Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Aug. 2015 - 3 K 1637/13

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2015:0811.3K1637.13.0A
bei uns veröffentlicht am11.08.2015

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Strittig sind innergemeinschaftliche Lieferungen von Kraftfahrzeugen.

2

Die Klägerin ist Organträger der A-GmbH, welche einen Kraftfahrzeughandel und eine Autowerkstatt betreibt.

3

Nach Mitteilung der polnischen Steuerverwaltung hatte die GmbH im Juli 2007 ein Kraftfahrzeug "Kia Sportage" nicht als innergemeinschaftliche Lieferung nach Polen, sondern nach Frankreich veräußert. Das Fahrzeug wurde in Deutschland von einem Franzosen abgeholt und in Frankreich wohl zu Unrecht die Differenzbesteuerung angewandt.

4

Nach den daraufhin angestellten Ermittlungen der Steuerfahndung ergab sich, dass das Kraftfahrzeug Kia Sportage bei der GmbH mit Telefax vom 26. Juni 2007 angeblich von einer Firma "…" –I–PL– in Polen bestellt wurde. Bei der Adresse der I–PL war eine polnische Faxnummer angegeben. Das Fax trug hingegen die französische Faxkennung "..." und als Unterzeichner war eine "…." mit französischem Telefonanschluss und französischer E–mail–Adresse angegeben. Nach Internetrecherche durch die Steuerfahndung mittels einfacher "Google–Suche" unter Angabe der Faxnummer war das Bestellfax von der Firma "..." mit Sitz in Paris aufgegeben worden, welche im Internet mit ihrer Homepage "www…...fr" wirbt. Die von der GmbH an die angegebene polnische Faxnummer der I–PL gefaxte "Verbindliche Bestellung eines Kraftfahrzeugs" wurde mit der polnischen Faxkennung und dem Firmenstempel der I–PL versehen an die GmbH zurück gefaxt. Die Unterschrift beim Firmenstempel der I–PL ist der Unterschrift auf dem der GmbH zugefaxten Kopie des Personalausweises des Geschäftsführers der I–PL lt. ebenfalls der GmbH zugefaxtem polnischem Handelsregisterauszug, … –K–, vergleichbar. Nach Überweisung des Kaufpreises von 14.700 €  auf das Konto der GmbH ging bei der GmbH am 24. Juli 2007 per Fax eine "Vollmacht für Abholung“ für das Kraftfahrzeug ein, wobei die Faxkennung unterdrückt war. In der Vollmacht ist als Unterzeichner K angegeben, die Vollmacht ist aber nicht unterzeichnet. In der Vollmacht ist …. –M– für den 25. Juli 2007 bevollmächtigt, das Kraftfahrzeug abzuholen und nach Polen zu verbringen. Am 25. Juli 2007 erschien M bei der GmbH und holte das Kraftfahrzeug Kia Sportage ab. Ausweislich der von der GmbH gefertigten Kopie des Personalausweises wurde die Verbringensbestätigung vom 25. Juli 2007 offensichtlich von M unterschrieben. In der lückenhaft ausgefüllten Verbringensbestätigung versichert M das Verbringen des Kraftfahrzeugs nach Polen ohne nähere Ortsangabe. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung wurde das Kraftfahrzeug am 28. September 2007 in Frankreich auf eine dritte Person zugelassen. Die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung lägen daher nach Ansicht der Steuerfahndung nicht vor.

5

Aufgrund einer Spontanauskunft der niederländischen Steuerverwaltung hinsichtlich angeblicher Lieferungen von vier "Audi Q7" in die Niederlande an die niederländische Gesellschaft …. –T BV– stellte die Steuerfahndung ebenfalls Ermittlungen bei der GmbH an. Tatsächlich wurden die Kraftfahrzeuge auf dem Landweg nach Triest befördert und von dort aus in die Türkei verschifft.

6

Nach Terminvereinbarung durch die Steuerfahndung für eine Umsatzsteuer–Nachschau versuchte die GmbH mit Telefax vom 28. August 2008 nachträglich, bei Herrn …. –A– eine unterschriebene Vollmacht für den Fahrer …. –S– zu erlangen. Auf Anforderung wurde der GmbH am 28. August 2008 ein Handelsregisterauszug der Firma T BV vom Handelsregister Rotterdam mit Fax übersandt.

7

Nach Auskunft der Buchhalterin der GmbH, Frau …. –B–, seien die Fahrzeuge bei der GmbH ursprünglich von der Firma …. –C– in Deutschland bestellt worden. Als die C die Verträge nicht habe erfüllen und die Fahrzeuge nicht habe abnehmen können, habe diese sich zur Vermeidung einer Vertragsstrafe selbst um einen anderen Käufer gekümmert. Durch Vermittlung der C sei der Verkauf an die T BV Rotterdam, Niederlande zustande gekommen. In diesem Zusammenhang sei es zu Stornierungen der ursprünglich an die C ausgestellten Rechnungen als auch zu Stornierungen der ursprünglich an die T BV neu fakturierten Rechnungen gekommen, die anstelle eines Kaufvertrages in die Buchhaltung der GmbH aufgenommen worden seien. Am Abholungstag am 15. Oktober 2007 seien endgültige Rechnungen erstellt worden. Die T BV habe die Rechnungen bar beglichen. Die Kraftfahrzeuge seien von dem Geschäftsführer der T BV, A und dem Fahrer S am 15. Oktober 2007 abgeholt und auf einen Sattelzug (Zugmaschine und Hänger) verladen worden. Sowohl A als auch S seien an einem Tag auf jeden Fall im Autohaus gewesen. Es lägen ja auch Ausweiskopien vor. Sie könne aber nicht sagen, ob sie gemeinsam aufgetreten seien. Mit A habe sie persönlich gesprochen, könne sich aber nicht mehr daran erinnern, ob sie auch persönlich mit S verhandelt habe. Für sie sei S Fahrer einer Spedition gewesen. Sie habe die Übergabe der Fahrzeuge nur aushilfsweise gemacht, da dies normalerweise Aufgabe des Verkäufers sei. Es sei an diesem Tag aber kein Verkäufer im Hause gewesen. Einen Frachtbrief habe sie vom Fahrer nicht bekommen. Der Verkäufer bei der GmbH, Herr … –RK–, hat in seiner Vernehmung am 23. Oktober 2008 vor der Steuerfahndung bestätigt, dass er am 15. Oktober 2007 nicht im Autohaus gewesen sei.

8

Der Sattelzug war auf einen …. aus Dortmund zugelassen. Dieser ist Inhaber der Firma … –MT–, bei dem der Fahrer S seit 2006 bis 2007 Arbeitnehmer war. Nach Angaben des Inhabers der MT sei Auftraggeber die Firma … GmbH –SC- aus Herne gewesen, an die auch die Rechnung gegangen sei und eine Ausfertigung des Frachtbriefs CMR sei im Autohaus/bei der GmbH verblieben, da man dort schließlich einen Nachweis darüber benötige, dass und an wen die Ware tatsächlich ausgehändigt worden sei. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung sei die Kontaktaufnahme des A mit der GmbH über die Gelsenkirchener Telefon– und Fax–Nummer des A erfolgt. Aus den beschlagnahmten Unterlagen sei nachzuvollziehen, dass ein Herr …-I- sowohl an den Geschäften der C beteiligt, als auch Mitgesellschafter der SC aus Herne gewesen sei. Der Geschäftsführer der T BV, A, habe bei der Vernehmung ausgesagt, dass er vielfach nur im Auftrag von I tätig geworden sei.

9

Nach Angaben des Fahrers S gegenüber der Steuerfahndung habe er bei der Abholung der streitbefangenen Kraftfahrzeuge bei der GmbH einen Vertreter des Abnehmers dort nicht gesehen und ausschließlich mit dem zuständigen Verkäufer zu tun gehabt. Er habe eine Ausfertigung des Frachtbriefes dem Verkäufer als Nachweis dafür übergeben, dass er die Fahrzeuge übernommen habe. Nach Einschätzung der Steuerfahndung sei daher A entgegen der von der GmbH suggerierten Beleglage bei der Übergabe der Kraftfahrzeuge nicht anwesend gewesen.

10

In dem CMR–Frachtbrief vom 16. Oktober 2007 sind als Versender die Firma SC und als Empfänger die Firma "…." in Triest angegeben.

11

Der Kaufpreis von insgesamt 213.755 € wurde von A mittels einer ersten Anzahlung in Höhe von 5.500 € am 25. September 2007 in bar, mit einer weiteren Anzahlung am 28. September 2007 in Höhe von 215 € in bar und 40 € mit Kreditkarte sowie schließlich mit einem Verrechnungsscheck über 208.000 € beglichen. Der Verrechnungsscheck ist auf der Rückseite von A unter dem Datum 28. September 2007 indossiert. Nach Angaben der Sparkasse Bochum war Aussteller des Schecks die SC in Herne. Unterschrieben war der Scheck von dem Geschäftsführer … .

12

In den von der GmbH vorgelegten Verbringensbestätigungen für die Fahrzeuglieferungen hat bei den Angaben zu "Hiermit versichere ich (Name und Anschrift des Auftraggebers oder des Bevollmächtigten)" der Fahrer S unter seinen Angaben zur Person unterschrieben und die amtlichen Kennzeichen des Sattelzugs mit Standort Dortmund (Kennzeichen DO....) angegeben. Danach ist das Kreuz in dem Feld "im eigenen Namen" durchgestrichen und das Feld "im Namen und im Auftrag von" angekreuzt. Hier sind die Anschrift der T BV und deren niederländische Umsatzsteuer–Identifikationsnummer sowie die Ausweisnummer des A angegeben. Versichert ist, dass das Fahrzeug zur T BV nach Rotterdam befördert wird. Unter dem Datum vom 15. Oktober 2007 sind die Verbringensbestätigungen von A unterschrieben. Zu den Verbringensbestätigungen hat die GmbH Ausweiskopien des A und des S vorgelegt. Die Verbringensbestätigungen sind in verschiedenen Handschriften ausgefüllt. B hat hierzu ausgesagt, dass sie selbst teilweise die Vordrucke ausgefüllt habe. Eventuell hätten auch andere Mitarbeiter der GmbH die Vordrucke ausgefüllt. Die fehlerhafte Ortsangabe "Türkei" bei der Firma T BV sei von ihr, da sie diese dem Ausweis des A entnommen habe.

13

Wegen der abweichenden Datumsangaben in den Verbringensbestätigungen und in dem CMR–Frachtbrief habe nach Einschätzung der Steuerfahndung nicht mehr geklärt werden können, an welchem Tag die Lieferung tatsächlich stattgefunden habe. Auch hier lägen die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach Ansicht der Steuerfahndung nicht vor.

14

Der Beklagte folgte der Auffassung der Steuerfahndung und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2007 mit Bescheid vom 1. März 2010. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein. In der Zeit vom 23. November 2009 bis zum 19. August 2010 fand bei der GmbH eine Betriebsprüfung statt, in die auch die Ergebnisse der Ermittlungen der Steuerfahndung einflossen. Im Anschluss an die Betriebsprüfung änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2007 nochmals mit Bescheid vom 4. Oktober 2010. Der Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2007 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2013 zurückgewiesen.

15

Die Klägerin trägt vor, hinsichtlich der Lieferung des Kraftfahrzeugs Kia Sportage an die Firma I–PL habe sie den Belegnachweis erbracht. Die Auffassung des Beklagten sei unverständlich, da die Firma I–PL, vertreten durch K, am 24. Juli 2007 die entsprechende Vollmacht, die auch dem Beklagten vorliege, per Fax an sie übermittelt habe. Soweit der Beklagte noch eingehendere Überprüfungen verlange, überspanne er die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns. Auch wenn das Fahrzeug nicht wie vom Abholbeauftragten bestätigt nach Polen, sondern wie vom Beklagten behauptet nach Frankreich gelangt sei, sei aufgrund des ordnungsgemäßen Belegnachweises Vertrauensschutz zu gewähren. Zwar sei in der Verbringensbestätigung als Bestimmungsort lediglich Polen angegeben. Allerdings habe sie zum Lieferzeitpunkt aufgrund der Vollmacht für die Abholung mit voller Firmenanschrift des Abnehmers keine Zweifel daran gehabt, dass mit dem Bestimmungsort Polen auch der Niederlassungsort des Empfängerunternehmens bezeichnet gewesen sei. Insofern hätte sie davon ausgehen können, dass das Fahrzeug zum Unternehmenssitz des Abnehmers befördert werde. Hinzu komme, dass der Kaufpreis vom Abnehmer überwiesen und bereits am 20. Juli 2007 auf dem Konto der GmbH gutgeschrieben gewesen sei und es handele sich nicht um ein hochwertiges Kraftfahrzeug. Hinsichtlich der Lieferung der vier Audi Q7 an die Firma T BV habe sie ebenfalls den Belegnachweis erbracht. Auch bei Vorliegen eines Reihengeschäfts sei die Lieferung von ihr an die T BV als bewegte Lieferung anzusehen. Der Weiterverkauf der Kraftfahrzeuge durch die T BV an die SC sei ihr nicht bekannt gewesen. Der Geschäftsführer A habe mit Versicherung vom 15. Oktober 2007 als erster Abnehmer gegenüber ihr unter Angabe der gültigen niederländischen Umsatzsteuer–Identifikationsnummer der T BV erklärt, dass die Kraftfahrzeuge nach Rotterdam und damit in einen anderen Mitgliedstaat als den Liefermitgliedstaat befördert würden. Der CMR–Frachtbrief, aus dem die Weiterlieferung hervorgehe, habe ihr erst im Nachhinein auf ihre Anforderung vorgelegen. Die Beauftragung der Spedition MT durch die Firma SC sei ihr nicht bekannt gewesen. In der Verbringensbestätigung habe A versichert, dass er die Fahrzeuge in Empfang genommen habe und nach Rotterdam befördern werde. Selbst wenn man der Schlussfolgerung des Beklagten folge und zu dem Ergebnis käme, dass der Lieferung an die T BV keine Warenbewegung zu Grunde liege, sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren. Denn dann habe die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des A als Geschäftsführer der T BV beruht. Die Unrichtigkeit der Angaben sei für sie nicht erkennbar gewesen. Da A selbst in –im Autohaus-  gewesen sei und die Bestätigung abgegeben habe, habe sie davon ausgehen können, dass die Fahrzeuge durch einen Beauftragten des Erwerbers nach Rotterdam transportiert werden würden und ein Abholfall vorliege. Auch aus dem Verrechnungsscheck habe sich für sie nicht ergeben, dass ein Weiterverkauf der Kraftfahrzeuge bereits erfolgt sei. Der Vermerk auf dem Scheck sei von einer dritten Person ausgestellt worden und die T BV als Empfänger angegeben. Auf dem Scheck seien außer der Unterschrift des Ausstellers keine weiteren Angaben über dessen Identität enthalten, insbesondere kein Firmenstempel eines weiteren Abnehmers. Daher habe der Schluss nahe gelegen, bei dem Scheck handele es sich um einen reinen Finanzierungsscheck, der ausdrücklich nur für den Ankauf der vier Audi Q7 durch die T BV vorgesehen gewesen sei. Hierfür spreche auch dass die Schecksumme von 208.000 € dem zwischen der GmbH und der T BV vereinbarten Kaufpreis entspreche. Es sei insofern nicht davon auszugehen, dass es sich um einen von einem weiteren Käufer ausgestellten Scheck handele, weil damit die T BV quasi den eigenen Einkaufspreis gegenüber diesem Dritten aufgedeckt hätte. Jedenfalls aber habe A ihr den Weiterverkauf nicht mitgeteilt. Unabhängig davon sei nach der neueren Rechtsprechung des BFH allein die Kenntnis des Veräußerers von einer Weiterveräußerung des Liefergegenstandes durch den Ersterwerber für die Zuordnung der warenbewegten Lieferung im Reihengeschäft nicht ausreichend. Dies bedürfe vielmehr einer Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls und entscheidend sei, zu welchem Zeitpunkt die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden sei.

16

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 4. Oktober 2010 unter Aufhebung der Einschussentscheidung vom 3. Mai 2013 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuerfestsetzung um 36.475 € vermindert wird.

17

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

18

Der Beklagte trägt vor, hinsichtlich der Lieferung des Kia Sportage an die I–PL in Polen sei die GmbH möglicherweise davon ausgegangen, dass es sich bei M um einen Abholbeauftragten und damit um eine für die I–PL unselbstständig tätige Personen gehandelt habe. Anhaltspunkte hierfür, beispielsweise für ein Arbeitsverhältnis zwischen dem in Frankreich wohnhaften M und der in Polen ansässigen I–PL lägen nach Aktenlage jedoch nicht vor. Der Umstand, dass ein in Frankreich wohnhafter französischer Staatsbürger ein Kraftfahrzeug in die von seinem Wohnort entgegengesetzte Richtung nach Polen befördern solle, habe bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Anlass zu weiteren Nachfragen gegeben. An einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des M durch die I–PL fehle es ebenfalls. Bei der übermittelten Bevollmächtigung sei die Faxkennung unterdrückt gewesen und diese habe keine Unterschrift enthalten. Schließlich sei auch die Verbringensbestätigung nicht ordnungsgemäß ausgefüllt, insbesondere fehle es an der Angabe des Bestimmungsortes. Aufgrund des mangelhaften Beleg– und Buchnachweises komme hier ein Vertrauensschutz nicht in Betracht. Allein die spätere Zulassung des Kraftfahrzeugs in Frankreich rechtfertige die Gewährung der Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht. Hinsichtlich der Lieferung der vier Audi Q7 an die T BV in den Niederlanden fehle es ebenfalls am ordnungsgemäßen Belegnachweis. Da die vier Audi Q7 auf ein Transportfahrzeug einer Spedition verladen worden seien, liege eine Versendung vor. Damit sei der Belegnachweis nach § 17 Abs. 4 UStDV zu führen. Unmaßgeblich sei, dass die GmbH die Spedition nicht selbst beauftragt habe und gegebenenfalls bis zur Verladung der Kraftfahrzeuge möglicherweise von einer Abholung durch die Firma T BV oder durch deren Beauftragten ausgegangen sei. Mit Verladung der Fahrzeuge auf das Transportfahrzeug der Spedition komme der Versicherung der T BV, die Fahrzeuge nach Rotterdam zu transportieren, keine Bedeutung mehr zu. Die Angaben in der Verbringensbestätigung seien auch nicht eindeutig. Hinsichtlich der Unterschrift des Fahrers sei zweifelhaft, ob dieser damit eine Beförderung in ein bestimmtes Land oder, was offensichtlicher sei, nur seine persönlichen Angaben bestätigen wolle. Die Unterschrift des Fahrers und des Geschäftsführers A auf der Verbringensbestätigung vom 15. Oktober 2007 könnten die nach § 17 Abs. 4 UStDV erforderlichen Angaben jedoch nicht ersetzen. Die Auffassung der Klägerin, wonach sie habe davon ausgehen können, dass die Fahrzeuge durch einen Beauftragten der Firma T BV abgeholt und transportiert würden, sei unmaßgeblich, da es sich bei einer Beförderung durch einen Beauftragten des Abnehmers im Sinne des § 17 Abs. 2 UStDV um eine für den Abnehmer unselbständig tätige Person handeln müsse. Die Buchhalterin der GmbH habe jedoch in ihrer Vernehmung vor der Steuerfahndung ausgesagt, dass sie S als Fahrer einer Spedition angesehen habe. Damit sei klar gewesen, dass der Fahrer des Transportfahrzeugs nicht Beauftragter der T BV, sondern Arbeitnehmer einer Spedition gewesen sei. Die Beauftragung der Spedition durch die Firma SC spreche dafür, dass diese den Auftrag in ihrer Eigenschaft als Eigentümer der Fahrzeuge erteilt hätte. Ebenso die Angaben im Frachtbrief, in der die Firma SC als Absender genannt sei sowie der Scheck vom 27. September 2007, den A am 28. September 2007 an die GmbH weitergereicht habe. Wegen des fehlerhaften Belegnachweises sei der Klägerin auch hier kein Vertrauensschutz zu gewähren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

20

Bei den Lieferungen des Kia Sportage und der vier Audi Q7 handelt es sich nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 6a Abs. 1 UStG. Vertrauensschutz gem. § 6a Abs. 4 UStG ist der Klägerin nicht zu gewähren.

21

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei -§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG-, wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat -§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG-, wenn der Abnehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c UStG erfüllt und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt -§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG-. Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte -§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG- (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 2014 – XI R 37/12, BFH/NV 2015, 358).

22

Die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG müssen nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Wie der Unternehmer diesen Nachweis zu führen hat, ist vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in §§ 17a, 17c UStDV geregelt worden. Hierzu bestimmt § 17a Abs. 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat und dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis). Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer–Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss und die Voraussetzungen müssen gemäß § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV "eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen" sein (sog. Buchnachweis).

23

Nach der Rechtsprechung des BFH ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind, sofern der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nachkommt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der –formellen– Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbrachte (BFH–Urteile vom 6. Dezember 2007 – V R 59/03, UR 2008, 186 und vom 8. November 2007 – V R 71/05 und V R 72/05, UR 2008, 337 und UR 2008, 340). Erweisen sich die Nachweisangaben aber als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisregeln und –grundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig. Der Unternehmer trägt dabei das Risiko einer nicht geglückten Aufklärung einer als zweifelhaft erscheinenden Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung eines Abnahmebeauftragten. Ausnahmsweise kann die Lieferung aber unter den Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei sein, wenn die Unrichtigkeit auf Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (vgl. BFH–Urteil vom 12. Mai 2009 – V R 65/06, BFH/NV 2009, 1555).

24

1. Nach den vorgenannten Grundsätzen liegen keine nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen vor.

25

Zu der Erfüllung der formellen Nachweispflichten ist in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV geregelt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus den Belegen eindeutig ergeben. Der für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung geforderte Belegnachweis kann nicht durch eine mündliche, sondern nur durch eine schriftliche Versicherung geführt werden. Dies ergibt der Hinweis auf "Belege" in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV. Die gesetzlich geforderte eindeutige und leichte Nachprüfung muss gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus Urkunden in Form von Belegen möglich sein (BFH–Urteil vom 18. Juli 2002 – V R 3/02, BStBl. II 2003, 616).

26

Hinsichtlich der Lieferung des Kia Sportage liegt ein sog. Abholfall vor.

27

In den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer soll der Unternehmer den erwähnten Nachweis gem. § 17a Abs. 2 UStDV durch

– das Doppel der Rechnung (Nr. 1),

– einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein (Nr. 2),

– eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3),

sowie

eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet "zu befördern" (Nr. 4) führen.

28

Diesen vorgenannten Anforderungen nach § 17a Abs. 2 Nrn. 3 und 4 UStDV genügen die von der GmbH vorgelegten Belege nicht.

29

a) Im Streitfall fehlt es an den Angaben zum Bestimmungsort der Lieferung des Kia Sportage. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Die Angabe allein des Bestimmungslands Polen in der Verbringensbestätigung ist insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. BFH–Urteil vom 14. November 2012 – XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).

30

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht auch nicht der Zusammenhang der Vollmacht für die Abholung mit der Angabe der Firmenanschrift des Abnehmers. Zwar kann sich die gem. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH–Urteil vom 14. November 2012 – XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).

31

Davon konnte die GmbH im Streitfall aber gerade nicht ausgehen. Zunächst einmal wurde ausweislich der Faxkennung das Telefax, mit dem das Kraftfahrzeug bestellt wurde, nicht aus Polen abgesandt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben selbst, denn bei der dort angegebenen Adresse der "I–PL" war eine polnische Faxnummer angegeben, das Fax hingegen trug eine französische Faxkennung. Ungewöhnlich musste der GmbH in diesem Zusammenhang auch erscheinen, dass als Unterzeichner eine "…" mit französischem Telefonanschluss und französischer E–Mail–Adresse angegeben war. Bei der der GmbH mit Fax übersandten "Vollmacht für Abholung“ für das Kraftfahrzeug war dann die Faxkennung unterdrückt.

32

c) Die "Vollmacht für Abholung“ ist auch nicht vom Geschäftsführer der I–PL unterzeichnet. Im Streitfall scheitert die Steuerbefreiung für die geltend gemachte innergemeinschaftliche Lieferung deshalb auch daran, dass aus den von der GmbH vorgelegten Belegen nicht ersichtlich ist, dass M den Kia Sportage für den angeblichen Empfänger abgeholt hat und von diesem hierzu beauftragt oder ermächtigt war (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 24. September 2013 – 2 K 570/11, in juris).

33

Zwar gehört die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht zu den Erfordernissen eines ordnungsgemäßen Belegnachweises, ebensowenig der Nachweis der Legitimation des Unterzeichners einer solchen Vollmacht (vgl. BFH–Beschluss vom 3. August 2009 – XI B 79/08, BFH/NV 2010, 72). Aber die Belege haben im Hinblick auf die Nachweisfunktion stets bestimmten Mindestanforderungen zu entsprechen. So kommt einem Beleg, der weder selbst noch durch Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift des Ausstellers erkennen lässt, kein Beweiswert zu, zumal die Belegangaben dann nicht eindeutig und leicht nachprüfbar sind (vgl. BFH–Urteil vom 12. Mai 2009 – V R 65/06, BStBl. II 2010, 511). In den sog. Abholfällen i. S. d. § 17a Abs. 2 UStDV, in denen ein vom Abnehmer Beauftragter den Liefergegenstand abholt, muss sich aus der Versicherung gemäß § 17 a Abs. 2 Nr. 3 UStDV daher ergeben, dass dieser Beauftragter des Abnehmers ist und es muss ein Bezug zu der Lieferung bzw. dem Liefergegenstand, für den Abholvollmacht erteilt wird, erkennbar sein. In diesem Fall muss die Empfangsbestätigung oder die Versicherung eine mit Datum versehene Unterschrift des Beauftragten enthalten und die Identität des Beauftragten muss belegt werden (vgl. BFH–Urteil vom 8. November 2007 V R 26/05, BFH/NV 2008, 1067).

34

Ungewöhnlich musste im Streitfall – worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat – erscheinen, dass ein französischer Staatsbürger das Kraftfahrzeug abgeholt hat, um es nach Polen zu verbringen. Hier wäre angesichts des Lohngefälles innerhalb der Gemeinschaft und wegen des Wohnorts des M in Frankreich ein polnischer Staatsbürger zu erwarten gewesen. Dies hätte umso mehr zu Zweifeln Anlass geben müssen, als auch die Bestellung eine Fax-Kennung aus Frankreich trug.

35

d) Die Klägerin hat den Nachweis für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch nicht auf andere Art und Weise als durch den Beleg– und Buchnachweis erbracht. Für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung genügt nicht, dass das Fahrzeug auf irgendeine Art und Weise in einen anderen Mitgliedstaat gelangt und dort zugelassen ist.

36

Die Zulassung des Kraftfahrzeugs in Frankreich auf eine andere Person als den Abnehmer reicht nicht aus, um davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung objektiv zweifelsfrei feststehen; denn nach der Rechtsprechung des BFH ergibt sich daraus nur das Gelangen in einen anderen Mitgliedstaat, nicht aber auch, wer Abnehmer der Lieferung war, für die die Steuerbefreiung beansprucht wird (vgl. BFH–Urteile vom 25. April 2013 – V R 10/11, BFH/NV 2013, 1453 und vom 26. November 2014 – XI R 37/12, BFH/NV 2015, 358).

37

e) Entscheidend ist im Ergebnis jedenfalls, dass sich die Angaben in den vorgelegten Belegnachweisen als unzutreffend erwiesen haben. Denn tatsächlich ist der Kia Sportage nicht nach Polen, sondern nach Frankreich befördert worden, wie sich aus der Mitteilung der polnischen Steuerverwaltung ergibt. Eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung liegt damit nicht vor.

38

2. Nach der Rechtsprechung des BFH unter Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen, wenn bei einem sog. Reihengeschäft mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt (vgl. BFH–Urteil vom 11. August 2011 – V R 3/10, BStBl. II 2003, 616).

39

Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Gem. § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG Folgendes:

40

"1. Lieferungen, die der Beförderungs– oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.

41

2. Lieferungen, die der Beförderungs– oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

42

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Zweiterwerber den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet. Weder Art. 14 MwStSystRL noch Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL unterscheiden danach, wer die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung übernommen hat, so dass auch in diesem Fall zu ermitteln ist, wann und wo der Zweiterwerber Verfügungsmacht erhalten hat. Außerdem handelt es sich bei der Verschaffung der Verfügungsmacht und der Warenbewegung um separate Tatbestandsmerkmale. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen, die Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, und die physische Verbringung der Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen, keine weiteren Voraussetzungen für die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung aufgestellt werden. Im Rahmen der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ist darauf abzustellen, ob die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, durch den Ersterwerber auf den Zweiterwerber stattgefunden hat, bevor der Gegenstand der Lieferung das Inland verlassen hat (vgl. BFH–Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 30/13, UR 2015, 402). Es ist aber davon auszugehen, dass die Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der Regelfall ist und die Zuordnung zur zweiten Lieferung die Ausnahme (vgl. BFH–Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 15/14, UR 2015, 391).

43

Weder die Tatsache, dass der Zweiterwerber an der Beförderung beteiligt war, noch der Umstand, dass die Gegenstände nicht zur Adresse des Ersterwerbers befördert wurden, können es für sich genommen ausschließen, die Beförderung der ersten Lieferung zuzuordnen. Hingegen kann der Umstand, dass die Beförderung vom Eigentümer des Gegenstands oder für dessen Rechnung durchgeführt wird, bei der Entscheidung, ob diese Beförderung der ersten oder der zweiten Lieferung zugeordnet wird, eine Rolle spielen. Dies setzt voraus, dass ihm vor der Beförderung oder Versendung die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand der Lieferung zu verfügen, übertragen worden ist. Die Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann z.B. sowohl in der Eigentumsübertragung auf den Erwerber als auch in der freiwilligen Übergabe durch den Eigentümer an den Erwerber zu sehen sein. Deshalb wird in dem Fall, dass der Zweiterwerber den Gegenstand der Lieferung beim ersten Lieferer persönlich abholt, oftmals dem Zweiterwerber Verfügungsmacht verschafft und die Warenbewegung folglich der zweiten Lieferung zuzuordnen sein. Allerdings kann sich aus den Gesamtumständen im Einzelfall Abweichendes ergeben, wobei nicht allein auf die subjektive Kenntnis des ersten Lieferers abzustellen ist, sondern die objektiven Umstände maßgeblich sind (vgl. BFH–Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 30/13, UR 2015, 402). Die Mitteilung bzw. Kenntnis vom Weiterverkauf ist für die Zuordnung der Warenbewegung bei einer Reihenlieferung zur Lieferung des Verkäufers oder des (Zwischen–)Erwerbers nicht allein entscheidungserheblich (vgl. BFH–Urteil vom 28. Mai 2013 – XI R 11/09, UR 2013, 756).

44

Bei Würdigung der Umstände des Streitfalls ergibt sich unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze, dass die Lieferung von der T BV an die SC als die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG anzusehen ist.

45

Entscheidend hierfür sieht das Gericht den Umstand an, dass der Geschäftsführer der T BV, A bei der Verladung der vier Audi Q7 auf das Transportfahrzeug der Spedition MT auf dem Betriebsgrundstück der GmbH anwesend war.

46

Zwar hat der Fahrer des Transportfahrzeugs, S, gegenüber der Steuerfahndung angegeben, er habe bei der Abholung der streitbefangenen Kraftfahrzeuge bei der GmbH einen Vertreter des Abnehmers dort nicht gesehen und ausschließlich mit dem zuständigen Verkäufer zu tun gehabt. Er habe eine Ausfertigung des Frachtbriefes dem Verkäufer als Nachweis dafür übergeben, dass er die Fahrzeuge übernommen habe. Die Einschätzung der Steuerfahndung, daher sei A entgegen der von der GmbH suggerierten Beleglage bei der Übergabe der Kraftfahrzeuge nicht anwesend gewesen, teilt das Gericht nicht.

47

Denn der zuständige Verkäufer der GmbH, Herr RK hat gegenüber der Steuerfahndung nämlich angegeben, am 15. Oktober 2007 im Autohaus nicht anwesend gewesen zu sein. An seiner Stelle hat B, die Buchhalterin der GmbH, aushilfsweise die Auslieferung der Fahrzeuge übernommen. Diese hat auch angegeben, dass an diesem Tag kein Verkäufer im Autohaus anwesend gewesen sei. Da der Fahrer des Transportfahrzeugs, S, jedoch von einer männlichen Person gesprochen hat, der er den CMR–Frachtbrief übergeben hat, ist der Senat davon überzeugt, dass diese Person A war, auch wenn ihn der Fahrer als Verkäufer bei der GmbH angesehen hat. Offensichtlich kam es auch zu keinem persönlichen Kontakt zwischen der Buchhalterin der GmbH, B und dem Fahrer S, so dass der Irrtum über die Person des A auch nicht aufgeklärt wurde. Damit steht im Einklang, dass bei der GmbH keine Ausfertigung des CMR–Frachtbriefs vorhanden war, obgleich ein solcher nach Aussage des Fahrers des Transportfahrzeugs, S, hätte vorhanden sein müssen. Dies spricht dafür, dass dieser von A entgegengenommen wurde. Hinzu kommt, dass sich sowohl die Unterschriften des S als auch des A auf der Verbringensbestätigung befinden, was nur dadurch zu erklären ist, dass der Fahrer S die Angaben im oberen Teil der Verbringensbestätigung auf Anweisung des A gemacht hat, jedenfalls aber wissen musste, dass A den restlichen –unteren– Teil der Verbringensbestätigung ausfüllen würde. Bei der GmbH lagen jedenfalls die Ausweiskopien sowohl des S als auch des A vor und von B wurde bestätigt, dass beide bei der GmbH gewesen seien.

48

Dies bedeutet, dass A zunächst durch Übergabe der Fahrzeuge von der GmbH die Verfügungsmacht an den vier Audi Q7 für die T BV erhalten hat. Diese Verfügungsmacht hat dieser dann dem Fahrer S übertragen, der die Fahrzeuge für die SC, dem Auftraggeber für den Transport der Fahrzeuge nach Triest zur Verschiffung in die Türkei von A in Empfang genommen hat. Insoweit lässt sich das Ausfüllen der Verbringensbestätigung nämlich dahin gehend deuten, dass der Fahrer S bestätigt hat, die Fahrzeuge in Empfang genommen zu haben. Die sich anschließende Bestätigung des A, die Fahrzeuge nach Rotterdam zu befördern, ist insoweit falsch.

49

Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Das bedeutet, dass ihm Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden. Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist in der Regel mit dem bürgerlich–rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden (vgl. BFH–Urteil vom 28. Mai 2013 – XI R 11/09, UR 2013, 756). Jedoch bezieht sich der Begriff der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. EuGH–Urteil vom 21. April 2005 C–25/03 –HE–, Slg. 2005, I–3123). Nach der Übergabe der Kraftfahrzeuge an den Fahrer S hatte A ebenfalls keinerlei Verfügungsmacht mehr über die Fahrzeuge. Denn diese wurden im Auftrag der SC nach Triest befördert. Mit der Beförderung der Fahrzeuge gemäß dieser Anweisung nach Triest hat der Fahrer S der SC die Verfügungsmacht vermittelt. Der Transport erfolgte für die SC, so dass dieser Substanz und Wert der Fahrzeuge übertragen wurden; ebenso wurde ihr der Ertrag übertragen, da sie die Fahrzeuge aufgrund eines Kaufvertrages an einen Abnehmer in der Türkei lieferte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zivilrechtlich ein Durchgangserwerb der SC durch die Übergabe der Fahrzeuge an den Fahrer S oder durch die Übergabe von der damit beauftragten Spedition an den Käufer in der Türkei erfolgt ist. Denn der Übergang der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, durch die T BV auf die SC hat stattgefunden, bevor der Gegenstand der Lieferung das Inland verlassen hat. Denn nach Übergabe an den Fahrer S hatte die T BV keinen Einfluss mehr darauf, was mit den Fahrzeugen geschieht. Diese wurden vielmehr auf und nach Anweisung der SC transportiert.

50

Hinzu kommt, das mit der Übergabe der Ware der Unternehmer seine Pflichten an sich erfüllt hat (vgl. BFH–Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 15/14, UR 2015, 391). Mit der Übergabe an den Fahrer S hat die T BV ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag mit der SC erfüllt. Denn offensichtlich ergab sich aus diesem Kaufvertrag für die T BV keine Verpflichtung, die Fahrzeuge nach Herne zu liefern. Die Fahrzeuge wurden vielmehr auf und nach Anweisung der SC transportiert.

51

Die Fahrzeuge wurden auch nicht zur SC nach Herne transportiert. Die SC konnte daher keine Verfügungsmacht über die Fahrzeuge mehr dadurch erlangen, dass sie der Fahrer S bei ihr ablieferte. Die Verfügungsmacht konnte der SC daher nur über den Fahrer vermittelt werden. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb dies nicht bereits mit der Verladung auf den Sattelzug der MT in -im Autohaus-, sondern erst später, beispielsweise in Triest bei der Übergabe an den Schiffsführer bei der Verladung zur Verschiffung in die Türkei erfolgt sein soll.

52

Auch wenn nicht allein für die Zuordnung der Lieferung ausschlaggebend ist, dass die Fahrzeuge nicht zum Geschäftssitz der T BV in Rotterdam befördert wurden und dass die GmbH aufgrund des Indossaments auf dem ihr zur teilweisen Zahlung des Kaufpreises überreichten Verrechnungsschecks hätte wissen können, dass die Fahrzeuge bereits weiterverkauft wurden, sind diese Umstände weitere Anzeichen dafür, die Lieferung von der T BV an die SC als die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG anzusehen. Denn offensichtlich besteht zwischen der Rechtsprechung des V. und des XI Senats des BFH keine grundsätzliche Divergenz (vgl. Prätzler, jurisPR-SteuerR 32/2015 Anm. 6). Zur Beurteilung des Kriteriums "Verschaffung der Verfügungsmacht im umsatzsteuerlichen Sinn" kann daher nach Ansicht des Senats die Kenntnis des Lieferers von der Weiterveräußerung durch den Erwerber einbezogen werden. Auffällig ist insoweit, dass eine Spedition aus Dortmund, was für die GmbH anhand der Kennzeichen des Sattelzugs ersichtlich war, welche der Fahrer S in den Verbringensbestätigungen eingetragen hatte, den Transport der Kraftfahrzeuge besorgte und dass Bezogener des Verrechnungsschecks eine Bank aus Bochum war.

53

Folglich ist die Lieferung an die T BV eine sog. "ruhende" Lieferung, die Lieferung von der T BV an die SC als Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG anzusehen. Allerdings ist diese keine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung, sondern wegen der Verschiffung in die Türkei eine steuerbefreite Ausfuhrlieferung, bei der für die Steuerbefreiung die Erfüllung anderer Formalitäten erforderlich ist.

54

3. Auch Vertrauensschutz ist der Klägerin nicht zu gewähren.

55

Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des EuGH. Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt. Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt. Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg– und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (vgl. BFH–Urteil vom 12. Mai 2011– V R 46/10, UR 2011, 824).

56

a) Die Lieferung des KIA Sportage ist nicht nach der Vertrauensschutzregelung gem. § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei, da die GmbH aufgrund der oben unter 1.a) dargelegten Unstimmigkeiten und der sich daraus ergebenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den vorgelegten Belegen bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Unrichtigkeit dieser Angaben hätte erkennen können.

57

b) Da die Lieferung der vier Audi Q7 von der GmbH an die T BV bereits im Inland erfolgte, konnte die Warenbewegung nicht mehr der Lieferung der GmbH an die T BV zugeordnet werden, die Lieferungen könnten aber gem. § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei zu belassen sein (vgl. BFH–Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 30/13, UR 2015, 402). Die GmbH hat aber nicht alle ihr zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine objektive Beteiligung an einer Steuerhinterziehung auszuschließen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob der aushilfsweise handelnden Buchhalterin B ein subjektiver Vorwurf zu machen ist (vgl. BFH–Urteil vom 12. Mai 2011 – V R 46/10, BStBl. II 2011, 957). Es fehlt im Streitfall an der formellen Vollständigkeit der Belegangaben und die GmbH hätte die darin enthaltenen unrichtigen Angaben des Abnehmers bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erkennen können.

58

aa) Hinsichtlich der Lieferung der vier Audi Q7 ist zunächst zu bemerken, dass kein Abholfall, sondern ein Versendungsfall vorliegt.

59

Denn bei einem Beauftragten des Abnehmers i.S. von § 17a Abs. 2 UStDV muss es sich um eine für den Abnehmer unselbständig tätige Person handeln, da sonst keine Beförderung i.S. von § 3 Abs. 6 Satz 2 UStG, sondern eine Versendung i.S. von § 3 Abs. 6 Satz 3 UStG vorliegt, für die sich der Belegnachweis nach § 17a Abs. 4 UStG richtet. Ein Versendungsbeleg gem. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV ist u.a. ein CMR–Frachtbrief. Für das Vorliegen einer Versendung kommt es dabei nicht darauf an, ob es sich bei dem selbständigen Beauftragten um einen Frachtführer, Verfrachter oder Spediteur oder überhaupt um einen Unternehmer handelt. Eine Beförderung durch einen Beauftragten i.S. des § 17a Abs. 2 UStDV liegt deshalb nur vor, wenn der Beauftragte in das Unternehmen des Lieferers oder des Abnehmers eingegliedert ist (vgl. BFH–Urteil vom 12. Mai 2009 – V R 65/06, BStBl. II 2010, 511). Bei der Abholung der Fahrzeuge durch den Fahrer S hätte daher zum Belegnachweis der CMR–Frachtbrief gehört.

60

bb) Aber auch wenn die GmbH wegen der Anwesenheit des Geschäftsführers der T BV, A, davon ausgegangen ist, dass ein Abholfall vorliegt, ist die Verbringensbestätigung, die die GmbH hierzu als Belegnachweis anführt, falsch. Denn unterzeichnet worden ist die Verbringensbestätigung von A, dieser konnte aber gar nicht versichern, die Fahrzeuge in Empfang genommen zu haben und nach Rotterdam zu befördern, da diese von dem Fahrer S in Empfang genommen wurden, der auch die Beförderung besorgte. Und bei dem Fahrer S handelt es sich gerade nicht um einen in die T BV eingegliederten Beschäftigten. Ein erster Hinweis darauf ist darin zu sehen, dass in der Verbringensbestätigung zunächst das Feld "im eigenen Namen" angekreuzt, dieses wieder durchgestrichen und dann das Feld "im Namen und im Auftrag von" angekreuzt wurde. Hier hätte aber der Fahrer S bestätigen müssen, dass er im Namen und im Auftrag von der T BV tätig wurde, eine solche Versicherung des Geschäftsführers der T BV, A, der die Unterschrift tatsächlich geleistet hat, geht insoweit ins Leere, denn die tatsächliche Verfügungsmacht über die Fahrzeuge oblag dem S und nicht A. Insoweit war für die GmbH auch erkennbar, dass es sich bei dem Fahrer S nicht um einen ins Unternehmen der T BV eingegliederten Beschäftigten handelte, da der Sattelzug, mit dem die Fahrzeuge befördert wurden, in Dortmund zugelassen war. Die Kennzeichen des Sattelzugs waren nicht nur an diesem selbst ersichtlich, sondern sind auch ausdrücklich in der Verbringensbestätigung aufgeführt. Insoweit hätte die GmbH auch erkennen können, dass kein Abholfall vorliegt.

61

cc) Diese Unstimmigkeiten sind auch nicht unerheblich.

62

An die Nachweispflichten sind nämlich besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf zugrunde liegt und ein Vermittler zwischengeschaltet war (vgl. BFH–Urteil vom 14. November 2012 – XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).

63

Im Streitfall handelt es sich um einen Barkauf hochwertiger Fahrzeuge und der Verkauf an die T BV war auf Vermittlung der C zustandegekommen. Ermittlungen hinsichtlich der T BV hat die GmbH nicht angestellt, es fehlt auch an einem Kaufvertrag mit der T BV.

64

dd) Jedenfalls kannte die GmbH aber alle Umstände, aus denen der Weiterverkauf der Fahrzeuge ausdrücklich hervorgeht. Denn der Verrechnungsscheck, mit dem der Geschäftsführer der T BV die Fahrzeuglieferung gegenüber der GmbH bezahlt hat, ist von einer dritten Person ausgestellt worden und war ursprünglich für die T BV als Empfänger bestimmt. Bei den Angaben zum Empfänger, der T BV, ist der Vermerk "für vier Q7" angebracht. Der Geschäftsführer der T BV hat den Verrechnungsscheck auf der Rückseite mit einem Indossament versehen. Der Aussteller des Schecks ist zwar nicht ausdrücklich angegeben, der Scheck ist aber in Bochum ausgestellt, Bezogener ist die Sparkasse Bochum. Aus dem Scheck hätte die GmbH zweifelsfrei schließen können, dass die T BV die Fahrzeuge bereits weiter veräußert und der Zweiterwerber an die T BV bereits einen Teil des Kaufpreises geleistet hat. Insoweit ist der Einwand der Klägerin nicht schlüssig, es hätte sich um einen reinen Finanzierungsscheck gehandelt, da sich hier die Frage stellt, weshalb eine in Bochum ansässige Bank die Finanzierung für den holländischen Erwerber hätte vornehmen sollen. Auch der Einwand, sie habe nicht davon ausgehen können, dass es sich um einen von einem weiteren Käufer ausgestellten Scheck handele, weil damit die T BV quasi den eigenen Einkaufspreis gegenüber diesem Dritten aufgedeckt hätte, ist unschlüssig, da mit dem Verrechnungsscheck von der T BV nur ein Teil des Kaufpreises beglichen wurde.

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

66

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Entscheidungen des BFH vom 25. Februar 2015 (XI R 15/14 und XI R 30/13) sind Gegenstand kontroverser Diskussion in der Literatur (vgl. Prätzler, jurisPR-SteuerR 32/2015 Anm. 6), so dass eine höchstrichterliche Entscheidung der dort aufgeworfenen Fragen, welche auch Auswirkung auf die Entscheidung des Streitfalls haben, angezeigt erscheint.

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(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: 1. der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebi

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 17a Gelangensvermutung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen


(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wen

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 17c Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Bearbeitungs- oder Verarbeitungsfällen


Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig un

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 10 Ausfuhrnachweis bei Ausfuhrlieferungen in Versendungsfällen


(1) Hat der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch folgenden Beleg zu führen: 1. bei Ausfuhranmeldung im elektronischen Ausfuhrverfahren nach Artikel

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 17 Abnehmernachweis bei Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr


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(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb im Streitjahr 2006 in I einen Handel mit hochwertigen PKW. Im Revisionsverfahren ist noch die Steuerfreiheit von folgenden PKW-Lieferungen an drei Abnehmer streitig:

2

1. Die Klägerin stellte am 1. und 20. Februar 2006 der von X geführten A-Automobile (A) in Ö (Österreich) jeweils die Lieferung eines Ferrari F430 F1 in Rechnung. Der Kaufpreis wurde jeweils mit "Exportpreis netto: € 159.000,--" ausgewiesen; die Rechnungen enthielten ansonsten weder einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferungen noch auf weitere Dokumente. Ihnen beigefügt war jeweils eine "Anlage zur Rechnung", die auf die jeweilige Rechnungsnummer und das jeweilige Rechnungsdatum verwies und den Hinweis "Bestätigung Innergemeinschaftlicher Lieferung" enthielt. Hierin bestätigte X durch seine Unterschrift die Richtigkeit der von ihm angegebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, dass die Lieferung durch die Klägerin stattgefunden habe und dass der PKW in I zur Abholung durch X übergeben worden sei. Zugleich versicherte X darin, die näher bezeichneten PKW ausschließlich für sein Unternehmen zu verwenden sowie die PKW "in einen anderen EG-Mitgliedstaat (Österreich)" zu befördern. Auf einem weiteren, mit "Verbringungsnachweis" überschriebenen Dokument, das zusammen mit den vorgenannten Dokumenten in der Buchführung der Klägerin aufbewahrt wurde, hatte X mit seiner Unterschrift bestätigt, "ein umsatzsteuerfreies innergemeinschaftliches Warengeschäft" getätigt zu haben sowie die näher bezeichneten PKW "[i]ns Ausland (nach Österreich) zu verbringen und dort der Mehrwertsteuer zuzuführen".

3

Im Rahmen eines später gegen X eingeleiteten Steuerstrafverfahrens gab dieser jedoch an, die beiden PKW unter Verwendung von roten Fahrzeugkennzeichen eines anderen Händlers ohne Wissen des Geschäftsführers der Klägerin tatsächlich nicht nach Österreich verbracht zu haben.

4

Zu beiden PKW-Lieferungen liegen Auskünfte des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) im Bestätigungsverfahren gemäß § 18e Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), Übernahmeprotokolle, die Kopie eines Gewerberegisterauszugs sowie Kopien des Deutschen Bundespersonalausweises von X vor. Unter den Ausweiskopien hatte dieser jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt, als Bevollmächtigter der A zu handeln und am 1. bzw. 20. Februar 2006 einen Betrag von 159.000 € in bar an die Klägerin bezahlt zu haben.

5

2. Die Klägerin veräußerte im Streitjahr ferner u.a. einen Mercedes-Benz ML 280 CDI an die B S.L. (B) aus Spanien. Für die B trat eine Person auf, die sich als … (G) ausgab. Die Klägerin stellte für die PKW-Lieferung eine Rechnung an die B, in der der Kaufpreis mit "Exportpreis netto: € 51.000,--" ausgewiesen wurde, die ansonsten keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung enthielt und der eine Anlage zur Rechnung ebenfalls mit einem Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung sowie ein Verbringungsnachweis beigefügt waren.

6

Nach einem von der Klägerin vorgelegten Dokument hatte die B eine Spedition beauftragt, den PKW nach P (Spanien) zu transportieren. Dagegen sind auf dem CMR-Frachtbrief in dem Feld 1 (Absender) die Klägerin und im Feld 2 (Empfänger) "G" mit der Adresse … (O) in Spanien genannt. Das Feld 3 zum Auslieferungsort enthält mit einer eingekreisten "2" einen Hinweis auf das Feld 2 sowie den Zusatz "Espana". Als Adresse der B ist auf dem Rechnungsdokument, der "Anlage zur Rechnung" und dem Verbringungsnachweis jeweils O angegeben. Dagegen liegt die Adresse der B nach einem auf diesen Dokumenten aufgebrachten Stempelaufdruck in S in Spanien.

7

Der Mercedes-Benz ML 280 CDI wurde nach Spanien versandt und nicht auf die B, sondern innerhalb kurzer Zeit nacheinander auf drei andere spanische Unternehmen zugelassen. In einer Antwort auf das Auskunftsersuchen des BZSt teilten die spanischen Behörden u.a. mit, das Profil der B gleiche einem sog. Missing Trader. Geschäftsführer der B sei Herr G gewesen, der erklärt habe, dass die Gesellschaft zwar "auf seinen Namen laufe", er allerdings im Zusammenhang mit ihr keinerlei Einkünfte habe und ihr derzeitiger "Manager" eine andere Person sei. Die gegenüber den Finanzbehörden angegebene Adresse der B sei die Wohnanschrift des G, an der eine Geschäftsausstattung für den Handel mit Fahrzeugen nicht vorhanden sei.

8

3. Außerdem stellte die Klägerin am 14. September 2006 der C-GmbH (C), … in Z (Österreich) die Lieferung eines Ferrari F430 F1 Coupé mit einem "Exportpreis netto: € 169.900,--" in Rechnung. Die Rechnung enthielt weder einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung noch einen Hinweis auf weitere Dokumente. In der "Anlage zur Rechnung" bestätigte der Geschäftsführer der C, Herr N, u.a. die am 15. September 2006 durch die Klägerin erfolgte Übergabe in I zur Abholung durch ihn.

9

Auf einem CMR-Frachtbrief, der auf den 15. September 2006 datiert ist, sind als Absenderin sowie als Frachtführerin die Klägerin, als Empfängerin die C und als Auslieferungsort I genannt. Im Rahmen eines Auskunftsersuchens des BZSt teilten die österreichischen Behörden u.a. mit, dass sie die C als Gesellschaft ohne wirtschaftliche Tätigkeit identifiziert hätten. Sie habe ihren Sitz bei ihrem Steuerberater, tätige vor allem innergemeinschaftliche Erwerbe aus Deutschland und innergemeinschaftliche Lieferungen nach Italien. Im Streitjahr seien innergemeinschaftliche Erwerbe für 21,7 Mio. € erfolgt. Bis auf eine kleine angemietete Lagerhalle zur Zwischenlagerung, Empfangnahme und Auslieferung von Fahrzeugen sowie einem "Büro" in einer abgelegenen Wohnung verfüge die C nicht über die für einen Händler exklusiver PKW übliche Infrastruktur.

10

Hinsichtlich der Lieferung an die C hat der Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung insbesondere angegeben, dass ihm der persönlich am 14. September 2006 in I anwesende Geschäftsführer der C, Herr N, erklärt habe, sein Abnehmer habe auf keinen Fall einen Transport des PKW nach Österreich "auf eigenen Rädern" gewünscht. Deshalb habe der Geschäftsführer der Klägerin den PKW auf einem Hänger nach Z in Österreich befördert und diesen auf dem Gelände einer Tankstelle in der Nähe der Geschäftsadresse der C an Herrn N übergeben.

11

Die Klägerin behandelte die vorgenannten PKW-Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte dies im Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 12. Februar 2008, zuletzt geändert durch Bescheid vom 18. November 2011, nicht an.

12

Daraufhin hat die Klägerin Sprungklage erhoben und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2012 berichtigte Rechnungen vom 16. Januar 2012 zu den streitbefangenen Lieferungen vorgelegt. Hierin ist ein Hinweis auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG enthalten.

13

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage hinsichtlich einer hier nicht streitigen PKW-Lieferung ab und gab der Klage in Bezug auf die im Revisionsverfahren noch streitbefangenen PKW-Lieferungen an die A, die B und an die C statt.

14

Die Steuerfreiheit der PKW-Lieferungen an die A folge aus § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Unter Zugrundelegung der Angaben des X gegenüber der Klägerin seien sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt. Insbesondere scheitere der ordnungsgemäße Belegnachweis nicht daran, dass die ursprünglichen Rechnungen zumindest auf dem eigentlichen Rechnungsdokument keine Hinweise auf die Steuerfreiheit der Lieferung enthielten. Dieser Mangel sei rechtzeitig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch die korrigierten Rechnungen behoben worden. Die Klägerin habe die mögliche Unrichtigkeit der Angaben des X auch unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können.

15

Hinsichtlich der Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI nach Spanien stehe zur Überzeugung des Gerichts objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen würden. Dass der PKW tatsächlich nach Spanien gelangt sei, stehe wegen der dortigen Zulassung außer Zweifel. Wer Abnehmer der Lieferung gewesen sei, könne dahinstehen, zumal dessen Identifizierung aufgrund der vorliegenden Belege einerseits und der Mitteilung der spanischen Behörden andererseits nicht möglich sei.

16

Auch im Hinblick auf die Lieferung an die C seien die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben. Angesichts der detaillierten und widerspruchsfreien Schilderung des Geschäftsführers der Klägerin, der den Transport durchgeführt habe, sowie der Übereinstimmung mit den vorgelegten Belegen stehe zur Überzeugung des FG fest, dass der PKW nach Z (Österreich) und damit in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert worden sei.

17

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

18

Der Belegnachweis sei jeweils nicht ordnungsgemäß erbracht worden, weil in den ursprünglichen Rechnungen ein Hinweis auf die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung fehle. Die berichtigten Rechnungen seien auch nicht geeignet, den Mangel zu heilen, weil keine Anhaltspunkte für deren Zugang bestünden. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des X, der B und der C seien seit 2006 bzw. seit 2007 ungültig. Auch lägen über die Erreichbarkeit der gesetzlichen Vertreter der Abnehmer keine Informationen vor. Damit habe die Erwerbsbesteuerung zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung nicht mehr nachgeholt werden können. Insoweit greife auch nicht die Vertrauensschutzregelung. Da die Abnehmer der Klägerin jeweils Scheinunternehmer gewesen seien, scheide eine Steuerfreiheit der streitbefangenen PKW-Lieferungen nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 2012 XI R 17/12 (BFHE 239, 516, BStBl II 2013, 407, Rz 23) aus.

19

Die Lieferungen an die A seien auch deshalb keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen, weil die PKW tatsächlich nicht nach Österreich transportiert worden seien und damit für den Nachweis des Bestimmungsortes nicht auf die Rechnungsanschrift der A zurückgegriffen werden könne. Mangels Belegnachweises seien die PKW-Lieferungen auch nicht nach § 6a Abs. 4 UStG steuerfrei.

20

Überdies sei die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI nach Spanien nicht steuerfrei, weil die von der B angegebene Lieferanschrift der Wohnungsanschrift ihres Geschäftsführers entspreche und erhebliche Zweifel daran bestünden, dass der (hochwertige) PKW tatsächlich dorthin transportiert worden sei. Eine Steuerfreiheit scheide auch deshalb aus, weil die B keine Erwerbe der Klägerin versteuert habe, dies jedoch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. Juni 2011  2 BvR 542/09 (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 775, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1145) bei fehlendem Buch- und Belegnachweis Voraussetzung für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei. Dass der PKW in Spanien zugelassen worden sei, genüge nicht zum Nachweis der Steuerfreiheit. Dieser Nachweis erfordere nach dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 32/09 (BFH/NV 2012, 1004, Rz 27) sowie nach dem Urteil des Hessischen FG vom 19. Februar 2013  1 K 513/11 (nicht veröffentlicht) eine Zulassung auf den Abnehmer, die im Streitfall nicht vorliege. Die Gewährung von Vertrauensschutz scheide von vornherein aus, weil es schon wegen fehlerhafter Angaben zum Bestimmungsort und mangels Vorliegens eines ordnungsgemäßen Doppels einer Rechnung am erforderlichen Belegnachweis fehle. Hinzu komme, dass eine Identifizierung des Abnehmers nicht möglich sei, sodass auch die Klägerin nicht auf eine Erwerbsbesteuerung durch die B habe vertrauen können.

21

Die Belegnachweise seien für die PKW-Lieferung an die C auch deshalb nicht ordnungsgemäß, weil die Auslieferung entgegen der Angabe im CMR-Frachtbrief tatsächlich nicht an die Adresse der C, sondern an eine nahegelegene Tankstelle erfolgt sei. Fehle es an einem Belegnachweis, bedürfe es wegen des Beschlusses des BVerfG in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145 einer tatsächlichen Erwerbsbesteuerung, deren Vorliegen hier aber unklar sei. Zudem stehe der Bestimmungsort wegen des Widerspruchs zwischen den Belegnachweisen und den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht objektiv zweifelsfrei fest. Da die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht vollständig nachgekommen sei, seien die Lieferungen auch nicht im Rahmen der Vertrauensschutzregelungen steuerfrei.

22

Das FA beantragt,
das Urteil des FG, soweit es die Umsätze aus Fahrzeuglieferungen an die A, die B und die C betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen,
hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

23

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

24

Sie tritt dem Vorbringen des FA entgegen und macht u.a. geltend, die berichtigten Rechnungen wirkten nach dem BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 47/03 (BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634) auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserteilung zurück.

Entscheidungsgründe

25

II. Die Revision ist teilweise begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die PKW-Lieferung an die B zu Unrecht als steuerfrei behandelt; das Urteil war aufzuheben und die Klage neben der hier nicht streitigen PKW-Lieferung auch insoweit abzuweisen. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg, weil das FG hinsichtlich der PKW-Lieferungen an die A und an die C zu Recht von einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ausgegangen ist.

26

1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG), wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c UStG erfüllt und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG).

27

2. Die PKW-Lieferungen an die A sind gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln.

28

a) Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) nachkommt (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30).

29

Diese Voraussetzungen liegen für die PKW-Lieferungen an die A vor. Die Klägerin hat insoweit --anders als es das FA meint-- den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV erforderlichen Belegnachweis erbracht. Die ursprünglichen Rechnungen vom 1. bzw. 20. Februar 2006 entsprechen den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG. Der gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Alternative 3 UStG erforderliche Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, Rz 44, m.w.N.) fehlt diesen Rechnungen entgegen der Auffassung des FA nicht.

30

aa) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG muss eine Rechnung die dort aufgeführten Angaben enthalten. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine Rechnung jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.

31

bb) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war der Hinweis auf die Steuerfreiheit der PKW-Lieferungen an die A jeweils in den Rechnungen enthalten.

32

Das FG hat auf Seite 4 und 21 seines Urteils sowie durch Bezugnahme festgestellt, dass der mit "Anlage zur Rechnung" überschriebene Teil der Abrechnung einen Verweis auf die Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum, die genaue Bezeichnung des gelieferten PKW einschließlich Marke, Fahrzeugtyp und Fahrzeug-Identifizierungsnummer sowie insbesondere neben dem Hinweis "Bestätigung innergemeinschaftlicher Lieferung" auch die Versicherung, "dass der gekaufte Gegenstand in einen anderen EG-Mitgliedstaat (Österreich) befördert wird", enthielt. Aufgrund des dadurch gegebenen engen Bezugs zu dem mit "Rechnung" überschriebenen Teil der Abrechnung, der einen "Exportpreis netto: € 159.000,--" auswies, bildeten die genannten Erklärungen ein einheitliches Dokument über die Abrechnung der PKW-Lieferungen und mithin in ihrer Gesamtheit das Rechnungsdokument über die jeweilige PKW-Lieferung an die A. Da in dem mit "Rechnung" überschriebenen Abrechnungsteil keine Umsatzsteuer enthalten ist und der mit "Anlage zur Rechnung" überschriebene Abrechnungsteil auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung hinweist, enthält das Rechnungsdokument den gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Alternative 3 UStG erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung.

33

cc) Der Senat weicht dadurch nicht von dem BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596 ab. Denn in dem diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt ließ sich --anders als nach den Feststellungen des FG in dem hier zu entscheidenden Verfahren-- nach den bindenden Feststellungen des FG nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung und nicht etwa um eine Lieferung aus einem Drittland oder um eine Lieferung in ein Drittland handelte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 47).

34

dd) Weil die mit "Rechnung" bzw. "Anlage zur Rechnung" überschriebenen Abrechnungsteile eine einheitliche Rechnung bilden, greift auch nicht § 14 Abs. 6 Nr. 2 UStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 2 UStDV, wonach bei aus mehreren Dokumenten bestehenden Rechnungen in einem dieser Dokumente u.a. alle anderen Dokumente zu bezeichnen sind, aus denen sich die übrigen Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG ergeben.

35

b) Die Erwägungen des FG, die Klägerin habe i.S. von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

36

aa) Ob die "Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" beachtet wurde, ist durch eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, ggf. nach Durchführung einer entsprechenden Beweisaufnahme, zu entscheiden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 V B 126/07, BFH/NV 2009, 234, unter 2.; vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73, unter 1.).

37

bb) Das FG hat seine Würdigung, die Klägerin habe die mögliche Unrichtigkeit der von X gemachten Angaben zum Bestimmungsort auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können, insbesondere darauf gestützt, dass die Klägerin sich durch eine qualifizierte Bestätigungsabfrage nach § 18e UStG der Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des X versichert habe und dass die Verwendung roter Fahrzeugkennzeichen anderer Händler ein branchenübliches Verhalten gewesen sei, das kein grundlegendes Misstrauen gegenüber dem Abnehmer begründen könne.

38

Diese Würdigung der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die im Übrigen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; sie bindet deshalb den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 24. April 2013 XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34, m.w.N.).

39

3. Für die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI hat das FG die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu Unrecht bejaht.

40

a) Es steht --entgegen der Auffassung des FG-- nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind, da die Identität des Abnehmers der PKW-Lieferung ungeklärt ist.

41

aa) Zwar ist die Ansicht des FG, dass der gegenüber der Klägerin handelnde Abnehmer der Lieferung den Transport des PKW nach Spanien durch eine Spedition veranlasst habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Person des Abnehmers und damit des Leistungsempfängers bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach dem der Lieferung oder sonstigen Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 28/11, BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656, Rz 26, m.w.N.). Dieses Rechtsverhältnis kann vertraglicher oder gesetzlicher Art sein (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Im Fall einer Vertretung ohne Vertretungsmacht, die auch im Fall einer Identitätstäuschung vorliegen kann und zur entsprechenden Anwendung von §§ 177, 179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) führt, bestimmt sich die Person des Abnehmers nach dem Rechtsverhältnis, das gemäß § 179 BGB zum vollmachtlosen Vertreter besteht (BFH-Urteil in BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656, Rz 26, m.w.N.). Dementsprechend war Abnehmer die Person, deren Identifizierung nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht möglich ist.

42

bb) Indes geht das FG rechtsfehlerhaft davon aus, dass dahingestellt bleiben könne, ob tatsächlicher Abnehmer die B oder aber eine namentlich nicht bekannte Person gewesen sei, die im Namen der B, aber ohne Vertretungsmacht aufgetreten sei.

43

Denn die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung setzt voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel nicht erreicht werden kann, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist (vgl. BFH-Urteile vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 17; V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769, Rz 15, jeweils m.w.N.).

44

Mithin vermag der Umstand, dass die Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat als solche der Erwerbsbesteuerung unterliegt, die fehlende, zur zutreffenden Verlagerung der Steuereinnahmen jedoch notwendige Feststellung der Identität des Abnehmers nicht zu ersetzen.

45

b) Die Zulassung des PKW im Bestimmungsland auf eine andere Person als den Abnehmer reicht ebenfalls nicht aus, um davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung objektiv zweifelsfrei feststehen; denn nach der Rechtsprechung des BFH ergibt sich daraus nur das Gelangen in den Bestimmungsmitgliedstaat, nicht aber auch, wer Abnehmer der Lieferung war, für die die Steuerbefreiung beansprucht wird (BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 10/11, BFH/NV 2013, 1453, Rz 45; ferner BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1004, Rz 27).

46

c) Die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI ist auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfrei anzusehen, weil die Klägerin die von ihr für die PKW-Lieferung an die B beanspruchte Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht --wie erforderlich-- entsprechend § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachgewiesen hat.

47

aa) Versendet der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, soll der Nachweis hierüber durch das Doppel der Rechnung i.S. der §§ 14, 14a UStG und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV geführt werden (§ 17a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UStDV). CMR-Frachtbriefe sind nur als Versendungsbeleg anzuerkennen, wenn sie die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthalten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 23). Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein (§ 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV).

48

bb) Diesen Anforderungen hat die Klägerin nicht genügt, weil die Angaben in den Belegen widersprüchlich sind, was begründete Zweifel an der Richtigkeit der Belegangaben hervorruft (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006, Leitsatz 2).

49

Zudem fehlen --wie bereits ausgeführt-- Feststellungen dazu, wer der wirkliche Abnehmer des PKW ist und ggf. welchem Unternehmer die Versendung zuzurechnen ist. Die vollständige Erbringung des Beleg- und Buchnachweises verlangt jedoch auch Angaben zur Identität des Abholers (vgl. BFH-Urteile vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, Leitsatz 1; in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 37).

50

4. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die PKW-Lieferung an die C aufgrund der Feststellungen des FG objektiv zweifelsfrei die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erfüllte.

51

a) Die Frage, ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG objektiv zweifelsfrei gegeben sind, obliegt im finanzgerichtlichen Verfahren der tatrichterlichen Überzeugungsbildung, die einer Überprüfung im Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO weitgehend entzogen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 14. Dezember 2011 XI R 33/10, BFH/NV 2012, 1009, Rz 29 bis 31; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 28; in BFH/NV 2013, 596, Rz 56; Treiber in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a, Rz 87; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 108 Rz 90; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. April 1995 V R 2/94, BFH/NV 1996, 184, unter II.1.b, zur Ausfuhrlieferung).

52

b) Demnach ist aufgrund der bindenden Feststellungen des FG davon auszugehen, dass die Klägerin den PKW an die C in das übrige Gemeinschaftsgebiet lieferte und diese den PKW im Rahmen ihres Unternehmens erwarb.

53

aa) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Feststellung des FG, die C sei die Abnehmerin des PKW gewesen und der PKW sei nach Z in Österreich gelangt.

54

Das FG ist insoweit nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Geschäftsführer der Klägerin den PKW nach Österreich auf einem Anhänger der Klägerin transportiert habe, weil der Abnehmer der C keine Überführung "auf eigenen Rädern" gewünscht habe. Zudem hat es die von der Klägerin vorgelegten Belege dahingehend gewürdigt, dass die Unterschriften auf der vorliegenden Passkopie und auf anderen im Zusammenhang mit der Lieferung stehenden Dokumenten, die mit einem Stempel der C und einem Namenszug versehen seien, eine Ähnlichkeit aufwiesen, die mit der Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin im Einklang stehen würden, Herr N habe als Geschäftsführer der C das gelieferte Fahrzeug selbst in I besichtigt und übernommen.

55

Diese Würdigungen der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die im Übrigen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, sind möglich und verstoßen weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. Folglich binden sie den Senat.

56

Die gegen diese Feststellungen vom FA vorgebrachten Einwände sind nach § 118 Abs. 2 FGO unbeachtlich. Denn soweit es vorträgt, die Belegangaben würden der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin widersprechen, setzt es lediglich seine Meinung an die Stelle der --im Streitfall möglichen-- Würdigung des FG.

57

bb) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die --in Bezug auf die Unternehmereigenschaft der C mögliche und weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze verstoßende-- Würdigung des FG, für eine Zwischenhändlerin wie die C sei es nicht ungewöhnlich, dass sie über eine kleine, nicht einsehbare Halle zur Zwischenlagerung, Empfangnahme und Auslieferung von PKW sowie über ein Büro in einer Wohnung verfüge.

58

cc) Schließlich geht das FG ohne Rechtsfehler davon aus, die C sei aufgrund der umfangreichen innergemeinschaftlichen Erwerbe und innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen der Einschätzung der österreichischen Behörden wirtschaftlich tätig gewesen.

59

Nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt die Feststellung, der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, für sich genommen nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner ("Missing Trader"), sondern eine andere Person sei Empfänger der Lieferung. Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Erfüllung von Steuererklärungspflichten kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1004, Rz 20, m.w.N.). Sofern die Annahme der österreichischen Behörden, es handele sich bei C um eine Gesellschaft ohne wirtschaftliche Tätigkeit, darauf beruht, dass das Unternehmen seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland in Österreich nicht anmeldete, begründet dies allein --wie das FG zu Recht ausgeführt hat-- keine Zweifel an der Unternehmereigenschaft. Diese Zweifel ergeben sich auch nicht aus den übrigen von den österreichischen Behörden angeführten Umständen, wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt hat (FG-Urteil, S. 26).

60

Entgegen der Auffassung des FA ist daher nicht davon auszugehen, es handele sich bei der C um ein Scheinunternehmen. Damit steht zugleich fest, dass ein Sonderfall, bei dem das Recht des Objektivnachweises einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht besteht --wie z.B. bei einer Täuschung über die Identität des Abnehmers (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Leitsatz)--, im Streitfall nicht vorliegt.

61

dd) Demnach sind nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a UStG gegeben. Dass der innergemeinschaftliche Erwerb eines PKW in Österreich --wie es zudem für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG Voraussetzung ist-- den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

62

ee) Dass die Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat tatsächlich besteuert werden, ist --entgegen der Auffassung des FA-- für das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erforderlich (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 69 ff.; BFH-Urteil vom 27. Februar 2014 V R 21/11, BFHE 244, 150, BStBl II 2014, 501, Rz 18, m.w.N.). Das Erfordernis einer tatsächlichen Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat stünde im Widerspruch zur Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, die bewusst auf eine solche innere Verknüpfung verzichtet hat (vgl. EuGH-Urteil --Teleos u.a.-- in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 70). Die Gefahr von Steuerausfällen durch Nichtbesteuerung im Erwerbstaat steht daher der Steuerbefreiung nicht entgegen (BFH-Urteil in BFHE 244, 150, BStBl II 2014, 501, Rz 19).

63

ff) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom FA genannten Beschluss des BVerfG in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145. Der vom FA begehrten Auslegung, § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG verlange bei fehlendem Nachweis der Steuerfreiheit die tatsächliche Erwerbsbesteuerung, steht das Erfordernis richtlinienkonformer Auslegung entgegen.

64

Das BVerfG hat in Rz 60 seines Beschlusses in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145 lediglich ausgeführt, dass es innerhalb des Rahmens möglicher Wortlautauslegung zu § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG liege, die tatsächliche Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Abnehmer zu verlangen. Bei der Auslegung des nationalen Rechts ist, soweit es auf einer unionsrechtlichen Harmonisierung durch Richtlinien der Europäischen Union beruht, jedoch das Unionsrecht und die hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, Rz 42). Da nach dem Unionsrecht und der dazu ergangenen Rechtsprechung --wie ausgeführt-- die tatsächliche Erwerbsbesteuerung keine Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist, kann der möglicherweise anders zu interpretierende Wortlaut einer nationalen Vorschrift allein kein anderes Auslegungsergebnis rechtfertigen.

65

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

66

Da die Revision des FA teilweise Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 30. April 2014 XI R 24/13, BFHE 245, 66, BFH/NV 2014, 1289, Rz 38, m.w.N.).

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von ... € an die in Italien ansässige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollmächtigten bei der Klägerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Klägerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen ließ. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ am 12. Juli 2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt ... € erhöhte. Das FA hat für den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von ... € und für einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Geschäftsvorfall einen Betrag von ... € angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

3

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um ... € statt und wies die Klage im Übrigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. Für die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt, denn der Abnehmer --die T-- sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG vorlägen.

5

Die Klägerin habe keine Zweifel am tatsächlichen Abholer haben müssen. Sie habe sich sämtliche Belege, die nach § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erfüllt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, zu führen. Dies sei erfüllt, denn die Klägerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien befördert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollmächtigten B. Damit habe die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten aus § 6a Abs. 4 UStG erfüllt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (müsse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen", sei dies unverhältnismäßig. Zum einen könne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre verändern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz für die Unterschrift bestehe, häufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres übereinstimme, könne deshalb nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Weitere Umstände, die einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen könnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG verstoße gegen § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG. Bei Barverkäufen hochwertiger Gegenstände seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umstände, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar veräußert werde und auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung bestehen, müssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umstände einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtssätzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserklärung auffällige Unterschiede aufwiesen, für unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverhältnismäßig sei. Zum anderen würdige das FG nicht alle Umstände. Es würdige insbesondere nicht, dass die Klägerin ein hochwertiges Fahrzeug veräußert habe, der Kaufpreis von ... € in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs über die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umstände hätten die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.

7

Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tatsächliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachprüfbar habe entnehmen lassen.

8

Das FA beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erfüllt, weil --wie sich später herausstellte-- es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der größten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tatsächlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen könne. Im Streitfall habe es jedoch keinen ähnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.

11

Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgeschäften von Luxussportwagen nicht ungewöhnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable Lösung bei Fahrzeugverkäufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenständen wie Autos wolle der Verkäufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade für Exportgeschäfte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungewöhnlich" sei und das Misstrauen der Klägerin habe wecken müssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob für das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.

13

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.

14

Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei sein.

15

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

16

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen
"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern."

18

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

19

Nach § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
"... 9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet."

20

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

21

Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

22

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).

23

d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.

24

2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.

25

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).

26

b) Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auffälligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie --auf den ersten Blick erkennbar-- ganz erheblich ab.

27

c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hält die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen" müsse, per se für unverhältnismäßig und lässt den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht übereinstimmt, bei der Würdigung, ob die Klägerin mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein außer Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre verändern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auffälligen Unterschiede in den Unterschriften in die Prüfung und Würdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.

28

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen haben:

29

a) Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) ist gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt für eine ggf. durchzuführende Differenzbesteuerung könnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von ... € in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG" im Kaufvertrag sein.

30

Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Klägerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b) die Differenzbesteuerung vorgenommen.
..."

31

Eine Differenzbesteuerung käme allerdings gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Dafür könnte --sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist-- der niedrige Kilometerstand sprechen. Widersprüchlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Zähler indes 4 500 km beträgt.

32

Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

33

b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu prüfenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).

34

Die Ausführungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserklärung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Klägerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).

35

c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier ... €) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umstände einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch --außer auf dem Papier-- gar nicht in Erscheinung trat.

36

aa) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgeschäften von Luxussportwagen die Regel.

37

Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugs üblich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012  3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei Übergabe oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ansässigen Abnehmer der Verkäufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen würde, jedoch diese Abwicklungsmodalität eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bekämpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 --Gemeente Leusden und Holin Groep--, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagében und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 --Mecsek-Gabona--, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 103).

38

bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Maßnahmen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen Fällen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.

39

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers können in diesen Fällen beispielsweise folgende Umstände begründen:

-       

Es besteht keine längere Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005  10 K 1367/04, EFG 2005, 822);

-       

die Geschäftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt --außer auf dem Papier-- nicht in Erscheinung;

-       

die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widersprüchliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ansässige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.

40

Dagegen stellen im Regelfall keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit geringfügige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein bloßes Verschreiben auf der Verbringenserklärung.

41

4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugefügt hat, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Steuer ... € beträgt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernmäßig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Klägerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von ... € an die in Italien ansässige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollmächtigten bei der Klägerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Klägerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen ließ. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ am 12. Juli 2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt ... € erhöhte. Das FA hat für den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von ... € und für einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Geschäftsvorfall einen Betrag von ... € angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

3

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um ... € statt und wies die Klage im Übrigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. Für die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt, denn der Abnehmer --die T-- sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG vorlägen.

5

Die Klägerin habe keine Zweifel am tatsächlichen Abholer haben müssen. Sie habe sich sämtliche Belege, die nach § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erfüllt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, zu führen. Dies sei erfüllt, denn die Klägerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien befördert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollmächtigten B. Damit habe die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten aus § 6a Abs. 4 UStG erfüllt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (müsse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen", sei dies unverhältnismäßig. Zum einen könne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre verändern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz für die Unterschrift bestehe, häufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres übereinstimme, könne deshalb nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Weitere Umstände, die einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen könnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG verstoße gegen § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG. Bei Barverkäufen hochwertiger Gegenstände seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umstände, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar veräußert werde und auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung bestehen, müssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umstände einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtssätzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserklärung auffällige Unterschiede aufwiesen, für unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverhältnismäßig sei. Zum anderen würdige das FG nicht alle Umstände. Es würdige insbesondere nicht, dass die Klägerin ein hochwertiges Fahrzeug veräußert habe, der Kaufpreis von ... € in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs über die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umstände hätten die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.

7

Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tatsächliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachprüfbar habe entnehmen lassen.

8

Das FA beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erfüllt, weil --wie sich später herausstellte-- es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der größten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tatsächlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen könne. Im Streitfall habe es jedoch keinen ähnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.

11

Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgeschäften von Luxussportwagen nicht ungewöhnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable Lösung bei Fahrzeugverkäufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenständen wie Autos wolle der Verkäufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade für Exportgeschäfte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungewöhnlich" sei und das Misstrauen der Klägerin habe wecken müssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob für das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.

13

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.

14

Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei sein.

15

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

16

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen
"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern."

18

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

19

Nach § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
"... 9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet."

20

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

21

Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

22

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).

23

d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.

24

2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.

25

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).

26

b) Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auffälligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie --auf den ersten Blick erkennbar-- ganz erheblich ab.

27

c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hält die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen" müsse, per se für unverhältnismäßig und lässt den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht übereinstimmt, bei der Würdigung, ob die Klägerin mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein außer Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre verändern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auffälligen Unterschiede in den Unterschriften in die Prüfung und Würdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.

28

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen haben:

29

a) Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) ist gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt für eine ggf. durchzuführende Differenzbesteuerung könnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von ... € in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG" im Kaufvertrag sein.

30

Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Klägerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b) die Differenzbesteuerung vorgenommen.
..."

31

Eine Differenzbesteuerung käme allerdings gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Dafür könnte --sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist-- der niedrige Kilometerstand sprechen. Widersprüchlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Zähler indes 4 500 km beträgt.

32

Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

33

b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu prüfenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).

34

Die Ausführungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserklärung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Klägerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).

35

c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier ... €) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umstände einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch --außer auf dem Papier-- gar nicht in Erscheinung trat.

36

aa) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgeschäften von Luxussportwagen die Regel.

37

Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugs üblich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012  3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei Übergabe oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ansässigen Abnehmer der Verkäufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen würde, jedoch diese Abwicklungsmodalität eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bekämpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 --Gemeente Leusden und Holin Groep--, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagében und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 --Mecsek-Gabona--, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 103).

38

bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Maßnahmen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen Fällen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.

39

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers können in diesen Fällen beispielsweise folgende Umstände begründen:

-       

Es besteht keine längere Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005  10 K 1367/04, EFG 2005, 822);

-       

die Geschäftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt --außer auf dem Papier-- nicht in Erscheinung;

-       

die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widersprüchliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ansässige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.

40

Dagegen stellen im Regelfall keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit geringfügige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein bloßes Verschreiben auf der Verbringenserklärung.

41

4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugefügt hat, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Steuer ... € beträgt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernmäßig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Klägerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb im Streitjahr 2006 in I einen Handel mit hochwertigen PKW. Im Revisionsverfahren ist noch die Steuerfreiheit von folgenden PKW-Lieferungen an drei Abnehmer streitig:

2

1. Die Klägerin stellte am 1. und 20. Februar 2006 der von X geführten A-Automobile (A) in Ö (Österreich) jeweils die Lieferung eines Ferrari F430 F1 in Rechnung. Der Kaufpreis wurde jeweils mit "Exportpreis netto: € 159.000,--" ausgewiesen; die Rechnungen enthielten ansonsten weder einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferungen noch auf weitere Dokumente. Ihnen beigefügt war jeweils eine "Anlage zur Rechnung", die auf die jeweilige Rechnungsnummer und das jeweilige Rechnungsdatum verwies und den Hinweis "Bestätigung Innergemeinschaftlicher Lieferung" enthielt. Hierin bestätigte X durch seine Unterschrift die Richtigkeit der von ihm angegebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, dass die Lieferung durch die Klägerin stattgefunden habe und dass der PKW in I zur Abholung durch X übergeben worden sei. Zugleich versicherte X darin, die näher bezeichneten PKW ausschließlich für sein Unternehmen zu verwenden sowie die PKW "in einen anderen EG-Mitgliedstaat (Österreich)" zu befördern. Auf einem weiteren, mit "Verbringungsnachweis" überschriebenen Dokument, das zusammen mit den vorgenannten Dokumenten in der Buchführung der Klägerin aufbewahrt wurde, hatte X mit seiner Unterschrift bestätigt, "ein umsatzsteuerfreies innergemeinschaftliches Warengeschäft" getätigt zu haben sowie die näher bezeichneten PKW "[i]ns Ausland (nach Österreich) zu verbringen und dort der Mehrwertsteuer zuzuführen".

3

Im Rahmen eines später gegen X eingeleiteten Steuerstrafverfahrens gab dieser jedoch an, die beiden PKW unter Verwendung von roten Fahrzeugkennzeichen eines anderen Händlers ohne Wissen des Geschäftsführers der Klägerin tatsächlich nicht nach Österreich verbracht zu haben.

4

Zu beiden PKW-Lieferungen liegen Auskünfte des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) im Bestätigungsverfahren gemäß § 18e Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), Übernahmeprotokolle, die Kopie eines Gewerberegisterauszugs sowie Kopien des Deutschen Bundespersonalausweises von X vor. Unter den Ausweiskopien hatte dieser jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt, als Bevollmächtigter der A zu handeln und am 1. bzw. 20. Februar 2006 einen Betrag von 159.000 € in bar an die Klägerin bezahlt zu haben.

5

2. Die Klägerin veräußerte im Streitjahr ferner u.a. einen Mercedes-Benz ML 280 CDI an die B S.L. (B) aus Spanien. Für die B trat eine Person auf, die sich als … (G) ausgab. Die Klägerin stellte für die PKW-Lieferung eine Rechnung an die B, in der der Kaufpreis mit "Exportpreis netto: € 51.000,--" ausgewiesen wurde, die ansonsten keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung enthielt und der eine Anlage zur Rechnung ebenfalls mit einem Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung sowie ein Verbringungsnachweis beigefügt waren.

6

Nach einem von der Klägerin vorgelegten Dokument hatte die B eine Spedition beauftragt, den PKW nach P (Spanien) zu transportieren. Dagegen sind auf dem CMR-Frachtbrief in dem Feld 1 (Absender) die Klägerin und im Feld 2 (Empfänger) "G" mit der Adresse … (O) in Spanien genannt. Das Feld 3 zum Auslieferungsort enthält mit einer eingekreisten "2" einen Hinweis auf das Feld 2 sowie den Zusatz "Espana". Als Adresse der B ist auf dem Rechnungsdokument, der "Anlage zur Rechnung" und dem Verbringungsnachweis jeweils O angegeben. Dagegen liegt die Adresse der B nach einem auf diesen Dokumenten aufgebrachten Stempelaufdruck in S in Spanien.

7

Der Mercedes-Benz ML 280 CDI wurde nach Spanien versandt und nicht auf die B, sondern innerhalb kurzer Zeit nacheinander auf drei andere spanische Unternehmen zugelassen. In einer Antwort auf das Auskunftsersuchen des BZSt teilten die spanischen Behörden u.a. mit, das Profil der B gleiche einem sog. Missing Trader. Geschäftsführer der B sei Herr G gewesen, der erklärt habe, dass die Gesellschaft zwar "auf seinen Namen laufe", er allerdings im Zusammenhang mit ihr keinerlei Einkünfte habe und ihr derzeitiger "Manager" eine andere Person sei. Die gegenüber den Finanzbehörden angegebene Adresse der B sei die Wohnanschrift des G, an der eine Geschäftsausstattung für den Handel mit Fahrzeugen nicht vorhanden sei.

8

3. Außerdem stellte die Klägerin am 14. September 2006 der C-GmbH (C), … in Z (Österreich) die Lieferung eines Ferrari F430 F1 Coupé mit einem "Exportpreis netto: € 169.900,--" in Rechnung. Die Rechnung enthielt weder einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung noch einen Hinweis auf weitere Dokumente. In der "Anlage zur Rechnung" bestätigte der Geschäftsführer der C, Herr N, u.a. die am 15. September 2006 durch die Klägerin erfolgte Übergabe in I zur Abholung durch ihn.

9

Auf einem CMR-Frachtbrief, der auf den 15. September 2006 datiert ist, sind als Absenderin sowie als Frachtführerin die Klägerin, als Empfängerin die C und als Auslieferungsort I genannt. Im Rahmen eines Auskunftsersuchens des BZSt teilten die österreichischen Behörden u.a. mit, dass sie die C als Gesellschaft ohne wirtschaftliche Tätigkeit identifiziert hätten. Sie habe ihren Sitz bei ihrem Steuerberater, tätige vor allem innergemeinschaftliche Erwerbe aus Deutschland und innergemeinschaftliche Lieferungen nach Italien. Im Streitjahr seien innergemeinschaftliche Erwerbe für 21,7 Mio. € erfolgt. Bis auf eine kleine angemietete Lagerhalle zur Zwischenlagerung, Empfangnahme und Auslieferung von Fahrzeugen sowie einem "Büro" in einer abgelegenen Wohnung verfüge die C nicht über die für einen Händler exklusiver PKW übliche Infrastruktur.

10

Hinsichtlich der Lieferung an die C hat der Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung insbesondere angegeben, dass ihm der persönlich am 14. September 2006 in I anwesende Geschäftsführer der C, Herr N, erklärt habe, sein Abnehmer habe auf keinen Fall einen Transport des PKW nach Österreich "auf eigenen Rädern" gewünscht. Deshalb habe der Geschäftsführer der Klägerin den PKW auf einem Hänger nach Z in Österreich befördert und diesen auf dem Gelände einer Tankstelle in der Nähe der Geschäftsadresse der C an Herrn N übergeben.

11

Die Klägerin behandelte die vorgenannten PKW-Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte dies im Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 12. Februar 2008, zuletzt geändert durch Bescheid vom 18. November 2011, nicht an.

12

Daraufhin hat die Klägerin Sprungklage erhoben und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2012 berichtigte Rechnungen vom 16. Januar 2012 zu den streitbefangenen Lieferungen vorgelegt. Hierin ist ein Hinweis auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG enthalten.

13

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage hinsichtlich einer hier nicht streitigen PKW-Lieferung ab und gab der Klage in Bezug auf die im Revisionsverfahren noch streitbefangenen PKW-Lieferungen an die A, die B und an die C statt.

14

Die Steuerfreiheit der PKW-Lieferungen an die A folge aus § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Unter Zugrundelegung der Angaben des X gegenüber der Klägerin seien sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt. Insbesondere scheitere der ordnungsgemäße Belegnachweis nicht daran, dass die ursprünglichen Rechnungen zumindest auf dem eigentlichen Rechnungsdokument keine Hinweise auf die Steuerfreiheit der Lieferung enthielten. Dieser Mangel sei rechtzeitig bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch die korrigierten Rechnungen behoben worden. Die Klägerin habe die mögliche Unrichtigkeit der Angaben des X auch unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können.

15

Hinsichtlich der Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI nach Spanien stehe zur Überzeugung des Gerichts objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen würden. Dass der PKW tatsächlich nach Spanien gelangt sei, stehe wegen der dortigen Zulassung außer Zweifel. Wer Abnehmer der Lieferung gewesen sei, könne dahinstehen, zumal dessen Identifizierung aufgrund der vorliegenden Belege einerseits und der Mitteilung der spanischen Behörden andererseits nicht möglich sei.

16

Auch im Hinblick auf die Lieferung an die C seien die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben. Angesichts der detaillierten und widerspruchsfreien Schilderung des Geschäftsführers der Klägerin, der den Transport durchgeführt habe, sowie der Übereinstimmung mit den vorgelegten Belegen stehe zur Überzeugung des FG fest, dass der PKW nach Z (Österreich) und damit in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert worden sei.

17

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

18

Der Belegnachweis sei jeweils nicht ordnungsgemäß erbracht worden, weil in den ursprünglichen Rechnungen ein Hinweis auf die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung fehle. Die berichtigten Rechnungen seien auch nicht geeignet, den Mangel zu heilen, weil keine Anhaltspunkte für deren Zugang bestünden. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des X, der B und der C seien seit 2006 bzw. seit 2007 ungültig. Auch lägen über die Erreichbarkeit der gesetzlichen Vertreter der Abnehmer keine Informationen vor. Damit habe die Erwerbsbesteuerung zum Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung nicht mehr nachgeholt werden können. Insoweit greife auch nicht die Vertrauensschutzregelung. Da die Abnehmer der Klägerin jeweils Scheinunternehmer gewesen seien, scheide eine Steuerfreiheit der streitbefangenen PKW-Lieferungen nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 2012 XI R 17/12 (BFHE 239, 516, BStBl II 2013, 407, Rz 23) aus.

19

Die Lieferungen an die A seien auch deshalb keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen, weil die PKW tatsächlich nicht nach Österreich transportiert worden seien und damit für den Nachweis des Bestimmungsortes nicht auf die Rechnungsanschrift der A zurückgegriffen werden könne. Mangels Belegnachweises seien die PKW-Lieferungen auch nicht nach § 6a Abs. 4 UStG steuerfrei.

20

Überdies sei die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI nach Spanien nicht steuerfrei, weil die von der B angegebene Lieferanschrift der Wohnungsanschrift ihres Geschäftsführers entspreche und erhebliche Zweifel daran bestünden, dass der (hochwertige) PKW tatsächlich dorthin transportiert worden sei. Eine Steuerfreiheit scheide auch deshalb aus, weil die B keine Erwerbe der Klägerin versteuert habe, dies jedoch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. Juni 2011  2 BvR 542/09 (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 775, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1145) bei fehlendem Buch- und Belegnachweis Voraussetzung für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sei. Dass der PKW in Spanien zugelassen worden sei, genüge nicht zum Nachweis der Steuerfreiheit. Dieser Nachweis erfordere nach dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 32/09 (BFH/NV 2012, 1004, Rz 27) sowie nach dem Urteil des Hessischen FG vom 19. Februar 2013  1 K 513/11 (nicht veröffentlicht) eine Zulassung auf den Abnehmer, die im Streitfall nicht vorliege. Die Gewährung von Vertrauensschutz scheide von vornherein aus, weil es schon wegen fehlerhafter Angaben zum Bestimmungsort und mangels Vorliegens eines ordnungsgemäßen Doppels einer Rechnung am erforderlichen Belegnachweis fehle. Hinzu komme, dass eine Identifizierung des Abnehmers nicht möglich sei, sodass auch die Klägerin nicht auf eine Erwerbsbesteuerung durch die B habe vertrauen können.

21

Die Belegnachweise seien für die PKW-Lieferung an die C auch deshalb nicht ordnungsgemäß, weil die Auslieferung entgegen der Angabe im CMR-Frachtbrief tatsächlich nicht an die Adresse der C, sondern an eine nahegelegene Tankstelle erfolgt sei. Fehle es an einem Belegnachweis, bedürfe es wegen des Beschlusses des BVerfG in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145 einer tatsächlichen Erwerbsbesteuerung, deren Vorliegen hier aber unklar sei. Zudem stehe der Bestimmungsort wegen des Widerspruchs zwischen den Belegnachweisen und den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht objektiv zweifelsfrei fest. Da die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht vollständig nachgekommen sei, seien die Lieferungen auch nicht im Rahmen der Vertrauensschutzregelungen steuerfrei.

22

Das FA beantragt,
das Urteil des FG, soweit es die Umsätze aus Fahrzeuglieferungen an die A, die B und die C betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen,
hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

23

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

24

Sie tritt dem Vorbringen des FA entgegen und macht u.a. geltend, die berichtigten Rechnungen wirkten nach dem BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 47/03 (BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634) auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserteilung zurück.

Entscheidungsgründe

25

II. Die Revision ist teilweise begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die PKW-Lieferung an die B zu Unrecht als steuerfrei behandelt; das Urteil war aufzuheben und die Klage neben der hier nicht streitigen PKW-Lieferung auch insoweit abzuweisen. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg, weil das FG hinsichtlich der PKW-Lieferungen an die A und an die C zu Recht von einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ausgegangen ist.

26

1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG), wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c UStG erfüllt und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG).

27

2. Die PKW-Lieferungen an die A sind gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln.

28

a) Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) nachkommt (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30).

29

Diese Voraussetzungen liegen für die PKW-Lieferungen an die A vor. Die Klägerin hat insoweit --anders als es das FA meint-- den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV erforderlichen Belegnachweis erbracht. Die ursprünglichen Rechnungen vom 1. bzw. 20. Februar 2006 entsprechen den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG. Der gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Alternative 3 UStG erforderliche Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, Rz 44, m.w.N.) fehlt diesen Rechnungen entgegen der Auffassung des FA nicht.

30

aa) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG muss eine Rechnung die dort aufgeführten Angaben enthalten. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine Rechnung jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.

31

bb) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war der Hinweis auf die Steuerfreiheit der PKW-Lieferungen an die A jeweils in den Rechnungen enthalten.

32

Das FG hat auf Seite 4 und 21 seines Urteils sowie durch Bezugnahme festgestellt, dass der mit "Anlage zur Rechnung" überschriebene Teil der Abrechnung einen Verweis auf die Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum, die genaue Bezeichnung des gelieferten PKW einschließlich Marke, Fahrzeugtyp und Fahrzeug-Identifizierungsnummer sowie insbesondere neben dem Hinweis "Bestätigung innergemeinschaftlicher Lieferung" auch die Versicherung, "dass der gekaufte Gegenstand in einen anderen EG-Mitgliedstaat (Österreich) befördert wird", enthielt. Aufgrund des dadurch gegebenen engen Bezugs zu dem mit "Rechnung" überschriebenen Teil der Abrechnung, der einen "Exportpreis netto: € 159.000,--" auswies, bildeten die genannten Erklärungen ein einheitliches Dokument über die Abrechnung der PKW-Lieferungen und mithin in ihrer Gesamtheit das Rechnungsdokument über die jeweilige PKW-Lieferung an die A. Da in dem mit "Rechnung" überschriebenen Abrechnungsteil keine Umsatzsteuer enthalten ist und der mit "Anlage zur Rechnung" überschriebene Abrechnungsteil auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung hinweist, enthält das Rechnungsdokument den gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 Alternative 3 UStG erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung.

33

cc) Der Senat weicht dadurch nicht von dem BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596 ab. Denn in dem diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt ließ sich --anders als nach den Feststellungen des FG in dem hier zu entscheidenden Verfahren-- nach den bindenden Feststellungen des FG nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung und nicht etwa um eine Lieferung aus einem Drittland oder um eine Lieferung in ein Drittland handelte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 47).

34

dd) Weil die mit "Rechnung" bzw. "Anlage zur Rechnung" überschriebenen Abrechnungsteile eine einheitliche Rechnung bilden, greift auch nicht § 14 Abs. 6 Nr. 2 UStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 2 UStDV, wonach bei aus mehreren Dokumenten bestehenden Rechnungen in einem dieser Dokumente u.a. alle anderen Dokumente zu bezeichnen sind, aus denen sich die übrigen Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG ergeben.

35

b) Die Erwägungen des FG, die Klägerin habe i.S. von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

36

aa) Ob die "Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" beachtet wurde, ist durch eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, ggf. nach Durchführung einer entsprechenden Beweisaufnahme, zu entscheiden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 V B 126/07, BFH/NV 2009, 234, unter 2.; vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73, unter 1.).

37

bb) Das FG hat seine Würdigung, die Klägerin habe die mögliche Unrichtigkeit der von X gemachten Angaben zum Bestimmungsort auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können, insbesondere darauf gestützt, dass die Klägerin sich durch eine qualifizierte Bestätigungsabfrage nach § 18e UStG der Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des X versichert habe und dass die Verwendung roter Fahrzeugkennzeichen anderer Händler ein branchenübliches Verhalten gewesen sei, das kein grundlegendes Misstrauen gegenüber dem Abnehmer begründen könne.

38

Diese Würdigung der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die im Übrigen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; sie bindet deshalb den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 24. April 2013 XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34, m.w.N.).

39

3. Für die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI hat das FG die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu Unrecht bejaht.

40

a) Es steht --entgegen der Auffassung des FG-- nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind, da die Identität des Abnehmers der PKW-Lieferung ungeklärt ist.

41

aa) Zwar ist die Ansicht des FG, dass der gegenüber der Klägerin handelnde Abnehmer der Lieferung den Transport des PKW nach Spanien durch eine Spedition veranlasst habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Person des Abnehmers und damit des Leistungsempfängers bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach dem der Lieferung oder sonstigen Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 28/11, BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656, Rz 26, m.w.N.). Dieses Rechtsverhältnis kann vertraglicher oder gesetzlicher Art sein (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Im Fall einer Vertretung ohne Vertretungsmacht, die auch im Fall einer Identitätstäuschung vorliegen kann und zur entsprechenden Anwendung von §§ 177, 179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) führt, bestimmt sich die Person des Abnehmers nach dem Rechtsverhältnis, das gemäß § 179 BGB zum vollmachtlosen Vertreter besteht (BFH-Urteil in BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656, Rz 26, m.w.N.). Dementsprechend war Abnehmer die Person, deren Identifizierung nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht möglich ist.

42

bb) Indes geht das FG rechtsfehlerhaft davon aus, dass dahingestellt bleiben könne, ob tatsächlicher Abnehmer die B oder aber eine namentlich nicht bekannte Person gewesen sei, die im Namen der B, aber ohne Vertretungsmacht aufgetreten sei.

43

Denn die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung setzt voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel nicht erreicht werden kann, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist (vgl. BFH-Urteile vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 17; V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769, Rz 15, jeweils m.w.N.).

44

Mithin vermag der Umstand, dass die Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat als solche der Erwerbsbesteuerung unterliegt, die fehlende, zur zutreffenden Verlagerung der Steuereinnahmen jedoch notwendige Feststellung der Identität des Abnehmers nicht zu ersetzen.

45

b) Die Zulassung des PKW im Bestimmungsland auf eine andere Person als den Abnehmer reicht ebenfalls nicht aus, um davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung objektiv zweifelsfrei feststehen; denn nach der Rechtsprechung des BFH ergibt sich daraus nur das Gelangen in den Bestimmungsmitgliedstaat, nicht aber auch, wer Abnehmer der Lieferung war, für die die Steuerbefreiung beansprucht wird (BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 10/11, BFH/NV 2013, 1453, Rz 45; ferner BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1004, Rz 27).

46

c) Die Lieferung des Mercedes-Benz ML 280 CDI ist auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfrei anzusehen, weil die Klägerin die von ihr für die PKW-Lieferung an die B beanspruchte Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht --wie erforderlich-- entsprechend § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachgewiesen hat.

47

aa) Versendet der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, soll der Nachweis hierüber durch das Doppel der Rechnung i.S. der §§ 14, 14a UStG und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV geführt werden (§ 17a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UStDV). CMR-Frachtbriefe sind nur als Versendungsbeleg anzuerkennen, wenn sie die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthalten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 23). Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein (§ 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV).

48

bb) Diesen Anforderungen hat die Klägerin nicht genügt, weil die Angaben in den Belegen widersprüchlich sind, was begründete Zweifel an der Richtigkeit der Belegangaben hervorruft (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006, Leitsatz 2).

49

Zudem fehlen --wie bereits ausgeführt-- Feststellungen dazu, wer der wirkliche Abnehmer des PKW ist und ggf. welchem Unternehmer die Versendung zuzurechnen ist. Die vollständige Erbringung des Beleg- und Buchnachweises verlangt jedoch auch Angaben zur Identität des Abholers (vgl. BFH-Urteile vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, Leitsatz 1; in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 37).

50

4. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die PKW-Lieferung an die C aufgrund der Feststellungen des FG objektiv zweifelsfrei die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erfüllte.

51

a) Die Frage, ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG objektiv zweifelsfrei gegeben sind, obliegt im finanzgerichtlichen Verfahren der tatrichterlichen Überzeugungsbildung, die einer Überprüfung im Revisionsverfahren nach § 118 Abs. 2 FGO weitgehend entzogen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 14. Dezember 2011 XI R 33/10, BFH/NV 2012, 1009, Rz 29 bis 31; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 28; in BFH/NV 2013, 596, Rz 56; Treiber in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a, Rz 87; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 108 Rz 90; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. April 1995 V R 2/94, BFH/NV 1996, 184, unter II.1.b, zur Ausfuhrlieferung).

52

b) Demnach ist aufgrund der bindenden Feststellungen des FG davon auszugehen, dass die Klägerin den PKW an die C in das übrige Gemeinschaftsgebiet lieferte und diese den PKW im Rahmen ihres Unternehmens erwarb.

53

aa) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Feststellung des FG, die C sei die Abnehmerin des PKW gewesen und der PKW sei nach Z in Österreich gelangt.

54

Das FG ist insoweit nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Geschäftsführer der Klägerin den PKW nach Österreich auf einem Anhänger der Klägerin transportiert habe, weil der Abnehmer der C keine Überführung "auf eigenen Rädern" gewünscht habe. Zudem hat es die von der Klägerin vorgelegten Belege dahingehend gewürdigt, dass die Unterschriften auf der vorliegenden Passkopie und auf anderen im Zusammenhang mit der Lieferung stehenden Dokumenten, die mit einem Stempel der C und einem Namenszug versehen seien, eine Ähnlichkeit aufwiesen, die mit der Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin im Einklang stehen würden, Herr N habe als Geschäftsführer der C das gelieferte Fahrzeug selbst in I besichtigt und übernommen.

55

Diese Würdigungen der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die im Übrigen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, sind möglich und verstoßen weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. Folglich binden sie den Senat.

56

Die gegen diese Feststellungen vom FA vorgebrachten Einwände sind nach § 118 Abs. 2 FGO unbeachtlich. Denn soweit es vorträgt, die Belegangaben würden der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin widersprechen, setzt es lediglich seine Meinung an die Stelle der --im Streitfall möglichen-- Würdigung des FG.

57

bb) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die --in Bezug auf die Unternehmereigenschaft der C mögliche und weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze verstoßende-- Würdigung des FG, für eine Zwischenhändlerin wie die C sei es nicht ungewöhnlich, dass sie über eine kleine, nicht einsehbare Halle zur Zwischenlagerung, Empfangnahme und Auslieferung von PKW sowie über ein Büro in einer Wohnung verfüge.

58

cc) Schließlich geht das FG ohne Rechtsfehler davon aus, die C sei aufgrund der umfangreichen innergemeinschaftlichen Erwerbe und innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen der Einschätzung der österreichischen Behörden wirtschaftlich tätig gewesen.

59

Nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt die Feststellung, der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, für sich genommen nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner ("Missing Trader"), sondern eine andere Person sei Empfänger der Lieferung. Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Erfüllung von Steuererklärungspflichten kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 1004, Rz 20, m.w.N.). Sofern die Annahme der österreichischen Behörden, es handele sich bei C um eine Gesellschaft ohne wirtschaftliche Tätigkeit, darauf beruht, dass das Unternehmen seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland in Österreich nicht anmeldete, begründet dies allein --wie das FG zu Recht ausgeführt hat-- keine Zweifel an der Unternehmereigenschaft. Diese Zweifel ergeben sich auch nicht aus den übrigen von den österreichischen Behörden angeführten Umständen, wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt hat (FG-Urteil, S. 26).

60

Entgegen der Auffassung des FA ist daher nicht davon auszugehen, es handele sich bei der C um ein Scheinunternehmen. Damit steht zugleich fest, dass ein Sonderfall, bei dem das Recht des Objektivnachweises einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht besteht --wie z.B. bei einer Täuschung über die Identität des Abnehmers (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Leitsatz)--, im Streitfall nicht vorliegt.

61

dd) Demnach sind nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a UStG gegeben. Dass der innergemeinschaftliche Erwerb eines PKW in Österreich --wie es zudem für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG Voraussetzung ist-- den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.

62

ee) Dass die Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat tatsächlich besteuert werden, ist --entgegen der Auffassung des FA-- für das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erforderlich (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 69 ff.; BFH-Urteil vom 27. Februar 2014 V R 21/11, BFHE 244, 150, BStBl II 2014, 501, Rz 18, m.w.N.). Das Erfordernis einer tatsächlichen Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat stünde im Widerspruch zur Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, die bewusst auf eine solche innere Verknüpfung verzichtet hat (vgl. EuGH-Urteil --Teleos u.a.-- in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 70). Die Gefahr von Steuerausfällen durch Nichtbesteuerung im Erwerbstaat steht daher der Steuerbefreiung nicht entgegen (BFH-Urteil in BFHE 244, 150, BStBl II 2014, 501, Rz 19).

63

ff) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom FA genannten Beschluss des BVerfG in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145. Der vom FA begehrten Auslegung, § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG verlange bei fehlendem Nachweis der Steuerfreiheit die tatsächliche Erwerbsbesteuerung, steht das Erfordernis richtlinienkonformer Auslegung entgegen.

64

Das BVerfG hat in Rz 60 seines Beschlusses in UR 2011, 775, HFR 2011, 1145 lediglich ausgeführt, dass es innerhalb des Rahmens möglicher Wortlautauslegung zu § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG liege, die tatsächliche Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Abnehmer zu verlangen. Bei der Auslegung des nationalen Rechts ist, soweit es auf einer unionsrechtlichen Harmonisierung durch Richtlinien der Europäischen Union beruht, jedoch das Unionsrecht und die hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, Rz 42). Da nach dem Unionsrecht und der dazu ergangenen Rechtsprechung --wie ausgeführt-- die tatsächliche Erwerbsbesteuerung keine Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist, kann der möglicherweise anders zu interpretierende Wortlaut einer nationalen Vorschrift allein kein anderes Auslegungsergebnis rechtfertigen.

65

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

66

Da die Revision des FA teilweise Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 30. April 2014 XI R 24/13, BFHE 245, 66, BFH/NV 2014, 1289, Rz 38, m.w.N.).

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. März 2014  2 K 1127/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen A-GmbH.

3

Am 24. November 1998 bestellte die B mit Sitz in M/Vereinigte Staaten von Amerika (USA), die über eine feste Niederlassung in der Portugiesischen Republik (Portugal) verfügte, bei der A-GmbH zwei Maschinen (nebst Zubehör) für 750.000 DM.

4

Nachdem die A-GmbH die B aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) mitzuteilen, antwortete die B, sie habe die Maschinen an die in der Republik Finnland (Finnland) ansässige C-Ltd. (weiter) veräußert und teilte der A-GmbH die USt-IdNr. der C-Ltd. mit, die die A-GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.

5

Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die B beauftragt hatte, bei der A-GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am 17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft.

6

Am 14. Dezember 1998 erteilte die A-GmbH gegenüber B in den USA eine Rechnung über die Lieferung der Maschinen für 750.000 DM. Umsatzsteuer wies die A-GmbH nicht offen aus. Dabei gab sie die USt-IdNr. der C-Ltd. als Abnehmerin an. Des Weiteren vermerkte sie u.a., dass der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in Finnland und damit nicht in Deutschland den Vorschriften der Umsatzsteuerbesteuerung unterliege.

7

B hatte bereits am 10. Dezember 1998 eine Rechnung über den Verkauf der Maschinen zum Preis von 880.000 DM an die C-Ltd. in Rechnung gestellt. Die C-Ltd. zahlte am 24. November 1998 86.000 DM und am 14. Dezember 1998 den Restbetrag von 794.000 DM an B. Die C-Ltd. zahlte außerdem an die Z auf eine Rechnung vom 8. Februar 1999 Frachtkosten für den Transport von L nach Helsinki/Finnland.

8

In der Folgezeit nahm die Klägerin Kontakt zum seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA X) auf und vermerkte am 17. August 2004 auf der Rechnung an die B, dass der Rechnungsinhalt im Zeitpunkt der Rechnungslegung mit dem Sachgebietsleiter abgestimmt worden sei und dass die Betriebsprüfung diesen Sachverhalt nicht beanstandet habe.

9

Die Klägerin behandelte die Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 1998 (Streitjahr), der das FA X am 31. März 2000 zustimmte, als umsatzsteuerfrei.

10

Das FA X erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es die Lieferung als umsatzsteuerpflichtig behandelte. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurück. Es sei ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft mit zwei Lieferungen durchgeführt worden, die erste zwischen der A-GmbH und B und die zweite zwischen der B und der C-Ltd. B habe die Ware befördert, daher sei sie Abnehmerin der ersten Lieferung. Ort der Lieferung sei Deutschland. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) greife gleichwohl nicht ein, da B als Abnehmerin keine USt-IdNr. des Bestimmungslandes oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) verwendet habe.

11

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007 geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1998 mit Urteil vom 25. Februar 2009  2 K 484/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1418) ab.

12

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10, VSTR (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832) beantwortet.

13

Im Anschluss daran hat der Senat mit Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09 (BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524) das Urteil des FG in EFG 2009, 1418 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurückverwiesen.

14

Im zweiten Rechtsgang richtete das FA ein Auskunftsersuchen an die finnischen Steuerbehörden. Dieses ergab u.a., dass die Maschinen unmittelbar von der A-GmbH zur C-Ltd. "geliefert" worden seien. Es habe keine direkten Zahlungen zwischen der C-Ltd. und der A-GmbH gegeben. Schriftliche Verträge oder Liefervereinbarungen zwischen der B und der C-Ltd. lägen nicht vor. Es existiere noch eine Rechnung der B an die C-Ltd. Die C-Ltd. habe die Anschaffung als innergemeinschaftlichen Erwerb gebucht, aber möglicherweise nicht als solchen erklärt. Allerdings könnten die Steuererklärungen später geändert worden sein. Dies könne in den Datenbanken nicht mehr überprüft werden, da die Transaktion im Jahr 1998 stattgefunden habe.

15

Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt. Sein Urteil ist in Mehrwertsteuerrecht (MwStR) 2014, 619 veröffentlicht.

16

Mit seiner Revision führt das FA im Wesentlichen aus, es halte das Urteil des FG Münster vom 16. Januar 2014  5 K 3930/10 U (EFG 2014, 682), das dem zurückverweisenden Urteil des Senats in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 in der zentralen Aussage widersprochen habe, für zutreffend.

17

Ergänzend merkt das FA an, nach § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG obliege es dem mittleren Unternehmer nachzuweisen, dass er den Gegenstand als Lieferer versende oder befördere. Das FG gehe davon aus, dass im Verwaltungsverfahren das FA zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet sei. Dies verkehre § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG in sein Gegenteil und widerspreche in gewisser Weise § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG.

18

Obwohl der hier zu beurteilende Umsatz mithin (an sich) steuerpflichtig sei, müsse der Rechtsstreit trotzdem an das FG zurückverwiesen werden, weil das FG --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob das FA nach Treu und Glauben gehindert sei, den Steueranspruch gegen die Klägerin geltend zu machen.

19

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

20

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Entscheidung des FG ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23

1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchst. a), und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).

24

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein.

25

aa) Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der im Streitjahr geltenden Fassung geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

26

bb) Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

27

c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG).

28

Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen: a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

29

2. Der Senat hat zu der streitbefangenen Lieferung in Rz 36 ff. des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, Folgendes entschieden:

30

a) Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen. Die A-GmbH kann nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland nach Finnland der ersten Lieferung zwischen der A-GmbH und B zugeordnet werden kann; denn die Beförderung oder Versendung des Gegenstands sei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

31

Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

32

b) § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG widerlegt werden. Zwar ist in der Richtlinie 77/388/EWG keine entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG ist trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen nach wie vor anwendbar, muss aber unionsrechtskonform ausgelegt werden. Der Auffassung, die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig, ist der Senat nicht gefolgt.

33

c) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --wie der EuGH (Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.

34

3. An den genannten Grundsätzen hält der Senat trotz der in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Kritik, der sich sowohl das FA als auch das FG in dem angefochtenen Urteil angeschlossen haben, fest.

35

a) Das FG Münster hat in seinem Urteil in EFG 2014, 682 die Rechtsansicht vertreten, es komme in Fällen der vorliegenden Art allein auf die "Verpflichtung und Absichtsbekundung" des Zwischenerwerbers an, den Liefergegenstand zu befördern oder zu versenden (Rz 32, 35 ff. des Urteils). Die Vorinstanz folgt dem im Grundsatz, hat seiner Entscheidung aber gleichwohl (zutreffend) gemäß § 126 Abs. 5 FGO die --davon abweichende-- rechtliche Beurteilung des BFH in seinem zurückverweisenden Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zugrunde gelegt (vgl. MwStR 2014, 619, juris-Rz 36). Auch das FA hält die Auffassung des FG Münster für zutreffend.

36

aa) Das FG Münster hält die Rechtsprechung des Senats für "problematisch" (EFG 2014, 682, Rz 35). Bei grenzüberschreitenden Lieferumsätzen könne der erste Lieferer insbesondere bei Abholfällen regelmäßig nicht beurteilen, ob und wann dem Letztempfänger die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, übertragen werde. Mit der Übergabe der Ware habe der erste Lieferer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Zwischenerwerber habe regelmäßig weder eine Pflicht noch ein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, was er "zu welchen Zeitpunkten mit der Ware macht". Die Steuerpflicht könne nicht von Umständen abhängen, die weder in der Willens- noch der Wissenssphäre des Liefernden liegen (EFG 2014, 682, Rz 36).

37

bb) Das FG Münster, die Vorinstanz und das FA verkennen im Rahmen ihrer Analyse, dass es bei der Prüfung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung --aus unionsrechtlicher Sicht-- auf die objektiven Umstände ankommt (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 39 f.; vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Slg. 2010, I-12605, BStBl II 2011, 846, Rz 39; vom 16. Dezember 2010 C-430/09, Euro Tyre Holding, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 28; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 30, jeweils m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH).

38

Dabei kommt es gerade nicht nur --wie das FG Münster und die Vorinstanz meinen-- auf die "Verpflichtungen und Absichtsbekundungen" des Lieferers und des Erwerbers an (vgl. EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 37; Sterzinger, UR 2013, 45, 48).

39

So kann z.B. im Abholfall der Lieferer ebenfalls nicht beurteilen, ob und wann der Gegenstand der Lieferung den Mitgliedstaat physisch verlassen wird. Mit der Übergabe der Ware hat der Unternehmer seine Pflichten an sich erfüllt. Der Zwischenerwerber hat kein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, dass der Gegenstand im Inland verbleiben wird. Gleichwohl ist für die Steuerbefreiung des § 6a Abs. 1 UStG, Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erforderlich, dass der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 33 ff., 42; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, Slg. 2007, I-7897, BStBl II 2009, 83, Rz 23).

40

cc) Eine andere, hiervon zu trennende Frage ist es, ob dem Steuerpflichtigen --trotz Nichtvorliegens der objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung-- aufgrund der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit (im Wege des Vertrauensschutzes) die Steuerbefreiung zu gewähren ist (vgl. EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 43 ff.).

41

(1) Diese Frage ist nach nationalem Recht nicht im Rahmen des § 6a Abs. 1 UStG, sondern des § 6a Abs. 4 UStG zu prüfen.

42

(2) Diese Unterscheidung muss auch unionsrechtlich vorgenommen werden, weil die Rechtsfolgen verschieden sind.

43

Während bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung als logische Folge ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 24, 26 f., 36 f., 41 f.; vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 23; vom 18. November 2010 C-84/09, X, Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 28; vom 6. September 2012 C-273/11, Mecsek-Gabona, HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 29) und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Umsatz des Lieferers steuerfrei zu belassen ist, ist in dem Fall, dass dem Lieferer trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG Vertrauensschutz zu gewähren ist, der Erwerber (hier: B) im Liefermitgliedstaat zur Umsatzsteuer heranzuziehen (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 67; in Deutschland umgesetzt durch § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG; insoweit zutreffend aus österreichischer Sicht Schwab, Österreichische Steuerzeitung 2014, 32, 35).

44

Daran zeigt sich auch, dass es für die Steuerpflichtigen nicht lediglich um formale Zuordnungen, sondern um "finale Besteuerungswirkungen" geht (a.A. Prätzler, juris PraxisReport Steuerrecht 34/2014, Nr. 6, unter D.), weil jeder Umsatz für sich zu betrachten ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Januar 2006 C-484/03 u.a., Optigen, Slg. 2006, I-483, BFH/NV Beilage 2006, 144, Rz 47). Auch bei Reihengeschäften ist eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zu gewährleisten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, Rz 26 ff., 40 ff.).

45

b) Entgegen der Auffassung des FG Münster ist das EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 nicht abweichend von dem Senatsurteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zu verstehen.

46

aa) Das FG Münster hat dazu (in EFG 2014, 682, Rz 35 ff.) ausgeführt, der EuGH wolle in Rz 32 und 34 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 die Fallgestaltungen darstellen, in denen die bewegte Lieferung keinesfalls mehr (Rz 32) bzw. zweifellos (Rz 34) der ersten Lieferung zugeordnet werden müsse. Aus Rz 32 könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Zuordnung der bewegten Lieferung auf den zweiten Liefervorgang nur dann erfolgen könne, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht an den Liefergegenständen bereits vor dem Warentransport noch im Herkunftsland auf den Letzterwerber übergegangen sei. Rz 35 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 sei zu entnehmen, "dass eine Zurechnung der bewegten Lieferung zum 2. Umsatzgeschäft auch dann erfolgen kann, wenn der 1. Erwerber dem 1. Lieferer mitteilt, dass er die Ware an einen dritten Unternehmer in einem anderen Land, als dem des 1. Umsatzgeschäfts, weiterverkauft hat". In Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR stelle der EuGH zwar auf weitere Umstände ab, die eine Zuordnung der bewegten Lieferung möglich machen sollen und nenne in diesem Zusammenhang die Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft auf den Letzterwerber vor der Beförderung. Diese Formulierung könne aber auch so verstanden werden, dass eine bloße "Erklärung" des Ersterwerbers über den Weiterverkauf der Liefergegenstände an einen dritten Unternehmer nicht ausreichend sein solle. Es müsse vielmehr eine "umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalles" erfolgen.

47

bb) Dieser Auslegung des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 durch das FG Münster liegt zunächst das unter II.3.a bb geschilderte Fehlverständnis zugrunde. Insbesondere sind in dem vom FG in Rz 38 (in EFG 2014, 682) geschilderten Fall, wenn im Ursprungsmitgliedstaat dem zweiten Erwerber noch keine Verfügungsmacht verschafft worden ist, die objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG trotz Mitteilung des Weiterverkaufs gegeben und der Umsatz des ersten Lieferers ist --bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG-- im Ursprungsmitgliedstaat steuerfrei zu belassen (vgl. EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 30). Damit geht im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Erwerbers (und nicht des zweiten Erwerbers) einher (vgl. allgemein z.B. EuGH-Urteil X in Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 27). Das Recht, einen in seinem Hoheitsgebiet erfolgten innergemeinschaftlichen Erwerb des ersten Erwerbers und die anschließende Lieferung an den zweiten Erwerber beim ersten Erwerber zu besteuern, kann dem Bestimmungsmitgliedstaat nicht durch eine (bloße) Absichtsbekundung des ersten Erwerbers entzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 XI R 5/13, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de, Rz 35 f., m.w.N.).

48

cc) Der vom FG Münster in Rz 37 ff. seines Urteils in EFG 2014, 682 vertretenen Auslegung des EuGH-Urteils VSTR stehen vor allem klar Rz 36 und Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 entgegen, in denen der EuGH ausgeführt hat:

49

"36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.

50

37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war."

51

Diese Ausführungen des EuGH können nur so verstanden werden, dass eine (bloße) Erklärung des Ersterwerbers B vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland gegenüber A, dass die Gegenstände bereits an das finnische Unternehmen C weiterverkauft worden seien, gerade nicht für eine Zurechnung der Beförderung der Gegenstände zur ersten Lieferung ausreicht.

52

Zudem hat der EuGH in Rz 37 des Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 den nationalen Gerichten aufgegeben, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob "dies", das heißt "die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden" hat.

53

Dies bestätigen auch die Rz 33 und 34 desselben EuGH-Urteils: Der EuGH stellt dort die beiden möglichen Alternativen für die Lösung des Streitfalls dar und grenzt danach ab, in welchem Staat dem Zweiterwerber (C) Verfügungsmacht verschafft wird. Erlangt der Zweiterwerber (C) sie bereits im Inland, kann nur die zweite Lieferung die grenzüberschreitende sein. Umgekehrt kann nur die erste Lieferung die grenzüberschreitende sein, wenn der Zweiterwerber (C) keine Verfügungsmacht im Inland erlangt (ebenso z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 154).

54

dd) Aufgrund dieser Erwägungen greift auch der Einwand von Teilen der Literatur, der Senat habe Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 "missverstanden" (Nieskens, Der Betrieb --DB-- 2013, 1872, 1874) nicht durch (das Verständnis des Senats teilend z.B. Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012, 941, 944; von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater --UStB-- 2013, 47, 50, 54; Meurer, Steuerberater Woche 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Matheis/Kandlhofer, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2013, 380, 384; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152; Looks, MwStR 2015, 52, 54).

55

c) Soweit in der Literatur der Einwand erhoben wird, der Senat unterliege einem "Zirkelschluss", weil aus der Beförderung oder Versendung die Verschaffung der Verfügungsmacht abzuleiten sei und nicht umgekehrt bei Verschaffung der Verfügungsmacht die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ausgelöst werden (Hiller, MwStR 2013, 652, 654 f.; Nieskens, DB 2013, 1872; Nieskens, UR 2013, 823, 824 ff.; Nieskens/ Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513, 516; Sterzinger, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2013, 4028, 4033), übersieht diese Auffassung, dass es sich bei der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) und der Beförderung bzw. Versendung in den anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 UStG, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL) um zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen handelt (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen neben Rz 29 des EuGH-Urteils Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, und Rz 30 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832; aus neuerer Zeit EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 C-492/13, Traum, HFR 2014, 1131, UR 2014, 943, Rz 24 und 25).

56

aa) Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur leitet zwar aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, Art. 8 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL ab, diese regelten neben dem Ort auch den   Zeitpunkt  der Lieferung (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 24/05, BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.b, m.w.N. zur herrschenden Meinung in der Literatur; Abschn. 13.1. Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; a.A. z.B. Frye, UR 2013, 889, 892 ff.; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 11, 115; wohl auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155). Liegen beide Tatbestandsmerkmale vor, fällt nach dieser Auffassung die Verschaffung der Verfügungsmacht (als erstes Tatbestandsmerkmal) mit dem Beginn der Beförderung oder Versendung (als zweites Tatbestandsmerkmal) zeitlich zusammen.

57

bb) Trotzdem handelt es sich um verschiedene Tatbestandsmerkmale, die getrennt zu prüfen sind; sonst bedürfte es auch einer Fiktion nicht.

58

Weder allein der Besitz befähigt den Besitzer (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 2005 C-435/03, British American Tobacco International Ltd., Slg. 2005, I-7077, BFH/NV Beilage 2005, 332, Rz 36) noch allein die Beförderung eines Gegenstands den Beförderer (vgl. EuGH-Urteil vom 3. Juni 2010 C-237/09, De Fruytier, Slg. 2010, I-4985, HFR 2010, 892, Rz 25) dazu, über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen.

59

Entsprechend ist auch nach Auffassung des V. Senats des BFH bei Beförderung oder Versendung von Gegenständen die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht und ihr tatsächlicher Zeitpunkt zu prüfen, wenn es um die Entscheidung geht, ob die Warenbewegung der Lieferung zugeordnet werden kann oder nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.e, zum Kauf auf Probe: Verschaffung der Verfügungsmacht nach Beförderung als Lieferung i.S. des § 3 Abs. 7 UStG; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 153 f.; ebenso möglicherweise früher noch Nieskens, UR 2012, 17, 21).

60

d) Die Auffassung, der Senat hätte § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG für unionsrechtswidrig erklären sollen (so z.B. Weymüller, MwStR 2014, 623, 624; ebenso im Ergebnis bereits von Streit, UStB 2013, 47, 49; zweifelnd Kettisch, UR 2014, 593, 605 f.), beachtet nicht hinreichend, dass das in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG zum Ausdruck kommende Regel-Ausnahme-Verhältnis dem Unionsrecht entspricht.

61

Auch der EuGH geht --wie übrigens auch Art. 28c Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 141 MwStSystRL) und § 25b Abs. 1 und 3 UStG-- davon aus, dass die Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der Regelfall ist (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 32; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) und die Zuordnung zur zweiten Lieferung die Ausnahme (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 33; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 33).

62

Deshalb hält der Senat daran fest, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG unionsrechtskonform ausgelegt werden kann und der in Halbsatz 2 mögliche Gegenbeweis nur unter den im BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 47 ff. genannten Umständen geführt ist.

63

4. Die Kritik, aufgrund dieser Rechtsprechung (des EuGH und/oder des BFH) könnten weder die leistenden Unternehmer noch die Finanzverwaltungen rechtssicher beurteilen, welcher Lieferung eine Warenbewegung zuzuordnen ist (Büchter-Hole, EFG 2014, 684; Herzing, Steuerrecht kurzgefasst 2013, 433; Höink/Forster, DB 2014, 1896; Meurer, MwStR 2013, 555; Nieskens/Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513; dies., Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 1368; dies., UVR 2014, 249; Slapio in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 64 Rz 137; Sterzinger, NWB 2013, 4028, 4032 f.; Wäger, UR 2014, 81, 101; Winter, DStR 2013, 1979, 1980 f.; s. auch zu Unklarheiten im Vereinigten Königreich Lang-Horgan, MwStR 2013, 394, 395 f.; zur unterschiedlichen Beurteilung von Reihengeschäften durch die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten s. auch Bericht Nr. 29 der "VAT Expert Group" der EU vom 13. Januar 2014, taxud.c.1(2014)83538, abrufbar auf der Internetseite der EU, Tz. 6.2 und Anlage 3, sowie Körner, MwStR 2014, 763), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

64

a) Zum einen ist eine ggf. vorliegende Unsicherheit bei Beurteilung der Umstände des Einzelfalls im Wesentlichen Folge der Entscheidung des Richtliniengebers, trotz des Wegfalls der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Union im innergemeinschaftlichen Warenverkehr am Bestimmungslandprinzip festzuhalten (vgl. dazu EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 21 f.; Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 34 f.).

65

b) Zum anderen besteht bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme einer Lieferung keine Rechtsunsicherheit.

66

Zu dem Begriff der Lieferung liegt eine ständige Rechtsprechung des EuGH vor (neben den genannten Urteilen z.B. auch vgl. EuGH-Urteile vom 6. Februar 2003 C-185/01, Auto Lease Holland BV, Slg. 2003, I-1317, BFH/NV Beilage 2003, 108, BStBl II 2004, 573, Rz 31 ff.; vom 21. April 2005 C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BStBl II 2007, 24, Rz 64; vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, UR 2007, 420, Rz 32). Der BFH umschreibt diesen Vorgang seit jeher und ebenfalls in ständiger Rechtsprechung als Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1969 V 176/64, BFHE 95, 410, BStBl II 1969, 451; vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311; vom 29. September 1987 X R 13/81, BFHE 151, 469, BStBl II 1988, 153; vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909), ohne damit inhaltlich von der Rechtsprechung des EuGH abzuweichen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585, unter II.6.; vom 8. September 2011 V R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014, 203, unter II.1.). Eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann danach z.B. sowohl in der Eigentumsübertragung auf den Erwerber (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 72, m.w.N.; Kettisch, UR 2014, 593, 600) als auch in der freiwilligen Übergabe durch den Eigentümer an den Erwerber (vgl. EuGH-Urteil vom 21. November 2013 C-494/12, Dixons, HFR 2014, 84, MwStR 2013, 774, Rz 23 f., 27 f.) zu sehen sein.

67

c) Ebenso liegt zu den im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigenden Umständen eine ständige Rechtsprechung vor.

68

Die Frage, ob, wann und wo eine Lieferung erfolgt, d.h. die Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, ist von den nationalen Gerichten anhand des gegebenen Sachverhalts zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Februar 1990 C-320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285, Rz 7 f., 13; vom 15. Dezember 2005 C-63/04, Centralan Property, Slg. 2005, I-11087, BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 60 ff., 63; vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset Menidjmunt, HFR 2012, 454, UR 2012, 230, Rz 38 ff., 41; vom 18. Juli 2013 C-78/12, Evita-K, HFR 2013, 857, UR 2014, 475, Rz 33 bis 35). Maßgeblich sind die Gesamtumstände des Einzelfalls, d.h. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen (vgl. dazu z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155, unter 3.2.1) und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; s. auch BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

69

d) Zudem stellen sowohl das nationale Recht als auch die Rechtsprechung des EuGH dem Lieferer Vertrauensschutzregelungen zur Verfügung (vgl. die Ausführungen unter II.3.a cc; s. auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 157).

70

In diesem Rahmen kann sich der leistende Unternehmer zur Minimierung von Risiken z.B. vom Erwerber versichern lassen, dass der Erwerber die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat. Dies zu tun (oder nicht), liegt derzeit in seiner unternehmerischen Entscheidung.

71

e) Im Übrigen ist es ggf. Aufgabe des Gesetz- oder Verordnungsgebers --über die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und den Belegnachweis des § 17a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 4 UStDV a.F., § 17a Abs. 1 und 2 UStDV i.d.F. ab 1. Oktober 2013 hinaus-- durch Änderung des UStG oder der UStDV in den Grenzen des Unionsrechts z.B. andere widerlegbare Vermutungen aufzustellen oder in anderer Form die Bedürfnisse der Praxis zu berücksichtigen (vgl. Art. 28c Teil A Einleitungssatz der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 131 MwStSystRL, § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

72

Sieht das nationale Recht eines EU-Mitgliedstaats jedoch nur vor, dass die Lieferung nachzuweisen ist, bzw. hängt das Niveau der verlangten Nachweise von den konkreten Umständen des betreffenden Umsatzes ab, sind die Nachweispflichten lediglich nach den im nationalen Recht dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen und nach der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 37 f.). Es ist dem BFH weder möglich, Wahlrechte für Unternehmer zu schaffen, die das Unionsrecht nicht vorsieht, noch allgemeine Nachweispflichten für leistende Unternehmer vorzusehen, die das nationale Recht nicht enthält.

73

5. Die Entscheidung des FG, die Warenbewegung sei im Streitfall der Lieferung der Klägerin (zivilrechtlich: der A-GmbH) an B zuzuordnen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

74

a) Das FG konnte nicht feststellen, ob die B der C-Ltd. (bereits) im Inland die Befähigung übertragen hat, wie ein Eigentümer über die Maschinen zu verfügen.

75

Es hat zur Begründung ausgeführt, Lieferbedingungen oder der Kaufvertrag könnten nicht vorgelegt werden. Ob ein solcher "als Urkunde" existiere, habe ebenfalls nicht geklärt werden können. Die A-GmbH komme als Lieferer an die B in Betracht. Für eine Lieferung der B an die C-Ltd. als der bewegten Lieferung spreche zwar der Umstand, dass die B die Transportverantwortlichkeit und einen Teil der Kosten zu tragen gehabt habe, dass die C-Ltd. den Kaufpreis vor Beginn der Lieferung am 14. Dezember 1998 gezahlt und dass B der A-GmbH den Verkauf vor diesem Zeitpunkt mitgeteilt habe. In der Gesamtschau der Umstände sei dennoch nicht der Nachweis geführt, dass B die Maschinen als Lieferer befördert habe und die C-Ltd. die Sachherrschaft bereits vor Beginn der Lieferung habe. Das FG lege § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG so aus, dass die gesetzliche Vermutung erst dann erschüttert sei, wenn der Nachweis als Lieferer durch den mittleren Unternehmer auch tatsächlich geführt sei. Bloße Zweifel genügten insoweit nicht. Zur Zuordnung der bewegten Lieferung reiche allein die Mitteilung des Ersterwerbers an den Erstlieferer über einen Weiterverkauf nicht aus.

76

b) Diese --von den Rechtsgrundsätzen des zurückverweisenden BFH-Urteils in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 ausgehende-- Würdigung des FG ist auf Basis seiner tatsächlichen Feststellungen, die kein Beteiligter mit Verfahrensrügen angegriffen hat, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 13. November 2013 XI R 24/11, BFHE 243, 471, BFH/NV 2014, 471); denn wenn sich schon das der Lieferung von B an die C-Ltd. zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht ermitteln lässt, kann auch nicht beurteilt werden, welche Regelungen zur Verschaffung der Verfügungsmacht darin enthalten waren.

77

c) Ferner ist das FG zutreffend davon ausgegangen, für den Fall, dass --nach (der von Amts wegen durchzuführenden) Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der Dritte, insbesondere der Ersterwerber, zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden können (z.B. §§ 93, 97 der Abgabenordnung, § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4, §§ 81, 85 FGO)-- Zweifel daran verbleiben, ob der Ersterwerber den Gegenstand "als Lieferer befördert oder versendet hat" oder nicht, sei nach § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG die Warenbewegung der ersten Lieferung zuzuordnen (ebenso Szabo/Tausch/Kraeusel, UVR 2013, 280, 282; a.A. Nieskens, UR 2013, 823, 826).

78

Die regelmäßige Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die einer Zuordnung der innergemeinschaftlichen Warenbewegung zur Lieferung des Erstverkäufers entgegen stehen, entspricht im Übrigen auch der Ansicht des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Nachfolgeerkenntnis "EMAG Handel Eder" (Erkenntnis vom 25. Juni 2007  2006/14/0107, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at, a.E.).

79

aa) Zwar weist das FA zu Recht darauf hin, dass auch das FA von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen dürfe. Deshalb ist auch das FA --insoweit möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- nicht generell verpflichtet, den Gegenbeweis des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG zu führen, sondern darf ebenfalls (bis Anhaltspunkte vorliegen, dass der tatsächliche Geschehensablauf hiervon abweicht) von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen. Dies hat das FA sowohl in der Einspruchsentscheidung als auch im Verfahren des ersten Rechtszugs noch getan.

80

bb) Wenn das FA jedoch nun im zweiten Rechtszug die Vermutungsregelung nicht mehr angewendet wissen will und geltend macht, die Lieferung der Klägerin sei steuerpflichtig, weil die Warenbewegung der zweiten Lieferung zuzurechnen sei, so ist es an ihm, den Nachweis dieses für ihn günstigen Umstands zu führen.

81

6. Ebenso hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitfall dahin gehend gewürdigt, dass der innergemeinschaftliche Erwerb der B in Finnland der Erwerbsbesteuerung unterliegt.

82

a) Das FG hat dazu festgestellt, dass die B nicht unter einer eigenen USt-IdNr. aufgetreten sei und auch keine gehabt habe. Damit habe die A-GmbH auch keine Aufzeichnungspflichten verletzen können. Die A-GmbH habe die USt-IdNr. der C-Ltd. der Finanzverwaltung mitgeteilt. Des Weiteren habe die A-GmbH redlicherweise alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der B ergriffen. Dafür spreche insbesondere, dass der Vorgang mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA besprochen worden und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden sei. Dem sei das FA nicht entgegengetreten.

83

b) Auch diese Würdigung des FG ist aufgrund der von ihm im Urteil festgestellten Tatsachen, insbesondere der dem FG vorliegenden Unterlagen zum Ablauf der Bestellung und Lieferung, die sämtlich keine portugiesische USt-IdNr. der B enthalten, sondern die ausdrückliche, schriftliche Mitteilung der USt-IdNr. eines Dritten, sowie aufgrund des Aktenvermerks des Prokuristen der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs mit dem FA, verbunden mit dem Beweisangebot, Prokuristen, Sachgebietsleiter und Außenprüfer als Zeugen zu vernehmen, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).

84

aa) Zwar reicht --möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- allein der Umstand, dass das FA dem Vortrag der Klägerin nicht entgegen getreten ist, für sich genommen nicht aus, um auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten; denn das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete FG (§ 76 Abs. 1 FGO) muss auch Fragen nachgehen, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 X R 185/93, BFH/NV 1995, 1076).

85

bb) Jedoch hängen Umfang und Intensität der vom FG anzustellenden Ermittlungen auch vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten ab; denn das Gericht ist nicht verpflichtet, einen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, m.w.N.).

86

Hier durfte das FG berücksichtigen, dass das FA trotz der Hinweise des Senats im Rahmen der Zurückverweisung hinsichtlich beider Punkte im zweiten Rechtsgang einen abweichenden tatsächlichen Geschehensablauf noch nicht einmal behauptet, geschweige denn beantragt hat, zum Beweis eines abweichenden Geschehensablaufs Beweise zu erheben, z.B. Zeugen zu vernehmen.

87

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin einer in Deutschland ansässigen GmbH.

2

Die GmbH verkaufte im November 1998 zwei XY-Maschinen (nebst Zubehör) an das US-amerikanische Unternehmen A mit Sitz in M/USA. A hatte eine Niederlassung in Portugal.

3

Nachdem die GmbH die A aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen, antwortete die A, sie habe die Maschinen an ein Unternehmen (Ltd.) in Finnland (weiter) veräußert und teilte der GmbH die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dieser Ltd. (FI ...) mit, die die GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.

4

Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die A beauftragt hatte, bei der GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am 17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft. Ob A in Finnland einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt hat, ist nicht festgestellt.

5

Über die Lieferung der Maschinen erteilte die GmbH der A unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der finnischen Ltd. am 14. Dezember 1998 eine Rechnung über ... DM ohne Umsatzsteuer.

6

Die Klägerin behandelte diese Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1998 (Streitjahr) als steuerfrei.

7

Das seinerzeit zuständige Finanzamt X, das der Erklärung zunächst zugestimmt hatte, erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1998 (Streitjahr) mit einer um ... DM erhöhten Bemessungsgrundlage. Es sah die Lieferung als steuerpflichtig an, weil die A als Erwerberin keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Bestimmungsmitgliedstaats oder eines anderen Mitgliedstaats verwendet habe. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurück.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007 --unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei den ... DM um einen Bruttobetrag handelt-- geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 1998 ab.

9

Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Klägerin habe weder den Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht, noch habe die GmbH eine solche Lieferung vorgenommen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung setze u.a. voraus, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliege (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Daran fehle es im Streitfall.

10

Die Beteiligten hätten ein sog. Reihengeschäft vorgenommen. Die Beförderung sei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG der A als Abnehmerin zuzuordnen, da sie die Maschinen durch einen Dritten abgeholt habe; Nachweise dafür, dass sie als Lieferin für die Ltd. in Finnland aufgetreten sei, lägen nicht vor. Die A sei Drittlandsunternehmerin, da ihr Sitz in den USA und nicht etwa in Portugal sei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liege daher nicht vor.

11

Ferner sei die Annahme eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gemäß § 25b UStG auszuschließen, da die A nicht in einem Mitgliedstaat für umsatzsteuerrechtliche Zwecke erfasst gewesen sei.

12

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1418 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des FG lägen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG vor.

14

Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs sei Finnland, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befunden habe. Dort unterliege der Erwerb der Maschinen der Umsatzbesteuerung (Erwerbsbesteuerung). Dafür komme es nicht darauf an, in welchem Land die Erwerberin A ihren Sitz habe. Maßgeblich sei, dass der Erwerb der Maschinen ein in Finnland steuerbarer Vorgang sei. Ein Nachweis, dass eine Erwerbsbesteuerung tatsächlich stattgefunden habe, müsse vom liefernden Unternehmer hingegen nicht erbracht werden. Die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sei keine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Lieferung der Maschinen in Finnland der Erwerbsbesteuerung unterliege; ihr komme keine materiell-rechtliche Qualität zu.

15

Für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung der Maschinen an die A sei es ferner unschädlich, dass die GmbH nicht deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichnet habe. Vielmehr könnten die Voraussetzungen des § 6a UStG auch auf andere Weise nachgewiesen werden. Das sei hier geschehen. Denn das FG gehe sowohl von einer grenzüberschreitenden Warenbewegung sowie davon aus, dass A die XY-Maschinen für unternehmerische Zwecke erworben habe.

16

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

17

"1. Erlaubt die Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedstaaten, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nur dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers buchmäßig nachweist?

18

           

2. Ist es für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung

-       

ob es sich bei dem Erwerber um einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer handelt, der zwar den Gegenstand der Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat versendet hat, aber in keinem Mitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich registriert ist, und

-       

ob der Steuerpflichtige die Abgabe einer Steuererklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb durch den Erwerber nachgewiesen hat?"

19

Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10 --VSTR-- (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832) wie folgt beantwortet:

20

"Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 98/80/EG des Rates vom 12. Oktober 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat."

21

Die Klägerin hat in ihrer Stellungnahme zu dem Urteil des EuGH ausgeführt, dass die Eigenschaft der A als Steuerpflichtige im Streitfall auf andere Weise als durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachgewiesen sei. Die veräußerten XY-Maschinen seien ausschließlich zu einer unternehmerischen Verwendung geeignet.

22

Die Beförderung sei der Lieferung der GmbH an die A nach § 3 Abs. 6 Sätze 5 und 6 UStG zuzuordnen. Die Warenbewegung sei nur dann nicht der Lieferung der GmbH an die A zuzuordnen, wenn die finnische Ltd. als Zweiterwerberin die Verfügungsmacht an den Maschinen bereits im Liefermitgliedstaat Deutschland erlangt habe. Dafür, dass die Verfügungsmacht auf die Zweiterwerberin in Deutschland übergegangen sei, gebe es keine Anhaltspunkte.

23

Im Übrigen dürfe gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) bei einer Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert habe, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden sei. Das FA sei bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung und der Einspruchsentscheidung unter Anwendung von § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und Abschn. 31a Abs. 9 und 10 der Umsatzsteuer-Richtlinien davon ausgegangen, dass die Warenbewegung der Lieferung der GmbH an die A zuzuordnen sei. Soweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 11. August 2011 V R 3/10 (BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208) zur Zuordnung einer bewegten Lieferung bei einem Reihengeschäft eine davon abweichende Änderung der Rechtsprechung darstelle, dürfe diese gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden.

24

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung den Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom 7. März 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um ... € herabgesetzt wird.

25

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

26

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es ist der Auffassung, nach dem Urteil des EuGH in der vorliegenden Rechtssache könne der Buchnachweis nach § 17c der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) mit der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers weiterhin als Nachweis der Unternehmereigenschaft des Erwerbers verlangt werden. Gleichwohl könne die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann in Betracht kommen, wenn der liefernde Unternehmer nicht über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Abnehmers verfügt. In einem solchen Fall müsse der liefernde Unternehmer die Unternehmereigenschaft des Abnehmers mit anderen Mitteln nachweisen.

27

Falle die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Kontrollinstrument weg, könne die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat nicht mehr gewährleistet werden. Das BMF regt deshalb an, die Sache dem EuGH erneut vorzulegen, und zwar zur Auslegung von Art. 22 Abs. 6 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 264 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Der EuGH solle die Frage klären, wie ein Unternehmer, der über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers verfügt, eine zusammenfassende Meldung abgeben könne.

28

Das FA hat sich der Stellungnahme des BMF angeschlossen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

Das Urteil des FG verletzt § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG bislang getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Versendung der Maschinen gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG der (ersten) Lieferung der GmbH an die A als Abnehmer oder der (zweiten) Lieferung von der A an die finnische Ltd. zuzuordnen ist, und ob der Erwerb der Maschinen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat (Finnland) den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterlag (vgl. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

31

           

1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

(1)     

Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

(2)     

der Abnehmer ist

        

a)    

ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

        

b)    

eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder

                 

die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

        

c)    

bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber und

(3)     

der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

32

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 UStDV geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

33

Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

34

c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG.

35

Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen:
a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

36

2. Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen. Mehrere Unternehmer (die GmbH, die A und die finnische Ltd.) haben über dieselben Gegenstände (Maschinen) Umsatzgeschäfte geschlossen; die Gegenstände sind durch Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt. Die beteiligten Unternehmer führten zwei aufeinander folgende Lieferungen aus (vgl. EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04 --EMAG Handel Eder OHG--, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342): eine Lieferung zwischen der GmbH und der A und eine Lieferung zwischen der A und der finnischen Ltd.

37

3. Da im Streitfall die beteiligten Unternehmer über dieselben Gegenstände (Maschinen) zwei aufeinander folgende Lieferungen, aber nur eine innergemeinschaftliche Versendung von Deutschland nach Finnland durchgeführt haben, kann die GmbH nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung i.S. von § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeführt haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland nach Finnland --wovon die Klägerin und das FG ausgehen-- der ersten Lieferung zwischen der GmbH und A zugerechnet werden kann (vgl. EuGH-Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 31, m.w.N.).

38

a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

39

Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile --EMAG Handel Eder OHG-- in Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342, Leitsatz 1 und Rz 45; vom 16. Dezember 2010 C-430/09 --Euro Tyre Holding--, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 44) kann eine Versendung oder Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden, die als einzige nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreit ist, wenn zwei aufeinander folgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen, die als solche handeln, vorgenommen werden, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung dieses Gegenstands führen.

40

b) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

41

In Übereinstimmung damit gilt nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG (nun Art. 31 MwStSystRL) als Ort der Lieferung für den Fall, dass der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, der Ort, an dem sich der Gegenstand zur Zeit der Lieferung befindet. Auch hiernach ist maßgebend, ob die Lieferung der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangeht oder folgt (vgl. EuGH-Urteil --EMAG Handel Eder OHG-- in Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342, Leitsatz 2; BFH-Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 15).

42

c) Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat.

43

aa) § 3 Abs. 6 Satz 6 erster Halbsatz UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG widerlegt werden (vgl. BTDrucks 13/4839, 84; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 129; Meurer, Deutsches Steuerrecht 2011, 199, 200; Abschn. 3.14. Abs. 9 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--).

44

bb) Für die Frage, welcher Lieferung die innergemeinschaftliche Beförderung oder Versendung zuzurechnen ist, wenn diese von der Person, die als Ersterwerber und Zweitlieferant an beiden Lieferungen beteiligt war, oder für deren Rechnung durchgeführt wird, ist in der Richtlinie 77/388/EWG keine § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen (vgl. EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27).

45

Der Senat geht deshalb davon aus, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen (vgl. EuGH-Urteile --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27, und --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) nach wie vor anwendbar ist, aber unionsrechtskonform ausgelegt werden muss.

46

Der Auffassung, die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig (so von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater 2013, 47, 49), folgt der Senat nicht. Auch der V. Senat des BFH geht in seiner Entscheidung in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208 unter Rz 16 bis 18 davon aus, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG durch die Rechtsprechung des EuGH im Urteil --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176) zur Zuordnung einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung weiterhin gilt.

47

cc) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --wie der EuGH (Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.

48

dd) Bezogen auf den Streitfall führt der EuGH aus:

49

"33. Im Ausgangsverfahren wäre somit die Lieferung seitens der VSTR-Tochter an Atlantic keine nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreite innergemeinschaftliche Lieferung, falls die zweite Übertragung des Eigentums an den in Rede stehenden Gegenständen – von Atlantic auf das finnische Unternehmen – stattgefunden haben sollte, bevor die innergemeinschaftliche Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland erfolgt ist.

50

34. Hinsichtlich der Umstände, die bei der Würdigung berücksichtigt werden können, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass, wenn der Ersterwerber das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der ersten Lieferung erlangt hat, seine Absicht bekundet, diesen Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, und mit seiner von dem letztgenannten Staat zugewiesenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auftritt, die innergemeinschaftliche Beförderung der ersten Lieferung zugerechnet werden müsste, sofern das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung auf den Zweiterwerber übertragen wurde (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnrn. 44 und 45).

51

35. Der Gerichtshof hat jedoch auch klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, wenn nach der Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber dieser dem die erste Lieferung durchführenden Lieferer mitgeteilt hat, dass der Gegenstand, bevor er den Liefermitgliedstaat verlassen habe, an einen anderen Steuerpflichtigen weiterverkauft werde (Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 36).

52

36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.

53

37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war."

54

4. Das FG, das --ebenso wie der Senat bei seinem Vorlagebeschluss-- die vom EuGH nachfolgend in der Rechtssache --Euro Tyre Holding-- und in dieser Rechtssache --VSTR-- aufgestellten Rechtsgrundsätze nicht kennen konnte, ist bei der Anwendung seiner im vorinstanzlichen Urteil formulierten Rechtssätze auf den konkreten Sachverhalt von anderen Grundsätzen ausgegangen. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

55

Die Ausführungen des FG, "[d]ie Beförderung ist hier der A (...) als Abnehmerin zuzuordnen, da sie die Maschinen durch einen Dritten abgeholt hat. Nachweise dafür, dass sie als Lieferin für die (...) Ltd. in Finnland aufgetreten ist, liegen nicht vor", entsprechen der dargelegten EuGH-Rechtsprechung nicht in vollem Umfang.

56

Für die zu treffende Zuordnung fehlt eine umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Feststellung, ob zwischen der A und der finnischen Ltd. die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die innergemeinschaftliche Versendung erfolgte. In diesem Fall könnte die innergemeinschaftliche Versendung nicht mehr der Lieferung von der GmbH an die A zugeordnet werden (vgl. EuGH-Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32).

57

5. Eine Divergenzanfrage gemäß § 11 Abs. 3 FGO beim V. Senat des BFH scheidet im Streitfall aus.

58

a) Der V. Senat des BFH hat in dem Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 (vgl. auch BFH-Beschluss vom 3. November 2011 V B 53/11, BFH/NV 2012, 281, unter 2.) die Auffassung vertreten, dass, "wenn der Ersterwerber dem ersten Lieferer bereits vor der Beförderung oder Versendung mitteilt, dass er den Gegenstand an einen Zweiterwerber verkauft hat (EuGH-Urteil Euro Tyre Holding in BFH/NV 2011, 397 Rdnr. 36)" die "Beförderung oder Versendung ... dann entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen (ist). ... Im Ergebnis hat danach der Ersterwerber im Fall des Weiterverkaufs die Möglichkeit, durch Mitteilung oder Verschweigen des Weiterverkaufs die Beförderung oder Versendung der Lieferung an sich oder seiner eigenen Lieferung zuzuordnen (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG)".

59

Entscheidungserheblich für die Zuordnung der Warenbewegung bei einer Reihenlieferung zur Lieferung des Verkäufers oder des (Zwischen-)Erwerbers ist nach dem Urteil des V. Senats in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 daher, ob der Verkäufer vor oder erst nach der Übergabe des Liefergegenstands an den (selbständigen oder unselbständigen) Abholbeauftragten Kenntnis von der Weiterlieferung des mittleren Unternehmers hatte (vgl. auch Martin, BFH/PR 2012, 19; Wäger, UR 2012, 125, 135).

60

Im vorliegenden Fall war der GmbH nach den Feststellungen des FG vor der Übergabe der Maschinen an den durch A beauftragten Spediteur schon bekannt, dass A die Maschinen bereits an die finnische Ltd. weiterverkauft hatte, so dass nach den Grundsätzen des Urteils des V. Senats in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 eine Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der GmbH an A --und damit eine innergemeinschaftliche Lieferung der GmbH-- ausscheidet.

61

b) Im Gegensatz zu diesem Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 ist nach der Rechtsprechung des EuGH eine derartige Mitteilung bzw. Kenntnis vom Weiterverkauf für die Zuordnung der Warenbewegung bei einer Reihenlieferung zur Lieferung des Verkäufers oder des (Zwischen-)Erwerbers nicht allein entscheidungserheblich.

62

Das ergibt sich möglicherweise bereits aus dem EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176; vgl. von Streit, UStB 2013, 47, 48 und 50; Prätzler, Der Betrieb --DB-- 2012, 2654, 2658 f.; Kramer, UR 2011, 913, 914), jedenfalls aber eindeutig aus Rz 36 und 37 des EuGH-Urteils --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832).

63

Deshalb kann die Rechtsprechung im BFH-Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 nicht mehr aufrechterhalten werden (gl.A. von Streit, UStB 2013, 47, 50, 54; Meurer, Steuerberater Woche, 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012, 941, 944).

64

c) Der Senat kann den Streitfall unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH abweichend von der Rechtsprechung des V. Senats entscheiden. Es bedarf dazu keiner Divergenzanfrage gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO beim V. Senat des BFH.

65

aa) Wenn --wie hier-- ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen will, entscheidet darüber nach § 11 Abs. 2 FGO der Große Senat des BFH. Eine Vorlage an den Großen Senat ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält (§ 11 Abs. 3 Satz 1 FGO). Dieses Verfahren scheidet im Streitfall aus.

66

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bindet ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren das nationale Gericht bei seiner Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits (vgl. EuGH-Beschluss vom 5. März 1986  69/85 --Wünsche Handelsgesellschaft--, Slg. 1986, 947, Rz 13; EuGH-Urteile vom 3. Februar 1977  52/76 --Benedetti--, Slg. 1977, 163, Rz 26; vom 14. Dezember 2000 C-446/98 --Fazenda Pública--, Slg. 2000, I-11435, UR 2001, 108, Rz 49; BFH-Urteil vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551, unter II.2.). Der Tenor des EuGH-Urteils --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) wird insbesondere durch dessen Entscheidungsgründe in Rz 31 bis 37 bindend präzisiert (vgl. EuGH-Urteil vom 16. März 1978  135/77 --Bosch--, Slg. 1978, 855).

67

Die Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG ist nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union abschließend dem EuGH vorbehalten. Der erkennende Senat ist deshalb nicht befugt, die Entscheidung der Frage, welchen Inhalt das durch die Richtlinie 77/388/EWG geregelte Unionsrecht hat, abweichend vom EuGH zu entscheiden oder einem anderen Spruchkörper zu überlassen. Auch der Große Senat des BFH dürfte insoweit nicht anders entscheiden. Eine Vorlage an den Großen Senat des BFH ist deshalb in Fällen dieser Art weder nötig noch zulässig (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 1998 IX ZR 56/95, BGHZ 139, 21, Betriebs-Berater 1998, 1441, unter I.5.a; Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. Januar 1974  8/2 RU 226/72, BSGE 37, 88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1974, 1063, Leitsatz 1).

68

Eine --von der FGO in § 11 Abs. 3 Satz 1 nur in Zusammenhang mit einer Anrufung des Großen Senats des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO vorgesehene-- Divergenzanfrage scheidet daher im Streitfall aus (vgl. auch Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 8; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 18; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz 61; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 19. Aufl., § 11 Rz 5; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 132 GVG Rz 4; May, Deutsche Richterzeitung 1983, 305, 310, die eine Abweichung ablehnen, wenn die Rechtsfrage zwischenzeitlich im Sinne der Rechtsauffassung des erkennenden Senats durch den EuGH entschieden wurde; wohl a.A. Wäger, UR 2013, 81, 84).

69

d) Deshalb geht auch der Einwand der Klägerin ins Leere, dass im Streitfall die soeben dargestellte Rechtsprechung des BFH (in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208) zur Zuordnung der Warenbewegung aufgrund der Vertrauensschutzregel des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden dürfe.

70

Im Übrigen erfasst § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nur Fälle, in denen sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Zeit zwischen dem Erlass des ursprünglichen und vor dem Erlass des Änderungsbescheids geändert hat (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1991 III R 60/89, BFHE 163, 286, BStBl II 1992, 5; vom 20. Dezember 2000 I R 50/95, BFHE 194, 185, BStBl II 2001, 409; vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, m.w.N.). Im Streitfall hat sich aber in dem Zeitraum zwischen dem Erstbescheid und dem Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1998 vom 16. August 2005 die Rechtsprechung nicht geändert. Das Urteil des BFH stammt vom 11. August 2011 (V R 3/10, BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208). Im Streitfall hat das FA demnach im Änderungsbescheid keine zwischenzeitliche Änderung der Rechtsprechung berücksichtigt.

71

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang bei der Zuordnung der Warenbewegung entweder zu der Lieferung zwischen der GmbH und A oder der Lieferung zwischen A und der finnischen Ltd. und der dabei maßgeblichen Frage, wann A die Verfügungsbefugnis an den Maschinen auf die finnische Ltd. übertragen hat, Folgendes zu berücksichtigen haben:

72

a) Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Das bedeutet, dass ihm Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden. Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1992 V R 80/87, BFH/NV 1993, 634, unter II.1.; vom 21. April 2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63; vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059, unter II.1.b).

73

Jedoch bezieht sich der Begriff der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. EuGH-Urteil vom 21. April 2005 C-25/03 --HE--, Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196, UR 2005, 324, Rz 64 ff., m.w.N.; BFH-Urteil in BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059, unter II.1.b).

74

Der Lieferer kann dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand auch dadurch verschaffen, dass er einen Dritten, der die Verfügungsmacht bislang innehat, mit dem Vollzug dieser Maßnahme beauftragt (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628).

75

b) An den vorstehenden Grundsätzen zur Beurteilung, ob die Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, haben sich durch die EuGH-Entscheidung --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) keine Änderungen ergeben.

76

Es ist Sache des FG als Tatsacheninstanz, unter Berücksichtigung aller Umstände des Sachverhalts, z.B. der bislang nicht geklärten konkret vereinbarten Lieferbedingungen, festzustellen, ob die Übertragung auf die finnische Ltd. vor der Versendung der Liefergegenstände stattgefunden hat. Wenn der in der Mitte stehende Unternehmer --wie im Streitfall-- die Transportverantwortlichkeit innehat, verwirft der EuGH jedoch ausdrücklich einen Rückschluss aus der Transportverantwortlichkeit auf das Innehaben der Verfügungsmacht (vgl. EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 40).

77

c) Soweit sich aus Abschn. 3.14. Abs. 7 Sätze 1, 4 und 5 UStAE ergeben sollte, dass für die Zuordnung der Versendung allein auf die Auftragserteilung an den selbständigen Beauftragten oder die Frachtzahlkonditionen ohne umfassende Einzelfallwürdigung abzustellen ist, wäre dies mit den EuGH-Urteilen --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32 und 37) und --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27 und 31 bis 35) nicht vereinbar.

78

7. Soweit das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommt, dass die Warenbewegung der Lieferung von der GmbH an die A zuzuordnen ist, sind weitere Feststellungen zu treffen, ob der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

79

a) Hierzu hat der EuGH in der vorliegenden Rechtssache --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) --wie dargelegt-- entschieden, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt (Leitsatz).

80

Der Senat versteht dies so, dass § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, wonach bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss, unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

81

           

b) Der EuGH hat aber insoweit einen Vorbehalt gemacht (Leitsatz und Rz 52). Danach darf die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert werden, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers nicht der Finanzverwaltung mitteilt, wenn

-       

(1) der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und

-       

(2) er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.

82

c) Ob diese Voraussetzungen bei der GmbH im Streitfall vorliegen, muss das FG ggf. prüfen.

83

aa) Der EuGH hat zwar ausgeführt (Rz 53), aus der Vorlageentscheidung gehe insoweit hervor, dass der Lieferer (die GmbH) im Ausgangsverfahren A um deren Identifikationsnummer ersucht habe und A, die keine besessen habe, ihm die Identifikationsnummer des Zweiterwerbers (der finnischen Ltd.) mitgeteilt habe. Somit habe offenbar keiner dieser Beteiligten betrügerisch gehandelt. Außerdem betreffe die in Rede stehende Lieferung Gegenstände, die ihrer Art nach dafür bestimmt zu sein schienen, im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt zu werden.

84

bb) Es sind aber insoweit ggf. weitere Feststellungen zu treffen.

85

(1) Nach dem im Tatbestand des FG-Urteils (Seite 3) wiedergegebenen Vortrag der Klägerin ist die A bei den Verhandlungen mit der GmbH unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihrer portugiesischen Niederlassung aufgetreten.

86

Dies könnte dafür sprechen, dass die GmbH die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der A gekannt, aber (entgegen § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV) nicht aufgezeichnet hat. In diesem Fall hätte sie nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der A ergriffen.

87

Das FG führt in den Entscheidungsgründen (Seite 6) dagegen aus, A habe keine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Das FG muss diesen (möglichen) Widerspruch ggf. aufklären.

88

(2) Im Rahmen der Prüfung, ob die GmbH redlicherweise alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der A ergriffen hat, muss das FG ggf. dem Vortrag der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren nachgehen, der Vorgang sei mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA besprochen und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung einen Aktenvermerk des Prokuristen der GmbH übergeben.

89

In Betracht kommt, dass der GmbH durch den zuständigen Sachgebietsleiter des Finanzamts X eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung, z.B. der Verzicht auf die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, mündlich zugesagt worden ist, oder dass die Finanzbehörde durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom 30. März 2011 XI R 30/09, BFHE 233, 18, BStBl II 2011, 613, Rz 30). Das könnte von Bedeutung sein (vgl. EuGH-Urteil vom 21. Februar 2008 C-271/06 --Netto Supermarkt--, Slg. 2008, I-771, UR 2008, 508, Rz 26).

90

8. Die von dem BMF angeregte erneute Vorlage an den EuGH scheidet aus, weil die unionsrechtliche Rechtslage für den Streitfall durch das ergangene EuGH-Urteil --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) geklärt ist (vgl. zu den Voraussetzungen einer Vorlage EuGH-Urteile vom 6. Oktober 1982  283/81 --C.I.L.F.I.T. u.a.--, Slg. 1982, 3415, NJW 1983, 1257, Rz 21; vom 6. Dezember 2005 C-461/03 --Gaston Schul--, Slg. 2005, I-10513, HFR 2006, 416, Rz 16; vom 15. September 2005 C-495/03 --Intermodal Transports--, Slg. 2005, I-8151, HFR 2005, 1236, Rz 33).

91

Zudem ist die vom BMF für eine Vorlage vorgeschlagene Frage für den konkreten Rechtsstreit lediglich hypothetischer Natur und daher nicht entscheidungserheblich (vgl. zu dieser Voraussetzung einer Vorlage z.B. EuGH-Urteil vom 1. Juni 2010 C-570/07 und C-571/07 --Blanco Pérez und Chao Gómez--, Slg. 2010, I-4629, Rz 36). Denn die Steuerbefreiung der von der Klägerin ausgeführten Lieferung hängt nicht von der vom BMF aufgeworfenen Frage ab, wie ein Unternehmer, der über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers verfügt, eine zusammenfassende Meldung (§ 18a UStG) abgeben könne.

92

Darüber hinaus hat das BMF die von ihm in diesem Rechtsstreit eingebrachten Argumente bereits dem EuGH im Vorabentscheidungsersuchen C-587/10 vorgetragen.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin einer in Deutschland ansässigen GmbH.

2

Die GmbH verkaufte im November 1998 zwei XY-Maschinen (nebst Zubehör) an das US-amerikanische Unternehmen A mit Sitz in M/USA. A hatte eine Niederlassung in Portugal.

3

Nachdem die GmbH die A aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen, antwortete die A, sie habe die Maschinen an ein Unternehmen (Ltd.) in Finnland (weiter) veräußert und teilte der GmbH die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dieser Ltd. (FI ...) mit, die die GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.

4

Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die A beauftragt hatte, bei der GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am 17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft. Ob A in Finnland einen innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt hat, ist nicht festgestellt.

5

Über die Lieferung der Maschinen erteilte die GmbH der A unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der finnischen Ltd. am 14. Dezember 1998 eine Rechnung über ... DM ohne Umsatzsteuer.

6

Die Klägerin behandelte diese Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1998 (Streitjahr) als steuerfrei.

7

Das seinerzeit zuständige Finanzamt X, das der Erklärung zunächst zugestimmt hatte, erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1998 (Streitjahr) mit einer um ... DM erhöhten Bemessungsgrundlage. Es sah die Lieferung als steuerpflichtig an, weil die A als Erwerberin keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Bestimmungsmitgliedstaats oder eines anderen Mitgliedstaats verwendet habe. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurück.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007 --unter Berücksichtigung dessen, dass es sich bei den ... DM um einen Bruttobetrag handelt-- geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 1998 ab.

9

Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Klägerin habe weder den Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht, noch habe die GmbH eine solche Lieferung vorgenommen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung setze u.a. voraus, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliege (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Daran fehle es im Streitfall.

10

Die Beteiligten hätten ein sog. Reihengeschäft vorgenommen. Die Beförderung sei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG der A als Abnehmerin zuzuordnen, da sie die Maschinen durch einen Dritten abgeholt habe; Nachweise dafür, dass sie als Lieferin für die Ltd. in Finnland aufgetreten sei, lägen nicht vor. Die A sei Drittlandsunternehmerin, da ihr Sitz in den USA und nicht etwa in Portugal sei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liege daher nicht vor.

11

Ferner sei die Annahme eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gemäß § 25b UStG auszuschließen, da die A nicht in einem Mitgliedstaat für umsatzsteuerrechtliche Zwecke erfasst gewesen sei.

12

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1418 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des FG lägen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG vor.

14

Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs sei Finnland, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befunden habe. Dort unterliege der Erwerb der Maschinen der Umsatzbesteuerung (Erwerbsbesteuerung). Dafür komme es nicht darauf an, in welchem Land die Erwerberin A ihren Sitz habe. Maßgeblich sei, dass der Erwerb der Maschinen ein in Finnland steuerbarer Vorgang sei. Ein Nachweis, dass eine Erwerbsbesteuerung tatsächlich stattgefunden habe, müsse vom liefernden Unternehmer hingegen nicht erbracht werden. Die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sei keine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Lieferung der Maschinen in Finnland der Erwerbsbesteuerung unterliege; ihr komme keine materiell-rechtliche Qualität zu.

15

Für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung der Maschinen an die A sei es ferner unschädlich, dass die GmbH nicht deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichnet habe. Vielmehr könnten die Voraussetzungen des § 6a UStG auch auf andere Weise nachgewiesen werden. Das sei hier geschehen. Denn das FG gehe sowohl von einer grenzüberschreitenden Warenbewegung sowie davon aus, dass A die XY-Maschinen für unternehmerische Zwecke erworben habe.

16

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

17

"1. Erlaubt die Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedstaaten, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nur dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers buchmäßig nachweist?

18

           

2. Ist es für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung

-       

ob es sich bei dem Erwerber um einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer handelt, der zwar den Gegenstand der Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat versendet hat, aber in keinem Mitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich registriert ist, und

-       

ob der Steuerpflichtige die Abgabe einer Steuererklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb durch den Erwerber nachgewiesen hat?"

19

Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10 --VSTR-- (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832) wie folgt beantwortet:

20

"Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 98/80/EG des Rates vom 12. Oktober 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat."

21

Die Klägerin hat in ihrer Stellungnahme zu dem Urteil des EuGH ausgeführt, dass die Eigenschaft der A als Steuerpflichtige im Streitfall auf andere Weise als durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachgewiesen sei. Die veräußerten XY-Maschinen seien ausschließlich zu einer unternehmerischen Verwendung geeignet.

22

Die Beförderung sei der Lieferung der GmbH an die A nach § 3 Abs. 6 Sätze 5 und 6 UStG zuzuordnen. Die Warenbewegung sei nur dann nicht der Lieferung der GmbH an die A zuzuordnen, wenn die finnische Ltd. als Zweiterwerberin die Verfügungsmacht an den Maschinen bereits im Liefermitgliedstaat Deutschland erlangt habe. Dafür, dass die Verfügungsmacht auf die Zweiterwerberin in Deutschland übergegangen sei, gebe es keine Anhaltspunkte.

23

Im Übrigen dürfe gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) bei einer Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert habe, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden sei. Das FA sei bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung und der Einspruchsentscheidung unter Anwendung von § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und Abschn. 31a Abs. 9 und 10 der Umsatzsteuer-Richtlinien davon ausgegangen, dass die Warenbewegung der Lieferung der GmbH an die A zuzuordnen sei. Soweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 11. August 2011 V R 3/10 (BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208) zur Zuordnung einer bewegten Lieferung bei einem Reihengeschäft eine davon abweichende Änderung der Rechtsprechung darstelle, dürfe diese gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden.

24

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung den Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom 7. März 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um ... € herabgesetzt wird.

25

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

26

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es ist der Auffassung, nach dem Urteil des EuGH in der vorliegenden Rechtssache könne der Buchnachweis nach § 17c der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) mit der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers weiterhin als Nachweis der Unternehmereigenschaft des Erwerbers verlangt werden. Gleichwohl könne die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann in Betracht kommen, wenn der liefernde Unternehmer nicht über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Abnehmers verfügt. In einem solchen Fall müsse der liefernde Unternehmer die Unternehmereigenschaft des Abnehmers mit anderen Mitteln nachweisen.

27

Falle die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Kontrollinstrument weg, könne die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat nicht mehr gewährleistet werden. Das BMF regt deshalb an, die Sache dem EuGH erneut vorzulegen, und zwar zur Auslegung von Art. 22 Abs. 6 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 264 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Der EuGH solle die Frage klären, wie ein Unternehmer, der über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers verfügt, eine zusammenfassende Meldung abgeben könne.

28

Das FA hat sich der Stellungnahme des BMF angeschlossen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

Das Urteil des FG verletzt § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG bislang getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Versendung der Maschinen gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG der (ersten) Lieferung der GmbH an die A als Abnehmer oder der (zweiten) Lieferung von der A an die finnische Ltd. zuzuordnen ist, und ob der Erwerb der Maschinen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat (Finnland) den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterlag (vgl. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

31

           

1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

(1)     

Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

(2)     

der Abnehmer ist

        

a)    

ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

        

b)    

eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder

                 

die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

        

c)    

bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber und

(3)     

der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

32

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 UStDV geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

33

Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

34

c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG.

35

Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen:
a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

36

2. Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen. Mehrere Unternehmer (die GmbH, die A und die finnische Ltd.) haben über dieselben Gegenstände (Maschinen) Umsatzgeschäfte geschlossen; die Gegenstände sind durch Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt. Die beteiligten Unternehmer führten zwei aufeinander folgende Lieferungen aus (vgl. EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04 --EMAG Handel Eder OHG--, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342): eine Lieferung zwischen der GmbH und der A und eine Lieferung zwischen der A und der finnischen Ltd.

37

3. Da im Streitfall die beteiligten Unternehmer über dieselben Gegenstände (Maschinen) zwei aufeinander folgende Lieferungen, aber nur eine innergemeinschaftliche Versendung von Deutschland nach Finnland durchgeführt haben, kann die GmbH nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung i.S. von § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeführt haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland nach Finnland --wovon die Klägerin und das FG ausgehen-- der ersten Lieferung zwischen der GmbH und A zugerechnet werden kann (vgl. EuGH-Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 31, m.w.N.).

38

a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

39

Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile --EMAG Handel Eder OHG-- in Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342, Leitsatz 1 und Rz 45; vom 16. Dezember 2010 C-430/09 --Euro Tyre Holding--, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 44) kann eine Versendung oder Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden, die als einzige nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreit ist, wenn zwei aufeinander folgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen, die als solche handeln, vorgenommen werden, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung dieses Gegenstands führen.

40

b) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

41

In Übereinstimmung damit gilt nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG (nun Art. 31 MwStSystRL) als Ort der Lieferung für den Fall, dass der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, der Ort, an dem sich der Gegenstand zur Zeit der Lieferung befindet. Auch hiernach ist maßgebend, ob die Lieferung der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangeht oder folgt (vgl. EuGH-Urteil --EMAG Handel Eder OHG-- in Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342, Leitsatz 2; BFH-Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 15).

42

c) Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat.

43

aa) § 3 Abs. 6 Satz 6 erster Halbsatz UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG widerlegt werden (vgl. BTDrucks 13/4839, 84; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 129; Meurer, Deutsches Steuerrecht 2011, 199, 200; Abschn. 3.14. Abs. 9 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--).

44

bb) Für die Frage, welcher Lieferung die innergemeinschaftliche Beförderung oder Versendung zuzurechnen ist, wenn diese von der Person, die als Ersterwerber und Zweitlieferant an beiden Lieferungen beteiligt war, oder für deren Rechnung durchgeführt wird, ist in der Richtlinie 77/388/EWG keine § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen (vgl. EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27).

45

Der Senat geht deshalb davon aus, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen (vgl. EuGH-Urteile --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27, und --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) nach wie vor anwendbar ist, aber unionsrechtskonform ausgelegt werden muss.

46

Der Auffassung, die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig (so von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater 2013, 47, 49), folgt der Senat nicht. Auch der V. Senat des BFH geht in seiner Entscheidung in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208 unter Rz 16 bis 18 davon aus, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG durch die Rechtsprechung des EuGH im Urteil --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176) zur Zuordnung einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung weiterhin gilt.

47

cc) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --wie der EuGH (Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.

48

dd) Bezogen auf den Streitfall führt der EuGH aus:

49

"33. Im Ausgangsverfahren wäre somit die Lieferung seitens der VSTR-Tochter an Atlantic keine nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreite innergemeinschaftliche Lieferung, falls die zweite Übertragung des Eigentums an den in Rede stehenden Gegenständen – von Atlantic auf das finnische Unternehmen – stattgefunden haben sollte, bevor die innergemeinschaftliche Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland erfolgt ist.

50

34. Hinsichtlich der Umstände, die bei der Würdigung berücksichtigt werden können, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass, wenn der Ersterwerber das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der ersten Lieferung erlangt hat, seine Absicht bekundet, diesen Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, und mit seiner von dem letztgenannten Staat zugewiesenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auftritt, die innergemeinschaftliche Beförderung der ersten Lieferung zugerechnet werden müsste, sofern das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung auf den Zweiterwerber übertragen wurde (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnrn. 44 und 45).

51

35. Der Gerichtshof hat jedoch auch klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, wenn nach der Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber dieser dem die erste Lieferung durchführenden Lieferer mitgeteilt hat, dass der Gegenstand, bevor er den Liefermitgliedstaat verlassen habe, an einen anderen Steuerpflichtigen weiterverkauft werde (Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 36).

52

36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.

53

37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war."

54

4. Das FG, das --ebenso wie der Senat bei seinem Vorlagebeschluss-- die vom EuGH nachfolgend in der Rechtssache --Euro Tyre Holding-- und in dieser Rechtssache --VSTR-- aufgestellten Rechtsgrundsätze nicht kennen konnte, ist bei der Anwendung seiner im vorinstanzlichen Urteil formulierten Rechtssätze auf den konkreten Sachverhalt von anderen Grundsätzen ausgegangen. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

55

Die Ausführungen des FG, "[d]ie Beförderung ist hier der A (...) als Abnehmerin zuzuordnen, da sie die Maschinen durch einen Dritten abgeholt hat. Nachweise dafür, dass sie als Lieferin für die (...) Ltd. in Finnland aufgetreten ist, liegen nicht vor", entsprechen der dargelegten EuGH-Rechtsprechung nicht in vollem Umfang.

56

Für die zu treffende Zuordnung fehlt eine umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Feststellung, ob zwischen der A und der finnischen Ltd. die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die innergemeinschaftliche Versendung erfolgte. In diesem Fall könnte die innergemeinschaftliche Versendung nicht mehr der Lieferung von der GmbH an die A zugeordnet werden (vgl. EuGH-Urteil --VSTR-- in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32).

57

5. Eine Divergenzanfrage gemäß § 11 Abs. 3 FGO beim V. Senat des BFH scheidet im Streitfall aus.

58

a) Der V. Senat des BFH hat in dem Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 (vgl. auch BFH-Beschluss vom 3. November 2011 V B 53/11, BFH/NV 2012, 281, unter 2.) die Auffassung vertreten, dass, "wenn der Ersterwerber dem ersten Lieferer bereits vor der Beförderung oder Versendung mitteilt, dass er den Gegenstand an einen Zweiterwerber verkauft hat (EuGH-Urteil Euro Tyre Holding in BFH/NV 2011, 397 Rdnr. 36)" die "Beförderung oder Versendung ... dann entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen (ist). ... Im Ergebnis hat danach der Ersterwerber im Fall des Weiterverkaufs die Möglichkeit, durch Mitteilung oder Verschweigen des Weiterverkaufs die Beförderung oder Versendung der Lieferung an sich oder seiner eigenen Lieferung zuzuordnen (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG)".

59

Entscheidungserheblich für die Zuordnung der Warenbewegung bei einer Reihenlieferung zur Lieferung des Verkäufers oder des (Zwischen-)Erwerbers ist nach dem Urteil des V. Senats in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 daher, ob der Verkäufer vor oder erst nach der Übergabe des Liefergegenstands an den (selbständigen oder unselbständigen) Abholbeauftragten Kenntnis von der Weiterlieferung des mittleren Unternehmers hatte (vgl. auch Martin, BFH/PR 2012, 19; Wäger, UR 2012, 125, 135).

60

Im vorliegenden Fall war der GmbH nach den Feststellungen des FG vor der Übergabe der Maschinen an den durch A beauftragten Spediteur schon bekannt, dass A die Maschinen bereits an die finnische Ltd. weiterverkauft hatte, so dass nach den Grundsätzen des Urteils des V. Senats in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 eine Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der GmbH an A --und damit eine innergemeinschaftliche Lieferung der GmbH-- ausscheidet.

61

b) Im Gegensatz zu diesem Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 ist nach der Rechtsprechung des EuGH eine derartige Mitteilung bzw. Kenntnis vom Weiterverkauf für die Zuordnung der Warenbewegung bei einer Reihenlieferung zur Lieferung des Verkäufers oder des (Zwischen-)Erwerbers nicht allein entscheidungserheblich.

62

Das ergibt sich möglicherweise bereits aus dem EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176; vgl. von Streit, UStB 2013, 47, 48 und 50; Prätzler, Der Betrieb --DB-- 2012, 2654, 2658 f.; Kramer, UR 2011, 913, 914), jedenfalls aber eindeutig aus Rz 36 und 37 des EuGH-Urteils --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832).

63

Deshalb kann die Rechtsprechung im BFH-Urteil in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208, Rz 18 nicht mehr aufrechterhalten werden (gl.A. von Streit, UStB 2013, 47, 50, 54; Meurer, Steuerberater Woche, 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012, 941, 944).

64

c) Der Senat kann den Streitfall unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH abweichend von der Rechtsprechung des V. Senats entscheiden. Es bedarf dazu keiner Divergenzanfrage gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO beim V. Senat des BFH.

65

aa) Wenn --wie hier-- ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen will, entscheidet darüber nach § 11 Abs. 2 FGO der Große Senat des BFH. Eine Vorlage an den Großen Senat ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält (§ 11 Abs. 3 Satz 1 FGO). Dieses Verfahren scheidet im Streitfall aus.

66

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bindet ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren das nationale Gericht bei seiner Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits (vgl. EuGH-Beschluss vom 5. März 1986  69/85 --Wünsche Handelsgesellschaft--, Slg. 1986, 947, Rz 13; EuGH-Urteile vom 3. Februar 1977  52/76 --Benedetti--, Slg. 1977, 163, Rz 26; vom 14. Dezember 2000 C-446/98 --Fazenda Pública--, Slg. 2000, I-11435, UR 2001, 108, Rz 49; BFH-Urteil vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551, unter II.2.). Der Tenor des EuGH-Urteils --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) wird insbesondere durch dessen Entscheidungsgründe in Rz 31 bis 37 bindend präzisiert (vgl. EuGH-Urteil vom 16. März 1978  135/77 --Bosch--, Slg. 1978, 855).

67

Die Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG ist nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union abschließend dem EuGH vorbehalten. Der erkennende Senat ist deshalb nicht befugt, die Entscheidung der Frage, welchen Inhalt das durch die Richtlinie 77/388/EWG geregelte Unionsrecht hat, abweichend vom EuGH zu entscheiden oder einem anderen Spruchkörper zu überlassen. Auch der Große Senat des BFH dürfte insoweit nicht anders entscheiden. Eine Vorlage an den Großen Senat des BFH ist deshalb in Fällen dieser Art weder nötig noch zulässig (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 1998 IX ZR 56/95, BGHZ 139, 21, Betriebs-Berater 1998, 1441, unter I.5.a; Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. Januar 1974  8/2 RU 226/72, BSGE 37, 88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1974, 1063, Leitsatz 1).

68

Eine --von der FGO in § 11 Abs. 3 Satz 1 nur in Zusammenhang mit einer Anrufung des Großen Senats des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO vorgesehene-- Divergenzanfrage scheidet daher im Streitfall aus (vgl. auch Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 8; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 18; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz 61; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 19. Aufl., § 11 Rz 5; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 132 GVG Rz 4; May, Deutsche Richterzeitung 1983, 305, 310, die eine Abweichung ablehnen, wenn die Rechtsfrage zwischenzeitlich im Sinne der Rechtsauffassung des erkennenden Senats durch den EuGH entschieden wurde; wohl a.A. Wäger, UR 2013, 81, 84).

69

d) Deshalb geht auch der Einwand der Klägerin ins Leere, dass im Streitfall die soeben dargestellte Rechtsprechung des BFH (in BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208) zur Zuordnung der Warenbewegung aufgrund der Vertrauensschutzregel des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden dürfe.

70

Im Übrigen erfasst § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nur Fälle, in denen sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Zeit zwischen dem Erlass des ursprünglichen und vor dem Erlass des Änderungsbescheids geändert hat (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1991 III R 60/89, BFHE 163, 286, BStBl II 1992, 5; vom 20. Dezember 2000 I R 50/95, BFHE 194, 185, BStBl II 2001, 409; vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, m.w.N.). Im Streitfall hat sich aber in dem Zeitraum zwischen dem Erstbescheid und dem Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1998 vom 16. August 2005 die Rechtsprechung nicht geändert. Das Urteil des BFH stammt vom 11. August 2011 (V R 3/10, BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208). Im Streitfall hat das FA demnach im Änderungsbescheid keine zwischenzeitliche Änderung der Rechtsprechung berücksichtigt.

71

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang bei der Zuordnung der Warenbewegung entweder zu der Lieferung zwischen der GmbH und A oder der Lieferung zwischen A und der finnischen Ltd. und der dabei maßgeblichen Frage, wann A die Verfügungsbefugnis an den Maschinen auf die finnische Ltd. übertragen hat, Folgendes zu berücksichtigen haben:

72

a) Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Das bedeutet, dass ihm Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden. Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang auf den Leistungsempfänger verbunden (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1992 V R 80/87, BFH/NV 1993, 634, unter II.1.; vom 21. April 2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63; vom 1. Februar 2007 V R 41/04, BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059, unter II.1.b).

73

Jedoch bezieht sich der Begriff der Lieferung nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. EuGH-Urteil vom 21. April 2005 C-25/03 --HE--, Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196, UR 2005, 324, Rz 64 ff., m.w.N.; BFH-Urteil in BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059, unter II.1.b).

74

Der Lieferer kann dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand auch dadurch verschaffen, dass er einen Dritten, der die Verfügungsmacht bislang innehat, mit dem Vollzug dieser Maßnahme beauftragt (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628).

75

b) An den vorstehenden Grundsätzen zur Beurteilung, ob die Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, haben sich durch die EuGH-Entscheidung --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) keine Änderungen ergeben.

76

Es ist Sache des FG als Tatsacheninstanz, unter Berücksichtigung aller Umstände des Sachverhalts, z.B. der bislang nicht geklärten konkret vereinbarten Lieferbedingungen, festzustellen, ob die Übertragung auf die finnische Ltd. vor der Versendung der Liefergegenstände stattgefunden hat. Wenn der in der Mitte stehende Unternehmer --wie im Streitfall-- die Transportverantwortlichkeit innehat, verwirft der EuGH jedoch ausdrücklich einen Rückschluss aus der Transportverantwortlichkeit auf das Innehaben der Verfügungsmacht (vgl. EuGH-Urteil --Euro Tyre Holding-- in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 40).

77

c) Soweit sich aus Abschn. 3.14. Abs. 7 Sätze 1, 4 und 5 UStAE ergeben sollte, dass für die Zuordnung der Versendung allein auf die Auftragserteilung an den selbständigen Beauftragten oder die Frachtzahlkonditionen ohne umfassende Einzelfallwürdigung abzustellen ist, wäre dies mit den EuGH-Urteilen --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32 und 37) und --Euro Tyre Holding-- (Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 27 und 31 bis 35) nicht vereinbar.

78

7. Soweit das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommt, dass die Warenbewegung der Lieferung von der GmbH an die A zuzuordnen ist, sind weitere Feststellungen zu treffen, ob der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

79

a) Hierzu hat der EuGH in der vorliegenden Rechtssache --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) --wie dargelegt-- entschieden, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt (Leitsatz).

80

Der Senat versteht dies so, dass § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, wonach bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss, unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

81

           

b) Der EuGH hat aber insoweit einen Vorbehalt gemacht (Leitsatz und Rz 52). Danach darf die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert werden, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers nicht der Finanzverwaltung mitteilt, wenn

-       

(1) der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und

-       

(2) er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.

82

c) Ob diese Voraussetzungen bei der GmbH im Streitfall vorliegen, muss das FG ggf. prüfen.

83

aa) Der EuGH hat zwar ausgeführt (Rz 53), aus der Vorlageentscheidung gehe insoweit hervor, dass der Lieferer (die GmbH) im Ausgangsverfahren A um deren Identifikationsnummer ersucht habe und A, die keine besessen habe, ihm die Identifikationsnummer des Zweiterwerbers (der finnischen Ltd.) mitgeteilt habe. Somit habe offenbar keiner dieser Beteiligten betrügerisch gehandelt. Außerdem betreffe die in Rede stehende Lieferung Gegenstände, die ihrer Art nach dafür bestimmt zu sein schienen, im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt zu werden.

84

bb) Es sind aber insoweit ggf. weitere Feststellungen zu treffen.

85

(1) Nach dem im Tatbestand des FG-Urteils (Seite 3) wiedergegebenen Vortrag der Klägerin ist die A bei den Verhandlungen mit der GmbH unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihrer portugiesischen Niederlassung aufgetreten.

86

Dies könnte dafür sprechen, dass die GmbH die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der A gekannt, aber (entgegen § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV) nicht aufgezeichnet hat. In diesem Fall hätte sie nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der A ergriffen.

87

Das FG führt in den Entscheidungsgründen (Seite 6) dagegen aus, A habe keine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Das FG muss diesen (möglichen) Widerspruch ggf. aufklären.

88

(2) Im Rahmen der Prüfung, ob die GmbH redlicherweise alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der A ergriffen hat, muss das FG ggf. dem Vortrag der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren nachgehen, der Vorgang sei mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA besprochen und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung einen Aktenvermerk des Prokuristen der GmbH übergeben.

89

In Betracht kommt, dass der GmbH durch den zuständigen Sachgebietsleiter des Finanzamts X eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung, z.B. der Verzicht auf die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, mündlich zugesagt worden ist, oder dass die Finanzbehörde durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom 30. März 2011 XI R 30/09, BFHE 233, 18, BStBl II 2011, 613, Rz 30). Das könnte von Bedeutung sein (vgl. EuGH-Urteil vom 21. Februar 2008 C-271/06 --Netto Supermarkt--, Slg. 2008, I-771, UR 2008, 508, Rz 26).

90

8. Die von dem BMF angeregte erneute Vorlage an den EuGH scheidet aus, weil die unionsrechtliche Rechtslage für den Streitfall durch das ergangene EuGH-Urteil --VSTR-- (HFR 2012, 1212, UR 2012, 832) geklärt ist (vgl. zu den Voraussetzungen einer Vorlage EuGH-Urteile vom 6. Oktober 1982  283/81 --C.I.L.F.I.T. u.a.--, Slg. 1982, 3415, NJW 1983, 1257, Rz 21; vom 6. Dezember 2005 C-461/03 --Gaston Schul--, Slg. 2005, I-10513, HFR 2006, 416, Rz 16; vom 15. September 2005 C-495/03 --Intermodal Transports--, Slg. 2005, I-8151, HFR 2005, 1236, Rz 33).

91

Zudem ist die vom BMF für eine Vorlage vorgeschlagene Frage für den konkreten Rechtsstreit lediglich hypothetischer Natur und daher nicht entscheidungserheblich (vgl. zu dieser Voraussetzung einer Vorlage z.B. EuGH-Urteil vom 1. Juni 2010 C-570/07 und C-571/07 --Blanco Pérez und Chao Gómez--, Slg. 2010, I-4629, Rz 36). Denn die Steuerbefreiung der von der Klägerin ausgeführten Lieferung hängt nicht von der vom BMF aufgeworfenen Frage ab, wie ein Unternehmer, der über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers verfügt, eine zusammenfassende Meldung (§ 18a UStG) abgeben könne.

92

Darüber hinaus hat das BMF die von ihm in diesem Rechtsstreit eingebrachten Argumente bereits dem EuGH im Vorabentscheidungsersuchen C-587/10 vorgetragen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. März 2014  2 K 1127/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen A-GmbH.

3

Am 24. November 1998 bestellte die B mit Sitz in M/Vereinigte Staaten von Amerika (USA), die über eine feste Niederlassung in der Portugiesischen Republik (Portugal) verfügte, bei der A-GmbH zwei Maschinen (nebst Zubehör) für 750.000 DM.

4

Nachdem die A-GmbH die B aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) mitzuteilen, antwortete die B, sie habe die Maschinen an die in der Republik Finnland (Finnland) ansässige C-Ltd. (weiter) veräußert und teilte der A-GmbH die USt-IdNr. der C-Ltd. mit, die die A-GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.

5

Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die B beauftragt hatte, bei der A-GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am 17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft.

6

Am 14. Dezember 1998 erteilte die A-GmbH gegenüber B in den USA eine Rechnung über die Lieferung der Maschinen für 750.000 DM. Umsatzsteuer wies die A-GmbH nicht offen aus. Dabei gab sie die USt-IdNr. der C-Ltd. als Abnehmerin an. Des Weiteren vermerkte sie u.a., dass der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in Finnland und damit nicht in Deutschland den Vorschriften der Umsatzsteuerbesteuerung unterliege.

7

B hatte bereits am 10. Dezember 1998 eine Rechnung über den Verkauf der Maschinen zum Preis von 880.000 DM an die C-Ltd. in Rechnung gestellt. Die C-Ltd. zahlte am 24. November 1998 86.000 DM und am 14. Dezember 1998 den Restbetrag von 794.000 DM an B. Die C-Ltd. zahlte außerdem an die Z auf eine Rechnung vom 8. Februar 1999 Frachtkosten für den Transport von L nach Helsinki/Finnland.

8

In der Folgezeit nahm die Klägerin Kontakt zum seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA X) auf und vermerkte am 17. August 2004 auf der Rechnung an die B, dass der Rechnungsinhalt im Zeitpunkt der Rechnungslegung mit dem Sachgebietsleiter abgestimmt worden sei und dass die Betriebsprüfung diesen Sachverhalt nicht beanstandet habe.

9

Die Klägerin behandelte die Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 1998 (Streitjahr), der das FA X am 31. März 2000 zustimmte, als umsatzsteuerfrei.

10

Das FA X erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es die Lieferung als umsatzsteuerpflichtig behandelte. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurück. Es sei ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft mit zwei Lieferungen durchgeführt worden, die erste zwischen der A-GmbH und B und die zweite zwischen der B und der C-Ltd. B habe die Ware befördert, daher sei sie Abnehmerin der ersten Lieferung. Ort der Lieferung sei Deutschland. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) greife gleichwohl nicht ein, da B als Abnehmerin keine USt-IdNr. des Bestimmungslandes oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) verwendet habe.

11

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007 geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1998 mit Urteil vom 25. Februar 2009  2 K 484/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1418) ab.

12

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10, VSTR (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832) beantwortet.

13

Im Anschluss daran hat der Senat mit Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09 (BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524) das Urteil des FG in EFG 2009, 1418 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurückverwiesen.

14

Im zweiten Rechtsgang richtete das FA ein Auskunftsersuchen an die finnischen Steuerbehörden. Dieses ergab u.a., dass die Maschinen unmittelbar von der A-GmbH zur C-Ltd. "geliefert" worden seien. Es habe keine direkten Zahlungen zwischen der C-Ltd. und der A-GmbH gegeben. Schriftliche Verträge oder Liefervereinbarungen zwischen der B und der C-Ltd. lägen nicht vor. Es existiere noch eine Rechnung der B an die C-Ltd. Die C-Ltd. habe die Anschaffung als innergemeinschaftlichen Erwerb gebucht, aber möglicherweise nicht als solchen erklärt. Allerdings könnten die Steuererklärungen später geändert worden sein. Dies könne in den Datenbanken nicht mehr überprüft werden, da die Transaktion im Jahr 1998 stattgefunden habe.

15

Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt. Sein Urteil ist in Mehrwertsteuerrecht (MwStR) 2014, 619 veröffentlicht.

16

Mit seiner Revision führt das FA im Wesentlichen aus, es halte das Urteil des FG Münster vom 16. Januar 2014  5 K 3930/10 U (EFG 2014, 682), das dem zurückverweisenden Urteil des Senats in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 in der zentralen Aussage widersprochen habe, für zutreffend.

17

Ergänzend merkt das FA an, nach § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG obliege es dem mittleren Unternehmer nachzuweisen, dass er den Gegenstand als Lieferer versende oder befördere. Das FG gehe davon aus, dass im Verwaltungsverfahren das FA zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet sei. Dies verkehre § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG in sein Gegenteil und widerspreche in gewisser Weise § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG.

18

Obwohl der hier zu beurteilende Umsatz mithin (an sich) steuerpflichtig sei, müsse der Rechtsstreit trotzdem an das FG zurückverwiesen werden, weil das FG --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob das FA nach Treu und Glauben gehindert sei, den Steueranspruch gegen die Klägerin geltend zu machen.

19

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

20

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Entscheidung des FG ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23

1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchst. a), und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).

24

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein.

25

aa) Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der im Streitjahr geltenden Fassung geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

26

bb) Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

27

c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG).

28

Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen: a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

29

2. Der Senat hat zu der streitbefangenen Lieferung in Rz 36 ff. des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, Folgendes entschieden:

30

a) Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen. Die A-GmbH kann nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland nach Finnland der ersten Lieferung zwischen der A-GmbH und B zugeordnet werden kann; denn die Beförderung oder Versendung des Gegenstands sei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

31

Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

32

b) § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG widerlegt werden. Zwar ist in der Richtlinie 77/388/EWG keine entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG ist trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen nach wie vor anwendbar, muss aber unionsrechtskonform ausgelegt werden. Der Auffassung, die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig, ist der Senat nicht gefolgt.

33

c) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --wie der EuGH (Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.

34

3. An den genannten Grundsätzen hält der Senat trotz der in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Kritik, der sich sowohl das FA als auch das FG in dem angefochtenen Urteil angeschlossen haben, fest.

35

a) Das FG Münster hat in seinem Urteil in EFG 2014, 682 die Rechtsansicht vertreten, es komme in Fällen der vorliegenden Art allein auf die "Verpflichtung und Absichtsbekundung" des Zwischenerwerbers an, den Liefergegenstand zu befördern oder zu versenden (Rz 32, 35 ff. des Urteils). Die Vorinstanz folgt dem im Grundsatz, hat seiner Entscheidung aber gleichwohl (zutreffend) gemäß § 126 Abs. 5 FGO die --davon abweichende-- rechtliche Beurteilung des BFH in seinem zurückverweisenden Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zugrunde gelegt (vgl. MwStR 2014, 619, juris-Rz 36). Auch das FA hält die Auffassung des FG Münster für zutreffend.

36

aa) Das FG Münster hält die Rechtsprechung des Senats für "problematisch" (EFG 2014, 682, Rz 35). Bei grenzüberschreitenden Lieferumsätzen könne der erste Lieferer insbesondere bei Abholfällen regelmäßig nicht beurteilen, ob und wann dem Letztempfänger die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, übertragen werde. Mit der Übergabe der Ware habe der erste Lieferer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Zwischenerwerber habe regelmäßig weder eine Pflicht noch ein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, was er "zu welchen Zeitpunkten mit der Ware macht". Die Steuerpflicht könne nicht von Umständen abhängen, die weder in der Willens- noch der Wissenssphäre des Liefernden liegen (EFG 2014, 682, Rz 36).

37

bb) Das FG Münster, die Vorinstanz und das FA verkennen im Rahmen ihrer Analyse, dass es bei der Prüfung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung --aus unionsrechtlicher Sicht-- auf die objektiven Umstände ankommt (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 39 f.; vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Slg. 2010, I-12605, BStBl II 2011, 846, Rz 39; vom 16. Dezember 2010 C-430/09, Euro Tyre Holding, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 28; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 30, jeweils m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH).

38

Dabei kommt es gerade nicht nur --wie das FG Münster und die Vorinstanz meinen-- auf die "Verpflichtungen und Absichtsbekundungen" des Lieferers und des Erwerbers an (vgl. EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 37; Sterzinger, UR 2013, 45, 48).

39

So kann z.B. im Abholfall der Lieferer ebenfalls nicht beurteilen, ob und wann der Gegenstand der Lieferung den Mitgliedstaat physisch verlassen wird. Mit der Übergabe der Ware hat der Unternehmer seine Pflichten an sich erfüllt. Der Zwischenerwerber hat kein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, dass der Gegenstand im Inland verbleiben wird. Gleichwohl ist für die Steuerbefreiung des § 6a Abs. 1 UStG, Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erforderlich, dass der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 33 ff., 42; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, Slg. 2007, I-7897, BStBl II 2009, 83, Rz 23).

40

cc) Eine andere, hiervon zu trennende Frage ist es, ob dem Steuerpflichtigen --trotz Nichtvorliegens der objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung-- aufgrund der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit (im Wege des Vertrauensschutzes) die Steuerbefreiung zu gewähren ist (vgl. EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 43 ff.).

41

(1) Diese Frage ist nach nationalem Recht nicht im Rahmen des § 6a Abs. 1 UStG, sondern des § 6a Abs. 4 UStG zu prüfen.

42

(2) Diese Unterscheidung muss auch unionsrechtlich vorgenommen werden, weil die Rechtsfolgen verschieden sind.

43

Während bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung als logische Folge ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 24, 26 f., 36 f., 41 f.; vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 23; vom 18. November 2010 C-84/09, X, Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 28; vom 6. September 2012 C-273/11, Mecsek-Gabona, HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 29) und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Umsatz des Lieferers steuerfrei zu belassen ist, ist in dem Fall, dass dem Lieferer trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG Vertrauensschutz zu gewähren ist, der Erwerber (hier: B) im Liefermitgliedstaat zur Umsatzsteuer heranzuziehen (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 67; in Deutschland umgesetzt durch § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG; insoweit zutreffend aus österreichischer Sicht Schwab, Österreichische Steuerzeitung 2014, 32, 35).

44

Daran zeigt sich auch, dass es für die Steuerpflichtigen nicht lediglich um formale Zuordnungen, sondern um "finale Besteuerungswirkungen" geht (a.A. Prätzler, juris PraxisReport Steuerrecht 34/2014, Nr. 6, unter D.), weil jeder Umsatz für sich zu betrachten ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Januar 2006 C-484/03 u.a., Optigen, Slg. 2006, I-483, BFH/NV Beilage 2006, 144, Rz 47). Auch bei Reihengeschäften ist eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zu gewährleisten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, Rz 26 ff., 40 ff.).

45

b) Entgegen der Auffassung des FG Münster ist das EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 nicht abweichend von dem Senatsurteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zu verstehen.

46

aa) Das FG Münster hat dazu (in EFG 2014, 682, Rz 35 ff.) ausgeführt, der EuGH wolle in Rz 32 und 34 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 die Fallgestaltungen darstellen, in denen die bewegte Lieferung keinesfalls mehr (Rz 32) bzw. zweifellos (Rz 34) der ersten Lieferung zugeordnet werden müsse. Aus Rz 32 könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Zuordnung der bewegten Lieferung auf den zweiten Liefervorgang nur dann erfolgen könne, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht an den Liefergegenständen bereits vor dem Warentransport noch im Herkunftsland auf den Letzterwerber übergegangen sei. Rz 35 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 sei zu entnehmen, "dass eine Zurechnung der bewegten Lieferung zum 2. Umsatzgeschäft auch dann erfolgen kann, wenn der 1. Erwerber dem 1. Lieferer mitteilt, dass er die Ware an einen dritten Unternehmer in einem anderen Land, als dem des 1. Umsatzgeschäfts, weiterverkauft hat". In Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR stelle der EuGH zwar auf weitere Umstände ab, die eine Zuordnung der bewegten Lieferung möglich machen sollen und nenne in diesem Zusammenhang die Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft auf den Letzterwerber vor der Beförderung. Diese Formulierung könne aber auch so verstanden werden, dass eine bloße "Erklärung" des Ersterwerbers über den Weiterverkauf der Liefergegenstände an einen dritten Unternehmer nicht ausreichend sein solle. Es müsse vielmehr eine "umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalles" erfolgen.

47

bb) Dieser Auslegung des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 durch das FG Münster liegt zunächst das unter II.3.a bb geschilderte Fehlverständnis zugrunde. Insbesondere sind in dem vom FG in Rz 38 (in EFG 2014, 682) geschilderten Fall, wenn im Ursprungsmitgliedstaat dem zweiten Erwerber noch keine Verfügungsmacht verschafft worden ist, die objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG trotz Mitteilung des Weiterverkaufs gegeben und der Umsatz des ersten Lieferers ist --bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG-- im Ursprungsmitgliedstaat steuerfrei zu belassen (vgl. EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 30). Damit geht im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Erwerbers (und nicht des zweiten Erwerbers) einher (vgl. allgemein z.B. EuGH-Urteil X in Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 27). Das Recht, einen in seinem Hoheitsgebiet erfolgten innergemeinschaftlichen Erwerb des ersten Erwerbers und die anschließende Lieferung an den zweiten Erwerber beim ersten Erwerber zu besteuern, kann dem Bestimmungsmitgliedstaat nicht durch eine (bloße) Absichtsbekundung des ersten Erwerbers entzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 XI R 5/13, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de, Rz 35 f., m.w.N.).

48

cc) Der vom FG Münster in Rz 37 ff. seines Urteils in EFG 2014, 682 vertretenen Auslegung des EuGH-Urteils VSTR stehen vor allem klar Rz 36 und Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 entgegen, in denen der EuGH ausgeführt hat:

49

"36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.

50

37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war."

51

Diese Ausführungen des EuGH können nur so verstanden werden, dass eine (bloße) Erklärung des Ersterwerbers B vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland gegenüber A, dass die Gegenstände bereits an das finnische Unternehmen C weiterverkauft worden seien, gerade nicht für eine Zurechnung der Beförderung der Gegenstände zur ersten Lieferung ausreicht.

52

Zudem hat der EuGH in Rz 37 des Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 den nationalen Gerichten aufgegeben, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob "dies", das heißt "die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden" hat.

53

Dies bestätigen auch die Rz 33 und 34 desselben EuGH-Urteils: Der EuGH stellt dort die beiden möglichen Alternativen für die Lösung des Streitfalls dar und grenzt danach ab, in welchem Staat dem Zweiterwerber (C) Verfügungsmacht verschafft wird. Erlangt der Zweiterwerber (C) sie bereits im Inland, kann nur die zweite Lieferung die grenzüberschreitende sein. Umgekehrt kann nur die erste Lieferung die grenzüberschreitende sein, wenn der Zweiterwerber (C) keine Verfügungsmacht im Inland erlangt (ebenso z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 154).

54

dd) Aufgrund dieser Erwägungen greift auch der Einwand von Teilen der Literatur, der Senat habe Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 "missverstanden" (Nieskens, Der Betrieb --DB-- 2013, 1872, 1874) nicht durch (das Verständnis des Senats teilend z.B. Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012, 941, 944; von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater --UStB-- 2013, 47, 50, 54; Meurer, Steuerberater Woche 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Matheis/Kandlhofer, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2013, 380, 384; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152; Looks, MwStR 2015, 52, 54).

55

c) Soweit in der Literatur der Einwand erhoben wird, der Senat unterliege einem "Zirkelschluss", weil aus der Beförderung oder Versendung die Verschaffung der Verfügungsmacht abzuleiten sei und nicht umgekehrt bei Verschaffung der Verfügungsmacht die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ausgelöst werden (Hiller, MwStR 2013, 652, 654 f.; Nieskens, DB 2013, 1872; Nieskens, UR 2013, 823, 824 ff.; Nieskens/ Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513, 516; Sterzinger, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2013, 4028, 4033), übersieht diese Auffassung, dass es sich bei der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) und der Beförderung bzw. Versendung in den anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 UStG, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL) um zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen handelt (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen neben Rz 29 des EuGH-Urteils Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, und Rz 30 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832; aus neuerer Zeit EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 C-492/13, Traum, HFR 2014, 1131, UR 2014, 943, Rz 24 und 25).

56

aa) Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur leitet zwar aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, Art. 8 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL ab, diese regelten neben dem Ort auch den   Zeitpunkt  der Lieferung (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 24/05, BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.b, m.w.N. zur herrschenden Meinung in der Literatur; Abschn. 13.1. Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; a.A. z.B. Frye, UR 2013, 889, 892 ff.; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 11, 115; wohl auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155). Liegen beide Tatbestandsmerkmale vor, fällt nach dieser Auffassung die Verschaffung der Verfügungsmacht (als erstes Tatbestandsmerkmal) mit dem Beginn der Beförderung oder Versendung (als zweites Tatbestandsmerkmal) zeitlich zusammen.

57

bb) Trotzdem handelt es sich um verschiedene Tatbestandsmerkmale, die getrennt zu prüfen sind; sonst bedürfte es auch einer Fiktion nicht.

58

Weder allein der Besitz befähigt den Besitzer (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 2005 C-435/03, British American Tobacco International Ltd., Slg. 2005, I-7077, BFH/NV Beilage 2005, 332, Rz 36) noch allein die Beförderung eines Gegenstands den Beförderer (vgl. EuGH-Urteil vom 3. Juni 2010 C-237/09, De Fruytier, Slg. 2010, I-4985, HFR 2010, 892, Rz 25) dazu, über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen.

59

Entsprechend ist auch nach Auffassung des V. Senats des BFH bei Beförderung oder Versendung von Gegenständen die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht und ihr tatsächlicher Zeitpunkt zu prüfen, wenn es um die Entscheidung geht, ob die Warenbewegung der Lieferung zugeordnet werden kann oder nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.e, zum Kauf auf Probe: Verschaffung der Verfügungsmacht nach Beförderung als Lieferung i.S. des § 3 Abs. 7 UStG; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 153 f.; ebenso möglicherweise früher noch Nieskens, UR 2012, 17, 21).

60

d) Die Auffassung, der Senat hätte § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG für unionsrechtswidrig erklären sollen (so z.B. Weymüller, MwStR 2014, 623, 624; ebenso im Ergebnis bereits von Streit, UStB 2013, 47, 49; zweifelnd Kettisch, UR 2014, 593, 605 f.), beachtet nicht hinreichend, dass das in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG zum Ausdruck kommende Regel-Ausnahme-Verhältnis dem Unionsrecht entspricht.

61

Auch der EuGH geht --wie übrigens auch Art. 28c Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 141 MwStSystRL) und § 25b Abs. 1 und 3 UStG-- davon aus, dass die Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der Regelfall ist (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 32; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) und die Zuordnung zur zweiten Lieferung die Ausnahme (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 33; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 33).

62

Deshalb hält der Senat daran fest, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG unionsrechtskonform ausgelegt werden kann und der in Halbsatz 2 mögliche Gegenbeweis nur unter den im BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 47 ff. genannten Umständen geführt ist.

63

4. Die Kritik, aufgrund dieser Rechtsprechung (des EuGH und/oder des BFH) könnten weder die leistenden Unternehmer noch die Finanzverwaltungen rechtssicher beurteilen, welcher Lieferung eine Warenbewegung zuzuordnen ist (Büchter-Hole, EFG 2014, 684; Herzing, Steuerrecht kurzgefasst 2013, 433; Höink/Forster, DB 2014, 1896; Meurer, MwStR 2013, 555; Nieskens/Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513; dies., Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 1368; dies., UVR 2014, 249; Slapio in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 64 Rz 137; Sterzinger, NWB 2013, 4028, 4032 f.; Wäger, UR 2014, 81, 101; Winter, DStR 2013, 1979, 1980 f.; s. auch zu Unklarheiten im Vereinigten Königreich Lang-Horgan, MwStR 2013, 394, 395 f.; zur unterschiedlichen Beurteilung von Reihengeschäften durch die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten s. auch Bericht Nr. 29 der "VAT Expert Group" der EU vom 13. Januar 2014, taxud.c.1(2014)83538, abrufbar auf der Internetseite der EU, Tz. 6.2 und Anlage 3, sowie Körner, MwStR 2014, 763), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

64

a) Zum einen ist eine ggf. vorliegende Unsicherheit bei Beurteilung der Umstände des Einzelfalls im Wesentlichen Folge der Entscheidung des Richtliniengebers, trotz des Wegfalls der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Union im innergemeinschaftlichen Warenverkehr am Bestimmungslandprinzip festzuhalten (vgl. dazu EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 21 f.; Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 34 f.).

65

b) Zum anderen besteht bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme einer Lieferung keine Rechtsunsicherheit.

66

Zu dem Begriff der Lieferung liegt eine ständige Rechtsprechung des EuGH vor (neben den genannten Urteilen z.B. auch vgl. EuGH-Urteile vom 6. Februar 2003 C-185/01, Auto Lease Holland BV, Slg. 2003, I-1317, BFH/NV Beilage 2003, 108, BStBl II 2004, 573, Rz 31 ff.; vom 21. April 2005 C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BStBl II 2007, 24, Rz 64; vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, UR 2007, 420, Rz 32). Der BFH umschreibt diesen Vorgang seit jeher und ebenfalls in ständiger Rechtsprechung als Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1969 V 176/64, BFHE 95, 410, BStBl II 1969, 451; vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311; vom 29. September 1987 X R 13/81, BFHE 151, 469, BStBl II 1988, 153; vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909), ohne damit inhaltlich von der Rechtsprechung des EuGH abzuweichen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585, unter II.6.; vom 8. September 2011 V R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014, 203, unter II.1.). Eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann danach z.B. sowohl in der Eigentumsübertragung auf den Erwerber (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 72, m.w.N.; Kettisch, UR 2014, 593, 600) als auch in der freiwilligen Übergabe durch den Eigentümer an den Erwerber (vgl. EuGH-Urteil vom 21. November 2013 C-494/12, Dixons, HFR 2014, 84, MwStR 2013, 774, Rz 23 f., 27 f.) zu sehen sein.

67

c) Ebenso liegt zu den im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigenden Umständen eine ständige Rechtsprechung vor.

68

Die Frage, ob, wann und wo eine Lieferung erfolgt, d.h. die Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, ist von den nationalen Gerichten anhand des gegebenen Sachverhalts zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Februar 1990 C-320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285, Rz 7 f., 13; vom 15. Dezember 2005 C-63/04, Centralan Property, Slg. 2005, I-11087, BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 60 ff., 63; vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset Menidjmunt, HFR 2012, 454, UR 2012, 230, Rz 38 ff., 41; vom 18. Juli 2013 C-78/12, Evita-K, HFR 2013, 857, UR 2014, 475, Rz 33 bis 35). Maßgeblich sind die Gesamtumstände des Einzelfalls, d.h. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen (vgl. dazu z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155, unter 3.2.1) und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; s. auch BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

69

d) Zudem stellen sowohl das nationale Recht als auch die Rechtsprechung des EuGH dem Lieferer Vertrauensschutzregelungen zur Verfügung (vgl. die Ausführungen unter II.3.a cc; s. auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 157).

70

In diesem Rahmen kann sich der leistende Unternehmer zur Minimierung von Risiken z.B. vom Erwerber versichern lassen, dass der Erwerber die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat. Dies zu tun (oder nicht), liegt derzeit in seiner unternehmerischen Entscheidung.

71

e) Im Übrigen ist es ggf. Aufgabe des Gesetz- oder Verordnungsgebers --über die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und den Belegnachweis des § 17a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 4 UStDV a.F., § 17a Abs. 1 und 2 UStDV i.d.F. ab 1. Oktober 2013 hinaus-- durch Änderung des UStG oder der UStDV in den Grenzen des Unionsrechts z.B. andere widerlegbare Vermutungen aufzustellen oder in anderer Form die Bedürfnisse der Praxis zu berücksichtigen (vgl. Art. 28c Teil A Einleitungssatz der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 131 MwStSystRL, § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

72

Sieht das nationale Recht eines EU-Mitgliedstaats jedoch nur vor, dass die Lieferung nachzuweisen ist, bzw. hängt das Niveau der verlangten Nachweise von den konkreten Umständen des betreffenden Umsatzes ab, sind die Nachweispflichten lediglich nach den im nationalen Recht dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen und nach der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 37 f.). Es ist dem BFH weder möglich, Wahlrechte für Unternehmer zu schaffen, die das Unionsrecht nicht vorsieht, noch allgemeine Nachweispflichten für leistende Unternehmer vorzusehen, die das nationale Recht nicht enthält.

73

5. Die Entscheidung des FG, die Warenbewegung sei im Streitfall der Lieferung der Klägerin (zivilrechtlich: der A-GmbH) an B zuzuordnen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

74

a) Das FG konnte nicht feststellen, ob die B der C-Ltd. (bereits) im Inland die Befähigung übertragen hat, wie ein Eigentümer über die Maschinen zu verfügen.

75

Es hat zur Begründung ausgeführt, Lieferbedingungen oder der Kaufvertrag könnten nicht vorgelegt werden. Ob ein solcher "als Urkunde" existiere, habe ebenfalls nicht geklärt werden können. Die A-GmbH komme als Lieferer an die B in Betracht. Für eine Lieferung der B an die C-Ltd. als der bewegten Lieferung spreche zwar der Umstand, dass die B die Transportverantwortlichkeit und einen Teil der Kosten zu tragen gehabt habe, dass die C-Ltd. den Kaufpreis vor Beginn der Lieferung am 14. Dezember 1998 gezahlt und dass B der A-GmbH den Verkauf vor diesem Zeitpunkt mitgeteilt habe. In der Gesamtschau der Umstände sei dennoch nicht der Nachweis geführt, dass B die Maschinen als Lieferer befördert habe und die C-Ltd. die Sachherrschaft bereits vor Beginn der Lieferung habe. Das FG lege § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG so aus, dass die gesetzliche Vermutung erst dann erschüttert sei, wenn der Nachweis als Lieferer durch den mittleren Unternehmer auch tatsächlich geführt sei. Bloße Zweifel genügten insoweit nicht. Zur Zuordnung der bewegten Lieferung reiche allein die Mitteilung des Ersterwerbers an den Erstlieferer über einen Weiterverkauf nicht aus.

76

b) Diese --von den Rechtsgrundsätzen des zurückverweisenden BFH-Urteils in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 ausgehende-- Würdigung des FG ist auf Basis seiner tatsächlichen Feststellungen, die kein Beteiligter mit Verfahrensrügen angegriffen hat, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 13. November 2013 XI R 24/11, BFHE 243, 471, BFH/NV 2014, 471); denn wenn sich schon das der Lieferung von B an die C-Ltd. zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht ermitteln lässt, kann auch nicht beurteilt werden, welche Regelungen zur Verschaffung der Verfügungsmacht darin enthalten waren.

77

c) Ferner ist das FG zutreffend davon ausgegangen, für den Fall, dass --nach (der von Amts wegen durchzuführenden) Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der Dritte, insbesondere der Ersterwerber, zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden können (z.B. §§ 93, 97 der Abgabenordnung, § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4, §§ 81, 85 FGO)-- Zweifel daran verbleiben, ob der Ersterwerber den Gegenstand "als Lieferer befördert oder versendet hat" oder nicht, sei nach § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG die Warenbewegung der ersten Lieferung zuzuordnen (ebenso Szabo/Tausch/Kraeusel, UVR 2013, 280, 282; a.A. Nieskens, UR 2013, 823, 826).

78

Die regelmäßige Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die einer Zuordnung der innergemeinschaftlichen Warenbewegung zur Lieferung des Erstverkäufers entgegen stehen, entspricht im Übrigen auch der Ansicht des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Nachfolgeerkenntnis "EMAG Handel Eder" (Erkenntnis vom 25. Juni 2007  2006/14/0107, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at, a.E.).

79

aa) Zwar weist das FA zu Recht darauf hin, dass auch das FA von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen dürfe. Deshalb ist auch das FA --insoweit möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- nicht generell verpflichtet, den Gegenbeweis des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG zu führen, sondern darf ebenfalls (bis Anhaltspunkte vorliegen, dass der tatsächliche Geschehensablauf hiervon abweicht) von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen. Dies hat das FA sowohl in der Einspruchsentscheidung als auch im Verfahren des ersten Rechtszugs noch getan.

80

bb) Wenn das FA jedoch nun im zweiten Rechtszug die Vermutungsregelung nicht mehr angewendet wissen will und geltend macht, die Lieferung der Klägerin sei steuerpflichtig, weil die Warenbewegung der zweiten Lieferung zuzurechnen sei, so ist es an ihm, den Nachweis dieses für ihn günstigen Umstands zu führen.

81

6. Ebenso hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitfall dahin gehend gewürdigt, dass der innergemeinschaftliche Erwerb der B in Finnland der Erwerbsbesteuerung unterliegt.

82

a) Das FG hat dazu festgestellt, dass die B nicht unter einer eigenen USt-IdNr. aufgetreten sei und auch keine gehabt habe. Damit habe die A-GmbH auch keine Aufzeichnungspflichten verletzen können. Die A-GmbH habe die USt-IdNr. der C-Ltd. der Finanzverwaltung mitgeteilt. Des Weiteren habe die A-GmbH redlicherweise alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der B ergriffen. Dafür spreche insbesondere, dass der Vorgang mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA besprochen worden und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden sei. Dem sei das FA nicht entgegengetreten.

83

b) Auch diese Würdigung des FG ist aufgrund der von ihm im Urteil festgestellten Tatsachen, insbesondere der dem FG vorliegenden Unterlagen zum Ablauf der Bestellung und Lieferung, die sämtlich keine portugiesische USt-IdNr. der B enthalten, sondern die ausdrückliche, schriftliche Mitteilung der USt-IdNr. eines Dritten, sowie aufgrund des Aktenvermerks des Prokuristen der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs mit dem FA, verbunden mit dem Beweisangebot, Prokuristen, Sachgebietsleiter und Außenprüfer als Zeugen zu vernehmen, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).

84

aa) Zwar reicht --möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- allein der Umstand, dass das FA dem Vortrag der Klägerin nicht entgegen getreten ist, für sich genommen nicht aus, um auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten; denn das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete FG (§ 76 Abs. 1 FGO) muss auch Fragen nachgehen, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 X R 185/93, BFH/NV 1995, 1076).

85

bb) Jedoch hängen Umfang und Intensität der vom FG anzustellenden Ermittlungen auch vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten ab; denn das Gericht ist nicht verpflichtet, einen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, m.w.N.).

86

Hier durfte das FG berücksichtigen, dass das FA trotz der Hinweise des Senats im Rahmen der Zurückverweisung hinsichtlich beider Punkte im zweiten Rechtsgang einen abweichenden tatsächlichen Geschehensablauf noch nicht einmal behauptet, geschweige denn beantragt hat, zum Beweis eines abweichenden Geschehensablaufs Beweise zu erheben, z.B. Zeugen zu vernehmen.

87

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Autohändler und lieferte 13 gebrauchte PKW am 6. Dezember 2005 für insgesamt 46.150 € an die in Italien ansässige Abnehmerin P.R. Die vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommene Rechnung vom 6. Dezember 2005 wies zwar keine Umsatzsteuer aus, enthielt jedoch auch keinen Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder auf deren Steuerfreiheit. Die Rechnung war mit einem Firmenstempel der Abnehmerin und einer nicht leserlichen Unterschrift versehen. Der Rechnung beigefügt war eine nicht datierte Vollmacht in deutscher Sprache für F, dem Sohn der P.R., die den Stempel der Abnehmerfirma und eine Unterschrift mit dem Namenszug P.R. trug. Der Kläger hatte darüber hinaus eine Ausweiskopie der P.R., Bescheinigungen über deren steuerliche Erfassung in Italien und eine Handelskammereintragung der Firma der Abnehmerin zu seinen Unterlagen genommen. Dem Kläger lag weiter eine qualifizierte Bestätigungsantwort des Bundesamts für Finanzen (BfF) vor, die die angefragten Angaben nur hinsichtlich der Rechtsform der Abnehmerfirma nicht bestätigte. Die Fahrzeuge wurden von F abgeholt und auf einen Fahrzeugtransporter verladen. Der Kaufpreis wurde bar bezahlt. F unterschrieb eine auf Briefpapier der Firma R abgefasste Erklärung, nach der er zahlen- und typmäßig umschriebene Fahrzeuge nach Italien überführe. Diese Erklärung enthielt keinen Hinweis auf den Namen oder die Firma des Klägers. Eine Verbindung zur Lieferung des Klägers ergab sich nur über die Anzahl der Fahrzeuge, den Fahrzeugtyp und die Angabe einer Rechnungsnummer, die der in der Rechnung vom 6. Dezember 2005 angegebenen Nummer entsprach.

2

Aufgrund einer Mitteilung der italienischen Finanzverwaltung, nach der P.R. weder über einen Sitz noch einen für die Ausstellung von Fahrzeugen geeigneten Platz verfüge und weiter nie einen Autohandel betrieben habe, ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass die Lieferung an P.R. steuerpflichtig sei, und erließ am 29. September 2006 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr 2005. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das FG der Klage statt. Der Kläger habe den Beleg- und Buchnachweis erbracht. Hierfür komme es nicht auf belegmäßige Vollmachten an. Die Unterschriften auf Vollmacht und Personalausweis stimmten hinreichend überein. Der Kläger habe nicht der Frage nachgehen müssen, ob P.R. den Inhalt der in schlechtem Deutsch verfassten Vollmacht verstanden habe. Die Identität des F, der die Fahrzeuge als Bevollmächtigter abgeholt habe, sei nicht streitig. Es sei ausreichend, dass der Kläger Einsicht in den Personalausweis des F genommen habe, ohne diesen zu kopieren. Aus dem italienischen Handelskammerauszug habe sich hinreichend klar ergeben, dass P.R. als Einzelunternehmer tätig gewesen sei. Dass die Bestätigungsanfragen beim BfF von der Firma R durchgeführt worden seien, sei unerheblich. Als belegmäßige Angabe des Bestimmungsorts reiche die Angabe des Bestimmungslandes Italien aus. Die wirtschaftliche Inaktivität der Abnehmerin P.R. stehe der Steuerfreiheit ebenso wenig entgegen, wie der Betrieb eines Einzelunternehmens durch den Bevollmächtigten F im Inland. Allerdings sei zweifelhaft, ob die Fahrzeuge nach Italien gelangt seien, da es sich bei F um einen Betrüger gehandelt habe, der unter dem Namen der P.R. eigene Geschäfte betrieben habe. Da weiter zumindest bei einem Fahrzeug erhebliche Zweifel an der Verbringung nach Italien bestünden, sei der Wahrheitsgehalt der Erklärung des F, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen, insgesamt zweifelhaft. Der Kläger könne aber Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, da die Beleg- und Buchnachweise vollständig seien, der Kläger nicht erkennen konnte, dass F entgegen der Bevollmächtigung ein Eigengeschäft vorgenommen habe, und für den Kläger auch nicht erkennbar gewesen sei, dass die Fahrzeuge nicht nach Italien verbracht wurden. Es liege auch keine Verletzung von Sorgfaltspflichten vor. Für Hinweise auf eine Einbindung des Klägers in einen Steuerbetrug gebe es keinen Anhaltspunkt.

4

Mit seiner Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Kläger habe den Belegnachweis nicht erbracht. Es sei unklar, ob es sich um eine Beförderung oder eine Versendung gehandelt habe. Im Fall einer Beförderung hätte das FG bei seiner Beweiswürdigung nicht von einer feststehenden Identität des Abholers ausgehen dürfen. Die Verbringungsversicherung sei gegenüber einer anderen Firma abgegeben worden und wirke daher nicht für den Kläger. Auf die Angabe des Bestimmungsorts könne auch bei Reihengeschäften nicht verzichtet werden. Der Kläger habe auf eine fremde Bestätigungsabfrage hinsichtlich der USt-Id-Nr. vertraut und die Identität des Abnehmers nicht durch Vorlage eines Kaufvertrages nachgewiesen. Weiter fehle ein Nachweis der Bevollmächtigung für den Vertragsabschluss. Die angebliche Abnehmerin P.R. habe nie einen Autohandel betrieben.

5

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Ihm habe ein italienischer Handelskammerregisterauszug über P.R., eine Bestätigung ihrer USt-Id-Nr. und ein Verbringungsnachweis vorgelegen. Er habe auch den Personalausweis des Bevollmächtigten eingesehen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Lieferung der Fahrzeuge ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.

9

1. Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) steuerfrei sein.

10

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

11

"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

12

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999/2005 (UStDV) nachzuweisen.

13

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versandes oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

14

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b). Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b).

15

2. Der Kläger hat die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

16

a) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen

18

"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern".

19

b) Im Streitfall hat der Kläger den Belegnachweis nicht erbracht.

20

aa) Der Kläger hat über die Fahrzeuglieferung keine §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen Steuerausweis, jedoch auch nicht den gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Bereits vor der Neuregelung der §§ 14, 14a UStG 1999 durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) war der Unternehmer, der steuerfreie Lieferungen i.S. des § 6a UStG ausführt, seit 1993 gemäß § 14a Abs. 1 UStG zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in denen er auf die Steuerfreiheit hinweist.

21

Mit einer Rechnung, die keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung enthält, kann der Unternehmer ebenso wenig wie mit einer Rechnung über eine der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegende Lieferung ohne den entsprechenden Hinweis (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634, unter II.2.a cc und b) den gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung führen.

22

Maßgeblich ist insoweit, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Pflichten vorsehen können, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen, wobei vom Lieferanten gefordert werden kann, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 64 f.).

23

Zu den Maßnahmen, die danach zulässigerweise vom Unternehmer gefordert werden können, gehört auch die Erteilung einer Rechnung, die auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und deren Steuerfreiheit hinweist. Denn ohne derartige Rechnung ergibt sich für den Abnehmer der Lieferung kein Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und der hiermit verbundenen Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung. Das Rechnungsdoppel i.S. von § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV dient dabei dadurch dem Nachweis der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, weil sich aus ihm ergeben soll, dass es sich bei der Lieferung um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt, die zusammen mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb zu einem innergemeinschaftlichen Umsatz gehört. Beides bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 23 f., 36 f. und 41; vgl. auch EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 22; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh International, Slg. 2007, I-7897 Rdnr. 22; vom 22. April 2010 C-536/08, C-539/08, X und Facet Trading, BFH/NV 2010, 1225 Rdnr. 30, und vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 15, Rdnr. 37).

24

bb) Darüber hinaus liegt auch nicht der gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Abholfall erforderliche Verbringungsnachweis vor. Zwar hat der von der Abnehmerin Beauftragte versichert, die in der Rechnung aufgeführten Fahrzeuge nach Italien zu verbringen. Diese Erklärung wurde jedoch nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber der Firma R abgegeben, die möglicherweise gleichfalls Fahrzeuge zur Lieferung nach Italien verkauft hatte. Mit einer gegenüber einer anderen Person als dem Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den liefernden Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, kann der Nachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht geführt werden. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Lieferung und Beförderung wird durch eine derartige Erklärung auch nicht hergestellt, wenn die Erklärung --wie im Streitfall-- nur eine Bezugnahme auf die Nummer der für diese Lieferung ausgestellten Rechnung enthält und im Übrigen lediglich den Liefergegenstand, der ggf. auch von Dritten geliefert werden kann, umschreibt. Dies genügt dem Erfordernis einer eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweisführung (§ 17a Abs. 1 UStDV) nicht.

25

3. Der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nicht beleg- und buchmäßig nachweisen kann, ist grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (s. oben II.1.c). Ein Sonderfall, bei dem dieses Recht nicht besteht, wie z.B. bei einer Täuschung über die Identität des Abnehmers (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15), liegt im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht vor.

26

Nach den für den Senat gleichfalls bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Ohne Rechtsverstoß konnte das FG dies darauf stützen, dass die Abnehmerin der Lieferung, P.R., nach der Auskunft der italienischen Finanzverwaltung kein Fahrzeughändler war, der von der Abnehmerin Beauftragte demgegenüber im Inland als Fahrzeughändler tätig war und einzelne der gelieferten Fahrzeuge auch nach der Lieferung im Inland zugelassen waren. Dass die Abnehmerin aufgrund einer qualifizierten Bestätigungsabfrage als Unternehmer anzusehen war, reicht im Hinblick auf die besonderen Umstände des Streitfalls nicht aus, um die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen.

27

4. Die Lieferung ist entgegen dem FG-Urteil auch nicht gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei.

28

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

29

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des EuGH. Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, dritter Leitsatz).

30

b) Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt.

31

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Belegnachweis in mehrfacher Hinsicht unvollständig ist. Denn der Kläger hat keine Rechnung mit dem erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung erteilt; weiter liegt auch keine ihm gegenüber abgegebene Verbringungserklärung vor (s. oben II.2.b). Der Kläger hat daher nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine objektive Beteiligung an einer Steuerhinterziehung auszuschließen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob ihm ein subjektiver Vorwurf zu machen ist. Dass dem Kläger eine qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-Id-Nr. der Abnehmerin vorlag, ersetzt das Fehlen des Belegnachweises nicht.

32

5. Das FG hat danach die Steuerfreiheit der Lieferung zu Unrecht bejaht. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da der Kläger die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG entgegen dem Urteil des FG nicht beanspruchen kann.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Autohändler und lieferte 13 gebrauchte PKW am 6. Dezember 2005 für insgesamt 46.150 € an die in Italien ansässige Abnehmerin P.R. Die vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommene Rechnung vom 6. Dezember 2005 wies zwar keine Umsatzsteuer aus, enthielt jedoch auch keinen Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder auf deren Steuerfreiheit. Die Rechnung war mit einem Firmenstempel der Abnehmerin und einer nicht leserlichen Unterschrift versehen. Der Rechnung beigefügt war eine nicht datierte Vollmacht in deutscher Sprache für F, dem Sohn der P.R., die den Stempel der Abnehmerfirma und eine Unterschrift mit dem Namenszug P.R. trug. Der Kläger hatte darüber hinaus eine Ausweiskopie der P.R., Bescheinigungen über deren steuerliche Erfassung in Italien und eine Handelskammereintragung der Firma der Abnehmerin zu seinen Unterlagen genommen. Dem Kläger lag weiter eine qualifizierte Bestätigungsantwort des Bundesamts für Finanzen (BfF) vor, die die angefragten Angaben nur hinsichtlich der Rechtsform der Abnehmerfirma nicht bestätigte. Die Fahrzeuge wurden von F abgeholt und auf einen Fahrzeugtransporter verladen. Der Kaufpreis wurde bar bezahlt. F unterschrieb eine auf Briefpapier der Firma R abgefasste Erklärung, nach der er zahlen- und typmäßig umschriebene Fahrzeuge nach Italien überführe. Diese Erklärung enthielt keinen Hinweis auf den Namen oder die Firma des Klägers. Eine Verbindung zur Lieferung des Klägers ergab sich nur über die Anzahl der Fahrzeuge, den Fahrzeugtyp und die Angabe einer Rechnungsnummer, die der in der Rechnung vom 6. Dezember 2005 angegebenen Nummer entsprach.

2

Aufgrund einer Mitteilung der italienischen Finanzverwaltung, nach der P.R. weder über einen Sitz noch einen für die Ausstellung von Fahrzeugen geeigneten Platz verfüge und weiter nie einen Autohandel betrieben habe, ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass die Lieferung an P.R. steuerpflichtig sei, und erließ am 29. September 2006 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr 2005. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das FG der Klage statt. Der Kläger habe den Beleg- und Buchnachweis erbracht. Hierfür komme es nicht auf belegmäßige Vollmachten an. Die Unterschriften auf Vollmacht und Personalausweis stimmten hinreichend überein. Der Kläger habe nicht der Frage nachgehen müssen, ob P.R. den Inhalt der in schlechtem Deutsch verfassten Vollmacht verstanden habe. Die Identität des F, der die Fahrzeuge als Bevollmächtigter abgeholt habe, sei nicht streitig. Es sei ausreichend, dass der Kläger Einsicht in den Personalausweis des F genommen habe, ohne diesen zu kopieren. Aus dem italienischen Handelskammerauszug habe sich hinreichend klar ergeben, dass P.R. als Einzelunternehmer tätig gewesen sei. Dass die Bestätigungsanfragen beim BfF von der Firma R durchgeführt worden seien, sei unerheblich. Als belegmäßige Angabe des Bestimmungsorts reiche die Angabe des Bestimmungslandes Italien aus. Die wirtschaftliche Inaktivität der Abnehmerin P.R. stehe der Steuerfreiheit ebenso wenig entgegen, wie der Betrieb eines Einzelunternehmens durch den Bevollmächtigten F im Inland. Allerdings sei zweifelhaft, ob die Fahrzeuge nach Italien gelangt seien, da es sich bei F um einen Betrüger gehandelt habe, der unter dem Namen der P.R. eigene Geschäfte betrieben habe. Da weiter zumindest bei einem Fahrzeug erhebliche Zweifel an der Verbringung nach Italien bestünden, sei der Wahrheitsgehalt der Erklärung des F, die Fahrzeuge nach Italien zu verbringen, insgesamt zweifelhaft. Der Kläger könne aber Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, da die Beleg- und Buchnachweise vollständig seien, der Kläger nicht erkennen konnte, dass F entgegen der Bevollmächtigung ein Eigengeschäft vorgenommen habe, und für den Kläger auch nicht erkennbar gewesen sei, dass die Fahrzeuge nicht nach Italien verbracht wurden. Es liege auch keine Verletzung von Sorgfaltspflichten vor. Für Hinweise auf eine Einbindung des Klägers in einen Steuerbetrug gebe es keinen Anhaltspunkt.

4

Mit seiner Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Kläger habe den Belegnachweis nicht erbracht. Es sei unklar, ob es sich um eine Beförderung oder eine Versendung gehandelt habe. Im Fall einer Beförderung hätte das FG bei seiner Beweiswürdigung nicht von einer feststehenden Identität des Abholers ausgehen dürfen. Die Verbringungsversicherung sei gegenüber einer anderen Firma abgegeben worden und wirke daher nicht für den Kläger. Auf die Angabe des Bestimmungsorts könne auch bei Reihengeschäften nicht verzichtet werden. Der Kläger habe auf eine fremde Bestätigungsabfrage hinsichtlich der USt-Id-Nr. vertraut und die Identität des Abnehmers nicht durch Vorlage eines Kaufvertrages nachgewiesen. Weiter fehle ein Nachweis der Bevollmächtigung für den Vertragsabschluss. Die angebliche Abnehmerin P.R. habe nie einen Autohandel betrieben.

5

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Ihm habe ein italienischer Handelskammerregisterauszug über P.R., eine Bestätigung ihrer USt-Id-Nr. und ein Verbringungsnachweis vorgelegen. Er habe auch den Personalausweis des Bevollmächtigten eingesehen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Lieferung der Fahrzeuge ist nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.

9

1. Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) steuerfrei sein.

10

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

11

"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber

und

3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

12

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999/2005 (UStDV) nachzuweisen.

13

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versandes oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

14

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b). Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b).

15

2. Der Kläger hat die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

16

a) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen

18

"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern".

19

b) Im Streitfall hat der Kläger den Belegnachweis nicht erbracht.

20

aa) Der Kläger hat über die Fahrzeuglieferung keine §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen Steuerausweis, jedoch auch nicht den gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Bereits vor der Neuregelung der §§ 14, 14a UStG 1999 durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) war der Unternehmer, der steuerfreie Lieferungen i.S. des § 6a UStG ausführt, seit 1993 gemäß § 14a Abs. 1 UStG zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in denen er auf die Steuerfreiheit hinweist.

21

Mit einer Rechnung, die keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung enthält, kann der Unternehmer ebenso wenig wie mit einer Rechnung über eine der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegende Lieferung ohne den entsprechenden Hinweis (BFH-Urteil vom 30. März 2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634, unter II.2.a cc und b) den gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung führen.

22

Maßgeblich ist insoweit, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Pflichten vorsehen können, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen, wobei vom Lieferanten gefordert werden kann, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 64 f.).

23

Zu den Maßnahmen, die danach zulässigerweise vom Unternehmer gefordert werden können, gehört auch die Erteilung einer Rechnung, die auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und deren Steuerfreiheit hinweist. Denn ohne derartige Rechnung ergibt sich für den Abnehmer der Lieferung kein Hinweis auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung und der hiermit verbundenen Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung. Das Rechnungsdoppel i.S. von § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV dient dabei dadurch dem Nachweis der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, weil sich aus ihm ergeben soll, dass es sich bei der Lieferung um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt, die zusammen mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb zu einem innergemeinschaftlichen Umsatz gehört. Beides bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 23 f., 36 f. und 41; vgl. auch EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 22; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh International, Slg. 2007, I-7897 Rdnr. 22; vom 22. April 2010 C-536/08, C-539/08, X und Facet Trading, BFH/NV 2010, 1225 Rdnr. 30, und vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 15, Rdnr. 37).

24

bb) Darüber hinaus liegt auch nicht der gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Abholfall erforderliche Verbringungsnachweis vor. Zwar hat der von der Abnehmerin Beauftragte versichert, die in der Rechnung aufgeführten Fahrzeuge nach Italien zu verbringen. Diese Erklärung wurde jedoch nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber der Firma R abgegeben, die möglicherweise gleichfalls Fahrzeuge zur Lieferung nach Italien verkauft hatte. Mit einer gegenüber einer anderen Person als dem Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den liefernden Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, kann der Nachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht geführt werden. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Lieferung und Beförderung wird durch eine derartige Erklärung auch nicht hergestellt, wenn die Erklärung --wie im Streitfall-- nur eine Bezugnahme auf die Nummer der für diese Lieferung ausgestellten Rechnung enthält und im Übrigen lediglich den Liefergegenstand, der ggf. auch von Dritten geliefert werden kann, umschreibt. Dies genügt dem Erfordernis einer eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweisführung (§ 17a Abs. 1 UStDV) nicht.

25

3. Der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nicht beleg- und buchmäßig nachweisen kann, ist grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (s. oben II.1.c). Ein Sonderfall, bei dem dieses Recht nicht besteht, wie z.B. bei einer Täuschung über die Identität des Abnehmers (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15), liegt im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht vor.

26

Nach den für den Senat gleichfalls bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Ohne Rechtsverstoß konnte das FG dies darauf stützen, dass die Abnehmerin der Lieferung, P.R., nach der Auskunft der italienischen Finanzverwaltung kein Fahrzeughändler war, der von der Abnehmerin Beauftragte demgegenüber im Inland als Fahrzeughändler tätig war und einzelne der gelieferten Fahrzeuge auch nach der Lieferung im Inland zugelassen waren. Dass die Abnehmerin aufgrund einer qualifizierten Bestätigungsabfrage als Unternehmer anzusehen war, reicht im Hinblick auf die besonderen Umstände des Streitfalls nicht aus, um die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen.

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4. Die Lieferung ist entgegen dem FG-Urteil auch nicht gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei.

28

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

29

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des EuGH. Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, dritter Leitsatz).

30

b) Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt.

31

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Belegnachweis in mehrfacher Hinsicht unvollständig ist. Denn der Kläger hat keine Rechnung mit dem erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung erteilt; weiter liegt auch keine ihm gegenüber abgegebene Verbringungserklärung vor (s. oben II.2.b). Der Kläger hat daher nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine objektive Beteiligung an einer Steuerhinterziehung auszuschließen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob ihm ein subjektiver Vorwurf zu machen ist. Dass dem Kläger eine qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-Id-Nr. der Abnehmerin vorlag, ersetzt das Fehlen des Belegnachweises nicht.

32

5. Das FG hat danach die Steuerfreiheit der Lieferung zu Unrecht bejaht. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da der Kläger die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG entgegen dem Urteil des FG nicht beanspruchen kann.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Hat der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet versendet, hat der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch folgenden Beleg zu führen:

1.
bei Ausfuhranmeldung im elektronischen Ausfuhrverfahren nach Artikel 326 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex der Union mit dem Ausgangsvermerk;
2.
bei allen anderen Ausfuhranmeldungen:
a)
mit einem Versendungsbeleg, insbesondere durch handelsrechtlichen Frachtbrief, der vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist, mit einem Konnossement, mit einem Einlieferungsschein für im Postverkehr beförderte Sendungen oder deren Doppelstücke, oder
b)
mit einem anderen handelsüblichen Beleg als den Belegen nach Buchstabe a, insbesondere mit einer Bescheinigung des beauftragten Spediteurs; dieser Beleg hat folgende Angaben zu enthalten:
aa)
den Namen und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,
bb)
den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers und des Auftraggebers der Versendung,
cc)
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) des ausgeführten Gegenstands,
dd)
den Ort und den Tag der Ausfuhr oder den Ort und den Tag der Versendung des ausgeführten Gegenstands in das Drittlandsgebiet,
ee)
den Empfänger des ausgeführten Gegenstands und den Bestimmungsort im Drittlandsgebiet,
ff)
eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers darüber, dass die Angaben im Beleg auf der Grundlage von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind, sowie
gg)
die Unterschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers.
Hat der Unternehmer statt des Ausgangsvermerks einen Alternativ-Ausgangsvermerk, gilt dieser als Ausfuhrnachweis.

(2) Bei der Ausfuhr von Fahrzeugen im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes, die zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedürfen, muss

1.
der Beleg nach Absatz 1 auch die Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten und
2.
der Unternehmer zusätzlich über eine Bescheinigung über die Zulassung, die Verzollung oder die Einfuhrbesteuerung im Drittland verfügen.
Satz 1 Nummer 2 gilt nicht in den Fällen, in denen das Fahrzeug mit einem Ausfuhrkennzeichen ausgeführt wird, wenn aus dem Beleg nach Satz 1 Nummer 1 die Nummer des Ausfuhrkennzeichens ersichtlich ist, oder in denen das Fahrzeug nicht im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt worden ist und nicht auf eigener Achse in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird.

(3) Ist eine Ausfuhr elektronisch angemeldet worden und ist es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zu führen, kann dieser die Ausfuhr mit den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Belegen nachweisen. In den Fällen nach Satz 1 muss der Beleg zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Versendungsbezugsnummer der Ausfuhranmeldung nach Artikel 226 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex der Union (Master Reference Number – MRN) enthalten.

(4) Ist es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu führen, kann er die Ausfuhr wie in Beförderungsfällen nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 nachweisen.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2003 einen Kraftfahrzeughandel. Sie lieferte am 22. Januar 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei zum Preis von ... € an die in Italien ansässige "Abnehmerin" T mit Sitz in V. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung einer Firma S durch einen Bevollmächtigten bei der Klägerin abgeholt, der den Kaufpreis bar bezahlte. Als Abholer trat ein Herr mit dem Namen B auf, von dem sich die Klägerin eine Kopie des Personalausweises vorlegen ließ. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltet den handschriftlichen Vermerk "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" und ist mit dem Namen "B" unterschrieben. Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ am 12. Juli 2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003, in dem es die Umsatzsteuer um insgesamt ... € erhöhte. Das FA hat für den Umsatz mit T einen Umsatzsteuerbetrag von ... € und für einen weiteren, revisionsrechtlich nicht angegriffenen Geschäftsvorfall einen Betrag von ... € angesetzt. Die Versagung der Steuerfreiheit für die Lieferung an T beruht auf einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen, nach der T ein Scheinunternehmen war, was nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

3

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das FG gab der Klage hinsichtlich der Lieferung des Porsche 911 Carrera an T unter Herabsetzung der Umsatzsteuer um ... € statt und wies die Klage im Übrigen in dem revisionsrechtlich nicht angegriffenen Teil ab. Für die Lieferung des Porsche 911 Carrera an T seien zwar die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt, denn der Abnehmer --die T-- sei ein Nichtunternehmer ("Scheinunternehmer") gewesen. Gleichwohl sei die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, weil die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 UStG vorlägen.

5

Die Klägerin habe keine Zweifel am tatsächlichen Abholer haben müssen. Sie habe sich sämtliche Belege, die nach § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erforderlich seien, vorlegen lassen. Insbesondere habe sie den Belegnachweis gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV erfüllt. Danach sei der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, zu führen. Dies sei erfüllt, denn die Klägerin habe durch den Vermittler S einen Handelsregisterauszug betreffend der T vorgelegt. Damit verbunden sei eine Versicherung gewesen, dass das Fahrzeug nach Italien befördert werden solle. Diese Versicherung sei auch schriftlich und in deutscher Sprache erfolgt. Sie enthalte unter Bezugnahme auf den Handelsregisterauszug Name und Anschrift der T (Abnehmer) sowie eine mit Datum versehene Unterschrift des Abnehmers bzw. in diesem Fall des Bevollmächtigten B. Damit habe die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten aus § 6a Abs. 4 UStG erfüllt. Soweit die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Mai 2010 IV D 3-S 7141/08/10001, 2010/ 0334195 (BStBl I 2010, 508) in Tz. 32 die Auffassung vertrete, "die Unterschrift (müsse) ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen", sei dies unverhältnismäßig. Zum einen könne sich eine Unterschrift durchaus im Laufe mehrerer Jahre verändern, zum anderen sehe eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem nur wenig Platz für die Unterschrift bestehe, häufig anders aus als auf anderen Unterlagen. Dass im Streitfall die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht ohne Weiteres übereinstimme, könne deshalb nicht zum Nachteil der Klägerin ausgelegt werden. Weitere Umstände, die einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG rechtfertigen könnten, seien im Streitfall nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend. Das Urteil des FG verstoße gegen § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG. Bei Barverkäufen hochwertiger Gegenstände seien an die Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Umstände, dass ein hochwertiges Fahrzeug in bar veräußert werde und auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung bestehen, müssten den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen. In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt habe, seien alle Umstände einzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511). Von diesen Rechtssätzen weiche das FG ab. Zum einen halte es den Umstand, dass die Unterschriften auf dem vom Abholer vorgelegten Personalausweis und der Verbringenserklärung auffällige Unterschiede aufwiesen, für unbeachtlich. Denn es habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Vergleich der Unterschriften unverhältnismäßig sei. Zum anderen würdige das FG nicht alle Umstände. Es würdige insbesondere nicht, dass die Klägerin ein hochwertiges Fahrzeug veräußert habe, der Kaufpreis von ... € in bar entrichtet worden sei, die Vermittlung des Verkaufs des gebrauchten Fahrzeugs über die S erfolgt sei und S den Handelsregisterauszug des Abnehmers vorgelegt habe. Gerade diese Umstände hätten die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen müssen.

7

Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich daher nicht, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten nicht nachgekommen sei. Es fehle an Belegen, aus denen sich insbesondere der tatsächliche Abholer der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung und dessen Berechtigung leicht und einfach nachprüfbar habe entnehmen lassen.

8

Das FA beantragt,
das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Sie habe den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 UStG seien unstreitig nicht erfüllt, weil --wie sich später herausstellte-- es sich bei dem Kunden um einen Nichtunternehmer gehandelt habe. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit der Angaben der Abnehmer auch bei Beachtung der größten Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen können. Der von dem FA zitierte Beschluss vom 6. November 2008 V B 126/07 (BFH/NV 2009, 234) behandle einen abweichenden Fall, in dem das betreffende Fahrzeug sofort zum selben Preis weiterverkauft worden und dies dem liefernden Unternehmer bekannt gewesen sei, so dass tatsächlich bei dem Lieferer der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung aufkommen könne. Im Streitfall habe es jedoch keinen ähnlichen Anlass gegeben, an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu zweifeln.

11

Auch die Barzahlung des Kaufpreises sei nach der Erfahrung bei Exportgeschäften von Luxussportwagen nicht ungewöhnlich, sondern die Regel und die einzig praktikable Lösung bei Fahrzeugverkäufen ins Ausland. Gerade bei so mobilen Gegenständen wie Autos wolle der Verkäufer nicht das Risiko eines Forderungsausfalls tragen, sondern bestehe auf Barzahlung oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung; dies gelte gerade für Exportgeschäfte. Wenn das FA behaupte, dass eine "Barzahlung ungewöhnlich" sei und das Misstrauen der Klägerin habe wecken müssen, so sei diese Auffassung wirklichkeitsfremd.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt hinsichtlich der zu beurteilenden Lieferung des Porsche 911 Carrera an T zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob für das Fahrzeug Porsche 911 Carrera die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen.

13

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen sind.

14

Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei sein.

15

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
"... 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

16

Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nachzuweisen.

17

Der Unternehmer soll dabei gemäß § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen
"... 1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern."

18

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

19

Nach § 17c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:
"... 9. den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet."

20

b) Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. nunmehr Art. 131, 138 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

21

Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach "... die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt."

22

c) Der Unternehmer kann grundsätzlich die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, Rz 14). Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b; in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 14; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 14).

23

d) Im Streitfall fehlt es bereits am Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer des PKW war. Nach den Feststellungen des FG war --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- T lediglich ein Scheinunternehmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG liegen daher nicht vor.

24

2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht anwendbar.

25

a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 28).

26

b) Auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift auf dem vom Abholer vorgelegten Pass und der Verbringenserklärung können Umstände darstellen, die die Klägerin zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers hätten veranlassen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 234, unter 3.). Solche auffälligen Unterschiede liegen im Streitfall vor. Die Unterschrift unter der Empfangsbestätigung auf der Rechnung weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie --auf den ersten Blick erkennbar-- ganz erheblich ab.

27

c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hält die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 508, Tz. 32; Abschn. 6a.3. Abs. 9 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), dass die Unterschrift ggf. einen "Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen" müsse, per se für unverhältnismäßig und lässt den Umstand, dass die Unterschrift auf der Empfangsbestätigung mit der Unterschrift des B auf seinem Personalausweis nicht übereinstimmt, bei der Würdigung, ob die Klägerin mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, unzutreffend von vornherein außer Acht. Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Unterschrift im Einzelfall im Laufe mehrerer Jahre verändern und eine Unterschrift auf einem Personalausweis, bei dem wenig Platz für die Unterschrift besteht, ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben kann. Diese Umstände rechtfertigen es entgegen der Ansicht des FG aber nicht, die auffälligen Unterschiede in den Unterschriften in die Prüfung und Würdigung gar nicht erst miteinzubeziehen.

28

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen haben:

29

a) Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) ist gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 3 UStG ausgeschlossen für Lieferungen, die der Differenzbesteuerung unterliegen; diese sind steuerpflichtig. Die Ausnahme entspricht Art. 26a Teil B, Teil D Buchst. c i.V.m. Art. 28c Teil A Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.1.). Anhaltspunkt für eine ggf. durchzuführende Differenzbesteuerung könnte insoweit der Eintrag eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von ... € in der Zeile "nicht auszuweisen im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG" im Kaufvertrag sein.

30

Das FG hat keine Feststellungen getroffen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob die Klägerin die streitbefangene Kfz-Lieferung im Rahmen der Differenzbesteuerung ausgeführt hat. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG gilt für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen eine Differenzbesteuerung, wenn u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

"1. Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2. Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a) Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b) die Differenzbesteuerung vorgenommen.
..."

31

Eine Differenzbesteuerung käme allerdings gemäß § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b UStG nicht zur Anwendung, wenn es sich um die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs i.S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG handelt. Dafür könnte --sofern der Kilometerstand in der "Verbindlichen Bestellung" des Fahrzeugs vom 20. Januar 2003 korrekt ausgewiesen ist-- der niedrige Kilometerstand sprechen. Widersprüchlich ist jedoch, dass nach den dortigen Angaben die gesamte km-Leistung laut Vorbesitzer 0 km und der km-Stand laut Zähler indes 4 500 km beträgt.

32

Das FG hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

33

b) Sofern die Lieferung nicht der Differenzbesteuerung unterliegt, stellt sich im Rahmen der nachfolgend zu prüfenden innergemeinschaftlichen Lieferung die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32). Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteil in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 30; in BFH/NV 2012, 1188, Rz 32).

34

Die Ausführungen des FG sind insoweit unzureichend, da es keine Feststellungen zu dem Bestimmungsort des Liefergegenstands Porsche 911 Carrera (vgl. § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV) getroffen hat. Der Gesetzeszweck des § 6a Abs. 1 UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung, um die Warenbewegung nachzuvollziehen und um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat als Bestimmungsland den Vorschriften der Erwerbsbesteuerung unterliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73). Die Angaben in der Verbringenserklärung "Fzg. wird gem. Kaufvertrag vom 21.01.2003 nach Italien ausgeführt" sind insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt ist (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 6a Rz 73) und auch nicht mit der im Bezug genommenen Kaufvertrag vom 21. Januar 2003 enthaltenen Unternehmensanschrift ohne Weiteres gleichzusetzen ist. Nach dem Urteil des BFH in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, unter II.2.c kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts zwar unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, Rz 29). Hierzu fehlen hinreichende Feststellungen. Die Frage des der Klägerin obliegenden Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (BFH-Urteil in BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420, Leitsatz 2).

35

c) An die Nachweispflichten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf (hier ... €) mit "Beauftragten" zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 81, unter II.2.b). In die Würdigung, ob ein Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat, sind diese Umstände einzubeziehen (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.4.b bb). Im Streitfall kommt hinzu, dass ein Vermittler zwischengeschaltet worden ist und die vermeintliche "Abnehmerin" T faktisch --außer auf dem Papier-- gar nicht in Erscheinung trat.

36

aa) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die Barzahlung des Kaufpreises sei bei Exportgeschäften von Luxussportwagen die Regel.

37

Der Senat verkennt nicht, dass in der Autobranche bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Barzahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugs üblich sein mag (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 2012  3 K 2138/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1968, Rz 71, m.w.N.) und dass ohne Barzahlung bei Übergabe oder vollständiger bargeldloser Vorauszahlung durch den im Ausland ansässigen Abnehmer der Verkäufer das Risiko eines Forderungsausfalls tragen würde, jedoch diese Abwicklungsmodalität eine erhebliche umsatzsteuerrechtliche Missbrauchsgefahr birgt. Die Bekämpfung von Missbrauch, Steuerumgehung und -hinterziehung ist indes ein von der Richtlinie 77/388/EWG bzw. MwStSystRL angestrebtes Ziel (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 --Gemeente Leusden und Holin Groep--, Slg. 2004, I-5337, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 302, Rz 76; vom 7. Dezember 2010 C-285/09 --R--, Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 36; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagében und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 41; vom 6. September 2012 C-273/11 --Mecsek-Gabona--, UR 2012, 796, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 1917, Rz 47) und rechtfertigt hohe Anforderungen an die Einhaltung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 --Teleos u.a.--, Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 58 und 61; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 47; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a Rz 103). Der Unternehmer muss daher alle ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, Rz 65; in BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591, Rz 54; in UR 2012, 796, DStR 2012, 1917, Rz 48 und 53 f.; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 103).

38

bb) Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers oder seines angeblichen Beauftragten, so ist der Unternehmer auch verpflichtet, Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit anzustellen (Oelmaier, DStR 2008, 1213, 1217; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 6a Rz 104). Die Zumutbarkeit von Maßnahmen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da beim Barverkauf von hochwertigen PKW in das Ausland und Abholung durch einen Beauftragten ein erhebliches umsatzsteuerrechtliches Missbrauchspotenzial besteht, ist in diesen Fällen der Rahmen des Zumutbaren weit zu ziehen.

39

Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abnehmers können in diesen Fällen beispielsweise folgende Umstände begründen:

-       

Es besteht keine längere Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer und der Unternehmer hat keine Kenntnis von der Vertretungsberechtigung der für den Abnehmer auftretenden Person (vgl. Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005  10 K 1367/04, EFG 2005, 822);

-       

die Geschäftsanbahnung mit dem Unternehmer erfolgt durch einen von dem Abnehmer zwischengeschalteten Dritten und der Abnehmer tritt --außer auf dem Papier-- nicht in Erscheinung;

-       

die fehlende Nachvollziehbarkeit des Schriftverkehrs, z.B. fehlende Faxkennung des Abnehmers, oder widersprüchliche Angaben des Abnehmers, z.B. der im Ausland ansässige Abnehmer hat eine Faxadresse im Inland.

40

Dagegen stellen im Regelfall keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit geringfügige, rein formale Versehen dar, wie z.B. ein bloßes Verschreiben auf der Verbringenserklärung.

41

4. Soweit das FA dem Revisionsantrag das Begehren hinzugefügt hat, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 12. Juli 2004 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Steuer ... € beträgt, versteht der Senat dies lediglich als ziffernmäßig bestimmte, klarstellende Wiederholung des Revisionsantrags der Klägerin. Denn von dem gestellten Revisionsantrag, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen, wird inhaltlich auch das mit der Revision verfolgte Ziel der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung vom 12. Juli 2004 mitumfasst.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 12. März 2014  2 K 1127/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen A-GmbH.

3

Am 24. November 1998 bestellte die B mit Sitz in M/Vereinigte Staaten von Amerika (USA), die über eine feste Niederlassung in der Portugiesischen Republik (Portugal) verfügte, bei der A-GmbH zwei Maschinen (nebst Zubehör) für 750.000 DM.

4

Nachdem die A-GmbH die B aufgefordert hatte, ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) mitzuteilen, antwortete die B, sie habe die Maschinen an die in der Republik Finnland (Finnland) ansässige C-Ltd. (weiter) veräußert und teilte der A-GmbH die USt-IdNr. der C-Ltd. mit, die die A-GmbH auf ihre Richtigkeit überprüfte.

5

Die Maschinen wurden sodann am 14. Dezember 1998 von einer Spedition, die die B beauftragt hatte, bei der A-GmbH abgeholt, nach L (Deutschland) verbracht und am 17. Dezember 1998 nach Finnland verschifft.

6

Am 14. Dezember 1998 erteilte die A-GmbH gegenüber B in den USA eine Rechnung über die Lieferung der Maschinen für 750.000 DM. Umsatzsteuer wies die A-GmbH nicht offen aus. Dabei gab sie die USt-IdNr. der C-Ltd. als Abnehmerin an. Des Weiteren vermerkte sie u.a., dass der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in Finnland und damit nicht in Deutschland den Vorschriften der Umsatzsteuerbesteuerung unterliege.

7

B hatte bereits am 10. Dezember 1998 eine Rechnung über den Verkauf der Maschinen zum Preis von 880.000 DM an die C-Ltd. in Rechnung gestellt. Die C-Ltd. zahlte am 24. November 1998 86.000 DM und am 14. Dezember 1998 den Restbetrag von 794.000 DM an B. Die C-Ltd. zahlte außerdem an die Z auf eine Rechnung vom 8. Februar 1999 Frachtkosten für den Transport von L nach Helsinki/Finnland.

8

In der Folgezeit nahm die Klägerin Kontakt zum seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA X) auf und vermerkte am 17. August 2004 auf der Rechnung an die B, dass der Rechnungsinhalt im Zeitpunkt der Rechnungslegung mit dem Sachgebietsleiter abgestimmt worden sei und dass die Betriebsprüfung diesen Sachverhalt nicht beanstandet habe.

9

Die Klägerin behandelte die Lieferung in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 1998 (Streitjahr), der das FA X am 31. März 2000 zustimmte, als umsatzsteuerfrei.

10

Das FA X erließ am 16. August 2005 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es die Lieferung als umsatzsteuerpflichtig behandelte. Den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der nunmehr zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 als unbegründet zurück. Es sei ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft mit zwei Lieferungen durchgeführt worden, die erste zwischen der A-GmbH und B und die zweite zwischen der B und der C-Ltd. B habe die Ware befördert, daher sei sie Abnehmerin der ersten Lieferung. Ort der Lieferung sei Deutschland. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) greife gleichwohl nicht ein, da B als Abnehmerin keine USt-IdNr. des Bestimmungslandes oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) verwendet habe.

11

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die mit Bescheid vom 7. März 2007 geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1998 mit Urteil vom 25. Februar 2009  2 K 484/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1418) ab.

12

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. November 2010 XI R 11/09 (BFHE 231, 382, BStBl II 2011, 237) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. September 2012 C-587/10, VSTR (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1212, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 832) beantwortet.

13

Im Anschluss daran hat der Senat mit Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 11/09 (BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524) das Urteil des FG in EFG 2009, 1418 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das FG zurückverwiesen.

14

Im zweiten Rechtsgang richtete das FA ein Auskunftsersuchen an die finnischen Steuerbehörden. Dieses ergab u.a., dass die Maschinen unmittelbar von der A-GmbH zur C-Ltd. "geliefert" worden seien. Es habe keine direkten Zahlungen zwischen der C-Ltd. und der A-GmbH gegeben. Schriftliche Verträge oder Liefervereinbarungen zwischen der B und der C-Ltd. lägen nicht vor. Es existiere noch eine Rechnung der B an die C-Ltd. Die C-Ltd. habe die Anschaffung als innergemeinschaftlichen Erwerb gebucht, aber möglicherweise nicht als solchen erklärt. Allerdings könnten die Steuererklärungen später geändert worden sein. Dies könne in den Datenbanken nicht mehr überprüft werden, da die Transaktion im Jahr 1998 stattgefunden habe.

15

Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt. Sein Urteil ist in Mehrwertsteuerrecht (MwStR) 2014, 619 veröffentlicht.

16

Mit seiner Revision führt das FA im Wesentlichen aus, es halte das Urteil des FG Münster vom 16. Januar 2014  5 K 3930/10 U (EFG 2014, 682), das dem zurückverweisenden Urteil des Senats in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 in der zentralen Aussage widersprochen habe, für zutreffend.

17

Ergänzend merkt das FA an, nach § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG obliege es dem mittleren Unternehmer nachzuweisen, dass er den Gegenstand als Lieferer versende oder befördere. Das FG gehe davon aus, dass im Verwaltungsverfahren das FA zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet sei. Dies verkehre § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG in sein Gegenteil und widerspreche in gewisser Weise § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG.

18

Obwohl der hier zu beurteilende Umsatz mithin (an sich) steuerpflichtig sei, müsse der Rechtsstreit trotzdem an das FG zurückverwiesen werden, weil das FG --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob das FA nach Treu und Glauben gehindert sei, den Steueranspruch gegen die Klägerin geltend zu machen.

19

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

20

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Entscheidung des FG ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

23

1. a) Eine --gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG umsatzsteuerfreie-- innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchst. a), und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).

24

b) Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein.

25

aa) Dazu ist auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in § 17a Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der im Streitjahr geltenden Fassung geregelt worden, dass der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

26

bb) Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers" buchmäßig nachweisen muss (sog. Buchnachweis). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV).

27

c) Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG).

28

Danach "befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen: a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

29

2. Der Senat hat zu der streitbefangenen Lieferung in Rz 36 ff. des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, Folgendes entschieden:

30

a) Die Beteiligten haben ein sog. Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) vorgenommen. Die A-GmbH kann nur dann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt haben, wenn die innergemeinschaftliche Versendung der Maschinen von Deutschland nach Finnland der ersten Lieferung zwischen der A-GmbH und B zugeordnet werden kann; denn die Beförderung oder Versendung des Gegenstands sei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen.

31

Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG; nun Art. 32 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG gilt in den Fällen des § 3 Abs. 6 Satz 5 Folgendes:
"1. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes beginnt.
2. Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet."

32

b) § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthält eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird. Die Vermutung kann indes gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG widerlegt werden. Zwar ist in der Richtlinie 77/388/EWG keine entsprechende oder eine sonstige Regelung vorgesehen. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG ist trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen nach wie vor anwendbar, muss aber unionsrechtskonform ausgelegt werden. Der Auffassung, die in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG enthaltene Vermutung sei unionsrechtswidrig, ist der Senat nicht gefolgt.

33

c) Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer --wie der EuGH (Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) im Streitfall entschieden hat-- umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.

34

3. An den genannten Grundsätzen hält der Senat trotz der in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Kritik, der sich sowohl das FA als auch das FG in dem angefochtenen Urteil angeschlossen haben, fest.

35

a) Das FG Münster hat in seinem Urteil in EFG 2014, 682 die Rechtsansicht vertreten, es komme in Fällen der vorliegenden Art allein auf die "Verpflichtung und Absichtsbekundung" des Zwischenerwerbers an, den Liefergegenstand zu befördern oder zu versenden (Rz 32, 35 ff. des Urteils). Die Vorinstanz folgt dem im Grundsatz, hat seiner Entscheidung aber gleichwohl (zutreffend) gemäß § 126 Abs. 5 FGO die --davon abweichende-- rechtliche Beurteilung des BFH in seinem zurückverweisenden Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zugrunde gelegt (vgl. MwStR 2014, 619, juris-Rz 36). Auch das FA hält die Auffassung des FG Münster für zutreffend.

36

aa) Das FG Münster hält die Rechtsprechung des Senats für "problematisch" (EFG 2014, 682, Rz 35). Bei grenzüberschreitenden Lieferumsätzen könne der erste Lieferer insbesondere bei Abholfällen regelmäßig nicht beurteilen, ob und wann dem Letztempfänger die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, übertragen werde. Mit der Übergabe der Ware habe der erste Lieferer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Zwischenerwerber habe regelmäßig weder eine Pflicht noch ein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, was er "zu welchen Zeitpunkten mit der Ware macht". Die Steuerpflicht könne nicht von Umständen abhängen, die weder in der Willens- noch der Wissenssphäre des Liefernden liegen (EFG 2014, 682, Rz 36).

37

bb) Das FG Münster, die Vorinstanz und das FA verkennen im Rahmen ihrer Analyse, dass es bei der Prüfung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung --aus unionsrechtlicher Sicht-- auf die objektiven Umstände ankommt (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 39 f.; vom 7. Dezember 2010 C-285/09, R, Slg. 2010, I-12605, BStBl II 2011, 846, Rz 39; vom 16. Dezember 2010 C-430/09, Euro Tyre Holding, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 28; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 30, jeweils m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH).

38

Dabei kommt es gerade nicht nur --wie das FG Münster und die Vorinstanz meinen-- auf die "Verpflichtungen und Absichtsbekundungen" des Lieferers und des Erwerbers an (vgl. EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 37; Sterzinger, UR 2013, 45, 48).

39

So kann z.B. im Abholfall der Lieferer ebenfalls nicht beurteilen, ob und wann der Gegenstand der Lieferung den Mitgliedstaat physisch verlassen wird. Mit der Übergabe der Ware hat der Unternehmer seine Pflichten an sich erfüllt. Der Zwischenerwerber hat kein Interesse daran, den ersten Lieferer darüber zu informieren, dass der Gegenstand im Inland verbleiben wird. Gleichwohl ist für die Steuerbefreiung des § 6a Abs. 1 UStG, Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG erforderlich, dass der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 33 ff., 42; vom 27. September 2007 C-184/05, Twoh, Slg. 2007, I-7897, BStBl II 2009, 83, Rz 23).

40

cc) Eine andere, hiervon zu trennende Frage ist es, ob dem Steuerpflichtigen --trotz Nichtvorliegens der objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung-- aufgrund der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit (im Wege des Vertrauensschutzes) die Steuerbefreiung zu gewähren ist (vgl. EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 43 ff.).

41

(1) Diese Frage ist nach nationalem Recht nicht im Rahmen des § 6a Abs. 1 UStG, sondern des § 6a Abs. 4 UStG zu prüfen.

42

(2) Diese Unterscheidung muss auch unionsrechtlich vorgenommen werden, weil die Rechtsfolgen verschieden sind.

43

Während bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung als logische Folge ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt (EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 24, 26 f., 36 f., 41 f.; vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 23; vom 18. November 2010 C-84/09, X, Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 28; vom 6. September 2012 C-273/11, Mecsek-Gabona, HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 29) und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Umsatz des Lieferers steuerfrei zu belassen ist, ist in dem Fall, dass dem Lieferer trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG Vertrauensschutz zu gewähren ist, der Erwerber (hier: B) im Liefermitgliedstaat zur Umsatzsteuer heranzuziehen (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 67; in Deutschland umgesetzt durch § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG; insoweit zutreffend aus österreichischer Sicht Schwab, Österreichische Steuerzeitung 2014, 32, 35).

44

Daran zeigt sich auch, dass es für die Steuerpflichtigen nicht lediglich um formale Zuordnungen, sondern um "finale Besteuerungswirkungen" geht (a.A. Prätzler, juris PraxisReport Steuerrecht 34/2014, Nr. 6, unter D.), weil jeder Umsatz für sich zu betrachten ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Januar 2006 C-484/03 u.a., Optigen, Slg. 2006, I-483, BFH/NV Beilage 2006, 144, Rz 47). Auch bei Reihengeschäften ist eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zu gewährleisten (vgl. EuGH-Urteil vom 6. April 2006 C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, Rz 26 ff., 40 ff.).

45

b) Entgegen der Auffassung des FG Münster ist das EuGH-Urteil VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 nicht abweichend von dem Senatsurteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 zu verstehen.

46

aa) Das FG Münster hat dazu (in EFG 2014, 682, Rz 35 ff.) ausgeführt, der EuGH wolle in Rz 32 und 34 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 die Fallgestaltungen darstellen, in denen die bewegte Lieferung keinesfalls mehr (Rz 32) bzw. zweifellos (Rz 34) der ersten Lieferung zugeordnet werden müsse. Aus Rz 32 könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Zuordnung der bewegten Lieferung auf den zweiten Liefervorgang nur dann erfolgen könne, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht an den Liefergegenständen bereits vor dem Warentransport noch im Herkunftsland auf den Letzterwerber übergegangen sei. Rz 35 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 sei zu entnehmen, "dass eine Zurechnung der bewegten Lieferung zum 2. Umsatzgeschäft auch dann erfolgen kann, wenn der 1. Erwerber dem 1. Lieferer mitteilt, dass er die Ware an einen dritten Unternehmer in einem anderen Land, als dem des 1. Umsatzgeschäfts, weiterverkauft hat". In Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR stelle der EuGH zwar auf weitere Umstände ab, die eine Zuordnung der bewegten Lieferung möglich machen sollen und nenne in diesem Zusammenhang die Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft auf den Letzterwerber vor der Beförderung. Diese Formulierung könne aber auch so verstanden werden, dass eine bloße "Erklärung" des Ersterwerbers über den Weiterverkauf der Liefergegenstände an einen dritten Unternehmer nicht ausreichend sein solle. Es müsse vielmehr eine "umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalles" erfolgen.

47

bb) Dieser Auslegung des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 durch das FG Münster liegt zunächst das unter II.3.a bb geschilderte Fehlverständnis zugrunde. Insbesondere sind in dem vom FG in Rz 38 (in EFG 2014, 682) geschilderten Fall, wenn im Ursprungsmitgliedstaat dem zweiten Erwerber noch keine Verfügungsmacht verschafft worden ist, die objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG trotz Mitteilung des Weiterverkaufs gegeben und der Umsatz des ersten Lieferers ist --bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG-- im Ursprungsmitgliedstaat steuerfrei zu belassen (vgl. EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, BStBl II 2009, 78, Rz 30). Damit geht im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Erwerbers (und nicht des zweiten Erwerbers) einher (vgl. allgemein z.B. EuGH-Urteil X in Slg. 2010, I-11645, UR 2011, 103, Rz 27). Das Recht, einen in seinem Hoheitsgebiet erfolgten innergemeinschaftlichen Erwerb des ersten Erwerbers und die anschließende Lieferung an den zweiten Erwerber beim ersten Erwerber zu besteuern, kann dem Bestimmungsmitgliedstaat nicht durch eine (bloße) Absichtsbekundung des ersten Erwerbers entzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 XI R 5/13, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de, Rz 35 f., m.w.N.).

48

cc) Der vom FG Münster in Rz 37 ff. seines Urteils in EFG 2014, 682 vertretenen Auslegung des EuGH-Urteils VSTR stehen vor allem klar Rz 36 und Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 entgegen, in denen der EuGH ausgeführt hat:

49

"36. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.

50

37. Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war."

51

Diese Ausführungen des EuGH können nur so verstanden werden, dass eine (bloße) Erklärung des Ersterwerbers B vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland gegenüber A, dass die Gegenstände bereits an das finnische Unternehmen C weiterverkauft worden seien, gerade nicht für eine Zurechnung der Beförderung der Gegenstände zur ersten Lieferung ausreicht.

52

Zudem hat der EuGH in Rz 37 des Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 den nationalen Gerichten aufgegeben, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob "dies", das heißt "die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden" hat.

53

Dies bestätigen auch die Rz 33 und 34 desselben EuGH-Urteils: Der EuGH stellt dort die beiden möglichen Alternativen für die Lösung des Streitfalls dar und grenzt danach ab, in welchem Staat dem Zweiterwerber (C) Verfügungsmacht verschafft wird. Erlangt der Zweiterwerber (C) sie bereits im Inland, kann nur die zweite Lieferung die grenzüberschreitende sein. Umgekehrt kann nur die erste Lieferung die grenzüberschreitende sein, wenn der Zweiterwerber (C) keine Verfügungsmacht im Inland erlangt (ebenso z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 154).

54

dd) Aufgrund dieser Erwägungen greift auch der Einwand von Teilen der Literatur, der Senat habe Rz 37 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832 "missverstanden" (Nieskens, Der Betrieb --DB-- 2013, 1872, 1874) nicht durch (das Verständnis des Senats teilend z.B. Prätzler, DB 2012, 2654, 2658 f.; Bürger, UR 2012, 941, 944; von Streit, Der Umsatz-Steuer-Berater --UStB-- 2013, 47, 50, 54; Meurer, Steuerberater Woche 2013, 76, 82; Sterzinger, UR 2013, 45, 48; Matheis/Kandlhofer, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2013, 380, 384; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152; Looks, MwStR 2015, 52, 54).

55

c) Soweit in der Literatur der Einwand erhoben wird, der Senat unterliege einem "Zirkelschluss", weil aus der Beförderung oder Versendung die Verschaffung der Verfügungsmacht abzuleiten sei und nicht umgekehrt bei Verschaffung der Verfügungsmacht die Rechtsfolgen des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ausgelöst werden (Hiller, MwStR 2013, 652, 654 f.; Nieskens, DB 2013, 1872; Nieskens, UR 2013, 823, 824 ff.; Nieskens/ Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513, 516; Sterzinger, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2013, 4028, 4033), übersieht diese Auffassung, dass es sich bei der Verschaffung der Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) und der Beförderung bzw. Versendung in den anderen Mitgliedstaat (§ 3 Abs. 6 UStG, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL) um zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen handelt (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen neben Rz 29 des EuGH-Urteils Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, und Rz 30 des EuGH-Urteils VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832; aus neuerer Zeit EuGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 C-492/13, Traum, HFR 2014, 1131, UR 2014, 943, Rz 24 und 25).

56

aa) Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur leitet zwar aus § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, Art. 8 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL ab, diese regelten neben dem Ort auch den   Zeitpunkt  der Lieferung (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 24/05, BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.b, m.w.N. zur herrschenden Meinung in der Literatur; Abschn. 13.1. Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; a.A. z.B. Frye, UR 2013, 889, 892 ff.; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 11, 115; wohl auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155). Liegen beide Tatbestandsmerkmale vor, fällt nach dieser Auffassung die Verschaffung der Verfügungsmacht (als erstes Tatbestandsmerkmal) mit dem Beginn der Beförderung oder Versendung (als zweites Tatbestandsmerkmal) zeitlich zusammen.

57

bb) Trotzdem handelt es sich um verschiedene Tatbestandsmerkmale, die getrennt zu prüfen sind; sonst bedürfte es auch einer Fiktion nicht.

58

Weder allein der Besitz befähigt den Besitzer (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 2005 C-435/03, British American Tobacco International Ltd., Slg. 2005, I-7077, BFH/NV Beilage 2005, 332, Rz 36) noch allein die Beförderung eines Gegenstands den Beförderer (vgl. EuGH-Urteil vom 3. Juni 2010 C-237/09, De Fruytier, Slg. 2010, I-4985, HFR 2010, 892, Rz 25) dazu, über Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen.

59

Entsprechend ist auch nach Auffassung des V. Senats des BFH bei Beförderung oder Versendung von Gegenständen die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht und ihr tatsächlicher Zeitpunkt zu prüfen, wenn es um die Entscheidung geht, ob die Warenbewegung der Lieferung zugeordnet werden kann oder nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.e, zum Kauf auf Probe: Verschaffung der Verfügungsmacht nach Beförderung als Lieferung i.S. des § 3 Abs. 7 UStG; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 153 f.; ebenso möglicherweise früher noch Nieskens, UR 2012, 17, 21).

60

d) Die Auffassung, der Senat hätte § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG für unionsrechtswidrig erklären sollen (so z.B. Weymüller, MwStR 2014, 623, 624; ebenso im Ergebnis bereits von Streit, UStB 2013, 47, 49; zweifelnd Kettisch, UR 2014, 593, 605 f.), beachtet nicht hinreichend, dass das in § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG zum Ausdruck kommende Regel-Ausnahme-Verhältnis dem Unionsrecht entspricht.

61

Auch der EuGH geht --wie übrigens auch Art. 28c Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 141 MwStSystRL) und § 25b Abs. 1 und 3 UStG-- davon aus, dass die Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung der Regelfall ist (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 32; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 32) und die Zuordnung zur zweiten Lieferung die Ausnahme (EuGH-Urteile Euro Tyre Holding in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rz 33; VSTR in HFR 2012, 1212, UR 2012, 832, Rz 33).

62

Deshalb hält der Senat daran fest, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG unionsrechtskonform ausgelegt werden kann und der in Halbsatz 2 mögliche Gegenbeweis nur unter den im BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 47 ff. genannten Umständen geführt ist.

63

4. Die Kritik, aufgrund dieser Rechtsprechung (des EuGH und/oder des BFH) könnten weder die leistenden Unternehmer noch die Finanzverwaltungen rechtssicher beurteilen, welcher Lieferung eine Warenbewegung zuzuordnen ist (Büchter-Hole, EFG 2014, 684; Herzing, Steuerrecht kurzgefasst 2013, 433; Höink/Forster, DB 2014, 1896; Meurer, MwStR 2013, 555; Nieskens/Heinrichshofen/Matheis, UR 2014, 513; dies., Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 1368; dies., UVR 2014, 249; Slapio in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 64 Rz 137; Sterzinger, NWB 2013, 4028, 4032 f.; Wäger, UR 2014, 81, 101; Winter, DStR 2013, 1979, 1980 f.; s. auch zu Unklarheiten im Vereinigten Königreich Lang-Horgan, MwStR 2013, 394, 395 f.; zur unterschiedlichen Beurteilung von Reihengeschäften durch die Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten s. auch Bericht Nr. 29 der "VAT Expert Group" der EU vom 13. Januar 2014, taxud.c.1(2014)83538, abrufbar auf der Internetseite der EU, Tz. 6.2 und Anlage 3, sowie Körner, MwStR 2014, 763), führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

64

a) Zum einen ist eine ggf. vorliegende Unsicherheit bei Beurteilung der Umstände des Einzelfalls im Wesentlichen Folge der Entscheidung des Richtliniengebers, trotz des Wegfalls der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Union im innergemeinschaftlichen Warenverkehr am Bestimmungslandprinzip festzuhalten (vgl. dazu EuGH-Urteile Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 21 f.; Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 34 f.).

65

b) Zum anderen besteht bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme einer Lieferung keine Rechtsunsicherheit.

66

Zu dem Begriff der Lieferung liegt eine ständige Rechtsprechung des EuGH vor (neben den genannten Urteilen z.B. auch vgl. EuGH-Urteile vom 6. Februar 2003 C-185/01, Auto Lease Holland BV, Slg. 2003, I-1317, BFH/NV Beilage 2003, 108, BStBl II 2004, 573, Rz 31 ff.; vom 21. April 2005 C-25/03, HE, Slg. 2005, I-3123, BStBl II 2007, 24, Rz 64; vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, UR 2007, 420, Rz 32). Der BFH umschreibt diesen Vorgang seit jeher und ebenfalls in ständiger Rechtsprechung als Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1969 V 176/64, BFHE 95, 410, BStBl II 1969, 451; vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311; vom 29. September 1987 X R 13/81, BFHE 151, 469, BStBl II 1988, 153; vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909), ohne damit inhaltlich von der Rechtsprechung des EuGH abzuweichen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585, unter II.6.; vom 8. September 2011 V R 43/10, BFHE 235, 501, BStBl II 2014, 203, unter II.1.). Eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann danach z.B. sowohl in der Eigentumsübertragung auf den Erwerber (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524, Rz 72, m.w.N.; Kettisch, UR 2014, 593, 600) als auch in der freiwilligen Übergabe durch den Eigentümer an den Erwerber (vgl. EuGH-Urteil vom 21. November 2013 C-494/12, Dixons, HFR 2014, 84, MwStR 2013, 774, Rz 23 f., 27 f.) zu sehen sein.

67

c) Ebenso liegt zu den im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigenden Umständen eine ständige Rechtsprechung vor.

68

Die Frage, ob, wann und wo eine Lieferung erfolgt, d.h. die Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, übertragen worden ist, ist von den nationalen Gerichten anhand des gegebenen Sachverhalts zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Februar 1990 C-320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285, Rz 7 f., 13; vom 15. Dezember 2005 C-63/04, Centralan Property, Slg. 2005, I-11087, BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 60 ff., 63; vom 16. Februar 2012 C-118/11, Eon Aset Menidjmunt, HFR 2012, 454, UR 2012, 230, Rz 38 ff., 41; vom 18. Juli 2013 C-78/12, Evita-K, HFR 2013, 857, UR 2014, 475, Rz 33 bis 35). Maßgeblich sind die Gesamtumstände des Einzelfalls, d.h. die konkreten vertraglichen Vereinbarungen (vgl. dazu z.B. Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 155, unter 3.2.1) und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; s. auch BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

69

d) Zudem stellen sowohl das nationale Recht als auch die Rechtsprechung des EuGH dem Lieferer Vertrauensschutzregelungen zur Verfügung (vgl. die Ausführungen unter II.3.a cc; s. auch Ismer/Pull, MwStR 2014, 152, 157).

70

In diesem Rahmen kann sich der leistende Unternehmer zur Minimierung von Risiken z.B. vom Erwerber versichern lassen, dass der Erwerber die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen (Verfügungsmacht), nicht auf einen Dritten übertragen wird, bevor der Gegenstand der Lieferung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat. Dies zu tun (oder nicht), liegt derzeit in seiner unternehmerischen Entscheidung.

71

e) Im Übrigen ist es ggf. Aufgabe des Gesetz- oder Verordnungsgebers --über die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG und den Belegnachweis des § 17a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 4 UStDV a.F., § 17a Abs. 1 und 2 UStDV i.d.F. ab 1. Oktober 2013 hinaus-- durch Änderung des UStG oder der UStDV in den Grenzen des Unionsrechts z.B. andere widerlegbare Vermutungen aufzustellen oder in anderer Form die Bedürfnisse der Praxis zu berücksichtigen (vgl. Art. 28c Teil A Einleitungssatz der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 131 MwStSystRL, § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

72

Sieht das nationale Recht eines EU-Mitgliedstaats jedoch nur vor, dass die Lieferung nachzuweisen ist, bzw. hängt das Niveau der verlangten Nachweise von den konkreten Umständen des betreffenden Umsatzes ab, sind die Nachweispflichten lediglich nach den im nationalen Recht dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen und nach der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona in HFR 2012, 1121, UR 2012, 796, Rz 37 f.). Es ist dem BFH weder möglich, Wahlrechte für Unternehmer zu schaffen, die das Unionsrecht nicht vorsieht, noch allgemeine Nachweispflichten für leistende Unternehmer vorzusehen, die das nationale Recht nicht enthält.

73

5. Die Entscheidung des FG, die Warenbewegung sei im Streitfall der Lieferung der Klägerin (zivilrechtlich: der A-GmbH) an B zuzuordnen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

74

a) Das FG konnte nicht feststellen, ob die B der C-Ltd. (bereits) im Inland die Befähigung übertragen hat, wie ein Eigentümer über die Maschinen zu verfügen.

75

Es hat zur Begründung ausgeführt, Lieferbedingungen oder der Kaufvertrag könnten nicht vorgelegt werden. Ob ein solcher "als Urkunde" existiere, habe ebenfalls nicht geklärt werden können. Die A-GmbH komme als Lieferer an die B in Betracht. Für eine Lieferung der B an die C-Ltd. als der bewegten Lieferung spreche zwar der Umstand, dass die B die Transportverantwortlichkeit und einen Teil der Kosten zu tragen gehabt habe, dass die C-Ltd. den Kaufpreis vor Beginn der Lieferung am 14. Dezember 1998 gezahlt und dass B der A-GmbH den Verkauf vor diesem Zeitpunkt mitgeteilt habe. In der Gesamtschau der Umstände sei dennoch nicht der Nachweis geführt, dass B die Maschinen als Lieferer befördert habe und die C-Ltd. die Sachherrschaft bereits vor Beginn der Lieferung habe. Das FG lege § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG so aus, dass die gesetzliche Vermutung erst dann erschüttert sei, wenn der Nachweis als Lieferer durch den mittleren Unternehmer auch tatsächlich geführt sei. Bloße Zweifel genügten insoweit nicht. Zur Zuordnung der bewegten Lieferung reiche allein die Mitteilung des Ersterwerbers an den Erstlieferer über einen Weiterverkauf nicht aus.

76

b) Diese --von den Rechtsgrundsätzen des zurückverweisenden BFH-Urteils in BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524 ausgehende-- Würdigung des FG ist auf Basis seiner tatsächlichen Feststellungen, die kein Beteiligter mit Verfahrensrügen angegriffen hat, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat (vgl. BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 27; vom 13. November 2013 XI R 24/11, BFHE 243, 471, BFH/NV 2014, 471); denn wenn sich schon das der Lieferung von B an die C-Ltd. zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht ermitteln lässt, kann auch nicht beurteilt werden, welche Regelungen zur Verschaffung der Verfügungsmacht darin enthalten waren.

77

c) Ferner ist das FG zutreffend davon ausgegangen, für den Fall, dass --nach (der von Amts wegen durchzuführenden) Sachverhaltsaufklärung durch das FG, bei der Dritte, insbesondere der Ersterwerber, zur Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden können (z.B. §§ 93, 97 der Abgabenordnung, § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4, §§ 81, 85 FGO)-- Zweifel daran verbleiben, ob der Ersterwerber den Gegenstand "als Lieferer befördert oder versendet hat" oder nicht, sei nach § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG die Warenbewegung der ersten Lieferung zuzuordnen (ebenso Szabo/Tausch/Kraeusel, UVR 2013, 280, 282; a.A. Nieskens, UR 2013, 823, 826).

78

Die regelmäßige Zuordnung der Warenbewegung zur ersten Lieferung, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die einer Zuordnung der innergemeinschaftlichen Warenbewegung zur Lieferung des Erstverkäufers entgegen stehen, entspricht im Übrigen auch der Ansicht des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Nachfolgeerkenntnis "EMAG Handel Eder" (Erkenntnis vom 25. Juni 2007  2006/14/0107, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at, a.E.).

79

aa) Zwar weist das FA zu Recht darauf hin, dass auch das FA von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen dürfe. Deshalb ist auch das FA --insoweit möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- nicht generell verpflichtet, den Gegenbeweis des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 UStG zu führen, sondern darf ebenfalls (bis Anhaltspunkte vorliegen, dass der tatsächliche Geschehensablauf hiervon abweicht) von der Vermutung des § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG ausgehen. Dies hat das FA sowohl in der Einspruchsentscheidung als auch im Verfahren des ersten Rechtszugs noch getan.

80

bb) Wenn das FA jedoch nun im zweiten Rechtszug die Vermutungsregelung nicht mehr angewendet wissen will und geltend macht, die Lieferung der Klägerin sei steuerpflichtig, weil die Warenbewegung der zweiten Lieferung zuzurechnen sei, so ist es an ihm, den Nachweis dieses für ihn günstigen Umstands zu führen.

81

6. Ebenso hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitfall dahin gehend gewürdigt, dass der innergemeinschaftliche Erwerb der B in Finnland der Erwerbsbesteuerung unterliegt.

82

a) Das FG hat dazu festgestellt, dass die B nicht unter einer eigenen USt-IdNr. aufgetreten sei und auch keine gehabt habe. Damit habe die A-GmbH auch keine Aufzeichnungspflichten verletzen können. Die A-GmbH habe die USt-IdNr. der C-Ltd. der Finanzverwaltung mitgeteilt. Des Weiteren habe die A-GmbH redlicherweise alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Mitteilung der Identifikationsnummer der B ergriffen. Dafür spreche insbesondere, dass der Vorgang mit dem zuständigen Sachgebietsleiter des FA besprochen worden und vom Außenprüfer nicht beanstandet worden sei. Dem sei das FA nicht entgegengetreten.

83

b) Auch diese Würdigung des FG ist aufgrund der von ihm im Urteil festgestellten Tatsachen, insbesondere der dem FG vorliegenden Unterlagen zum Ablauf der Bestellung und Lieferung, die sämtlich keine portugiesische USt-IdNr. der B enthalten, sondern die ausdrückliche, schriftliche Mitteilung der USt-IdNr. eines Dritten, sowie aufgrund des Aktenvermerks des Prokuristen der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs mit dem FA, verbunden mit dem Beweisangebot, Prokuristen, Sachgebietsleiter und Außenprüfer als Zeugen zu vernehmen, möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).

84

aa) Zwar reicht --möglicherweise entgegen der Auffassung des FG-- allein der Umstand, dass das FA dem Vortrag der Klägerin nicht entgegen getreten ist, für sich genommen nicht aus, um auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten; denn das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete FG (§ 76 Abs. 1 FGO) muss auch Fragen nachgehen, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 X R 185/93, BFH/NV 1995, 1076).

85

bb) Jedoch hängen Umfang und Intensität der vom FG anzustellenden Ermittlungen auch vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten ab; denn das Gericht ist nicht verpflichtet, einen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, m.w.N.).

86

Hier durfte das FG berücksichtigen, dass das FA trotz der Hinweise des Senats im Rahmen der Zurückverweisung hinsichtlich beider Punkte im zweiten Rechtsgang einen abweichenden tatsächlichen Geschehensablauf noch nicht einmal behauptet, geschweige denn beantragt hat, zum Beweis eines abweichenden Geschehensablaufs Beweise zu erheben, z.B. Zeugen zu vernehmen.

87

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.