Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Aug. 2014 - 5 Sa 1251/13
Tenor
1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Wesel vom 29.08.2013 - 2 Ca 404/13 - teilweise abgeändert und wie
folgt formuliert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 01.02.2013 weder mit sofortiger Wirkung noch zum 31.03.2013 beendet worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.176,00 € brutto abzüg-
lich am 22.04.2013 gezahlter 1.030,00 € netto zuzüglich 5 % Punkte
Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem
01.02.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.196,80 € brutto zuzüglich 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2013
zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3) Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
1
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über die Frage, ob eine von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung rechtswirksam geworden ist.
3Der am 10.02.1981 geborene Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 03.04.2009 seit dem 14.04.2009 als Lüftungsmonteur bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 03.04.2009 heißt es u.a. wie folgt:
4"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses/Tätigkeit
5Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 14. April 2009 als Lüftungs-
6monteurhelfer eingestellt.
7§ 2 Probezeit/Kündigungsfristen
8Die ersten 4 Wochen/Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probe-
9zeit. Bis zum Ablauf der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis befristet.
10Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit unter Ein-
11haltung einer Frist von 14 Tagen/Wochen gekündigt werden.
12Nach Ablauf der Probezeit und Übernahme in ein festes Beschäftigungs-
13verhältnis beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen/Monate zum Monatsen-
14de. Verlängert sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber aus tarif-
15lichen oder gesetzlichen Gründen, gilt diese Verlängerung auch für den
16Arbeitnehmer.
17Eine Kündigung des Arbeitsvertrages vor Dienstantritt ist ausgeschlos-
18sen.
19Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Ar-
20beitnehmer das 67 Lebensjahr vollendet, ohne das es einer Kündigung
21bedarf…"
22Die Bruttomonatsvergütung des Klägers beträgt derzeit 2.176,00 €. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da die Beklagte weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
23Nachdem es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten über verschiedene, von der Beklagten behauptete Pflichtverletzungen des Klägers gekommen war, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 01.02.2013 (Bl. 10 d.A.). In dem Kündigungsschreiben heißt es u.a. wie folgt:
24"ich sehe mich leider gezwungen, das mit Ihnen bestehende Arbeitsver-
25hältnis außerordentlich fristlos aus wichtigen Gründen zu kündigen. Die
26Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt aufgrund folgender Tatbe-
27stände
28…
29Für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist, kündi-
30ge ich hilfsweise vorsorglich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis
31ordentlich zum nächstmöglichen Termin auf."
32Mit seiner am 15.02.2013 beim Arbeitsgericht Wesel anhängig gemachten Klage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht und u.a. die Zahlung rückständiger Vergütung für Januar und Februar 2013 geltend gemacht.
33Zur hilfsweisen ausgesprochenen ordentlichen Kündigung hat er die Auffassung vertreten, dass sie zu unbestimmt und damit rechtsunwirksam wäre.
34Der Kläger hat beantragt,
351.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis gemäß Kündigung vom 01.02.2013, ihm zugegangen am 02.02.2013, nicht beendet wurde;
362.die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 2.176,76 brutto abzüglich am 22.04.2013 gezahlter EUR 1.030,00 netto zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 01.02.2013 zu zahlen;
373.die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 1.196,80 brutto zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2013 zu zahlen.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen und widerklagend,
40den Kläger zu verurteilen, an sie EUR 6.706,79 zu zahlen und
41zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Ba-
42siszinssatz seit dem 04.04.2013.
43Der Kläger hat beantragt,
44die Widerklage abzuweisen.
45Die Beklagte hat ihre Kündigung für wirksam erachtet und zur ordentlichen Kündigung gemeint, dass sie, da das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei, keiner sozialen Rechtfertigung bedürfe. Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, dass die Kündigungsfrist bestimmbar wäre, sodass auch von daher keine zur Rechtsunwirksamkeit führenden Rechtsfehler erkennbar seien.
46Mit Urteil vom 29.08.2013 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Wesel - 2 Ca 404/13 - die außerordentliche Kündigung für rechtsunwirksam und die ordent-liche Kündigung für wirksam erklärt, die Beklagte zur Zahlung restlicher Vergütung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit noch von Bedeutung, ausgeführt, die Formulierung im Kündigungsschreiben vom 01.02.2013, wonach das Arbeitsverhältnis "zum nächstmöglichen Termin gekündigt werde", lasse hinreichend bestimmbar erkennen, welche Kündigungsfrist gelten sollte. Mangels Anwendbarkeit eines Tarifvertrags sei auch dem Kläger klar gewesen, dass dann nur die gesetz-lichen Kündigungsfristen gelten sollten.
47Der Kläger hat gegen das ihm am 10.10.2013 zugestellte Urteil mit einem am 08.11.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 22.11.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.
48Er wiederholt im Wesentlichen seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint auch weiterhin, dass die Formulierung im Kündigungsschreiben "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" zu unbestimmt gewesen sei. Es erschließe sich gerade nicht zwingend, dass, wenn im Arbeitsvertrag sowohl die Kündigung nach Gesetz als auch nach Tarifvertrag erfolgen könne und die Arbeitgeberin die Kündigungserklärung zum nächstmöglichen Termin ausspreche, ohne ein konkretes Datum zu nennen, dass dann der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer von der Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfrist auszugehen habe. Ob der Tarifvertrag zur Anwendung komme oder nicht, sei dem Arbeitnehmer regelmäßig nicht bekannt und im Ergebnis auch nicht ohne Weiteres für ihn erkennbar. Wenn aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schon die Bestimmtheit der Kündigung fehlen solle, wenn der Kündigungszeitpunkt in der Kündigungserklärung nach verschiedenen Vorschriften erfolgen könne und der Arbeitgeber sich nicht konkret erkläre, wonach er kündigen wolle, dann müsse konsequenterweise erst recht die fehlende vollständige Angabe eines konkreten Kündigungstermins der Kündigung die Bestimmtheit nehmen.
49Der Kläger beantragt,
50in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wesel vom 29.08.2013 wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht
51durch die arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung vom 01.02.2013
52beendet wurde.
53Die Beklagte beantragt,
54die Berufung zurückzuweisen.
55Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls ihren Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug. Sie meint, dass die Formulierung "zum nächstmöglichen Termin" ausreichend erkennbar und bestimmbar zeige, wann das Arbeitsverhältnis letztlich enden sollte. Da die Anwendung eines Tarifvertrages nicht in Frage komme, verbleibe es bei der gesetzlichen Kündigungsfrist in § 622 BGB. Dies sei auch für den Kläger zu erkennen gewesen.
56Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
57E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
58I.
59Die Berufung ist zulässig.
60Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
61II.
62Auch in der Sache selbst war das Rechtsmittel erfolgreich.
63Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 01.02.2013 nicht nach Ablauf einer Kündigungsfrist beendet worden, weil die Kündigungserklärung im Schreiben vom 01.02.2013 nicht ausreichend bestimmt ist und nicht erkennen lässt, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis letztlich beendet werden sollte.
641.Aus der Kündigungserklärung vom 01.02.2013 ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass damit das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2013 enden sollte.
65Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte. Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung u.a. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - DB 2013, 2093; BAG 15.12.2005 - 2 AZR 148/05 - BAGE 116, 336).
66Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. In diesem Sinne ist auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (BAG 20.06.2013, a.a.O.; BAG 15.12.2005 a.a.O.; BAG 21.10.1981
67- 7 AZR 407/79 - juris).
682.Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten erweist sich damit die Kündigungserklärung im Schreiben vom 01.02.2013 als nicht ausreichend bestimmt bzw. nicht ausreichend bestimmbar.
692.1Soweit sich die Beklagte im Kündigungsschreiben mit der Formulierung "zum nächstmöglichen Termin" begnügt hat, reicht dies vorliegend nicht aus, um eine Bestimmbarkeit im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung anzunehmen. Anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (BAG 20.06.2013, a.a.O.) enthält das Kündigungsschreiben keine weiteren Fakten oder Begleitumstände, aus denen sich die Kündigungsfrist ermitteln ließe. Es wird gerade nicht konkret auf etwa § 622 BGB verwiesen oder - wie im BAG-Fall - auf Sonderregelungen in § 113 InsO. Das Kündigungsschreiben der Beklagten enthält vielmehr (nur) den Begriff des "nächstmöglichen Termins", sodass sich weder aus dem Wortlaut noch aus weiteren Begleitumständen die von der Beklagten gewollte Kündigungsfrist ermitteln lässt.
702.2Nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer kann sich die Beklagte auch nicht auf die Angaben im Arbeitsvertrag vom 03.04.2009 berufen, weil auch diese im Ergebnis mehrdeutig sind und eine sichere Aussage über die in Frage kommende Kündigungsfrist nicht enthalten.
712.2.1Die Beklagte verweist allerdings zu Recht darauf, dass der Hinweis auf die "verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen" in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags der Parteien auf die Kündigungsregelungen in § 622 BGB verweisen dürften. Dabei lässt es die erkennende Kammer ausdrücklich offen, ob der alleinige Hinweis auf "gesetzliche Gründe" wie sie sich im Arbeitsvertrag der Parteien wieder finden, ausreichend ist, um als "bestimmbar" anerkannt zu werden. Immerhin wird von den betroffenen Arbeitnehmern dann ja erwartet, dass sie nicht nur das Bürgerliche Gesetzbuch kennen, sondern auch die dort enthaltene Kündigungsfristenregelung in § 622 BGB.
722.2.2Entscheidend ist aber, dass das von der Beklagten gewählte System der Kündigungsfristenregelung in § 2 des Arbeitsvertrags eine Bestimmung der einschlägigen Kündigungsfrist letztlich nicht zulässt.
73In § 2 des Arbeitsvertrages findet sich zunächst eine Regelung der Kündigungsfrist in der Probezeit und dann in § 2 Abs. 2 Satz 1 eine konkrete Regelung der Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit. Danach verweist der Arbeitsvertrag, wie bereits mehrfach ausgeführt, darauf, dass sich dann, wenn die Kündigungsfristen aus gesetzlichen oder tariflichen Gründen länger sein sollten, diese längeren Kündigungsfristen auch für die Arbeitnehmer gelten. Aus Sicht des betroffenen Arbeitnehmers bedeutet dies, dass ab irgendeinem Zeitpunkt, der weder im Arbeitsvertrag noch im Kündigungsschreiben formuliert ist, eine längere Kündigungsfrist gelten soll, die sich dann entweder aus einem Tarifvertrag oder dem Gesetz ergeben könnte.
742.2.3 Genau diese Situation führt dann aber dazu, dass die heranzuziehende Kündigungsfrist letztlich nicht bestimmbar ist. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten ist nämlich davon auszugehen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien möglicherweise doch der für allgemein verbindlich erklärte Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung findet. Nach § 1 des Bundesrahmentarifvertrages (BRTV-Bau) fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich auch solche Betriebe, die "sonstige bauliche Leistungen" erbringen. Bei der Beklagten handelt es sich - unstreitig - um ein Unternehmen, das sich mit Lüftungsbau, Klimatechnik, Kälteanlagen, Brandschutz und Asbestsanierung befasst, sodass die Anwendbarkeit des BRTV-Bau auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zumindest möglich erscheint. Kommt aber eine solche Möglichkeit in Betracht - wobei eine Klärung gegebenenfalls auch erst nach differenzierter rechtlicher Prüfung möglich ist - dann ist für den Kläger eben nicht bestimmbar, ob das Gesetz oder der Tarifvertrag zur Anwendung kommen soll und welche Kündigungsfrist dann bei seiner Kündigung heranzuziehen ist. Dass je nach Länge der Betriebszugehörigkeit die Kündigungsfristen aus dem Tarifvertrag und § 622 BGB teilweise identisch sein könnten, spielt dann keine Rolle, weil die Beurteilung der Bestimmtheit oder der Bestimmbarkeit nicht von derartigen Zufälligkeiten abhängig gemacht werden kann.
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
76Die erkennende Kammer hat die Revision für die Beklagte zugelassen, weil sie das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht hat, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
77RECHTSMITTELBELEHRUNG
78Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
79R E V I S I O N
80eingelegt werden.
81Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
82Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
83Bundesarbeitsgericht
84Hugo-Preuß-Platz 1
8599084 Erfurt
86Fax: 0361-2636 2000
87eingelegt werden.
88Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
89Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
901.Rechtsanwälte,
912.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
923.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
93In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
94Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
95Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
96* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Aug. 2014 - 5 Sa 1251/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 01.02.2013, zugestellt am 02.02.2013, mit dem 31.03.2013 sein Ende gefunden hat.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.167,00 € brutto abzüglich am 22.04.2013 gezahlter 1.030,00 € netto zzgl. 5% Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 01.02.2013 zu zahlen.
3.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.196,80 € brutto zzgl. 5% Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2013 zu zahlen.
4.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5.Die Widerklage wird abgewiesen.
6.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 14 % und die Beklagte zu 86 %.
7.Streitwert: 15.578,35 €
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung, um Lohnansprüche und um Gegenansprüche der Beklagten gegen den Kläger.
3Der 32-jährige Kläger ist seit dem 14.04.2009 bei der Beklagten als Lüftungsmonteurhelfer, zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von ca. 2.176.- €, beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der am 03.04.2009 abgeschlossene Arbeitsvertrag zu Grunde (Bl. 8 9 GA). Die Vergütung erfolgt auf Stundenbasis gemäß Z. 3 des Arbeitsvertrages zu einer Bruttostundenlohnvergütung i.H.v. 13,60 € auf Basis einer 40 Stundenwoche. Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.
4Laut § 2 des Arbeitsvertrages gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach Ablauf der Probezeit (Bl. 8 GA).
5Die Beklagte hat dem Kläger immer wieder Bargeld zur Verfügung gestellt, mit dem er das Firmenfahrzeug betanken sollte. Danach sollte der Kläger der Beklagten die entsprechenden Tankbelege aushändigen. Über den Umfang sowohl der Barauszahlungen als auch der übergebenen Tankbelege besteht zwischen den Parteien Streit.
6Der Kläger ist seit dem 20.09.2012 fortlaufend arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 01.01.2013 besteht eine neue Ersterkrankung. Der Kläger hat der Beklagten gegenüber seine Arbeitsunfähigkeit bis zum 08.02.2013 nachgewiesen, was von der Beklagten zumindest bezüglich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 17.01.2013 bestritten wird.
7Die Beklagte erteilte dem Kläger am 26. und 28.01.2013 Abmahnungen (Bl. 11/12 GA), die die Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und den fehlerhaften Umgang mit Reisekostenbelegen und Tankquittungen betreffen.
8Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 01.02.2013, dem Kläger zugegangen am 02.02.2013.
9Mit Schriftsatz vom 06.02.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Wesel am 15.02.2013, erhob der Kläger Kündigungsschutzklage.
10Im Wege einer einstweiligen Verfügung trieb der Kläger einen Abschlag auf den Januarlohn i.H.v. 1.030 € netto ein.
11Mit Schreiben vom 28.03.2013 kündigt die Beklagte Widerklage gegen den Kläger an mit dem Antrag, diesen zu verurteilen, an sie 6.706,59 € zu zahlen.
12Mit Klageerweiterung vom 30.04.2013 macht der Kläger sein restliches Januargehalt und sein Februargehalt bis einschließlich 15.02.2013 geltend.
13Der Kläger ist der Auffassung, dass die fristlose Kündigung mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam ist.
14Er behauptet, der Beklagten seine Arbeitsunfähigkeit durchgehend bis zum 08.02.2013 nachgewiesen zu haben (im einzelnen Bl. 5/6 GA). Er habe entsprechend der von der Beklagten gezahlten Vorschüssen die tatsächlich angefallenen Aufwendungen in Form von Tankquittungen belegt. Soweit die Beklagte auf Differenzbeträge i.H.v. 1.970,79 € verweise, sei dies nicht nachvollziehbar und werde inhaltlich bestritten. Zahlungen und Rechnungen seien nach Maßgabe der vom Kläger eingereichten Quittungen erfolgt und Differenzbeträge hätten sich in der Vergangenheit bisher nicht ergeben.
15Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung ist der Kläger der Ansicht, dass diese zu unbestimmt sei, da sich aus der Kündigungserklärung ergeben müsse, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden solle. In diesem Zusammenhang stützt sich der Kläger auf die neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Frage der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung, 6 AZR 805/11. Das Bundesarbeitsgericht habe hier auch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung zum "nächstmöglichen Zeitpunkt" zu entscheiden gehabt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Kündigung mit Blick auf die weiteren zusätzlichen Angaben des Arbeitgebers wirksam sei. Die Beklagte habe aber keine weiteren entsprechenden Angaben in die Kündigung aufgenommen, sondern nur lapidar zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt.
16Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass seine Gehaltsansprüche bis zum 15.02.2013 selbst bei Zugrundelegung der fristlosen Kündigung gerechtfertigt seien (Bl. 116 GA). Nach Maßgabe des Arbeitsvertrages seien pro Monat 160 Stunden à 13,60 € zu vergüten, was in Summe 2.176 € brutto ausmache. Bis zum 15.02.2013 seien 88 Stunden also mithin 1.196,80 € brutto zu vergüten.
17Der Kläger beantragt,
181.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis gemäß Kündigung vom 01.02.2013, ihm zugegangen am 02.02.2013, nicht beendet wurde;
192.die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 2.176,76 brutto abzüglich am 22.04.2013 gezahlter EUR 1.030,00 netto zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 01.02.2013 zu zahlen:
203.die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 1.196,80 brutto zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2013 zu zahlen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen und widerklagend,
23den Kläger zu verurteilen, an sie EUR 6.706,79 zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2013.
24Der Kläger beantragt,
25die Widerklage abzuweisen.
26Sie ist der Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung sein Ende gefunden habe.
27Grund für die fristlose Kündigung sei unter anderem, dass der Kläger die fehlenden Tankbelege nicht vorgelegt habe. Auch habe er seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verspätet vorgelegt (Bl. 21 GA). Laut Kündigungsschreiben wertet die Beklagte das Verhalten des Klägers als Arbeitsverweigerung.
28Zudem sei dem Kläger ein erheblicher Wettbewerbsverstoß vorzuwerfen. Der Beklagten sei zu Ohren gekommen, dass der Kläger bereits im Juli 2012 den Projektleiter H. der Z., mit dem die Beklagte geschäftliche Beziehungen pflege, darüber informiert habe, dass er eine Firma im Segment der Beklagten gründen wolle. Im Oktober 2012 sei der Kläger wieder an den Projektleiter H. herangetreten mit der Frage, ob die Z. nicht Arbeit für ihn habe. Zur Kontaktaufnahme habe der Kläger Herrn H. zugesagt, ihm die Firmendaten noch zukommen zu lassen. In diesem Zusammenhang hätten auch Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, vom Bauleiter der Z. darauf angesprochen worden zu sein, dass sich der Kläger selbstständig machen wolle. Daraus schließt die Beklagte, dass der Kläger nachweislich in der Vergangenheit ernsthaft darum bemüht gewesen sei, mit der Beklagten in Wettbewerb zu treten. Obwohl in diesem Zusammenhang lediglich ein einziger Fall geschildert werden könne, sei davon auszugehen, dass dies nicht der einzige Versuch des Klägers gewesen sei, mit der Beklagten in Konkurrenz zu treten. Daher sei es der Beklagten nicht zuzumuten, den Kläger weiterzubeschäftigen. Dieser Kündigungsgrund sei auch nachzuschieben, da die Beklagte hiervon erst nach der Kündigung vom 01.02.2012 Kenntnis erlangt habe.
29Zudem sei die Widerklage in vollem Umfang berechtigt.
30Zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass die beruflich anfallenden Tankkosten bezogen auf das Firmenfahrzeug von der Beklagten zu zahlen seien. Die Beklagte habe auf Zuruf insgesamt 5.100 € an den Kläger gezahlt und warte bis heute auf ordnungsgemäße Abrechnung des Klägers zu den tatsächlich angefallenen Tankkosten. Diese habe der Kläger nur i.H.v. 3.129,21 € belegt, so dass eine Überzahlung i.H.v. 1.970,79 € stattgefunden habe (Auflistung Bl. 40 GA).
31Zudem habe die Beklagte dem Kläger drei Arbeitgeberdarlehen zur Verfügung gestellt. Eines i.H.v. 1.000 €, ein zweites zur Finanzierung seines Führerscheins i.H.v. 1.500 € und ein weiteres zum Kauf eines Motorrades in Höhe von weiteren 800 €, so dass dem Kläger insgesamt Darlehen i.H.v. 3.300 € bereitgestellt worden seien. Es sei eine Rückzahlung in Teilbeträgen à 100 € pro Monat vereinbart worden, so dass noch eine Restschuld i.H.v. 1.200 € bestehen (Auflistung Bl. 59 GA). Insofern verweist die Beklagte auf die vorgelegten Lohnabrechnungen März 2011 bis Januar 2013 (Bl. 61-83 GA).
32Zudem weise das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Negativsaldo i.H.v. 260 Stunden aus (Bl. 59 GA), so dass diesbezüglich ein Rückforderungsanspruch der Beklagten i.H.v. 3.536 € bestehe.
33Hinsichtlich der eingeforderten Bruttozahlungen trägt die Beklagte vor, dass sie für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 70 % von der AOK bekomme, was dazu geführt habe, dass die Beklagte für 2 Lohnfortzahlungszeiträume bezüglich des Klägers bei der AOK ein Guthaben in Höhe von insgesamt 1.817,58 € habe. Daher seien die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers bezüglich der Monate Januar und Februar in voller Höhe bereits aus diesem Guthaben ausgeglichen, so dass der Kläger lediglich den um die auf ihn anfallenden Sozialversicherungsabgaben bereinigten Bruttolohnansprüche beanspruchen könne (Beitragsnachweis Bl. 150 GA).
34Die Steueransprüche seien ebenfalls gegenüber dem Finanzamt erfüllt, da die Beklagte ein erhebliches "Vorsteuerguthaben" habe, da die in ihren Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern von ihren Kunden als Steuerschuldner abzuführen sein. Dieses Guthaben könnte mit den Lohnsteuerforderungen verrechnet werden.
35Auf den Vortrag der Beklagten erwiderte der Kläger, dass die vorgelegten Rechnungen offensichtlich erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Anpassung an den Vortrag der Beklagten gefertigt worden seien. Dies ergebe sich insbesondere daraus, nun dass die Beklagte selbst vorgetragen habe, nicht in der Lage gewesen zu sein, Abrechnung zu fertigen. Zudem hätten die dem Gericht im Gütetermin vorgelegten Unterlagen abweichende Zahlungen aufgewiesen.
36Zu den Widerklageforderungen trägt der Kläger vor, dass er tatsächlich vorschussweise Geld für den Fahrtkostenaufwand von der Beklagten erhalten habe. Diese Vorschusszahlungen seien dann mit den meist höheren Tankkosten zu einem späteren Zeitpunkt, meist nach Beendigung des Auftrages, unter Vorlage der Tankquittungen abgerechnet worden. Die Zahlung der Abschläge sei zumeist per Anweisung, teils aber auch in bar, wenn sich dies zeitlich nicht mehr anders habe einrichten lassen, erfolgt. Diese Barzahlungen seien stets unquittiert geblieben. Das gleiche gelte für die von ihm eingereichten Tank-belege, so dass der Kläger daher nur unterstellen könne, dass die von der Beklagten bestätigten Tankquittungen, die tatsächlich von ihm eingereichten Belege seien.
37Hinsichtlich seiner Gehaltszahlungen behauptet der Kläger, die Beklagte habe monatlich pauschal 500 € angewiesen. Die weiteren auf Gehaltsbeträge seien in Stückbeträgen in bar, wie die Beklagte habe zahlen können, ausgezahlt worden. Auch diese Beträge seien unquittiert geblieben. Er behauptet weiter, dass die Mitarbeiter hinsichtlich der Abrechnungen vertröstet worden sein, so dass der Kläger auch bisher nicht in der Lage gewesen sei, seine monatlichen Lohnansprüche nachzuvollziehen, dies insbesondere in Anbetracht der zu leistenden Überstunden.
38Aufgrund des Zeitablaufes sei das Zahlenwerk der Beklagten für den Kläger nicht nachvollziehbar, was auch für die angeblichen Arbeitgeberdarlehen gelte.
39Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass er allein für ein gebrauchtes Quad im Januar 2012 insgesamt 800 € kreditiert. Dieser Betrag sei abredegemäß im Wege der Verrechnung mit Lohnansprüchen i.H.v. 100 € monatlich abgetragen worden und damit bereits im August 2012 getilgt gewesen.
40Hinsichtlich des negativen Arbeitszeitkontos behauptet der Kläger, dass eine dahingehende Vereinbarung nicht bestanden habe und auch dem Arbeitsvertrag nicht zu entnehmen sei. Die Überstunden sollten vielmehr regelmäßig ausgezahlt werden. Diesbezüglich fehle es auch an der Nachvollziehbarkeit der Stundenaufstellung.
41Zur Ergänzung des Sach-und Streitstandes wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43I.
44Der Kläger hat mit seiner Kündigungsschutzklage nur teilweise Erfolg.
45Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird nicht durch die außerordentliche Kündigung sondern erst durch die ordentliche Kündigung wirksam beendet.
461.
47Die Beklagte hatte keinen Grund zur außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
48Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., BAG Urteil vom 16.12.2010 - 2 AZR 485/08;JURIS; Urteil vom 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; Urteil vom 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21 m.w.N., AP BGB § 626 Nr. 220; Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 17, BAGE 118/10).
49In Anwendung dieser Grundsätze ist der Vortrag der Beklagten nicht geeignet, die außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
50a)Soweit die Beklagte die fristlose Kündigung damit begründet, das Verhalten des Klägers stelle eine Arbeitsverweigerung dar, ist dies kein wichtiger Grund im Sinne von § 646 BGB zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
51Wie die Beklagte in der Kündigung vom 01.02.2013 selbst schreibt, endete die letzte Krankmeldung zum 31.01.2013. Die Beklagte kündigte also am 1. Februar, da sich der Kläger weder bei ihr, noch einem Mitarbeiter, wie über Facebook mitgeteilt, zwecks Arbeitsaufnahme gemeldet habe.
52Der Kläger hat aber in der Klageschrift bereits dargelegt, dass er vom 02.01.2013 durchgehend bis zum 08.02.2013 von seinem Arzt krankgeschrieben worden sei, und dass diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch jeweils der Beklagten per Einschreiben zugestellt worden seien. Diese Behauptung ist von der Beklagten nicht bestritten, sie rügt vielmehr in ihrem gerichtlichen Schreiben vom 24.02.2013 (Bl. 21 GA) nur allgemein den schleppenden Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch den Kläger.
53Die Kammer muss also davon ausgehen, dass der Kläger bis zum 08.02.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben war, so dass kein Raum für eine Arbeitsverweigerung seitens des Klägers besteht.
54b)Auch der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe auch nach Aufforderung fehlende Tankbelege nicht vorgelegt, kann die fristlose Kündigung nicht begründen.
55Die Beklagte behauptet, Vorauszahlungen für das Betanken des Firmenwagens an den Kläger i.H.v. 5.100 € in bar geleistet zu haben. Der Kläger bestreitet Vorauszahlungen in dieser Höhe. Da die Beklagte diese Vorauszahlungen jeweils ohne Quittung an den Kläger ausgezahlt hat, und auch keinen anderen Beweis für die Übergabe des Geldes bieten kann, bleibt die beweisbelastete Beklagte beweisfällig, dass überhaupt eine Differenz zwischen dem ausgezahlten Geld und den vom Kläger vorgelegten Tankquittungen gegeben ist.
56Die Kammer kann daher nicht von einem Fehlverhalten seitens des Klägers ausgehen, zumal es sich insoweit wohl ohnehin nur um einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten handeln würde, der ohnehin keine fristlose Kündigung begründen könnte.
57Denn eine Unterschlagung des überschüssigen Betrages wirft die Beklagte dem Kläger mit der Kündigung nicht vor und auch im weiteren Verfahrensablauf nicht vor.
58c) Auch der von der Beklagten vorgetragene angebliche erhebliche Wettbewerbsverstoß des Klägers kann die fristlose Kündigung nicht begründen.
59Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (st. Rspr., BAG Urteil vom 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN, AP BGB § 626 Nr. 213 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 21). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken: Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (Senat 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - Rn. 20, EzA BGB § 626 nF Nr. 162; 26. Januar 1995 - 2 AZR 355/94 - Rn. 21, EzA BGB § 626 nF Nr. 155). Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (Senat 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - Rn. 20, aaO; BAG 16. Januar 1975 - 3 AZR 72/74 - AP HGB § 60 Nr. 8). Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten (vgl. Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN, aaO). Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, z.B. durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15, aaO, BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 -, juris).
60In Anwendung dieser Grundsätze kann auch dieses von der Beklagten dargelegte Verhalten des Klägers die fristlose Kündigung nicht begründen.
61Die Beklagte hat dargelegt, dass der Kläger mehrfach an den Mitarbeiter H. eines Konkurrenzunternehmens herangetreten sei und ihn darüber informiert habe, dass er eine Firma gründen wolle, bzw. dass er sich bereits selbstständig gemacht habe. In diesem Zusammenhang habe er um Arbeit gebeten. Die Beklagte trägt selbst weiter vor, dass Herr H. hierfür die Firmendaten des Klägers benötige und der Kläger diese noch zukommen lassen wolle.
62Nach den eigenen Darlegungen der Beklagten hat eine Übergabe der Firmendaten des Klägers noch nicht stattgefunden und im Zuge dessen auch noch keine ernsthaften Gespräche über eine eventuelle Arbeitsübernahme, da er die Übergabe der Firmendaten für Herrn H. Voraussetzung für einen Auftrag war.
63Selbst nach den eigenen unbestrittenen Aussagen der Beklagten liegt noch kein Wettbewerbsverstoß von Seiten des Klägers vor. Seitens des Klägers ist dies allenfalls als Vorbereitungshandlung zu sehen oder als "Vorfühlen". Die Kontaktaufnahme des Klägers mit der Konkurrenz der Beklagten hatte noch gar keine konkreten Ausmaße angenommen, der Kläger ist noch nicht aktiv in Form von konkreter Abwerbung oder tatsächlichen Vertragsverhandlungen in den Kundenkreis der Beklagten eingedrungen. Wie soll auch das Konkurrenzunternehmen der Beklagten mit einem neuen Vertragspartner verhandeln, der ihm noch nicht einmal seinen Namen genannt hat. Der Kläger war nach den eigenen Darlegungen der Beklagten für den Kunden der Beklagten nicht erreichbar, so dass ein Geschäft zulasten der Beklagten gar nicht hätte zustande kommen können. Eine Gefahr für den Geschäftsbetrieb der Beklagten lag daher noch in keinem Fall vor.
64Mangels eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB konnte die Beklagte somit das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht fristlos kündigen.
652.
66Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten ist jedoch wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.03.2013.
67Mit dem Kündigungsschreiben vom 01.02.2013 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis hilfsweise vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Termin aufgekündigt (Bl. 10 GA).
68Da auf das Arbeitsverhältnis der Parteien das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann die Beklagte dieses ohne die Nennung von Gründen kündigen.
69Entgegen den Bedenken des Klägers fehlt es der Kündigung nicht an der erforderlichen Klarheit.
70Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen Kündigungserklärungen klar und eindeutig sein, damit sie das Arbeitsverhältnis auflösen, da die Kündigung ein erheblicher Eingriff in die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darstellt. Dieser Eingriff geschieht einseitig, da derjenige, der der Kündigung ausgesetzt ist, weder deren Zeitpunkt noch deren Inhalt bestimmen kann. Da er aber wissen muss, woran er ist, geht jede Unklarheit zu Lasten des Kündigenden (vergleiche nur BAG Urteil vom 01.06.1959, DB 59, 892).
71Aus der Erklärung der Beklagten ergibt sich eindeutig, dass sie das Arbeitsverhältnis auch ordentlich kündigen will. Bedenken könnten allenfalls hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes bestehen.
72Der Kündigung fehlt die erforderliche Bestimmtheit jedenfalls dann, wenn in ihr mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgeführt sind und für den Betroffenen nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll.
73Eine Kündigung ist als empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß § 133 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger aufgrund des aus der Erklärung erkennbaren Willens des Kündigenden unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Grundsätze von Treu und Glauben vernünftigerweise verstehen konnte. Dabei dürfen nur solche Begleitumstände berücksichtigt werden, die dem Kündigungsempfänger auch erkennbar waren (BAG 02. März 1973 - 3 AZR 325/72). Die Kündigung muss so hinreichend bestimmt und deutlich sein, dass der Gekündigte Klarheit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhält. Die Kündigung muss also zweifelsfrei erklärt werden. Aus einer Kündigungserklärung muss sich ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24). Ist eine "ordentliche" Kündigung ohne aus der Erklärung oder deren Begleitumständen zu entnehmenden bestimmten oder bestimmbaren Kündigungstermin erklärt worden, steht das Bestimmtheitsgebot der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem rechtlich einschlägigen Termin entgegen. Es ist nicht die Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem Kündigungstermin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte (vgl. BAG 01. September 2010 - 5 AZR 700/09 Rn. 27, zuletzt Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 06. April 2011 - 6 Sa 9/11 -, juris).
74Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen liegt entgegen der Ansicht des Klägers eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung vor.
75Im Gegensatz zu dem vom Kläger zitierten Fall (LAG Hamm - 6 Sa 9/11 - a.a.o.) bestehen vorliegend gar keine Alternativen bezüglich des Beendigungszeitpunktes. Hier wurde in der Kündigung Bezug genommen auf gesetzliche Kündigungsfristen nach § 622 BGB, nach § 113 InsO und auch auf solche aus dem Arbeitsvertrag. In diesem Fall könnte es tatsächlich problematisch für den Kündigungsempfänger gewesen sein, den Beendigungszeitpunkt zu bestimmen.
76Im Gegensatz dazu gab es jedoch in vorliegendem Fall diesbezüglich gar keine Bedenken, da im Arbeitsvertrag klar geregelt war, dass die Kündigungsfristen nach den tariflichen bzw. gesetzlichen Gründen gelten (Bl. 8 GA). Mangels Anwendung eines Tarifvertrages gelten für das vorliegende Arbeitsverhältnis daher die gesetzlichen Kündigungsfristen, also nach der Beschäftigungszeit des Klägers von mehr als 3 Jahren die von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats gemäß § 622 Abs. 2 Ziff. 2 BGB.
77Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat also durch die ordentliche Kündigung der Beklagten mit dem 31.03.2013 sein Ende gefunden.
78II.
79Die Zahlungsansprüche des Klägers sind in vollem Umfang begründet.
801.
81Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des Januargehalts i.H.v. 2.176,76 € brutto abzüglich der bereits von der Beklagten gezahlten 1.030 € netto.
82Dieser Anspruch steht dem Kläger gemäß §§ 3,4 EntgeltfortzahlungsG zu. Wie oben festgestellt, war der Kläger unstreitig bis zum 08.02.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben, so dass ihm daher aufgrund seiner Erkrankung Lohnfortzahlungsansprüche zustehen.
83Der Kläger berechnet den ihm zustehenden Monatslohn aufgrund der vereinbarten Vergütung von 13,60 € bei einer monatlichen Stundenleistung von 160 Stunden, so dass sich die begehrte Summe ergibt. Da der Kläger 1.030 € netto bereits aufgrund einer einstweiligen Verfügung eingetrieben hat, ist diese Summe in Abzug zu bringen.
84Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.
852.
86Dem Kläger steht auch die Zahlung von 1.196,80 € brutto als Vergütung für den 1. bis 15. Februar zu.
87Der Kläger berechnet für den 1. bis 15.02.2011 korrekterweise 11 Tage á 8 Stunden, so dass sich die klageweise geltend gemachte Summe ergibt (88 × 13,60 €).
88Die Zahlungsansprüche vom 01. bis zum 08.02.2013 stehen dem Kläger - wie unter II/1. dargestellt - gemäß §§ 3, 4 EntgeltfortzahlungsG zu, die weiteren Ansprüche bis zum 15.02.2013 hat der Kläger wegen der ungerechtfertigterweise ausgesprochenen fristlosen Kündigung aufgrund von Annahmeverzug.
89Auch hier ergibt sich der Zinsanspruch aus § 288 Abs. 1 BGB.
903.
91Bezüglich der Zahlungsansprüche des Klägers konnte die Beklagte nicht mit ihrem Einwand durchdringen, sie sei nur verpflichtet, die Nettolöhne an den Kläger zu leisten. Sie begründet dies damit, dass sie sowohl gegenüber der Krankenversicherung als auch gegenüber dem Finanzamt Gegenforderung habe, die zu verrechnen seien.
92Da aber grundsätzlich der Arbeitgeber ohnehin nur den Nettolohn an seinen Arbeitnehmer auszahlt, und die Arbeitgeberanteile direkt an die entsprechenden Sozialversicherungsträger und das Finanzamt abführt, war die Beklagte insofern nicht schützenswert, denn sie befriedigt die tenorierten Ansprüche des Klägers durch Nettoleistung an ihn und kann die entsprechenden Arbeitgeberanteile mit der Krankenversicherung und dem Finanzamt entsprechend ihrer eigenen Aufstellungen tatsächlich verrechnen.
93III.
94Die Widerklage der Beklagten ist zwar zulässig aber insgesamt unbegründet. Der Beklagten stehen keine Zahlungsansprüche gegen den Kläger zu.
951.
96Der Beklagten und Widerklägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von 1.970,79 € gegen den Kläger und Widerbeklagten aufgrund Überzahlung von Tankvorschüssen zu.
97Die Beklagte und Widerklägerin hat in keinster Weise dargelegt, dass sie auf Zuruf insgesamt 5.100 € an den Kläger und Widerbeklagten gezahlt habe, die dieser nicht mit vorgelegten Tankquittungen belegt habe. Die Beklagte hat zwar eine Aufstellung der gezahlten Tankvorschüsse vorgelegt, konnte aber die tatsächliche Zahlung nach Bestreiten des Klägers weder ausreichend substantiiert darlegen noch beweisen.
982.
99Auch die Restzahlung für geleistete Darlehen i.H.v. 1.200 € steht der Beklagten und Widerklägerin nicht zu.
100In diesem Zusammenhang hat die Beklagte und Widerklägerin noch nicht einmal ausreichend dargelegt, dass sie dem Kläger und Widerbeklagten die behaupteten 3 Darlehen in Höhe von insgesamt 3.300 € zur Verfügung gestellt habe. Nach Bestreiten des Klägers und Widerbeklagten bessert die Beklagte und Widerklägerin ihren Vortrag diesbezüglich nicht nach und trat auch keinerlei Beweis an.
1013.
102Auch die Rückzahlungsansprüche der Beklagten und Widerklägerin aufgrund von Überzahlung i.H.v. 3.536 € kann diese nicht vom Kläger und Widerbeklagten zurückfordern.
103Die Beklagte und Widerklägerin begründet diese Ansprüche damit, dass das Arbeitszeitkonto des Klägers und Widerbeklagten ein Negativsaldo von 260 Stunden ausweise.
104Nachdem der Kläger bestritten hat, dass überhaupt eine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto getroffen worden sei, besserte die Beklagte und Widerklägerin ihren Vortrag diesbezüglich nicht nach und trat auch keinerlei Beweis an.
105Die Beklagte und Widerklägerin ist hier darlegungs- und beweisfällig, denn der Arbeitgeber darf das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers nur mit Minusstunden verrechnen, wenn ihm die der Führung des Arbeitszeitkontos zu Grunde liegende Vereinbarung die Möglichkeit dazu eröffnet (vgl nur: BAG Urteil vom 21.03.2012 - 5 AZR 676/11, juris).Hierzu fehlt jedwede Darlegung.
106Da die Beklagte und Widerklägerin für ihre Ansprüche darlegungs- und beweispflichtig ist, war der Anspruch entsprechend abzuweisen.
107IV.
108Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG aufgrund des teilweisen Unterliegens des Klägers mit dem Klageantrag zu 1.
109Der Streitwert gem. §§ 3 ZPO, 63 GKG ist im Urteil festzusetzen (§ 61 Abs. 1 ArbGG) und errechnet sich nach § 42 Abs. 4 GKG aus der Höhe des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts für den Antrag zu 1. und für die restlichen Klageanträge aufgrund der eingeklagten Summen.
110RECHTSMITTELBELEHRUNG
111Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
112Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
113Landesarbeitsgericht Düsseldorf
114Ludwig-Erhard-Allee 21
11540227 Düsseldorf
116Fax: 0211-7770 2199
117eingegangen sein.
118Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
119Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
120Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1211.Rechtsanwälte,
1222.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1233.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
124Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
125* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
126U.
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- 1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, - 2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- 1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; - 2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Tenor
-
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. April 2011 - 6 Sa 9/11 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. Dezember 2010 - 2 Ca 1002/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
-
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.
- 2
-
Die Klägerin war seit 1. August 1987 bei der E GmbH (Schuldnerin) und deren Rechtsvorgängerin als Industriekauffrau beschäftigt. Die Schuldnerin vertrieb Teppiche. Für sie waren regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer tätig.
- 3
-
Der Arbeitsvertrag vom 22. November 1990 sieht ua. vor:
-
„Tätigkeit und Aufgabengebiet
…
2.
Die Gesellschaft behält sich vor, dem Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens bei unveränderten Bezügen auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Eine Versetzung an einen anderen Ort kann nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter erfolgen.
...
Vertragsdauer und Kündigung
1.
Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Vierteljahresschluß durch schriftliche Erklärung gekündigt werden.
…
...“
- 4
-
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 28. Januar 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
- 5
-
Die F GmbH, die Linoleumfußböden vertreibt, teilte der Geschäftsführung der Schuldnerin mit, bei ihr fielen erhebliche Arbeitsmengen an. Es bestehe jedoch ein Einstellungsstopp. Die Klägerin war deshalb zunächst bis 31. August 2010 in den Räumen der Schuldnerin für die F GmbH tätig und in deren Betriebsabläufe eingebunden. Das Arbeitsentgelt leistete der Beklagte an die Klägerin. Die Vergütung wurde von der F GmbH erstattet. Später begründeten die Klägerin und die F GmbH ein vom 1. September 2010 bis 31. Dezember 2010 befristetes Arbeitsverhältnis. Mittlerweile steht die Klägerin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der F GmbH.
- 6
-
Am 30. April 2010 schloss der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat. Dort heißt es auszugsweise:
-
„Präambel
Mit Beschluss des Amtsgerichts P vom 28.01.2010 wurde über das Vermögen der E GmbH (künftig Schuldnerin genannt) eine vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Es besteht gemäß dem Gutachten nach § 5 InsO eine negative Fortbestehens- und Fortführungsprognose. Da die Marken- und Lizenzrechte für wichtige Produkte an einen Wettbewerber veräußert wurden und die Produktion von Teppichfußböden in P bis spätestens zum 31.08.2010 eingestellt wird, sind sich die Beteiligten darüber einig, dass eine Betriebseinstellung unumgänglich ist.
Der Betriebsrat ist über die anstehende Maßnahme umfangreich informiert worden.
Die nachfolgenden Regelungen dienen dazu, das Verfahren nach § 122 InsO auf gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung bzw. einen Feststellungsantrag nach § 126 InsO zu vermeiden.
…
§ 2 Gegenstand der Betriebsänderung
Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin in P wird kurzfristig, spätestens bis zum 31.08.2010, stillgelegt. Alle Arbeitsplätze werden entfallen.
§ 3 Durchführung der Betriebsänderung - Personalmaßnahmen
Aufgrund der in § 2 genannten Maßnahme, die im Einzelnen gegenüber dem Betriebsrat begründet und in diesem erörtert worden ist, besteht Einigkeit darüber, dass es erforderlich ist, sämtliche Arbeitsverhältnisse/Dienstverhältnisse der Beschäftigten unter Beachtung der Kündigungsfristen gemäß § 113 InsO zu kündigen.
Lediglich in Einzelfällen wird sich der Arbeitgeber vorbehalten, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen in § 113 InsO auszusprechen.
Die Masse wird voraussichtlich nicht zur Bezahlung der Löhne während der verkürzten Kündigungsfrist ausreichen.
§ 4 Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG
Der Betriebsrat erklärt mit Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs, dass er bereits im Rahmen dieser Verhandlungen im Interessenausgleich ordnungsgemäß die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen der berücksichtigten Kündigungsgründe und die Informationen zur Sozialauswahl in einer Liste sämtlicher Arbeitnehmer mit ihren relevanten Sozialdaten (Name, Funktion, Abteilung, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, lt. Lohnsteuerkarte, individuelle Kündigungsfrist, Schwerbehinderung, Verdienst) erhalten hat und so bereits ordnungsgemäß angehört wurde.
Der Betriebsrat hat damit auch eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer erhalten. Der Betriebsrat erklärt, dass er die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis nimmt und keine weitere Stellungnahme abgeben wird und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen sieht.
...“
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Am 1. Mai 2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 3. Mai 2010. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise:
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„Sehr geehrte Frau B,
mit Beschluss des AG P vom 01.05.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Unterzeichner als Insolvenzverwalter bestellt.
Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche
Kündigung
des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus.
Der Kündigungszeitpunkt richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemäß § 622 BGB. Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als 8 Jahre, so endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Bei noch älteren Arbeitsverhältnissen greift gemäß § 113 Abs. I S. 2 InsO die Kündigung ebenfalls regelmäßig mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Die noch längeren Fristen gemäß § 622 Abs. II BGB werden auf die Dreimonatsfrist des § 113 Abs. I S. 2 InsO reduziert. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.
Für ein Arbeitsverhältnis, bei dem sich zwar aus § 622 Abs. II BGB eine kürzere als eine dreimonatige Kündigungsfrist ergeben würde, bei dem jedoch einzelvertraglich oder tarifvertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart ist, wirkt sich § 113 Abs. I S. 2 InsO dahingehend aus, dass die vereinbarte Frist insoweit maßgeblich ist, als sie die Dreimonatsfrist nicht überschreitet. Ist sie länger als diese, so gilt die reduzierte Dreimonatsfrist, so dass solche Arbeitsverhältnisse ebenfalls mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats enden.
Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis wirkt sich § 113 Abs. I InsO so aus, dass mit der Dreimonatsfrist gekündigt werden kann, sofern der Befristungszeitpunkt später liegt. Läuft die Frist vorher ab, so erlischt das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es dieser Kündigung bedarf.
…“
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Mit ihrer am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat der Klage das Kündigungsschreiben beigefügt und die beklagte Partei als „RAe K & Partner als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ bezeichnet. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe sich auf ihren Arbeitsplatz nicht auswirken können, weil sie von der F GmbH beschäftigt worden sei. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Beschäftigung über den 31. August 2010 hinaus nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Betriebsratsanhörung unzureichend, weil der Betriebsrat nicht über ihre Tätigkeit für die F GmbH unterrichtet worden sei.
- 9
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 nicht beendet wird;
2.
den Beklagten im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Industriekauffrau weiterzubeschäftigen.
- 10
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, wegen der Veräußerung von Marken- und Lizenzrechten durch die Konzernmutter der Schuldnerin sei es rechtlich nicht möglich gewesen, die Teppichfertigung und den Teppichvertrieb über den Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortzusetzen. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens habe noch eine „Ausproduktion“ stattfinden können. Diese Sach- und Rechtslage sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden und Grundlage der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan gewesen. Die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit Zustimmung des Beklagten die Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb mit der Verfahrenseröffnung stillzulegen und das Unternehmen nach der Verfahrenseröffnung abzuwickeln. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin sei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden. Die Abwicklungstätigkeit habe mit dem 31. August 2010, dem Ende der Kündigungsfristen, geendet. Die Außendienstmitarbeiter seien im Wesentlichen durch einen Wettbewerber übernommen worden. Für die verbliebenen Arbeitnehmer sei der Beschäftigungsbedarf entfallen. Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats seien die Arbeitsverhältnisse gekündigt worden. Dem Betriebsrat seien die Sozialdaten der Arbeitnehmer mitgeteilt worden, wie sich schon aus dem Interessenausgleich ergebe. Mit dem Betriebsrat sei über alle Arbeitnehmer gesprochen worden. Ihm sei auch der Einsatz von zwei Arbeitnehmerinnen für die F GmbH bekannt gewesen.
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Die Parteien haben die Beklagtenbezeichnung vor dem Arbeitsgericht dahin richtiggestellt, dass sich die Klage gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin richte. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Klage weiter abgewiesen wissen.
Entscheidungsgründe
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A. Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung vom 3. Mai 2010 beendete das Arbeitsverhältnis mit dem 31. August 2010. Der Senat hat deshalb nicht über den Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden.
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I. Die „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärte Kündigung war darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2010 zu beenden. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigungserklärung sei bereits deswegen unwirksam, weil sie nicht ausreichend bestimmt sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung selbst dann nicht stand, wenn es sich bei dem Kündigungsschreiben um eine nur beschränkt revisible atypische Willenserklärung handeln sollte. Das gilt erst recht, wenn das Kündigungsschreiben eine typische, revisionsrechtlich weiter gehend überprüfbare Erklärung sein sollte. Eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hätte der Senat auch in diesem Fall nicht durchzuführen. Einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders enthalten keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 29 mwN, BAGE 137, 347).
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1. Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265). Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung ua. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336).
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2. Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Staudinger/Oetker (2012) Vorbem. zu §§ 620 ff. Rn. 125; ähnlich Eisemann NZA 2011, 601, 602). Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (vgl. Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176; Raab RdA 2004, 321, 326). Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).
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3. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. September 2010 (- 5 AZR 700/09 - BAGE 135, 255) geht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von keinen anderen Voraussetzungen für eine hinreichend bestimmte Kündigung aus (aA Ziemann jurisPR-ArbR 3/2011 Anm. 1). Der Fünfte Senat hatte dort zu beurteilen, ob sich bei einer Kündigung, die einen bestimmten Kündigungstermin nennt, durch Auslegung ein anderer Kündigungstermin ermitteln lässt, wenn die Kündigung keine weiteren Angaben enthält. In diesem Zusammenhang hat der Fünfte Senat ausgeführt, auch das Bestimmtheitsgebot stehe der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könne (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 27, aaO). Dem ist nicht zu entnehmen, ohne Angabe eines datierten Kündigungstermins handle es sich nicht um eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung. Auch der Fünfte Senat geht davon aus, dass eine Kündigungserklärung in der Regel auslegungsfähig ist.
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4. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichtsgerichts, die Kündigungserklärung vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ sei unbestimmt, weil der Klägerin nicht das maßgebliche „Rechenprogramm“ (gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen) und die maßgeblichen Tatsachen (insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit) mitgeteilt worden seien, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das Bestimmtheitsgebot der gebotenen Auslegung nicht entgegensteht (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe). Es hat aber nicht den gesamten Inhalt der Kündigungserklärung bei seiner Auslegung verwertet. Zugleich hat das Landesarbeitsgericht Auslegungsgrundsätze verletzt, indem es davon ausgegangen ist, der Beklagte habe der Klägerin Tatsachen - vor allem ihre Betriebszugehörigkeit - mitteilen müssen, um sie in die Lage zu versetzen, den Kündigungstermin zu bestimmen. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ist als Kündigung zum 31. August 2010 auszulegen. Nur so konnte die Klägerin die Erklärung des Beklagten verstehen.
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a) Der Zeitpunkt, zu dem die ausdrücklich als ordentliche Kündigung bezeichnete Erklärung vom 3. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis beenden sollte, lässt sich dem Kündigungsschreiben entnehmen. Die Erklärung des Beklagten beschränkt sich nicht auf eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, sondern gibt zugleich an, nach welchen Vorschriften sich die Kündigungsfrist bestimmt. Das Kündigungsschreiben gibt den Regelungsgehalt von § 622 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB wieder. Zudem wird ausgeführt, dass bei „noch älteren Arbeitsverhältnissen“ nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats gelte. Das Kündigungsschreiben erläutert die Wirkung von § 113 Satz 2 InsO, wenn auch unter Hinweis auf die bis 31. Dezember 2003 geltende Fassung. So führt es aus, dass Fristen, die drei Monate überschritten, nach § 622 Abs. 2 BGB auf die Dreimonatsfrist des „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ reduziert würden. Dargestellt wird ferner, dass einzel- oder tarifvertragliche längere Kündigungsfristen als die Fristen des § 622 Abs. 2 BGB nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ nur insoweit maßgeblich seien, als sie die Dreimonatsfrist nicht überstiegen. Für die Klägerin war deshalb nicht unklar, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis gekündigt werden sollte. Sie konnte der Erklärung entnehmen, dass nach § 113 InsO eine dreimonatige Kündigungsfrist galt, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich war.
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b) Die Klägerin musste die Erklärung so verstehen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit einer dreimonatigen Frist zum 31. August 2010 gekündigt wurde, ohne dass weitere Angaben des Beklagten erforderlich gewesen wären.
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aa) Der Arbeitgeber kann in der Regel davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt. Ausnahmsweise - zB im Fall eines zweifelhaften Betriebsübergangs - kann anderes gelten. Für einen solchen Ausnahmetatbestand bestehen hier keine Anhaltspunkte. Im Regelfall der dem Arbeitnehmer bekannten Betriebszugehörigkeit ist die Kündigungserklärung hinreichend bestimmt, wenn das Kündigungsschreiben die maßgeblichen Kündigungsfristen nennt. Der Arbeitnehmer ist dann unschwer in der Lage zu bestimmen, zu welchem „nächstmöglichen Zeitpunkt“ der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte.
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bb) Die Klägerin konnte anhand ihrer Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 und der im Arbeitsvertrag getroffenen Regelung erkennen, zu welchem Termin die Kündigung vom 3. Mai 2010 wirken sollte. Unter Berücksichtigung der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB konnte sie dem Kündigungsschreiben entnehmen, dass § 113 Satz 2 InsO die Kündigungsfrist in ihrem Fall auf drei Monate verringerte und einen anderen Kündigungstermin als das arbeitsvertraglich vorgesehene Vierteljahresende zuließ. Der Kündigungstermin des 31. August 2010 war daher - für sie ersichtlich - der „nächstmögliche Zeitpunkt“.
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c) Für die Frage einer ausreichend bestimmten Kündigung ist nicht erheblich, dass im Kündigungsschreiben ausgeführt ist, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer seien Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres lägen, nicht zu berücksichtigen. Das widerspricht der rechtlichen Einordnung, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB unionsrechtswidrig und wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht anzuwenden ist(vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, Slg. 2010, I-365; BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - [Honeywell] Rn. 53, BVerfGE 126, 286; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 11; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 278; 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 16 ff., BAGE 135, 255). Mit Rücksicht auf ihr Lebensalter und ihre Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 konnte die Klägerin jedoch ohne Weiteres erkennen, dass sich die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB - in jedem Fall auf drei Monate verkürzte.
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II. Die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 ist wirksam. Sie beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 113 Satz 2 InsO mit dem 31. August 2010.
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1. Die Kündigungsschutzklage wahrt die Erfordernisse des § 4 Satz 1 KSchG.
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a) Die Kündigung gilt nicht bereits wegen Zeitablaufs nach § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde durch die am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die sich gegen „RAe K & Partner … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ richtete, gewahrt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die Klage von Anfang an gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes richtete. Die Parteibezeichnung war lediglich ungenau und deswegen richtigzustellen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 41 ff.; 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 ff.).
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b) Zwischen den Parteien bestand bei Zugang der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis.
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aa) Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).
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bb) Bei der Tätigkeit der Klägerin für die F GmbH handelte es sich nicht um gewerbsmäßige, also erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG idF vom 23. Dezember 2002 (aF).
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(1) Gewerbsmäßig iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF war jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile gerichtete selbständige Arbeitnehmerüberlassungstätigkeit. Entscheidendes Kriterium war die Gewinnerzielungsabsicht. Dabei kam es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinn erzielt wurde. Gewinnerzielungsabsicht war ua. dann zu verneinen, wenn die Überlassung lediglich gegen Erstattung der Personalkosten erfolgen sollte und der Verleiher dadurch auch mittelbar keine wirtschaftlichen Vorteile erlangte. Zu den Kosten gehörten nicht nur die Kosten der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer selbst, sondern auch die Verwaltungskosten, die beim Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung anfielen (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 32/10 - Rn. 35; 2. Juni 2010 - 7 AZR 946/08 - Rn. 19).
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(2) Danach überließ der Beklagte die Klägerin nicht gewerbsmäßig an die F GmbH. Ihm fehlte die Gewinnerzielungsabsicht, weil er sich von der F GmbH lediglich das an die Klägerin geleistete Arbeitsentgelt erstatten ließ und darüber hinaus keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erzielte.
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(3) Da der Beklagte keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieb, brauchte er keine Überlassungserlaubnis iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF. Zwischen der Klägerin und der F GmbH konnte daher kein Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion nach § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF zustande kommen. Darauf beruft sich die Klägerin auch nicht. Ihre Kündigungsschutzklage wäre sonst bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen, weil bei Zugang der Kündigung nicht länger ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bestanden hätte. Der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten wäre durch die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis unwirksam geworden (vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 9 AÜG Rn. 2). Auf die Fragen der Wirksamkeit der Kündigung käme es dann nicht mehr an (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).
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2. Die Kündigung ist formell und materiell wirksam.
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a) Sie musste neben dem Beklagten nicht auch von der F GmbH erklärt werden.
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aa) Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, kann ein einheitliches Arbeitsverhältnis begründet sein. Dafür ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen erforderlich, der es verbietet, sie rechtlich getrennt zu behandeln. Ein solcher Zusammenhang kann sich aus der Auslegung der geschlossenen Verträge, aber auch aus zwingenden rechtlichen Wertungen ergeben (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 30). Besteht ein einheitliches Arbeitsverhältnis, kann es im Regelfall nur von allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16 mwN).
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bb) Hier bestehen keinerlei Anhaltspunkte für ein einheitliches Arbeitsverhältnis. Die vertraglichen Beziehungen des Beklagten, der F GmbH und der Klägerin waren nicht in einer Weise verknüpft, die eine rechtliche Trennung ausschloss. Die Klägerin war nur in den insoweit nicht mehr für den eigenen Betriebszweck genutzten Räumen der Schuldnerin tätig, über die der Beklagte verfügte. Sie war jedoch in die Betriebsabläufe der F GmbH eingebunden. Ihr Entgelt trug wirtschaftlich die F GmbH, die an den Beklagten die erbrachte Leistung erstattete. Die Hauptleistungspflichten bestanden deswegen wirtschaftlich betrachtet ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der F GmbH.
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b) Die Betriebsratsanhörung genügt den Erfordernissen des § 102 BetrVG.
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aa) Der Insolvenzverwalter ist auch dann verpflichtet, den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG anzuhören, wenn die Betriebsparteien zuvor einen Interessenausgleich geschlossen haben. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen. Der Insolvenzverwalter muss das aus seiner Sicht entfallene Beschäftigungsbedürfnis und die der Sozialauswahl zugrunde liegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Interessenausgleichsverhandlungen bekannt sind, im Anhörungsverfahren allerdings nicht erneut mitteilen. Der Insolvenzverwalter kann das Verfahren nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden. Diese Verbindung ist schon bei Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen und ggf. im Wortlaut des Interessenausgleichs zum Ausdruck zu bringen (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 63 mwN).
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bb) Der Betriebsrat ist regelmäßig ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert, wenn die geltende Kündigungsfrist feststeht und der Arbeitgeber klarstellt, dass die Kündigung in naher Zukunft ausgesprochen werden soll (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 18, BAGE 130, 369; 27. April 2006 - 2 AZR 426/05 - Rn. 21). Der Arbeitgeber kann bei Einleitung des Anhörungsverfahrens häufig nicht sicher beurteilen, zu welchem Zeitpunkt dem Arbeitnehmer die beabsichtigte Kündigung zugehen wird. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber gänzlich offenlässt, mit welcher Frist und zu welchem Termin die geplante Kündigung erklärt werden wird (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 143). Kennt der Betriebsrat die Sozialdaten des Arbeitnehmers und ist die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist anzuwenden, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat regelmäßig nicht die Berechnung der Kündigungsfrist und den konkreten Endtermin mitteilen. Es reicht aus, wenn sich aus der Unterrichtung des Arbeitgebers ergibt, dass es sich um eine ordentliche Kündigung - im Zweifel zum nächsten Kündigungstermin - handelt (vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 64).
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cc) Nach diesen Grundsätzen unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß.
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(1) Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Betriebsratsanhörung gemeinsam mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich eingeleitet. Das entspricht § 4 Abs. 1 des vorgelegten und in Bezug genommenen Interessenausgleichs vom 30. April 2010. In § 3 Abs. 1 des Interessenausgleichs ist ausgeführt, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 113 InsO zu kündigen seien. Der Betriebsrat konnte den Verhandlungen über den Interessenausgleich damit entnehmen, dass die Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden sollten. Das ergibt sich schon daraus, dass § 113 InsO zur Anwendung kommen sollte. In § 3 Abs. 2 des Interessenausgleichs heißt es zwar weiter, dass sich der Arbeitgeber im Einzelfall vorbehalte, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen des § 113 InsO auszusprechen. Die Klägerin reklamiert für sich aber keinen Fall, der von der gewöhnlichen Konstellation der höchstens dreimonatigen Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abweichen sollte. Der Betriebsrat bestätigte in § 4 Abs. 1 des Interessenausgleichs auch ausdrücklich, dass er im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen, insbesondere über die Sozialdaten und die individuelle Kündigungsfrist, erhalten habe und ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Betriebsrat konnte das vom Beklagten geplante Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin deshalb bestimmen.
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(2) Den Vortrag des Beklagten durfte die Klägerin nicht mit Nichtwissen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten.
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(a) Hat der Arbeitgeber - wie hier - eine Anhörung des Betriebsrats dargelegt, die den Erfordernissen des § 102 BetrVG entspricht, ist es Sache des Arbeitnehmers, nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und im Einzelnen auszuführen, in welchen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers zu der Unterrichtung des Betriebsrats für falsch oder unvollständig hält(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 268/07 - Rn. 30; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 50).
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(b) Die Klägerin hat eine ausreichende Betriebsratsanhörung zu den Fragen der Kündigungsfrist und des Kündigungszeitpunkts nicht in Zweifel gezogen, nachdem der Beklagte zu der Anhörung des Betriebsrats vorgetragen hatte. Die Klägerin hat in der Folge lediglich bestritten, dass der Betriebsrat zu ihrem Einsatz für die F GmbH und über „die Einstellung der Arbeitnehmerüberlassung“ unterrichtet worden sei. Der Vortrag des Beklagten zu der Unterrichtung des Betriebsrats im Übrigen gilt damit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen und zu Unrecht darauf abgestellt, das Vorbringen des Beklagten sei unzureichend gewesen, weil der Beklagte keine dem Betriebsrat zugänglich gemachte Liste mit den individuellen Kündigungsfristen vorgelegt habe.
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(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anhörung des Betriebsrats auch nicht mangelhaft, weil der Beklagte dem Gremium Beginn und Ende ihres Einsatzes für die F GmbH nicht mitteilte. Diese Umstände bestimmten den Kündigungsentschluss des Beklagten aus seiner subjektiven Sicht nicht. Die Unterrichtung des Betriebsrats über den für den Beklagten allein maßgeblichen Kündigungsgrund der beabsichtigten vollständigen Betriebsstilllegung bis spätestens 31. August 2010 steht zwischen den Parteien nicht im Streit (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dieser Umstand war in § 2 des Interessenausgleichs vom 30. April 2010 festgehalten.
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c) Die Kündigung vom 3. Mai 2010 ist sozial gerechtfertigt.
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aa) Für die Kündigung bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG.
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(1) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs. Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (st. Rspr., vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 47). Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch auf die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs stützen. Er muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst haben, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen. Die geplanten Maßnahmen müssen bei Zugang der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37 f.).
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(2) Der Beklagte hat ohne erheblichen Gegenvortrag schlüssig dargelegt, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. August 2010 entfiel.
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(a) Der Beklagte hat vorgetragen, bereits die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit seiner Zustimmung die Betriebseinstellung bis spätestens 31. August 2010 beschlossen. Hintergrund der Entscheidung sei gewesen, dass auch die Produktion der von der Schuldnerin vertriebenen Teppiche eingestellt worden sei.
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(aa) Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist ferner, ob die Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfiel (vgl. zB BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16).
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(bb) Die Klägerin hat die vom Beklagten vorgebrachte Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Stilllegung nicht auf Dauer getroffen wurde, bestehen nicht und sind von der Klägerin nicht behauptet worden.
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(b) Zur Umsetzung des Stilllegungsbeschlusses wurde am 30. April 2010 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen. Das spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 40). Auch die Klägerin hat nicht vorgebracht, der Betrieb sei tatsächlich nicht eingestellt, sondern nur der Betriebszweck geändert worden, etwa um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Der Vortrag des Beklagten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2010 sei der Geschäftsbetrieb, dh. der Vertrieb von Teppichen, eingestellt worden, ist unbestritten geblieben. Der Beklagte kündigte daraufhin unstreitig allen verbliebenen Arbeitnehmern.
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(c) Es stünde einer ernsthaften Stilllegungsabsicht nicht entgegen, wenn der Beklagte gekündigte Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist noch eingesetzt haben sollte, um vorhandene Aufträge abzuarbeiten. Der Arbeitgeber erfüllt damit lediglich seine Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37; 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 1 a der Gründe). Das gilt entsprechend für den Einsatz der Klägerin in den Räumlichkeiten der Schuldnerin für die F GmbH bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Klägerin konnte nur für die F GmbH tätig werden, weil der Beklagte keinen Beschäftigungsbedarf für sie hatte. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Klägerin ohne die mit der F GmbH getroffene Vereinbarung voraussichtlich bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt worden wäre. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, der vom Beklagten verwaltete Betrieb der Schuldnerin sei auf die F GmbH übergegangen. Sie hat nicht in Zweifel gezogen, dass der Betrieb - wie geplant - zum 31. August 2010 eingestellt wurde.
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bb) Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit war nicht vorhanden.
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(1) Das geltend gemachte betriebliche Erfordernis ist nicht dringend iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen, freien Arbeitsplatz desselben Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24). Es obliegt dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist. Erst danach muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich war (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 50 mwN).
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(2) Die Klägerin konnte unstreitig nicht auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Beklagten weiterbeschäftigt werden.
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(3) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht bei der F GmbH bestand nicht.
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(a) Der Beklagte führte mit der F GmbH keinen Gemeinschaftsbetrieb.
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(aa) Eine Weiterbeschäftigungspflicht auf freien Arbeitsplätzen eines anderen Unternehmens kommt in Betracht, wenn das kündigende Unternehmen mit dem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht besteht jedoch nicht, wenn es den Gemeinschaftsbetrieb bei Zugang der Kündigung als solchen bereits nicht mehr gibt. Mit der Beseitigung der einheitlichen Leitungsstruktur ist der Unternehmer des stillzulegenden Betriebs rechtlich nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung im fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens durchzusetzen (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 53 mwN).
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(bb) Die Klägerin hat schon nicht behauptet, die Schuldnerin oder der Beklagte und die F GmbH hätten zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb wäre aufgrund der Stilllegung des Betriebs der Schuldnerin durch den Beklagten spätestens zum 31. August 2010 aufgelöst worden. Der Beklagte hätte nicht durchsetzen können, dass die Klägerin von der F GmbH weiterbeschäftigt wird.
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(b) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern bestand nicht.
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(aa) Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 58 mwN).
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(bb) Die Klägerin hat bereits nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür dargelegt, dass die F GmbH sowie die Schuldnerin und später der Beklagte einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 oder 2 AktG bildeten.
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(cc) Die Klägerin hat auch keinen Konzernbezug ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.
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(aaa) Der mit der Schuldnerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine konzernweite „Versetzungsmöglichkeit“ nicht vor.
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(bbb) Der Beklagte übt als Insolvenzverwalter ein ihm vom Gesetz übertragenes Amt aus. Er ist Rechtsnachfolger der Schuldnerin. Schon deswegen ist nicht ersichtlich, wie er auf die „Versetzung“ der Klägerin zur F GmbH bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss hätte nehmen können (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 59 mwN). Auch nach dem Vortrag der Klägerin ergibt sich lediglich eine Absprache zwischen der Geschäftsführung der Schuldnerin oder dem Beklagten und der F GmbH. Danach war der Einsatz der Klägerin für die F GmbH bis 31. August 2010 vorgesehen. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie die Arbeit für die F GmbH zum 1. September 2010 erneut aufnahm, habe darauf beruht, dass sich die F GmbH gegenüber dem Beklagten zur „Übernahme“ der Klägerin verpflichtet gehabt habe. Sie hat auch nicht geltend gemacht, eine sog. Unterbringungsverpflichtung des Beklagten habe ausnahmsweise aus sonstigen Umständen hergerührt (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 56 ff. mwN).
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cc) Der Beklagte musste keine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG treffen. Er beschäftigte über den Kündigungstermin hinaus keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.
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B. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Fischermeier
Gallner
Spelge
Oye
Jerchel
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- 1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, - 2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- 1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; - 2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- 1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, - 2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- 1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; - 2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)