralsund – Kammern Neubrandenburg – hat mit Urteil vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) in der Hauptsache – bei Klageabweisung im Übrigen – festgestellt, dass der Klägerin ein Ausgleichsanspruch im Umfang von 20 Prozent zustehe, der nach Wahl der Beklagten als Zuschlag auf das Entgelt oder als Freizeitausgleich auf die geleistete Arbeitszeit zu leisten sei. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 1.250 Euro festgesetzt und der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

22

Gegen dieses Urteil hat allein die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt und fristgemäß begründet worden. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte nach wie vor das Ziel, die Klage vollständig abzuweisen.

23

Die Klägerin hat ihren Klageantrag im Berufungsrechtszug auf Anregung des Gerichts in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und im Übrigen neu formuliert. Die Beklagte ist der Antragsänderung nicht entgegengetreten.

24

Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, da es der Klägerin möglich sei, den Klageantrag zu beziffern und Leistungsklage zu erheben. Die Beklagte beruft sich wegen der älteren Ansprüche zudem auf die Ausschlussfrist aus dem Arbeitsvertrag.

25

Der Sache nach hilfsweise meint die Beklagte, der von ihr geleistete Nachtzuschlag in Höhe von 1,16 Euro pro Stunde sei angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG. Mit diesem Zuschlag werde ein Ausgleich von rund 11 Prozent auf das Entgelt während der Nachtstunden gewährt. Zusätzlich werde Zusatzurlaub in Abhängigkeit von der Anzahl der erreichten Nachtstunden gezahlt. Insgesamt sei das angesichts der Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im Bereich der Beklagten ein angemessener Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG.

26

Der angemessene Nachtzuschlag sei im Bereich der pflegerischen Tätigkeiten mit 10 Prozent zu bemessen. Das Bundesarbeitsgericht sei in einer Entscheidung den Wachdienst betreffend zu der Einschätzung gekommen, dass 10 Prozent Nachtzuschlag ausreichend seien, wenn der Zweck, die Nachtarbeit zu verteuern, um sie möglichst zu vermeiden, keine Rolle spielen könne, da die Tätigkeit grundsätzlich nicht tagsüber erfolgen könne (Verweis auf BAG 11. Februar 2009 — 5 AZR 148/08). Auch in seinem Urteil vom 31. August 2005 (5 AZR 545/04) habe das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass für Angehörige des Rettungsdienstes ein Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG in Höhe von 10 Prozent des Arbeitsverdienstes angemessen sei. Durch den Zuschlag sollen für den Personenkreis nur die mit der Nachtarbeit verbundenen Erschwernisse abgegolten werden. Der Zweck, die Nachtarbeit einzuschränken, sei – so das Gericht – im Rettungsdienst nicht erreichbar, da der Rettungsdienst der öffentlichen Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung diene. Zutreffend habe daher auch das LAG Köln in seiner Entscheidung vom 2. September 2005 — 12 Sa 132/05 — allein das Kriterium des Gesundheitsschutzes für Zeitungszusteller bewertet und daher den angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit ebenfalls mit 10 Prozent bemessen. Diese zutreffende Argumentation des Bundesarbeitsgerichts und des LAG Köln müsse auch auf die Bewertung der Nachtarbeit in der Pflege übertragen werden. Hier sei für eine Sanktionierung im Sinne einer Verteuerung, um die Nachtarbeit einzudämmen und auszuschließen, kein Raum. Der Sanktionierungsaspekt müsste daher unberücksichtigt bleiben.

27

Vorliegend könne daher nur der Aspekt des Gesundheitsschutzes zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werden. Dieser sei mit einem Ausgleich im Umfang von 10 Prozent angemessen bewertet.

28

Im Übrigen sei es ein erhebliches Indiz für die Angemessenheit des vorliegend gewährten Nachtzuschlags, dass die Betriebsparteien mit Gesamtbetriebsvereinbarung vom 9. Mai 2005 es als angemessen ansehen haben, den Nachtzuschlag mit 1,00 Euro pro Nachtarbeitsstunde zu bewerten.

29

Dabei müsse auch die Zusatzvergütung, die für die Spätarbeit vor 23:00 Uhr gezahlt werde, einbezogen werden, da auch damit ein Ausgleich für die Nachtarbeit geleistet werde. Verteile man vorliegend den bisher gezahlten Zuschlag von 1,16 Euro für 8 Stunden Nachtarbeit, auf die siebenstündige gesetzliche Nachtarbeitszeit, werde durch die Beklagte bereits derzeit ein Nachtzuschlag annähernd in der hier verlangten Höhe gezahlt. Bei der Berechnung müsse man zusätzlich beachten, dass die Klägerin und ihre Kolleginnen tatsächlich nur 6,25 Stunden Nachtarbeit pro Nachtschicht leisten, da in die Zeit zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens auch die 45-minütige nicht vergütungspflichtige Pause falle. Die Klägerin werde also für 6,25 Nachtstunden Arbeit mit 9,28 Euro Nachtzuschlag entschädigt, was bei dem klägerseits angegebenen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro einem Zuschlag in Höhe von über 12 Prozent entspreche.

30

Im H. seien die Belastungen während der Nachtarbeit nicht als ungewöhnlich hoch zu bewerten.

31

Nicht berücksichtigt werden könnten von vornherein die Arbeiten, die die Pflegekräfte eigentlich tagsüber zu erledigen haben, die sie jedoch in die Nachtzeit schieben (Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren u.ä, Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeiten). Es gebe keine Anweisung der Beklagten, entsprechend zu verfahren. Hilfsweise müsse berücksichtigt werden, dass diese Arbeiten nicht in jeder Nachtschicht anfallen würden.

32

Die Belastungen während der Nachtarbeit würden die Belastungen, die die pflegerische Tätigkeit ohnehin mit sich bringe, nicht übersteigen. Generell würde nachts weniger Arbeit anfallen, da die Bewohner schlafen. Bei dementen Bewohnern sei zwar mit gewissen Verhaltensauffälligkeiten auch in den Nachtzeiten zu rechnen, das sei jedoch eine betriebstypische Belastung, die auch tagsüber auftrete. Kennzeichnend für die Nachtarbeit seien daher im Wesentlichen nur die routinemäßigen nächtlichen Kontrollgänge. Diese mögen zeitaufwendig sein, sie erhöhten die Belastung, die mit der Arbeit in der Nacht verbunden ist, jedoch nicht wesentlich. Die geringere Besetzung mit Personal werde durch den geringeren Anfall von Arbeit in den Nachtstunden ausgeglichen. In der Nacht sei die Belastung des Personals keinesfalls höher als tagsüber, allenfalls könne man von einer gleichwertigen Belastung sprechen.

33

Die Beklagte beantragt,

34

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 21. März 2017 (13 Ca 69/16) abzuändern und die Klage abzuweisen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen und nach den umgestellten Anträgen nunmehr wie folgt zu erkennen:

1.

37

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2017 angefallenen Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten;

2.

38

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle in der Zeit ab dem 1. Oktober 2017 angefallenen und zukünftig anfallenden Arbeitsstunden der Klägerin in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf das pro Stunde zustehende Entgelt zu vergüten, wahlweise der Klägerin Arbeitsbefreiung ohne Wegfall der Vergütung im Umfang von 20 Prozent einer Stunde für jede Arbeitsstunde in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens zu gewähren.

3.

39

festzustellen, dass auf die Verpflichtung nach Ziffern 1 und 2 der arbeitsvertraglich vereinbarte Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung nur angerechnet werden kann, soweit dieser Zuschlag für Arbeiten in der Zeit zwischen 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens gewährt wurde oder zukünftig gewährt wird.

40

Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie ist der Auffassung, ihr stehe ein Nachtzuschlag mindestens in der zugesprochenen Höhe von 20 Prozent zum arbeitsvertraglichen Bruttolohn zu. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Verweis auf BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14) sei im Regelfall davon auszugehen, dass Arbeitnehmer für Nachtarbeitszeiten ein 25-prozentiger Nachtzuschlag zu gewähren sei, daher seien die zugesprochenen 20 Prozent jedenfalls nicht zu hoch angesetzt. Gründe, die dafürsprechen, im vorliegenden Fall nach unten abzuweichen, lägen nicht vor.

41

Die Klägerin meint, die bisher gewährten Zuschläge würden keinen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit darstellen. Das Bundesarbeitsgericht habe ausgeführt, dass Zweck des § 6 Absatz 5 ArbZG unter anderem der Gesundheitsschutz sei und die gesetzlichen Regelungen auch einen Sanktionscharakter zur Vermeidung unnötiger Nachtarbeit habe. Diese beiden Kriterien seien jedoch nicht die einzigen ausschließlichen Kriterien die für die Angemessenheitsprüfung von Relevanz seien. Vielmehr handele es sich um Beispiele, was sich auch der Gesetzesbegründung des Arbeitszeitgesetzes entnehmen lasse. Neben der unbestreitbaren Gesundheitsbeeinträchtigung sei zu berücksichtigen, dass Nachtarbeit auch zu Beeinträchtigungen der familiären und sozialen Bindungen führe, die Wach- und Schlafzeiten störe und das Interesse der Familienmitglieder – insbesondere der Kinder – nach körperlicher und emotionaler Nähe verletze. Durch die Nachtarbeit könnten Kulturveranstaltungen nicht besucht werden und gemeinsame Familienzeit werde unmöglich. Ebenso würden Behördengänge bzw. Arztbesuche erschwert. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit sei bei wechselnden Arbeitszeiten mit Nachtdiensten nur eingeschränkt möglich.

42

Auch der von der Beklagten gezogene Vergleich zu den Berufsgruppen, zu denen bereits Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vorliegen, sei nicht überzeugend. Die Tätigkeit als Altenpflegerin sei nicht mit der Tätigkeit im Rettungsdienst vergleichbar. Im Gegensatz zu der Tätigkeit als Rettungssanitäter falle im Rahmen der Altenpflege nicht in erster Linie Rufbereitschaft an. Vielmehr seien die Nachtschichten besonders lang, besonders arbeitsintensiv und psychisch besonders belastend. Es komme außerdem zu einer Arbeitsverdichtung in der Nacht, da nachts bedeutend weniger Personal zur Verfügung stehe und der Verantwortungsbereich dementsprechend größer als tagsüber sei.

43

Der vergrößerte Verantwortungsbereich verknappe daher nachts die Zeit für pflegerische Arbeiten zusätzlich. Die Klägerin müsse unter hohem Termindruck arbeiten und insbesondere bei der Gabe von Medikamenten und Infusionen höchst konzentriert sein.

44

Demente Patienten hätten im Regelfall einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus oder zumindest Durchschlafstörungen und sie müssten daher nachts permanent beaufsichtigt und immer wieder in ihre Zimmer gebracht werden. Bei 60 Zimmern erfordere allein die Durchführungen der regelmäßigen Anwesenheitskontrolle einen erheblichen Zeitaufwand. Dazu komme, dass sich bei nur 2 tätigen Mitarbeitern durch die umfangreichen Aufgaben die Arbeiten konzentrierten und Pausenzeiten dementsprechend oft verlegt und verkürzt werden müssten.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

46

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die inzwischen präzisierte und in zeitlicher Hinsicht eingeschränkte Klage ist zulässig und begründet. Das hat das Arbeitsgericht mit überwiegend zutreffenden Erwägungen, denen sich das Berufungsgericht insoweit anschließt, begründet.

47

In Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts wie folgt zu ergänzen.

A.

48

Die Berufung ist zulässig.

49

Da das Arbeitsgericht die Berufung nicht gesondert zugelassen hat, kann sie nur aufgrund des Überschreitens des notwendigen Beschwerdewerts zulässig sein. Nach § 64 Absatz 2 Buchst. b) ArbGG muss dafür der Beschwerdewert mehr als 600 Euro betragen. Das ist hier der Fall.

50

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf 1.250 Euro festgesetzt und der Beklagten 70 Prozent der Kosten auferlegt. Legt man diese Zahlen zu Grunde, ist die notwendige Beschwer von mehr als 600 Euro überschritten.

51

Eine Streitwertfestsetzung im Urteil des Arbeitsgerichts ist allerdings für das Berufungsgericht nur dann verbindlich, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist (BAG 19. Januar 2011 – 3 AZR 111/09 – AP Nr. 43 zu § 64 ArbGG 1979 = NZA 2011, 1054; BAG 4. Juni 2008 – 3 AZB 37/08 – AP Nr. 42 zu § 64 ArbGG 1979 = NJW 2009, 171). Gemessen an diesem Maßstab ist die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht noch als verbindlich anzusehen.

52

Das Arbeitsgericht hat die Herleitung des Streitwertes zwar nicht begründet, sondern nur mitgeteilt, man habe den Wert berechnet auf Basis von geschätzten 30 bis 35 Nachtschichten der Klägerin im Kalenderjahr. Gegen diese Schätzung sind keine Einwände erhoben worden und es sind auch keine Einwände ersichtlich.

53

Ausweislich der Klageschrift rechnet sich die Klägerin bei einem Stundenlohn von 12,46 Euro brutto pro Nachtstunde einen 25-prozentigen Zuschlag in Höhe von 3,11 Euro brutto aus. Bringt man davon die gezahlten 1,16 Euro brutto in Abzug, verbleibt ein noch offener Anspruch in Höhe von 1,95 Euro brutto pro Stunde Nachtarbeit. Der wirtschaftliche Wert des Streits der Parteien beläuft sich demnach im Kalenderjahr auf 409,50 Euro (bei Zugrundelegung von 30 Nachtschichten je 7 Stunden im Jahr) bzw. auf 477,75 Euro (bei Zugrundelegung von 35 Nachtschichten je 7 Stunden im Jahr). Maßgebend für die Streitwertberechnung dürfte in Anlehnung an § 42 GKG der Dreijahreswert sein, der dann zwischen 1.228,50 Euro und 1.433,25 Euro liegt. Ein Abschlag des Wertes in Hinblick auf die gestellten Feststellungsanträge ist nicht geboten. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Beklagte, sollte der Rechtsstreit zu ihren Lasten ausgehen, die Konsequenzen tragen und entsprechende Zahlungen vornehmen wird.

54

Die Beschwer der Beklagten umfasst jedoch nicht den gesamten Streitwert, da sie vor dem Arbeitsgericht teilweise obsiegt hat. Die Beschwer ist um den Obsiegensanteil (30 Prozent) zu kürzen. Sie liegt damit aber immer noch deutlich oberhalb von 600 Euro.

55

Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass das Arbeitsgericht bei der Bemessung des Streitwerts und der richtigen Kostenquote die Teilerfüllung des gesetzlichen Ausgleichsanspruchs durch die Gewährung von Zusatzurlaub für Nachtarbeit übersehen hat, wird die gesetzlich geforderte Mindestbeschwer nicht unterschritten.

56

Die Beklagte gewährt für 110 Nachtstunden 8 Stunden zusätzliche bezahlte Freizeit. Das ergibt einen zusätzlichen Freizeitanspruch in Höhe von 7,27 Prozent für jede Stunde Nachtarbeit. Wenn man das in einen Entgeltzuschlag umrechnet, ergibt sich bei dem von der Klägerin angegebenen Stundenlohn in Höhe von 12,46 Euro einen Aufschlag in Höhe von 0,58 Euro brutto. Damit reduziert sich der wirtschaftliche Wert des nicht erfüllten Anteils des gesetzlichen Nachtzuschlages von 1,95 Euro um weitere 0,58 Euro auf nunmehr 1,37 Euro. Bei 30 Nachtschichten im Jahr hätte die begehrte klägerische Feststellung also einen Wert von rund 288 Euro pro Kalenderjahr. Damit würde der Dreijahreswert immer noch deutlich oberhalb von 600 Euro liegen.

B.

57

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klage ist zulässig und im jetzt allein noch rechtshängigen Umfang auch begründet.

I.

58

Die Klage ist zulässig.

1.

59

Die beantragten Feststellungen sind ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO.

60

Dem Vorbringen der Klägerin ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Absatz 5 ArbZG bezieht. Die Klägerin begehrt die Feststellung des Bestehens und der Höhe des Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang.

61

Den Geltungsbereich der begehrten Feststellung haben die Parteien zu Protokoll des Gerichts dadurch klargestellt, dass diese nur für die Zeit der Teilnahme der Klägerin an der Wechselschicht gelten soll.

62

Die Parteien haben auf Anregung des Gerichts auch zu Protokoll erklärt, dass die begehrte Feststellung den eventuell gegebenen Anspruch auf höhere Zuschläge (beispielsweise bei Nachtarbeit an Feiertagen) nicht einschränken soll.

63

Schließlich haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass der von der Beklagten gewährte Zusatzurlaub als Element der Erfüllung des Anspruchs auf einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG anzusehen ist.

2.

64

Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Absatz 5 ArbZG. Eine Feststellungsklage nach § 256 Absatz 1 ZPO kann sich auch auf einzelne Ansprüche eines umfassenderen Rechtsverhältnisses beschränken (Elementfeststellungsklage, vgl. beispielsweise BAG 15. April 2015 – 10 AZR 250/14 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

3.

65

Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Sinne von § 256 Absatz 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn einen angemessenen Ausgleich im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG gewährt hat oder ob der Klägerin für ihre geleistete Nachtarbeit ein weitergehender Ausgleichsanspruch zusteht.

66

Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Feststellungsantrag ist daher geeignet, den Rechtsfrieden im Arbeitsverhältnis der Parteien wiederherzustellen.

67

Dem steht nicht entgegen, dass sich in der Anwendung des durch die gerichtliche Feststellung fixierten angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit weitere Probleme ergeben können, die sich bereits jetzt abzeichnen. Dabei geht es im Einzelnen unter anderem um die Frage, ob die in den Dienstplänen ausgewiesene Pause als Pause im Sinne von § 4 ArbZG anerkannt werden kann und um die weitere Frage, wie man die Höhe des der Klägerin zustehenden Stundenlohns, der Basis für einen prozentual bestimmten Aufschlag, bestimmen muss. Obwohl es sich bereits im hiesigen Rechtsstreit abzeichnet, dass die Auffassungen der Parteien in diesen Fragen nicht übereinstimmen, ergibt sich dagegen kein Argument gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages, da mit der begehrten Feststellung jedenfalls die Grundfragen der Bemessung des angemessenen Ausgleichs für die Belastungen der Nachtarbeit geklärt werden.

68

Wegen der ausreichenden Befriedungsfunktion der begehrten Feststellung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass sich die Feststellung auch auf vergangene Zeiträume bezieht; eine Rechtspflicht, zum Leistungsantrag überzugehen, besteht nicht (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG).

4.

69

Das Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung ist auch nicht für die Zeiträume in der Vergangenheit entfallen, für die die Klägerin bei wortgetreuer Anwendung der arbeitsvertraglichen Verfallklausel wegen Verfalls gar keine Ansprüche mehr durchsetzen könnte.

70

Zum einen verlangt die Klägerin vorliegend allein die Feststellung, dass der Ausgleichsanspruch jedenfalls in der vom Gericht zugesprochenen Höhe für alle Nachtarbeitsstunden seit dem 1. Januar 2015 entstanden ist. Ob er inzwischen noch erfüllt werden muss, ist damit nicht Teil des zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Anspruchs.

71

Aber selbst dann, wenn man das Feststellungsinteresse für zurückliegende Zeiträume verneinen würde, soweit daraus wegen des Eingreifens von Verfallsfristen keine wirtschaftlichen Folgerungen mehr gezogen werden könnten, ergäbe sich daraus vorliegend keine weitere Einschränkung des Feststellungsinteresses für Zeiträume aus der Vergangenheit. Denn die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag keine wirksame Verfallsklausel vereinbart.

72

§ 10 des im Jahre 2004 unterzeichneten Arbeitsvertrages der Parteien, der heute noch maßgeblich ist, sieht folgende Regelungen zum Verfall von Ansprüchen vor:

73

"§ 10 Ausschlussfristen

1.

74

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

2.

75

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

76

Diese arbeitsvertragliche Regelung ist spätestens mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes zum 1. Januar 2015 unwirksam geworden, da sie gegen das Transparenzgebot aus § 307 Absatz 1 BGB verstößt.

77

Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB) ist auf den Arbeitsvertrag der Parteien anzuwenden, da es sich um einen von der Beklagten vorformulierten Vertragstext handelt, der – was das Gericht aus den zahlreichen Parallelverfahren weiß – in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung gekommen ist.

78

Nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung auch aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden (BAG 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 – AP Nr. 1 zu § 9 AEntG = NZA 2016, 1539; 21. Januar 2015 – 10 AZR 84/14 – AP Nr. 8 zu § 92 HGB = NJW 2015, 2364; BAG 17. August 2011 – 5 AZR 406/10 – AP Nr. 55 zu § 307 BGB = NJW 2012, 552 = DB 2011, 2550). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Verwender ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH 25. November 2015 – VIII ZR 360/14 – BGHZ 208, 52 = NJW 2016, 936; BGH 5. Oktober 2005 – VIII ZR 382/04 – NJW 2006, 211).

79

Hieran gemessen ist die Ausschlussfristenregelung des § 10 des Arbeitsvertrags der Parteien intransparent. Die Klausel stellt die Rechtslage irreführend dar und suggeriert dem durchschnittlichen Arbeitnehmer, er müsse auch seinen Anspruch auf Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) innerhalb der dort vorgesehenen Fristen außergerichtlich und gerichtlich geltend machen. Damit besteht die Gefahr, dass bei Verstreichen dieser Fristen der Arbeitnehmer den Anspruch auf Mindestlohn nicht mehr durchsetzt, obwohl nach § 3 MiLoG noch kein Verfall eingetreten ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, muss im Anwendungsbereich des MiLoG – hier zutreffend – der Anspruch auf den Mindestlohn nach § 1 MiLoG von einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (BAG 28. August 2016 aaO mit weiteren Nachweisen zu der vergleichbaren Regelung über den Mindestlohn in der Pflegebranche).

80

Diese notwendige Klarstellung fehlt in der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung der Parteien.

81

Es ist unerheblich, dass die Parteien vorliegend nicht um Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz streiten, denn die intransparente Regelung bezogen auf die klägerischen Ansprüche aus diesem führt zur vollständigen Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Verfallsklausel, denn sie kann nicht sinnvoll in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgeteilt werden. Das liegt daran, dass der Klausel die notwendige einschränkende Formulierung fehlt.

82

Eine Einschränkung der zu weitgehend formulierten Ausschlussfrist mittels ergänzender Vertragsauslegung einzufügen, kommt vorliegend nicht in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Der Wegfall der Klausel muss den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt den Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist (BAG 24. August 2016 aaO). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die bei Wegfall der Verfallklausel greifenden Verjährungsregeln bieten einen hinreichenden Interessenausgleich.

83

Insoweit weicht das Berufungsgericht von der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ab. Das hatte gemeint, die Fälligkeit eines weiteren Zuschlags sei auch für Zeiträume in der Vergangenheit noch gar nicht eingetreten, da die Beklagte insoweit ihr Wahlrecht noch gar nicht ausgeübt hätte. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 52 ff).

II.

84

Die Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der angemessene Nachtzuschlag im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG im Falle der Klägerin nicht unterhalb von 20 Prozent angesetzt werden kann. Die dagegen vorgetragenen Angriffe der Beklagten rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.

1.

85

Die Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit der Klägerin nach § 6 Absatz 5 ArbZG beträgt mindestens 20 Prozent pro geleisteter Nachtarbeitsstunde im Sinne von § 2 Absatz 3 ArbZG (23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens).

86

Die Klägerin kann Ansprüche aus § 6 Absatz 5 ArbZG geltend machen, da sie Nachtarbeitnehmerin im Sinne von § 2 Absatz 5 ArbZG ist, denn sie arbeitet nach Dienstplan in Wechselschicht. Ihr steht ein angemessener Ausgleich für die Nachtarbeit zu, da eine tarifliche Regelung nicht besteht. Weder ist die Beklagte tarifgebunden, noch haben die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag die Geltung eines Tarifwerks vereinbart.

87

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass im Betrieb der Beklagten und für die Arbeitsaufgabe der Klägerin ein Ausgleich in Höhe von 20 Prozent auf jede Stunde der Nachtarbeit oder eine entsprechende bezahlte Freistellung angemessen im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG ist. Da die Klägerin diese Feststellung nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat, kann und braucht das Berufungsgericht nicht zu entscheiden, ob der angemessene Ausgleich für die Nachtarbeit unter Umständen auch noch höher hätte bewertet werden können.

88

Der Auffassung der Beklagten, das Arbeitsgericht habe den Ausgleich für die Nachtarbeit mit 20 Prozent zu hoch bemessen, kann jedenfalls nicht gefolgt werden.

a)

89

Nach § 6 Absatz 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit – wie vorliegend – eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Absatz 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Absatz 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt.

90

Im Regelfall führt ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von zusätzlichen bezahlten freien Tagen zu einem angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG (BAG 9. Dezember 2015 — 10 AZR 423/14 — BAGE 153, 378 = NZA 2016, 426 = AP Nr. 14 zu § 6 ArbZG). Davon kann es Abweichungen nach oben wie nach unten geben.

91

Im Einzelfall maßgeblich ist die mit der Nachtarbeit verbundene Belastung. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich damit nach der Gegenleistung, für die er bestimmt ist (BAG 9. Dezember 2015 aaO). Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich gegenüber dem Regelwert in Höhe von 25 Prozent erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. In anderen Fällen kann nach § 6 Absatz 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich ausreichend sein, nämlich dann, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil beispielsweise in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um einen nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist.

b)

92

Gemessen an diesem Kriterium gibt es vorliegend keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag geringer anzusetzen als im Regelfall.

93

Die Beklagte räumt ein, dass die Belastung der in der Nachtschicht eingesetzten Pflegekräfte mit den Belastungen der Pflegekräfte in der Früh- und Spätschicht vergleichbar sei. Die Verringerung der in der Nacht geforderten Leistungen gleiche sich in etwa mit der Erweiterung des Verantwortungsbereichs durch die geringere Personalbesetzung aus.

94

Legt man diese Feststellung zu Grunde, gibt es keinen Anlass, den angemessenen Nachtzuschlag abweichend vom Regelfall mit weniger als 25 Prozent zu bemessen. Denn der Bezugspunkt für den notwendigen wertenden Vergleich ist nicht die Belastung der Früh- und Spätschicht in den Einrichtungen der Beklagten, sondern die übliche Belastung während der Nachtschicht in anderen Betrieben und Branchen. Da die Belastungen in der Nachtschicht in vielen Bereichen durch Überwachungstätigkeiten geprägt ist, die nur gelegentliches anlassbezogenes aktives Arbeiten erfordern, reicht schon das Eingeständnis der Beklagten, die Belastung in der Nachtschicht sei mit den Belastungen in der Früh- und Spätschicht vergleichbar, aus, um zu der Feststellung zu gelangen, die Belastungen in der Nachtschicht bei der Beklagten sei höher als die übliche Belastung in der Nachtschichtarbeit.

c)

95

Eine Herabsetzung der Höhe des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit mit Rücksicht auf ihre Unvermeidbarkeit in den Pflegeeinrichtungen der Beklagten ist nicht möglich.

96

Von Arbeitgeberseite wird immer wieder – so auch hier – argumentiert, der Nachtzuschlag aus § 6 Absatz 5 ArbZG habe auch eine Steuerungsfunktion. Mit ihm solle die Nachtarbeit verteuert werden, damit Nachtarbeit möglichst nur dort eingerichtet wird, wo dies unvermeidbar sei. Versage diese Steuerungsfunktion, weil es sich um Arbeiten handele, die notwendig allein in den Nachtstunden erledigt werden können, müsse der angemessene Nachtzuschlag um den Anteil des Nachtzuschlags gemindert werden, der auf diese Steuerungsfunktion entfällt. Es gehe also nur noch um den Ausgleich der persönlichen Unannehmlichkeiten der Nachtarbeit für den Arbeitnehmer; ein Zuschlag von 10 Prozent für die Nachtarbeit sei daher im Regelfall ausreichend.

97

Das Berufungsgericht hält dieses Argument nicht für tragfähig. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten hilfsweise davon ausgehen mag, dass die Verteuerung der Nachtarbeit einen Steuerungseffekt hat, könnte dieser bei der Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs für Nachtarbeit allenfalls mit zwei oder drei Prozentpunkten des angemessenen Aufschlags Berücksichtigung finden.

aa)

98

Die gesetzliche Regulierung der Nachtarbeit in § 6 ArbZG beruht auf der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnis, dass regelmäßige Nachtarbeit gesundheitsschädlich ist. Die Schädigung tritt allerdings nicht im engen zeitlichen Zusammenhang zur Nachtarbeit auf, sondern sie wirkt sich im Regelfall erst Jahre oder gar Jahrzehnte später aus. Das erhöht die Gefahr, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gesundheitlichen Fernwirkungen regelmäßiger Nachtarbeit unterschätzen.

99

Die gesundheitlichen Spätfolgen regelmäßiger Nachtarbeit können nach derzeitigem Stand der Erkenntnis der Arbeitswissenschaften dadurch vermieden oder zumindest abgeschwächt werden, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten müssen, weniger Stunden in der Woche arbeiten, als andere Arbeitnehmer. Durch die dadurch gewonnenen zusätzlichen Ruhezeiten bekommt der Körper die Chance, sich wieder auf den biologischen Tag-Nacht-Rhythmus einzupendeln. Vor diesem Hintergrund verfolgt § 6 Absatz 5 ArbZG in erster Linie und von seiner gesetzlichen Konzeption her Ziele des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

100

Es bedarf keiner tiefen Begründung, dass die nach dem Gesetz auch mögliche Bezahlung eines Zuschlags in Geld für die Stunden der Nachtarbeit, das mit der Regelung verfolgte Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes konterkariert. Denn die Ausbezahlung eines Nachtzuschlags an Stelle der gesundheitspolitisch gebotenen Gewährung zusätzlicher Freizeit begünstigt das Ausblenden der tatsächlichen gesundheitlichen Risiken der regelmäßigen Nachtarbeit durch alle Beteiligten. Die Auszahlung des Zuschlags führt zu gesundheitspolitischen Fehlentwicklungen, die auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer gehen und im weiteren Sinne damit auch auf Kosten der Sozialversicherungsträger. Wenn man schon die Nachtarbeit verteuern will, hätte man eigentlich konsequenterweise die Beitragspflicht für Nacharbeitnehmer erhöhen müssen.

101

Das Bundesarbeitsgericht hat diese offensichtliche Schwäche der gesetzlichen Arbeitsschutzregelung zur Nachtarbeit erkannt. Das Gericht formuliert seine Kritik sehr vorsichtig und sagt, der Geldzuschlag könne dem Gesundheitsschutz jedenfalls noch mittelbar dienen. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers werde verteuert, und trage auf diesem Weg dazu bei, Nachtarbeit einzudämmen. Nachtarbeit solle damit für Arbeitgeber weniger attraktiv sein (BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG = DB 2003, 1175 unter Bezugnahme auf BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441).

102

Es mag sein, dass es diesen Zusammenhang zwischen den Kosten der Nachtarbeit und der Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit gibt. Das kann aber nicht dazu führen, dass der angemessene Ausgleich für Nachtarbeit, die unvermeidbar ist, geringer ausfällt, als bei nachts durchgeführten Arbeiten, die man auch tagsüber erledigen lassen könnte, denn die gesundheitlichen Risiken der Nachtarbeit ändern sich dadurch nicht. Bezugspunkt der gesetzlichen Ausgleichsregelung in § 6 Absatz 5 ArbZG ist sowohl bei den zusätzlichen freien Tagen als auch bei dem Zuschlag auf das Entgelt die Gesundheit des Arbeitnehmers. Während man durch die freien Tage die Gesundheit des Arbeitnehmers zielgerichtet schützt, gleicht man mit dem Zuschlag in Geld die gesundheitlichen Risiken finanziell aus, die der Arbeitnehmer durch regelmäßiger Nachtarbeit ohne verkürzte Arbeitszeit in Form der Spätfolgen eingeht.

103

Die Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt bezogen auf die Häufigkeit der Einrichtung von Nachtarbeit tritt als möglicher zusätzlicher Effekt lediglich neben den eigentlichen Zweck des Zuschlags, den Arbeitnehmer für die Übernahme des Risikos wahrscheinlicher gesundheitlicher Spätfolgen zu entschädigen. Fällt der Steuerungseffekt bei Nachtarbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, weg, berührt das in keiner Weise die Bemessung der angemessenen Entschädigung des Arbeitnehmers für die Übernahme des Gesundheitsrisikos.

bb)

104

Selbst wenn man der Steuerungsfunktion des Zuschlags auf das Entgelt mit der Beklagten eine eigene Bedeutung beimessen wollte, könnte dies keinesfalls dazu führen, den im Regelfall als angemessen anzusehenden Zuschlag in Höhe von 25 Prozent bei unausweichlicher Nachtarbeit zu halbieren oder gar noch weiter abzusenken.

105

Denn die Vorstellung, man könne betriebswirtschaftlich geprägte Entscheidungen zur Einrichtung von Nachtarbeit dadurch beeinflussen, dass man die Nachtarbeit um 25 Prozent oder einen Aufschlag in ähnlicher Größenordnung verteuert, geht an der Realität vollständig vorbei. Angesichts der Vorteile, die längere Laufzeiten für teure hochtechnisierte Maschinen mit sich bringen, könnte man auf die Entscheidungen der Unternehmen allenfalls dann Einfluss nehmen, wenn man die Nachtarbeit – um einmal eine Zahl zu greifen – um den Faktor 3 bis 5 verteuern würde. Da dies an der derzeitigen Gesetzeslage weit vorbeigeht, kann umgekehrt auch der mit der derzeitigen Gesetzeslage unter Umständen nebenbei verbundene Steuerungseffekt nur als vernachlässigbar gering eingeschätzt werden. Wenn man ihn beziffern wollte, könnte man ihn vielleicht mit 2 oder 3 Prozentpunkten aus dem gesamten für angemessen erachteten Nachtzuschlag bemessen. Eine Kürzung des im Regelfall angemessenen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent könnte in Bereichen, in denen die Nachtarbeit unvermeidbar anfällt, also allenfalls dazu führen, dass sich der im Regelfall angemessene Zuschlag auf 22 oder 23 Prozent reduziert.

cc)

106

In diesem Zusammenhang ist es auch nicht zutreffend zu argumentieren, auch das Bundesarbeitsgericht halte eine Absenkung des Nachtzuschlags für Arbeiten, die notwendig nachts zu erledigen sind, für geboten oder jedenfalls für möglich. Denn in der jüngsten Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2015 (aaO) hatte dieser Aspekt keine Rolle gespielt und das Gericht fasst lediglich die dazu bisher ergangene Rechtsprechung kursorisch zusammen und schließt diesen Teil seiner Ausführungen mit dem Bemerken ab, dass ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 Prozent jedenfalls die absolute Untergrenze für alle dahingehenden Gedankenspiele sein müsse (Randnummer 29).

107

Der Umstand, dass die Nachtarbeit in den beiden Einrichtungen der Beklagten in A-Stadt, unvermeidbar ist, kann daher hier nicht dazu führen, den vom Arbeitsgericht als angemessen angesehenen Ausgleichssatz von 20 Prozent noch weiter abzusenken.

d)

108

Selbst wenn man – abermals hilfsweise – das Argument der Beklagten aufgreift und für unvermeidbare Nachtarbeit eine Reduzierung des regelmäßigen Nachtzuschlags in Höhe von 25 Prozent um ungefähr 10 bis 15 Prozentpunkte für denkbar hält, würde das im vorliegenden Falle nicht zu einem teilweisen Obsiegen mit der Berufung führen. Denn die tatsächlichen Belastungen der Beschäftigten der Beklagten in den beiden Einrichtungen in A-Stadt rechtfertigen eine Anhebung des für den Regelfall angemessenen Aufschlags von 25 Prozent um mindestens 5 Prozentpunkte.

109

Im Gegensatz zu einer Nachtwache in einem Krankenhaus – um einmal einen Vergleich zu ziehen – ist die Nachtschicht in der Einrichtung H. der Beklagten nicht durch die Bereitschaftszeiten, sondern durch die tatsächlichen Arbeitseinsätze geprägt. Das liegt zum einen an den chronischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bewohner, die dazu führen, dass man nicht von einer regelmäßigen Nachtruhe in der Einrichtung ausgehen kann.

110

Zum anderen ist die Personalbesetzung in der Nacht in der Einrichtung ausgesprochen gering. In dem Seniorenpflegeheim müssen im Regelfall 80 Bewohner in 60 Zimmern, die sich auf zwei Stockwerke verteilen, durch eine Pflegefachkraft und eine Pflegehilfskraft durch die Nacht gebracht werden. Aufgrund des häufig chronischen Krankheitsbildes der Bewohner müssen ungewöhnlich häufig des nachts Hilfsmaßnahmen (Medikamente geben, Hilfsmittel austauschen, Messungen vornehmen) ergriffen werden und wegen der Spezialisierung des Hauses auf demenzkranke Bewohner muss auffällig häufig mit ein- und Durchschlafschwierigkeiten und den Folgeproblemen für die Beschäftigten gerechnet werden.

111

Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch auf die erhöhte psychische Belastung während der Nachtschichten abgestellt. In der Nacht ist der Verantwortungsbereich, für den die Klägerin zuständig ist, vergrößert. Ihr obliegt die Gesamtverantwortung für viel mehr Bewohner, was die psychische Belastung der Tätigkeit steigert. Gleichzeitig ist ein fokussiertes Abarbeiten von Routineaufgaben dadurch erschwert, dass ständig parallel dazu die Überwachungsaufgabe weiter ausgefüllt werden muss.

112

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hält das Berufungsgericht auch die nächtliche Erledigung von Arbeiten, die tagsüber liegengeblieben sind (Pflegedokumentation und sonstige Büroarbeit, Medikamentenbestellung, Reinigungsarbeiten an Rollatoren usw.), für belastungserhöhend. Es mag sein, dass diese Aufgabe eigentlich zu den Aufgaben der Früh- und Spätschicht gehören. Die Beklagte hat sich aber auf das Argument der Klägerin, in der Früh- und Spätschicht sei die Belastung so groß, dass solche Arbeiten gelegentlich liegen bleiben bzw. in die Nachtschicht geschoben würden, nicht substantiiert eingelassen. Das Gericht muss also davon ausgehen, dass in den anderen Schichten nicht genügend Zeit für die Erledigung dieser Aufgaben verbleibt. Da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Klägerin diese Aufgaben nicht zu erledigen braucht, müssen sie bei der Bewertung der Belastungen in der Nachtschicht mitberücksichtigt werden. Da es sich um Arbeiten handelt, die nicht notwendig in der Nachtschicht erledigt werden müssen, rechtfertigt allein schon diese ungeschickte Betriebsorganisation einen sichtbaren Aufschlag.

113

Dass das Arbeitsgericht in der Gesamtabwägung der Faktoren, die die Angemessenheit des Zuschlags im vorliegenden Falle steigern oder abschwächen können, zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls ein Zuschlag von 20 Prozent als angemessen anzusehen ist, ist vor dem geschilderten Hintergrund nicht zu kritisieren. Neue Gesichtspunkte, die eine weitere Reduzierung des als angemessen anzusehenden Zuschlags rechtfertigen, sind im Berufungsrechtszug nicht vorgetragen worden.

e)

114

Die von der Beklagten als Hilfs-Abwägungskriterium angeführte Gesamtbetriebsvereinbarung, nach der allen Beschäftigten zugesagt wird, für Nachtarbeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde zu gewähren, ist für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Absatz 5 ArbZG ohne eigenen Erkenntniswert.

115

Dem Betriebsrat steht bei der Bemessung der richtigen Höhe des angemessenen Zuschlags im Sinne von § 6 Absatz 5 ArbZG kein Mitbestimmungsrecht zu (BAG 26. August 1997 – 1 ABR 16/97 – AP Nr. 74 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1998, 441). Eine gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat in einer Betriebsvereinbarung verschriftliche Zusage des Arbeitgebers, Nachtzuschläge in einem gewissen Mindestumfang zu leisten, hat daher keinerlei Aussagekraft in Bezug auf die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs. Es ist und bleibt eine einseitige Zusage des Arbeitgebers.

2.

116

Die Beklagte hat den klägerischen Anspruch auf Leistung eines Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit in Höhe von 20 Prozent für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume bisher nicht annähernd erfüllt. Der klägerische Anspruch ist nicht durch Erfüllung untergegangen.

117

Die Klägerin bezieht ein regelmäßiges Monatseinkommen in Höhe von 1.920 Euro brutto. Dem regelmäßigen Entgelt steht eine wöchentliche Arbeitspflicht der teilzeitbeschäftigten Klägerin im Umfang von 35 Stunden gegenüber. Geht man von 13 Wochen im Quartal aus, ergibt sich daraus ein Wochenentgelt in Höhe von 443,08 Euro brutto. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn in Höhe von 12,66 Euro brutto. Dieser Feststellung steht die klägerische Auffassung, der Stundenlohn betrage 12,46 Euro brutto, nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Schlussfolgerung aus anderen Tatsachen handelt.

118

20 Prozent von 12,66 Euro berechnen sich auf 2,53 Euro. Dieser Aufschlag steht der Klägerin pro Stunde der Nachtarbeit zu. Die Beklagte hat bisher lediglich 1,16 Euro pro Stunde als Aufschlag gezahlt, so dass die Klägerin Anspruch auf weiteren Zuschlag in Höhe von 1,37 Euro pro Stunde Arbeit während der gesetzlichen Nachtarbeitszeit hat.

119

Davon ist der wirtschaftliche Wert des Zusatzurlaubs für geleistete Nachtstunden als weitere Teilerfüllungsleistung in Abzug zu bringen. Wie oben im Teil A. der Entscheidungsgründe abgeleitet, kann diese Form des angemessenen Ausgleichs mit ungefähr 0,58 Euro brutto pro Nachtstunde bewertet werden, so dass sich der bisher nicht erfüllte Anteil des angemessenen Ausgleichs für die Nachtarbeit auf 0,79 Euro brutto pro Nachtstunde belaufen dürfte. Eine genauere Berechnung ist im hiesigen Zusammenhang entbehrlich, da hier nur die Feststellung erforderlich ist, dass die Beklagte den gesetzlichen Ausgleichsanspruch bisher nicht vollständig erfüllt hat.

3.

120

Für die Zuschläge auf das Entgelt bis zu dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat die Beklagte ihr Wahlrecht ausgeübt. Sie hat sich für die Zahlung eines angemessenen Zuschlags auf das Entgelt für die Stunden der Nachtarbeit entschlossen. Zusätzlich hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen falle ihr eine zusätzliche Zahlung durchweg leichter als zusätzliche Freizeitgewährung. Daher ist der auf die Vergangenheit bezogene Urteilstenor zu 1 auf weitere Zahlung gerichtet.

121

Für die Zuschläge, die ab dem Datum der gerichtlichen Entscheidung im Oktober 2017 fällig werden, steht der Beklagten noch das Wahlrecht zu. Der Urteilstenor zu 2 ist daher auf wahlweise Zahlung oder Freistellung gerichtet.

4.

122

Auch der Feststellungsantrag zu 3 ist begründet.

123

Zwischen den Parteien besteht Streit, in welchem Umfang die Beklagte berechtigt ist, die von ihr gezahlten Zuschläge wegen Nachtarbeit aus den Spätarbeitszeiten vor 23 Uhr auf die gesetzliche Nachtarbeit von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens anzurechnen. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie der Vertragstext es ausweist – tatsächlich Anspruch auf Spätarbeitszuschlag ab 20:00 Uhr hat. In der gesamten Akte und in der mündlichen Verhandlung sind beide Parteien davon ausgegangen, dass Zuschlag erst ab 22:00 Uhr gezahlt wird. Die Frage kann dahinstehen, denn Zuschläge, die die Beklagte für Arbeitsstunden zahlt, die vor Beginn der gesetzlichen Nachtarbeitszeit um 23:00 Uhr liegen, können nicht als Teilerfüllung des angemessenen Ausgleichs für die gesetzlichen Stunden der Nachtarbeit bewertet werden.

124

Die Beklagte kann nur solche Zahlungen auf den gesetzlich geschuldeten Nachtzuschlag als Teilerfüllungshandlung anrechnen, die für die gesetzlich definierte Nachtzeit geleistet werden. Da die gesetzliche Nachtzeit erst um 23 Uhr beginnt, kann die Beklagte einen Zeitzuschlag, den sie ausdrücklich für die Zeit vor 23 Uhr leistet, auf den geschuldeten Zuschlag nicht verrechnen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 aaO Randnummer 51).

C.

125

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da das von ihr eingelegte Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 ZPO).

126

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 ArbGG) sind nicht erfüllt.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.