Landesarbeitsgericht München Beschluss, 12. Okt. 2016 - 10 TaBV 58/16

bei uns veröffentlicht am12.10.2016

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 26.04.2016, 13 BV 395/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006.

Der Beteiligte zu 1 ist als Betriebsrat zuständig für den gemeinsamen Betrieb, den die Beteiligte zu 2 mit der E., der F. und der G. seit dem Jahr 2001 führt. Die Beteiligte zu 2 war und ist nicht Mitglied eines tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverbandes und nicht tarifgebunden.

Die C. schloss mit dem Betriebsrat unter dem 28.03.2006 eine „Betriebsvereinbarung Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die auszugsweise wie folgt lautet:

„2. Geltungsbereich Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmerinnen des Unternehmens. 3. Urlaubsbestimmungen

3.1. Der Arbeitnehmer hat jährlich einen unabdingbaren Anspruch auf bezahlten Urlaub. Der Urlaub dient der Erholung. Krankheitstage sowie Freistellungen aus beruflichen und persönlichen Gründen und zur beruflichen Fortbildung dürfen auf den Urlaub nicht angerechnet werden.

3.2. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Für die Urlaubsberechnung wird die 5-Tage-Woche zugrunde gelegt. Feiertage, die auf die Tage Montag bis Freitag fallen, zählen nicht als Urlaubstage.

3.3. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (Wartezeit), bei Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr nach drei Monaten.

3.4. Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a) für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;

b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;

c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes c) bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahltes Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

3.5. Bei Ableistung des Grundwehrdienstes, Zivildienstes oder Entwicklungsdienstes sind die besonderen Bestimmungen des Arbeitsplatzschutzgesetzes über Urlaubsgewährung zu beachten. Der Arbeitgeber kann den Jahresurlaub für jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer Grundwehrdienst, Zivildienst oder Entwicklungsdienst leistet, um ein Zwölftel kürzen. Dem Arbeitnehmer ist der ihm zustehende Urlaub auf Verlangen vor Beginn des Grundwehrdienstes, Zivildienstes oder Entwicklungsdienstes zu gewähren.

3.6. Wird dem Arbeitnehmer von einem Träger der Sozialversicherung oder einer Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung ein Kur- oder Heilverfahren gewährt, so darf die hierfür verwendete Zeit einschließlich der ärztlich angeordneten Schonzeit auf den Urlaub nicht angerechnet werden. Dies gilt nicht für Kuren gem. § 84 Angestelltenversicherungsgesetz, die in der für einen Erholungsurlaub üblichen Weise gestattet werden können.

3.7. Durch ärztliche Bescheinigung in deutscher Sprache bzw. in Übersetzung nachgewiesene Krankheitstage während des Urlaubs gelten nicht als Urlaubstage. Die durch die Krankheit verlorenen Urlaubstage können in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber an den Urlaub angehängt werden. Kommt eine Übereinstimmung nicht zustande, ist die Arbeit am vorher vereinbarten Termin anzutreten. Die Gewährung des Resturlaubs wird nach Nr. 8 und 9 festgelegt.

3.8. Der Urlaub soll im laufenden Kalenderjahr möglichst zusammenhängend gewährt und genommen werden. Ein Urlaubsplan ist unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers unter Mitbestimmung des Betriebsrates frühzeitig aufzustellen. Bei der Urlaubsgewährung sind betriebliche Belange zu berücksichtigen. Der Urlaubsplan gilt erst nach der Genehmigung durch die Geschäftsleitung.

3.9. Der Urlaub kann auch noch in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und angetreten werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach Nr. 4 entstehender Teilurlaub auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen. Das gilt auch in den Fällen, in denen Teile des Urlaubs bzw. der gesamte Urlaub wegen lang anhaltender Krankheit nicht genommen werden konnte.

Wird der übertragene Urlaub nicht in den ersten drei Monaten genommen, erlischt der Anspruch, es sei denn, dass er rechtzeitig aber erfolglos geltend gemacht worden ist.

3.10. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.

Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht.

3.11. Der Urlaubsanspruch für Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen und zur Aushilfe beträgt für jeden vollen Monat der Beschäftigung ein Zwölftel des nach Ziffer 4 zu berechnenden Jahresurlaubs.

3.12. Betriebsurlaub kann nur durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden.

3.13. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes, für Jugendliche die des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

4. Urlaubsdauer

4.1. Für alle Arbeitnehmer, einschließlich der in Ausbildung befindlichen Personen, beträgt der Urlaub 30 Arbeitstage. Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz. Für alle Arbeitnehmer die bei Inkrafttreten bereits einen höheren Urlaubsanspruch erworben haben, bleibt dieser erhalten.

4.2. Für Arbeitnehmer, die dem Unternehmen zum 1.1.2003 mindestens 10 Jahre angehören und die mindestens 35 Jahre alt sind, gilt eine Bestandsgarantie hinsichtlich der bisherigen Urlaubsregelung. Für diese Mitarbeiter erhöht sich der Urlaub bei Alter 40 auf 31 und bei Erreichen von Alter 50 auf 32 Tage.

Sollte der im Unternehmen geltende Urlaubsanspruch künftig mehr als 30 Arbeitstage betragen, so ist das Unternehmen berechtigt, die zusätzlichen Urlaubstage, 31. Und 32. Tag, anzurechnen.

4.3. Die Bestimmungen über gesetzlichen Zusatzurlaub, z.B. für Schwerbehinderte, sind zu beachten.

4.4. Das Unternehmen kann bis zu 5 Tagen Betriebsurlaub pro Jahr anordnen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 5 BetrVG bleibt unberührt.

5. Freistellung von der Arbeit aus persönlichen Gründen Der Arbeitnehmer hat in nachstehenden Fällen nach einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten Anspruch auf Freizeit ohne Kürzung der Vergütung

a) bei Eheschließung des Arbeitnehmers 2 Tage

b) bei Geburt eines eigenen Kindes 2 Tage

c) bei Todesfall von Verwandten 1. Grades (Kinder, Eltern), Ehegatten, Schwiegereltern und Geschwistern 2 Tage

d) bei Teilnahme an Beisetzungen von Schwiegerkindern sowie sonstigen Verwandten, sofern letztere mit in häuslicher Gemeinschaft lebten 1 Tag

e) Umzug

– bis zu einer Entfernung von 100 km vom bisherigen Wohnort 1 Tag

– über 100 km vom bisherigen Wohnort 2 Tage

– f) bei eigenem silbernen Ehejubiläum 1 Tag

g) am Tag der Hochzeit der Kinder, 1 Tag

h) am Tag der goldenen Hochzeit der Eltern, 1 Tag

i) bei Vorladung von Gerichten oder Behörden, bei Behördengängen (z.B. Meldestelle, Finanzamt, Standesamt, Schule, Kindergarten), die nachweislich persönlich vorgenommen werden müssen, für die notwendige Zeit

j) bei ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung sowie Anpassung, Erneuerung oder Wiederherstellung künstlicher Glieder, soweit dies in der arbeitsfreien Zeit nicht möglich ist, für die notwendige Zeit

k) bei Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter, zur Teilnahme an Tarifverhandlungen, bei polizeilichen und gerichtlichen Terminen, sofern der Grund nicht in der Person selbst liegt und soweit nicht von anderer Stelle Ausfallentschädigung gezahlt wird für die notwendige Zeit.

Der Eheschließung gleichgestellt ist die Eintragung von Lebenspartnerschaften bei den Ziffern 1a), c) und f).

Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts dann nicht, wenn die Ereignisse in einen Zeitraum fallen, für den Urlaub beantragt bzw. gewährt wurde oder in dem der Arbeitnehmer krank ist. Für Freistellungen gemäß Punkt c) gilt dies jedoch nur im Krankheitsfall.

Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes erfolgt mit Ausnahme von k) höchstens für 5 Tage im Kalenderjahr; freie Tage für Umzüge werden maximal einmal im Jahr gewährt.

Wegen des weiteren Wortlauts der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 11 ff. d. A. verwiesen.

Es existiert ein „Einheitlicher Manteltarifvertrag“ für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den technischen Betrieben für Film und Fernsehen e.V. (VTFF) abgeschlossen zwischen dem Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e.V. (VTFF), Berlin und Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V., Bundesvorstand - Fachbereich Medien, Kunst und Industrie Berlin gültig ab dem 01.01.2003, in dessen Anwendungsbereich der gegenständliche Betrieb grundsätzlich fällt, auch wenn die Beteiligte zu 2 nicht tarifgebunden ist. Dieser sieht in der bei Abschluss der Betriebsvereinbarung gültigen Fassung folgende Regelungen vor:

㤠1 Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt:

1. Räumlich: für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

2. Persönlich: für alle kaufmännischen und technischen Arbeitnehmer sowie Auszubildenden. Werden Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht unter diesen persönlichen Geltungsbereich fallen, sind sie nicht schlechter zu stellen, als die unter den Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer und Auszubildenden. Ausgenommen sind Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Prokuristen, Generalbevollmächtigte und leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des BetrVerfG, Arbeitnehmer, die von Produktion zu Produktion beschäftigt werden, können ausgenommen werden, soweit andere Tarifverträge diese Beschäftigung regeln.

3. Fachlich: für die technischen Betriebe für Film und Fernsehen, das heißt Betriebe, die technische Dienstleistungen für Bewegtbildproduktionen erbringen (insbesondere Film-und Fernseh-Atelierbetriebe, Synchronisations-, Musik- und Tonstudios sowie Film-und Videokopierwerke, Postproduktionsbetriebe und Bildplattenvervielfältigungsbetriebe; Internet- und Intranet-Fernsehen). Hierzu zählen auch Betriebe, deren Aufgaben nicht nur in der reinen technischen Dienstleistung bestehen, sondern die neben dem Zurverfügungstellen der technischen Plattform oder dem Erbringen der technischen Dienstleistung auch inhaltliche Beiträge leisten.

Urlaub, Freistellung, Verhinderung § 20 Urlaubsbestimmungen

1. Der Arbeitnehmer hat jährlich einen unabdingbaren Anspruch auf bezahlten Urlaub. Der Urlaub dient der Erholung. Krankheitstage sowie Freistellungen aus beruflichen und persönlichen Gründen und zur beruflichen Fortbildung dürfen auf den Urlaub nicht angerechnet werden.

2. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Für die Urlaubsberechnung wird die 5-Tage-Woche zugrundegelegt. Feiertage, die auf die Tage Montag bis Freitag fallen, zählen nicht als Urlaubstage. Dies gilt auch für Mitarbeiter, die im Rahmen der produktionsabhängigen Arbeitszeit an anderen Tagen eingesetzt sind.

3. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (Wartezeit), bei Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr nach drei Monaten.

4. Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a) für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;

b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;

c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes c) bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahltes Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

5. Bei Ableistung des Grundwehrdienstes, Zivildienstes oder Entwicklungsdienstes sind die besonderen Bestimmungen des Arbeitsplatzschutzgesetzes über Urlaubsgewährung zu beachten. Der Arbeitgeber kann den Jahresurlaub für jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer Grundwehrdienst, Zivildienst oder Entwicklungsdienst leistet, um ein Zwölftel kürzen. Dem Arbeitnehmer ist der ihm zustehende Urlaub auf Verlangen vor Beginn des Grundwehrdienstes, Zivildienstes oder Entwicklungsdienstes zu gewähren.

6. Wird dem Arbeitnehmer von einem Träger der Sozialversicherung oder einer Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung ein Kur- oder Heilverfahren gewährt, so darf die hierfür verwendete Zeit einschließlich der ärztlich angeordneten Schonzeit auf den Urlaub nicht angerechnet werden. Dies gilt nicht für Kuren gem. § 84 Angestelltenversicherungsgesetz, die in der für einen Erholungsurlaub üblichen Weise gestattet werden können.

7. Durch ärztliche Bescheinigung in deutscher Sprache bzw. in Übersetzung nachgewiesene Krankheitstage während des Urlaubs gelten nicht als Urlaubstage. Die durch die Krankheit verlorenen Urlaubstage können in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber an den Urlaub angehängt werden. Kommt eine Übereinstimmung nicht zustande, ist die Arbeit am vorher vereinbarten Termin anzutreten. Die Gewährung des Resturlaubs wird nach Nr. 8 und 9 festgelegt.

8. Der Urlaub soll im laufenden Kalenderjahr möglichst zusammenhängend gewährt und genommen werden. Ein Urlaubsplan ist unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers unter Mitbestimmung des Betriebsrates frühzeitig aufzustellen. Bei der Urlaubsgewährung sind betriebliche Belange zu berücksichtigen. Der Urlaubsplan gilt erst nach der Genehmigung durch die Geschäftsleitung.

9. Der Urlaub kann auch noch in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und angetreten werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach Nr. 4 entstehender Teilurlaub auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen. Das gilt auch in den Fällen, in denen Teile des Urlaubs bzw. der gesamte Urlaub wegen lang anhaltender Krankheit nicht genommen werden konnte.

Wird der übertragene Urlaub nicht in den ersten drei Monaten genommen, erlischt der Anspruch, es sei denn, dass er rechtzeitig aber erfolglos geltend gemacht worden ist.

10. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.

Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht.

11. Der Urlaubsanspruch für Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen (§ 8 eMTV) und zur Aushilfe (§ 9 eMTV) beträgt für jeden vollen Monat der Beschäftigung ein Zwölftel des nach § 21 eMTV zu berechnenden Jahresurlaubs.

12. Betriebsurlaub kann nur durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden.

13. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes, für Jugendliche die des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

§ 21 Urlaubsdauer

1. Für alle Arbeitnehmer, einschließlich der in Ausbildung befindlichen Personen, beträgt der Urlaub 30 Arbeitstage. Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz. Für alle Arbeitnehmer die bei Inkrafttreten bereits einen höheren Urlaubsanspruch erworben haben, bleibt dieser erhalten.

2. Für Arbeitnehmer, die dem Betrieb im Jahr des Inkrafttretens dieses Manteltarifvertrags mindestens 10 Jahre angehören und die mindestens 35 Jahre alt sind, gilt eine Bestandsgarantie hinsichtlich der bisherigen Urlaubsregelung. Für diese Mitarbeiter erhöht sich der Urlaub bei Alter 40 auf 31 und bei Erreichen von Alter 50 auf 32 Tage.

Sollte der tarifliche Urlaubsanspruch künftig mehr als 30 Arbeitstage betragen, so ist der Arbeitgeber berechtigt, die zusätzlichen Urlaubstage anzurechnen.

3. Die Bestimmungen über gesetzlichen Zusatzurlaub, z.B. für Schwerbehinderte, sind zu beachten.

4. Der Arbeitgeber kann bis zu 5 Tagen Betriebsurlaub pro Jahr anordnen. Die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes sind zu beachten.

§ 22 Freistellung von der Arbeit aus persönlichen Gründen

Der Arbeitnehmer hat in nachstehenden Fällen nach einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten Anspruch auf Freizeit ohne Kürzung der Vergütung

a) bei Eheschließung des Arbeitnehmers 2 Tage

b) bei Geburt eines eigenen Kindes 2 Tage

c) bei Todesfall von Verwandten 1. Grades (Kinder, Eltern), Ehegatten, Schwiegereltern und Geschwistern 2 Tage

d) bei Teilnahme an Beisetzungen von Schwiegerkindern sowie sonstigen Verwandten, sofern letztere mit in häuslicher Gemeinschaft lebten 1 Tag

e) Umzug

– bis zu einer Entfernung von 100 km vom bisherigen Wohnort 1 Tag

– über 100 km vom bisherigen Wohnort 2 Tage

f) bei eigenem silbernen Ehejubiläum 1 Tag

g) am Tag der Hochzeit der Kinder, 1 Tag

h) am Tag der goldenen Hochzeit der Eltern, 1 Tag

i) bei Vorladung von Gerichten oder Behörden, bei Behördengängen (z. B. Meldestelle, Finanzamt, Standesamt, Schule, Kindergarten), die nachweislich persönlich vorgenommen werden müssen, für die notwendige Zeitj) bei ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung sowie Anpassung, Erneuerung oder Wiederherstellung künstlicher Glieder, soweit dies in der arbeitsfreien Zeit nicht möglich ist, für die notwendige Zeit

k) bei Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter, zur Teilnahme an Tarifverhandlungen, bei polizeilichen und gerichtlichen Terminen, sofern der Grund nicht in der Person selbst liegt und soweit nicht von anderer Stelle Ausfallentschädigung gezahlt wird für die notwendige Zeit.

Der Eheschließung gleichgestellt ist die Eintragung von Lebenspartnerschaften bei den Ziffern 1a), c) und f).

Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts dann nicht, wenn die Ereignisse in einen Zeitraum fallen, für den Urlaub beantragt bzw. gewährt wurde oder in dem der Arbeitnehmer krank ist. Für Freistellungen gemäß Punkt c) gilt dies jedoch nur im Krankheitsfall.

Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes erfolgt mit Ausnahme von k) höchstens für 5 Tage im Kalenderjahr; freie Tage für Umzüge werden maximal einmal im Jahr gewährt.

Wegen des weiteren Wortlauts des Tarifvertrags wird auf Bl. 174 ff. d. A. verwiesen. Der Manteltarifvertrag enthält keine Öffnungsklausel, die den Betriebsparteien den Abschluss abweichender oder gleichlautender Betriebsvereinbarungen gestatten würde. Der Manteltarifvertrag wurde von beiden Tarifvertragsparteien zum 31.12.2011 gekündigt.

Die VTFF und ver.di schlossen am 12.08.2010 weiterhin einen Entgelttarifvertrag mit Wirkung zum 01.01.2010. Dieser Tarifvertrag enthält In § 1 eine Regelung zum Geltungsbereich und in § 5 eine Öffnungsklausel mit folgendem Wortlaut:

㤠1 Geltungsbereich

1. Räumlich: für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

2. Persönlich: für alle kaufmännischen und technischen Arbeitnehmer sowie Auszubildenden. Werden Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht unter diesen persönlichen Geltungsbereich fallen, sind sie nicht schlechter zu stellen, als die unter den Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer und Auszubildenden. Ausgenommen sind Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Prokuristen, Generalbevollmächtigte und leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des BetrVerfG, Arbeitnehmer, die von Produktion zu Produktion beschäftigt werden, können ausgenommen werden, soweit andere Tarifverträge diese Beschäftigung regeln.

3. Fachlich: für die technischen Betriebe für Film und Fernsehen, das heißt Betriebe, die technische Dienstleistungen für Bewegtbildproduktionen erbringen (insbesondere Film-und Fernseh-Atelierbetriebe, Synchronisations-, Musik- und Tonstudios sowie Film-und Videokopierwerke, Postproduktionsbetriebe und Bildplattenvervielfältigungsbetriebe; Internet- und Intranet-Fernsehen). Hierzu zählen auch Betriebe, deren Aufgaben nicht nur in der reinen technischen Dienstleistung bestehen, sondern die neben dem Zurverfügungstellen der technischen Plattform oder dem Erbringen der technischen Dienstleistung auch inhaltliche Beiträge leisten.

§ 5 Öffnungsklausel

Arbeitgeber und Betriebsrat können unter Wahrung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Tarifvertrag für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen unter Beachtung des § 77 Abs. 3 BetrVG abschließen. Bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrags abgeschlossene ergänzende für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen, die sich auf andere (alte) Ta rifregelungen beziehen, gelten unabhängig von dieser Öffnungsklausel weiter und können unter Beachtung von § 77 Ziff. 3 BetrVG geändert werden. Die Tarifparteien sind seitens des Arbeitgebers über die Aufnahme von Verhandlungen und dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemäß dieser Öffnungsklausel zu informieren.

Wegen des weiteren Wortlauts des Tarifvertrages wird auf Bl. 54 ff. d. A. verwiesen.

In einer Pressemitteilung vom 28.11.2012 teilte der VTFF mit, eine neue Satzung beschlossen zu haben sowie die Aufgabe seiner Tariffähigkeit „bis auf Weiteres“. In der Neufassung der Satzung des VTFF vom 01.01.2013 heißt es unter § 2 Aufgaben und Ziele:

„Der Verband verfolgt keine eigenwirtschaftlichen und politischen Zwecke. Er ist derzeitig nicht tariffähig.“

Wegen des weiteren Wortlauts wird auf Bl. 66 ff. d. A. verwiesen.

Die Beteiligte zu 2 schließt mit ab dem 01.03.2013 eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsverträge ab, die lediglich 28 Urlaubstage gewähren. Nur auf die namentlich im gegenständlichen Antrag benannten Arbeitnehmer wendet die Beteiligte zu 2 die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung derzeit noch an.

Der Beteiligte zu 1 vertrat erstinstanzlich die Auffassung, die Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006 sei wirksam und damit für alle Arbeitnehmer im Betrieb anwendbar. Die tarifliche Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.10.2010 enthalte eine die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beseitigende rückwirkende Öffnungsklausel. Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Entgelttarifvertrages sei die Betriebsvereinbarung keinesfalls nichtig, sondern lediglich schwebend unwirksam gewesen. Die Tarifvertragsparteien hätten deshalb auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Öffnungsklausel vereinbaren können. Der Geltungsbereich des Entgelttarifvertrages sei nicht auf eine Entgeltregelung beschränkt, so dass über die Öffnungsklausel auch Regelungen zur Urlaubsdauer durch Betriebsvereinbarung hätte getroffen werden können. Da eine tarifvertragliche Regelung nicht mehr vorliege, greife auch nicht die Tarifsperre gem. § 77 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. BetrVG. Auch liege keine Tarifüblichkeit (mehr) vor, da der Arbeitgeberver band aufgrund gewillkürter Tarifunfähigkeit keine Tarifverträge mehr abschließen könne und daher von einer Tarifüblichkeit der Urlaubsregelungen nicht auszugehen sei. Die Tatsache, dass die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. BetrVG erst nach Inkrafttreten der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung im Jahr 2006 entfallen sei, ändere an dem Ergebnis nichts, da die Betriebsvereinbarung nicht nichtig gewesen sei.

Der nach Kündigung lediglich nachwirkende Manteltarifvertrag könne gem. § 4 Abs. 5 TVG durch eine andere Abmachung abgelöst werden. Eine solche andere Abmachung könne auch eine Betriebsvereinbarung sein. Da die Beteiligte zu 2 zu keinem Zeitpunkt an den einheitlichen Manteltarifvertrag gebunden gewesen sei und ausweislich der Betriebsvereinbarung durch diese bestehende unterschiedliche Urlaubsregelung vereinheitlicht hätten werden sollen, sei zu folgern, dass die Betriebsvereinbarung gerade für den Fall der Nachwirkung gelten soll.

Der Beteiligte zu 1 beantragte erstinstanzlich: Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die zwischen dem Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 am 28.03.2006 abgeschlossen worden ist, unabhängig von einem bestimmten Eintrittsstichtag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 zur Anwendung kommt und nicht auf folgende Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen: – AN1 - AN2 - AN3 - AN4 - AN5 - AN6 - AN7 - AN8 - AN9 beschränkt ist sowie hilfsweise den Antrag 1 mit der Maßgabe, dass die Feststellung für Eintritte seit dem 01.01.2013 begehrt wird.

Die Beteiligte zu 2 beantragte erstinstanzlich die Zurückweisung der Anträge.

Zur Begründung führte sie aus, die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG rechtsunwirksam. Die Sperrwirkung von § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig. Die streitgegenständlichen Regelungen beträfen nicht den Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung, sondern unterfielen der freiwilligen Mitbestimmung. Infolgedessen sei die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung schlichtweg rechtsunwirksam. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.10.2002 (1 AZR 573/01) werde die Frage der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Regelungssperre offengelassen. In dieser Entscheidung werde keinesfalls die Aussage getroffen, dass die wortwörtliche Zitierung von Teilen eines (Mantel)-Tarifvertrages lediglich zur schwebenden Unwirksamkeit führen solle. Richtigerweise sei aus rechtssystematischen Gründen von einer endgültigen Rechtsunwirksamkeit auszugehen.

Die Sperrwirkung werde auch nicht durch den Entgelttarifvertrag vom 12.10.2010 beseitigt. Der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages beziehe sich ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag. Rechtssystematisch erstrecke sich die Öffnungsklausel daher ausschließlich auf die Regelungsgegenstände des Entgelttarifvertrages. Die Regelungssperre ergreife auch in Bezug auf die Tarifüblichkeit der Regelungsgegenstände die streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung. Zur Tarifüblichkeit sei festzustellen, dass die Gewerkschaft ver.di zu keinem Zeitpunkt erklärt habe, nicht tariffähig zu sein und keine Tarifverträge schließen zu wollen. Die Tarifüblichkeit entfalle auch nicht dadurch, dass sich der Arbeitgeberverband für tarifunfähig erklärt habe. Die Gewerkschaft könne nach wie vor auch mit einzelnen Unternehmen Firmentarifverträge schließen. Tarifüblichkeit entfalle in einem solchen Fall erst, wenn die Gewerkschaft erkläre, sie strebe auch keinen Firmentarifvertrag mehr an.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 03.11.2015, 23.12.2015, 05.02.2016, 08.04.2016, 14.04.2016, 18.04.2016, 19.04.2016 sowie auf die Niederschrift über die Anhörung vom 21.04.2016 verwiesen.

Das Arbeitsgericht München hat mit seinem dem Beteiligten zu 1 am 06.05.2016 zugestellten Beschluss vom 26.04.2016 die Anträge zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses habe die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen. Der Verstoß gegen diese Regelungssperre werde nicht durch die Tariföffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.08.2010 rückwirkend geheilt. Dies wäre zwar grds. möglich, der Entgelttarifvertrag enthalte aber keine Öffnungsklausel zur Regelung von Urlaubsbestimmungen. Das würde sich bereits aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung ergeben. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Öffnungsklausel für Regelungsgegenstände des Manteltarifvertrages gewünscht, hätten sie ohne weiteres den Manteltarifvertrag entsprechend ergänzen können. Die Betriebsvereinbarung habe auch nicht zum 01.01.2013 Wirksamkeit dadurch erlangt, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise aufgrund einer gewillkürten Tarifunfähigkeit des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes von einer Tarif-üblichkeit der im Manteltarifvertrag getroffenen Regelungen nicht mehr ausgegangen werden könne. Dies könne allerdings nicht dazu führen, dass eine bereits seit Jahren unwirksame Betriebsvereinbarung nunmehr plötzlich Wirksamkeit erlange. Im Falle rückwirkender Tariföffnungsklauseln lasse sich noch vertreten, dass dann die Tarifvertragsparteien den Betriebsparteien ausdrücklich rückwirkend eine Regelungsmacht einräumen wollen. Das lasse sich aber nicht auf einen späteren Wegfall der Tarifüblichkeit übertragen. Es fehle in diesem Fall an einem ausdrücklichen Akt der Tarifvertragsparteien zur Rückübertragung von Regelungskompetenzen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner am 06.06.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Beschwerde und begründet diese nach am 05.07.2016 eingegangenem Fristverlängerungsantrag und nach mit Beschluss vom 05.07.2016 bis 08.08.2016 verlängerter Begründungsfrist mit am 08.08.2016 eingegangenem Schriftsatz wie folgt: Der Entgelttarifvertrag sei unter dem gleichen Datum, nämlich dem 12.08.2010 abgeschlossen worden und rückwirkend zum 01.01.2010 in Kraft getreten, wie der einheitliche Manteltarifvertrag in der zuletzt vereinbarten Fassung vom 12.08.2010, deren Geltungsbereiche identisch seien. Der Entgelttarifvertrag und der Manteltarifvertrag würden rechtlich eine Einheit bilden und sich gegenseitig bedingen. Die Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages würde deswegen auch den Manteltarifvertrag für betriebliche Regelungen öffnen. Der Manteltarifvertrag befinde sich infolge der Kündigung durch die Tarifvertragsparteien allenfalls in der Nachwirkung. Aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebe sich bei einem Verstoß gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG keine Nichtigkeit, sondern allenfalls eine schwebende Unwirksamkeit. Nach Wegfall des Hindernisses, das zur schwebenden Unwirksamkeit führe, würde die Betriebsvereinbarung Wirksamkeit entfalten.

Jedenfalls mit dem Verzicht des Verbandes Technischer Betriebe für Film und Fernsehen auf die Tariffähigkeit sei klar, dass es künftig keine Tarifverträge mit ihm mehr geben wird. Damit entfalle auch die Regelungssperre, die auf der Tarifüblichkeit beruhe. Ein übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien zur Öffnung der tarifvertraglichen Regelungen für betriebliche Regelungen sei dann nicht erforderlich.

Der Beteiligte zu 1 beantragt in der Beschwerde: Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 26.04.2016, Az.: 13 BV 395/15, wird abgeändert und festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die zwischen dem Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 am 28.03.2006 abgeschlossen worden ist, unabhängig von einem bestimmten Eintrittsstichtag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 zur Anwendung kommt und nicht auf folgende Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen:

– AN1

- AN2

- AN3

- AN4

- AN5

– AN6

- AN7

- AN8

- AN9

beschränkt ist sowie hilfsweise den Antrag 1 mit der Maßgabe, dass die Feststellung für Eintritte seit dem 01.01.2013 begehrt wird.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch wenn die Geltungsbereiche des Manteltarifvertrages und des Entgelttarifvertrages identisch formuliert seien, ergäbe sich hierdurch kein einheitlicher Tarifvertrag. Aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebe sich, dass Betriebsvereinbarungen, die Regelungen eines für den Betrieb geltenden Tarifvertrages inhaltlich vollständig übernehmen, von vornherein unwirksam seien. Die Tariföffnungsklausel des Entgelttarifvertrages greife nicht, da sie sich ausschließlich auf im Entgelttarifvertrag geregelte Fragen beschränken würde. Die Kündigung des Manteltarifvertrages könne an der Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung nichts ändern. Dies gelte auch für den Verzicht auf die Tariffähigkeit. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde gestört, wenn nicht tarifgebundene Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen treffen könnten. Für das Bedürfnis betriebsnaher Regelungen stünden Firmentarifverträge als kollektivrechtliche Gestaltungsmittel zur Verfügung.

Wegen des weiteren Vorbringens in der Beschwerde wird auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 05.08.2016, 08.09.2016 und 09.09.2016 sowie auf die Niederschrift über die Anhörung vom 12.10.2016 verwiesen.

B.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 Ar-bGG statthaft, form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).

II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag, der auf eine Rechtswirksamkeit der Betriebsvereinbarung jedenfalls ab dem vom Beteiligten zu 1 behaupteten Wegfall der Tarifüblichkeit gerichtet ist, unbegründet sind, da der Betrieb der Beteiligten zu 2 bei Tarifbindung in den Geltungsbereich des „Einheitlichen Manteltarifvertrages“ fallen würde und deswegen der Betriebsvereinbarung von Beginn an die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entgegenstand. Eine rückwirkende spätere Beseitigung der Rechtsunwirksamkeit ist nicht gegeben.

1. Der Hauptantrag ist zulässig.

Mit seinem Antrag begehrt der Beteiligte zu 1 die Feststellung, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, unabhängig von einem bestimmten Eintrittsstichtag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 zur Anwendung kommt.

Die Geltung einer Betriebsvereinbarung betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis. Der Feststellungsantrag ist darauf gerichtet, die Betriebsvereinbarung mit ihren Regelungen durchzuführen.

Für den so verstandenen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die „Betriebsvereinbarung Urlaub und Freistellung von der Arbeit“ von der Beteiligten zu 2 anzuwenden ist. An der Klärung dieser Frage hat der Beteiligte zu 1 ein rechtliches Interesse.

2. Im Zeitpunkt ihres Abschlusses verstieß die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, nachdem Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können.

2.1 Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gewährleisten, indem sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen einräumt. Diese Befugnis soll nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzende oder abweichende Regelungen vereinbaren. Es geht um die Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie. Ausgehend von diesem Normzweck kann die Sperrwirkung nicht davon abhängen, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht. Es soll vorrangig Aufgabe der Tarifpartner sein, Arbeitsbedingungen kollektivrechtlich zu regeln. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde auch dann gestört, wenn die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kollektivrechtliche „Konkurrenzregelungen“ in der Form von Betriebsvereinbarungen erreichen könnten. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist. Soweit ein Bedürfnis nach betriebsnaher Regelung besteht, stehen Firmentarifverträge als kollektives Gestaltungsmittel zur Verfügung; darüber hinaus können ergänzende Betriebsvereinbarungen durch entsprechende tarifliche Öffnungsklauseln zugelassen werden (BAG v. 20.11.2001, 1 AZR 12/01, BAG v. 13.03.2012, 1 AZR 659/10).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich das Folgende:

2.2 Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG ist vorliegend nicht auf Grund der Schutzfunktion der in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beseitigt.

2.2.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG greift die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dann nicht ein, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Die Regelungssperre wird aber nur soweit beseitigt, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG reicht. Sie kommt daher zur Anwendung, soweit eine Betriebsvereinbarung einen nicht der Mitbestimmung unterfallenden Tatbestand regelt (so zusammenfassend BAG v. 29.10.2002, 1 AZR 573/01).

2.2.2 Vorliegend unterliegt der durch die Betriebsvereinbarung geregelte Sachverhalt -soweit hier von Interesse - nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats.

2.2.2.1 Nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie im Konfliktfall bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs einzelner Arbeitnehmer.

Dieser Mitbestimmungstatbestand erfasst diejenigen Fälle der bezahlten oder unbezahlten Freistellung von der Arbeit, bei deren Verwirklichung gegensätzliche individuelle oder betriebliche Interessen auszugleichen sind. Es kommt hinzu, dass § 87 Abs. 1 Nr. 5 Be-trVG das Bestehen eines Urlaubsanspruchs voraussetzt und von dessen praktischer Umsetzung handelt. Grund für die Mitbestimmung des Betriebsrats ist das Bedürfnis nach einer kollektiven Regelung zu den auf Freizeit gerichteten Urlaubswünschen der einzelnen Arbeitnehmer untereinander und beim Ausgleich dieser Wünsche mit den betrieblichen Interessen an der Kontinuität des Betriebsablaufs (vgl. BAG v. 10.12.2002, 1 ABR 27/01). Typische Regelungen zu Urlaubsgrundsätzen sind z.B. Regelungen über geteilten oder ungeteilten Urlaub, über die Verteilung des Urlaubs innerhalb des Kalenderjahres, Regelungen über den Ausgleich paralleler Urlaubswünsche, die Aufstellung von Prioritätskriterien, Regelungen über eine Urlaubssperre wegen erhöhten Arbeitsanfalls oder Regelungen der Urlaubsvertretung. Zu den allgemeinen Urlaubsgrundsätzen gehören schließlich auch Regelungen über das bei der Bewilligung von Urlaub einzuhaltende Verfahren (BAG v. 28.05.2002, 1 ABR 37/01).

Hier haben die Betriebsparteien keine Regelungen zu den vorstehend genannten Bereichen getroffen, sondern im Kern Regelungen zum individuellen Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer, wie sie im BurlG und im Manteltarifvertrag festgehalten sind und die die Voraussetzung darstellen für den in § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG geregelten Tatbestand. Die Regelungen dieser Voraussetzungen unterliegen deshalb nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats nach dieser Vorschrift.

2.2.2.2 Auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht nicht.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen. Betriebliche Lohngestaltung bedeutet die Aufstellung abstrakt-genereller Grundsätze zur Lohnfindung. Gegenstand der Mitbestimmung ist die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis erbringt, unbeschadet ihrer Benennung. Das Mitbestimmungsrecht dient dem Zweck, das betriebliche Lohn-gefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren, um die Arbeitnehmer vor einer einseitig, nur an den Interessen des Arbeitgebers ausgerichteten oder willkürlichen Lohngestaltung zu schützen (BAG v. 10.12.2002, 1 ABR 27/01).

Die Betriebsvereinbarung betrifft nicht die Festlegung von solchen Kriterien. Es ist zwar zutreffend, dass die Gewährung von Urlaub einen Zusammenhang mit Vergütungszahlung aufweist, indem die damit verbundene Freistellung einen Zahlungsanspruch auslöst (so beim „bezahlten Urlaub“) oder eben nicht (so beim „unbezahlten Urlaub“). Allerdings unterliegt der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht die Höhe des Entgelts (BAG v. 30.10.2001, 1 ABR 8/01).

2.3 Die Regelungen der gegenständlichen Betriebsvereinbarung treten als beinahe wortidentische Regelungen in Konkurrenz mit dem „Einheitlichen Manteltarifvertrag“ und verstoßen deshalb gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG.

Im Jahr 2006 bestand für Urlaubsbestimmungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die technischen Betriebe Film und Fernsehen ein „Einheitlicher Manteltarifvertrag“ unter dessen Geltungsbereich die Beteiligte zu 2 fällt. Diese ist zwar mangels Mitgliedschaft in der tarifschließenden Vereinigung nicht tarifgebunden, hierauf kommt es aber nicht an (s. o.).

Dieser Manteltarifvertrag enthielt in §§ 20-22 Regelungen zu Urlaub und Freistellung von der Arbeit, die - abgesehen davon, dass teilweise der Begriff „Arbeitgeber“ durch „Unternehmen“ sinnerhaltend ersetzt wurde und einzelne entbehrliche Sätze nicht übernommen wurden -, die bis zum Wortlaut identisch sind mit den Regelungen der hier gegenständlichen Betriebsvereinbarung.

Eine Öffnungsklausel enthält dieser Tarifvertrag nicht.

Unter die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG fallen auch Betriebsvereinbarungen, die sich darauf beschränken, eine bestehende tarifvertragliche Regelung unverändert zu übernehmen. Der Grund für die Geltung der Tarifverträge würde auch dann auf der normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung beruhen. Der Geltungsbereich von Tarifverträgen soll aber allein auf dem dafür vorgesehenen Weg der Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG ausgedehnt werden können. Der Schutz der Tarifautonomie steht deshalb auch der Möglichkeit entgegen, durch Betriebsvereinbarung den Inhalt eines Tarifvertrages unverändert zu übernehmen (BAG v. 20.11.2001, 1 AZR 12/01).

Mit der Übernahme des Manteltarifvertrages als betriebliche Normen verstößt die Betriebsvereinbarung deshalb gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG.

3. Der Verstoß gegen die Regelungssperre in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wurde vorliegend nicht durch die Tariföffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.08.2010 rückwirkend beseitigt. Durch diese Regelung ist die Betriebsvereinbarung nicht nachträglich wirksam geworden.

3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung - schwebend oder endgültig - unwirksam, wenn auch nicht nichtig. Im Geltungsbereich tariflicher Bestimmungen sollen betriebliche Regelungen grundsätzlich ausscheiden. Sie sind aber dann zulässig, wenn die Tarifvertragsparteien ihre Regelungsbefugnis ausdrücklich zurücknehmen (§ 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Die Entscheidung darüber, ob sie eine solche Öffnung gegenüber ihren eigenen Regelungen zulassen wollen, kann daher von den Parteien des jeweiligen Tarifvertrages getroffen werden. Dieser Schutzzweck schließt auch die nachträgliche Belegung einer tariflichen Vereinbarung nicht aus (BAG v. 20.04.1999, 1 AZR 631/98).

3.2 Der vorliegende Entgelttarifvertrag enthält keine Öffnungsklausel zur Regelung der gegenständlichen Urlaubsbestimmungen. Das ergibt eine Auslegung dieses Tarifvertrages.

3.2.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Rechtsreihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktischen brauchbaren Regelung führt (zusammenfassend BAG vom 22.04.2010, 6 AZR 962/08).

3.2.2 Das Arbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass sich der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 Satz 1 Entgelttarifvertrag ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ bezieht und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag.

3.2.3 Der Entgelttarifvertrag enthält keine Regelungen zur Urlaubsgewährung oder zur sonstigen Freistellung von der Arbeit.

Der Entgelttarifvertrag soll ausweislich § 2 Ziff. 1 Grundlage sein für die Entgeltfestsetzung und enthält dazu Vorschriften zur Eingruppierung einschließlich Überleitung insoweit (§§ 2, 4) zur Entgeltberechnung/Entgeltauszahlung (§ 3), zur Beauftragung bestimmter Zeitarbeitsfirmen (§ 6) und zur Entgeltanpassung für Neumitglieder (§ 7). In der Anlage zum Entgelttarifvertrag findet sich eine Entgelttabelle.

Der Tarifvertrag lässt nicht erkennen, dass er über die ausdrücklich geregelten Bereiche hinausreichen möchte. Er erwähnt zwar in § 5 Satz 2 „andere (alte) Tarifregelungen“, die unabhängig von dieser Öffnungsklausel weiter gelten sollen und unter Beachtung von „§ 77 Ziff. 3 BetrVG“ geändert werden können, diese Regelung ist aber im Zusammenhang mit der Regelung in § 5 S. 1 zu sehen, die nach dem Wortlaut auch ein Verständnis zulässt, dass sie den Entgelttarifvertrag „allein“ für die Zukunft öffnet. Mit § 5 Satz 2 machen die Tarifvertragsparteien deutlich, dass sie die Öffnung für die Betriebsparteien nicht auf künftige Betriebsvereinbarungen begrenzen wollen und sichern damit die Kontinuität bereits abgeschlossener für Arbeitnehmer günstigerer Regelungen. Das entspricht dem in § 2 Ziff. 1 Satz 2 enthaltenen Grundsatz, dass der Tarifvertrag Mindestbestimmungen enthält, die nicht unterschritten werden dürfen. Eine zeitliche Beschränkung auf künftige Betriebsvereinbarungen, wie sie zumindest der Wortlaut der Regelung in § 5 Satz 1 zulässt, stünde damit in Konflikt. Anhaltspunkte dafür, dass mit der Regelung in § 5 Satz 2 losgelöst von diesem Zusammenhang sämtliche Tarifverträge der Tarifvertragsparteien für betriebliche Regelungen geöffnet werden sollen, sind nicht ersichtlich.

3.2.4 Auch der Gesamtzusammenhang spricht nicht dafür, dass der Entgelttarifvertrag den Manteltarifvertrag in allen seinen unterschiedlichen Regelungsbereichen für abweichende oder ergänzende betriebliche Regelungen öffnen möchte.

Manteltarifvertrag und Entgelttarifvertrag regeln unterschiedliche Fragen, was auch in § 16 des Manteltarifvertrages zum Ausdruck kommt, wonach die Mindestmonatsentgelte und die Ausbildungsvergütungen in einem gesonderten Tarifvertrag festgelegt werden sollen. Beide Regelungsbereiche werden damit von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich getrennt und gesonderten Tarifverträgen vorbehalten, auch wenn es selbstverständlich Berührungspunkte (v. a. die in § 16 des Manteltarifvertrages geregelten) gibt. Es spricht nichts dafür, dass die von den Tarifvertragsparteien gewollte und ausdrücklich geregelte Trennung im Hinblick auf eine Öffnung für betriebliche Regelungen aufgehoben werden soll. Schon gar nichts spricht dafür, dass dies auch für den Manteltarifvertrag durch eine Regelung im Entgelttarifvertrag geschehen soll.

3.2.5 Eine Öffnungsklausel zu Gunsten von Urlaubsregelungen lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass Urlaubsregelungen im weitesten Sinne auch Entgeltfragen betreffen. Das trifft letztlich für alle im Synallagma stehenden Leistungen zu. Die vorstehend von den Tarifvertragsparteien gewollte Trennung wird dadurch nicht überspielt.

3.2.6 Schließlich lässt sich auch nichts aus dem identisch formulierten Geltungsbereich in Entgelttarifvertrag und Manteltarifvertrag und aus dem gleichen Abschlussdatum und dem gleichen Datum des Inkrafttretens der letzten Novellierung ableiten. Ein räumlich, persönlich und fachlich identischer Geltungsbereich spricht nur für denselben Anwendungsbereich, nicht für übertragbare Inhalte. Das gemeinsame Abschlussdatum legt nur nahe, dass sie parallel verhandelt worden sind, und dass die Verhandlungen am gleichen Tag erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Rückschlüsse auf Inhalte ergeben sich daraus nicht.

3.2.7 Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der mit § 77 Abs. 3 BetrVG bezweckte Schutz der Tarifautonomie dazu führt, dass die Ausnahmeregelung in § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG eng und die Sperrwirkung weit auszulegen ist. Danach sind ergänzende Betriebsvereinbarungen nur dann zulässig sind, wenn der in Frage kommende Tarifvertrag eine eindeutig positive Bestimmung enthält, nach der der Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen für zulässig erklärt wird (BAG v. 21.02.1967, 1 ABR 9/66).

3.2.8 Der Entgelttarifvertrag ist daher nicht so zu verstehen, dass die darin enthaltene Öffnungsklausel auch die Regelungen des Manteltarifvertrages erfassen soll.

4. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wurde nicht dadurch rückwirkend beseitig, dass der Manteltarifvertrag von beiden Tarifvertragsparteien gekündigt wurde und sich seine Wirkung damit „nur noch“ aus § 4 Abs. 5 TVG ergibt.

4.1 Allerdings ist im Ansatz zutreffend, dass die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. BetrVG nur greift, solange ein Tarifvertrag nach § 4 Abs. 1 TVG Wirkung entfaltet. Eine Weitergeltung nach § 4 Abs. 5 TVG bewirkt keine Regelungssperre nach dieser Vorschrift, weil die Nachwirkung einer tariflichen Vorschrift „lediglich“ eine Ord nungsfunktion erfüllt, und nicht dem Schutz der ausgeübten Tarifautonomie dient. In einem solchen Fall kommt aber häufig die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. BetrVG zu tragen, wenn trotz Kündigung des Tarifvertrages z. B. wegen schwebender Verhandlungen noch von einer Tarifüblichkeit auszugehen ist (vgl. BAG v. 06.11.2007, 1 AZR 862/06).

Ob dieser zuletzt genannte Fall zum Zeitpunkt der Kündigung gegeben war lässt die Kammer dahingestellt, weil auch dann, wenn mit dem Kündigungszeitpunkt die Sperrwirkung nach beiden Alternativen des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entfiele, dies nicht zur Folge hätte, dass die Betriebsvereinbarung damit wirksam wird.

4.2 Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2 ergibt sich diese Rechtsfolge aber nicht bereits aus der Entscheidung des BAG v. 20.11.2001 (1 AZR 12/01).

Darin stellt das BAG zwar fest, dass eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung unwirksam ist, der dort zu entscheidende Sachverhalt bot aber weder Anlass zwischen schwebend und endgültig unwirksam zu unterscheiden, weil eine Öffnungsklausel nicht im Raum stand, noch bot sie Anlass zu Ausführungen dahingehend was sich ergeben soll, wenn die Sperrwirkung ohne Vereinbarung einer ausdrücklichen Öffnungsklausel endet.

4.3 Vorliegend führt der Wegfall des „Wirksamkeitshindernisses Regelungssperre nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG durch Beendigung der normativen Wirkung des Tarifvertrags infolge von Kündigung“ nicht dazu, dass die vorliegende Betriebsvereinbarung Wirksamkeit erlangt. Das ergibt sich aus einer Auslegung der genannten Vorschrift.

4.3.1 Die Rechtsprechung (nicht nur die arbeitsrechtliche) geht in einer Vielzahl von Fallgestaltungen von einer schwebenden Unwirksamkeit aus und knüpft sehr unterschiedliche Rechtsfolgen an den Wegfall des Wirksamkeitshindernisses.

So wird ein Rechtsgeschäft eines beschränkt Geschäftsfähigen, das unter die Beschränkung fällt, nicht bereits dann wirksam, wenn der beschränkt Geschäftsfähige volljährig wird. Der Schwebezustand dauert in diesem Fall solange an, bis der jetzt Volljährige das Rechtsgeschäft ausdrücklich oder konkludent genehmigt. Auf der anderen Seite wird nach der Rechtsprechung des BGH ein wegen fehlender bzw. noch ausstehender öffentlichrechtlicher Genehmigung schwebend unwirksames Geschäft grundsätzlich nicht nur dann rechtswirksam, wenn die erforderliche Genehmigung erteilt wird, sondern auch dann, wenn die Genehmigungspflicht nach neuen gesetzlichen Vorschriften entfällt (vgl. BGH v. 09.11.1994, VIII ZR 41/94).

Aus dem Befund, einer schwebend unwirksamen Vereinbarung lässt sich daher nicht ableiten, was sich ergeben soll, wenn das Wirksamkeitshindernis entfällt. Es existiert insoweit kein einheitliches Rechtsfolgenkonzept, auf das zurückgegriffen werden kann.

4.3.2 Nach der Überzeugung der Kammer muss sich die die Rechtsfolge des Wegfalls des Wirksamkeitshindernisses aus der Auslegung der Norm, insbesondere aus dem Zweck der Norm ergeben, die das Wirksamkeitshindernis postuliert (vgl. BGH v. 15.06.1960, V ZR 191/58), hier aus dem unter 2.1 dargestellten Zweck.

4.3.2.1 Nach dem Wortlaut des § 77 Abs. 2 BetrVG greift die Regelungssperre des Satz 1 nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Das ist hier nicht gegeben. Die Tarifvertragsparteien haben vorliegend keine Öffnungsklausel o.ä. vereinbart.

Dem steht es nicht gleich, dass die Sperrwirkung bei Kündigung des Tarifvertrages und bei einem Ende der Tarifüblichkeit endet. Das hat nur zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Betriebsparteien freiwillige Betriebsvereinbarungen ohne Verstoß gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG abschließen können, eine Genehmigung einer Betriebsvereinbarung durch Konsens beider Tarifvertragsparteien kann die Kammer darin nicht erblicken.

4.3.2.2 Auch der Zweck der Regelung, die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wäre nicht ausreichend gewährleistet, wenn man konkurrierende betriebliche Normsetzung zuließe, die unabhängig vom übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien Wirksamkeit erlangen können. Bereits der Wortlaut des § 77 Abs. 3 Satz 2 Be-trVG bringt das zum Ausdruck, der auf eine ausdrückliche Zustimmung abstellt.

Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde und vom Willen der Tarifvertragsparteien nicht getragen wird. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG v. 13.03.2012, 1 AZR 659/10). Deshalb ist § 77 Abs. 3 BetrVG letztlich keine Norm, die lediglich eine Konkurrenz zwischen Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung regelt sondern eine Norm, die die Regelungskompetenz der Betriebsparteien festlegt. Dem Betriebsrat fehlt deshalb die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (so ausdrücklich BAG v. 13.03.2012, 1 AZR 659/10). Damit wäre es nicht zu vereinbaren, dass die Regelungskompetenz ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien rückwirkend begründet wird, wenn die Tarifsperre lediglich entfällt.

4.3.2.3 Dem steht auch nicht gleich, dass vorliegend beide Tarifvertragsparteien den Manteltarifvertrag gekündigt haben.

Daraus lässt sich nur ableiten, dass beide Tarifvertragsparteien für die Zukunft an diesen Regelungen nicht mehr festhalten wollen. Ein Konsens dahingehend, dass die Tarifvertragsparteien damit den bisher tariflich geregelten Bereich ohne weiteres für betriebliche Regelungen öffnen wollen, lässt sich daraus angesichts der Regelungssperre der Tarifüb-lichkeit in § 77 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. BetrVG nicht ableiten, schon gar nicht dahingehend, dass dies rückwirkend erfolgen soll.

4.4 Das vorstehende Ergebnis steht nicht in Widerspruch zur Rechtsfolge der Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung - schwebend oder endgültig - unwirksam, wenn auch nicht nichtig (BAG v. 29.10.2002, 1 AZR 573/01). Demgegenüber wird eine tarifwidrige Betriebsvereinbarung im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung lediglich verdrängt (vgl. BAG v. 13.03.2012, 1 AZR 659/10).

Diesen unterschiedlichen Rechtsfolgen liegen zwei unterschiedliche Konzeptionen zugrunde, die an dem jeweiligen Schutzzweck der Normen anknüpfen. § 77 Abs. 3 BetrVG soll die ausgeübte Tarifautonomie schützen (BAG v. 13.03.2012, 1 AZR 659/10), während die Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG auf der Erwägung beruht, dass der Mitbestimmungszweck - die Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer -objektiv bereits erreicht ist, wenn insoweit eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit der gesetzlichen oder tariflichen Regelung den berechtigten Interessen und dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats besteht dann kein Bedürfnis (BAG v. 03.05.2006, 1 ABR 14/05).

Aus diesem unterschiedlichen Schutzzweck leitet sich auch die unterschiedliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die jeweilige Regelungssperre ab. Mit Beendigung der unmittelbaren und zwingenden Wirkung eines Tarifvertrages kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass ein weitergehender Schutz der Arbeitnehmer durch betriebliche Mitbestimmungsrechte nicht erforderlich ist. Gerade der mit dieser Norm bezweckte Schutz der Arbeitnehmer verlangt es sogar, dass die Sperrwirkung nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG auf ein Verdrängen der betrieblichen Norm währen der unmittelbaren und zwingenden Wirkung eines Tarifvertrages beschränkt bleibt. Weder eine Nachwirkung noch Tarifüblichkeit einer Regelung können dann einer betrieblichen Regelung entgegenstehen.

Demgegenüber bezweckt § 77 Abs. 3 BetrVG den Schutz der Tarifautonomie (s.o.), der nur dann entbehrlich ist, wenn sämtliche Tarifvertragsparteien einvernehmlich auf diesen durch Öffnung der tariflichen Regelungen verzichten. Mit der Kündigung eines Tarifvertrages wird aber der Schutz der Tarifautonomie nicht „rückwirkend“ entbehrlich sondern nur (bei Nichteingreifen der „Tarifüblichkeit“) für die Zukunft. Künftig können die Betriebsparteien dann handeln, bereits erfolgtes kollidierendes Handeln wird dadurch nicht vom Konsens der Tarifvertragsparteien getragen.

4.5 Vorliegend ist nicht darüber zu entscheiden, ob dann etwas anderes gelten könnte, wenn die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung vor Abschluss eines konkurrierenden Tarifvertrages und damit bei bestehender Regelungskompetenz vereinbart hätten, da dieser Fall nicht gegeben ist, auch wenn es - die vorstehenden Ausführungen zu Ende gedacht - konsequent erschiene, eine mit Regelungskompetenz geschlossene betriebliche Vereinbarung, die durch nachfolgende tarifliche Regelungen in eine Konkurrenzverhältnis tritt, im Ergebnis für Zeiträume nach Wegfall der Regelungssperre anders zu beurteilen.

5. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wurde auch nicht dadurch rückwirkend beseitigt, dass der Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e. V. (VTFF) seine Tariffähigkeit mittlerweile eingebüßt hat. Die Rechtsfolgen dieses Vorgangs ergeben sich im vorliegenden Fall zwanglos aus den vorstehenden Überlegungen.

Der nicht nur vorübergehende Verlust der Tariffähigkeit führt jedenfalls dazu, dass künftig die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht eingreift. Daraus ergibt sich aber noch kein Konsens der bis dahin tarifschließenden Parteien, die bis dahin tariflich geregelten Bereiche für die Vergangenheit für betriebliche Regelungen zu öffnen.

Auch der Zweck der Norm, die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie, gebietet es, ohne ausdrückliche Zustimmung der Tarifvertragsparteien eine rückwirkende Regelungskompetenz anzunehmen. Die Erklärung des Verbands Technischer Betriebe für Film und Fernsehen e. V. erfolgte zudem einseitig.

Der Verlust der Tariffähigkeit führt hier allenfalls dazu, dass es künftig ausgeschlossen ist, dass die bis dahin tarifschließenden Parteien eine Öffnungsklausel vereinbaren, mit der Folge, dass dann nicht mehr von einer schwebend unwirksamen sondern endgültig unwirksamen Betriebsvereinbarung gesprochen werden muss (vgl. BGH v. 09.11.1994, VIII ZR 41/94). Darauf kommt es aber nicht an, da der Antrag auch dann unbegründet ist, wenn die Betriebsvereinbarung (noch) schwebend unwirksam ist.

6. Auch der Hilfsantrag des Beteiligten zu 1 ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - unbegründet.

6.1 Der Hilfsantrag bedarf zunächst der Auslegung, da er nicht ausformuliert ist. Aus dem Verweis auf den Antrag 1 und in Verbindung mit der genannten Maßgabe zum Ein trittsdatum von Mitarbeitern sowie aus der Begründung des Antrags ergibt sich folgender Wortlaut: Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die zwischen dem Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 am 28.03.2006 abgeschlossen worden ist, für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 eingetreten seit dem 01.01.2013 zur Anwendung kommt und nicht auf folgende Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen: – AN1 - AN2 - AN3 - AN4 - AN5 - AN6 - AN7 - AN8 - AN9 beschränkt ist.

So verstanden ist auch der Hilfsantrag zulässig (s.o.).

6.2 Der Hilfsantrag ist unbegründet, weil die Betriebsparteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung hierfür keine Regelungskompetenz hatten und sie auch später nicht rückwirkend erwarben. Das Eintrittsdatum von Mitarbeitern hat keinen Einfluss auf die nicht vorhandene Regelungskompetenz der Betriebsparteien. Auch durch den Verzicht auf die Tariffähigkeit wurde die Betriebsvereinbarung nicht wirksam (s. o.).

7. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 war deshalb insgesamt zurückzuweisen.

III.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG) vorliegen. Es ist zwar geklärt, dass eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung schwebend unwirksam ist, und dass dieser Schwebezustand durch übereinstimmende Regelung der Tarifvertragsparteien auch rückwirkend durch eine Öffnungsklausel beseitigt werden kann, es ist allerdings bisher nicht geklärt, welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn die Regelungssperre entfällt.

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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 5 Allgemeinverbindlichkeit


(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag de

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen


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Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend


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Landesarbeitsgericht München Beschluss, 12. Okt. 2016 - 10 TaBV 58/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht München Beschluss, 12. Okt. 2016 - 10 TaBV 58/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Arbeitsgericht München Beschluss, 26. Apr. 2016 - 13 BV 395/15

bei uns veröffentlicht am 26.04.2016

Tenor Die Anträge werden zurückgewiesen. Gründe A. Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006. Der Beteiligte zu 1) (nachfolgend: Betriebsrat) ist

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. März 2012 - 1 AZR 659/10

bei uns veröffentlicht am 13.03.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Apr. 2010 - 6 AZR 962/08

bei uns veröffentlicht am 22.04.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.

Referenzen

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006.

Der Beteiligte zu 1) (nachfolgend: Betriebsrat) ist als Betriebsrat zuständig für den gemeinsamen Betrieb, den die Beteiligte zu 2) mit der B. GmbH, der F. GmbH und der I. GmbH seit dem Jahr 2001 führt. Zum 01.02.2002 ging die B. GmbH auf die Beteiligte zu 2) im Rahmen eines Betriebsübergangs über. Die Beteiligte zu 2) war und ist nicht Mitglied eines tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverbandes und nicht tarifgebunden. Zum 01.01.2003 schlossen die Gewerkschaft ver.di und der Verband Technischer Betriebe Film und Fernsehen (VTFF) einen einheitlichen Manteltarifvertrag, der zum 01.01.2010 neu gefasst und von beiden Tarifparteien mit Wirkung zum 31.12.2011 gekündigt wurde. Auch wenn die Beteiligte zu 2) nicht tarifgebunden ist, wäre sie dem in § 1 bestimmten fachlichen Geltungsbereich des einheitlichen Manteltarifvertrags unterfallen. Der Manteltarifvertrag enthielt keine Öffnungsklausel, die den Betriebsparteien in abschlussabweichender oder gleichlautender Betriebsvereinbarungen gestatten würde. Aufgrund von unterschiedlichen Urlaubsregelungen bei der Beteiligten zu 2) und der B. GmbH schlossen die Beteiligten zu 2) und der Betriebsrat am 28.03.2006 eine Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“ (Bl. 11 ff. d.A.), die in § 20 (Urlaubsbestimmungen), § 21 (Urlaubsdauer) und § 22 (Freistellung von der Arbeit aus persönlichen Gründen) Bestimmungen enthält, die wortwörtlich den entsprechenden Regelungen des einheitlichen Manteltarifvertrages entsprechen.

Die VTFF und ver.di schlossen am 12.08.2010 einen Entgelttarifvertrag (Bl. 54 d.A.) mit Wirkung zum 01.01.2010. Dieser Tarifvertrag enthält in § 5 eine Öffnungsklausel mit folgendem Wortlaut:

„Arbeitgeber und Betriebsrat können unter Wahrung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Tarifvertrag für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen unter Beachtung des § 77 Abs. 3 BetrVG abschließen. Bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrags abgeschlossene ergänzende für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen, die sich auf andere (alte) Tarifregelungen beziehen, gelten unabhängig von dieser Öffnungsklausel weiter und können unter Beachtung von § 77 Ziff. 3 BetrVG geändert werden. Die Tarifparteien sind seitens des Arbeitgebers über die Aufnahme von Verhandlungen und dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemäß dieser Öffnungsklausel zu informieren.“

In einer Pressemitteilung vom 28.11.2012 teilte der VTFF den Beschluss einer neuen Satzung mit sowie die Aufgabe seiner Tariffähigkeit „bis auf Weiteres“. In der Neufassung der Satzung des VTFF vom 01.01.2013 heißt es unter § 2:

„Er ist derzeitig nicht tariffähig.“ (Bl. 66 ff. d.A.).

Die Beteiligte zu 2) schließt mit ab dem 01.03.2013 eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsverträge ab, die lediglich 28 Urlaubstage gewähren. Nur auf die namentlich im Antrag benannten Arbeitnehmer wendet die Beteiligte zu 2) die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung derzeit noch an.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006 sei wirksam und damit für alle Arbeitnehmer im Betrieb anwendbar. Die tarifliche Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.10.2010 enthalte eine die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beseitigende rückwirkende Öffnungsklausel. Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Entgelttarifvertrages sei die Betriebsvereinbarung keinesfalls nichtig, sondern lediglich schwebend unwirksam gewesen. Die Tarifvertragsparteien hätten deshalb auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Öffnungsklausel vereinbaren können. Der Geltungsbereich des Entgelttarifvertrages sei nicht auf eine Entgeltregelung beschränkt, so dass über die Öffnungsklausel auch Regelungen zur Urlaubsdauer durch Betriebsvereinbarung hätte getroffen werden können. Da eine tarifvertragliche Regelung nicht mehr vorliege, greife auch nicht die Tarifsperre gem. § 77 Abs. 3 Satz 1 1. Altern. BetrVG. Auch liege keine Tarifüblichkeit (mehr) vor, da der Arbeitgeberverband aufgrund gewillkürter Tarifunfähigkeit keine Tarifverträge mehr abschließen könne und daher von einer Tarifüblichkeit der Urlaubsregelungen nicht auszugehen sei. Die Tatsache, dass die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 2. Altern. BetrVG erst nach Inkrafttreten der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung im Jahr 2006 entfallen sei, ändere an dem Ergebnis nichts, da die Betriebsvereinbarung nicht nichtig gewesen sei.

Der nach Kündigung lediglich nachwirkende Manteltarifvertrag könne gem. § 4 Abs. 5 TVG durch eine andere Abmachung abgelöst werden. Eine solche andere Abmachung könne auch eine Betriebsvereinbarung sein. Da die Beteiligte zu 2) zu keinem Zeitpunkt an den einheitlichen Manteltarifvertrag gebunden gewesen sei und ausweislich der Betriebsvereinbarung durch diese bestehende unterschiedliche Urlaubsregelung vereinheitlicht hätten werden sollen, sei zu folgern, dass die Betriebsvereinbarung gerade für den Fall der Nachwirkung gelten sollte.

Der Betriebsrat beantragt,

Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die zwischen dem Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) am 28.03.2006 abgeschlossen worden ist, unabhängig von einem bestimmten Eintrittsstichtag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) zur Anwendung kommt und nicht auf folgende Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen:

– Frau K.

– Frau Ma.

– Frau Mi.

– Frau F.

– Frau K.

– Herr H.

– Frau P.

– Frau E.

– Herr K.

beschränkt ist.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

Zurückweisung des Antrags.

Zu den Anträgen führt sie aus, die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG rechtsunwirksam. Die Sperrwirkung von § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig. Die streitgegenständlichen Regelungen beträfen nicht den Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung, sondern unterfielen der freiwilligen Mitbestimmung. Infolgedessen sei die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung schlichtweg rechtsunwirksam. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.10.2002 (1 AZR 573/01) werde die Frage der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Regelungssperre offengelassen. In dieser Entscheidung werde keinesfalls die Aussage getroffen, dass die wortwörtliche Zitierung von Teilen eines (Mantel) -Tarifvertrages lediglich zur schwebenden Unwirksamkeit führen solle. Richtigerweise sei aus rechtssystematischen Gründen von einer endgültigen Rechtsunwirksamkeit auszugehen. Die Sperrwirkung werde auch nicht durch den Entgelttarifvertrag vom 12.10.2010 beseitigt. Der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages beziehe sich ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag. Rechtssystematisch erstrecke sich die Öffnungsklausel daher ausschließlich auf die Regelungsgegenstände des Entgelttarifvertrages. Die Regelungssperre greife auch in Bezug auf die Tarifüblichkeit der Regelungsgegenstände in der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung. Zur Tarifüblichkeit sei festzustellen, dass die Gewerkschaft ver.di zu keinem Zeitpunkt erklärt habe, nicht tariffähig zu sein und keine Tarifverträge schließen zu wollen. Die Tarifüblichkeit entfalle auch nicht dadurch, dass sich der Arbeitgeberverband für tarifunfähig erklärt habe. Die Gewerkschaft könne nach wie vor auch mit einzelnen Unternehmen Firmentarifverträge schließen. Tarifüblichkeit entfalle in einem solchen Fall erst, wenn die Gewerkschaft erkläre, sie strebe auch keinen Firmentarifvertrag mehr an. Die Frage der Tarifüblichkeit könne letztlich dahinstehen, da die gesamte Betriebsvereinbarung seit 2006 unwirksam sei.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

B.

Die zulässigen Anträge des Betriebsrats sind nicht begründet.

I.

Für Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber über den rechtlichen Bestand einer Betriebsvereinbarung entscheiden die Arbeitsgerichte gem. § 2 a ArbGG im Beschlussverfahren. Da der Betriebsrat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung hat, ist das Feststellungsinteresse für die vorliegenden Feststellungsanträge zu bejahen.

II.

Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag, der auf eine Rechtswirksamkeit der Betriebsvereinbarung jedenfalls ab dem vom Betriebsrat behaupteten Wegfall der Tarifüblichkeit gerichtet ist, sind unbegründet, da der Betriebsvereinbarung von Beginn an die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entgegenstand und auch keine rückwirkende spätere Beseitigung der Rechtsunwirksamkeit gegeben ist. Die Beteiligte zu 2) muss die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“ vom 28.03.2006 nicht auf alle Arbeitnehmer anwenden.

1. Im Zeitpunkt ihres Abschlusses verstieß die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, nachdem Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Im Jahr 2006 bestand für Urlaubsbestimmungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die technischen Betriebe Film und Fernsehen ein Manteltarifvertrag, so dass eine „tarifübliche Regelung“ i.S.v. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG der Urlaubsbestimmungen gegeben war. Auf die Tarifbindung des Arbeitgebers kommt es bei der Frage der Tarifüblichkeit nicht an, so dass unabhängig von der Tarifbindung der Beteiligten zu 2) eine Tarifüblichkeit der Regelung von Urlaubsbestimmungen gegeben war. Der Manteltarifvertrag enthielt insoweit auch keine Tariföffnungsklausel. Aufgrund der Regelungssperre in § 77 Abs. 3 BetrVG durften die Betriebsparteien im Jahr 2006 im Wege einer Betriebsvereinbarung keine Urlaubsbestimmungen regeln.

2. Der Verstoß gegen die Regelungssperre in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wurde vorliegend auch nicht durch die Tariföffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.08.2010 rückwirkend geheilt.

a. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung -schwebend oder endgültig - unwirksam, wenn auch nicht nichtig (BAG, Urteil vom 20.04.1999 - 1 AZR 631/98; Beschluss vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01; Urteil vom 29.01.2002 - 1 AZR 267/01). Für den Fall rückwirkender Öffnungsklauseln hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 29.01.2002 (bereits zitiert) entschieden, dass durch rückwirkende Tariföffnungsklauseln eine zunächst unwirksame Betriebsvereinbarung nachträglich wirksam werden kann. Das Arbeitsgericht geht davon aus, dass die Sperrwirkung in § 77 Abs. 3 BetrVG die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie dadurch gewährleistet, dass den Tarifvertragsparteien der Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen eingeräumt wird. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden. Allein den Tarifvertragsparteien ist es vorbehalten darüber zu entscheiden, ob sie eine abweichende Betriebsvereinbarung zulassen wollen oder nicht. Sie allein haben darüber zu befinden, inwieweit sie den Betriebsparteien die ihnen von § 77 Abs. 3 BetrVG entzogene Gestaltungsmacht zurückgeben wollen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts schließt dieser Schutzzweck die nachträgliche Belegung einer tariflichen Vereinbarung nicht aus.

b. Der vorliegende Entgelttarifvertrag enthält keine Öffnungsklausel zur Regelung von Urlaubsbestimmungen, so dass eine nachträgliche Heilung der unwirksamen Betriebsvereinbarung nicht eintreten konnte. Zu Recht weist die Beteiligte zu 2) darauf hin, dass sich der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 Entgelttarifvertrag ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ bezieht und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag. Damit erstreckt sich die Öffnungsklausel rechtssystematisch ausschließlich auf die Regelungsgegenstände des Entgelttarifvertrages und ist nicht geeignet, die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG für die Regelung von Urlaubsfragen zu beseitigen. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Öffnungsklausel für Regelungsgegenstände des einheitlichen Manteltarifvertrags gewünscht, hätten sie ohne weiteres den Manteltarifvertrag entsprechend ergänzen können. In der Fassung des einheitlichen Manteltarifvertrags vom 12.08.2010 ist eine solche Öffnungsklausel jedoch nicht enthalten. Die Tarifvertragsparteien haben also eine Öffnung der in dem einheitlichen Manteltarifvertrag geregelten Gegenstände zu Gunsten anders lautender oder inhaltsgleicher Betriebsvereinbarungen nicht gewünscht. Eine Öffnungsklausel zu Gunsten von Urlaubsregelungen lässt sich auch nicht, wie der Betriebsrat meint, daraus ableiten, dass Urlaubsregelungen im weitesten Sinne auch Entgeltfragen betreffen. Mit dieser Argumentation könnte letztlich eine Tariföffnung für jegliche Arbeitgeberleistung neben der eigentlichen Entgeltzahlung begründet werden. Die Tarifvertragsparteien haben vorliegend ausdrücklich getrennt zwischen den in einem Manteltarifvertrag zu regelnden Gegenständen und den eigentlichen Entgeltfragen, die in einem speziellen Entgelttarifvertrag einer Regelung unterworfen wurden.

3. Die Betriebsvereinbarung hat auch nicht zum 01.01.2013 Wirksamkeit dadurch erlangt, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise aufgrund einer gewillkürten Tarifunfähigkeit des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes von einer Tarifüblichkeit der im Manteltarifvertrag getroffenen Regelungen nicht mehr ausgegangen werden kann.

a. Grundsätzlich kann Tarifüblichkeit auch entfallen. Dies ist anzunehmen, wenn mit Sicherheit feststeht, dass in Zukunft eine Frage nicht mehr tariflich geregelt werden wird oder auch, wenn eine der Tarifvertragsparteien beispielsweise infolge gewillkürter Tarifunfähigkeit keine Tarifverträge mehr schließen kann.

b. Vorliegend kann dahinstehen, ob vorliegend die Tarifüblichkeit entfallen ist oder, ob aufgrund der fortbestehenden Möglichkeit des Abschlusses von Firmentarifverträgen nach wie vor eine Tarifüblichkeit anzunehmen ist, da nach Auffassung der Kammer in jedem Fall ein denkbarer nachträglicher Wegfall der Tarifüblichkeit nicht dazu führen kann, dass eine bereits seit Jahren unwirksame Betriebsvereinbarung nunmehr plötzlich Wirksamkeit erlangt. Aus Sicht der Kammer ist der nachträgliche Wegfall der Tarifüblichkeit nicht vergleichbar mit der Fallkonstellation, bei der durch rückwirkende Tariföffnungsklauseln eine „schwebend unwirksame“ Betriebsvereinbarung rückwirkend geheilt werden kann.

aa. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet werden. Warum ein Verstoß gegen die Regelungssperre in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG „nur“ zu einer schwebenden Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung führen soll, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich sind Normen, wozu auch Betriebsvereinbarungen, die normative Wirkung entfalten, im weitesten Sinne zu zählen sind, bei Verstoß gegen höherrangiges Recht unwirksam. Aus ihrer Unwirksamkeit folgt, dass sich niemand auf sie berufen kann. Eine nachträgliche Heilung von von Anfang an unwirksamen Normen ist dem Verfassungsrecht grundsätzlich fremd. Im Falle rückwirkender Tariföffnungsklauseln lässt sich noch vertreten, dass in diesem Fall die Tarifvertragsparteien den Betriebsparteien ausdrücklich rückwirkend eine Regelungsmacht einräumen wollen. Insoweit ist auch zu rechtfertigen,

dass eine zunächst unwirksame Betriebsvereinbarung, die möglicherweise noch den Rechtscharakter einer Regelungsabsprache behält, durch eine rückwirkende Tariföffnungsklausel „wieder“ normativen Charakter erlangt. Eine Parallele lässt sich beim späteren Wegfall der Tarifüblichkeit jedoch nicht ziehen. Zunächst dürfte in den meisten Fällen bereits höchst streitig sein, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Tarifüblichkeit weggefallen sein soll. Zum anderen fehlt es beim Wegfall der Tarifüblichkeit an einem ausdrücklichen Akt der Tarifvertragsparteien zur Rückübertragung von Regelungskompetenzen im Zusammenhang mit einer speziellen Regelungsmaterie.

bb. Weiter spricht gegen eine nachträgliche Heilung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung durch Wegfall der Tarifüblichkeit, dass nicht nur durch die Schwierigkeit der Bestimmung des Zeitpunkts des Wegfalls der Tarifüblichkeit größte Rechtsunsicherheit entstehen würde, sondern auch dadurch, dass Tarifüblichkeit auch noch nach Jahren und Jahrzehnten entfallen kann. Würde man der Rechtsauffassung des Antragstellers folgen, könnten auch gegen die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarungen noch nach 50 Jahren und mehr plötzlich „wieder“ Wirksamkeit erlangen könnten, ohne dass sich die Betriebspartner erneut mit den aktuellen Rahmenbedingungen auseinandersetzen müssten.

4. Da die Betriebsvereinbarung vom 28.03.2006 von Anfang an unwirksam war und auch nicht nachträglich geheilt wurde, konnte sie im Nachwirkungszeitraum den Manteltarifvertrag im Hinblick auf die Urlaubsregelungen auch nicht ablösen.

C.

Gegen diesen Beschluss steht dem Betriebsrat das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach Maßgabe nachfolgender Rechtsmittelbelehrungzu:

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006.

Der Beteiligte zu 1) (nachfolgend: Betriebsrat) ist als Betriebsrat zuständig für den gemeinsamen Betrieb, den die Beteiligte zu 2) mit der B. GmbH, der F. GmbH und der I. GmbH seit dem Jahr 2001 führt. Zum 01.02.2002 ging die B. GmbH auf die Beteiligte zu 2) im Rahmen eines Betriebsübergangs über. Die Beteiligte zu 2) war und ist nicht Mitglied eines tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverbandes und nicht tarifgebunden. Zum 01.01.2003 schlossen die Gewerkschaft ver.di und der Verband Technischer Betriebe Film und Fernsehen (VTFF) einen einheitlichen Manteltarifvertrag, der zum 01.01.2010 neu gefasst und von beiden Tarifparteien mit Wirkung zum 31.12.2011 gekündigt wurde. Auch wenn die Beteiligte zu 2) nicht tarifgebunden ist, wäre sie dem in § 1 bestimmten fachlichen Geltungsbereich des einheitlichen Manteltarifvertrags unterfallen. Der Manteltarifvertrag enthielt keine Öffnungsklausel, die den Betriebsparteien in abschlussabweichender oder gleichlautender Betriebsvereinbarungen gestatten würde. Aufgrund von unterschiedlichen Urlaubsregelungen bei der Beteiligten zu 2) und der B. GmbH schlossen die Beteiligten zu 2) und der Betriebsrat am 28.03.2006 eine Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“ (Bl. 11 ff. d.A.), die in § 20 (Urlaubsbestimmungen), § 21 (Urlaubsdauer) und § 22 (Freistellung von der Arbeit aus persönlichen Gründen) Bestimmungen enthält, die wortwörtlich den entsprechenden Regelungen des einheitlichen Manteltarifvertrages entsprechen.

Die VTFF und ver.di schlossen am 12.08.2010 einen Entgelttarifvertrag (Bl. 54 d.A.) mit Wirkung zum 01.01.2010. Dieser Tarifvertrag enthält in § 5 eine Öffnungsklausel mit folgendem Wortlaut:

„Arbeitgeber und Betriebsrat können unter Wahrung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Tarifvertrag für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen unter Beachtung des § 77 Abs. 3 BetrVG abschließen. Bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrags abgeschlossene ergänzende für Arbeitnehmer günstigere Betriebsvereinbarungen, die sich auf andere (alte) Tarifregelungen beziehen, gelten unabhängig von dieser Öffnungsklausel weiter und können unter Beachtung von § 77 Ziff. 3 BetrVG geändert werden. Die Tarifparteien sind seitens des Arbeitgebers über die Aufnahme von Verhandlungen und dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemäß dieser Öffnungsklausel zu informieren.“

In einer Pressemitteilung vom 28.11.2012 teilte der VTFF den Beschluss einer neuen Satzung mit sowie die Aufgabe seiner Tariffähigkeit „bis auf Weiteres“. In der Neufassung der Satzung des VTFF vom 01.01.2013 heißt es unter § 2:

„Er ist derzeitig nicht tariffähig.“ (Bl. 66 ff. d.A.).

Die Beteiligte zu 2) schließt mit ab dem 01.03.2013 eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsverträge ab, die lediglich 28 Urlaubstage gewähren. Nur auf die namentlich im Antrag benannten Arbeitnehmer wendet die Beteiligte zu 2) die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung derzeit noch an.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, die Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2006 sei wirksam und damit für alle Arbeitnehmer im Betrieb anwendbar. Die tarifliche Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.10.2010 enthalte eine die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beseitigende rückwirkende Öffnungsklausel. Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Entgelttarifvertrages sei die Betriebsvereinbarung keinesfalls nichtig, sondern lediglich schwebend unwirksam gewesen. Die Tarifvertragsparteien hätten deshalb auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Öffnungsklausel vereinbaren können. Der Geltungsbereich des Entgelttarifvertrages sei nicht auf eine Entgeltregelung beschränkt, so dass über die Öffnungsklausel auch Regelungen zur Urlaubsdauer durch Betriebsvereinbarung hätte getroffen werden können. Da eine tarifvertragliche Regelung nicht mehr vorliege, greife auch nicht die Tarifsperre gem. § 77 Abs. 3 Satz 1 1. Altern. BetrVG. Auch liege keine Tarifüblichkeit (mehr) vor, da der Arbeitgeberverband aufgrund gewillkürter Tarifunfähigkeit keine Tarifverträge mehr abschließen könne und daher von einer Tarifüblichkeit der Urlaubsregelungen nicht auszugehen sei. Die Tatsache, dass die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 2. Altern. BetrVG erst nach Inkrafttreten der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung im Jahr 2006 entfallen sei, ändere an dem Ergebnis nichts, da die Betriebsvereinbarung nicht nichtig gewesen sei.

Der nach Kündigung lediglich nachwirkende Manteltarifvertrag könne gem. § 4 Abs. 5 TVG durch eine andere Abmachung abgelöst werden. Eine solche andere Abmachung könne auch eine Betriebsvereinbarung sein. Da die Beteiligte zu 2) zu keinem Zeitpunkt an den einheitlichen Manteltarifvertrag gebunden gewesen sei und ausweislich der Betriebsvereinbarung durch diese bestehende unterschiedliche Urlaubsregelung vereinheitlicht hätten werden sollen, sei zu folgern, dass die Betriebsvereinbarung gerade für den Fall der Nachwirkung gelten sollte.

Der Betriebsrat beantragt,

Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“, die zwischen dem Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 2) am 28.03.2006 abgeschlossen worden ist, unabhängig von einem bestimmten Eintrittsstichtag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) zur Anwendung kommt und nicht auf folgende Arbeitnehmer / Arbeitnehmerinnen:

– Frau K.

– Frau Ma.

– Frau Mi.

– Frau F.

– Frau K.

– Herr H.

– Frau P.

– Frau E.

– Herr K.

beschränkt ist.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

Zurückweisung des Antrags.

Zu den Anträgen führt sie aus, die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG rechtsunwirksam. Die Sperrwirkung von § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig. Die streitgegenständlichen Regelungen beträfen nicht den Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung, sondern unterfielen der freiwilligen Mitbestimmung. Infolgedessen sei die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung schlichtweg rechtsunwirksam. In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.10.2002 (1 AZR 573/01) werde die Frage der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Regelungssperre offengelassen. In dieser Entscheidung werde keinesfalls die Aussage getroffen, dass die wortwörtliche Zitierung von Teilen eines (Mantel) -Tarifvertrages lediglich zur schwebenden Unwirksamkeit führen solle. Richtigerweise sei aus rechtssystematischen Gründen von einer endgültigen Rechtsunwirksamkeit auszugehen. Die Sperrwirkung werde auch nicht durch den Entgelttarifvertrag vom 12.10.2010 beseitigt. Der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages beziehe sich ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag. Rechtssystematisch erstrecke sich die Öffnungsklausel daher ausschließlich auf die Regelungsgegenstände des Entgelttarifvertrages. Die Regelungssperre greife auch in Bezug auf die Tarifüblichkeit der Regelungsgegenstände in der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung. Zur Tarifüblichkeit sei festzustellen, dass die Gewerkschaft ver.di zu keinem Zeitpunkt erklärt habe, nicht tariffähig zu sein und keine Tarifverträge schließen zu wollen. Die Tarifüblichkeit entfalle auch nicht dadurch, dass sich der Arbeitgeberverband für tarifunfähig erklärt habe. Die Gewerkschaft könne nach wie vor auch mit einzelnen Unternehmen Firmentarifverträge schließen. Tarifüblichkeit entfalle in einem solchen Fall erst, wenn die Gewerkschaft erkläre, sie strebe auch keinen Firmentarifvertrag mehr an. Die Frage der Tarifüblichkeit könne letztlich dahinstehen, da die gesamte Betriebsvereinbarung seit 2006 unwirksam sei.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

B.

Die zulässigen Anträge des Betriebsrats sind nicht begründet.

I.

Für Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber über den rechtlichen Bestand einer Betriebsvereinbarung entscheiden die Arbeitsgerichte gem. § 2 a ArbGG im Beschlussverfahren. Da der Betriebsrat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswirksamkeit einer Betriebsvereinbarung hat, ist das Feststellungsinteresse für die vorliegenden Feststellungsanträge zu bejahen.

II.

Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag, der auf eine Rechtswirksamkeit der Betriebsvereinbarung jedenfalls ab dem vom Betriebsrat behaupteten Wegfall der Tarifüblichkeit gerichtet ist, sind unbegründet, da der Betriebsvereinbarung von Beginn an die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entgegenstand und auch keine rückwirkende spätere Beseitigung der Rechtsunwirksamkeit gegeben ist. Die Beteiligte zu 2) muss die Betriebsvereinbarung „Urlaub und Freistellung von der Arbeit“ vom 28.03.2006 nicht auf alle Arbeitnehmer anwenden.

1. Im Zeitpunkt ihres Abschlusses verstieß die Betriebsvereinbarung gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, nachdem Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Im Jahr 2006 bestand für Urlaubsbestimmungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die technischen Betriebe Film und Fernsehen ein Manteltarifvertrag, so dass eine „tarifübliche Regelung“ i.S.v. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG der Urlaubsbestimmungen gegeben war. Auf die Tarifbindung des Arbeitgebers kommt es bei der Frage der Tarifüblichkeit nicht an, so dass unabhängig von der Tarifbindung der Beteiligten zu 2) eine Tarifüblichkeit der Regelung von Urlaubsbestimmungen gegeben war. Der Manteltarifvertrag enthielt insoweit auch keine Tariföffnungsklausel. Aufgrund der Regelungssperre in § 77 Abs. 3 BetrVG durften die Betriebsparteien im Jahr 2006 im Wege einer Betriebsvereinbarung keine Urlaubsbestimmungen regeln.

2. Der Verstoß gegen die Regelungssperre in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wurde vorliegend auch nicht durch die Tariföffnungsklausel in § 5 des Entgelttarifvertrages vom 12.08.2010 rückwirkend geheilt.

a. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung -schwebend oder endgültig - unwirksam, wenn auch nicht nichtig (BAG, Urteil vom 20.04.1999 - 1 AZR 631/98; Beschluss vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01; Urteil vom 29.01.2002 - 1 AZR 267/01). Für den Fall rückwirkender Öffnungsklauseln hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 29.01.2002 (bereits zitiert) entschieden, dass durch rückwirkende Tariföffnungsklauseln eine zunächst unwirksame Betriebsvereinbarung nachträglich wirksam werden kann. Das Arbeitsgericht geht davon aus, dass die Sperrwirkung in § 77 Abs. 3 BetrVG die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie dadurch gewährleistet, dass den Tarifvertragsparteien der Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen eingeräumt wird. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden. Allein den Tarifvertragsparteien ist es vorbehalten darüber zu entscheiden, ob sie eine abweichende Betriebsvereinbarung zulassen wollen oder nicht. Sie allein haben darüber zu befinden, inwieweit sie den Betriebsparteien die ihnen von § 77 Abs. 3 BetrVG entzogene Gestaltungsmacht zurückgeben wollen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts schließt dieser Schutzzweck die nachträgliche Belegung einer tariflichen Vereinbarung nicht aus.

b. Der vorliegende Entgelttarifvertrag enthält keine Öffnungsklausel zur Regelung von Urlaubsbestimmungen, so dass eine nachträgliche Heilung der unwirksamen Betriebsvereinbarung nicht eintreten konnte. Zu Recht weist die Beteiligte zu 2) darauf hin, dass sich der Wortlaut der Öffnungsklausel in § 5 Entgelttarifvertrag ausdrücklich auf „diesen Tarifvertrag“ bezieht und nicht auf den einheitlichen Manteltarifvertrag. Damit erstreckt sich die Öffnungsklausel rechtssystematisch ausschließlich auf die Regelungsgegenstände des Entgelttarifvertrages und ist nicht geeignet, die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG für die Regelung von Urlaubsfragen zu beseitigen. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Öffnungsklausel für Regelungsgegenstände des einheitlichen Manteltarifvertrags gewünscht, hätten sie ohne weiteres den Manteltarifvertrag entsprechend ergänzen können. In der Fassung des einheitlichen Manteltarifvertrags vom 12.08.2010 ist eine solche Öffnungsklausel jedoch nicht enthalten. Die Tarifvertragsparteien haben also eine Öffnung der in dem einheitlichen Manteltarifvertrag geregelten Gegenstände zu Gunsten anders lautender oder inhaltsgleicher Betriebsvereinbarungen nicht gewünscht. Eine Öffnungsklausel zu Gunsten von Urlaubsregelungen lässt sich auch nicht, wie der Betriebsrat meint, daraus ableiten, dass Urlaubsregelungen im weitesten Sinne auch Entgeltfragen betreffen. Mit dieser Argumentation könnte letztlich eine Tariföffnung für jegliche Arbeitgeberleistung neben der eigentlichen Entgeltzahlung begründet werden. Die Tarifvertragsparteien haben vorliegend ausdrücklich getrennt zwischen den in einem Manteltarifvertrag zu regelnden Gegenständen und den eigentlichen Entgeltfragen, die in einem speziellen Entgelttarifvertrag einer Regelung unterworfen wurden.

3. Die Betriebsvereinbarung hat auch nicht zum 01.01.2013 Wirksamkeit dadurch erlangt, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise aufgrund einer gewillkürten Tarifunfähigkeit des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes von einer Tarifüblichkeit der im Manteltarifvertrag getroffenen Regelungen nicht mehr ausgegangen werden kann.

a. Grundsätzlich kann Tarifüblichkeit auch entfallen. Dies ist anzunehmen, wenn mit Sicherheit feststeht, dass in Zukunft eine Frage nicht mehr tariflich geregelt werden wird oder auch, wenn eine der Tarifvertragsparteien beispielsweise infolge gewillkürter Tarifunfähigkeit keine Tarifverträge mehr schließen kann.

b. Vorliegend kann dahinstehen, ob vorliegend die Tarifüblichkeit entfallen ist oder, ob aufgrund der fortbestehenden Möglichkeit des Abschlusses von Firmentarifverträgen nach wie vor eine Tarifüblichkeit anzunehmen ist, da nach Auffassung der Kammer in jedem Fall ein denkbarer nachträglicher Wegfall der Tarifüblichkeit nicht dazu führen kann, dass eine bereits seit Jahren unwirksame Betriebsvereinbarung nunmehr plötzlich Wirksamkeit erlangt. Aus Sicht der Kammer ist der nachträgliche Wegfall der Tarifüblichkeit nicht vergleichbar mit der Fallkonstellation, bei der durch rückwirkende Tariföffnungsklauseln eine „schwebend unwirksame“ Betriebsvereinbarung rückwirkend geheilt werden kann.

aa. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet werden. Warum ein Verstoß gegen die Regelungssperre in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG „nur“ zu einer schwebenden Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung führen soll, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich sind Normen, wozu auch Betriebsvereinbarungen, die normative Wirkung entfalten, im weitesten Sinne zu zählen sind, bei Verstoß gegen höherrangiges Recht unwirksam. Aus ihrer Unwirksamkeit folgt, dass sich niemand auf sie berufen kann. Eine nachträgliche Heilung von von Anfang an unwirksamen Normen ist dem Verfassungsrecht grundsätzlich fremd. Im Falle rückwirkender Tariföffnungsklauseln lässt sich noch vertreten, dass in diesem Fall die Tarifvertragsparteien den Betriebsparteien ausdrücklich rückwirkend eine Regelungsmacht einräumen wollen. Insoweit ist auch zu rechtfertigen,

dass eine zunächst unwirksame Betriebsvereinbarung, die möglicherweise noch den Rechtscharakter einer Regelungsabsprache behält, durch eine rückwirkende Tariföffnungsklausel „wieder“ normativen Charakter erlangt. Eine Parallele lässt sich beim späteren Wegfall der Tarifüblichkeit jedoch nicht ziehen. Zunächst dürfte in den meisten Fällen bereits höchst streitig sein, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Tarifüblichkeit weggefallen sein soll. Zum anderen fehlt es beim Wegfall der Tarifüblichkeit an einem ausdrücklichen Akt der Tarifvertragsparteien zur Rückübertragung von Regelungskompetenzen im Zusammenhang mit einer speziellen Regelungsmaterie.

bb. Weiter spricht gegen eine nachträgliche Heilung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung durch Wegfall der Tarifüblichkeit, dass nicht nur durch die Schwierigkeit der Bestimmung des Zeitpunkts des Wegfalls der Tarifüblichkeit größte Rechtsunsicherheit entstehen würde, sondern auch dadurch, dass Tarifüblichkeit auch noch nach Jahren und Jahrzehnten entfallen kann. Würde man der Rechtsauffassung des Antragstellers folgen, könnten auch gegen die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarungen noch nach 50 Jahren und mehr plötzlich „wieder“ Wirksamkeit erlangen könnten, ohne dass sich die Betriebspartner erneut mit den aktuellen Rahmenbedingungen auseinandersetzen müssten.

4. Da die Betriebsvereinbarung vom 28.03.2006 von Anfang an unwirksam war und auch nicht nachträglich geheilt wurde, konnte sie im Nachwirkungszeitraum den Manteltarifvertrag im Hinblick auf die Urlaubsregelungen auch nicht ablösen.

C.

Gegen diesen Beschluss steht dem Betriebsrat das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach Maßgabe nachfolgender Rechtsmittelbelehrungzu:

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Kläger war seit Juli 1980 zunächst bei dem TÜV Rheinland e. V. beschäftigt. Zum 1. Januar 1996 ging sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Arbeitsvertrag vom 13. /18. Mai 1980 ist ua. vereinbart:

        

„4.     

Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland.

        

...     

        
        

8.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland, soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.

        

...“   

        
3

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren die Bedingungen für Jahressonderzahlungen, die Urlaubsgeldgewährung sowie für vermögenswirksame Leistungen in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Durch gesonderte Einigungsstellensprüche vom 16. November 1999 (BV 99) wurden diese Leistungen neu geregelt.

4

Der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e.V., dem die Beklagte zwischenzeitlich beigetreten war, schloss am 25. Mai 2004 mit ver.di Tarifverträge ua. für die bis zum 31. Dezember 1995 beim TÜV Rheinland e. V. beschäftigten Arbeitnehmer ab. Nach dem Manteltarifvertrag (MTV) betragen das zusätzliche Urlaubsgeld 256,00 Euro (§ 6 Nr. 1 MTV) sowie die vermögenswirksamen Leistungen 39,88 Euro monatlich (§ 9 Nr. 1 Buchst. a MTV). Im Tarifvertrag über die Jahressonderzahlung (TVZ) ist ein jährlicher Betrag von 1.022,00 Euro festgelegt, der mit den Bezügen des Monats November gezahlt wird (§ 2 Nr. 1 TVZ). Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter erhalten jeweils anteilige Leistungen.

5

Die ihm von der Beklagten angebotene Anwendung der tariflichen Vereinbarungen lehnte der Kläger ab.

6

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger auf der Grundlage der in den BV 99 festgelegten Beträgen die Zahlung einer Jahressonderzuwendung für die Jahre 2004 bis 2008 iHv. jeweils 637,48 Euro, Urlaubsgeld für die Jahre 2005 bis 2008 iHv. jeweils 153,36 Euro sowie vermögenswirksame Leistungen für die Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2008 iHv. 19,94 Euro monatlich verlangt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die in den BV 99 geregelten Leistungen beanspruchen, da es sich insoweit um individualisierte Ansprüche handele. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG führe nicht zur Unwirksamkeit der BV 99. Er könne wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit nicht gezwungen werden, die von der Beklagten angebotene Bezugnahme auf die Tarifverträge zu akzeptieren, um sich seine Ansprüche auf Sonderleistungen zu erhalten.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.877,60 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum von 2004 bis 2008 keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, zusätzliches Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen.

12

1. Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.

13

a) Bei den von der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, deren Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).

14

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

15

c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die anwendbaren betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint ist. Die Arbeitsvertragsparteien wollen in der Regel durch eine Bezugnahme auf die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohnehin geltenden kollektiven Regelungen keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese schaffen(BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 26, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die daran anschließende Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Parteien mit der im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vereinbarten Bezugnahme keine konstitutive Verweisung auf die bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geltenden Betriebsvereinbarungen vorgenommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

16

d) Ein Anspruch auf die Gewährung der mit der Zahlungsklage verfolgten Leistungen folgt auch nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. den vor dem Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen.

17

Die vom Kläger beanspruchten Leistungen waren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Betriebsvereinbarungen geregelt. Deren Inhalt wurde aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Trotz der damit verbundenen Transformation in Individualrecht ist ihr Inhalt durch die BV 99 ersetzt worden. Nach der Senatsrechtsprechung ist diese Vorschrift teleologisch darauf zu reduzieren, dass ein danach fortgeltender Anspruch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Betriebserwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung abgelöst werden kann, weil die nunmehr individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses geltenden kollektivrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht weiter geschützt sind, als sie es bei einem Fortbestand beim Erwerber gewesen wären(14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 98, 323). Die vor dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hätten durch die Einigungsstellensprüche abgelöst werden können, wenn sie bei der Beklagten normativ weitergegolten hätten.

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass weder bei der Beklagten noch bei ihrer Rechtsvorgängerin eine Gesamtzusage bestanden hat, wonach den Arbeitnehmern unabhängig von dem Bestehen einer kollektiven Regelung eine Jahressonderzahlung, ein zusätzliches Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Entsprechenden Tatsachenvortrag hat der Kläger nicht gehalten.

19

3. Ein Anspruch aus den BV 99 besteht nicht.

20

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist daher unwirksam(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 1 a aa der Gründe, BAGE 103, 187). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht von der Tarifbindung des Arbeitgebers ab. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

21

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen(GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 30, EzA GG Art. 9 Nr. 105). Ein solches Mitbestimmungsrecht setzt nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG voraus, dass keine zwingende tarifliche Regelung besteht, an die der Arbeitgeber gebunden ist. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, soweit dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht. Etwas Anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 110, 252).

22

c) Die in den BV 99 enthaltenen Regelungen werden von den bei der Beklagten geltenden Tarifnormen verdrängt.

23

aa) Bei der Jahressonderzahlung, dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Ausgestaltung dieser Leistungen durch die Beklagte unterliegt unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht ihres Betriebsrats (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Nach der Senatsrechtsprechung ist der Arbeitgeber bei Leistungen, zu deren Gewährung er weder durch Gesetz noch Vertrag verpflichtet ist, zwar in seiner Entscheidung darüber frei, ob er diese Leistungen erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er mit ihr verfolgt und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Im Rahmen dieser Vorgaben unterliegt aber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Berechnung der einzelnen Leistungen und ihre Höhe im Verhältnis zueinander bestimmt werden soll, der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 382).

24

bb) Die bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen über die Jahressonderzahlung, das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen sind im Umfang des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts abschließend. Der Tarifvertrag legt ihre Verteilung auf die Belegschaft fest, ohne dass insoweit für die Betriebspartner ein Regelungsspielraum verbleibt.

25

cc) Die Verdrängung der zuvor geltenden betrieblichen Regelungen in den BV 99 verletzt nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Klägers.

26

(1) Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Allerdings ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein bloßer Anreiz zum Beitritt zu einer Arbeitnehmerkoalition bewirkt noch keinen unzulässigen Zwang oder Druck (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202).

27

(2) An einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers fehlt es hier schon deshalb, weil er der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht beitreten musste, um die tariflichen Arbeitsbedingungen beanspruchen zu können. Die Beklagte hat dem Kläger den Abschluss eines darauf gerichteten Änderungsvertrags angeboten, was der Kläger jedoch abgelehnt hat.

28

(3) Daneben bewirkt das Regelungssystem von § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG keinen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

29

(a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist geeignet und erforderlich, die Tarifnormen der vorrangig zur Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen aufgerufenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkoalitionen gegen eine konkurrierende betriebliche Rechtssetzung abzusichern. Diese würde den Bestand des Tarifvertragssystems gefährden und zugleich die den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten(BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 7), in Frage stellen.

30

(b) Die mit dem Tarifvorrang verbundenen Auswirkungen für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig. Deren Schutzbedürfnis wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers tarifliche Betriebsnormen für alle Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 TVG). Daneben ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, auch die tariflichen Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG) ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen(BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Klosterkemper    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Strukturausgleich nach § 12 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 15. März 1989 in einer Forschungsanstalt der Beklagten als Chemielaborantin in der Funktion einer Chemisch-Technischen Assistentin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundes-Angestelltentarifvertrag(BAT) Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach dem TVöD und dem TVÜ-Bund. Die Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Im Wege eines Zeitaufstiegs wurde sie zum 1. Januar 1997 in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert. Sie erhielt vor der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD zuletzt Grundgehalt dieser Vergütungsgruppe nach Lebensaltersstufe 39. Im Rahmen der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD wurde die Klägerin der Entgeltgruppe E 8 TVöD und einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe zugeordnet, weil das Vergleichsentgelt über der höchsten Stufe 6 der Entgeltgruppe E 8 TVöD lag.

3

In einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 unterrichtete die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel die Klägerin über die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses in den TVöD und teilte ua. mit, dass sie einen Strukturausgleich in Höhe von 40,00 Euro(auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung) erhält, dieser Ausgleichsbetrag ab dem 1. Oktober 2007 dauerhaft gezahlt, jedoch nicht dynamisiert wird und daher an künftigen Tariferhöhungen nicht teilnimmt. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass es der Information dient und keinen Rechtsanspruch begründet.

4

Die mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigte Klägerin hat ohne Erfolg von der Beklagten ab Oktober 2007 Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund iVm. Anlage 3 TVÜ-Bund (Strukturausgleichstabelle) in Höhe von monatlich 20,00 Euro verlangt. In dieser Tarifvorschrift und der Strukturausgleichstabelle heißt es:

        

㤠12 Strukturausgleich

        
        

(1) 1Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-Bund aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen Strukturausgleich. 2Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.

        
        

(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im Oktober 2007, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht etwas anderes bestimmt ist.

        
        

(3) …

        
        

(4) Bei Teilzeitbeschäftigung steht der Strukturausgleich anteilig zu (§ 24 Abs. 2 TVöD). ...

        
        

Protokollerklärung zu Absatz 4:

        
        

Bei späteren Veränderungen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der/des Beschäftigten ändert sich der Strukturausgleich entsprechend.

        
        

…       

        
        

Anlage 3 TVÜ-Bund

        
        

Strukturausgleiche für Angestellte (Bund)

        
        

...

        
        

Entgeltgruppe

Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ

Aufstieg

Orts-Zuschlag Stufe 1, 2

Lebensaltersstufe

Höhe Ausgleichsbetrag

Dauer

bei In-Kraft-Treten TVÜ

        

2       

X       

IX b nach 2 Jahren

OZ 2

23   

40 €

für 4 Jahre

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…       

        

8       

V c

ohne

OZ 2

39   

40 €

dauerhaft

        

…       

…       

…       

…       

…       

…       

…“   

5

Die Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund lauten:

        

„1.

1Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der denkbaren Fallgestaltungen bewusst, dass die Festlegung der Strukturausgleiche je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen kann. 2Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten hin.

        

2.   

1Die Tarifvertragsparteien erkennen unbeschadet der Niederschriftserklärung Nr. 1 an, dass die Strukturausgleiche in einem Zusammenhang mit der zukünftigen Entgeltordnung stehen. 2Die Tarifvertragsparteien werden nach einer Vereinbarung der Entgeltordnung zum TVöD, rechtzeitig vor Ablauf des 30. September 2007 prüfen, ob und in welchem Umfang sie neben den bereits verbindlich vereinbarten Fällen, in denen Strukturausgleichsbeträge festgelegt sind, für einen Zeitraum bis längstens Ende 2014 in weiteren Fällen Regelungen, die auch in der Begrenzung der Zuwächse aus Strukturausgleichen bestehen können, vornehmen müssen. 3Sollten zusätzliche Strukturausgleiche vereinbart werden, sind die sich daraus ergebenden Kostenwirkungen in der Entgeltrunde 2008 zu berücksichtigen.“

6

Die Klägerin hat gemeint, sie habe nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich in Höhe von monatlich 20,00 Euro. Sie sei bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund in der Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT eingruppiert gewesen und habe alle anderen für diese Vergütungsgruppe in der Strukturausgleichstabelle genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Ohne Bedeutung sei, dass sie aus der Vergütungsgruppe VI b in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1a zum BAT aufgestiegen sei. Die tarifliche Regelung stelle für den Anspruch auf den Strukturausgleich nicht auf die „originäre“ Vergütungsgruppe oder die „Ausgangsvergütungsgruppe“ ab. Maßgeblich sei die Eingruppierung am Stichtag. Für die Monate Oktober und November 2007 stünde ihr aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung Strukturausgleich in Höhe von jeweils 20,00 Euro brutto zu.

7

Die Klägerin hat beantragt:

        

1.   

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.

        

2.   

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu bezahlen.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, für den Anspruch auf Strukturausgleich nach § 12 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle sei nicht auf die am Stichtag tatsächlich erreichte, sondern die originäre Vergütungsgruppe abzustellen. Die Spalten 2 und 3 der Tabelle seien nur verständlich, wenn sie als Einheit verstanden würden. Die Tarifvertragsparteien hätten die Aufstiegsmöglichkeiten der Beschäftigten in der Strukturausgleichstabelle nachgezeichnet. So sei in Spalte 3 stets eine höhere Vergütungsgruppe als in Spalte 2 der Tabelle ausgewiesen. Anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund hätten die Tarifvertragsparteien in der Strukturausgleichstabelle nicht zwischen vorhandenem, vollzogenem und noch ausstehendem Aufstieg differenziert. Die Fallvariante „nach Aufstieg“ enthalte diese Tabelle nicht. Dies zeige, dass es für den Anspruch auf den Strukturausgleich auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme. Die Fallgruppe der originären Vergütungsgruppe ohne weitere Aufstiegsmöglichkeit könne nicht mit der nach erfolgtem Aufstieg erreichten Vergütungsgruppe gleichgestellt werden. Für dieses Auslegungsergebnis spreche auch, dass die nach dem Überleitungsstichtag vollzogenen Aufstiege gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund zum Wegfall des Strukturausgleichs führten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf anteiligen Strukturausgleich weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung darf die Klage nicht abgewiesen werden. In der Sache kann der Senat nicht selbst entscheiden. Es bedarf der Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht, ob sich die Tarifvertragsparteien - wie die Beklagte behauptet - in den Tarifvertragsverhandlungen einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in der Strukturausgleichstabelle nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Strukturausgleich gerichtete Feststellungsantrag hat eine Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand(vgl. BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - BAGE 112, 112, 115). Für diesen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird. Die Klägerin musste den beanspruchten Ausgleichsbetrag auch nicht beziffern, nachdem dieser Betrag bei Teilzeitbeschäftigung anteilig zu zahlen ist (§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) und die Höhe des Strukturausgleichs damit vom jeweiligen zeitlichen Umfang der Beschäftigung der Klägerin abhängt.

13

2. Allerdings bedarf der Feststellungsantrag bezüglich des Beginns des streitbefangenen Zeitraums der Auslegung, nachdem die Klägerin insoweit von einer Datumsangabe abgesehen hat. Die Klägerin beansprucht für die Monate Oktober und November 2007 Strukturausgleich im Wege der Zahlungsklage. Ihr Feststellungsbegehren ist daher so auszulegen, dass die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, ihr ab Dezember 2007 Strukturausgleich zu zahlen.

14

II. Das Arbeitsverhältnis richtet sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung ua. nach den Bestimmungen des TVÜ-Bund. Der mit der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit beschäftigten Klägerin könnte deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 TVÜ-Bund iVm. der Strukturausgleichstabelle ab dem 1. Oktober 2007 anteiliger Strukturausgleich(§ 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund) in Höhe von monatlich 20,00 Euro brutto zustehen. Für die Monate Oktober und November 2007 schuldete ihr die Beklagte in diesem Fall Strukturausgleich in Höhe des im Wege der Zahlungsklage geltend gemachten Betrags von 40,00 Euro brutto.

15

1. Die Tarifvertragsparteien haben in der Strukturausgleichstabelle den Anspruch auf den Ausgleichsbetrag an fünf Voraussetzungen geknüpft. Sie haben zu jeder „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ für bestimmte Lebensaltersstufen und Stufen des Ortszuschlags jeweils die Höhe des Ausgleichsbetrags und die Dauer der Zahlung des Strukturausgleichs festgelegt. Die Klägerin hat am 1. Oktober 2005 und damit am gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund maßgeblichen Stichtag die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für einen dauerhaft zu zahlenden Strukturausgleich in Höhe von monatlich 40,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung nur dann erfüllt, wenn es für das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Sie wurde im Rahmen der Überleitung in den TVöD der Entgeltgruppe E 8 zugeordnet. Seit dem 1. Januar 1997 und damit bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund am 1. Oktober 2005 war sie in der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 2, Teil II, Abschn. L, Unterabschn. II der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Darüber, dass der Klägerin bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund Ortszuschlag der Stufe 2 zustand, sie zu diesem Zeitpunkt die Lebensaltersstufe 39 erreicht hatte und im Wege eines Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstiegs nicht mehr höhergruppiert werden konnte, besteht kein Streit.

16

2. Strittig ist, ob es sich bei der in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle genannten Vergütungsgruppe entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Rechtsauffassung der Beklagten um die „originäre“ Vergütungsgruppe handelt und spätere Höhergruppierungen durch Bewährungs- oder Zeitaufstiege nicht zu berücksichtigen sind(so auch Kutzki RiA 2009, 256; Görgens ZTR 2009, 562; Kuner Der neue TVöD Rn. 114a; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2009 TVÜ-Bund § 12 Rn. 18, 19; Hinweise zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund des Bundesministeriums des Innern [Hinweise des BMI] vom 10. August 2007 - D II 2-220 210 1/12 - Nr. 3.4.1 und 3.4.2), oder ob es entsprechend der Ansicht der Klägerin auf die am Stichtag tatsächlich erreichte Vergütungsgruppe ankommt (so Hanau ZTR 2009, 403; Dannenberg PersR 2009, 193; Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12 Rn. 2 und 4).

17

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209; 8. September 1999 - 4 AZR 661/98 - BAGE 92, 259, 263) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

18

4. Der Wortlaut der tariflichen Regelungist nicht eindeutig. § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund bestimmt, dass maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen(Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) der 1. Oktober 2005 ist, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit verweist der Wortlaut der Tarifbestimmung zwar nicht auf eine „originäre“ Vergütungsgruppe, eine „Ausgangsvergütungsgruppe“ oder die „Vergütungsgruppe bei erstmaliger Übertragung der Tätigkeit“. Die in Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle unter der Überschrift „Aufstieg“ enthaltene Angabe „ohne“ kann vom Wortsinn her aber auch so verstanden werden, dass die in der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle angegebene Vergütungsgruppe ohne vorherigen Aufstieg erreicht sein muss und keinen künftigen Aufstieg vorsehen darf. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund hindert nicht ein Verständnis des Merkmals „Aufstieg - ohne“, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 die für die Überleitung in den TVöD maßgebliche Vergütungsgruppe nicht mit einem früheren oder zukünftigen Aufstieg verbunden sein darf.

19

5. Auch die Tarifsystematik führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis.

20

a) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage 2 TVÜ-Bund, die die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen regelt, in der Spalte 2 zwischen Vergütungsgruppen „ohne Aufstieg“, „nach Aufstieg“ und „mit ausstehendem Aufstieg“ unterschieden und in der Spalte 3 der Strukturausgleichstabelle mit dem Wort „ohne“ von dieser Differenzierung abgesehen haben, spricht noch nicht entscheidend dafür, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ ausschließlich das Fehlen künftiger Aufstiegsmöglichkeiten erfasst und Vergütungsgruppen nach erfolgtem Aufstieg nicht vom Strukturausgleich ausgenommen sind. Die Strukturausgleichstabelle und die Anlage 2 TVÜ-Bund verfolgen nicht nur unterschiedliche Regelungszwecke. Sie unterscheiden sich auch in der Regelungstechnik, indem in der Strukturausgleichstabelle anders als in der Anlage 2 TVÜ-Bund der Aufstieg unter der entsprechenden Überschrift in einer gesonderten Spalte behandelt wird. Dies könnte gegen eine Anknüpfung an die in Anlage 2 TVÜ-Bund getroffenen Differenzierungen und für eine eigenständige Auslegung sprechen, zumal in der Strukturausgleichstabelle anders als in Anlage 2 Spalte 2 TVÜ-Bund nach dem Wort „ohne“ die für einen Aufstieg in Betracht kommende höhere Vergütungsgruppe nicht genannt wird. Würde das Merkmal „Aufstieg - ohne“ in einem weiteren Sinne als die Worte „ohne Aufstieg“ in der Anlage 2 TVÜ-Bund verstanden, dürfte die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden sein.

21

b) Wenn die Strukturausgleichstabelle bei den genannten Vergütungsgruppen mit Aufstieg nur Vergütungsgruppen mit einem am Stichtag noch nicht erfolgten, also einem zukünftigen Aufstieg bezeichnet, liegt die Annahme nahe, auch das Wort „ohne“ erfasse nur einen zukünftigen Aufstieg. Allerdings lässt sich dieser Auslegung entgegenhalten, dass in den Fällen mit Aufstieg die höhere Vergütungsgruppe genannt ist, in den Fällen ohne Aufstieg dagegen nicht.

22

c) Aus dem Wort „ausschließlich“ in § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund kann zwar abgeleitet werden, dass die Zahlung von Strukturausgleich Ausnahmecharakter hat. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ auch solche Vergütungsgruppen vom Strukturausgleich ausschließen soll, die von den Beschäftigten im Wege des Aufstiegs erreicht wurden. Ob es nach dem Willen der Tarifvertragsparteien mehr oder weniger Ausnahmefälle geben soll, in denen Strukturausgleich zu zahlen ist, erschließt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund nicht.

23

d) Das Argument, dass in den Fällen eines nach § 8 Abs. 2 TVÜ-Bund nachgeholten Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiegs ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt ein etwaiger Strukturausgleich entfällt und dass ein Wertungswiderspruch entstünde, wenn man die nach dem Stichtag erfolgte Gleichstellung mit den früher Aufgestiegenen mit dem Wegfall des Strukturausgleichs bestrafe, die früheren Höhergruppierungen hingegen noch durch Zahlungen eines Strukturausgleichs belohne, trägt nicht( aA Görgens ZTR 2009, 562, 563). Es berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Folgen der Überleitung nach einem Aufstieg aus einer höheren Vergütungsgruppe und der Überleitung vor einem nach dem alten Tarifrecht möglichen Aufstieg aus der niedrigeren Vergütungsgruppe. Die Tarifvertragsparteien waren aufgrund des Stichtagsprinzips nicht gehindert, nur danach zu differenzieren, ob am 1. Oktober 2005 ein (weiterer) Aufstieg noch möglich war.

24

6. Auch Sinn und Zweck des Strukturausgleichs geben kein eindeutiges Auslegungsergebnis vor.

25

a) Mit dem Strukturausgleich wollten die Tarifvertragsparteien Erwartungen auf zukünftige Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung tragen. Bei der Ermittlung der begünstigten Personengruppen war entscheidend, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand(Ortszuschlag Stufe 1 oder Stufe 2) noch möglich gewesen wäre. Dies erklärt, warum die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Dezember 2009 Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 150). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben die Tarifvertragsparteien Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (Nr. 1 Satz 2 der Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund). Mit den Spalten 2 und 3 der Strukturausgleichstabelle haben sie zwar auch mögliche Karriereentwicklungen der Angestellten nach dem BAT/BAT-O abgebildet, soweit sie den Anspruch auf Strukturausgleich in der Spalte 3 an den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe geknüpft haben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien mit dem Strukturausgleich nicht ausschließlich nach dem bisherigen Tarifsystem bestehenden Exspektanzen im Hinblick auf eine Höhergruppierung Rechnung getragen. Sie haben vielmehr auch Exspektanzverluste aufgrund der Beseitigung des Aufstiegs nach dem Lebensalter abmildern wollen. In Spalte 5 der Strukturausgleichstabelle haben sie deshalb auf die Lebensaltersstufe des Angestellten bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund abgestellt (vgl. Hanau ZTR 2009, 403, 408).

26

b) Dieses Abmilderungsziel spricht zwar für das Verständnis, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ bereits erfüllt ist, wenn am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Entgeltsteigerungen aufgrund des Erreichens einer höheren Lebensaltersstufe wären nach bisherigem Tarifrecht unabhängig davon eingetreten, ob die aktuelle Eingruppierung noch einen Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg zugelassen hätte oder ein solcher Aufstieg bereits vor dem Inkrafttreten des TVÜ-Bund erfolgt war. Der Verlust der Altersexspektanz trifft alle Beschäftigte einer Vergütungsgruppe gleich, unabhängig davon, ob sie in diese originär eingruppiert waren oder durch Aufstieg gelangt sind(Hanau ZTR 2009, 403, 407). Eine Bindung des Anspruchs auf Strukturausgleich an eine originäre Vergütungsgruppe könnte deshalb dem Willen der Tarifvertragsparteien, auch mit der Abschaffung der Lebensaltersstufen verbundene Exspektanzverluste auszugleichen (vgl. Dannenberg PersR 2009, 193, 195), widersprechen.

27

c) Zwingend ist dies jedoch nicht. Auch eine Regelung, wonach das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde die Grenzen der autonomen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund nicht überschreiten, sondern wäre von der Tarifautonomie gedeckt.

28

7. Das von der Klägerin befürwortete Auslegungsergebnis ist auch nicht nennenswert praktikabler als das Abstellen auf originäre Vergütungsgruppen. Die Prüfung, ob im Überleitungszeitpunkt eine bestimmte Aufstiegsmöglichkeit bzw. keine Aufstiegsmöglichkeit bestand, erfordert ohnehin den Rückgriff auf die bei der Überleitung einschlägige Fallgruppe der Vergütungsgruppe des BAT, so dass ohne Weiteres festgestellt werden kann, ob der Angestellte in die Vergütungsgruppe mit der entsprechenden Fallgruppe erst durch einen vorherigen Aufstieg gelangt ist. Aufgrund dieses notwendigen Rückgriffs auf die einschlägige Fallgruppe kann aus der Strukturausgleichstabelle auch dann nicht „problemlos“ abgelesen werden, wer ab wann für wie lange welchen Betrag erhält, wenn ohne Weiteres auf die Vergütungsgruppe abgestellt wird, in der der Angestellte bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund eingruppiert war(aA Schmidt-Rudloff in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr Beck’scher Online-Kommentar Stand 1. März 2010 TVÜ-Bund § 12).

29

8. Ob es nach § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006 für den Anspruch auf Strukturausgleich darauf ankommt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe ohne Aufstieg erreicht worden ist, ist für die Auslegung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ in der Anlage 3 TVÜ-Bund nicht entscheidend. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Länder auf die originäre Vergütungsgruppe abgestellt haben sollten, könnte daraus kein entsprechender Regelungswille der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund abgeleitet werden, die diesen Tarifvertrag bereits am 13. September 2005 vereinbart hatten.

30

9. Ebenso wenig Rückschlüsse auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund lässt der zeitgleich vereinbarte Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-VKA) mit seiner in Anlage 2 geregelten Strukturausgleichstabelle zu. Diese ist anders strukturiert als die Tabelle für die Beschäftigten des Bundes und nicht mit vergleichbaren Auslegungsproblemen verbunden. Soweit dort auch für einige Fälle ein Strukturausgleich vorgesehen ist, in denen der Angestellte im Wege des Aufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe gelangt war, unterscheidet er sich nach Betrag, Beginn und Dauer von den Fällen, in denen die Überleitung des Angestellten aus der originären Vergütungsgruppe erfolgte.

31

10. Bezogen auf den Regelungswillen der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund hat das Bundesministerium des Innern mit Schreiben vom 5. Februar 2008 an das Eisenbahn-Bundesamt behauptet, die Gewerkschaften hätten in den Tarifvertragsverhandlungen umfangreiche Vergleichsberechnungen vorgelegt, die auf den „originären“ Vergütungsgruppen basierten und zur tariflichen Regelung des Strukturausgleichs geführt hätten. Die Beklagte hat dieses Schreiben in den vorliegenden Rechtsstreit eingeführt, sich darauf bezogen und sich damit die Behauptung des Bundesministeriums des Innern zu Eigen gemacht. Sollte diese Behauptung zutreffen und wären die Tarifvertragsparteien sich in den Tarifverhandlungen einig gewesen, dass der Anspruch auf Strukturausgleich voraussetzt, dass die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist, würde dies die Auslegung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten rechtfertigen(zu den Voraussetzungen eines Rückgriffs auf die Entstehungsgeschichte der tariflichen Regelung als für die Auslegung entscheidenden Anhaltspunkt vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 -).

32

Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund seiner Annahme, bereits die Systematik der tariflichen Regelung spreche entscheidend dafür, dass es zur Erfüllung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ auf die originäre Vergütungsgruppe ankomme, nicht geprüft, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund in den Tarifverhandlungen die Strukturausgleichsbeträge auf der Basis der originären Vergütungsgruppen mit und ohne Aufstiegsmöglichkeit festgelegt haben und sich einig gewesen sind, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ nur dann erfüllt ist, wenn die für die Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe nicht im Wege eines Aufstiegs erreicht worden ist. Diese Prüfung hat es nachzuholen. Dazu hat es beiden Parteien zunächst Gelegenheit zu geben, ihren jeweiligen Sachvortrag zur Entstehungsgeschichte der Regelung des Strukturausgleichs zu ergänzen und weiter zu substantiieren. Sodann wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob die Tarifvertragsparteien sich einig gewesen sind, dass die originäre Vergütungsgruppe maßgeblich ist. Da Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte nicht zu einer zweifelsfreien Auslegung führen, kann auch Veranlassung zur Einholung einer Tarifauskunft bestehen(vgl. BAG 17. Mai 1994 - 1 ABR 57/93 -). Gemäß § 293 ZPO können so Mittel der Rechtsanwendung und die dazu erforderlichen Erkenntnisquellen gewonnen werden, indem zB Auskünfte der Tarifvertragsparteien darüber eingeholt werden, ob es zu der Regelung des Strukturausgleichs Protokollnotizen oder vergleichbare Unterlagen gibt, aus denen ein übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien ersichtlich ist(vgl. BAG 16. Oktober 1985 - 4 AZR 149/84 - BAGE 50, 9, 21).

33

11. Kann eine solche Einigkeit der Tarifvertragsparteien nicht festgestellt werden, wäre das Merkmal „Aufstieg - ohne“ so auszulegen, dass es ausreicht, dass am Stichtag 1. Oktober 2005 kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Für diese Auslegung streitet dann entscheidend der Gesichtspunkt der Normenklarheit. Wenn die Tarifvertragsparteien in den ersten fünf Spalten der Strukturausgleichstabelle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für den Strukturausgleich und in den Spalten 6 und 7 der Tabelle die Höhe des jeweiligen Ausgleichsbetrags bzw. die Bezugsdauer aufgelistet haben, spricht dies dafür, dass sie den Strukturausgleich möglichst transparent regeln wollten. Müsste erst ermittelt werden, ob der Beschäftigte in die in der Spalte 2 der Tabelle bezeichnete Vergütungsgruppe im Wege des Aufstiegs gelangt ist oder nicht, wäre die Regelung weniger durchschaubar. Für Normadressaten, die sich allein anhand des Wortlauts von § 12 TVÜ-Bund und der Strukturausgleichstabelle Gewissheit über Ansprüche auf Strukturausgleich verschaffen wollen, ist dies entscheidend. Auch die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel hat die tarifliche Regelung zunächst so verstanden, dass es für den Anspruch auf Strukturausgleich auf die „gegenwärtige Eingruppierung bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund“ ankommt. Sie hat der Klägerin deshalb in einem Schreiben vom 10. Oktober 2005 mitgeteilt, dass diese Strukturausgleich erhält, und diese Mitteilung erst nach Kenntnis der Hinweise des Bundesministeriums des Innern zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleiche gemäß § 12 TVÜ-Bund korrigiert. Bei einem unbefangenen Durchlesen der tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen liegt die Interpretation, entscheidend sei die bei der Überleitung maßgebliche Vergütungsgruppe des BAT ohne Rücksicht auf einen vorangegangenen Aufstieg, deutlich näher als die von der Beklagten befürwortete Auslegung. Wenn alle anderen Auslegungsgesichtspunkte zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, muss dies den Ausschlag geben, weil von den Normadressaten typischerweise nicht zu erwarten ist, dass sie sich zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sämtlicher Auslegungsmethoden bedienen und alle in Betracht kommenden Auslegungsgesichtspunkte heranziehen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Matiaske    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Kläger war seit Juli 1980 zunächst bei dem TÜV Rheinland e. V. beschäftigt. Zum 1. Januar 1996 ging sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Arbeitsvertrag vom 13. /18. Mai 1980 ist ua. vereinbart:

        

„4.     

Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland.

        

...     

        
        

8.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland, soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.

        

...“   

        
3

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren die Bedingungen für Jahressonderzahlungen, die Urlaubsgeldgewährung sowie für vermögenswirksame Leistungen in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Durch gesonderte Einigungsstellensprüche vom 16. November 1999 (BV 99) wurden diese Leistungen neu geregelt.

4

Der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e.V., dem die Beklagte zwischenzeitlich beigetreten war, schloss am 25. Mai 2004 mit ver.di Tarifverträge ua. für die bis zum 31. Dezember 1995 beim TÜV Rheinland e. V. beschäftigten Arbeitnehmer ab. Nach dem Manteltarifvertrag (MTV) betragen das zusätzliche Urlaubsgeld 256,00 Euro (§ 6 Nr. 1 MTV) sowie die vermögenswirksamen Leistungen 39,88 Euro monatlich (§ 9 Nr. 1 Buchst. a MTV). Im Tarifvertrag über die Jahressonderzahlung (TVZ) ist ein jährlicher Betrag von 1.022,00 Euro festgelegt, der mit den Bezügen des Monats November gezahlt wird (§ 2 Nr. 1 TVZ). Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter erhalten jeweils anteilige Leistungen.

5

Die ihm von der Beklagten angebotene Anwendung der tariflichen Vereinbarungen lehnte der Kläger ab.

6

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger auf der Grundlage der in den BV 99 festgelegten Beträgen die Zahlung einer Jahressonderzuwendung für die Jahre 2004 bis 2008 iHv. jeweils 637,48 Euro, Urlaubsgeld für die Jahre 2005 bis 2008 iHv. jeweils 153,36 Euro sowie vermögenswirksame Leistungen für die Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2008 iHv. 19,94 Euro monatlich verlangt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die in den BV 99 geregelten Leistungen beanspruchen, da es sich insoweit um individualisierte Ansprüche handele. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG führe nicht zur Unwirksamkeit der BV 99. Er könne wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit nicht gezwungen werden, die von der Beklagten angebotene Bezugnahme auf die Tarifverträge zu akzeptieren, um sich seine Ansprüche auf Sonderleistungen zu erhalten.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.877,60 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum von 2004 bis 2008 keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, zusätzliches Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen.

12

1. Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.

13

a) Bei den von der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, deren Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).

14

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

15

c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die anwendbaren betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint ist. Die Arbeitsvertragsparteien wollen in der Regel durch eine Bezugnahme auf die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohnehin geltenden kollektiven Regelungen keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese schaffen(BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 26, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die daran anschließende Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Parteien mit der im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vereinbarten Bezugnahme keine konstitutive Verweisung auf die bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geltenden Betriebsvereinbarungen vorgenommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

16

d) Ein Anspruch auf die Gewährung der mit der Zahlungsklage verfolgten Leistungen folgt auch nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. den vor dem Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen.

17

Die vom Kläger beanspruchten Leistungen waren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Betriebsvereinbarungen geregelt. Deren Inhalt wurde aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Trotz der damit verbundenen Transformation in Individualrecht ist ihr Inhalt durch die BV 99 ersetzt worden. Nach der Senatsrechtsprechung ist diese Vorschrift teleologisch darauf zu reduzieren, dass ein danach fortgeltender Anspruch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Betriebserwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung abgelöst werden kann, weil die nunmehr individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses geltenden kollektivrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht weiter geschützt sind, als sie es bei einem Fortbestand beim Erwerber gewesen wären(14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 98, 323). Die vor dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hätten durch die Einigungsstellensprüche abgelöst werden können, wenn sie bei der Beklagten normativ weitergegolten hätten.

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass weder bei der Beklagten noch bei ihrer Rechtsvorgängerin eine Gesamtzusage bestanden hat, wonach den Arbeitnehmern unabhängig von dem Bestehen einer kollektiven Regelung eine Jahressonderzahlung, ein zusätzliches Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Entsprechenden Tatsachenvortrag hat der Kläger nicht gehalten.

19

3. Ein Anspruch aus den BV 99 besteht nicht.

20

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist daher unwirksam(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 1 a aa der Gründe, BAGE 103, 187). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht von der Tarifbindung des Arbeitgebers ab. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

21

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen(GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 30, EzA GG Art. 9 Nr. 105). Ein solches Mitbestimmungsrecht setzt nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG voraus, dass keine zwingende tarifliche Regelung besteht, an die der Arbeitgeber gebunden ist. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, soweit dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht. Etwas Anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 110, 252).

22

c) Die in den BV 99 enthaltenen Regelungen werden von den bei der Beklagten geltenden Tarifnormen verdrängt.

23

aa) Bei der Jahressonderzahlung, dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Ausgestaltung dieser Leistungen durch die Beklagte unterliegt unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht ihres Betriebsrats (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Nach der Senatsrechtsprechung ist der Arbeitgeber bei Leistungen, zu deren Gewährung er weder durch Gesetz noch Vertrag verpflichtet ist, zwar in seiner Entscheidung darüber frei, ob er diese Leistungen erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er mit ihr verfolgt und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Im Rahmen dieser Vorgaben unterliegt aber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Berechnung der einzelnen Leistungen und ihre Höhe im Verhältnis zueinander bestimmt werden soll, der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 382).

24

bb) Die bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen über die Jahressonderzahlung, das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen sind im Umfang des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts abschließend. Der Tarifvertrag legt ihre Verteilung auf die Belegschaft fest, ohne dass insoweit für die Betriebspartner ein Regelungsspielraum verbleibt.

25

cc) Die Verdrängung der zuvor geltenden betrieblichen Regelungen in den BV 99 verletzt nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Klägers.

26

(1) Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Allerdings ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein bloßer Anreiz zum Beitritt zu einer Arbeitnehmerkoalition bewirkt noch keinen unzulässigen Zwang oder Druck (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202).

27

(2) An einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers fehlt es hier schon deshalb, weil er der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht beitreten musste, um die tariflichen Arbeitsbedingungen beanspruchen zu können. Die Beklagte hat dem Kläger den Abschluss eines darauf gerichteten Änderungsvertrags angeboten, was der Kläger jedoch abgelehnt hat.

28

(3) Daneben bewirkt das Regelungssystem von § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG keinen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

29

(a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist geeignet und erforderlich, die Tarifnormen der vorrangig zur Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen aufgerufenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkoalitionen gegen eine konkurrierende betriebliche Rechtssetzung abzusichern. Diese würde den Bestand des Tarifvertragssystems gefährden und zugleich die den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten(BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 7), in Frage stellen.

30

(b) Die mit dem Tarifvorrang verbundenen Auswirkungen für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig. Deren Schutzbedürfnis wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers tarifliche Betriebsnormen für alle Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 TVG). Daneben ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, auch die tariflichen Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG) ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen(BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Klosterkemper    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Kläger war seit Juli 1980 zunächst bei dem TÜV Rheinland e. V. beschäftigt. Zum 1. Januar 1996 ging sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Arbeitsvertrag vom 13. /18. Mai 1980 ist ua. vereinbart:

        

„4.     

Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland.

        

...     

        
        

8.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland, soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.

        

...“   

        
3

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren die Bedingungen für Jahressonderzahlungen, die Urlaubsgeldgewährung sowie für vermögenswirksame Leistungen in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Durch gesonderte Einigungsstellensprüche vom 16. November 1999 (BV 99) wurden diese Leistungen neu geregelt.

4

Der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e.V., dem die Beklagte zwischenzeitlich beigetreten war, schloss am 25. Mai 2004 mit ver.di Tarifverträge ua. für die bis zum 31. Dezember 1995 beim TÜV Rheinland e. V. beschäftigten Arbeitnehmer ab. Nach dem Manteltarifvertrag (MTV) betragen das zusätzliche Urlaubsgeld 256,00 Euro (§ 6 Nr. 1 MTV) sowie die vermögenswirksamen Leistungen 39,88 Euro monatlich (§ 9 Nr. 1 Buchst. a MTV). Im Tarifvertrag über die Jahressonderzahlung (TVZ) ist ein jährlicher Betrag von 1.022,00 Euro festgelegt, der mit den Bezügen des Monats November gezahlt wird (§ 2 Nr. 1 TVZ). Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter erhalten jeweils anteilige Leistungen.

5

Die ihm von der Beklagten angebotene Anwendung der tariflichen Vereinbarungen lehnte der Kläger ab.

6

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger auf der Grundlage der in den BV 99 festgelegten Beträgen die Zahlung einer Jahressonderzuwendung für die Jahre 2004 bis 2008 iHv. jeweils 637,48 Euro, Urlaubsgeld für die Jahre 2005 bis 2008 iHv. jeweils 153,36 Euro sowie vermögenswirksame Leistungen für die Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2008 iHv. 19,94 Euro monatlich verlangt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die in den BV 99 geregelten Leistungen beanspruchen, da es sich insoweit um individualisierte Ansprüche handele. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG führe nicht zur Unwirksamkeit der BV 99. Er könne wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit nicht gezwungen werden, die von der Beklagten angebotene Bezugnahme auf die Tarifverträge zu akzeptieren, um sich seine Ansprüche auf Sonderleistungen zu erhalten.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.877,60 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum von 2004 bis 2008 keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, zusätzliches Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen.

12

1. Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.

13

a) Bei den von der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, deren Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).

14

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

15

c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die anwendbaren betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint ist. Die Arbeitsvertragsparteien wollen in der Regel durch eine Bezugnahme auf die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohnehin geltenden kollektiven Regelungen keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese schaffen(BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 26, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die daran anschließende Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Parteien mit der im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vereinbarten Bezugnahme keine konstitutive Verweisung auf die bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geltenden Betriebsvereinbarungen vorgenommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

16

d) Ein Anspruch auf die Gewährung der mit der Zahlungsklage verfolgten Leistungen folgt auch nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. den vor dem Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen.

17

Die vom Kläger beanspruchten Leistungen waren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Betriebsvereinbarungen geregelt. Deren Inhalt wurde aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Trotz der damit verbundenen Transformation in Individualrecht ist ihr Inhalt durch die BV 99 ersetzt worden. Nach der Senatsrechtsprechung ist diese Vorschrift teleologisch darauf zu reduzieren, dass ein danach fortgeltender Anspruch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Betriebserwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung abgelöst werden kann, weil die nunmehr individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses geltenden kollektivrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht weiter geschützt sind, als sie es bei einem Fortbestand beim Erwerber gewesen wären(14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 98, 323). Die vor dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hätten durch die Einigungsstellensprüche abgelöst werden können, wenn sie bei der Beklagten normativ weitergegolten hätten.

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass weder bei der Beklagten noch bei ihrer Rechtsvorgängerin eine Gesamtzusage bestanden hat, wonach den Arbeitnehmern unabhängig von dem Bestehen einer kollektiven Regelung eine Jahressonderzahlung, ein zusätzliches Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Entsprechenden Tatsachenvortrag hat der Kläger nicht gehalten.

19

3. Ein Anspruch aus den BV 99 besteht nicht.

20

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist daher unwirksam(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 1 a aa der Gründe, BAGE 103, 187). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht von der Tarifbindung des Arbeitgebers ab. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

21

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen(GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 30, EzA GG Art. 9 Nr. 105). Ein solches Mitbestimmungsrecht setzt nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG voraus, dass keine zwingende tarifliche Regelung besteht, an die der Arbeitgeber gebunden ist. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, soweit dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht. Etwas Anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 110, 252).

22

c) Die in den BV 99 enthaltenen Regelungen werden von den bei der Beklagten geltenden Tarifnormen verdrängt.

23

aa) Bei der Jahressonderzahlung, dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Ausgestaltung dieser Leistungen durch die Beklagte unterliegt unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht ihres Betriebsrats (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Nach der Senatsrechtsprechung ist der Arbeitgeber bei Leistungen, zu deren Gewährung er weder durch Gesetz noch Vertrag verpflichtet ist, zwar in seiner Entscheidung darüber frei, ob er diese Leistungen erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er mit ihr verfolgt und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Im Rahmen dieser Vorgaben unterliegt aber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Berechnung der einzelnen Leistungen und ihre Höhe im Verhältnis zueinander bestimmt werden soll, der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 382).

24

bb) Die bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen über die Jahressonderzahlung, das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen sind im Umfang des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts abschließend. Der Tarifvertrag legt ihre Verteilung auf die Belegschaft fest, ohne dass insoweit für die Betriebspartner ein Regelungsspielraum verbleibt.

25

cc) Die Verdrängung der zuvor geltenden betrieblichen Regelungen in den BV 99 verletzt nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Klägers.

26

(1) Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Allerdings ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein bloßer Anreiz zum Beitritt zu einer Arbeitnehmerkoalition bewirkt noch keinen unzulässigen Zwang oder Druck (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202).

27

(2) An einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers fehlt es hier schon deshalb, weil er der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht beitreten musste, um die tariflichen Arbeitsbedingungen beanspruchen zu können. Die Beklagte hat dem Kläger den Abschluss eines darauf gerichteten Änderungsvertrags angeboten, was der Kläger jedoch abgelehnt hat.

28

(3) Daneben bewirkt das Regelungssystem von § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG keinen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

29

(a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist geeignet und erforderlich, die Tarifnormen der vorrangig zur Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen aufgerufenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkoalitionen gegen eine konkurrierende betriebliche Rechtssetzung abzusichern. Diese würde den Bestand des Tarifvertragssystems gefährden und zugleich die den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten(BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 7), in Frage stellen.

30

(b) Die mit dem Tarifvorrang verbundenen Auswirkungen für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig. Deren Schutzbedürfnis wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers tarifliche Betriebsnormen für alle Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 TVG). Daneben ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, auch die tariflichen Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG) ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen(BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Klosterkemper    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Kläger war seit Juli 1980 zunächst bei dem TÜV Rheinland e. V. beschäftigt. Zum 1. Januar 1996 ging sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Arbeitsvertrag vom 13. /18. Mai 1980 ist ua. vereinbart:

        

„4.     

Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland.

        

...     

        
        

8.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland, soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.

        

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Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren die Bedingungen für Jahressonderzahlungen, die Urlaubsgeldgewährung sowie für vermögenswirksame Leistungen in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Durch gesonderte Einigungsstellensprüche vom 16. November 1999 (BV 99) wurden diese Leistungen neu geregelt.

4

Der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e.V., dem die Beklagte zwischenzeitlich beigetreten war, schloss am 25. Mai 2004 mit ver.di Tarifverträge ua. für die bis zum 31. Dezember 1995 beim TÜV Rheinland e. V. beschäftigten Arbeitnehmer ab. Nach dem Manteltarifvertrag (MTV) betragen das zusätzliche Urlaubsgeld 256,00 Euro (§ 6 Nr. 1 MTV) sowie die vermögenswirksamen Leistungen 39,88 Euro monatlich (§ 9 Nr. 1 Buchst. a MTV). Im Tarifvertrag über die Jahressonderzahlung (TVZ) ist ein jährlicher Betrag von 1.022,00 Euro festgelegt, der mit den Bezügen des Monats November gezahlt wird (§ 2 Nr. 1 TVZ). Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter erhalten jeweils anteilige Leistungen.

5

Die ihm von der Beklagten angebotene Anwendung der tariflichen Vereinbarungen lehnte der Kläger ab.

6

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger auf der Grundlage der in den BV 99 festgelegten Beträgen die Zahlung einer Jahressonderzuwendung für die Jahre 2004 bis 2008 iHv. jeweils 637,48 Euro, Urlaubsgeld für die Jahre 2005 bis 2008 iHv. jeweils 153,36 Euro sowie vermögenswirksame Leistungen für die Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2008 iHv. 19,94 Euro monatlich verlangt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die in den BV 99 geregelten Leistungen beanspruchen, da es sich insoweit um individualisierte Ansprüche handele. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG führe nicht zur Unwirksamkeit der BV 99. Er könne wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit nicht gezwungen werden, die von der Beklagten angebotene Bezugnahme auf die Tarifverträge zu akzeptieren, um sich seine Ansprüche auf Sonderleistungen zu erhalten.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.877,60 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum von 2004 bis 2008 keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, zusätzliches Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen.

12

1. Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.

13

a) Bei den von der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, deren Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).

14

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

15

c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die anwendbaren betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint ist. Die Arbeitsvertragsparteien wollen in der Regel durch eine Bezugnahme auf die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohnehin geltenden kollektiven Regelungen keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese schaffen(BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 26, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die daran anschließende Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Parteien mit der im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vereinbarten Bezugnahme keine konstitutive Verweisung auf die bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geltenden Betriebsvereinbarungen vorgenommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

16

d) Ein Anspruch auf die Gewährung der mit der Zahlungsklage verfolgten Leistungen folgt auch nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. den vor dem Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen.

17

Die vom Kläger beanspruchten Leistungen waren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Betriebsvereinbarungen geregelt. Deren Inhalt wurde aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Trotz der damit verbundenen Transformation in Individualrecht ist ihr Inhalt durch die BV 99 ersetzt worden. Nach der Senatsrechtsprechung ist diese Vorschrift teleologisch darauf zu reduzieren, dass ein danach fortgeltender Anspruch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Betriebserwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung abgelöst werden kann, weil die nunmehr individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses geltenden kollektivrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht weiter geschützt sind, als sie es bei einem Fortbestand beim Erwerber gewesen wären(14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 98, 323). Die vor dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hätten durch die Einigungsstellensprüche abgelöst werden können, wenn sie bei der Beklagten normativ weitergegolten hätten.

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass weder bei der Beklagten noch bei ihrer Rechtsvorgängerin eine Gesamtzusage bestanden hat, wonach den Arbeitnehmern unabhängig von dem Bestehen einer kollektiven Regelung eine Jahressonderzahlung, ein zusätzliches Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Entsprechenden Tatsachenvortrag hat der Kläger nicht gehalten.

19

3. Ein Anspruch aus den BV 99 besteht nicht.

20

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist daher unwirksam(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 1 a aa der Gründe, BAGE 103, 187). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht von der Tarifbindung des Arbeitgebers ab. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

21

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen(GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 30, EzA GG Art. 9 Nr. 105). Ein solches Mitbestimmungsrecht setzt nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG voraus, dass keine zwingende tarifliche Regelung besteht, an die der Arbeitgeber gebunden ist. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, soweit dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht. Etwas Anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 110, 252).

22

c) Die in den BV 99 enthaltenen Regelungen werden von den bei der Beklagten geltenden Tarifnormen verdrängt.

23

aa) Bei der Jahressonderzahlung, dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Ausgestaltung dieser Leistungen durch die Beklagte unterliegt unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht ihres Betriebsrats (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Nach der Senatsrechtsprechung ist der Arbeitgeber bei Leistungen, zu deren Gewährung er weder durch Gesetz noch Vertrag verpflichtet ist, zwar in seiner Entscheidung darüber frei, ob er diese Leistungen erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er mit ihr verfolgt und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Im Rahmen dieser Vorgaben unterliegt aber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Berechnung der einzelnen Leistungen und ihre Höhe im Verhältnis zueinander bestimmt werden soll, der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 382).

24

bb) Die bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen über die Jahressonderzahlung, das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen sind im Umfang des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts abschließend. Der Tarifvertrag legt ihre Verteilung auf die Belegschaft fest, ohne dass insoweit für die Betriebspartner ein Regelungsspielraum verbleibt.

25

cc) Die Verdrängung der zuvor geltenden betrieblichen Regelungen in den BV 99 verletzt nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Klägers.

26

(1) Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Allerdings ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein bloßer Anreiz zum Beitritt zu einer Arbeitnehmerkoalition bewirkt noch keinen unzulässigen Zwang oder Druck (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202).

27

(2) An einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers fehlt es hier schon deshalb, weil er der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht beitreten musste, um die tariflichen Arbeitsbedingungen beanspruchen zu können. Die Beklagte hat dem Kläger den Abschluss eines darauf gerichteten Änderungsvertrags angeboten, was der Kläger jedoch abgelehnt hat.

28

(3) Daneben bewirkt das Regelungssystem von § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG keinen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

29

(a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist geeignet und erforderlich, die Tarifnormen der vorrangig zur Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen aufgerufenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkoalitionen gegen eine konkurrierende betriebliche Rechtssetzung abzusichern. Diese würde den Bestand des Tarifvertragssystems gefährden und zugleich die den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten(BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 7), in Frage stellen.

30

(b) Die mit dem Tarifvorrang verbundenen Auswirkungen für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig. Deren Schutzbedürfnis wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers tarifliche Betriebsnormen für alle Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 TVG). Daneben ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, auch die tariflichen Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG) ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen(BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Klosterkemper    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2010 - 9 Sa 441/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Kläger war seit Juli 1980 zunächst bei dem TÜV Rheinland e. V. beschäftigt. Zum 1. Januar 1996 ging sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Im Arbeitsvertrag vom 13. /18. Mai 1980 ist ua. vereinbart:

        

„4.     

Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland.

        

...     

        
        

8.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland, soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.

        

...“   

        
3

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren die Bedingungen für Jahressonderzahlungen, die Urlaubsgeldgewährung sowie für vermögenswirksame Leistungen in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Durch gesonderte Einigungsstellensprüche vom 16. November 1999 (BV 99) wurden diese Leistungen neu geregelt.

4

Der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen (ar.di) e.V., dem die Beklagte zwischenzeitlich beigetreten war, schloss am 25. Mai 2004 mit ver.di Tarifverträge ua. für die bis zum 31. Dezember 1995 beim TÜV Rheinland e. V. beschäftigten Arbeitnehmer ab. Nach dem Manteltarifvertrag (MTV) betragen das zusätzliche Urlaubsgeld 256,00 Euro (§ 6 Nr. 1 MTV) sowie die vermögenswirksamen Leistungen 39,88 Euro monatlich (§ 9 Nr. 1 Buchst. a MTV). Im Tarifvertrag über die Jahressonderzahlung (TVZ) ist ein jährlicher Betrag von 1.022,00 Euro festgelegt, der mit den Bezügen des Monats November gezahlt wird (§ 2 Nr. 1 TVZ). Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter erhalten jeweils anteilige Leistungen.

5

Die ihm von der Beklagten angebotene Anwendung der tariflichen Vereinbarungen lehnte der Kläger ab.

6

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger auf der Grundlage der in den BV 99 festgelegten Beträgen die Zahlung einer Jahressonderzuwendung für die Jahre 2004 bis 2008 iHv. jeweils 637,48 Euro, Urlaubsgeld für die Jahre 2005 bis 2008 iHv. jeweils 153,36 Euro sowie vermögenswirksame Leistungen für die Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2008 iHv. 19,94 Euro monatlich verlangt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die in den BV 99 geregelten Leistungen beanspruchen, da es sich insoweit um individualisierte Ansprüche handele. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG führe nicht zur Unwirksamkeit der BV 99. Er könne wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit nicht gezwungen werden, die von der Beklagten angebotene Bezugnahme auf die Tarifverträge zu akzeptieren, um sich seine Ansprüche auf Sonderleistungen zu erhalten.

8

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.877,60 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum von 2004 bis 2008 keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, zusätzliches Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen.

12

1. Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.

13

a) Bei den von der Beklagten im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, deren Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt(BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18).

14

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

15

c) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die anwendbaren betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint ist. Die Arbeitsvertragsparteien wollen in der Regel durch eine Bezugnahme auf die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ohnehin geltenden kollektiven Regelungen keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese schaffen(BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 26, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die daran anschließende Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Parteien mit der im Arbeitsvertrag vom 13./18 Mai 1980 vereinbarten Bezugnahme keine konstitutive Verweisung auf die bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geltenden Betriebsvereinbarungen vorgenommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Gegenteiliges macht auch die Revision nicht geltend.

16

d) Ein Anspruch auf die Gewährung der mit der Zahlungsklage verfolgten Leistungen folgt auch nicht aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. den vor dem Betriebsübergang bestehenden Betriebsvereinbarungen.

17

Die vom Kläger beanspruchten Leistungen waren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Betriebsvereinbarungen geregelt. Deren Inhalt wurde aufgrund des Betriebsübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Trotz der damit verbundenen Transformation in Individualrecht ist ihr Inhalt durch die BV 99 ersetzt worden. Nach der Senatsrechtsprechung ist diese Vorschrift teleologisch darauf zu reduzieren, dass ein danach fortgeltender Anspruch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Betriebserwerber abgeschlossene Betriebsvereinbarung abgelöst werden kann, weil die nunmehr individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses geltenden kollektivrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht weiter geschützt sind, als sie es bei einem Fortbestand beim Erwerber gewesen wären(14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 98, 323). Die vor dem Betriebsübergang abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen hätten durch die Einigungsstellensprüche abgelöst werden können, wenn sie bei der Beklagten normativ weitergegolten hätten.

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass weder bei der Beklagten noch bei ihrer Rechtsvorgängerin eine Gesamtzusage bestanden hat, wonach den Arbeitnehmern unabhängig von dem Bestehen einer kollektiven Regelung eine Jahressonderzahlung, ein zusätzliches Urlaubsgeld oder vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Entsprechenden Tatsachenvortrag hat der Kläger nicht gehalten.

19

3. Ein Anspruch aus den BV 99 besteht nicht.

20

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dem Betriebsrat fehlt die Zuständigkeit für Betriebsvereinbarungen, deren Gegenstand tarifüblich oder bereits in Tarifverträgen geregelt ist (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist daher unwirksam(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 1 a aa der Gründe, BAGE 103, 187). Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht von der Tarifbindung des Arbeitgebers ab. Die Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Zum Schutz der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie ist jede Normsetzung durch die Betriebsparteien ausgeschlossen, die inhaltlich zu derjenigen der Tarifvertragsparteien in Konkurrenz treten würde. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen keine abweichenden oder ergänzenden Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

21

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen(GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134; BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 473/09 - Rn. 30, EzA GG Art. 9 Nr. 105). Ein solches Mitbestimmungsrecht setzt nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG voraus, dass keine zwingende tarifliche Regelung besteht, an die der Arbeitgeber gebunden ist. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, soweit dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht. Etwas Anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 110, 252).

22

c) Die in den BV 99 enthaltenen Regelungen werden von den bei der Beklagten geltenden Tarifnormen verdrängt.

23

aa) Bei der Jahressonderzahlung, dem zusätzlichen Urlaubsgeld sowie den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Ausgestaltung dieser Leistungen durch die Beklagte unterliegt unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht ihres Betriebsrats (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323). Nach der Senatsrechtsprechung ist der Arbeitgeber bei Leistungen, zu deren Gewährung er weder durch Gesetz noch Vertrag verpflichtet ist, zwar in seiner Entscheidung darüber frei, ob er diese Leistungen erbringt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt, welchen Zweck er mit ihr verfolgt und wie der begünstigte Personenkreis abstrakt bestimmt werden soll. Im Rahmen dieser Vorgaben unterliegt aber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Berechnung der einzelnen Leistungen und ihre Höhe im Verhältnis zueinander bestimmt werden soll, der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 23 f., BAGE 135, 382).

24

bb) Die bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen über die Jahressonderzahlung, das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen sind im Umfang des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts abschließend. Der Tarifvertrag legt ihre Verteilung auf die Belegschaft fest, ohne dass insoweit für die Betriebspartner ein Regelungsspielraum verbleibt.

25

cc) Die Verdrängung der zuvor geltenden betrieblichen Regelungen in den BV 99 verletzt nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Klägers.

26

(1) Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Allerdings ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein bloßer Anreiz zum Beitritt zu einer Arbeitnehmerkoalition bewirkt noch keinen unzulässigen Zwang oder Druck (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202).

27

(2) An einem Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers fehlt es hier schon deshalb, weil er der vertragsschließenden Gewerkschaft nicht beitreten musste, um die tariflichen Arbeitsbedingungen beanspruchen zu können. Die Beklagte hat dem Kläger den Abschluss eines darauf gerichteten Änderungsvertrags angeboten, was der Kläger jedoch abgelehnt hat.

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(3) Daneben bewirkt das Regelungssystem von § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG keinen Eingriff in die Koalitionsfreiheit nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

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(a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist geeignet und erforderlich, die Tarifnormen der vorrangig zur Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen aufgerufenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkoalitionen gegen eine konkurrierende betriebliche Rechtssetzung abzusichern. Diese würde den Bestand des Tarifvertragssystems gefährden und zugleich die den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, die Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten(BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - zu B 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 7), in Frage stellen.

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(b) Die mit dem Tarifvorrang verbundenen Auswirkungen für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig. Deren Schutzbedürfnis wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers tarifliche Betriebsnormen für alle Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 TVG). Daneben ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, auch die tariflichen Inhaltsnormen (§ 3 Abs. 1 TVG) ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen(BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 26).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Klosterkemper    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.