Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil, 04. Dez. 2009 - 5 K 123/04

Gericht
Tatbestand
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Streitig ist die Gewährung von Investitionszulagen gemäß § 2 Investitionszulagengesetz 1999 (InvZulG) für die Kalenderjahre 1999 und 2000 für Investitionen der Klägerin in ihrer Betriebsstätte in A.
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Die Klägerin betreibt ein Fotolabor. Sie ist im Unternehmensregister des Statistikamtes Nord in die Unterklasse 74.81.2 (Fotografische Laboratorien) der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) eingeordnet und wird unter der Gewerbekennzahl 748120 für Fotografische Laboratorien steuerlich geführt. Die Betriebsstätten befinden sich in B und in A.
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Die Tätigkeit der Klägerin besteht in der Be- und Verarbeitung von belichteten Filmen, insbesondere durch Entwicklung und in der Erstellung von Abzügen. Es entstehen je nach Kundenwunsch z.B. Schwarzweißbilder oder Farbbilder unterschiedlicher Größen, Dias, Poster oder Reproduktionen von anderen Bildern. Die von den Kunden angelieferten Filmpatronen werden geöffnet, die Filme werden aneinandergereiht und gekennzeichnet. Danach durchlaufen sie chemische Prozesse zur Entwicklung und physikalische Prozesse bis zu einem Druckvorgang und anschließender Trocknung. Die fertigen Bilder werden getrennt und sortiert, den Kunden wieder zutreffend zugeordnet, verpackt und versandt. Zur Erledigung der Arbeiten ist der Einsatz von Personal, aber auch der Einsatz beträchtlicher maschineller Vorrichtungen erforderlich (Splicer, Kerber, Cutter, Printer, chemische Bäder, Sortieranlagen, Trockenkammern).
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Am 9. Januar 2002 reichte die Klägerin zeitgleich Anträge auf Gewährung von Investitionszulage gemäß § 2 InvZulG für die Jahre 1999 und 2000 beim Finanzamt ein. In den Anträgen wurde jeweils als begünstigter Wirtschaftszweig nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993 das Fotografische Gewerbe (Unterklasse 74.81.1) angegeben. Die Zulage wurde für Anschaffungen von Wirtschaftsgütern für die Betriebsstätte in A als Erstinvestitionen beantragt. Für 1999 wurde ein Anspruch auf Investitionszulage mit 10 % von … DM geltend gemacht. Für 2000 wurden 12,5 % von … DM und 10 % von … DM beantragt. Auf den Inhalt der Anträge im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.
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Mit Bescheiden vom 26. März 2002 gewährte das Finanzamt die Investitionszulagen antragsgemäß in Höhe von … für 1999 und in Höhe von … für 2000. Die Bescheide ergingen jeweils gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Auf den Inhalt der Bescheide wird ergänzend Bezug genommen.
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Noch während der laufenden Betriebsprüfung (Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1999) informierte die Klägerin das Finanzamt mit dem am 19. Dezember 2002 eingegangenen Schreiben vom 17. Dezember 2002, dass die in den Anträgen auf Investitionszulage angegebene wirtschaftliche Einstufung sich geändert habe. Sie habe inzwischen feststellen müssen, dass Fotografische Laboratorien in der Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 (WZ 93) erstmalig der Unterklasse 74.81.2 zugeordnet seien. Sie beantrage dennoch, die gewährte Investitionszulage unverändert zu belassen, weil ein Fotolabor als verarbeitendes Gewerbe einzustufen und damit zulagebegünstigt sei.
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In der Anlage zu ihrem Schreiben legte die Klägerin ausführlich dar, weshalb die in der WZ 93 vorgenommene Einstufung der Tätigkeit eines Fotolabors als Dienstleistung ihrer Ansicht nach offensichtlich fehlerhaft sei. Durch den Verarbeitungsprozess würden im Fotolabor individuelle neue Produkte anderer Marktgängigkeit hergestellt. Nach dem Sinn und Zweck des nationalen InvZulG sollten gerade verarbeitende Tätigkeiten, die für die industrielle Entwicklung der neuen Länder von besonderer Bedeutung sind, gefördert werden.
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Entsprechend seien Fotolabore bis einschließlich 1992 in den Systematischen Verzeichnissen der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes (WZ 61 und Nachfolgeversionen WZ 70 bzw. WZ 79) als verarbeitendes Gewerbe abgegrenzt worden. Im Rahmen von Harmonisierungsbestrebungen zur besseren internationalen Vergleichbarkeit statistischer Daten habe die Klassifikation der Vereinten Nationen auf EU-Ebene übernommen und zwingend in nationales Recht umgewandelt werden müssen. Dadurch sei die Klassifikation der Wirtschaftszweige Ausgabe 1993 (WZ 93) entstanden. Durch die zwingenden internationalen Vorgaben hätte die nationale Sichtweise nur noch in der 5. Ebene berücksichtigt werden können. Die grundsätzliche Einstufung der Fotolabore als Dienstleistungsgewerbe in der WZ 93 spiegele deshalb nicht die nationale Verkehrsauffassung wieder und sei damit bei der Auslegung eines nationalen Fördergesetzes ungeeignet.
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Das Statistische Bundesamt habe bestätigt, dass deutsche Sichtweisen im Interesse einer verbesserten internationalen Vergleichbarkeit von Wirtschaftsdaten hinter den internationalen Vorgaben hätten zurücktreten müssen. Die Erfolgsaussichten für eine Änderung der Einstufung von Fotolaboren in der Zukunft seien aus diesem Grund gering.
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Nach dem Sinn und Zweck des nationalen InvZulG sei aber eine Umgruppierung in den Wirtschaftszweig des verarbeitenden Gewerbes vorzunehmen. Sie, die Klägerin, sei nach der Rechtsprechung als verarbeitendes Gewerbe einzustufen, weil unter dem überwiegenden Einsatz von Maschinen neue Produkte hergestellt würden. Die Einstufung in der WZ 93 führe hingegen zu einem offensichtlich falschen Ergebnis. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 17. Dezember 2002 an das beklagte Finanzamt nebst Anlage verwiesen.
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Die Klägerin wandte sich zudem an das Schleswig-Holsteinische Finanzministerium und bat dort um Einstufung ihres Fotolaborbetriebes als verarbeitendes Gewerbe. Nach Prüfung der Zweifelsfrage und zweimaliger Beratung durch die obersten Vertreter des Bundes und der Länder lehnten diese mehrheitlich eine von der WZ 93 abweichende Einordnung der Klägerin ab. Die Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes von den übrigen Wirtschaftszweigen sei einheitlich entsprechend der Einordnung nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige vorzunehmen (Hinweis auf Rz. 77 des BMF-Schreibens vom 28. Juni 2001, BStBl I 379). (Schreiben des Schleswig-Holsteinischen Finanzministeriums vom 13. Februar 2004)
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Das Finanzamt erließ daraufhin am 3. März 2004 Änderungsbescheide und setzte die Investitionszulage für die Jahre 1999 und 2000 jeweils auf 0 DM (0 EUR) herab. In den Bescheiden setzte das Finanzamt gemäß § 7 InvZulG zugleich Zinsen auf den jeweiligen Rückzahlungsanspruch in Höhe von … EUR für 1999 und … EUR für 2000 fest. Die Bescheide enthalten die Erläuterung, dass Investitionen für ein fotografisches Laboratorium nicht nach § 2 InvZulG begünstigt seien. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Auf den Inhalt der Bescheide im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.
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Hiergegen erhob die Klägerin mit am 6. April 2004 bei dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz fristgemäß Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der das Finanzamt innerhalb der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zustimmte.
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Die Klägerin verfolgt ihr Ziel weiter, Investitionszulage für die Streitjahre in der ursprünglich von dem Beklagten festgesetzten Höhe zu erhalten. Sie ist der Auffassung, dass ihr Betrieb bei richtiger Auslegung des InvZulG als verarbeitendes Gewerbe - und nicht als Dienstleistungsbetrieb - einzustufen sei. Die in der WZ 93 vorgenommene Einordnung sei offensichtlich falsch. Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:
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Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG seien bewegliche Wirtschaftsgüter in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder in Betrieben der produktionsnahen Dienstleistungen begünstigt. Eine Definition der „Betriebe des verarbeitenden Gewerbes“ werde im Gesetz nicht gegeben; Betriebe der produktionsnahen Dienstleistungen seien in § 2 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a) bis i) InvZulG abschließend aufgeführt. Danach würden Betriebe des fotografischen Gewerbes zur Ziffer i) des Gesetzes gehören.
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Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in ständiger und gefestigter Rechtsprechung seit seinem Urteil vom 14. Januar 1975 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 1975, 392) die Auffassung vertreten, dass zur Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes von den übrigen Wirtschaftszweigen die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Systematik der Wirtschaftszweige (gemeint seien die WZ 61, WZ 70 und WZ 79) heranzuziehen sei. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH gelte für die Abgrenzung die nunmehr einschlägige Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 93 und spätere Klassifikationen). In seinem Urteil vom 16. März 2000 (III R 29/98) führe der BFH dazu aus, dass er sich bei dem Abstellen auf die Systematik 1979 bzw. die Klassifikation 1993 der Wirtschaftszweige von der Erwägung habe leiten lassen, dass darin die Vorstellung der Wirtschaft im hohen Maße berücksichtigt worden sei. Die Annahme, dass bei der Erarbeitung der Klassifikation der Wirtschaftszweige (1993) die Wirtschaft in gleichem Maße wie bei der Erarbeitung des systematischen Verzeichnisses (1979) mitgewirkt habe, sei aber unzutreffend.
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Im Gegensatz zu WZ 61 bis WZ 79 würden die nationalen Erfordernisse durch die WZ 93 nicht in geeignetem Maße berücksichtigt; die Verkehrsauffassung der nationalen Wirtschaftskreise fände bei der Einstufung von Fotolaboren keinen Niederschlag. Erst im Rahmen von Harmonisierungsbestrebungen zur besseren internationalen Vergleichbarkeit statistischer Daten sei auf EU-Ebene die Klassifikation der Vereinten Nationen, so genannte ISIC-Rev. III (erschienen 1990), übernommen worden. Auf EU-Ebene habe diese Klassifikation die Bezeichnung NACE Rev. I (seit 1990), die durch eine Verordnung der EU in 1990 Rechtsgültigkeit erlangt habe und von allen EU-Staaten zwingend in nationales Recht umzuwandeln waren, erhalten. In Deutschland sei diese Umwandlung durch die Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993 (WZ 93) erfolgt.
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Im Gegensatz zur WZ 79 sei in der WZ 93 durch den verbindlichen Rahmen (Zwangskorsett) der ISIC-Rev. III bzw. der hieraus abgeleiteten NACE Rev. I der Verkehrsauffassung und nationalen Sichtweisen bei der Einstufung der Fotolabore nicht Rechnung getragen worden, da nationale Institutionen innerhalb des vorgesehenen Korsetts nur ergänzende Erläuterungen (keine Einordnung) haben schaffen können. Auch das Statistische Bundesamt, das von ihr, der Klägerin, um eine Stellungnahme hinsichtlich der Einordnung der Fotolabore gebeten worden sei, sei der Auffassung, dass eine Zuordnung der Fotolabore als verarbeitendes Gewerbe aus nationaler Sicht zutreffend wäre, allein statistische Harmonisierungsbestrebungen eine derartige Zuordnung aufgrund der verbindlichen Vorgaben der ISIC-Rev. III verhindert hätten (Hinweis auf ein Schreiben des Statistischen Bundesamtes vom 12. Februar 2002).
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Somit sei festzuhalten: An dem systematischen Verzeichnis der Wirtschaftszweige habe die deutsche Wirtschaft umfassend mitgewirkt. Demgemäß seien entsprechend der Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise Fotolabore dem verarbeitenden Gewerbe zugeordnet worden. Entgegen der Auffassung des BFH und diesem folgend des Bundesministers der Finanzen (BMF) hätten die beteiligten Wirtschaftskreise an der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 93) nicht mitgewirkt, so dass sich in der WZ 93 die Verkehrsauffassung nicht widerspiegele.
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In ständiger Rechtsprechung habe der BFH entschieden, dass die Finanzämter die endgültige Entscheidung darüber zu treffen hätten, ob ein Betrieb dem verarbeitenden Gewerbe zugeordnet werden könne. Eine Abweichung vom systematischen Verzeichnis (bis WZ 79) bzw. von der Klassifizierung (ab 1993) sei dann erforderlich, wenn die Eingruppierung zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führen würde, d.h. in einem offensichtlichen Widerspruch zu den tatsächlichen Verhältnissen des Betriebes stünde. Dies sei vorliegend der Fall. Die Einstufung ihrer Tätigkeit durch die WZ 93 als Dienstleistung sei offensichtlich unzutreffend. Die bei ihr durchgeführten Tätigkeiten seien als verarbeitendes (industrielles) Gewerbe zwingend anzusehen, da in Folge des dargestellten Transformationsprozesses, bei dem neue Produkte (Produkte anderer Marktgängigkeit) im Fotogroßlabor hergestellt würden, die Definition des verarbeitenden Gewerbes erfüllt und jede andere Einordnung den wirtschaftlichen Gegebenheiten und der nationalen Verkehrsauffassung widersprechen und damit zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führen würde.
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Der in der Rechtsprechung als weiteres Indiz für den Transformationsprozess der Be- und Verarbeitung gewertete Einsatz beträchtlicher maschineller Vorrichtungen (kostenintensive Spezialmaschinen) sei bereits im Rechtsbehelfsverfahren dargelegt worden (Hinweis auf das Schreiben vom 17. Dezember 2002 an das Finanzamt). Im Jahre 2000 hätten in der Betriebsstätte A je durchschnittlichen Beschäftigten
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die aufgelaufenen Anschaffungskosten der Sachanlagen
TEUR … (3stellig)
die Umsatzerlöse
TEUR … (3stellig)
die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
TEUR … (2stellig)
und die Personalkosten
TEUR … (2stellig)
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betragen.
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Allein die hohe Anlagenintensität zeige, dass es sich beim Fotolabor nicht um ein Dienstleistungsgewerbe sondern um ein verarbeitendes Gewerbe handele; nicht die persönliche Leistung, wie beim fotografischen Gewerbe (Hinweis auf BFH in BStBl II 1976, 661) stehe im Vordergrund, sondern der kostenintensive Transformationsprozess zur Herstellung von Fotografien (ungleich schwieriger Vorgang in einem Fotolabor, BFH in BStBl II 1976, 661, letzter Absatz). Dieser Transformationsprozess stelle auch die Haupttätigkeit und keine Nebentätigkeit wie bei einem Fotografen dar.
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Die Einstufung der Tätigkeit in einem Fotolabor durch die WZ 93 als Dienstleistung sei offensichtlich fehlerhaft. Da durch den Verarbeitungsprozess (kostenintensive, mechanische, chemische und physikalische Prozesse mit Einsatz beträchtlicher maschineller Vorrichtungen) im Fotolabor individuelle neue Produkte hergestellt würden, seien nach dem Sinn und Zweck des nationalen Investitionszulagengesetzes, Tätigkeiten des verarbeitenden Gewerbes zu fördern, eine Umgruppierung in den Wirtschaftszweig des verarbeitenden Gewerbes vorzunehmen. Die nationale Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten führe, wie bei der WZ 79, zur Eingruppierung in das verarbeitende Gewerbe; die durch die USA diktierten weltweiten Harmonisierungskriterien nur für statistische Zwecke dürften die Auslegung eines nationalen Gesetzes, das das verarbeitende Gewerbe fördern wolle, nicht torpedieren. Durch die Umgruppierung des Fotolabors als verarbeitendes Gewerbe würden die Förderbestimmungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 InvZulG (1999) erfüllt, so dass die Investitionszulagenbescheide 1999 und 2000 vom 26. März 2002 unverändert Bestand erhalten müssten und die Aufhebungsbescheide vom 3. März 2004 aufzuheben seien.
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Der Subsumtionsweg des BFH (Hinweis auf BFH-Urteile vom 24. August 2004, VII R 23/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2005, 145 und vom 23. März 2005, III R 20/00, BStBl II 2005, 497), für die Anwendbarkeit der WZ 93 im Rahmen der Gewährung der Investitionszulage auch die Regelung des Stromsteuergesetzes heranzuziehen, werde von ihr nicht geteilt. Während das Mineralölsteuergesetz bald nach Inkrafttreten (1999) des Stromsteuergesetzes geändert worden sei und eine Verweisung auf die WZ erhalten habe, habe der Gesetzgeber fünf Mal bis 2005 und danach bis 2008 noch vier Mal das Investitionszulagengesetz 2005 bzw. 2007 ohne Verweisung auf die WZ geändert. Seit nunmehr vier Jahrzehnten (ab Berlinhilfegesetz 1968) habe der Gesetzgeber bis Dezember 2008 (Bekanntmachung des Investitionszulagengesetzes 2010) auf eine gesetzliche Regelung im Investitionszulagengesetz verzichtet. Hätte der Gesetzgeber eine Bindungswirkung an die WZ gewollt, hätte er in den letzten 40 Jahren genügend Zeit gehabt, den Wortlaut des Gesetzes entsprechend zu fassen. Diese Nichtregelung durch den Gesetzgeber mache auch Sinn. Mit Investitionszulagen sollten nämlich Industriebetriebe (verarbeitende Betriebe) gefördert werden, und zwar unabhängig von der (falschen) Einordnung in ein Tabellenwerk, das nur statistischen Zwecken diene, wie die Klassifikation der Wirtschaftszweige. Grundsätzlich sei die statistische Einordnung für Förderzwecke damit nicht relevant. Die statistische Zwangseinordnung von industriellen Tätigkeiten in andere Tätigkeiten und umgekehrt führe nach der Intension des Investitionszulagengesetzes bis 2008, Industriebetriebe wie ein Fotolabor zu fördern, zu (offensichtlich) falschen Ergebnissen. Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber vier Jahrzehnte lang in das Investitionszulagengesetz keine Verweisung auf die Systematik bzw. Klassifikation der Wirtschaftszweige aufgenommen habe, werde auch deutlich, dass es unverändert die Intention des Gesetzgebers (gewesen) sei, Tätigkeiten des verarbeitenden Gewerbes zu fördern und demzufolge dem verarbeitenden Gewerbe alle Unternehmen zuzuordnen, deren wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend darin bestehe, Erzeugnisse, gleich welcher Art, zu be- oder verarbeiten, und zwar in der Regel mit dem Ziel, dabei andere Produkte herzustellen, wobei es gleichgültig sei, ob diese in das Eigentum des Be- oder Verarbeiters übergingen oder nicht. Aus diesem Grunde sei sie, die Klägerin, auch nicht der Auffassung, dass die Rechtsprechungen zum Stromsteuergesetz, in dem eine Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige selbst angelegt sei, unmittelbare Auswirkungen auf die Entscheidung im Rahmen des vorliegend anhängigen Verfahrens zur Investitionszulage haben könnten.
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Es werde auch der, von dem Finanzgericht geäußerten, Sichtweise entgegengetreten, dass der BFH die Klassifikation der Wirtschaftszweige „unangetastet“ übernehme und lediglich eine gegebenenfalls erfolgte Einordnung des Betriebes durch das Statistische Landesamt (oder Bundesamt) oder deren Übernahme durch das zuständige Finanzamt darauf überprüfe, ob diese Einordnung (bzw. Übernahme) zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führe. Dies könne nicht die Auffassung des BFH sein. Die Prüfung durch das Finanzamt wäre dann reduziert auf ein reines Abgleichen, ob das Landesamt die richtige „Klasse“ bzw. „Unterklasse“ aus der WZ-Beschreibung gefunden habe. Dies sei keine selbstständige Prüfung durch das Finanzamt. Entscheidend sei, dass durch diese Sichtweise nicht die Entscheidungen der Finanzgerichte oder des BFH erklärt werden könnten, in denen Betriebe, die einem anderen Abschnitt in der WZ zugeordnet gewesen seien, durch entsprechende andere Beurteilung der Gerichte dem Abschnitt des verarbeitenden Gewerbes nur für die Investitionszulagengewährung zugeordnet worden seien. Es komme nicht darauf an, ob das Statistische Landesamt, wie vorliegend, seine Handbücher richtig angewendet habe, da für statistische Zwecke andere Kriterien als bei Förderzwecken maßgebend seien.
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Bestärkt werde sie, die Klägerin, in ihrer Auffassung, dass Fotolabore in ihrer Gesamtheit dem industriellen Sektor (verarbeitendes Gewerbe) für Zwecke der Investitionszulage zugeordnet werden müssten, durch die WZ 2008. Danach seien Fotolabore, die überwiegend durch Digitalfotografie gewonnene Fotos entwickeln würden, dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen (WZ 2008, Nr. 18.1). Die digitale Fotografie habe es 1990 noch nicht gegeben, so dass das „Zwangskorsett“ nicht mehr habe angewendet werden müssen, da sich mittlerweile auch in dem angelsächsischen Raum die Verkehrsanschauung geändert habe und zumindest für einen Teilbereich der Fotolabortätigkeit eine Richtigstellung auch unter statistischen Erwägungen habe gefunden werden können. Herkömmliche Fotolabore, die genau dasselbe machen würden, nämlich Fotos entwickeln und diese drucken wie bei der digitalen Fotografie, würden nur unter historisch-statistischen Aspekten weiter als Dienstleistungsbetriebe ausgewiesen.
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Da der Wille des Gesetzgebers in Bezug auf die Berechtigung, eine Investitionszulage zu erlangen, sich nicht geändert habe, sondern nur ein Verzeichnis, und da die letzte Entscheidung über die Zumessung der Investitionszulage auf der Grundlage des InvZulG durch das zuständige Finanzamt zu treffen sei, sei der Beklagte verpflichtet, die offensichtlich falsche Zuordnung in der WZ 93 zu korrigieren.
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Auf den Inhalt der klägerischen Schriftsätze vom 6. und 27. April 2004, 14. Juli 2004, 1. November 2004, 11. Januar 2005, 12. Juni 2005, 28. November 2005 und 28. September 2009 einschließlich Anlagen wird ausdrücklich Bezug genommen
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Die Klägerin beantragt, die geänderten Investitionszulagen- und Zinsbescheide für die Kalenderjahre 1999 und 2000, jeweils vom 3. März 2004, aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Einstufung der Tätigkeit eines Fotolabors als Dienstleistung nach der WZ 93 zutreffend und nicht offensichtlich fehlerhaft sei. Nach Rz. 77 des BMF-Schreibens vom 28. Juni 2001 (IV A 5-InvZ 1271-21/01, BStBl I 2001, 379) sei die Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen sowie des Groß- und Einzelhandels untereinander und von den übrigen Wirtschaftszweigen entsprechend der Einordnung nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993 (WZ 93) vorzunehmen. Sie diene im Grundsatz dazu, die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Unternehmen, Betrieben und anderen statistischen Einheiten in allen amtlichen Statistiken einheitlich zu erfassen. Fotografische Gewerbe seien in Abschnitt K Abteilung 74, Gruppe 74.8, Klasse 74.81, Unterklasse 74.81.1 bezeichnet. Nicht unter das fotografische Gewerbe fielen hingegen fotografische Laboratorien. Diese seien in der Unterklasse 74.81.2 gesondert aufgeführt. Als Tätigkeitsmerkmal der fotografischen Laboratorien werde die Filmbearbeitung aufgeführt. Diese beinhalte:
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- die Entwicklung, Herstellung von Abzügen und Vergrößerungen von Negativen oder Filmen im Kundenauftrag,
- die Dia-Rahmung,
- die Reproduktion, Restauration und das Retuschieren von Aufnahmen.
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Der BFH habe in ständiger Rechtsprechung bereits zur Investitionszulage im Rahmen des Berlinförderungsgesetzes entschieden, dass die Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes von den übrigen Wirtschaftszweigen im Interesse der Rechtssicherheit in engster Anlehnung an das systematische Verzeichnis der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes vorzunehmen sei. Das Verzeichnis diene zwar hauptsächlich statistischen Zwecken, stelle aber gleichzeitig, wie sich aus seinem Vorwort und seinen allgemeinen Bemerkungen ergäbe, eine Grundsystematik aller Wirtschaftszweige dar. Das Verzeichnis beruhe auf der Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise über die Gruppierungen wirtschaftlicher Institutionen. Es spiegele deshalb die maßgebende Verkehrsauffassung wieder. Das Verzeichnis sei im Gesetz selbst zwar nicht erwähnt. Dieses würde aber auch auf den Begriff „verarbeitendes Gewerbe“ zutreffen. Da es sich um Begriffe der Wirtschaft handele, sei die Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise bei der Auslegung mit heranzuziehen. Auch der Gesetzgeber sei von der Anwendung dieses Verzeichnisses (Bundestagsdrucksache V/3019) ausgegangen.
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Zwischenzeitlich sei das InvZulG mehrfach geändert und das systematische Verzeichnis durch die WZ 93 abgelöst worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers (Bundestagsdrucksache 12/1393, Seite 154) solle die Abgrenzung der begünstigten Wirtschaftszweige sinngemäß nach der nunmehr gültigen WZ 93 vorgenommen werden. Der BFH teile diese Auffassung und habe seine Rechtsprechung entsprechend fortgesetzt. So habe der BFH in seinem Urteil vom 23. März 2005 (III R 20/02) bestätigt, dass die WZ 93 Ausdruck einer veränderten Verkehrsauffassung sei, die auf einer generellen, weltweit harmonisierten Verkehrsauffassung über Zuordnungskriterien für Wirtschaftsunternehmen beruhe. Die Abweichung der WZ 93 von der WZ 79 sei nicht lediglich Folge einer rein formalen - für die Gewährung von Investitionszulage unbeachtlichen - Umgliederung der nationalen Klassifikation in Anpassung an internationale statistische Klassifikationen, sondern beruhe auf der Entwicklung einer vereinheitlichten Verkehrsauffassung. Nur die Anwendung der jeweils aktuellen harmonisierten Kriterien zur Festlegung der zulagenberechtigten Unternehmen gewährleiste eine - gegebenenfalls einer europarechtlichen Kontrolle standhaltenden - zielgenauen nationalen Wirtschaftsförderung. Bereits in seinem Urteil vom 24. August 2004 (VII R 23/03, BFH/NV 2005, 145) habe der BFH die durch die Klassifikation der Wirtschaftszweige entstandene Typisierung (sowohl hinsichtlich der Investitionszulage als auch hinsichtlich der Stromsteuer) als verfassungsgemäß angesehen und darauf verwiesen, dass die Klassifikation auf einen Rechtsakt des Gemeinschaftsgesetzgebers zurückzuführen sei und innerstaatliche Geltung aufgrund des Zustimmungsgesetzes zum Vertrag zur Gründung der europäischen Gemeinschaften beanspruchen könne. Die WZ 93 sei daher als nationale Verkehrsauffassung anzusehen, möglicherweise divergierende Auffassungen (gegebenenfalls des Statistischen Bundesamtes) seien nach Auffassung des BFH in die Entwicklung einer vereinheitlichten Verkehrsauffassung eingeflossen.
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Es werde daher weiterhin daran festgehalten, dass die Einstufung des Fotogroßlabors in der WZ 93 für die Gewährung der Investitionszulage nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führe.
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Die Entscheidung über die Einordnung des Betriebes treffe zwar grundsätzlich das Finanzamt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sei eine Einordnung der Tätigkeit durch das Statistische Bundesamt oder ein Statistisches Landesamt aber zu übernehmen, wenn sie dem Betrieb bekannt und nicht offensichtlich falsch sei. Hinsichtlich des hier vorliegenden Streitfalles könne jedoch nicht angenommen werden, dass die Zuordnung des Statistischen Bundesamtes hinsichtlich der Unterklasse 74.81.2 „fotografische Laboratorien“ offensichtlich falsch sei. Vielmehr erbringe die Klägerin genau die Tätigkeitsmerkmale, die in der WZ 93 als typisch für fotografische Laboratorien aufgeführt seien.
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Bei der Festlegung der WZ 93 sei auch die nationale Auffassung ausreichend berücksichtigt worden. Nach dem Aufbau der WZ 93 sei die nationale Auffassung zumindest in der fünften Stelle dokumentiert. Werde auf nationaler Ebene auf eine weitere Aufteilung verzichtet, laute die fünfte Stelle „0“. Erst durch die ausdrückliche Unterteilung auf nationaler Ebene in die Stelle „1“ und „2“ seien fotografische Laboratorien aus dem fotografischen Gewerbe ausgegliedert worden. Somit sei gerade durch die nationale Ebene die Nichtbegünstigung bei der Investitionszulage entstanden. Entgegen der Ansicht der Klägerin spiegele die WZ 93 auch die nationale Verkehrsauffassung wieder, denn deren Einführung habe dem Willen des Gesetzgebers entsprochen. Sie fundiere auf einer breiteren Basis als die bisherigen Systematiken und führe damit zu mehr Rechtssicherheit auf nationaler Ebene und im internationalen Vergleich.
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Entspräche es dem Willen des Gesetzgebers, bei der Investitionszulage auch Fotolabore zu begünstigen, hätte er die Unterteilung der Klasse 74.81 in weitere Unterklassen unterbinden können oder in Kenntnis, dass die WZ 93 die Fotolabore nicht als verarbeitendes Gewerbe einstuft, zumindest das InvZulG entsprechend anpassen können. Der Gesetzgeber sei bei der Ausgestaltung des InvZulG ausdrücklich von der Anwendung der WZ 93 zur Abgrenzung der begünstigten Betriebe ausgegangen. In der Bundestagsdrucksache 13/7792 vom 3. Juni 1997 (Seite 12) zum InvZulG 1999 habe er die Absicht dargelegt, die bisherige Förderung des verarbeitenden Gewerbes um die Förderung bestimmter produktionsnaher Dienstleistungsbetriebe zu erweitern. Dazu habe er ausgeführt, dass die Abgrenzung der in den Buchstaben a) bis i) abschließend genannten Dienstleistungsbetrieben von den übrigen Wirtschaftszweigen sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige richte. Dort sei das fotografische Gewerbe in der Unterklasse 74.81.1 aufgeführt. Hätte der Gesetzgeber auch die Begünstigung der fotografischen Laboratorien beabsichtigt, hätte er die abschließende Aufstellung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstaben a) bis i) InvZulG um den Begriff „Fotografische Laboratorien“ erweitern und die Unterklasse 74.81.2 in der Bundestagsdrucksache erwähnen können. Dieses sei jedoch nicht geschehen.
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Die typisierende Einstufung der Gewerbe nach der WZ 93 diene auch der Gleichbehandlung der Betriebe und sei damit gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, jeden denkbaren Einzelfall zu regeln. Zwar habe das Finanzamt die in der WZ 93 vorgenommene Zuordnung auf den Einzelfall zu übertragen, eine Abweichung sei nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Zuordnung ausnahmsweise zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führen würde. Dafür gäbe es jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte.
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Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des BFH vom 16. Juli 1976 (BStBl II 1976, 661) berufen. Soweit sie meine, der BFH habe dort die Entscheidung getroffen, dass Fotolabore dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen seien, sei dies unzutreffend. Die Tätigkeit eines Fotolabors als Haupttätigkeit sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Entsprechend habe sich der BFH nicht mit der Einstufung der Tätigkeit eines fotografischen Labors auseinandergesetzt und habe keine Veranlassung gehabt, diese zu beanstanden.
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Schließlich habe der BFH mit Beschluss vom 16. Juni 2005 (VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, HFR 2005, 1003) bestätigt, dass Fotogroßlabore nicht dem produzierenden Gewerbe zuzuordnen seien, sondern Dienstleistungen erbringen würden. Dieser Beschluss sei zwar zum Stromsteuergesetz ergangen, das anders als das InvZulG im Gesetz eine Verweisung auf die WZ enthalte. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei die Einstufung in der WZ jedoch für das InvZulG ebenfalls maßgebend. Die im vorliegenden Streitfall beschriebenen Arbeitsschritte der Fotoherstellung seien mit dem im Beschluss des BFH geschilderten Sachverhalt identisch. Die Klägerin sei damit als ein in der Unterklasse 74.81.2 der WZ 93 einzuordnender Dienstleistungsbetrieb nicht investitionszulagenbegünstigt.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten (1 Band Investitionszulagenakte) ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die geänderten Investitionszulagen- und Zinsbescheide für die Kalenderjahre 1999 und 2000, jeweils vom 3. März 2004, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das Finanzamt hat zu Recht die ursprünglichen Investitionszulagenbescheide vom 26. März 2002 geändert und die Investitionszulage jeweils auf 0,00 DM festgesetzt. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Investitionszulage nicht zu.
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Die Änderungsbefugnis folgt aus § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Nach dieser Vorschrift kann eine Steuerfestsetzung - bis zum Eintritt der Festsetzungsfrist - aufgehoben oder geändert werden, solange die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 AO steht.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Vorschrift ist nicht nur auf Steuer-Festsetzungsbescheide, sondern auch - sinngemäß - auf Subventionsbescheide nach dem InvZulG anwendbar (§ 6 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999, vgl. auch BFH-Beschluss vom 23. März 1999, III B 107/98, BFH/NV 1999, 1307). Die ursprünglichen Bescheide waren mit der Nebenbestimmung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangen. Die Festsetzungsverjährung war noch nicht eingetreten (vgl. §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. 170 Abs. 3 AO; zur Anwendbarkeit: Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl. 2009, § 164 Rz. 11).
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Der Klägerin steht ein Anspruch auf Investitionszulage in den Streitjahren nicht zu. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 sind bewegliche Wirtschaftsgüter begünstigt, die während des Fünfjahreszeitraumes des § 2 Abs. 1 InvZulG 1999 und den dort genannten Voraussetzungen in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder in Betrieben der produktionsnahen Dienstleistungen verbleiben. Welche Betriebe produktionsnahe Dienstleistungen im Sinne des InvZulG erbringen, ist abschließend in Satz 2 Buchstaben a) bis i) aufgeführt. Dazu zählen u.a. (Buchstabe i)) Betriebe des fotografischen Gewerbes. Nicht genannt sind hingegen fotografische Laboratorien. Der Betrieb der Klägerin zählt, entgegen ihrer Auffassung, aber auch nicht zu den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes.
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Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes ist gesetzlich nicht definiert. Seine Auslegung obliegt - ebenso wie die Subsumtion des jeweiligen Betriebes unter diesen Begriff - den Finanzämtern und den Gerichten.
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Das verarbeitende Gewerbe ist im Wesentlichen gekennzeichnet durch die Herstellung eines anderen Produktes im Sinne einer substantiellen Veränderung von Materien oder durch die Veredelung von Erzeugnissen.
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Seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Januar 1975 VIII R 148/71 (BFHE 115, 86, BStBl II 1975, 392) nimmt der BFH die Zuordnung eines Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe im Interesse der Rechtssicherheit in engster Anlehnung an die WZ 79 bzw. den Folgeverzeichnissen vor. Hat das Statistische Landesamt einen Betrieb entsprechend der jeweils gültigen WZ nach dem Schwerpunkt seiner unternehmerischen Tätigkeit in einen bestimmten Wirtschaftszweig eingeordnet, so kommt dieser Einordnung erhebliche Bedeutung zu. Zwar hat sie nach Auffassung des BFH nicht die Qualität eines Grundlagenbescheides i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977) (a.A.: Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Zwischenurteil vom 22. Januar 2009, 1 K 1137/07, EFG 2009, 871; Revision III R 14/09), sie ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH jedoch von den Finanzämtern in aller Regel bei der Entscheidung über die Gewährung der Investitionszulage zu übernehmen, soweit sie nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 40/00, BFHE 201, 366, BStBl II 2003, 360, m.w.N.). Unerheblich ist, ob die Einordnung durch das Statistische Landesamt bereits zum Zeitpunkt des Antrags auf Investitionszulage vorliegt oder
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- wie im Streitfall - erst im weiteren Verlauf des Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens vorgenommen wird, sofern sich in der Unternehmensstruktur nichts verändert hat (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545).
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Die vorliegend vorgenommene Zuordnung durch das Statistische Landesamt Nord ist nicht offensichtlich unzutreffend.
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An dieser Stelle kann dahingestellt bleiben, wie der Begriff „offensichtlich“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Detail abzugrenzen ist. Fest steht jedenfalls nach Wortlaut und Sinn, dass eine „offensichtlich“ falsche Einstufung nicht bereits mit einer falschen Einstufung gleichzusetzen ist.
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Zum einen bedeutet „offensichtlich falsch“ nach allgemeinem und eindeutigem Sprachgebrauch, dass nicht jedweder Fehler, sondern allenfalls ein Fehler, den der rechtskundige Beobachter sofort sieht, der „offen“ zutage liegt und auf den ersten Blick „sicht“bar ist, gemeint ist. Bedarf es umfangreichen Studiums von Rechtsnormen, Literatur und Rechtsprechung, um eine Entscheidung über die Richtigkeit einer Einordnung zu treffen, so ist die Einordnung nicht offensichtlich falsch. Zum anderen wäre bei einem derartigen Verständnis die gleichzeitige Orientierung an der Einordnung durch das Statistische Landesamt eine Leerformel. Denn im Hinblick auf die Frage, ob die Einordnung falsch ist, wäre dann stets eine Vollprüfung der Einordnung vorzunehmen (vgl. Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Zwischenurteil vom 22. Januar 2009, 1 K 1137/07, EFG 2009, 871).
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Von einer offensichtlich falschen Einordnung kann vorliegend - offensichtlich - nicht die Rede sein. Die Zuordnung des Betriebes der Klägerin durch das Statistische Landesamt Nord auf der Grundlage der WZ 03 zum Bereich Dienstleistung und nicht zum verarbeitenden Gewerbe ist nicht zu beanstanden.
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Das Statistische Landesamt Nord hat das Unternehmen der Klägerin nach der - insoweit der WZ 93 entsprechenden - Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 03) (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497: lediglich redaktionelle Änderungen durch die WZ 03 gegenüber der WZ 93 zur Anpassung an den in der Bundesrepublik üblichen Sprachgebrauch; WZ 03, Einführung 2.1 a.E.), dem Wirtschaftszweig 74.81.2 „Fotografische Laboratorien“ des Abschn. K , Gruppe 74.8 “Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen“ und der Klasse 74.81 „fotografisches Gewerbe und fotografische Laboratorien“ zugeordnet. Nach der Beschreibung in der WZ 93 umfasst die Unterklasse 74.81.2 (fotografische Laboratorien) die Filmbearbeitung, zu der insb. die (Film-)Entwicklung, die Herstellung von Abzügen und Vergrößerungen von Negativen oder Filmen im Kundenauftrag, die Diarahmung und die Reproduktion, Restauration und das Retuschieren von Aufnahmen gehören. Die Tätigkeitsbereiche in dem Betrieb der Klägerin entsprechen diesen in der WZ 93 - wie auch der WZ 03 - aufgeführten Kriterien. Nach der - unstreitigen - Aufgabenbeschreibung der Klägerin liegt deren Tätigkeit in der Be- und Verarbeitung von belichteten Filmen, insbesondere durch Entwicklung und in der Erstellung von Abzügen. Es entstehen je nach Kundenwunsch z.B. Schwarzweißbilder oder Farbbilder unterschiedlicher Größen, Dias, Poster oder Reproduktionen von anderen Bildern.
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Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Verarbeitendes Gewerbe" hat der BFH mangels gesetzlicher Begriffsbestimmung in ständiger Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, schon zu Investitionszulagen nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) auf die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verzeichnisse der Wirtschaftszweige, zunächst die WZ 79 und später die an deren Stelle getretene WZ 93, abgestellt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 24. Februar 1999 III B 194/96, BFH/NV 1999, 1123; vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545 und vom 20. Februar 2003 III R 29/01, BFHE 201, 571, BStBl II 2003, 529). In diesen Verzeichnissen ist die - an den sich verändernden Wirtschaftsstrukturen angelehnte - Einschätzung der Wirtschaft über die Zuordnung von Tätigkeiten zu Wirtschaftsbereichen und Wirtschaftszweigen dokumentiert. Auch wenn die Verzeichnisse überwiegend statistischen Zwecken dienen, stellen sie eine Grundsystematik aller Wirtschaftszweige dar, bei der die Erkenntnisse fachlich kompetenter Gremien über die Gruppierungen wirtschaftlicher Institutionen verwertet worden sind (z.B. BFH-Urteile vom 14. Januar 1975 VIII R 148/71, BFHE 115, 86, BStBl II 1975, 392; vom 8. April 1976 III R 161/73, BFHE 118, 516, BStBl II 1976, 410 und vom 30. Juni 1989 III R 85/87, BFHE 157, 291, BStBl II 1989, 809; für Investitionszulagen nach dem InvZulG vgl. Beschluss des BFH vom 24. Februar 1999 III B 194/96, BFH/NV 1999, 1123).
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Angesichts dieser sachverständigen und feingliedrigen Dokumentation besteht keine Veranlassung, für das Investitionszulagenrecht den Begriff "Verarbeitendes Gewerbe" hiervon abweichend zu definieren. Insoweit sieht sich der erkennende Senat durch den Gesetzgeber bestätigt. Auch dieser ging davon aus, dass sich die Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes aus dem systematischen Verzeichnis der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts ergebe (vgl. Begründung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinhilfegesetzes vom 19. Juli 1968, BTDrucks V/3019, S. 9; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992, BStBl I 1993, 96, 98, der Änderungen des InvZulG 1991 enthält, BTDrucks 12/3893, S. 154).
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Bei Einführung des Stromsteuergesetzes (StromStG) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 378), geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4602, 4604), hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf diese Grundsätze zurückgegriffen. Strom unterliegt danach u.a. bei Unternehmen des produzierenden Gewerbes gemäß § 9 Abs. 3 StromStG einem ermäßigten Steuersatz. Unternehmen des produzierenden Gewerbes sind nach § 2 Nr. 3 StromStG unter anderem Unternehmen, die nach der WZ 93 dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sind. Im Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, dass bereits bei Investitionszulagen nach dem BerlinFG ohne wesentliche Probleme nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes differenziert worden sei (BTDrucks 14/440, S. 11). Der BFH hat diese Regelung im StromStG als verfassungsgemäß beurteilt (Urteil vom 24. August 2004 VII R 23/03, BFHE 207, 88, BFH/NV 2005, 145). Da Tatbestandsmerkmale, die für eine Steuerermäßigung oder für eine Vergünstigung (erhöhte Zulage) erfüllt sein müssen, in der Regel - auch wenn sie in unterschiedlichen Gesetzen verwendet werden - gleich auszulegen sind, spricht dies dafür, dass auch für die Gewährung der Investitionszulage die für diesen Zeitraum maßgebende WZ 93 anzuwenden ist (BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Tätigkeit eines fotografischen Laboratoriums, wie die Klägerin es betreibt, für die Investitionszulage 1999 und 2000 nach den Kriterien der WZ 93 einzuordnen. Denn die gegenüber der WZ 79 geänderten Zuordnungsmerkmale der WZ 93 sind unter Beteiligung auch nationaler Experten der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) entwickelt worden, die den welt- und damit auch europaweiten strukturellen Veränderungen und/oder Angleichungen in der Wirtschaft und einer darauf basierenden veränderten Verkehrsauffassung Rechnung trägt. Nur die Anwendung der jeweils aktuellen harmonisierten Kriterien zur Festlegung der zulageberechtigten Unternehmen gewährleistet eine - ggf. einer europarechtlichen Kontrolle Stand haltende - zielgenaue nationale Wirtschaftsförderung (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497).
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Zu der Neufassung der Klassifikation der Wirtschaftszweige durch die WZ 93 war die Bundesrepublik verpflichtet. Sie basiert auf der VO Nr. 3037/90, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 761/93 der Kommission vom 24. März 1993 (ABlEG Nr. L 83 vom 3. April 1993). Mit dieser unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geltenden Verordnung ist die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (Nomenclature statistique des Activités économiques dans la Communauté Européenne, Revision 1 -NACE Rev. 1-) als gemeinsame Grundlage für statistische Systematiken der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft eingeführt worden.
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Ausgangspunkt für die Harmonisierung der Klassifikationen war die Internationale Systematik der Wirtschaftszweige (International Standard Classification of Economic Activities - ISIC -), die im Interesse einer weltweiten Vergleichbarkeit und Harmonisierung statistischer Daten durch eine von den Vereinten Nationen eingesetzte Expertengruppe als ein integriertes System entwickelt und zur weltweiten Verwendung empfohlen wurde. Die 3. Überarbeitung (ISIC Rev. 3) wurde von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Statistischen Amtes der Vereinten Nationen und Eurostat unter enger Beteiligung der Vertreter der Mitgliedstaaten erarbeitet und von der Statistikkommission der Vereinten Nationen im Februar 1989 gebilligt. Anschließend wurde eine überarbeitete Fassung der - in der Europäischen Union noch nicht rechtsverbindlichen - NACE 1970 erstellt (NACE Rev. 1). Von der NACE Rev. 1 wurde die nationale WZ 93 mit bis auf die 4. Gliederungsebene gleichem Aufbau abgeleitet und teilweise nahezu wörtlich übernommen (WZ 93, I Vorbemerkungen).
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Die in der WZ 93 gegenüber der WZ 79 vorgenommene Umqualifizierung von fotografischen Laboratorien vom verarbeitenden Gewerbe zur Dienstleistung ist nicht lediglich, wie die Klägerin offenbar meint, Folge einer für die Gewährung von Investitionszulage unbeachtlichen, rein formalen Umgliederung der nationalen Wirtschaftsklassifikation zum Zwecke der Integration in die weltweit harmonisierten Systeme statistischer Klassifikationen. Die geänderte Klassifikation ist vielmehr auch Ausdruck einer generellen, weltweit harmonisierten Verkehrsauffassung über Zuordnungskriterien für Wirtschaftsunternehmen. Die möglicherweise divergierenden Verkehrsauffassungen der an dieser Harmonisierung Beteiligten - ggf. auch des Statistischen Bundesamtes - sind in die Entwicklung einer vereinheitlichten Verkehrsauffassung eingeflossen (BFH-Urteil vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497).
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Das Ziel der Vereinheitlichung der internationalen Klassifikationen, die weltweite Vergleichbarkeit von Unternehmensdaten, führte zu einem grundlegend neuen (harmonisierten) Gliederungssystem. Die "statistische Einheit", der Daten zugeordnet werden sollen, muss als wirtschaftliche Einheit tätigkeitsbezogen definiert sein, um die Vergleichbarkeit z.B. von Produktionswert, in den Produktionsprozess eingeflossenen Produktionsfaktoren, Kapitalbildung oder Finanztransaktionen dieser Einheiten sicherzustellen (vgl. WZ 93, I Vorbemerkungen, 1.1 Einleitung). Ist eine derartige Definition notwendig detailliert hierarchisch aufgebaut, so ist sie nicht nur für spezifisch statistische Zwecke verwertbar. Sie liefert vielmehr die geeigneten Kriterien für die - insbesondere dem Gleichbehandlungsgebot gerecht werdende - Beurteilung der Zugehörigkeit eines Betriebs zu einem zulageberechtigten Wirtschaftszweig. Demgegenüber sind Anhaltspunkte dafür, dass die zur Beurteilung der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einer bestimmten "statistischen Einheit" entwickelten Kriterien Besonderheiten aufweisen, die sie für Zwecke der Wirtschaftsförderung unbrauchbar machen, nicht ersichtlich (BFH-Urteil vom 23. März 2005, III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497).
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Der erkennende Senat versteht die ständige Rechtsprechung des BFH, wonach die Einordnung eines Betriebs durch das Statistische Landesamt entsprechend der jeweils gültigen WZ nur dann nicht von den Finanzämtern zu übernehmen ist, wenn sie zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt, dahingehend, dass sich die Prüfung im Hinblick auf einen offensichtlichen Fehler auf den Abgleich der „konkret“ (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005, VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, HFR 2005, 1003 m. w. Rechtsprechungsnachweis) von dem Statistischen Landesamt vorgenommenen Zuordnung mit der jeweiligen WZ bezieht, nicht jedoch - wie hingegen die Klägerin meint - darauf, ob die Festlegung in der WZ selbst offensichtlich falsch sei. Dafür spricht bereits, dass angesichts des (internationalen und nationalen) Sachverstandes, der in die harmonisierte Gliederung der Wirtschaftszweige eingeflossen ist, ein „offensichtlicher“ Fehler in den WZ weder anzunehmen ist, zumal es sich um eine Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise handelt, noch für das Finanzamt ein Fehler „ohne weiteres“ erkennbar sein dürfte. Bedarf es hingegen einer umfassenden Auseinandersetzung mit den Gründen, die für eine Einstufung von Betrieben der hier vorliegenden Art zum Dienstleistungssektor einerseits oder dem Bereich des verarbeitenden Gewerbes andererseits sprechen, so kann von einer „offensichtlich“ falschen Einstufung ohnehin nicht mehr die Rede sein. Im Übrigen dürfte eine derartige Prüfung und In-Frage-Stellung der WZ sowie eine von der WZ abweichende Einordnung eines Betriebes auch dem Erfordernis widersprechen, die Unterscheidung der Betriebe und damit deren Förderfähigkeit nach dem InvZulG „in engster Anlehnung an das Systematische Verzeichnis“ (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005, VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, HFR 2005, 1003) bzw. der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes durchzuführen. Dem stünde auch die erforderliche Rechtssicherheit entgegen. Lediglich in den Fällen, in denen - wie z.B. bei Mischbetrieben, die verschiedenartige Tätigkeiten ausüben - die konkrete Einstufung durch das Statistische Landesamt „offensichtlich“ nicht mit den tatsächlichen Aufgaben oder dem - ggf. im Wege der Ermittlung der Wertschöpfungsanteile festzustellenden - Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit übereinstimmt, wie auch in Fällen des „offenbaren Verschreibens“, ist eine abweichende Beurteilung durch das Finanzamt zulässig. Ein solcher Fall liegt hier aber, wie bereits aufgezeigt, nicht vor.
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Soweit die Klägerin, offenbar über derartige Fälle hinausgehend, von Entscheidungen der Finanzgerichte oder des BFH spricht, in denen Betriebe, die einem anderen Abschnitt in der WZ zugeordnet gewesen waren, durch entsprechende abweichende Beurteilung der Gerichte nur für Investitionszulagenzwecke in das verarbeitende Gewerbe eingeordnet worden seien, hat sie diese Urteile nicht benannt. Sie sind dem Senat - wie im Übrigen auch dem Finanzamt - trotz Recherche auch nicht bekannt. Der Senat geht daher davon aus, dass es sich allenfalls um gerichtliche Entscheidungen bei Mischbetrieben mit verschiedenen Tätigkeiten handeln kann.
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Im Übrigen hält auch der BFH die Einordnung von Fotolaboren der hier vorliegenden Art als Dienstleistungsunternehmen für zutreffend und damit jedenfalls nicht für „offensichtlich“ falsch. So führt der BFH in seinem Beschluss vom 16. Juni 2005 (VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, HFR 2005, 1003) aus, dass nach der in der Klassifikation der Wirtschaftszweige zum Ausdruck kommenden Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise die Entwicklung von Filmen und die Herstellung von Abzügen als Erbringung einer Dienstleistung und nicht als Produktion eines bestimmten Erzeugnisses zu qualifizieren sei. Mit dieser Einordnung sei eine für statistische Zwecke eindeutige Wertung getroffen worden, die aufgrund der Verweisung in § 9 Abs. 3 Stromsteuergesetz (StromStG) auch für steuerliche Zwecke als verbindlich anzusehen. Der BFH vermochte keine Besonderheiten zu erkennen, die diese Einordnung in Frage stellen und eine Abweichung von den statistischen Vorgaben geboten erscheinen lassen würde. Dem schließt sich der erkennende Senat für das - keine abweichenden Besonderheiten aufweisende - Fotolabor der Klägerin an.
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Aus diesem Grund war auch dem Beweisangebot der Augenscheinseinnahme des Fotolabors der Klägerin durch den erkennenden Senat nicht weiter nachzugehen. Das Beweismittel ist ungeeignet, da angesichts der vorzunehmenden Zuordnung eines Betriebes in engster Anlehnung an die Klassifikation der Wirtschaftszweige und der Tatsache, dass die Tätigkeiten in dem Fotolabor der Klägerin denjenigen des Wirtschaftszweiges 74.81.2 (Fotografische Laboratorien) der WZ 93 entsprechen und keine Besonderheiten aufweisen, es auf eine - möglicherweise von der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise abweichende - subjektive Einschätzung des erkennenden Senats nicht ankommt.
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Der Auffassung des BFH in seiner Entscheidung vom 16. Juni 2005 (VII R 10/03, BFH/NV 2005, 1876, HFR 2005, 1003) kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass dieser Beschluss zum StromStG ergangen sei, in dem, anders als im InvZulG 1999, eine (gesetzliche) Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige enthalten sei. Denn die von dem BFH bejahte Frage, ob die (statistische) Einordnung von fotografischen Laboren zu den Dienstleistungsunternehmen zutreffend sei, ist nicht davon abhängig, ob die subventionsrechtliche Anwendung der Klassifikation aufgrund gesetzlicher Verweisung oder in engster Anlehnung an diese zu erfolgen hat. Die Antwort liegt in der Klassifikation selbst begründet, nicht in der Art und Weise der Übernahme der Einordnung.
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Der Hinweis der Klägerin auf die WZ 2008, wonach Fotolabore, die überwiegend durch Digitalfotografie gewonnene Fotos entwickeln, dem verarbeitenden Gewerbe zugeordnet werden, führt ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Tatsache, dass die Entscheidungsgremien für die Klassifikation der Wirtschaftszweige die neu hinzugekommenen Fotolabore für Digitalfotografie als dem verarbeitendem Gewerbe zugehörend ansehen, gleichzeitig die Einstufung von Fotolaboren, wie die Klägerin eines betreibt, jedoch nicht geändert haben, sondern derartige Betriebe weiterhin dem Dienstleistungssektor zuweisen, spricht gegen die Argumentation der Klägerin und macht gerade deutlich, dass sich die Verkehrsauffassung der Wirtschaftskreise international hinsichtlich „klassischer“ Fotolabore offenbar nicht geändert hat. Denn bei der Einstufung digitaler Fotolabore hat für die Wirtschaftskreise in besonderem Maße Anlass bestanden, über die Einordnung der bisher vorhandenen Fotolabore nachzudenken und, bei geänderter Sichtweise, eine Angleichung vorzunehmen. Dies ist aber gerade nicht geschehen. Letztlich kann diese Frage aber auch dahinstehen, da es vorliegend nicht um eine Einordnung nach der WZ 2008, sondern um die Festlegung in der WZ 93 geht.
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Schließlich kann auch der Hinweis der Klägerin darauf, dass der Gesetzgeber, anders als im Mineralölsteuergesetz und dem Stromsteuergesetz, es - vier Jahrzehnte - unterlassen habe, eine Verweisung auf die WZ im InvZulG festzuschreiben, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber nunmehr im InvZulG 2010 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2350) normiert hat, dass die Zuordnung eines Betriebes u.a. zu dem verarbeitendem Gewerbe nach der WZ 2008 vorzunehmen ist, sollte sich aus der Sicht des Gesetzgebers bereits bisher die Abgrenzung aus den WZ ergeben, wie insbesondere aus den o.g. Bundestags-Drucksachen deutlich wird. Im Übrigen zeigt sich die Intention des Gesetzgebers, worauf das Finanzamt zu Recht hinweist, auch aus der Bundestags-Drucksache 13/7792 vom 3. Juni 1997 zum InvZulG 1999. Danach war die Abgrenzung der erstmals zusätzlich in den Genuss der Förderung nach dem InvZulG gekommenen, abschließend in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchstaben a) bis i) InvZulG 1999 „genannten produktionsnahen Dienstleistungsbetriebe von den übrigen Wirtschaftszweigen“ …“- wie bereits bisher die Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes - nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige“ vorzunehmen. Gleichzeitig wird aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber unter Buchstabe i) die Betriebe des fotografischen Gewerbes aufgeführt hat, nicht aber gleichzeitig auch die fotografischen Laboratorien in die abschließende Aufzählung mit aufgenommen hat, dass eine Förderung der fotografischen Laboratorien nach dem InvZulG 1999 durch den Gesetzgeber nicht gewollt war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 155 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
(1) Die Klage ist ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Behörde, die über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden hat, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zustimmt. Hat von mehreren Berechtigten einer einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt, ein anderer unmittelbar Klage erhoben, ist zunächst über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden.
(2) Das Gericht kann eine Klage, die nach Absatz 1 ohne Vorverfahren erhoben worden ist, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Klagezustellung, durch Beschluss an die zuständige Behörde zur Durchführung des Vorverfahrens abgeben, wenn eine weitere Sachaufklärung notwendig ist, die nach Art oder Umfang erhebliche Ermittlungen erfordert, und die Abgabe auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(3) Stimmt die Behörde im Falle des Absatzes 1 nicht zu oder gibt das Gericht die Klage nach Absatz 2 ab, ist die Klage als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln.
(4) Die Klage ist außerdem ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung eines dinglichen Arrests geltend gemacht wird.*
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
(1) Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für § 163 der Abgabenordnung. In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden ist der Finanzrechtsweg, gegen die Versagung von Bescheinigungen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
(2) Die Investitionszulage ist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres oder Kalenderjahres festzusetzen. Beantragen Ehegatten die Investitionszulage nach § 5 Abs. 1 gemeinsam, ist die Festsetzung der Investitionszulage zusammen durchzuführen. Die Investitionszulage für Investitionen, die zu einem Investitionsvorhaben gehören, das die Anmeldungsvoraussetzungen gemäß dem multisektoralen Regionalbeihilferahmen für größere Investitionsvorhaben vom 16. Dezember 1997 (ABl. EG 1998 Nr. C 107 S. 7), zuletzt geändert durch die Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten vom 11. August 2001 (ABl. EG Nr. C 226 S. 16), erfüllt, ist erst festzusetzen, wenn die Europäische Kommission die höchstzulässige Beihilfeintensität festgelegt hat. Die Investitionszulage für Investitionen, die zu einem Investitionsvorhaben gehören, das die Anmeldungsvoraussetzungen gemäß dem multisektoralen Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben vom 13. Februar 2002 (ABl. EG Nr. C 70 S. 8), geändert durch Mitteilung der Kommission vom 1. November 2003 (ABl. EU Nr. C 263 S. 3), erfüllt, ist in den Fällen, in denen hiernach eine Einzelnotifizierung vorgeschrieben ist, erst nach Genehmigung durch die Europäische Kommission festzusetzen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates weitere Einzelnotifizierungspflichten zu regeln, die sich aus den von den Organen der Europäischen Gemeinschaften erlassenen Rechtsvorschriften ergeben. Die Investitionszulage ist der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorzulegen und erst nach deren Genehmigung festzusetzen, wenn sie für Unternehmen bestimmt ist, die
- 1.
keine kleinen Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EG Nr. L 107 S. 4), ersetzt durch die Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 S. 36), sind, - 2.
als Unternehmen in Schwierigkeiten Umstrukturierungsbeihilfen im Sinne der "Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten" vom 1. Oktober 2004 (ABl. EU Nr. C 244 S. 2) erhalten haben und - 3.
sich in der Umstrukturierungsphase befinden. Die Umstrukturierungsphase beginnt mit der Genehmigung des Umstrukturierungsplans im Sinne der "Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten" und endet mit der vollständigen Durchführung des Umstrukturierungsplans.
(3) Die Investitionszulage ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids aus den Einnahmen an Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer auszuzahlen.
(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
(1) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung (Fünfjahreszeitraum)
- 1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören, - 2.
in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben, - 3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden und - 4.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllen.
(2) Begünstigt sind die folgenden beweglichen Wirtschaftsgüter:
- 1.
Wirtschaftsgüter, die während des Fünfjahreszeitraums in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder in Betrieben der produktionsnahen Dienstleistungen verbleiben. Betriebe der produktionsnahen Dienstleistungen sind die folgenden Betriebe: - a)
Betriebe der Datenverarbeitung und Datenbanken, - b)
Betriebe der Forschung und Entwicklung, - c)
Betriebe der Markt- und Meinungsforschung, - d)
Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung, - e)
Ingenieurbüros für technische Fachplanung, - f)
Büros für Industrie-Design, - g)
Betriebe der technischen, physikalischen und chemischen Untersuchung, - h)
Betriebe der Werbung und - i)
Betriebe des fotografischen Gewerbes.
Hat ein Betrieb Betriebsstätten im Fördergebiet und außerhalb des Fördergebiets, gelten für die Einordnung des Betriebs in das verarbeitende Gewerbe die gesamten Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb; - 2.
Wirtschaftsgüter, die während des Fünfjahreszeitraums ausschließlich kleinen und mittleren Betrieben des Handwerks dienen. Betriebe des Handwerks sind die Gewerbe, die in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen sind. Kleine und mittlere Betriebe sind Betriebe, die nicht mehr als 250 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigen, die Arbeitslohn oder Kurzarbeitergeld beziehen; - 3.
Wirtschaftsgüter, die während des Fünfjahreszeitraums in kleinen und mittleren Betrieben des Groß- oder Einzelhandels und in Betriebsstätten des Groß- oder Einzelhandels in den Innenstädten verbleiben. Kleine und mittlere Betriebe sind Betriebe, die nicht mehr als 50 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigen, die Arbeitslohn oder Kurzarbeitergeld beziehen. Eine Betriebsstätte liegt in der Innenstadt, wenn der Anspruchsberechtigte durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweist, dass die Betriebsstätte nicht in einem Gebiet liegt, das durch Bebauungsplan oder sonstige städtebauliche Satzung als Industriegebiet, Gewerbegebiet oder als Sondergebiet im Sinne des § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung festgesetzt ist oder in dem auf Grund eines Aufstellungsbeschlusses entsprechende Festsetzungen getroffen werden sollen oder das auf Grund der Bebauung der näheren Umgebung einem dieser Gebiete entspricht.
(3) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung neuer Gebäude, Eigentumswohnungen, im Teileigentum stehender Räume und anderer Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (Gebäude), bis zum Ende der Fertigstellung sowie die Herstellung neuer Gebäude, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung
- 1.
in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes oder in einem Betrieb der produktionsnahen Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1, - 2.
in einem kleinen und mittleren Betrieb des Handwerks im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder - 3.
in einem kleinen und mittleren Betrieb des Groß- oder Einzelhandels und in einer Betriebsstätte des Groß- oder Einzelhandels in der Innenstadt im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3
(4) Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1998 und
- 1.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 und des Absatzes 3 Nr. 1 vor dem 1. Januar 2005, - 2.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 und 3 und des Absatzes 3 Nr. 2 und 3 vor dem 1. Januar 2002
(5) Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen, soweit sie die vor dem 1. Januar 1999 geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten und entstandenen Teilherstellungskosten übersteigen. In die Bemessungsgrundlage können die im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten und entstandenen Teilherstellungskosten einbezogen werden. In den Fällen des Satzes 2 dürfen im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Bemessung der Investitionszulage nur berücksichtigt werden, soweit sie die Anzahlungen oder Teilherstellungskosten übersteigen. § 7a Abs. 2 Satz 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.
(6) Die Investitionszulage beträgt
- 1.
10 vom Hundert der Bemessungsgrundlage für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 2000 begonnen hat, - 2.
12,5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1999 begonnen hat, - 3.
15 vom Hundert der Bemessungsgrundlage für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 2000 begonnen hat, wenn es sich um Investitionen in Betriebsstätten im Randgebiet nach der Anlage 2 zu diesem Gesetz handelt, - 4.
5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage für andere Investitionen, wenn sie der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 2002 abschließt.
(7) Die Investitionszulage erhöht sich für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 entfällt, wenn die Wirtschaftsgüter während des Fünfjahreszeitraums in Betrieben verbleiben, die nicht mehr als 250 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigen, die Arbeitslohn oder Kurzarbeitergeld beziehen, auf
- 1.
20 vom Hundert für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 2000 begonnen hat, - 2.
25 vom Hundert für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1999 begonnen hat, - 3.
27,5 vom Hundert für Erstinvestitionen, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 2000 begonnen hat, wenn es sich um Investitionen in Betriebsstätten im Randgebiet nach der Anlage 2 zu diesem Gesetz handelt, - 4.
10 vom Hundert für andere Investitionen, wenn sie der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 2002 abschließt. Schließt der Anspruchsberechtigte diese Investitionen nach dem 31. Dezember 2001 und vor dem 1. Januar 2005 ab, beträgt die Investitionszulage 5 vom Hundert.
(8) Erstinvestitionen sind die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die einem der folgenden Vorgänge dienen:
- 1.
Errichtung einer neuen Betriebsstätte, - 2.
Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte, - 3.
grundlegende Änderung eines Produkts oder eines Produktionsverfahrens eines bestehenden Betriebs oder einer bestehenden Betriebsstätte oder - 4.
Übernahme eines Betriebs, der geschlossen worden ist oder geschlossen worden wäre, wenn der Betrieb nicht übernommen worden wäre.
(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.
(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.
(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.
(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.
(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.
(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.
(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.
(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.
(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.
(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.
(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.
(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.
(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.
(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).
(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.
(1) Von der Steuer ist befreit:
- 1.
Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch entnommen wird; - 2.
Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird; - 3.
Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern oder in hocheffizienten KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt erzeugt wird und der - a)
vom Betreiber der Anlage als Eigenerzeuger im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird oder - b)
von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen;
- 4.
Strom, der in Anlagen erzeugt wird, soweit diese der vorübergehenden Stromversorgung im Falle des Ausfalls oder der Störung der sonst üblichen Stromversorgung dienen (Notstromanlagen); - 5.
Strom, der auf Wasserfahrzeugen oder in Luftfahrzeugen erzeugt und eben dort verbraucht wird, sowie Strom, der in Schienenfahrzeugen im Schienenbahnverkehr erzeugt und zu begünstigten Zwecken nach Absatz 2 entnommen wird; - 6.
Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt erzeugt und am Ort der Erzeugung verwendet wird, sofern die Anlagen weder mittel- noch unmittelbar an das Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom angeschlossen sind und zur Stromerzeugung nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse eingesetzt werden; - 7.
Strom, für den bei der Entnahme die Voraussetzungen vorliegen nach - a)
Artikel XI des Abkommens vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (BGBl. 1961 II S. 1183, 1190) in der jeweils geltenden Fassung und den Artikeln 65 bis 67 des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 zu dem Abkommen vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218) in der jeweils geltenden Fassung, - b)
Artikel 15 des Abkommens vom 13. März 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Obersten Hauptquartier der Alliierten Mächte, Europa, über die besonderen Bedingungen für die Einrichtung und den Betrieb internationaler militärischer Hauptquartiere in der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. 1969 II S. 1997, 2009) in der jeweils geltenden Fassung und - c)
den Artikeln III bis V des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 15. Oktober 1954 über die von der Bundesrepublik Deutschland zu gewährenden Abgabenvergünstigungen für die von den Vereinigten Staaten im Interesse der gemeinsamen Verteidigung geleisteten Ausgaben (BGBl. 1955 II S. 821, 823) in der jeweils geltenden Fassung;
- 8.
Strom, der von in internationalen Übereinkommen vorgesehenen internationalen Einrichtungen entnommen wird.
(1a) Strom ist nicht nach Absatz 1 Nummer 1 von der Steuer befreit, wenn er in ein Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom eingespeist wird. Ein Einspeisen liegt auch dann vor, wenn Strom lediglich kaufmännisch-bilanziell weitergegeben und infolge dessen als eingespeist behandelt wird.
(2) Strom unterliegt einem ermäßigten Steuersatz von 11,42 Euro für eine Megawattstunde, wenn er im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen oder für den Fahrbetrieb im Schienenbahnverkehr, mit Ausnahme der betriebsinternen Werkverkehre und Bergbahnen, entnommen wird und nicht gemäß Absatz 1 von der Steuer befreit ist.
(2a) (weggefallen)
(3) Strom unterliegt einem ermäßigten Steuersatz von 0,50 Euro für eine Megawattstunde, wenn er im Fall einer landseitigen Stromversorgung von Wasserfahrzeugen für die Schifffahrt, mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt, verbraucht wird. Satz 1 gilt nicht für die landseitige Stromversorgung von Wasserfahrzeugen während ihres Aufenthaltes in einer Werft.
(4) Der Erlaubnis bedarf, wer
- 1.
nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3 von der Steuer befreiten Strom entnehmen will, - 2.
nach Absatz 2 oder Absatz 3 begünstigten Strom entnehmen will oder - 3.
von der Steuer befreiten Strom nach Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b an Letztverbraucher leisten will.
(5) (weggefallen)
(6) Der Erlaubnisinhaber darf den steuerbegünstigt bezogenen Strom nur zu dem in der Erlaubnis genannten Zweck entnehmen. Die Steuer entsteht für Strom, der zu anderen als in der Erlaubnis genannten Zwecken entnommen wird, nach dem Steuersatz des § 3. Besteht die Steuerbegünstigung in einer Steuerermäßigung, gilt Satz 2 nur für den ermäßigten Teil der Steuer. Steuerschuldner ist der Erlaubnisinhaber.
(7) (weggefallen)
(8) Wird Strom steuerbegünstigt an einen Nichtberechtigten geleistet, entsteht die Steuer auch in der Person des Nichtberechtigten. Mehrere Steuerschuldner sind Gesamtschuldner.
(9) Die Steuerbefreiungen nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 und die Steuerermäßigungen nach den Absätzen 2 und 3 werden gewährt nach Maßgabe und bis zum Auslaufen der hierfür erforderlichen Freistellungsanzeigen bei der Europäischen Kommission nach der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung; ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1; L 283 vom 27.9.2014, S. 65), die durch die Verordnung (EU) 2017/1084 (ABl. L 156 vom 20.6.2017, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Das Auslaufen der Freistellungsanzeigen ist vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesgesetzblatt gesondert bekannt zu geben.
Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
- 1.
Versorger: Derjenige, der Strom leistet; - 2.
Eigenerzeuger: derjenige, der Strom zum Selbstverbrauch erzeugt; - 2a.
Klassifikation der Wirtschaftszweige: die vom Statistischen Bundesamt in 65189 Wiesbaden, Gustav-Stresemann-Ring 11, herausgegebene Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), auch zu beziehen über www.destatis.de; - 3.
Unternehmen des Produzierenden Gewerbes: Unternehmen, die dem Abschnitt C (Bergbau und Gewinnung von Steine und Erden), D (Verarbeitendes Gewerbe), E (Energie- und Wasserversorgung) oder F (Baugewerbe) der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind, sowie die anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 219 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn sie überwiegend eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die den vorgenannten Abschnitten der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen ist; - 4.
Unternehmen im Sinne der Nummer 3: Kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie kommunale Eigenbetriebe, die auf Grundlage der Eigenbetriebsgesetze oder Eigenbetriebsverordnungen der Länder geführt werden; - 5.
Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft: Unternehmen, die dem Abschnitt A (Land- und Forstwirtschaft) oder der Klasse 05.02 (Teichwirtschaft und Fischzucht) der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind, sowie die anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 219 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn sie überwiegend eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die dem Abschnitt A oder der Klasse 05.02 der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen ist; - 6.
Unternehmen im Sinne der Nummer 5: Wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit, die unter einheitlicher und selbständiger Führung steht; - 7.
Strom aus erneuerbaren Energieträgern: Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird, ausgenommen Strom aus Wasserkraftwerken mit einer installierten Generatorleistung über zehn Megawatt; - 8.
Elektromobilität: das Nutzen elektrisch betriebener Fahrzeuge, ausgenommen schienen- oder leitungsgebundener Fahrzeuge; - 9.
stationärer Batteriespeicher: ein wiederaufladbarer Speicher für Strom auf elektrochemischer Basis, der während des Betriebs ausschließlich an seinem geografischen Standort verbleibt, dauerhaft mit dem Versorgungsnetz verbunden und nicht Teil eines Fahrzeuges ist. Der geografische Standort ist ein durch geografische Koordinaten bestimmter Punkt; - 10.
hocheffiziente KWK-Anlagen: ortsfeste Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme, die die Voraussetzungen nach § 53a Absatz 6 Satz 4 und 5 des Energiesteuergesetzes erfüllen; - 11.
Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom: ein Netz, das der Verteilung von Strom an Dritte dient und von seiner Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Personen ausgelegt ist, sondern grundsätzlich jedermann für die Versorgung offensteht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.