Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 16. Aug. 2013 - 1 Ta 332/13
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 01.07.2013 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford über die Aussetzung des Verfahrens vom 03.07.2013 – 2 Ca 281/13 – aufgehoben.
1
Gründe:
2I. Die Parteien streiten in der Hauptsache um Zahlung eines Betrages von 2.100 €, den der Kläger von der Beklagten als Vergütungsanspruch für den Monat Dezember 2012 einfordert. Die Beklagte wendet u.a. ein, sie könne gegen Nettolohnansprüche des Klägers mit Gegenansprüchen aus vorsätzlich begangenen Straftaten aufrechnen. So habe der Kläger am 14.12.2012 einen Betrag in Höhe von 1.900 € unterschlagen, ein Navigationsgerät entwendet und in der Zeit von Oktober bis zum bis Dezember 2012 Kundengelder in Höhe von 5.624,27 € unterschlagen. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt gegen den Kläger unter dem Az 601 Js 144/13.
3Nach vorheriger Anhörung der Parteien hat das Arbeitsgericht die mündliche Verhandlung nach § 149 ZPO bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens mit Beschluss vom 21.06.2013 ausgesetzt, im Wesentlichen mit folgender Begründung:
4Das Gericht könne den Rechtsstreit bei Verdacht einer Straftat aussetzen, wenn laufende staatsanwaltliche Ermittlungen auf die Entscheidung Einfluss haben könnten. Davon sei vorliegend zwingend auszugehen. Insoweit werde auf Schriftsätze vom 18.04.2013 als auch vom 06.06.2013 Bezug genommen. Der Kläger habe dagegen nichts konkret eingewandt.
5Gegen den am 01.07.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, eingegangen am 02.07.2013, im Wesentlichen mit folgender Begründung:
6Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verdacht einer strafbaren Handlung gegeben sei. Hier liege lediglich die Behauptung einer Partei vor, er – der Kläger – habe strafbare Handlungen verwirklicht. Das hingegen rechtfertige eine Aussetzung nicht.
7Mit Beschluss vom 03.07.2013 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht mit folgender Begründung vorgelegt:
8Strafanzeige ist gestellt – s. Schriftsatz vom 18.04.2013, S. 4 und Schriftsatz vom 06.06.2013, S.1. § 149 II ZPO greift zeitlich (noch) nicht ein.
9Die Parteien erhielten in der Beschwerdeinstanz Gelegenheit zu rechtlichem Gehör. Die Beklagte verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss.
10II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 252, 464, 569 ZPO, 78 ArbGG) und damit insgesamt zulässig. Sie ist auch begründet.
11Nach den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 149 Abs. 1 ZPO kann das Arbeitsgericht die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung eines Strafverfahrens anordnen, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist.
12a) Der Anordnung der Aussetzung steht nicht entgegen, dass das staatsanwaltliche Verfahren durch die Strafanzeige der Beklagten vor Anhängigkeit des auszusetzenden Verfahrens eingeleitet worden war. Entgegen dem Wortlaut des § 149 Abs. 1 ZPO können nicht nur solche Verfahren die Aussetzung der Verhandlung rechtfertigen, bei denen sich im Laufe des Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergeben hat, sondern auch diejenigen, bei denen die behauptete und verwirklichte Straftat in tatsächlicher Hinsicht Grundlage für die daraus abgeleiteten Ansprüche ist (Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage, § 149 Rn 3).
13b) Der angegriffene Aussetzungsbeschluss erweist sich als fehlerhaft.
14Eine gerichtliche Entscheidung über eine Aussetzung nach § 149 ZPO ist eine solche, die der richterlichen Ermessensausübung unterfällt (Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage, § 149 Rn 2; LAG Hamm 10.05.2013 - 7 Ta 155/13 – NRW-E; LAG Rheinland-Pfalz, 30.07.2009 – 7 Ta 107/09 – juris). Das Ermessen hat sich dabei innerhalb der gesetzlichen Grenzen zu halten und an dem gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift auszurichten. Dabei hat das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung die Vor- und Nachteile der Aussetzung abzuwägen, insbesondere also die verzögerte Erledigung des Zivilprozesses gegen den möglichen Erkenntnisgewinn aus den besseren Aufklärungsmöglichkeiten, die der strafprozessuale Untersuchungsgrundsatz mit sich bringt (Zöller/Greger, ZPO, 29. Auflage, § 149 Rn 2).
15Das Beschwerdegericht selbst setzt dabei nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensentscheidung des Arbeitsgerichts. Es prüft lediglich, ob das Arbeitsgericht den Ermessensspielraum überschritten oder von seinem Ermessen in einer mit dem Zweck der Ermächtigung nicht in Übereinstimmung zu bringenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. LAG Hamm, LAG Hamm 10.05.2013 - 7 Ta 155/13 – NRWE; 21.03.2011 – 1 Ta 130/11 – NRWE; 18.10.2010 – 1 Ta 494/10 - NRW-E; LAG Nürnberg, 18.09.2006 – 7 Ta 169/06 - juris; LAG Köln, 18.08.2005 – 18(13) Ta 300/05 - LAGE § 148 ZPO 2002 Nr. 3; Hessisches LAG, 07.08.2003 – 11 Ta 267/03 - NZA-RR 2004, 264) oder aber eine Ermessensausübung unterblieben ist (LAG Niedersachsen 04.05.2006 – 12 Ta 47/06 – NRW-E; LAG Köln 17.12.2003 – 3 Ta 384/03 - FA 2004, 128, juris; LAG Hamm 1 Ta 461/02 – 30.07.2002 – NRW-E), die zwingende Voraussetzung für einen wirksamen Aussetzungsbeschluss ist (LAG Köln 18.08.2005 - Az.: 8 (13) Ta 300/05; Dahlem/Wiesner, NZA-RR 2001, 169, 170).
16Der angefochtene Aussetzungsbeschluss lässt nicht erkennen, ob das Arbeitsgericht in eine eigene Ermessensentscheidung eigetreten ist und welche Ermessensüberlegungen es angestellt hat. Damit ist es dem Beschwerdegericht verwehrt, eine Überprüfung des arbeitsgerichtlichen Abwägungsprozesses durchzuführen. Dieser Mangel führt zu Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses (vgl. LAG LAG Niedersachsen 04.05.2006 – 12 Ta 47/06 - LAGE § 148 ZPO 2002 Nr. 3 a).
17Dem arbeitsgerichtlichen Beschluss ist lediglich zu entnehmen, dass davon auszugehen sei, dass die laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen auf die Entscheidung Einfluss haben könnten. Dies ist aber kein Abwägungskriterium, sondern Tatbestandsvoraussetzung für eine Aussetzung nach § 149 Abs. 1 ZPO.
18Der Abwägungsprozess, den das Gericht anzustellen hat und der der Überprüfung unterliegt, wird auch nicht dadurch ersetzt, dass das Gericht in seinem Beschluss vom 21.06.2013 auf Schriftsätze der Beklagten vom 18.04.2013 und 06.06.2013 Bezug nimmt. Im Schriftsatz vom 18.04.2013 sind keine Ausführungen der Beklagten zur Abwägung des Interesses an besseren Erkenntnismöglichkeiten eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und den Nachteilen eines verzögerten Abschlusses des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu entnehmen, die das Arbeitsgericht sich etwa hätte zu eigen machen können. Dort setzt sich die Beklagte mit rechtlichen Fragestellungen auseinander, die ihr zur Rechtsverteidigung dienen.
19Auch dem Schriftsatz vom 06.06.2013 lassen sich keine, auf den konkreten Fall bezogene Abwägungserwägungen entnehmen, die von der Beklagten vorgetragen sind und die sich das Arbeitsgericht hätte zu eigen machen können. So beschränkt sich der Schriftsatz vom 06.06.2013 darauf, die in den Abwägungsprozess möglicherweise einzustellenden Kriterien abstrakt zu benennen, ohne dass deutlich wird, inwieweit sie für den vorliegenden Fall von Relevanz sein könnten. Ohnehin ist unklar, ob das Arbeitsgericht sich diese Abwägungsüberlegungen hat zu eigen machen wollen. Der – kurzen – Begründung der Nichtabhilfeentscheidung lässt sich entnehmen, dass für das Arbeitsgericht der alleine auf der Tatbestandsseite relevante Umstand, dass eine Strafanzeige gestellt ist, ausschlaggebend gewesen ist. Nur dies wird dort unter Bezugnahme auf einzelne Seiten aus den Schriftsätzen der Beklagten zur Begründung ausgeführt und um den – wiederum für den Abwägungsprozess unerheblichen - Aspekt ergänzt, dass § 149 Abs. 2 ZPO noch nicht greife.
20Dem Verfahren ist demgemäß Fortgang zu geben.
21III. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die durch die Beschwerde entstandenen Kosten einen Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits bilden, über die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens in der Entscheidung zur Hauptsache gemäß §§ 91 ff. ZPO zu befinden ist (BGH 12.12.2005 – II ZB 30/04 – NJW-RR 2006, 1289).
22Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 72, 78 ArbGG besteht kein Anlass.
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(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23.03.2009, Az.: 2 Ca 385/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
- 1
Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23.03.2009 ist unbegründet, da das Arbeitsgericht unter Beachtung von §§ 51 Abs. 1 ArbGG, 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Satz 2 ZPO zu Recht ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR gegen die Beklagte verhängt hat, zumal deren Geschäftsführer, trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens und entsprechender Ladung, zu dem Gütetermin vom 23.03.2009 nicht erschienen ist.
- 2
Der Verhängung des Ordnungsgeldes steht § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht entgegen. Demnach kann ein Ordnungsgeld nicht verhängt werden, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist.
- 3
Im vorliegenden Fall war der von der Beklagten entsandte Prozessbevollmächtigte nicht zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage, da er - wie sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 23.03.2009 ergibt - nicht erklären konnte, ob die Unterschrift auf dem von der Klägerin vorgelegten Kündigungsschreiben vom 21.11.2008 eine Originalunterschrift des Geschäftsführers der Beklagten war oder lediglich eine fotokopierte Unterschrift.
- 4
Angesichts des aus § 22 Abs. 2 BBiG resultierenden Schriftformerfordernisses für die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses bedurfte es zum Zeitpunkt der Güteverhandlung der weiteren Sachaufklärung durch das Arbeitsgericht anhand des der Klägerin zugegangenen Kündigungsschreibens. Denn die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift gerügt, ihr sei die Kündigung lediglich in Kopie zugegangen und die Beklagte hatte in ihrem Schriftsatz vom 18.03.2009 unter Beweisantritt vortragen lassen, die ausgehändigte Fotokopie des Kündigungsschreibens weise die Originalunterschrift des Geschäftsführers der Beklagten auf. Auf dem Kündigungsschreiben, das die Klägerin während der Güteverhandlung vorgelegt hat, war aber nicht zu erkennen, ob es mit einer fotokopierten Unterschrift oder einer eigenhändigen Originalunterschrift versehen war. Dies musste dem Geschäftsführer der Beklagten, der diese Unterschrift - in welcher Form auch immer - verwendet hatte, bewusst sein. Mithin hätte er den hieraus resultierenden Aufklärungsbedarf (wann, wie und wo ist das Kündigungsschreiben mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen worden?) durch sein Erscheinen sowie entsprechende Angaben befriedigen müssen. Die bloße Angabe in dem Schriftsatz vom 18.03.2009, die Fotokopie trage die Originalunterschrift des Geschäftsführers der Beklagten, reichte zur Sachaufklärung nicht aus.
- 5
Die Beklagte kann sich im Übrigen auch nicht auf eine gerichtliche Übung berufen, wonach bislang ein hinreichend informierter Vertreter aus der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten von allen Kammern des Arbeitsgerichts Kaiserslautern als Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 ZPO akzeptiert worden sei. Entscheidend ist nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO insoweit, ob im konkreten Einzelfall ein Vertreter entsandt wurde, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage war. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall.
- 6
Für eine Unangemessenheit hinsichtlich der Höhe des verhängten Ordnungsgeldes liegen keine Anhaltspunkte vor.
- 7
Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
- 8
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.
(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Geschäftswert: 10.500,00 €
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Eigentümerin des Wohn- und Geschäftshauses B. straße 15 in S. war. Sie nimmt die Beklagte, eine in der Rechtsform einer GmbH geführte Steuerberatungsgesellschaft , mit der im Jahre 2002 zugestellten Klage aus zwei mit Ablauf des Jahres 2001 beendeten Mietverhältnissen auf Zahlung von Miete und Nebenkosten in Höhe von 43.586,99 € in Anspruch. Die Beklagte hat mit Forderungen aus steuerlicher Beratung aufgerechnet und hilfsweise Widerklage auf Zahlung der Vergütung erhoben.
- 2
- Durch eine Vereinbarung vom 8. Januar 2003 übertrugen die Gesellschafter der Klägerin ihre Gesellschaftsanteile mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 auf den Mitgesellschafter H. -J. L. und beschlossen zugleich "die Auflösung der Gesellschaft". Die bis zum 19. Dezember 2002 begründeten Verbindlichkeiten sollten von "allen bisherigen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligungen" getragen werden; andererseits sollten ihnen die bis zu diesem Zeitpunkt begründeten Mietforderungen aus dem Objekt zustehen. Ab dem 19. Dezember 2002 sollten alle Verbindlichkeiten und Einnahmen auf den Erwerber L. übergehen.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 14. April 2004 ist L. auf Klägerseite als vermeintlicher Rechtsnachfolger in den Rechtsstreit eingetreten und hat eine entsprechende Rubrumsberichtigung angeregt. Die Beklagte beantragt die Aussetzung des Verfahrens, weil die Klägerin durch Abtretung aller Gesellschaftsanteile auf einen Gesellschafter ohne Liquidation erloschen sei (§§ 239, 246 ZPO). Überdies sei die Aussetzung nach § 148 ZPO gerechtfertigt, weil ein von der Klägerin gegen den Geschäftsführer der Beklagten vor dem LG Neuruppin geführter Rechtsstreit für das vorliegende Verfahren vorgreiflich sei. Das Landgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter.
- 4
- II. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, trotz Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile sei L. nicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden. Ziel der Abtretung sei es gewesen, L. das Eigentum an dem Anwesen B. straße 15 als einem bedeutenden Teil der Vermögenswerte der Klägerin zu übertragen. Die bis zum Stichtag des 19. Dezember 2002 begründeten Ansprüche, zu denen auch die Klageforderung gehöre, hätten jedoch der Klägerin als Abwicklungsgesellschaft verbleiben sollen. Da die nicht vermögenslose Klägerin als Liquidationsgesellschaft fortbestehe, scheide eine Aussetzung nach §§ 246, 239 ZPO aus. Im Blick auf das vor dem LG Neuruppin anhängige Verfahren komme eine Aussetzung nach § 148 ZPO mangels Identität der Parteien nicht in Betracht.
- 5
- III. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
- 6
- 1. Die Prüfungsbefugnis des Senats ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde in vorliegender Sache nicht eingeschränkt. Soweit die Aussetzung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist (vgl. etwa §§ 148, 149 ZPO), kann zwar die Entscheidung im Beschwerderechtszug nur auf Ermessensfehler kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt zu prüfen , ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 252 Rdn. 8).
- 7
- 2. Zutreffend führt das Beschwerdegericht aus, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO nicht gegeben sind.
- 8
- Eine Aussetzung des Verfahrens nach dieser Vorschrift kommt nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen der Vorgreiflichkeit im Sinne einer präjudiziellen Bedeutung des in dem anderen Prozess festzustellenden Rechtsverhältnisses in Betracht. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde scheidet eine Aussetzung aus, wenn die in dem anderen Prozess zu treffende Entscheidung auf das vorliegende Verfahren lediglich Einfluss ausüben kann (BGH, Beschl. v. 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHReport 2005, 1000 f.). Die danach zu fordernde Vorgreiflichkeit ist nicht gegeben, weil an dem Rechtsstreit vor dem LG Neuruppin sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite andere Parteien beteiligt sind und dem dortigen Verfahren außerdem ein anderer Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt.
- 9
- 3. Das Verfahren ist jedoch gemäß §§ 246 Abs. 1 Halbs. 2, 239 Abs. 1 ZPO auf Antrag der Beklagten wegen des liquidationslosen Erlöschens der Klägerin auszusetzen.
- 10
- a) Zwar hat das Beschwerdegericht nicht verkannt, dass eine Personengesellschaft bei Abtretung sämtlicher Anteile an einen einzigen Gesellschafter ohne Liquidation untergeht (BGHZ 71, 296, 300; 65, 79, 82 f.) und auf diesen Rechtsübergang während eines Rechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden sind (Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 247/01, WM 2004, 1138 f.; Sen.Beschl. v. 18. Februar 2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 1207). Eine solche Sachverhaltskonstellation ist jedoch, anders als das Berufungsgericht meint, im Streitfall gegeben. Mit seiner Würdigung, dass nach dem Inhalt der Vereinbarung der Parteien vom 8. Januar 2003 der Gesellschafter L. nicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden sei, verletzt das Beschwerdegericht , was im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urt. v. 14. Oktober 1994 - V ZR 196/93, NJW 1995, 45 f.), tragende Grundsätze der Vertragsauslegung.
- 11
- b) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass L. mit Hilfe der Vereinbarung das Eigentum an dem Anwesen verschafft werden sollte, zieht daraus aber nicht die für die Auslegung gebotenen rechtlichen Konsequenzen. Da der Vertragszweck bei einer privatschriftlichen Übertragung allein des Hausgrundstücks mangels Beachtung der notariellen Form (§§ 311 b, 925 BGB) vereitelt würde, ist nach dem Grundsatz der vertragskonformen Auslegung (vgl. BGH, Urt. v. 14. März 1990 - VIII ZR 18/89, NJW-RR 1990, 817 f.; BGH, Urt. v. 3. März 1971 - VIII ZR 55/70, NJW 1971, 1034 f.) einer formlos gültigen Abtretung der Gesellschaftsanteile (BGHZ 86, 367, 369 ff.) der Vorzug zu geben. Das Beschwerdegericht lässt ferner rechtsfehlerhaft den Wortlaut des Vertrages (vgl. BGHZ 124, 39, 44 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068 f.) außer Betracht, der von einer "Übertragung" wie auch einer "Abtretung" der Gesellschaftsanteile spricht und in Verbindung mit dem von den Parteien verfolgten Vertragszweck ein liquidationsloses Erlöschen der Gesellschaft nahelegt. Mit seiner weiteren Würdigung, der Gesellschaft seien als Vermögenswerte die bis zum 19. Dezember 2002 begründeten Mietforderungen verblieben, setzt sich das Beschwerdegericht sogar über den Wortlaut der Vereinbarung hinweg, wonach diese Forderungen an "die bisherigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung" abgetreten wurden. Aufgrund dieser Abtretung und der nachfolgenden - erst zum 31. Dezember 2002 wirksamen - Übertragung der Gesellschaftsanteile auf L. ist der Klägerin kein auseinandersetzbares Vermögen verblieben. Folglich hat L. am 31. Dezember 2002 die Gesellschaftsanteile seiner Mitgesellschafter mit allen Rechten und Pflichten, wobei sich die Zuweisung der Altverbindlichkeiten an die Gesellschafter wegen der fortdauernden Haftung der Gesellschaft und ihres Rechtsnachfolgers L. lediglich als Erfüllungsübernahme (§§ 415 Abs. 3, 329 BGB) darstellt, übernommen. Infolge des durch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile auf den Gesellschafter L. bedingten Erlöschens der Klägerin ist der Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens (§ 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO) begründet.
- 12
- 4. Eine Kostenentscheidung kann nicht ergehen, weil die Ausgangsentscheidung des Landgerichts über die Aussetzung des Verfahrens als Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten durfte und das Beschwerdeverfahren daher nur einen Bestandteil des Hauptverfahrens darstellt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig von dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rdn. 24; MünchKommZPO/Lipp 2. Aufl. (AB) § 575 Rdn. 23 i.V.m. § 572 Rdn. 34).
Gehrlein Reichart
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 25.06.2004 - 12 O 264/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.10.2004 - 3 W 37/04 -
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.