Finanzgericht Münster Urteil, 25. Sept. 2014 - 5 K 3700/10 U

ECLI:ECLI:DE:FGMS:2014:0925.5K3700.10U.00
25.09.2014

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 12.11.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.08.2010 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 2.943,88 EUR festgesetzt wird.

Der Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 16.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2010 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 3.840,95 EUR festgesetzt wird.

Der Umsatzsteuerbescheid für 2007 vom 02.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.08.2010 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 4.054,25 EUR festgesetzt wird.

Der Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 24.02.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.08.2010 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 5.067,58 EUR festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 90% und der Beklagte zu 10%.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.


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Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn 1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb err

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Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Umsätze aus der Pensionspferdehaltung eines gemeinnützigen Reitsportvereins von der Umsatzsteuer befreit sind oder ob sie (zumindest) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts X eingetragener gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd".

3

Der Kläger verfügt über umfangreiche Reitanlagen in Gestalt einer Halle, einem Dressurviereck, einem kleinen und einem großen Springplatz, einer Führanlage, einem Solarium und zahlreichen Koppeln. Außerdem betreibt er eine Pferdepension, in deren Rahmen er im Streitjahr 2006 folgende Leistungen erbrachte:

4

-       

Gestellung von Einstellplätzen für Pferde einschließlich Reinigung (Entmistung)

-       

Lieferung von Streu und stallüblicher Fütterung

-       

Pflege und Betreuung der Pferde

-       

regelmäßige Besuche von Tierärzten, Physiotherapeuten und Hufschmieden

-       

Anlagenbenutzung.

5

Diese Leistungen bot der Kläger im Streitjahr je nach Art der Box für ... € bis ... € pro Monat an; seine Umsätze hieraus beliefen sich auf ... € (netto).

6

In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr unterwarf der Kläger diese Umsätze dem Regelsteuersatz.

7

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 28. Mai 2008 und setzte gegen den Kläger Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € fest.

8

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und beantragte, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) von der Umsatzsteuer zu befreien, hilfsweise aber gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 65 der Abgabenordnung (AO) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.

9

Das FA änderte den Umsatzsteuerbescheid für 2006 daraufhin mehrfach - zuletzt mit Bescheid vom 19. August 2008. Der Einspruch des Klägers blieb der Sache nach ohne Erfolg.

10

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

11

Nach Auffassung des FG sind die streitbefangenen Umsätze des Klägers nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreit. Denn die von dem Kläger eigenständig angebotene Pensionspferdehaltung, die von der Nutzung der Reitsportanlage ohne weiteres zu trennen sei, gehöre nicht zum Kernbereich der Tätigkeit des Klägers und sei "nicht unerlässlich" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

12

Ferner sei im Streitfall auch der (weitere) Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt.

13

Denn die von dem Kläger angebotene --isoliert als solche zu betrachtende-- Pensionspferdehaltung stehe in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Pensionspferdebetrieben und sei im Wesentlichen dazu bestimmt, dem Kläger zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.

14

Auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO scheide aus. Denn der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine nicht nach § 65 AO begünstigte, von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art in Form eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb sei.

15

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 772 veröffentlicht.

16

Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt im Wesentlichen vor, das FG habe Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG und insbesondere den Begriff der "Unerlässlichkeit" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG unzutreffend ausgelegt.

17

Ausgehend von der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 16. Oktober 2008 C-253/07 --Canterbury Hockey Club--, Slg. 2008, I-7821, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 854, und Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. April 2008 V R 74/07, BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631; vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) sei die Steuerbefreiung zu bejahen, wenn die Dienstleistung mit der Ausübung der jeweiligen Sportart in engem Zusammenhang stehe und die Ausübung des Sports ermögliche. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Denn ebenso wie das Vorhalten der Reithalle und der Außenplätze (Dressur/Springen) zählten auch die Stallungen zu den unabdingbar erforderlichen Einrichtungen seiner Anlage, da andernfalls mangels eigener Einstellmöglichkeiten die Ausübung des Reitsports für die aktiven Reiter unmöglich wäre. Insbesondere der von der überwiegenden Mehrheit seiner Mitglieder ausgeübte Turnier- und Leistungssport setze das tägliche Training von Pferd und Reiter voraus. Ohne Stallungen könnten die Mitglieder und Einsteller die Anlage des eigenen Vereins mangels eigener Unterbringungsmöglichkeit für die Pferde und außerdem mangels zeitlicher und tatsächlicher Transportmöglichkeit der Pferde überhaupt nicht nutzen.

18

Auch die Ausführungen des FG zur vermeintlichen Wettbewerbssituation i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG seien unzutreffend. Denn der BFH habe bereits geklärt, dass für Tätigkeiten, die --wie im Streitfall-- den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beträfen, ein Ausschluss der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht komme (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631).

19

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Entscheidung der Vorinstanz gegen § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO verstoße. Denn das Vorhalten von Stallungen durch den Kläger diene der satzungsmäßig verankerten, gemeinnützigen Förderung des Reitsports. Das Einstellen der Pferde von Vereinsmitgliedern sei zur Erreichung der Zwecke des Klägers unerlässlich i.S. von § 65 Nr. 2 AO. Ferner bestehe keine Wettbewerbssituation zwischen dem Kläger und umliegenden gewerblichen Betrieben.

20

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 19. August 2008 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. August 2008 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung von der Umsatzsteuer befreit werden und die Umsatzsteuer für 2006 nach entsprechender Korrektur der Vorsteuerbeträge auf ... € festgesetzt wird,

hilfsweise, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen und die Umsatzsteuer für 2006 auf ... € festzusetzen.

21

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Nach seiner Auffassung steht die Dienstleistung der Pferdepensionshaltung nicht in engem Zusammenhang mit der Sportausübung. Ausüben des Reitsports sei das Reiten als solches. Darunter fielen nicht vor- oder nachbereitende Maßnahmen wie die Pflege, das Unterstellen und das Versorgen der Pferde. Auch in der Literatur werde die Auffassung vertreten, dass die Unterbringung der Pferde nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder diene.

23

Zudem müsse nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG die Leistung an Personen erbracht werden, die "Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil die Dienstleistungen im Rahmen der Pferdepension erst dann erbracht bzw. in Anspruch genommen würden, wenn das Reiten gerade nicht mehr ausgeübt werde.

24

Im Übrigen sei das Halten von Pensionspferden für die Ausübung des Reitsports zwar nützlich, aber nicht unerlässlich. Ergänzend werde insoweit auch auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 24. April 2008  16 K 334/07 (nicht veröffentlicht --n.v.--, juris) verwiesen.

25

Ferner sei im Hinblick auf den Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eine abstrakte Wettbewerbssituation ausreichend, deren Vorliegen auch der Kläger nicht in Abrede stelle.

26

Schließlich komme auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht, da die vom Kläger unterhaltene Pferdepension ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei. Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs lägen (sämtlich) nicht vor.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG für die vom Kläger im Rahmen der Pferdepension erbrachten Leistungen in Betracht kommt. Es ist aber bei der Beurteilung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG keine abschließende Entscheidung zulassen.

29

1. Die Leistungen des Klägers betreffend die Pensionspferdehaltung erfüllen im Streitfall nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 14 ff.; vom 18. August 2011 V R 64/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 784, Rz 22, jeweils m.w.N.). Davon ist das FG übereinstimmend mit den Beteiligten zu Recht ausgegangen. Die vom Kläger im Rahmen seiner Pferdepension erbrachten Leistungen können aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) von der Umsatzsteuer befreit sein.

30

a) Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen", von der Umsatzsteuer:

"m) bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;"

31

Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:

32

"Von der in Absatz 1 Buchstaben ... m) ... vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn

- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;

- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden."

33

Das UStG hat diese Bestimmung bislang nicht vollständig umgesetzt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.2.b, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 25).

34

b) Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. z.B. Urteile vom 10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 51, und vom 15. November 2012 C-174/11 --Zimmermann--, HFR 2013, 84, UR 2013, 35, Rz 32; BFH-Urteile vom 19. März 2013 XI R 47/07, BFHE 240, 439, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 312, und vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 745, BFH/NV 2013, 1521, Rz 17 f., 21).

35

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.).

36

Der BFH hat bereits entschieden, dass für einen gemeinnützigen Reitverein, der --wie der Kläger-- ohne Gewinnstreben handelt und eine Pensionspferdehaltung betreibt, die begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht kommen kann (BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 V R 39/02, BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.3.a).

37

c) Nach der Rechtsprechung des EuGH sind bei der Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG folgende Rechtsgrundsätze zu beachten:

38

aa) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 C-349/96 --CPP--, Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254, Rz 15; vom 8. März 2001 C-240/99 --Skandia--, Slg. 2001, I-1951, UR 2001, 157, Rz 23; vom 1. Dezember 2005 C-394/04 und C-395/04 --Ygeia--, Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und vom 21. Februar 2013 C-18/12 --Mesto Zamberk--, UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 17).

39

bb) Ferner ist davon auszugehen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. EuGH-Urteile vom 20. Juni 2002 C-287/00 --Kommission/Deutschland--, Slg. 2002, I-5811, UR 2002, 316, Rz 43; vom 26. Mai 2005 C-498/03 --Kingscrest Associates und Montecello--, Slg. 2005, I-4427, UR 2005, 453, Rz 29; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19). Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 10. Juni 2010 C-86/09 --Future Health Technologies--, Slg. 2010, I-5215, UR 2010, 540, Rz 30, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19, jeweils m.w.N.).

40

cc) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass er im Kontext von Personen, die Sport ausüben, auch Dienstleistungen erfasst, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen und für dessen Ausübung unerlässlich sind, die Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht werden und die tatsächlich Begünstigten dieser Leistungen Personen sind, die den Sport ausüben (vgl. EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 35). Dies entspricht dem Sinn dieser Vorschrift (bzw. der Nachfolgebestimmung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL), wonach bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten gefördert werden sollen, nämlich in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbracht werden, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben; auf diese Weise soll eine solche Betätigung durch breite Schichten der Bevölkerung ermöglicht werden (vgl. EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 23).

41

(1) Die Steuerbefreiung bestimmt sich insbesondere "nach der Natur der erbrachten Dienstleistung und nach dem Verhältnis der Dienstleistung zur Ausübung von Sport oder Körperertüchtigung" (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 23).

42

(2) Bei der Gesamtbeurteilung der Frage, ob es sich bei der erbrachten Dienstleistung um eine in engem Zusammenhang mit Sport stehende Leistung handelt, kann auch die Konzeption des Unternehmens zu berücksichtigen sein, die sich aus ihren objektiven Merkmalen ergibt, d.h. den verschiedenen Arten der angebotenen Einrichtungen, ihre Anordnung, ihrer Zahl und ihre Bedeutung im Verhältnis zum Unternehmen insgesamt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 33).

43

Ferner hat der EuGH bereits geklärt, dass insoweit die objektive Natur des betreffenden Umsatzes maßgeblich ist, d.h. dass es nicht auf die Absicht jedes einzelnen Nutzers des Unternehmens ankommt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 36).

44

(3) Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die Dienstleistungen mit dem Sport in engem Zusammenhang stehen und ferner "für seine Ausübung unerlässlich" sein (Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 32). Als Beispiele hierfür nennt der EuGH die Überlassung von Sportstätten oder die Zurverfügungstellung eines Schiedsrichters (Rz 28); als Beispiel für Leistungen, die die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, nennt er Beratungen im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191, Rz 26).

45

Dabei ist es stets Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob die in Rede stehende Dienstleistung in diesem Sinne "unerlässlich" ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 35; vom 9. Februar 2006 C-415/04 --Kinderopvang Enschede--, Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 28; vom 14. Juni 2007 C-434/05 --Horizon College--, Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39, 41, und --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, BFH/NV 2009, 108, Rz 35).

46

Zum genannten Merkmal der "Unerlässlichkeit" stellt der EuGH im Zusammenhang mit anderen unionsrechtlichen Steuerbefreiungstatbeständen insbesondere darauf ab, ob ohne die streitbefangene Dienstleistung keine Gleichwertigkeit der Hauptleistung auf demselben Niveau und mit der gleichen Qualität gewährleistet wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Kinderopvang Enschede-- in Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 27 f., 30, und --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39 f.).

47

Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Überlassung von Golfbällen und die Nutzungsüberlassung einer Golfanlage an Nichtmitglieder (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631) sowie die Erteilung von Golfunterricht (BFH-Urteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) für die Ausübung des Golfsports unerlässlich.

48

2. Das FG hat --wie der Kläger mit Recht rügt-- seiner Entscheidung nicht diese Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt, sondern ist von anderen (engeren) Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG ausgegangen, insbesondere hinsichtlich des Begriffs der Unerlässlichkeit i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

49

a) Es hat ausgeführt, unerlässlich sei eine Dienstleistung nur, wenn ohne sie die steuerbefreite Tätigkeit nicht möglich wäre; daran fehle es, wenn die Dienstleistung für die steuerbegünstigte Tätigkeit entbehrlich sei (Rz 42 seines Urteils).

50

Diese enge Definition (ebenso Urteil des FG Köln vom 22. Januar 2008  6 K 2707/03, EFG 2008, 1829, unter III.1.b bb) weicht von der dargelegten Rechtsprechung des EuGH ab. Sie findet auch in den vom FG hierzu zitierten Urteilen (BFH-Urteile vom 25. Januar 2006 V R 46/04, BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481; vom 27. April 2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16) keine (hinreichende) Stütze (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481, unter II.2.b, sowie BFH-Urteil in BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16, unter II.1.d).

51

Dementsprechend hat das FG zu Unrecht darauf abgestellt, ob "der satzungsmäßige Zweck eines Reitsportvereins ... allein durch Unterhaltung eines Pensionspferdebetriebs erreicht werden und nur auf diesem Weg seine einzig mögliche Erfüllung finden" kann. Es hat hierzu ausgeführt, die Erfüllung des Satzungszweckes bedinge (lediglich), "dass die Mitglieder in ihrer überwiegenden Mehrzahl über eigene Pferde verfügen, die sie reiten, aufstallen und pflegen". Die Erbringung von Pferdepensionsdienstleistungen gehe aber über den eigentlichen Vereinszweck als auf eigener vertraglicher Regelung beruhende, von den eigentlichen Mitgliedsbeiträgen "abgekoppelte" eigenständige Leistung eigener Art weit hinaus und sei als solche nicht unerlässlich für die Erfüllung des Vereinszwecks (Rz 43 seines Urteils).

52

b) Im Streitfall kann die vom Kläger erbrachte Pensionspferdehaltung, die --entgegen der Auffassung des FA-- offenkundig "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG steht, "unerlässlich" im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des EuGH sein.

53

aa) Denn der Kläger als Reitverein macht geltend, der angebotene Reitsport in Gestalt der Erteilung von Reitunterricht, der Nutzung der zahlreichen vereinseigenen Anlagen und dem Abhalten von Reitturnieren könne nicht in derselben Qualität und auf demselben Niveau stattfinden, wenn die Sportler nicht auf ihren eigenen Pensionspferden reiten könnten, sondern insoweit auf --die nach Aktenlage wohl nur in geringer Zahl vorhandenen-- vereinseigene Pferde bzw. selbst transportierte Tiere angewiesen wären. Der Vereinszweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" könne schon wegen der offenbar großen Anzahl und der für den Regelfall anzunehmenden besonderen Qualität der Pensionspferde im Verhältnis zu den vereinseigenen Pferden sowie dem entsprechenden Umsatzverhältnis nur mithilfe der Pensionspferdehaltung erfüllt werden. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben. Hierbei ist auch die Größe und Art der Reitsportanlagen des Klägers zu berücksichtigen.

54

bb) Dem stehen abweichend von der Auffassung des FG die Ausführungen des BFH nicht entgegen, wonach das Merkmal der "Unerlässlichkeit" nicht erfüllt ist, wenn z.B. ein Theaterbesucher die Abgabe von kleinen Speisen und Getränken im Rahmen einer Theaterveranstaltung erwartet und gerne in Anspruch nimmt (BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910, unter II.3.b (2)). Dieser vom BFH entschiedene Sachverhalt ist indes nicht vergleichbar mit dem Streitfall, soweit eine angemessene Unterbringung und Verpflegung privater Reitpferde im Rahmen der Pferdepension das Unternehmen eines im Umfang des Klägers betriebenen Reitvereins möglicherweise prägt.

55

cc) Auch aus der Rechtsprechung des I. Senats des BFH (Urteil vom 2. Oktober 1968 I R 40/68, BFHE 93, 522, BStBl II 1969, 43) ergeben sich keine zwingenden entgegenstehenden Schlussfolgerungen für die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung. Abgesehen davon hat der Kläger zutreffend hervorgehoben, dass diese Rechtsprechung durch das spätere Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG und die darin enthaltenen Regelungen zur Steuerbefreiung überholt ist.

56

dd) Das FG wird im zweiten Rechtsgang mithin tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob im Streitjahr 2006 Reitsport auf demselben Niveau und in vergleichbarer Qualität nicht ohne das vom Kläger angebotene "Gesamtpaket" gewährleistet wäre.

57

3. Das FG hat schließlich ausgehend von seinen bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Ausschlusstatbestandes in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt sind, wonach die Steuerbefreiung aus Wettbewerbsgründen ausgeschlossen sein kann.

58

a) Danach kommt die Gewährung der Steuerbefreiung nicht in Betracht, wenn die Dienstleistungen im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 33). In diesem Ausschluss liegt eine spezifische Ausprägung des Grundsatzes der Neutralität, dem es insbesondere zuwiderläuft, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (z.B. EuGH-Urteile --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 42 f.; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 32). Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist bereits dann verletzt, wenn zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. November 2011 C-259/10 und C-260/10 --The Rank Group--, Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 36). Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (EuGH-Urteil --The Rank Group-- in Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 44).

59

b) Nach der Rechtsprechung des BFH kommt für Tätigkeiten, die den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG betreffen, ein Ausschluss nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht. Ansonsten liefe die Befreiung in weiten Teilen leer (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.c aa, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456).

60

aa) Im Streitfall ist das FG zwar --auf der Grundlage der von ihm bisher getroffenen Feststellungen-- davon ausgegangen, dass die vom Kläger im Rahmen der Pensionspferdehaltung erbrachten Dienstleistungen nicht den Kernbereich der Steuerbefreiung betreffen.

61

bb) Die bisherigen Feststellungen des FG tragen indes nicht die Annahme, dass die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes erfüllt sind. Das FG hat nämlich nicht festgestellt, ob die Landwirte in der Nachbarschaft Leistungen anbieten, die denen des Klägers zumindest ähnlich sind und deshalb im Wettbewerb mit ihnen stehen.

62

Das FG wird im zweiten Rechtsgang tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob es im Streitjahr 2006 in räumlicher Nähe des Klägers Betriebe gab, die vergleichbare Leistungen anboten.

63

4. Die hiergegen erhobenen --weiteren-- Einwendungen des FA greifen nicht durch.

64

a) Soweit das FA unter Hinweis auf eine Literaturauffassung behauptet, die Unterbringung der Pferde diene nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder (vgl. Fischer, juris-PR-SteuerR 16/2004 Anm. 6 unter C.2. a.E. zu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672), ist diese Äußerung nicht zu der vom Kläger begehrten Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG, sondern zu § 65 AO ergangen.

65

b) Die vom FA in diesem Zusammenhang genannte Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 24. April 2008  16 K 334/07, n.v., juris) ist im Streitfall gleichfalls nicht einschlägig, weil die entsprechenden Ausführungen sich (ebenfalls) auf § 65 AO und nicht auf die Steuerbefreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beziehen.

66

5. Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen im Übrigen auch nicht seine Entscheidung, dass die vom Kläger hilfsweise begehrte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht kommt.

67

a) Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

68

b) Danach kommt es im Streitfall --falls die geltend gemachte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG nicht eingreift-- darauf an, ob der Kläger die in Rede stehenden Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt hat. Denn wenn das Gesetz --wie hier § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG-- eine Steuervergünstigung insoweit ausschließt, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, verliert die Körperschaft gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Umsätze, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.).

69

Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn

"1.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,

 2.     

die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und

 3.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist."

70

c) Das FG hat die Voraussetzungen des § 65 Nrn. 2 und 3 AO mit der Begründung verneint, der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen und von den Vereinsmitgliedern angenommenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art. Die satzungsmäßigen Zwecke könnten aber nicht nur durch diese (Zusatz-)Leistung erreicht werden, nachdem sowohl eine Nutzung der Reitanlage als auch die Ausübung des Reitsports ohne die Pensionspferdehaltung erfolgen könne, wie sich bereits aus der Nutzung der Anlage durch vereinsfremde Reiter im Rahmen der von dem Kläger durchgeführten Turniere ergebe. Die --als eigenständige Leistung zu beurteilende-- Dienstleistung stehe zudem in unmittelbarem Wettbewerb zu im unmittelbaren Einzugsbereich des Klägers befindlichen Pferdeeinstellern, die ihre Leistungen zu einem --bezogen auf die Pensionspferdehaltung-- vergleichbaren Leistungsangebot und zu vergleichbaren Preisen anböten.

71

d) Diese Ausführungen des FG und seine dazu bislang getroffenen Feststellungen reichen angesichts des --wie dargelegt-- unzweifelhaft bestehenden Zusammenhangs der Pensionspferdeleistungen mit dem im Streitjahr 2006 eingetragenen Satzungszweck "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie die Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" nicht aus, um die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.a) zu verneinen.

72

Entsprechendes gilt für § 65 Nr. 3 AO. Das FG hat die Pferdepensionsleistungen zu Unrecht als eigenständige, vom eigentlichen Vereinszweck des Klägers losgelöste Tätigkeit eigener Art beurteilt und hat (lediglich) auf dieser Grundlage einen Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.b) bejaht, ohne (auch insoweit) den vielfältigen Beweisangeboten des Klägers nachzugehen.


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Tenor

I. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vom 14. April 2010 und der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 7. Januar 2011, alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2011, werden geändert.

Die Umsatzsteuer wird nach Maßgabe der Entscheidungsgründe festgesetzt auf den Betrag, der sich ergibt, wenn die steuerpflichtigen Umsätze reduziert werden

für das Jahr 2005 um 102.482,87 €,

für das Jahr 2006 um 314.683,51 €,

für das Jahr 2007 um 331.568,26 €.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 4/10 und der Beklagte zu 6/10 tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die von der Klägerin im Rahmen eines Mensa-Betriebes erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 23 UStG, § 4 Nr. 18 UStG, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i) der 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i) der MwStSystRL steuerbefreit sind.

2

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Bau und Betrieb der Campusrestauration an der Fachhochschule Standort X als Mensa, sowie der Bau und die Bewirtschaftung von Studentenwohnheimen ist.

3

Gründungsgesellschafter waren das Land und kommunale Gebietskörperschaften (Gesellschaftsvertrag vom 05.02.1996, Bl. 72 ff. PA). Mit notariellem Vertrag vom 21.12.2005 (Bl. 118 – 143 PA) wurden 70% der Anteile an der Klägerin an private Anteilseigner veräußert; das Land behielt einen Anteil von 26%.

4

In der Mensa werden sowohl Studenten als auch Gäste mit Essen und Getränken versorgt. Die Studenten zahlten in den Streitjahren einen – nicht die Kosten deckenden – Beitrag von 2,25 € je Menü. Daneben erhielt die Klägerin Zuschüsse vom Land.

5

Zur Stärkung der Kooperation zwischen der FH Y Standort X und der Klägerin wurde am 28.11.2005 eine Kooperationsvereinbarung (Bl. 160 – 170 PA) getroffen. Nach Ziffer VII dieser Vereinbarung garantiert die Klägerin der FH eine Essensversorgung in Form eines Mittagessens in der vorhandenen Campusrestauration, vorbehaltlich der Sicherstellung der Finanzierung und der Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium.

6

Zur Sicherstellung der in der Kooperationsvereinbarung beschriebenen Leistungen wurde am 27.02.2006 mit Wirkung ab dem 01.01.2007 zwischen dem Land und der Klägerin ein Vertrag geschlossen (Bl. 171 – 175 PA), der u.a. folgende Vereinbarungen beinhaltet:

7

„Die Klägerin wird bei der Wahrnehmung der Aufgabe genauso behandelt wie die Studierendenwerke an den übrigen Hochschulstandorten. Die Klägerin verpflichtet sich, die Essensversorgung der Studierenden am Standort X sicherzustellen.“

8

Für die Essensversorgung stehen der Klägerin nach diesem Vertrag folgende Zahlungen zu:

9

Ziffer II.a)
50.000,00 € je Mensa und Jahr
10,00 € je eingeschriebener Student und Jahr
0,9881 € je tatsächlich ausgegebenes Essen
Ziffer II.b)

10

Das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur sichert der Klägerin den rechnerisch auf die Essensversorgung entfallenden Anteil des von den Studenten auf dem Standort X zu zahlenden Sozialbeitrags zu. Dieser Zuschuss macht 65% der Sozialbeiträge aus.

11

Die Essensausgabe an Studenten wurde bis Februar 2007 von der Fachhochschule Y bezuschusst. Die Klägerin hatte jeweils monatlich die Zahl der Essen für Studenten ermittelt und diese der FH in Rechnung gestellt. Hieraus ergaben sich folgende Zuschüsse zu den Essenmarken:

12

2005   

102.482,87 €

2006   

114.683,51 €

2007   

18.506,81 €

13

Daneben wurde in 2006 ein einmaliger Zuschuss des Landes von 200.000 € für den Betrieb der Campusrestauration gewährt.

14

In 2007 erhielt die Klägerin einen Landeszuschuss für die Mensa von 130.208 €, sowie einen Zuschuss des Studentenwerks Y von 182.853,45 €.

15

Die Klägerin behandelte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2005 alle Mensa-Umsätze an Gäste und Studenten einschließlich des Zuschusses der Fachhochschule Y zu den Essensbons als steuerpflichtig. Von den Erlösen entfielen 128.452,94 € netto (brutto 149.005,42 €) auf Umsätze mit Studenten, 37.251,36 € brutto auf Umsätze mit anderen Personen und 102.482,87 € (brutto) auf Zuschüsse zu den Essenmarken.

16

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2006 und 2007 behandelte die Klägerin nur die Umsätze an Gäste als steuerpflichtig, die Umsätze an Studenten und die Zuschüsse hingegen als steuerfrei.

17

Die Umsatzsteuererklärungen galten als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

18

Das beklagte Finanzamt führte bei der Klägerin im Jahr 2009 eine Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 durch. Das Ergebnis der Prüfung ist im Bericht vom 18.01.2010 dargestellt.

19

Der Prüfer unterwarf die von der Klägerin als steuerfrei behandelte Umsätze der Umsatzsteuer.

20

Er behandelte die Eigenanteile der Studenten und die Zuschüsse zu den Essensbons als mit dem Regelsatz zu versteuernde Entgelte für Restaurationsleistungen. Die Landeszuschüsse gehörten danach als Entgelt von dritter Seite gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zur Bemessungsgrundlage.

21

Zwischen der Klägerin und der FH Y liege, so der Prüfer, in Bezug auf die Sicherstellung der Essensversorgung ein Leistungsaustausch gegen Entgelt vor, der steuerbar und steuerpflichtig sei. Das Leistungsaustauschverhältnis gründe sich im Vertrag vom 27.02.2006. Die Übernahme eines Teils der Kosten durch das Land, bzw. das Studentenwerk Y für die konkrete Fördermaßnahme sei der Leistung der Klägerin an die FH Y als Entgelt von dritter Seite zuzurechnen.

22

Der Beklagte erließ am 14.04.2010 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 entsprechend den Prüfungsfeststellungen; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Für das Jahr 2005 erging am 14.04.2010 ein Bescheid, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde.

23

Mit ihren dagegen gerichteten Einsprüchen trug die Klägerin vor, sie könne sich für die Steuerfreiheit der Verpflegung der Studenten unmittelbar auf die EU-Richtlinie berufen. Es handele sich um mit dem Hochschulunterricht eng verbundene Umsätze.

24

Soweit der Prüfer sich auf die BFH-Urteile vom 18.12.2008 und vom 27.11.2008 stütze, berufe die Klägerin sich auf § 176 AO.

25

Am 07.01.2011 wurde der Umsatzsteuerbescheid für 2007 aus nicht streitbefangenen Gründen geändert.

26

Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2011 als unbegründet zurückgewiesen.

27

Zur Begründung führt der Beklagte aus, es lägen zum einen Leistungsbeziehungen vor durch die Restaurationsleistungen an die Studenten und zum anderen durch sonstige Leistungen an das Land.

28

Die Zuschüsse der FH Y, sowie der einmalige Zuschuss des Landes im Jahr 2006 seien als Entgelte Dritter für die Restaurationsleistungen an die Studenten gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

29

Die Leistung der Klägerin gegenüber dem Land bestehe in der Sicherstellung des Mensabetriebes auf dem Standort X. Grundlage dieser Leistung sei der Vertrag vom 27.02.2006. Die Leistung sei steuerbar. Die soziale Betreuung der Studenten einschließlich der Essensversorgung sei nach § 110 Abs. 3 Satz 1 Universitätsgesetz Aufgabe der Studentenwerke, die rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts seien. Für den Standort X bediene sich das Land eines privaten Dienstleisters, der diese Aufgaben des Studentenwerks übernehme. Das Entgelt ergebe sich aus dem Vertrag vom 27.02.2006; es bestehe in den Landeszuschüssen nach Ziffer II.a) und dem Zuschuss des Studentenwerks Y in Höhe von 65% der Sozialbeiträge der Studenten am Standort X.

30

Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 23 UStG erfülle die Klägerin nicht, denn nicht sie, sondern die FH Y verfolge die dort genannten Ausbildungszwecke.

31

Weder die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG noch nach Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g) MwStSystRL kämen für die Klägerin in Betracht, da sie weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, noch als gemeinnützig anerkannt sei. Die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i) MwStSystRL sei auf Verpflegungsumsätze nicht anwendbar. Soweit sich aus dem Urteil des BFH vom 28.09.2006 – V R 57/05 (BFHE 215, 351; BStBl II 2007, 846) Abweichendes ergebe, sie dies überholt durch das EuGH-Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College (SLG 2007 I-04793). Im Übrigen sei bei Verpflegungsumsätzen stets die Einschränkung der Steuerbefreiung gemäß Art. 134 MwStSystRL maßgeblich.

32

§ 176 AO sei nicht einschlägig, da der BFH mit Urteil vom 18.12.2008 – V R 38/06 (BFHE 225, 155; BStBl II 2009, 749) nicht seine bisherige Rechtsprechung geändert, sondern erstmalig die Rechtsfrage hinsichtlich eines Leistungsaustauschs entschieden habe.

33

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie sei ein staatlich anerkannter Bildungsträger.

34

Aufgabe der Klägerin sei u.a. die Versorgung der Studenten und Gäste mit Essen und Getränken. Die Klägerin sei gegründet worden, da das Studentenwerk Y in der Anfangszeit die Mensa nicht habe betreiben wollen in der Annahme, dass die Zahl der Studenten zu gering sei. Der von den Studenten geleistete Eigenbeitrag sei nicht kostendeckend. Vergleichbare Mahlzeiten würden bei anderen Anbietern weit mehr kosten (Beispiele Bl. 154 – 159 PA).

35

Aus dem Kooperationsvertrag vom 28.11.2005 mit der FH Y ergebe sich u.a., dass die Klägerin als anerkannter Bildungsträger Seminare für die Agentur für Arbeit und andere öffentliche Träger durchführe, wobei sich das Seminarangebot an dem Lehr- und Forschungsbereich der FH orientiere. Die Klägerin und die FH träten gemeinsam auf unter einem abgestimmten Corporate Design und gemeinsamer Werbung. Die Klägerin und die FH arbeiteten bei allen Fragen betreffend den Aufbau eines sozialen und kulturellen Campus-Lebens zusammen. Die Klägerin stelle Wohnheimplätze zur Verfügung, übernehme die Essensversorgung und biete eine psychotherapeutische Beratung an. Zur Sicherstellung dieser in der Kooperationsvereinbarung beschriebenen Leistungen sei der Vertrag vom 27.02.2006 mit dem Land geschlossen worden. Aus diesem Vertrag gehe die Gleichbehandlung der Kläger mit den Studentenwerken hervor.

36

Die Leistungen der Klägerin an die Studenten seien nach § 4 Nr. 18 UStG bzw. § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei. Soweit sich aus dem EuGH-Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College etwas anderes ergebe, greife die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO.

37

Nach der Rechtsprechung des BFH könnten Studentenwerke, die Mitglieder eines amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbandes seien, für ihre Mensa- und Cafeteria-Umsätze an Studenten die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 18 UStG in Anspruch nehmen. Gleiches müsse auch für die Klägerin gelten, wobei es genüge, wenn die erbrachten Leistungen die erforderliche Nähe zum sozialen Bereich aufwiesen, um als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen zu gelten.

38

Die Klägerin sei mittelbar über das Studentenwerk Y Mitglied in dem Paritätischen Landesverband e.V., eines anerkannten Wohlfahrtsverbandes. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin die Aufgabe des Studentenwerks Y mit Unterstützung des Landes und unter Ausarbeitung eines gemeinsamen Konzeptes übernommen habe. Faktisch sei die Klägerin dem Satzungszweck des Studentenwerks unterworfen. Auch aus dem Vertrag über die Teil-Privatisierung ergebe sich die mittelbare Mitgliedschaft. Dort sei festgehalten, dass die Klägerin mit den Studentenwerken gleichgestellt werden solle.

39

Die Steuerfreiheit ergebe sich auch aus der unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g) MwStSystRL. Die Anerkennung einer Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter sei auch möglich, wenn der Betroffene nicht einem Wohlfahrtsverband angeschlossen sei (BFH Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08, BFHE 232, 232). Im Streitfall ergebe sich die Anerkennung aus der Übernahme eines Teils der Kosten durch das Studentenwerk Y; dass der Zuschuss die Kosten nicht vollständig abdecke, sei unschädlich.

40

Die Klägerin diene ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken. Die Umsätze an Studenten machten in allen Streitjahren mehr als 75% des Gesamtumsatzes aus. Die Entgelte für die Essen für Studenten blieben hinter den Entgelten für vergleichbare Leistungen anderer Unternehmer zurück.

41

Die Steuerbefreiung dürfe nach dem Urteil des EuGH vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann (UR 2013, 35) nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Klägerin Mitglied eines anerkannten Wohlfahrtsverbandes sei.

42

Die Steuerbefreiung werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem Mensabetrieb um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handele.

43

Daneben seien auch die Voraussetzungen der Befreiung gemäß § 4 Nr. 23 UStG erfüllt. Die Klägerin gewähre die Beköstigung an Jugendliche. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Aufnahme der Jugendlichen zu Ausbildungszwecken seien die Klägerin und die FH Y als Einheit anzusehen. Der Streitfall unterscheide sich von dem vom BFH mit Urteil vom 12.02.2009 – V R 47/07 (BFHE 225, 178; BStBl II 2009, 677) entschiedenen Fall der Verpflegung der Schüler einer Ganztagsschule durch einen Förderverein insoweit, als die Klägerin mit der FH Y unter der Bezeichnung Standort X mit gemeinsamem Logo auftrete. Die Umsätze seien stets demjenigen als Unternehmer zuzuordnen, der nach außen auftrete. Unschädlich sei, dass die Klägerin selbst keine Anstalt des öffentlichen Rechts sei; das Zusammenwirken mit der FH Y sei ausreichend.

44

§ 4 Nr. 23 UStG betreffe auch Verpflegungsleistungen an Studenten (BFH Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05, BFHE 215, 351; BStBl II 2007, 846).

45

Soweit sich aus dem Urteil des EuGH vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College etwas anderes ergebe, könne die Klägerin sich auf den Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO berufen. § 176 AO gelte analog auch für EuGH-Entscheidungen.

46

Die Klägerin könne sich unmittelbar auf EU-Recht berufen (Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EG-Richtlinie, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL, bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG-Richtlinie, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL). Letztere Bestimmung sei vor dem Hintergrund ihres Zwecks, den Zugang zum Hochschulunterricht nicht durch die durch die Unterwerfung unter die Mehrwertsteuer höheren Kosten zu versperren, nicht eng auszulegen (EuGH Urteil vom 20.06.2002 Rs. C-287/00, SLG 2002 I-5811, UR 2002, 316).

47

Der Neutralitätsgrundsatz gebiete insbesondere vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Klägerin deren Gleichbehandlung mit einem Studentenwerk.

48

Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vom 14. April 2010 und den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 7. Januar 2011, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2011, dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuerfestsetzung um folgende Beträge reduziert wird:
für 2005 um 15.573,61 €
für 2006 um 38.370,48 €
für 2007 um 49.273,78 €

49

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

50

Er trägt ergänzend zur Begründung der Einspruchsentscheidung vor, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG lägen nicht vor, da die Klägerin kein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege und auch keine der freien Wohlfahrtspflege dienende Körperschaft sei, die einem Wohlfahrtsverband angeschlossen sei. Auch eine mittelbare Mitgliedschaft liege nicht vor. Die Klägerin sei nicht als gemeinnützig anerkannt.

51

Die teilweise gleichen unternehmerischen Leistungen – Mensaverköstigung an Studenten – könnten die Verbandszugehörigkeit nicht ersetzen.

52

Die vertraglichen Bindungen begründeten keine mittelbare Mitgliedschaft. Die Klägerin unterliege auch nicht aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtungen der Satzung des Studentenwerks.

53

Die Klägerin werde lediglich in Bezug auf die Finanzierung dem Studentenwerk gleich gestellt.

54

Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen für eine Anerkennung als gemeinnützig. Sie sei ein Unternehmen mit Gewinnstreben.

55

Auch der Zweck des § 4 Nr. 18 UStG rechtfertige nicht die Steuerbefreiung für die Umsätze der Klägerin. § 4 Nr. 18 UStG ziele auf Einrichtungen ohne kaufmännische Gewinnerzielungsabsicht ab, die Aufgaben erfüllten, die andernfalls der Staat wahrnehmen müsste; die von diesen Einrichtungen erhobenen geringeren Entgelte als die marktüblichen sollten nicht mit Umsatzsteuer belastet werden.

56

Auch die unmittelbare Anwendung des § 132 Abs. 1 Buchstabe g) MwStSystRL scheide aus.

57

Neben der Voraussetzung, dass es sich um mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit eng verbundene Leistungen handeln müsse, müssten diese Leistungen auch von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts erbracht werden oder einer Einrichtung, die von dem betreffenden Mitgliedsstaat als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt sei.

58

Soweit die Klägerin sich auf das BFH-Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08 (BFHE 232, 232) berufe, habe der BFH dort den Menü-Service als steuerpflichtig betrachtet. Diese Leistungen seien nicht mit der Fürsorge eng verbunden.

59

Auch § 4 Nr. 23 UStG sei nicht einschlägig. Die Klägerin könne nicht mit der FH Y zusammen als Einheit betrachtet werden. Sie sei selbst Unternehmer hinsichtlich der Beköstigung. Dies sei auch für außen Stehende erkennbar durch den Zusatz „Entwicklungs- und Management GmbH“. Die Studenten seien nicht bei der Klägerin zur Ausbildung aufgenommen.

60

Anzumerken sei, dass die Preise der Klägerin incl. 16%, bzw. 19% MwSt ausgewiesen seien.

61

Der Beklagte sei auch nicht gemäß § 176 AO an der Änderung der Festsetzungen gehindert gewesen.

62

Entscheidungen des EuGH seien Entscheidungen des BVerfG nicht gleich zu stellen. Ungeachtet dessen könne die Klägerin sich nicht auf das Urteil des BFH vom 28.09.2006 – V R 57/05 (BFHE 215, 351; BStBl II 2007, 846) berufen, da dieses eine Anstalt des öffentlichen Rechts – Studentenwerk – betroffen habe und deshalb der Sachverhalt nicht vergleichbar sei.

63

Der Beklagte sei an den BMF-Erlass vom 27.09.2007 (BStBl I 2007, 768) gebunden.

64

In der mündlichen Verhandlung hat die Geschäftsführerin der Klägerin erläutert, dass die Gründung des Standorts X eine strukturpolitische Maßnahme gewesen sei. Das Studentenwerk Y sei nicht bereit gewesen, den Standort X mit zu betreuen. Die Gründung eines weiteren Studentenwerks sei nicht möglich gewesen, da der Standort X Teil der Fachhochschule Y sei. Deshalb sei auf der Suche nach einer Lösung die Klägerin gegründet worden.

65

Der Campus sei abgelegen außerhalb der Stadt; die Infrastruktur sei so schlecht, dass die Studenten keine andere Möglichkeit hätten, ein Essen einzunehmen. 40% der Studenten seien Auswärtige, die auf die Versorgung vor Ort angewiesen seien. Die Öffnungszeiten der Mensa seien an den Vorlesungsbetrieb angepasst.

66

Aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Gestaltung habe das Land eine Sperrminorität.

Entscheidungsgründe

67

Die Klage ist teilweise begründet.

68

Soweit die Klägerin Umsätze gegenüber den Studenten ausführt, sind diese steuerpflichtig. Soweit sie hingegen Zuschüsse zum Mensabetrieb vom Land, bzw. der FH erhält, handelt es sich um steuerfreie Umsätze.

1.

69

Die streitigen Umsätze sind zu Recht der Klägerin als Unternehmer zugerechnet worden.

70

Wem als Unternehmer eine Leistung als eigene zuzurechnen ist, entscheidet sich grundsätzlich nach dem Auftreten nach außen (z.B. BFH Urteil vom 12.02.2009 – V R 47/07, BFHE 225, 178, BStBl II 2009, 677; zuletzt FG München Beschluss vom 18.01.2013 – 3 V 3225/12, EFG 2013, 646).

1.1.

71

Die Klägerin hat die Mensa-Umsätze gegenüber den Studenten erbracht. Sie ist nach außen gegenüber den Studenten als Leistungserbringer aufgetreten. Dies geht aus den Speiseplänen (Bl. 183 ff. PA) eindeutig hervor, da dort das Logo
Standort X
Entwicklungs- und Management GmbH
verwendet wurde.

72

Die Klägerin firmierte vor ihrer Umbenennung unter „Standort X Entwicklungs- und Management GmbH“ (Gesellschaftsvertrag Bl. 76 ff. PA).

73

Entgegen dem Vortrag der Klägerin können die Umsätze somit weder der Fachhochschule selbst, noch einer aus der Klägerin und der Fachhochschule (FH) bestehenden Gesellschaft – für deren Existenz der Akteninhalt im Übrigen keine Anhaltspunkte liefert – zugerechnet werden.

74

Eine Gesellschaft bestehend aus FH und Klägerin kann insbesondere nicht aufgrund der Kooperationsvereinbarung vom 28.11.2005 angenommen werden. Nach diesem Vertrag verpflichten die Vertragspartner sich zur Kooperation bei den auf Seite 2 genannten Zielen; die Kooperation beinhaltet nach Ziffer II des Vertrages u.a. ein abgestimmtes Corporate Design. Auch wenn der Vertrag gemeinsame Ziele nennt, so zielt der übrige Vertragsinhalt gleichwohl nicht auf die Gründung einer Gesellschaft ab, die sodann handeln soll, sondern auf kooperatives Handeln der beiden Vertragspartner ohne dass die gemeinsamen Ziele in Form einer Gesellschaft verwirklicht werden sollen. Dagegen, dass auch ohne Erwähnung einer Gesellschaft eine solche von den Vertragspartnern gewollt war, sprechen insbesondere die Ziffern V und VII des Vertrages, die bestimmte Verpflichtungen der Klägerin einerseits und Vergütungen durch die FH andererseits regeln; dies ist der typische Inhalt eines Austauschvertrages.

1.2.

75

Soweit Umsätze gegenüber dem Land und der FH Y anzunehmen sind, sind diese ebenfalls der Klägerin zuzurechnen.

76

Die Klägerin und das Land bzw. die FH Y sind Vertragspartner.

77

Dies gilt sowohl für die Kooperationsvereinbarung vom 28.11.2005 zwischen der Klägerin und der FH (Bl. 160 ff. PA), als auch für den Vertrag vom 27.02.2006 mit dem Land (Bl. 171 ff. PA).

2.

78

Hinsichtlich aller streitigen Umsätze liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor.

2.1.

79

Dass hinsichtlich der Mensa-Umsätze – Entgelte der Studenten – ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung.

2.2.

80

Für die übrigen an die Klägerin aus öffentlichen Kassen geleisteten Zahlungen gilt:

81

Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein steuerbarer Leistungsaustausch vor (BFH Urteil vom 18.12.2008 – V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749). Für die Steuerbarkeit einer Leistung kommt es nicht darauf an, ob diese im öffentlichen Interesse liegt.

82

Hinsichtlich folgender Zahlungen ist ein steuerbarer Leistungsaustausch gegeben:

83

a) Ziffer VII 2. des Vertrages vom 28.11.2005 mit der FH Y Standort X

84

In dieser Bestimmung verpflichtet die Klägerin sich dazu, die Versorgung mit Mittagessen zu garantieren. Dies ist eine Dienstleistung gegenüber dem Vertragspartner.

85

In Ziffer VII wird bestimmt, dass die Klägerin „für diese Leistungen eine jährliche Ausgleichszahlung erhält“.

86

Somit liegt ein Leistungsaustausch i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.

87

b) Ziffer I. des Vertrages vom 27.02.2006 regelt den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen. Ziffer II. a) und b) des Vertrages regeln die finanziellen Beiträge, die das Land zur Finanzierung der von der Klägerin übernommenen Verpflichtungen erbringt.

88

Selbst wenn die Zahlungen nur Kosten deckend sein sollten, würde dies der Annahme einer Leistung gegen Entgelt nicht entgegen stehen.

2.3.

89

Die Zahlungen durch das Land und die FH stehen im Zusammenhang mit den Leistungen, die die Klägerin gegenüber den Studenten erbringt, so dass zu prüfen ist, ob ein zusätzliches Entgelt – eines Dritten – für die an die Studenten erbrachten Mensa-Leistungen vorliegt oder ob eigenständige Leistungen an die FH, bzw. das Land vergütet werden.

90

Wird die Zahlung bewirkt, damit der Empfänger der Zahlung eine Leistung an einen Dritten bewirkt, so kann eine in die Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG einzubeziehende Entgeltzahlung von dritter Seite vorliegen (Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange § 1 UStG, Rz. 128).

91

Im Streitfall werden die als „Zuschüsse“ bezeichneten Zahlungen nicht für bestimmte Mensa-Leistungen an Studenten gezahlt, auch wenn sie natürlich im Interesse der Studenten liegen. Zudem wird eine evtl. Zahlung für die Leistung an die Studenten überlagert durch die direkte vertragliche Leistung an den Zahlenden als Vertragspartner.

92

Der Leistungsaustausch hinsichtlich der allgemeinen „Zuschüsse“ findet statt zwischen der Klägerin und ihrem Vertragspartner, der FH, bzw. deren Träger, dem Land.

93

Auch hinsichtlich des Anteils an den Sozialbeiträgen (Ziffer II b des Vertrages vom 27.02.2006) liegt – im Gegensatz zur Sachbehandlung durch das FA – keine Entgeltzahlung durch Dritte für die Mensa-Leistungen an die Studenten vor, sondern ebenso wie beim Entgelt gem. Ziffer II a des Vertrages ein eigenständiger Leistungsaustausch.

94

Hinsichtlich der Zuschüsse zu den Essenmarken in Höhe von je 0,9881 € ist dagegen eine Zuordnung zu bestimmten Mensa-Leistungen möglich (Ziffer II a des Vertrages vom 27.02.2006). Gleichwohl nimmt der Senat auch insoweit kein Entgelt eines Dritten zu den Leistungen der Klägerin an die Studenten an.

95

Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist, ist unerheblich. Bei der Zahlung des Dritten darf es sich aber nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (BFH Urteile vom 16. Oktober 2013 – XI R 39/12 –, BFHE 243, 77, Tz. 34 bei Juris und vom 22. Juli 2010 – V R 14/09 –, BFHE 231, 273, BStBl II 2012, 428, Tz. 26 bei Juris; zuletzt Urteil FG Niedersachsen vom 28. November 2013 16 K 247/12, EFG 2014, 54, Rev. XI R 2/14 aus hier nicht streitbefangenen Gründen).

96

Zwar liegt bei den Essenzuschüssen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der jeweiligen Leistung an die Studenten und der Drittzahlung durch das Land vor. Auch der Essenszuschuss wird jedoch aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin gegenüber dem Land gezahlt; somit handelt es sich vorrangig um ein Entgelt für die an das Land erbrachte Leistung.

3.

97

Die Umsätze der Klägerin sind nach Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG-Richtlinie bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL steuerbefreit, soweit es sich um nicht von den Studenten selbst gezahlte Entgelte handelt. Letztere unterliegen dem allgemeinen Umsatzsteuersatz, da eine Steuerbefreiung nach Art. 134 MwStSystRL ausgeschlossen ist.

3.1.

98

Die Umsätze der Klägerin an die Studenten, sowie an das Land und die FH (Studentenwerk Y) sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.

99

Nach § 4 Nr. 18 UStG sind unter den dort genannten Voraussetzungen die Leistungen amtlich anerkannter Verbände der freien Wohlfahrtspflege oder Leistungen von der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, steuerfrei.

100

§ 23 UStDV listet die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege auf.

101

Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ist also – neben den weiteren in § 4 Nr. 18 UStG genannten Voraussetzungen –, dass der Unternehmer, der sich auf diese Steuerbefreiung beruft, entweder ein amtlich anerkannter Wohlfahrtsverband ist oder Mitglied in solch einem Wohlfahrtsverband.

102

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG nicht; sie ist auch nicht Mitglied in einem der in § 23 UStDV genannten Verbände.

103

Andere Unternehmer können sich auf diese Steuerbefreiung nicht berufen (so auch BFH Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08). Dies gilt auch dann, wenn sie identische Leistungen erbringen wie ein Wohlfahrtsverband. Eine Gleichstellung, wie die Klägerin sie begehrt, ist nicht möglich.

104

Einem evtl. Anspruch auf Gleichstellung steht auch das BFH-Urteil vom 08.08.2013 – V R 13/12 – (BFHE 242, 557) entgegen. Der BFH hat entschieden, dass unter Beachtung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Neutralität die Vorschriften des § 4 Nr. 16 UStG als lex specialis der Anwendung des § 4 Nr. 18 UStG vorgehen. Dies bedeutet, dass – wenn ein unter § 4 Nr. 18 UStG fallender Unternehmer Umsätze ausführt, die unter eine andere Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 UStG zu subsumieren sind – die Steuerfreiheit nur unter den dort genannten Voraussetzungen zu gewähren ist. Nur für nicht unter eine andere Steuerbefreiungsvorschrift fallende Umsätze greift § 4 Nr. 18 UStG. Sind die Umsätze hingegen unter eine andere – vorrangige – Befreiungsvorschrift zu subsumieren, deren Voraussetzungen aber nicht erfüllt, so sind auch die Umsätze eines unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Unternehmers nicht steuerbefreit.

3.2.

105

Die Steuerbefreiung der Umsätze der Klägerin aus dem Mensa-Betrieb, sowie der Zuschüsse für diesen ist auch nicht unter unmittelbarer Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL möglich.

106

Der Gesetzgeber hat im UStG Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL (ab 2007 Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL) nur unvollständig umgesetzt (BFH, z.B. Urteile vom 01.12.2010 – XI R 46/08, BFHE 232, 232 und vom 08.06.2011 – XI R 22/09, BFHE 234,448).

107

Soweit ein Mitgliedsstaat eine Bestimmung der Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hat, kann ein Steuerpflichtiger sich unmittelbar auf die Steuerbefreiung der Richtlinienvorschrift berufen, wenn die steuerfreien Tätigkeiten dort hinreichend genau und unbedingt aufgeführt sind; Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL erfüllt diese Voraussetzungen (BFH, z.B. Urteile vom 01.12.2010 – XI R 46/08 und vom 08.06.2011 – XI R 22/09).

108

Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:

109

"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

110

g) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen;

..."

111

Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL lautet:

112

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

...

113

g) eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.“

114

Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL entspricht inhaltlich Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL. Die Abweichungen im Wortlaut dienen lediglich der Klarstellung; eine inhaltlich abweichende Regelung war nicht gewollt.

115

Art. 133 MwStSystRL bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten die Steuerbefreiung u. a. des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL von weiteren, dort unter den Buchstaben a bis d genannten Voraussetzungen abhängig machen können. Eine inhaltsgleiche Regelung enthielt Art. 13 Teil A Abs. 2 lit. a) der 6. EGRL.

116

Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht.

3.2.1.

117

Durch Art. 13 Teil A der 6. EGRL, bzw. Art. 132 MwStSystRL sollen nicht sämtliche, sondern nur bestimmte, einzeln aufgeführte und genau beschriebene dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden; bei den Steuerbefreiungen handelt es sich um autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 14 und 15).

118

Die Begriffe, mit denen die in Art. 13 der Sechsten Richtlinie – und Art. 132 der MwStSystRL – vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, sind eng auszulegen. Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen im Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Diese Regel einer engen Auslegung bedeutet also nicht, dass die zur Definition der Steuerbefreiungen im Sinne von Art. 13 verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme (ständige Rechtsprechung des EuGH, z.B. Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, ABl EU 2013, Nr. C 9, 13, UR 2013, 35).

119

Bei der Anerkennung von anderen Einrichtungen gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der 6. EGRL müssen die Mitgliedsstaaten den Grundsatz der Gleichbehandlung, der sich im Neutralitätsgrundsatz niederschlägt, beachten (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 33). Gleiches gilt für Art. 133 MwStSystRL.

120

Der Neutralitätsgrundsatz lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (z.B. EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 48).

121

Der Neutralitätsgrundsatz steht dem Umstand, dass bei anderen Einrichtungen die Steuerbefreiung von einer Anerkennung durch die Mitgliedsstaaten abhängig gemacht werden kann, während Einrichtungen des öffentlichen Rechts einer Anerkennung nicht bedürfen, nicht entgegen (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 52).

122

Somit gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz insoweit nur für die anderen Einrichtungen untereinander (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 53).

123

Die Mitgliedsstaaten dürfen die Anerkennung solchen Einrichtungen versagen, die eine systematische Gewinnerzielung anstreben (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 55; Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchstabe a der 6. EGRL und Art. 133 Buchstabe a MwStSystRL).

124

Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Vorschrift des § 4 Nr. 18 UStG allerdings nicht auf diese Befugnis gestützt. Dies hat zur Folge, dass sachlich unterschiedliche Bedingungen für Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht und solche, die unter § 4 Nr. 18 UStG fallen, nicht zulässig sind (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 58).

125

Im Einklang mit dieser Rechtsauffassung des EuGH hat der BFH mit Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08 (BFHE 232, 232) entschieden, dass der Begriff „von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“ in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der 6. EGRL private Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht nicht ausschließt.

126

Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL – und Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL – erfasst die mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Dienstleistungen.

127

Dabei handelt es sich um Dienstleistungen, die für die Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeit unerlässlich sind (EuGH Urteil vom 15.11.2012 Rs. C-174/11 Zimmermann, Rz. 61).

128

Zu einem Menü-Service für Senioren hat der BFH mit Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08 – (BFHE 232, 232) entschieden, dass es sich dabei nicht um eine eng mit der Sozialfürsorge verbundene Leistung handelt. Denn die Versorgung mit Essen entspreche einem Grundbedürfnis jedes Menschen unabhängig von dessen Alter und Gesundheitszustand.

129

Zudem müssen die Leistungen von einer von dem betreffenden Mitgliedstaat, also Deutschland, anerkannten Einrichtung mit sozialem Charakter erbracht werden (BFH Urteil vom 01. Dezember 2010 – XI R 46/08 –, BFHE 232, 232).

130

Danach muss trotz der unvollständigen Umsetzung auch bei unmittelbarer Anwendung der Richtlinie eine nach nationalem Recht anerkannte Einrichtung vorliegen. Es stellt sich die Frage nach den Kriterien für die Anerkennung, da es an einer EU-konformen nationalen gesetzlichen Regelung ja gerade fehlt.

131

Nicht erforderlich ist, dass es sich um einen der in § 23 UStDV genannten Wohlfahrtsverbände handelt, bzw. die Einrichtung einem solchen angeschlossen sein muss (BFH Urteil vom 01. Dezember 2010 – XI R 46/08 –, BFHE 232, 232).

132

Die Anerkennung einer Einrichtung nach nationalem Recht als Einrichtung mit sozialem Charakter kann aus der Übernahme der Kosten durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden, wobei eine vollständige Kostenübernahme nicht erforderlich ist (z.B. BFH Urteile vom 01. Dezember 2010 – XI R 46/08  –, BFHE 232, 232 und vom 18.08.2005 – V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143).

133

Nicht ausreichend ist, wenn die Einrichtung nur als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig wird (BFH Urteil vom 01. Dezember 2010 – XI R 46/08 –, BFHE 232, 232).

134

Der BFH greift in seinem Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08 trotz unzureichender Umsetzung der Richtlinie auch im Rahmen der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie auf nationale Bestimmungen zurück. Welche nationalen Bestimmungen dies sein sollen, wird allerdings nicht erwähnt. Stattdessen führt der BFH frühere Urteile an. Es handelt sich also um Richterrecht.

135

U.a. entspricht es ständiger Rechtsprechung des BFH, dass die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter aus der (teilweisen) Kostenübernahme durch Sozialversicherungsträger folgen kann.

136

Etwas anderes ergibt sich möglicherweise aus dem BFH Urteil vom 18.08.2005 – V R 71/03 –. Dort hat der BFH ausgeführt, dass die Beschränkung der Befreiungsregel nur Eventualcharakter hat. Ein Mitgliedstaat, der entsprechende Maßnahmen nicht ergriffen hat, kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass ein Unternehmer die in Art. 133 MwStSystRL genannten Bedingungen nicht erfüllt und die Verweigerung der Steuerbefreiung darauf stützen (Rz. 54 bei Juris).

137

Ausgeschlossen von der Steuerbefreiung sind solche Dienstleistungen, die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und die in unmittelbarem Wettbewerb zu der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (Art. 13 Teil A Abs. 2 lit. b der 6. EGRL und Art. 134 MwStSystRL).

3.2.2.

138

Nach diesen Grundsätzen ist das Mensa-Essen ebenso wenig wie ein Menü-Service eng mit der Sozialfürsorge verbunden, da es sich beim Essen – gleich in welchem Rahmen – um ein Grundbedürfnis jedes Menschen handelt. Das Gleiche gilt auch für die Leistung an das Land, bzw. die FH – die Gewährleistung der Versorgung der Studenten mit einer Mensa –.

139

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL sind also bereits mangels eng mit der Sozialfürsorge verbundener Umsätze nicht erfüllt.

140

Im Streitfall stellt sich die Frage, ob die Gewährung von Landeszuschüssen der Kostenübernahme durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit gleich gestellt werden kann. Faktisch trägt dadurch das Land einen Teil der Kosten. Dies ermöglicht es, das Essen zu einem unter den Selbstkosten liegenden Preis abzugeben.

141

Damit ist noch nicht festgestellt, dass die Klägerin lediglich kostendeckende Preise erzielt und keine Gewinne macht. Gewinne wären allerdings per se nicht schädlich.

142

Da es jedoch schon an eng mit der Sozialfürsorge verbunden Umsätzen fehlt, bedarf es im Streitfall keiner Feststellung dazu, nach welchen Kriterien eine nach nationalem Recht anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter anzunehmen ist.

143

Diese Grundsätze gelten für sämtliche aufgrund der Verträge vom 28.11.2005 und vom 27.02.2006 gezahlten „Zuschüsse“.

144

Im Übrigen wäre auch das Ausschlusskriterium des Art. 13 Teil A Abs. 2 lit. b der 6. EGRL und Art. 134 MwStSystRL – hinsichtlich der Umsätze aus den Mensa-Essen – erfüllt.

145

Dass die Essensabgabe auch dazu bestimmt ist, der Klägerin zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, steht außer Frage, auch wenn die Einnahmen nur Kosten deckend sein sollten. Auch Wettbewerb zu anderen Dienstleistern – Anbietern von Mahlzeiten – liegt vor (Beispiele Bl. 154 – 159 PA).

146

Zu Art. 4 Abs. 5 2. Unterabsatz der 6. EGRL (ab 2007: Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL) hat der EuGH mit Urteil vom 16.09.2008 - C-288/07 Isle of Wight Council entschieden, dass die Frage, ob die Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden, als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, mit Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ist, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht. Der Begriff "führen würde" sei dahin auszulegen, dass er nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den potenziellen Wettbewerb umfasst, sofern die Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, real und nicht rein hypothetisch ist. Der Begriff "größere" im Sinne des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 sei dahin zu verstehen, dass die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen mehr als unbedeutend sein müssen.

147

Diese Grundsätze können auf Art. 134 MwStSystRL übertragen werden, da ihnen allgemeine europarechtliche Grundsätze – Gleichbehandlung und Neutralität – zugrunde liegen, die sie konkretisieren.

148

Auch wenn es aufgrund der Abgelegenheit des Campus konkret keinen Wettbewerber zur Mensa gäbe, wäre potenzieller Wettbewerb mit anderen Dienstleistern, die steuerpflichtige Umsätze ausführen, jedenfalls zu bejahen.

149

Der Ausschlusstatbestand des Art. 134 MwStSystRL liegt zusätzlich bei den an die Studenten ausgeführten Umsätzen vor.

150

Anders liegt der Fall allerdings bei den Leistungen gegenüber dem Land. Hier ist keine Wettbewerbssituation zu erkennen; potenzieller Wettbewerb wäre insoweit rein hypothetisch.

3.3.

151

Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG liegen hinsichtlich der streitigen Umsätze der Klägerin nicht vor.

152

Nach § 4 Nr. 23 UStG ist die Beköstigung von Jugendlichen durch Einrichtungen, die diese Jugendlichen für Ausbildungszwecke bei sich aufnehmen, steuerfrei. Jugendliche im Sinne dieser Vorschrift sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres.

153

Die Beköstigung der Jugendlichen ist demnach nur dann steuerfrei, wenn die Einrichtung die Jugendlichen bei sich aufnimmt und ausbildet; die Steuerbefreiung kommt nicht in Betracht, wenn ein Dritter die Jugendlichen zu Ausbildungszwecken bei sich aufnimmt (BFH Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 –, BFHE 215, 351; BStBl II 2007, 846).

154

Mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – hat der BFH entschieden, dass diese Voraussetzungen im Falle eines Studentenwerks, das die Mensa-Verpflegung der Studenten übernimmt, nicht erfüllt ist, da die Studenten von der Hochschule zu Ausbildungszwecken aufgenommen wurden und nicht vom Studentenwerk; das Studentenwerk selbst verfolge keine Ausbildungszwecke.

155

So liegt der Fall auch hier. Die Studenten sind von der FH zur Ausbildung aufgenommen, sie sind dort immatrikuliert. Die Klägerin selbst bildet jedenfalls die Studenten nicht aus (die Steuerfreiheit der von der Klägerin angebotenen Fortbildungsseminare richtet sich nicht nach § 4 Nr. 23 UStG). Sie sorgt lediglich – an Stelle des Studentenwerks – für das Mensa-Essen.

156

Da hinsichtlich der gegenüber den Studenten erbrachten Leistungen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 nicht vorliegen, kann die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift auch nicht für die verschiedenen vom Land und der FH gewährten Zuschüsse gewährt werden.

3.4.

157

Es kann offen bleiben, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 23 UStG möglich ist, da der Unternehmer sich für die Umsatzsteuerbefreiung von Verpflegungsleistungen an Studenten jedenfalls dem Grunde nach unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG- Richtlinie, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL berufen kann (BFH Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05–, BFHE 215, 351, BStBl II 2007, 846).

158

Soweit allerdings Umsätze an die Studenten ausgeführt werden, führt auch die unmittelbare Anwendung des EU-Rechts nicht zur Steuerfreiheit (dazu im Einzelnen 3.4.2. lit. e).

3.4.1.

159

Art. 13 der Sechsten Richtlinie lautet (auszugsweise bezogen auf lit. i):

160

„A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

161

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

162

163

i) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

164

165

(2) a) Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der unter Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen:

166

– Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.

167

– Leitung und Verwaltung müssen im Wesentlichen ehrenamtlich durch Personen erfolgen, die weder selbst noch über zwischengeschaltete Personen ein unmittelbares oder mittelbares Interesse an den Ergebnissen der betreffenden Tätigkeiten haben.

168

– Es müssen Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.

169

– Die Befreiungen dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen.

170

b) Von der in Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn

171

– sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;

172

– sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.“

173

Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i, 133 und 134 MwStSystRL enthalten im Wesentlichen gleich lautende Bestimmungen.

174

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Begriffe, mit denen die in Art. 132 MwStSystRL vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen. Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen im Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Diese Regel einer engen Auslegung bedeutet also nicht, dass die zur Definition der Steuerbefreiungen im Sinne von Art. 132 verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme (zu Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, ABl EU 2014, Nr. C 45, 11, DB 2014, 37, Rz. 25, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der EuGH noch in seinem Urteil vom 20.06.2002 Rs. C-287/00, Slg 2002, I-5811, UR 2002, 316, dort Rz. 47 ausgeführt hat, dass der Begriff der mit dem Hochschulunterricht eng verbundenen Dienstleistungen im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift keine besonderes enge Auslegung verlange).

175

Zum Ziel der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL geht aus dieser Bestimmung hervor, dass die Befreiung durch die Gewährleistung einer günstigeren mehrwertsteuerlichen Behandlung von Bildungsdienstleistungen den Zugang zu diesen Leistungen erleichtern soll, indem die höheren Kosten vermieden werden, die sich aus ihrer Unterwerfung unter die Mehrwertsteuer ergeben würden (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 26).

176

Angesichts dieses Ziels weist der EuGH darauf hin, dass der gewerbliche Charakter einer Tätigkeit im Rahmen von Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL nicht ausschließt, dass es sich dabei um eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit handelt (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 27).

177

Zudem ist der Begriff „Einrichtung“ in Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 28).

178

Nach Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL sind aber die dort genannten Bildungsdienstleistungen nur dann befreit, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Bildungsaufgaben betraut sind, oder von anderen Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden. Diese anderen Einrichtungen, d. h. private Einrichtungen, müssen somit die Voraussetzung erfüllen, dass sie eine vergleichbare Zielsetzung wie die genannten Einrichtungen des öffentlichen Rechts haben (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 35).

179

Da Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL nicht festlegt, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Modalitäten die vergleichbare Zielsetzung anerkannt werden kann, ist es grundsätzlich Sache des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Regeln aufzustellen, nach denen den betreffenden Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen dabei über ein Ermessen (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 37).

180

Die nationalen Gerichte haben zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten bei der Aufstellung solcher Bedingungen die Grenzen ihres Ermessen nicht überschritten haben und die Grundsätze des Unionsrechts, insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt, beachtet haben (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 38).

181

Art. 133 Abs. 1 MwStSystRL stellt fakultative Bedingungen auf, die die Mitgliedsstaaten für die Gewährung der in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL genannten Befreiungen zusätzlich vorsehen können; die Mitgliedsstaaten sind hierzu aber nicht verpflichtet (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 30).

182

Art. 134 MwStSystRL ist nur auf Umsätze anwendbar, die mit den befreiten Bildungsdienstleistungen im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL eng verbunden sind, also nicht auf die im Kernbereich befreiten Umsätze (EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 32).

3.4.2.

183

a) mit dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistung

184

Im Streitfall kommt als Tätigkeit im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL die Erteilung von Hochschulunterricht, bzw. eng damit verbundene Dienstleistungen in Betracht.

185

Unterrichtstätigkeit besteht aus einer Gesamtheit von Elementen, zu denen auch die Leistungen gehören, die den organisatorischen Rahmen betreffen (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Slg. 2007, I-04793, Rz. 20).

186

Mit dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistungen liegen dann vor, wenn sie als Nebenleistungen zur Hauptleistung Unterricht erbracht werden (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 28).

187

Eine Nebenleistung liegt dann vor, wenn sie keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter bestmöglichen Bedingungen zu erhalten (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 29).

188

Zweck der Steuerbefreiung für eng verbundene Dienstleistungen ist die Entlastung der Studenten und der mit den Kosten des Hochschulunterrichts belasteten Institutionen; durch die Befreiung soll verhindert werden, dass der Zugang zum Hochschulunterricht durch die aufgrund einer Steuerbelastung höheren Kosten erschwert wird (EuGH Urteil vom 20.06.2002 Rs. C-287/00, UR 2002, 316; s.a. Hüttemann UR 2014, S. 45 ff.).

189

Bei dem Mensa-Essen muss es sich also um eine Nebenleistung zum Hochschulunterricht ohne eigenen Zweck handeln.

190

Der BFH hatte mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – (BFHE 215, 351; BStBl II 2007, 846) das Merkmal „eng verbunden“ mit dem Hochschulunterricht hinsichtlich des Mensa-Betriebs durch ein Studentenwerk bejaht. Zur Begründung führt er an, dass dem Studentenwerk als Anstalt des öffentlichen Rechts die soziale Betreuung der Studenten obliegt. Ohne dass der BFH dazu Ausführungen macht, hat er damit auch einen eigenen Zweck des Mensa-Essens verneint und dieses als Nebenleistung zum Hochschulunterricht qualifiziert.
Bejaht werden kann eine Nebenleistung auch, indem die Essensgewährung unter den organisatorischen Rahmen des Hochschulunterrichts (Rz. 20 des EuGH-Urteils vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College) subsumiert wird.

191

Für die Bejahung des Merkmals „eng verbunden“ spricht sich auch Hüttemann (UR 2014, S. 45 ff.) aus unter Berufung auf das EuGH-Urteil vom 20.06.2002 Rs. C-287/00, wonach unter Berücksichtigung des Ziels der Steuerbefreiung der Begriff der „eng verbundenen Dienstleistung“ nicht eng auszulegen ist.

192

Hintergrund für diese Bewertung ist auch, dass sich die Betreiber hochschulgastronomischer Leistungen an den Studienablauf anpassen und den Studenten in den Mensen auch Orte fürs Lernen, für Kommunikation, für Austausch zur Verfügung stellen, so dass die Mensa mehr ist als bloße Essensversorgung, die normale Caterer und Restaurants bieten.

193

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 01.12.2010 – XI R 46/08 – sind somit nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL zu übertragen in der Weise, dass hinsichtlich des Mensa-Essens das Merkmal „eng verbunden“ zu verneinen wäre, weil Essen ein Grundbedürfnis jedes Menschen sei.

194

Mit Urteil vom 07.10.2010 – V R 12/10 (BFHE 231, 349; BStBl II 2011, 303) hat der BFH hingegen für den Fall der Verpflegung von Teilnehmern an privaten Fortbildungsseminaren entschieden, dass die Verpflegung der Seminarteilnehmer im Allgemeinen keine eng mit der Fortbildung verbundene Dienstleistung sei (Tz. 29 bei Juris). Der BFH begründet dies damit, dass die Verpflegung der Seminarteilnehmer für die Fortbildung nicht unerlässlich sei.

195

Soweit der BFH weiter ausführt (Rz. 30), dass seine Rechtsprechung zur Steuerfreiheit der Mensa-Umsätze eines Studentenwerks auf den dort entschiedenen Fall der Verpflegung bei privaten Fortbildungsseminaren nicht übertragbar sei, stellt er verallgemeinernd fest, dass die Unerlässlichkeit nur gegeben ist, wenn es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts handelt, die aufgrund von öffentlich-rechtlichen Vorschriften tätig wird, die die spezielle Verknüpfung der Hochschulausbildung der Studenten und deren soziale Betreuung regeln.

196

In ähnlicher Weise hat der BFH in seinem Urteil vom 12.02.2009 – V R 47/07 (BFHE 225, 178; BStBl II 2009, 677, Rz. 26 bei Juris) ausgeführt, dass maßgebend für die Bejahung des Merkmals der Verpflegung als eng verbundener Dienstleistung war, dass es sich bei dem Studentenwerk um eine öffentlich-rechtliche Einrichtung handelt, der aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften die soziale Betreuung der Studenten obliege; für einen privaten Schul-Förderverein, der eine Cafeteria in der Ganztagsschule betreibe, treffe dies nicht zu, weshalb es für die Annahme der eng verbundenen Dienstleistung nicht ausreichend sei, dass die Schüler einer Ganztagsschule verpflegt werden müssten.

197

Wendet man diese Grundsätze, die im Urteil vom 07.10.2010 in Rz. 30 zwar zur Unerlässlichkeit (Art. 134 lit. a MwStSystRL) gemacht wurden, sich unter Beachtung des Urteils des BFH vom 12.02.2009 – V R 47/07 (BFHE 225, 178; BStBl II 2009, 677, Rz. 26 bei Juris) aber auch auf die Annahme einer eng verbundenen Dienstleistung beziehen (Rz. 29), in Bezug auf die mit dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistung gemeinschaftsrechtskonform unter Beachtung des Neutralitätsgrundsatzes an, so muss die spezielle Verknüpfung des Mensa-Essens mit der Hochschulausbildung in gleicher Weise wie bei einem Studentenwerk auch dann angenommen werden, wenn eine nicht öffentlich-rechtliche Einrichtung sich vertraglich zur Erfüllung der Aufgaben eines Studentenwerks unter Anwendung der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpflichtet hat.

198

Auch soweit die Klägerin Leistungen gegenüber dem Land und der FH erbringt, nämlich die Gewährleistung der Versorgung der Studenten mit einer Mensa, muss nach den hier dargestellten Grundsätzen eine mit dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistung angenommen werden.

199

b) anerkannte Einrichtung

200

Sowohl die Hauptleistung – im Streitfall der Hochschulunterricht – als auch die damit eng verbundenen Dienstleistungen – im Streitfall die Versorgung der Studenten mit Essen, bzw. die Gewährleistung dieser Versorgung – müssen von einer der in Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL genannten Einrichtung erbracht werden. D.h. es muss sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere von dem Mitgliedsstaat anerkannte Einrichtung handeln (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 34 und 35).

201

Anders als in § 4 Nr. 23 UStG muss es sich jedoch nicht um dieselbe Einrichtung handeln, die auch die Unterrichtsleistung erbringt.

202

Dass die Klägerin eine private Einrichtung mit Gewinnerzielungsabsicht ist, steht der Anerkennung nicht entgegen (EuGH-Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 28).

203

Eine private Einrichtung muss jedoch eine der entsprechenden Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbare Zielsetzung haben (EuGH-Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 35).

204

In dem vom BFH mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – entschiedenen Fall wurden die Leistungen durch ein Studentenwerk erbracht; dieses erfüllte – anders als die Klägerin – als Anstalt des öffentlichen Rechts die Voraussetzung als Einrichtung.

205

Da es im Streitfall um eine andere Einrichtung geht, bedarf es der Feststellung einer vergleichbaren Zielsetzung, sowie einer Anerkennung nach nationalem Recht.

206

Die vergleichbare Zielsetzung ergibt sich aus den Verträgen vom 28.11.2005 und vom 27.02.2006.

207

Da das nationale Recht – § 4 Nr. 23 UStG – die EU-Richtlinie nur unzureichend umsetzt, kann diese Vorschrift nicht für die Kriterien der Anerkennung heran gezogen werden. Es liegt also einerseits das Erfordernis einer Anerkennung nach nationalem Recht vor, andererseits fehlt es aber bei der unmittelbaren Berufung auf die EU-Richtlinie an nationalen Regelungen für die Anerkennung.

208

Gem. BMF-Erlass vom 27.09.2007 (BStBl I 2007, 768) ergibt sich aus dem EuGH-Urteil vom 14.06.2007, dass auch die Einrichtung, die die eng verbundenen Leistungen erbringt, selbst die Hauptleistung erbringen, hier also den Hochschulunterricht erteilen muss.

209

Der EuGH (Rz. 34 und 35 des Urteils vom 14.06.2007) hat dies so allerdings nicht ausgedrückt. Der EuGH hat darauf hingewiesen, dass nach der Richtlinie die eng verbundene Dienstleistung von einer in Buchstabe i genannten Einrichtung erbracht werden muss. Deshalb müsse es sich um eine der Erziehung gewidmete Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung handeln (so auch EuGH Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12, Rz. 35).

210

Der BFH hat in seinem Urteil vom 12.02.2009 – V R 47/07 festgestellt, dass daraus, dass Deutschland von der Ermächtigung in Art. 133 MwStSystRL keinen Gebrauch gemacht hat, nicht folgt, dass jede „andere Einrichtung“ damit anerkannt sei. Vielmehr müssen in jedem Fall die Anforderungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL erfüllt werden, d.h. dass es sich um eine mit den dort genannten Aufgaben betraute Einrichtung handeln muss.

211

Da die Kriterien für die Anerkennung gemeinschaftsrechtkonform sein müssen, muss somit eine nicht öffentlich-rechtliche Einrichtung dann anerkannt werden, wenn sie eine vergleichbare Zielsetzung hat.

212

Im Streitfall ergibt sich aus den mit dem Land geschlossenen Verträgen, dass die Klägerin exakt die Aufgaben übernommen hat, die dem Studentenwerk oblagen. Damit ist die Zielsetzung identisch mit der eines Studentenwerks.

213

Allein aufgrund dessen, dass die Klägerin damit das Erfordernis einer vergleichbaren Zielsetzung erfüllt, ist sie bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung bereits als anerkannte andere Einrichtung anzusehen.

214

Der BFH hat mit Urteilen vom 25. April 2013 – V R 7/11 – (BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976) und vom 16. Oktober 2013 – XI R 19/11 – (BFH/NV 2014, 190) entschieden, dass Berufsbetreuer allein aufgrund ihrer gerichtlichen Bestellung gemäß § 1896 BGB anerkannte Einrichtungen im Sinne des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL sind. Der BFH begründet dies auch damit, dass andernfalls ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vorläge (Rz. 24 ff. des Urteils V R 7/11 bei Juris).

215

Die in diesen Urteilen für Berufsbetreuer aufgestellten Grundsätze sprechen auch dafür, eine anerkannte Einrichtung im Streitfall aufgrund der vertraglichen Verpflichtung der Klägerin gegenüber dem Land zur Erfüllung der Aufgaben eines Studentenwerks anzunehmen.

216

c) zusätzliche Bedingungen nach nationalem Recht

217

In seinem Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College weist der EuGH darauf hin, dass Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchstabe a der 6.EGRL (ab 2007: Art. 133 MwStSystRL) es zulässt, dass die Mitgliedsstaaten die Anerkennung von anderen Einrichtungen als solche des öffentlichen Rechts von Bedingungen abhängig machen und dass nach nationalem Recht zu prüfen ist, ob solche zusätzlichen Bedingungen erfüllt sein müssen (Rz. 45).

218

Zu dieser Frage brauchte der BFH mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 nicht Stellung zu nehmen, da es dort um ein Studentenwerk ging. Der BFH hat in seinem Urteil vom 12.02.2009 – V R 47/07 jedoch ausdrücklich festgestellt, dass Deutschland von der Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat.

219

Zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der 6. EGRL hat der BFH im Übrigen mit Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08 ausdrücklich entschieden, dass der Begriff „von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“ private Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht nicht ausschließt.

220

Somit steht insbesondere ein evtl. systematisches Streben nach Gewinnerzielung (Art. 133 lit. a MwStSystRL) der Anerkennung der Klägerin nicht entgegen.

221

d) Unerlässlichkeit

222

Eine Dienstleistung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i 6. EGRL, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL kann nur dann von der Mehrwertsteuer befreit werden, wenn sie für die Erteilung des Hochschulunterrichts unerlässlich ist (Art. 134 lit. a MwStSystRL, EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 38). In seinem Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12 hat der EuGH hierzu klar gestellt, dass sich dieses Erfordernis nur auf die mit den befreiten Bildungsdienstleistungen eng verbundenen Leistungen bezieht, also nicht auf den Kernbereich (Rz. 32).

223

Das Merkmal der Unerlässlichkeit der Leistungen des Studentenwerks hat der BFH mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – offenbar bejaht, ohne dazu weitere Ausführungen zu machen.

224

Begründen lässt sich diese Auffassung mit dem Umstand, dass das Mensa-Essen nicht nur der Nahrungsaufnahme durch die Studenten dient, sondern auch der Kommunikation zwischen den Studenten und dem Gedankenaustausch.

225

In seinen Urteilen vom 07.10.2010 – V R 12/10 – (BFHE 231, 349; BStBl II 2011, 303) und vom 12.02.2009 – V R 47/07 – (BFHE 225, 178; BStBl II 2009, 677) hat der BFH hingegen für die Fälle der Verpflegung der Teilnehmer an privaten Fortbildungsseminaren, sowie für die Verpflegung von Ganztagsschülern durch einen privaten Förderverein das Merkmal der Unerlässlichkeit verneint und ausgeführt, dass die Grundsätze des Urteils vom 28.09.2006 – V R 57/05 – sich nicht auf diese Fälle übertragen lassen, da es an der Erbringung von Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Einrichtung auf der Basis von öffentlich-rechtlichen Vorschriften fehlt. In diesen vom BFH entschiedenen Fällen fehlte es sowohl an der Leistungserbringung durch eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, als auch an der Erbringung der Leistung aufgrund von öffentlich-rechtlichen Regelungen.

226

Im Streitfall fehlt es bei der Klägerin ebenfalls an der Eigenschaft der öffentlich-rechtlichen Einrichtung.

227

Die Klägerin wird jedoch im Unterschied zu den vom BFH mit Urteilen vom 07.10.2010 und vom 12.02.2009 entschiedenen Fällen tätig aufgrund von öffentlich-rechtlichen Regelungen, die zwar nicht unmittelbar für sie gelten, die sie jedoch aufgrund vertraglicher Verpflichtung gegenüber dem Land ebenso wie ein Studentenwerk einhalten muss (was auch der Grund dafür ist, dass sie nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen als anerkannte Einrichtung zu gelten hat).

228

Da die den BFH-Urteilen vom 07.10.2010 und vom 12.02.2009 zugrunde liegenden Sachverhalte also insoweit vom Streitfall abweichen, folgt aus diesen Urteilen nicht zwingend, dass auch im Fall der Klägerin das Merkmal der Unerlässlichkeit der Verpflegungsleistungen für den Hochschulunterricht zu verneinen ist.

229

Aus dem EuGH-Urteil vom 28.11.2013 Rs. C-319/12 kann zu folgern sein, dass es gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen würde, wenn eine andere als öffentlich-rechtliche Einrichtungen anders behandelt wird als erstere, wenn die andere Einrichtung identische Leistungen erbringt mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht unmittelbar aufgrund öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage tätig wird, sondern aufgrund privatrechtlicher Verpflichtung zur Anwendung dieser Vorschriften.

230

Die BFH-Urteile vom 07.10.2010 und vom 12.02.2009 kommen nicht in Konflikt mit dem Neutralitätsgrundsatz, da es für die dort entschiedenen Fälle – Verpflegung private Fortbildungsseminare, Cafeteria des Fördervereins einer Schule – keine öffentlich-rechtlichen Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung gibt.

231

Für die Auslegung, dass die Unerlässlichkeit nach den BFH-Urteilen vom 07.10.2010 und vom 12.02.2009 die Leistungserbringung unmittelbar auf der Basis der öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfordert, spricht zwar, dass es sich bei den Steuerbefreiungen um Ausnahmen handelt, die grundsätzlich eng auszulegen sind. Es lässt sich somit die Auffassung vertreten, dass Zwischenschaltung eines zivilrechtlichen Vertrages mit dem Land einen wesentlichen Sachverhaltsunterschied bewirkt, der die unterschiedliche steuerliche Behandlung rechtfertigen kann.

232

Der Senat gibt jedoch der Auffassung den Vorzug, dass bei ansonsten identischer Sachverhaltskonstellation unter Beachtung des Neutralitätsgrundsatzes eine andere Einrichtung mit der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Einrichtung gleich behandelt werden muss, wenn sie zwar nicht unmittelbar aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften tätig wird, sich jedoch vertraglich zu der ansonsten dem Studentenwerk obliegenden Leistung verpflichtet hat.

233

Demnach ist im Streitfall auch von der Unerlässlichkeit auszugehen.

234

e) Ausschluss von Umsätzen, bei denen Wettbewerb mit nicht befreiten Unternehmen besteht

235

Dienstleistungen, die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen durch Tätigkeiten, die in unmittelbarem Wettbewerb mit der Mehrwertsteuer unterliegenden Unternehmern durchgeführt werden (Art. 134 MwStSystRL), sind von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. In diesem Ausschluss liegt eine spezifische Ausprägung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität. Der Neutralitätsgrundsatz soll gewährleisten, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer gleich behandelt werden (EuGH Urteil vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College, Rz. 42 und 43).

236

Im Streitfall ist die Erzielung zusätzlicher Einnahmen möglicherweise nicht der Hauptzweck der Versorgung mit Essen. Dies ist allerdings für den Ausschluss von der Steuerbefreiung nach der Zielsetzung der Gewährleistung des Neutralitätsgrundsatzes auch nicht erforderlich.

237

Im Fall des EuGH-Urteils vom 14.06.2007 Rs. C-434/05 Horizon College wurde der Umstand, dass die Vergütung nur den vom Leistenden an die Lehrer zu zahlenden Gehalt entsprach, als nicht ausreichend erachtet für den Nachweis, dass die Tätigkeit – Überlassung der Lehrer – nicht zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen bestimmt war.

238

Im Streitfall werden durch die verschieden ausgestalteten Zuschüsse des Landes, bzw. der FH zum Mensa-Betrieb auf jeden Fall zusätzliche Einnahmen zu den von den Studenten entrichteten Entgelten erzielt.

239

In dem vom BFH mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – entschiedenen Fall wurde ausgeführt, dass konkreter Wettbewerb nicht erkennbar sei. Das Urteil ist insoweit durch das EuGH-Urteil vom 16.09.2008 Rs. C-288/07 überholt, als es auf den potenziellen Wettbewerb ankommt.

240

In Bezug auf die Leistungen an die Studenten liegt potenzieller (und tatsächlicher) Wettbewerb vor. Dies folgt bereits aus den von der Klägerin als Anlage 15 zum Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Angeboten anderer Anbieter (Bl. 154 – 159 PA).

241

Hinsichtlich der Leistungen der Klägerin gegenüber dem Land und der FH ist potenzieller Wettbewerb hingegen zu verneinen. Hier wäre Wettbewerb rein hypothetisch i.S. der EuGH-Rechtsprechung. In Bezug auf die verschiedenen vom Land gezahlten Zuschüsse ist der Ausschusstatbestand des Art. 134 lit. b MwStSystRL also nicht gegeben. Dies gilt nach den Ausführungen unter Ziffer 2.3. auch für die Essenszuschüsse, da insoweit keine Entgelte eines Dritten vorliegen.

4.

242

Der Beklagte war nicht gem. § 176 AO an einer Änderung der Bescheide gehindert.

243

Gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO darf ein Steuerbescheid nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, weil das Bundesverfassungsgericht die Nichtigkeit eines Gesetzes festgestellt hat, auf dem die bisherige Steuerfestsetzung beruht.

244

Dieser Tatbestand ist im Streitfall nicht erfüllt.

245

Die analoge Anwendung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO im Hinblick auf das EuGH-Urteil C-434/05 Horizon College kommt nicht in Betracht.

246

Eine analoge Anwendung auf die Nicht-Anwendung von Vorschriften des UStG, die die MwStSystRL nicht oder nur unzureichend umsetzen, scheidet aus, weil die Vorschrift auf diesen Sachverhalt nicht passt. Die Nicht-Umsetzung der EU-Richtlinie hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige sich neben den Vorschriften des nationalen Rechts auch unmittelbar auf die Richtlinie berufen kann. Die nationalen Vorschriften bleiben aber gleichwohl wirksam. Zudem hätte die Anwendung der nationalen Vorschriften des § 4 Nr. 18 und Nr. 23 UStG gerade nicht die Steuerbefreiung der Umsätze zur Folge.

247

Gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO darf ein Steuerbescheid nicht aufgrund einer geänderten Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn die bisherige günstigere Rechtsprechung von der Verwaltung angewendet worden war.

248

Die Klägerin hatte in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 sämtliche streitigen Umsätze als steuerpflichtig behandelt. In ihren Umsatzsteuererklärungen für 2006 und 2007 hatte sie die streitigen Umsätze als steuerfrei behandelt. Alle Erklärungen galten gemäß § 168 AO als Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

249

Nur hinsichtlich der Jahre 2006 und 2007 kommt somit die Anwendung des § 176 AO überhaupt in Betracht.

250

Voraussetzung wäre, dass nach der Zustimmung des Finanzamts zu den Steuererklärungen sich eine von der Verwaltung angewendete höchstrichterliche Rechtsprechung zuungunsten der Klägerin geändert hat.

251

Auch wenn in § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nur von einem „obersten Gerichtshof des Bundes“ die Rede ist, fällt darunter auch eine geänderte Rechtsprechung des EuGH, da der BFH seine eigene Rechtsprechung an die des EuGH anpassen muss.

252

Der EuGH hat in Bezug auf Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i 6. EGRL festgestellt, dass das Merkmal „eng verbunden“ nur dann vorliegt, wenn die Kriterien für die Annahme einer Nebenleistung – kein eigener Zweck, sondern Mittel um die Hauptleistung unter bestmöglichen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können – erfüllt sind. Eine Änderung der Rechtsprechung zuungunsten des Steuerpflichtigen kann darin nur dann gesehen werden, wenn man annimmt, dass der BFH von anderen Grundsätzen ausgegangen ist. Da der BFH in seinem Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – keine näheren Ausführungen dazu gemacht hat, ob eine Nebenleistung zur Hauptleistung Hochschulunterricht vorliegt, kann nicht ausgeschlossen werden, das der BFH unter Anwendung der Grundsätze des EuGH dieses Merkmal beim Mensa-Essen bejaht hat. Damit läge keine Rechtsprechungsänderung vor.

253

§ 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO kann nur dann angewendet werden, wenn eine Rechtsprechungsänderung mit Sicherheit festgestellt werden konnte.

254

In dem vom BFH mit Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 –  entschiedenen Fall wurde ausgeführt, dass konkreter Wettbewerb nicht erkennbar sei. Das Urteil ist insoweit durch das EuGH-Urteil vom 16.09.2008 Rs. C-288/07 überholt, als es auf den potenziellen Wettbewerb ankommt.

255

Um insoweit ein Verbot der Anwendung der EuGH-Rechtsprechung auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO stützen zu können, müsste festgestellt werden, dass die Verwaltung die Rechtsprechung des BFH bezüglich des konkreten Wettbewerbs angewendet hat.

256

Das Urteil des BFH vom 28.09.2006 – V R 57/05 – ist im BStBl II 2007, S. 846 veröffentlicht.

257

Zu dem Urteil vom 28.09.2006 – V R 57/05 – ist ein Nichtanwendungserlass ab 01.01.2008 ergangen (BStBl I 2007, 768). Der Erlass betrifft die Nichtanwendung des Urteils in Bezug darauf, dass das Studentenwerk nicht die Unterrichtsleistungen selbst erbringt. In Bezug auf konkreten oder potenziellen Wettbewerb enthält der Erlass keine Ausführungen.

258

Die Anwendung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO im Hinblick auf das Ausschlussmerkmal „Wettbewerb“ wäre für die Umsätze aus Leistungen an die Studenten relevant, wenn konkreter Wettbewerb hinsichtlich der Mensa nicht vorliegen würde.

259

Die Klägerin selbst hat jedoch Angebote von örtlichen Wettbewerbern vorgelegt (Bl. 154 – 159 PA), die erheblich höhere Preise für die vergleichbaren Speisen ausweisen.

260

Da somit auch nach der überholten Rechtsprechung zum konkreten Wettbewerb ein Ausschlusstatbestand vorlag, führt die Anwendung des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht zu einem abweichenden Ergebnis.

5.

261

Hieraus ergibt sich folgendes Ergebnis:

262

Die Umsätze aus den Mensa-Leistungen an Studenten sind steuerbar und steuerpflichtig. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 10.03.2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 Bog u.a.) ist der Regelsteuersatz anzuwenden.

263

Zu den vorgenannten Umsätzen zählen jedoch nicht die Umsätze aus den Zuschüssen zu den Essenmarken, da es sich insoweit nicht um Entgelte Dritter handelt.

264

Es handelt sich im Einzelnen um folgende Umsätze:

265

2005   

149.005,42 €

2006   

152.557,59 €

2007   

165.926,69 €

266

Hinsichtlich der Umsätze aus „Zuschüssen“ des Landes, bzw. der FH aufgrund der Verträge vom 28.11.2005 und 27.02.2006 greift zwar keine Steuerbefreiung nach nationalem Recht. Die Klägerin kann sich jedoch unmittelbar auf die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG- Richtlinie, bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL berufen.

267

Es handelt sich im Einzelnen um folgende Umsätze:

268
        

2005   

2006   

2007   

                                   

Zuschuss Essenmarken

102.482,87 €

114.683,51 €

18.506,81 €

Landeszuschuss Mensa

        

200.000,00 €

130.208,00 €

Zuschuss Studentenwerk

                 

182.853,45 €

                                   

Summe 

102.482,87 €

314.683,51 €

331.586,26 €

269

Die den Umsätzen an die Studenten zuzurechnenden Vorsteuern sind gemäß § 15 Abs. 4 UStG im Verhältnis der steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätze aufzuteilen.

6.

270

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

271

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

272

Die Fassung des Tenors erfolgte nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

7.

273

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.

274

Die Sache hat insbesondere auch deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil folgende Rechtsfragen bisher höchstrichterlich noch nicht, bzw. noch nicht abschließend geklärt sind

275
· der Begriff der anerkannten Einrichtung in Bezug auf die unmittelbare Berufung auf die EU-Richtlinie
276
· wann Unerlässlichkeit bei mit dem Hochschulunterricht eng verbundenen Dienstleistungen gegeben ist
277
· ob im Rahmen der Anwendung des Art. 134 MwStSystRL die vom EuGH aufgestellten Grundsätze zum Wettbewerb gelten
278

Das Urteil weicht möglicherweise auch ab von den Urteilen des BFH vom 12.02.2009 – V R 47/07 (Rz. 26) und vom 07.10.2010 – V R 12/10 (Rz. 29, 30).

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Entgelte, die eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für die Benutzung ihrer Eislaufhalle zum Eislaufen und zu ähnlichen sportlichen Betätigungen einnimmt, dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) verfolgt nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und die Förderung des Sports in A. Sie betreibt u.a. eine Eislaufhalle. Benutzer der Eislaufhalle sind überwiegend Kinder und Jugendliche. Sie besuchen die Eislaufhalle sowohl als Einzelpersonen als auch als Mitglieder von Schulklassen und Sportvereinen. Die Benutzer der Eislaufhalle stammen überwiegend aus dem Stadtgebiet A und der näheren Umgebung. Ca. 89 % der Besucher kommen aus einem Umkreis von bis zu 50 km.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass die Überlassung der Eislaufhalle an Vereine, Gruppen und die Öffentlichkeit zum Eislaufen einen Zweckbetrieb darstelle und unterwarf die daraus erzielten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah hierin demgegenüber keine sportliche Veranstaltung und damit keinen Zweckbetrieb i.S. des § 67a der Abgabenordnung (AO). Die Eislaufhalle der Klägerin sei auch kein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO. Da sie zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb trete, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei, erfülle sie jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren statt. Zur Begründung seines in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 527 veröffentlichten Urteils führte das FG im Wesentlichen aus, die streitigen Umsätze aus der Überlassung der Eislaufhalle unterlägen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

6

Das Eislaufen sei, ebenso wie das Inlineskaten, eine sportliche Betätigung. Mit dem Betrieb der Eislaufhalle und deren Überlassung für den Eislauf, das (Sledge-)Eishockey und im Sommer gelegentlich für das Inlineskaten habe die Klägerin in den Streitjahren satzungsgemäß den Sport i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in Gestalt des Eissports und des Skatesports gefördert. Mit der Gestattung der entgeltlichen Nutzung der Eislaufhalle zum Eislaufen, (Sledge-)Eishockeyspielen und Inlineskaten habe die Klägerin einen für die Steuervergünstigung unschädlichen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO ausgeübt.

7

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin habe in seiner Gesamtrichtung, d.h. mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen, dazu gedient, den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck der Klägerin zu verwirklichen. Denn die Eislaufhalle sei von der Klägerin betrieben worden, um satzungsgemäß den Sport, insbesondere in Gestalt des Eissports (Eislaufen, Eishockey u.ä.), zu fördern. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in Form der Eislaufhalle sei die notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Satzungszwecks der Klägerin gewesen, denn weder in A selbst noch im Umkreis von 55 Straßenkilometern habe es in den Streitjahren eine andere Eislaufmöglichkeit gegeben. Ohne die Eislaufhalle der Klägerin habe der Eissport in A nicht gefördert werden können.

8

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin sei in den Streitjahren zu nichtbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art auch nicht in Wettbewerb getreten.

9

Für das Vorliegen von Wettbewerb seien Feststellungen zur Wettbewerbssituation vor Ort erforderlich. Es komme dabei auf den Einzugsbereich an. Zudem seien der Kreis der Leistungsempfänger, die Ausgestaltung der jeweiligen vertraglichen Bedingungen und die Höhe der Entgelte von Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage lasse sich beurteilen, ob ein anderer --nicht steuerbegünstigter-- Betreiber die gegebene Nachfrage überhaupt in ähnlicher Weise befriedigen könne.

10

Bei ortsbezogenen Leistungen, zu denen auch die Überlassung einer Eisfläche in einer stationären Eislaufhalle gehöre, beschränke sich die Nachfragegruppe auf Personen im Umkreis. Anbieter von ortsbezogenen Leistungen könnten daher von vornherein nur örtlich beschränkt in Wettbewerb mit anderen Anbietern treten. In dem beim Eislaufen berücksichtigungsfähigen Umkreis von 50 km habe es keine Wettbewerber und damit keinen tatsächlichen Wettbewerb gegeben.

11

Auch potenziellen Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten Unternehmen habe es nicht gegeben. Das ergebe sich aus der fehlenden Gewinnerzielungsmöglichkeit beim Betrieb einer Eislaufhalle. Die Differenz zwischen dem ermäßigten und dem vollen Steuersatz stelle deshalb für einen potentiellen Konkurrenten keine Marktzutrittsschranke dar. Entscheidend für die Qualifizierung als Zweckbetrieb sei, dass die vom Staat getragene GmbH nicht auf einem Markt tätig werde, auf dem gleichartige Leistungen auch von privaten Unternehmern in einer Weise angeboten würden, die eine unterschiedliche Bewertung am Maßstab des Allgemeinwohls nicht zulasse. Der Streitfall sei dadurch gekennzeichnet, dass es auf der Angebotsseite keinen Markt gebe, weil sich der Betrieb einer stationären Eislaufhalle mit einer Größe, die die Ausübung des (Sledge-)Eishockeysports ermögliche, im Einzugsbereich der Klägerin auch bei Hinzudenken der Steuerbegünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG für ein gewinnorientiertes privates Unternehmen nicht lohne, weil er nicht einmal kostendeckend möglich sei.

12

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG, § 65 AO) geltend.

13

Die Vermietung von Sportstätten für kurze Dauer sei als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO zu beurteilen, wenn es sich um eine Überlassung eines Vereins an Mitglieder des Vereins handele. Kurzfristige Vermietungen eines Vereins an Nichtmitglieder des Vereins führten dagegen zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO sei. Das Gleiche gelte bei Vermietung an Mitglieder und Nichtmitglieder zu gleichen Bedingungen, denn es handele sich dabei nicht um ein unentbehrliches Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks. Wenn schon bei einem Verein die entgeltliche Überlassung an Nichtmitglieder schädlich sei, so müsse dies umso mehr für eine GmbH gelten. Die Klägerin habe die Rechtsform einer GmbH gewählt und sei damit von vornherein bewusst und gewollt als Wettbewerberin am Markt aufgetreten. Im Gegensatz zu einem Verein, der in erster Linie gegenüber seinen Mitgliedern tätig werde und damit nur eingeschränkt am Wettbewerb teilnehme, verdränge die Klägerin seit ihrer Gründung mögliche Anbieter. Es stelle eine Rechtsverletzung dar, dass die Klägerin auf Grund ihrer Rechtsform als GmbH besser gestellt werde als ein Verein, bei dem die Vermietung von Eislaufflächen an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstelle.

14

Außerdem verstoße es gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wenn Benutzer einer Eislaufhalle in anderen Bundesländern den Regelsteuersatz, in A dagegen den ermäßigten Steuersatz zahlen müssten. Es sei auch mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar, nur den lokalen Markt zu berücksichtigen.

15

Entgegen der Entscheidung des FG seien auch temporäre Eislaufflächen (vor dem Einkaufszentrum … und vor der …) mit dem Angebot der Klägerin vergleichbar.

16

Es sei auch nicht nur ein Vergleich mit Betreibern von Eislaufflächen sondern auch mit Betreibern alternativer Schlittschuhbahnen vorzunehmen. So seien Schlittschuharenen mit neuartigem Kunststoffbelag erheblich kostengünstiger zu betreiben.

17

Das FA beantragt,

das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 12. November 2008  2 K 28/08 (1) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie teilt die Auffassung des FG.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

21

1. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.

22

a) § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG befreit u.a. sportliche Veranstaltungen, die von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Die Klägerin hat durch die Vermietung der Eislaufhalle keine "sportlichen Veranstaltungen" durchgeführt. Unter "sportlicher Veranstaltung" ist eine organisatorische Maßnahme eines Sportvereins zu verstehen, die es aktiven Sportlern ermöglicht, Sport zu treiben. Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur schreibt das Gesetz nicht vor. Die Grenze der sportlichen Veranstaltung ist aber unterschritten, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen zum Gegenstand hat, bei denen das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Eine Hallenvermietung ist keine "sportliche Veranstaltung", weil die Vermietung von Sportstätten lediglich die Voraussetzung für sportliche Veranstaltungen schafft (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191; vom 3. April 2008 V R 74/07, BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631; vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, BFHE 219, 287; BFH-Beschluss vom 20. November 2008 V B 264/07, BFH/NV 2009, 430).

23

b) Allerdings werden die Umsätze von der in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vorgesehenen Steuerbefreiung umfasst. Bei der Überlassung der Eislaufhalle an Sportler handelt es sich um "bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Dabei erfüllt die Klägerin als gemeinnützige GmbH auch die persönlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung (vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 16. Oktober 2008 C-253/07, Canterbury Hockey Club, Slg. 2008, I-7821-7840, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 854).

24

Die Klägerin hat sich aber nicht auf die --gemäß § 15 Abs. 2 UStG mit dem Verlust des Vorsteuerabzugs aus den für die befreiten Leistungen bezogenen Leistungsbezüge einhergehende-- Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

25

2. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG vorliegen.

26

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige Zwecke verfolgen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Zur Förderung der Allgemeinheit gehört nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung u.a. die Förderung des Sports (vgl. BFH-Urteil in BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191).

27

Die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H genannten Kategorien einen ermäßigten Steuersatz anwenden. In der Anlage H der Richtlinie 77/388/EWG sind das Überlassen von Sportanlagen (Nr. 13 der Anlage H) und steuerpflichtige Leistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit (Nr. 14 der Anlage H) genannt.

28

Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist. Dementsprechend sind Tatbestandsmerkmale, die zu dieser Ausnahme führen, eng auszulegen (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Januar 2001 C-83/99, Kommission/Spanien, BFH/NV Beilage 2001, 124, m.w.N.; BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560).

29

a) Fördert eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, ergibt sich hieraus kein uneingeschränkter Anspruch auf Gewährung der Steuervergünstigung durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG schließt diese Steuervergünstigung selbst bei Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus, wenn die Zweckverfolgung zur Erbringung von Leistungen führt, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Es handelt sich dabei um eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 AO). Der Betrieb der Eislaufhalle ist ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

30

b) Allerdings bleibt auch bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO) die Steuerermäßigung erhalten, wenn es sich bei dem Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt (§ 64 Abs. 1 AO). Der Zweckbetrieb setzt nach § 65 AO voraus, dass er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt werden (vgl. BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560; vom 23. Juli 2009 V R 93/07, BFHE 226, 435, m.w.N.). Daran fehlt es.

31

aa) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die begünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin (Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und des Sports) nur durch den Betrieb der Eissporthalle erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO). Das wäre dann der Fall, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen ließe, sondern als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen wäre (BFH-Urteile in BStBl II 2009, 560; in BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191).

32

bb) Die Steuerbegünstigung scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die Klägerin mit dem Betrieb der Eislaufhalle zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

33

aaa) Zwar hat das FG zur Beurteilung der Wettbewerbssituation zu Recht auf den Einzugsbereich der Klägerin abgestellt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 30. März 2000 V R 30/99, BFHE 191, 434, BStBl II 2000, 705) und mit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindender Wirkung festgestellt, dass dieser im vorliegenden Fall einen Umkreis von ca. 50 km umfasst.

34

bbb) Wettbewerb i.S. des § 65 Nr. 3 AO setzt aber nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in dem sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2009, 560, m.w.N.). Es gibt keinen Grund, weshalb die Vermietung einer Eislaufhalle nicht auch von anderen Unternehmern betrieben werden könnte. Das wird bestätigt durch die Feststellungen des FG, wonach in A, B und C vergleichbare Anlagen von privaten Unternehmern betrieben wurden. Außerdem gab es in den Streitjahren noch Eislaufmöglichkeiten in D und in E, ohne dass das FG Feststellungen dazu getroffen hätte, ob diese von einem privaten Unternehmer oder durch die öffentliche Hand betrieben werden. Hinzu kommen nach den Streitjahren die Anlagen X, Y und Z. Die Möglichkeit Privater, in diesen Markt einzutreten, ist daher auch real und nicht rein hypothetisch. Die Rentabilitätserwägungen des FG stehen dem nicht entgegen.

35

ccc) Das steht auch nicht im Widerspruch zum EuGH-Urteil vom 16. September 2008 C-288/07 (Isle of Wight Council, Slg. 2008, I-7203, 7244, UR 2008, 816). Der EuGH hat darin auf die Frage, ob die Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden, als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, geantwortet, dass dies in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ist, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht (Leitsatz 1 und Rn. 53). Der EuGH hat ferner entschieden, dass der Schutz des Wettbewerbs nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den potenziellen Wettbewerb umfasst, sofern die Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, real und nicht rein hypothetisch ist (Rn. 65) und dass eine "größere" Wettbewerbsverzerrung i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bereits vorliegt, wenn die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen mehr als unbedeutend sind (Rn. 79). Das Urteil kann auf das nationale Gemeinnützigkeitsrecht nicht übertragen werden. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der im Anhang H genannten Kategorien einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Im Anhang H sind in Kategorie 13 die Überlassung von Sportanlagen und in Kategorie 14 die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke im Bereich der sozialen Sicherheit genannt. Die Gewährung der Steuerermäßigung steht damit unionsrechtlich unter keinem Wettbewerbsvorbehalt; ihre Ausgestaltung fällt vielmehr in das Ermessen der Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten sind insoweit zu einer "selektiven Anwendung" des ermäßigten Steuersatzes berechtigt, wobei der Grundsatz steuerlicher Neutralität zu beachten ist (EuGH-Urteil vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich Rdn. 29H, UR 2010, 454). Im Übrigen führt auch die Anwendung des Wettbewerbsbegriffs des EuGH-Urteils in der Rechtssache Isle of Wight in Slg. 2008, I-7203, UR 2008, 816 zu keinem anderen Ergebnis, weil danach nicht auf den durch den Einzugsbereich begrenzten lokalen Markt, sondern auf die Tätigkeit als solche abzustellen ist. Die Wettbewerbsverzerrung ergibt sich danach schon daraus, dass die Tätigkeit als solche auch durch private Steuerpflichtige nicht nur ausgeübt werden kann, sondern im vorliegenden Fall auch tatsächlich ausgeübt worden ist.

Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Umsätze aus der Pensionspferdehaltung eines gemeinnützigen Reitsportvereins von der Umsatzsteuer befreit sind oder ob sie (zumindest) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts X eingetragener gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd".

3

Der Kläger verfügt über umfangreiche Reitanlagen in Gestalt einer Halle, einem Dressurviereck, einem kleinen und einem großen Springplatz, einer Führanlage, einem Solarium und zahlreichen Koppeln. Außerdem betreibt er eine Pferdepension, in deren Rahmen er im Streitjahr 2006 folgende Leistungen erbrachte:

4

-       

Gestellung von Einstellplätzen für Pferde einschließlich Reinigung (Entmistung)

-       

Lieferung von Streu und stallüblicher Fütterung

-       

Pflege und Betreuung der Pferde

-       

regelmäßige Besuche von Tierärzten, Physiotherapeuten und Hufschmieden

-       

Anlagenbenutzung.

5

Diese Leistungen bot der Kläger im Streitjahr je nach Art der Box für ... € bis ... € pro Monat an; seine Umsätze hieraus beliefen sich auf ... € (netto).

6

In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr unterwarf der Kläger diese Umsätze dem Regelsteuersatz.

7

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 28. Mai 2008 und setzte gegen den Kläger Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € fest.

8

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und beantragte, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) von der Umsatzsteuer zu befreien, hilfsweise aber gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 65 der Abgabenordnung (AO) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.

9

Das FA änderte den Umsatzsteuerbescheid für 2006 daraufhin mehrfach - zuletzt mit Bescheid vom 19. August 2008. Der Einspruch des Klägers blieb der Sache nach ohne Erfolg.

10

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

11

Nach Auffassung des FG sind die streitbefangenen Umsätze des Klägers nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreit. Denn die von dem Kläger eigenständig angebotene Pensionspferdehaltung, die von der Nutzung der Reitsportanlage ohne weiteres zu trennen sei, gehöre nicht zum Kernbereich der Tätigkeit des Klägers und sei "nicht unerlässlich" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

12

Ferner sei im Streitfall auch der (weitere) Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt.

13

Denn die von dem Kläger angebotene --isoliert als solche zu betrachtende-- Pensionspferdehaltung stehe in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Pensionspferdebetrieben und sei im Wesentlichen dazu bestimmt, dem Kläger zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.

14

Auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO scheide aus. Denn der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine nicht nach § 65 AO begünstigte, von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art in Form eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb sei.

15

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 772 veröffentlicht.

16

Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt im Wesentlichen vor, das FG habe Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG und insbesondere den Begriff der "Unerlässlichkeit" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG unzutreffend ausgelegt.

17

Ausgehend von der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 16. Oktober 2008 C-253/07 --Canterbury Hockey Club--, Slg. 2008, I-7821, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 854, und Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. April 2008 V R 74/07, BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631; vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) sei die Steuerbefreiung zu bejahen, wenn die Dienstleistung mit der Ausübung der jeweiligen Sportart in engem Zusammenhang stehe und die Ausübung des Sports ermögliche. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Denn ebenso wie das Vorhalten der Reithalle und der Außenplätze (Dressur/Springen) zählten auch die Stallungen zu den unabdingbar erforderlichen Einrichtungen seiner Anlage, da andernfalls mangels eigener Einstellmöglichkeiten die Ausübung des Reitsports für die aktiven Reiter unmöglich wäre. Insbesondere der von der überwiegenden Mehrheit seiner Mitglieder ausgeübte Turnier- und Leistungssport setze das tägliche Training von Pferd und Reiter voraus. Ohne Stallungen könnten die Mitglieder und Einsteller die Anlage des eigenen Vereins mangels eigener Unterbringungsmöglichkeit für die Pferde und außerdem mangels zeitlicher und tatsächlicher Transportmöglichkeit der Pferde überhaupt nicht nutzen.

18

Auch die Ausführungen des FG zur vermeintlichen Wettbewerbssituation i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG seien unzutreffend. Denn der BFH habe bereits geklärt, dass für Tätigkeiten, die --wie im Streitfall-- den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beträfen, ein Ausschluss der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht komme (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631).

19

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Entscheidung der Vorinstanz gegen § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO verstoße. Denn das Vorhalten von Stallungen durch den Kläger diene der satzungsmäßig verankerten, gemeinnützigen Förderung des Reitsports. Das Einstellen der Pferde von Vereinsmitgliedern sei zur Erreichung der Zwecke des Klägers unerlässlich i.S. von § 65 Nr. 2 AO. Ferner bestehe keine Wettbewerbssituation zwischen dem Kläger und umliegenden gewerblichen Betrieben.

20

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 19. August 2008 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. August 2008 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung von der Umsatzsteuer befreit werden und die Umsatzsteuer für 2006 nach entsprechender Korrektur der Vorsteuerbeträge auf ... € festgesetzt wird,

hilfsweise, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen und die Umsatzsteuer für 2006 auf ... € festzusetzen.

21

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Nach seiner Auffassung steht die Dienstleistung der Pferdepensionshaltung nicht in engem Zusammenhang mit der Sportausübung. Ausüben des Reitsports sei das Reiten als solches. Darunter fielen nicht vor- oder nachbereitende Maßnahmen wie die Pflege, das Unterstellen und das Versorgen der Pferde. Auch in der Literatur werde die Auffassung vertreten, dass die Unterbringung der Pferde nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder diene.

23

Zudem müsse nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG die Leistung an Personen erbracht werden, die "Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil die Dienstleistungen im Rahmen der Pferdepension erst dann erbracht bzw. in Anspruch genommen würden, wenn das Reiten gerade nicht mehr ausgeübt werde.

24

Im Übrigen sei das Halten von Pensionspferden für die Ausübung des Reitsports zwar nützlich, aber nicht unerlässlich. Ergänzend werde insoweit auch auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 24. April 2008  16 K 334/07 (nicht veröffentlicht --n.v.--, juris) verwiesen.

25

Ferner sei im Hinblick auf den Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eine abstrakte Wettbewerbssituation ausreichend, deren Vorliegen auch der Kläger nicht in Abrede stelle.

26

Schließlich komme auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht, da die vom Kläger unterhaltene Pferdepension ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei. Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs lägen (sämtlich) nicht vor.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG für die vom Kläger im Rahmen der Pferdepension erbrachten Leistungen in Betracht kommt. Es ist aber bei der Beurteilung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG keine abschließende Entscheidung zulassen.

29

1. Die Leistungen des Klägers betreffend die Pensionspferdehaltung erfüllen im Streitfall nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 14 ff.; vom 18. August 2011 V R 64/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 784, Rz 22, jeweils m.w.N.). Davon ist das FG übereinstimmend mit den Beteiligten zu Recht ausgegangen. Die vom Kläger im Rahmen seiner Pferdepension erbrachten Leistungen können aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) von der Umsatzsteuer befreit sein.

30

a) Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen", von der Umsatzsteuer:

"m) bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;"

31

Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:

32

"Von der in Absatz 1 Buchstaben ... m) ... vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn

- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;

- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden."

33

Das UStG hat diese Bestimmung bislang nicht vollständig umgesetzt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.2.b, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 25).

34

b) Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. z.B. Urteile vom 10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 51, und vom 15. November 2012 C-174/11 --Zimmermann--, HFR 2013, 84, UR 2013, 35, Rz 32; BFH-Urteile vom 19. März 2013 XI R 47/07, BFHE 240, 439, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 312, und vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 745, BFH/NV 2013, 1521, Rz 17 f., 21).

35

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.).

36

Der BFH hat bereits entschieden, dass für einen gemeinnützigen Reitverein, der --wie der Kläger-- ohne Gewinnstreben handelt und eine Pensionspferdehaltung betreibt, die begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht kommen kann (BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 V R 39/02, BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.3.a).

37

c) Nach der Rechtsprechung des EuGH sind bei der Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG folgende Rechtsgrundsätze zu beachten:

38

aa) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 C-349/96 --CPP--, Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254, Rz 15; vom 8. März 2001 C-240/99 --Skandia--, Slg. 2001, I-1951, UR 2001, 157, Rz 23; vom 1. Dezember 2005 C-394/04 und C-395/04 --Ygeia--, Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und vom 21. Februar 2013 C-18/12 --Mesto Zamberk--, UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 17).

39

bb) Ferner ist davon auszugehen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. EuGH-Urteile vom 20. Juni 2002 C-287/00 --Kommission/Deutschland--, Slg. 2002, I-5811, UR 2002, 316, Rz 43; vom 26. Mai 2005 C-498/03 --Kingscrest Associates und Montecello--, Slg. 2005, I-4427, UR 2005, 453, Rz 29; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19). Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 10. Juni 2010 C-86/09 --Future Health Technologies--, Slg. 2010, I-5215, UR 2010, 540, Rz 30, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19, jeweils m.w.N.).

40

cc) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass er im Kontext von Personen, die Sport ausüben, auch Dienstleistungen erfasst, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen und für dessen Ausübung unerlässlich sind, die Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht werden und die tatsächlich Begünstigten dieser Leistungen Personen sind, die den Sport ausüben (vgl. EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 35). Dies entspricht dem Sinn dieser Vorschrift (bzw. der Nachfolgebestimmung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL), wonach bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten gefördert werden sollen, nämlich in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbracht werden, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben; auf diese Weise soll eine solche Betätigung durch breite Schichten der Bevölkerung ermöglicht werden (vgl. EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 23).

41

(1) Die Steuerbefreiung bestimmt sich insbesondere "nach der Natur der erbrachten Dienstleistung und nach dem Verhältnis der Dienstleistung zur Ausübung von Sport oder Körperertüchtigung" (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 23).

42

(2) Bei der Gesamtbeurteilung der Frage, ob es sich bei der erbrachten Dienstleistung um eine in engem Zusammenhang mit Sport stehende Leistung handelt, kann auch die Konzeption des Unternehmens zu berücksichtigen sein, die sich aus ihren objektiven Merkmalen ergibt, d.h. den verschiedenen Arten der angebotenen Einrichtungen, ihre Anordnung, ihrer Zahl und ihre Bedeutung im Verhältnis zum Unternehmen insgesamt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 33).

43

Ferner hat der EuGH bereits geklärt, dass insoweit die objektive Natur des betreffenden Umsatzes maßgeblich ist, d.h. dass es nicht auf die Absicht jedes einzelnen Nutzers des Unternehmens ankommt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 36).

44

(3) Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die Dienstleistungen mit dem Sport in engem Zusammenhang stehen und ferner "für seine Ausübung unerlässlich" sein (Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 32). Als Beispiele hierfür nennt der EuGH die Überlassung von Sportstätten oder die Zurverfügungstellung eines Schiedsrichters (Rz 28); als Beispiel für Leistungen, die die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, nennt er Beratungen im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191, Rz 26).

45

Dabei ist es stets Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob die in Rede stehende Dienstleistung in diesem Sinne "unerlässlich" ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 35; vom 9. Februar 2006 C-415/04 --Kinderopvang Enschede--, Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 28; vom 14. Juni 2007 C-434/05 --Horizon College--, Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39, 41, und --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, BFH/NV 2009, 108, Rz 35).

46

Zum genannten Merkmal der "Unerlässlichkeit" stellt der EuGH im Zusammenhang mit anderen unionsrechtlichen Steuerbefreiungstatbeständen insbesondere darauf ab, ob ohne die streitbefangene Dienstleistung keine Gleichwertigkeit der Hauptleistung auf demselben Niveau und mit der gleichen Qualität gewährleistet wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Kinderopvang Enschede-- in Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 27 f., 30, und --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39 f.).

47

Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Überlassung von Golfbällen und die Nutzungsüberlassung einer Golfanlage an Nichtmitglieder (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631) sowie die Erteilung von Golfunterricht (BFH-Urteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) für die Ausübung des Golfsports unerlässlich.

48

2. Das FG hat --wie der Kläger mit Recht rügt-- seiner Entscheidung nicht diese Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt, sondern ist von anderen (engeren) Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG ausgegangen, insbesondere hinsichtlich des Begriffs der Unerlässlichkeit i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

49

a) Es hat ausgeführt, unerlässlich sei eine Dienstleistung nur, wenn ohne sie die steuerbefreite Tätigkeit nicht möglich wäre; daran fehle es, wenn die Dienstleistung für die steuerbegünstigte Tätigkeit entbehrlich sei (Rz 42 seines Urteils).

50

Diese enge Definition (ebenso Urteil des FG Köln vom 22. Januar 2008  6 K 2707/03, EFG 2008, 1829, unter III.1.b bb) weicht von der dargelegten Rechtsprechung des EuGH ab. Sie findet auch in den vom FG hierzu zitierten Urteilen (BFH-Urteile vom 25. Januar 2006 V R 46/04, BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481; vom 27. April 2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16) keine (hinreichende) Stütze (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481, unter II.2.b, sowie BFH-Urteil in BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16, unter II.1.d).

51

Dementsprechend hat das FG zu Unrecht darauf abgestellt, ob "der satzungsmäßige Zweck eines Reitsportvereins ... allein durch Unterhaltung eines Pensionspferdebetriebs erreicht werden und nur auf diesem Weg seine einzig mögliche Erfüllung finden" kann. Es hat hierzu ausgeführt, die Erfüllung des Satzungszweckes bedinge (lediglich), "dass die Mitglieder in ihrer überwiegenden Mehrzahl über eigene Pferde verfügen, die sie reiten, aufstallen und pflegen". Die Erbringung von Pferdepensionsdienstleistungen gehe aber über den eigentlichen Vereinszweck als auf eigener vertraglicher Regelung beruhende, von den eigentlichen Mitgliedsbeiträgen "abgekoppelte" eigenständige Leistung eigener Art weit hinaus und sei als solche nicht unerlässlich für die Erfüllung des Vereinszwecks (Rz 43 seines Urteils).

52

b) Im Streitfall kann die vom Kläger erbrachte Pensionspferdehaltung, die --entgegen der Auffassung des FA-- offenkundig "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG steht, "unerlässlich" im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des EuGH sein.

53

aa) Denn der Kläger als Reitverein macht geltend, der angebotene Reitsport in Gestalt der Erteilung von Reitunterricht, der Nutzung der zahlreichen vereinseigenen Anlagen und dem Abhalten von Reitturnieren könne nicht in derselben Qualität und auf demselben Niveau stattfinden, wenn die Sportler nicht auf ihren eigenen Pensionspferden reiten könnten, sondern insoweit auf --die nach Aktenlage wohl nur in geringer Zahl vorhandenen-- vereinseigene Pferde bzw. selbst transportierte Tiere angewiesen wären. Der Vereinszweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" könne schon wegen der offenbar großen Anzahl und der für den Regelfall anzunehmenden besonderen Qualität der Pensionspferde im Verhältnis zu den vereinseigenen Pferden sowie dem entsprechenden Umsatzverhältnis nur mithilfe der Pensionspferdehaltung erfüllt werden. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben. Hierbei ist auch die Größe und Art der Reitsportanlagen des Klägers zu berücksichtigen.

54

bb) Dem stehen abweichend von der Auffassung des FG die Ausführungen des BFH nicht entgegen, wonach das Merkmal der "Unerlässlichkeit" nicht erfüllt ist, wenn z.B. ein Theaterbesucher die Abgabe von kleinen Speisen und Getränken im Rahmen einer Theaterveranstaltung erwartet und gerne in Anspruch nimmt (BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910, unter II.3.b (2)). Dieser vom BFH entschiedene Sachverhalt ist indes nicht vergleichbar mit dem Streitfall, soweit eine angemessene Unterbringung und Verpflegung privater Reitpferde im Rahmen der Pferdepension das Unternehmen eines im Umfang des Klägers betriebenen Reitvereins möglicherweise prägt.

55

cc) Auch aus der Rechtsprechung des I. Senats des BFH (Urteil vom 2. Oktober 1968 I R 40/68, BFHE 93, 522, BStBl II 1969, 43) ergeben sich keine zwingenden entgegenstehenden Schlussfolgerungen für die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung. Abgesehen davon hat der Kläger zutreffend hervorgehoben, dass diese Rechtsprechung durch das spätere Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG und die darin enthaltenen Regelungen zur Steuerbefreiung überholt ist.

56

dd) Das FG wird im zweiten Rechtsgang mithin tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob im Streitjahr 2006 Reitsport auf demselben Niveau und in vergleichbarer Qualität nicht ohne das vom Kläger angebotene "Gesamtpaket" gewährleistet wäre.

57

3. Das FG hat schließlich ausgehend von seinen bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Ausschlusstatbestandes in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt sind, wonach die Steuerbefreiung aus Wettbewerbsgründen ausgeschlossen sein kann.

58

a) Danach kommt die Gewährung der Steuerbefreiung nicht in Betracht, wenn die Dienstleistungen im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 33). In diesem Ausschluss liegt eine spezifische Ausprägung des Grundsatzes der Neutralität, dem es insbesondere zuwiderläuft, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (z.B. EuGH-Urteile --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 42 f.; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 32). Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist bereits dann verletzt, wenn zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. November 2011 C-259/10 und C-260/10 --The Rank Group--, Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 36). Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (EuGH-Urteil --The Rank Group-- in Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 44).

59

b) Nach der Rechtsprechung des BFH kommt für Tätigkeiten, die den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG betreffen, ein Ausschluss nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht. Ansonsten liefe die Befreiung in weiten Teilen leer (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.c aa, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456).

60

aa) Im Streitfall ist das FG zwar --auf der Grundlage der von ihm bisher getroffenen Feststellungen-- davon ausgegangen, dass die vom Kläger im Rahmen der Pensionspferdehaltung erbrachten Dienstleistungen nicht den Kernbereich der Steuerbefreiung betreffen.

61

bb) Die bisherigen Feststellungen des FG tragen indes nicht die Annahme, dass die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes erfüllt sind. Das FG hat nämlich nicht festgestellt, ob die Landwirte in der Nachbarschaft Leistungen anbieten, die denen des Klägers zumindest ähnlich sind und deshalb im Wettbewerb mit ihnen stehen.

62

Das FG wird im zweiten Rechtsgang tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob es im Streitjahr 2006 in räumlicher Nähe des Klägers Betriebe gab, die vergleichbare Leistungen anboten.

63

4. Die hiergegen erhobenen --weiteren-- Einwendungen des FA greifen nicht durch.

64

a) Soweit das FA unter Hinweis auf eine Literaturauffassung behauptet, die Unterbringung der Pferde diene nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder (vgl. Fischer, juris-PR-SteuerR 16/2004 Anm. 6 unter C.2. a.E. zu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672), ist diese Äußerung nicht zu der vom Kläger begehrten Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG, sondern zu § 65 AO ergangen.

65

b) Die vom FA in diesem Zusammenhang genannte Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 24. April 2008  16 K 334/07, n.v., juris) ist im Streitfall gleichfalls nicht einschlägig, weil die entsprechenden Ausführungen sich (ebenfalls) auf § 65 AO und nicht auf die Steuerbefreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beziehen.

66

5. Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen im Übrigen auch nicht seine Entscheidung, dass die vom Kläger hilfsweise begehrte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht kommt.

67

a) Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

68

b) Danach kommt es im Streitfall --falls die geltend gemachte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG nicht eingreift-- darauf an, ob der Kläger die in Rede stehenden Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt hat. Denn wenn das Gesetz --wie hier § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG-- eine Steuervergünstigung insoweit ausschließt, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, verliert die Körperschaft gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Umsätze, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.).

69

Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn

"1.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,

 2.     

die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und

 3.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist."

70

c) Das FG hat die Voraussetzungen des § 65 Nrn. 2 und 3 AO mit der Begründung verneint, der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen und von den Vereinsmitgliedern angenommenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art. Die satzungsmäßigen Zwecke könnten aber nicht nur durch diese (Zusatz-)Leistung erreicht werden, nachdem sowohl eine Nutzung der Reitanlage als auch die Ausübung des Reitsports ohne die Pensionspferdehaltung erfolgen könne, wie sich bereits aus der Nutzung der Anlage durch vereinsfremde Reiter im Rahmen der von dem Kläger durchgeführten Turniere ergebe. Die --als eigenständige Leistung zu beurteilende-- Dienstleistung stehe zudem in unmittelbarem Wettbewerb zu im unmittelbaren Einzugsbereich des Klägers befindlichen Pferdeeinstellern, die ihre Leistungen zu einem --bezogen auf die Pensionspferdehaltung-- vergleichbaren Leistungsangebot und zu vergleichbaren Preisen anböten.

71

d) Diese Ausführungen des FG und seine dazu bislang getroffenen Feststellungen reichen angesichts des --wie dargelegt-- unzweifelhaft bestehenden Zusammenhangs der Pensionspferdeleistungen mit dem im Streitjahr 2006 eingetragenen Satzungszweck "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie die Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" nicht aus, um die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.a) zu verneinen.

72

Entsprechendes gilt für § 65 Nr. 3 AO. Das FG hat die Pferdepensionsleistungen zu Unrecht als eigenständige, vom eigentlichen Vereinszweck des Klägers losgelöste Tätigkeit eigener Art beurteilt und hat (lediglich) auf dieser Grundlage einen Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.b) bejaht, ohne (auch insoweit) den vielfältigen Beweisangeboten des Klägers nachzugehen.

Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.

(1) Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68) ist.

(2) Unterhält die Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe (§§ 65 bis 68) sind, werden diese als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt.

(3) Übersteigen die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt nicht 45 000 Euro im Jahr, so unterliegen die diesen Geschäftsbetrieben zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer.

(4) Die Aufteilung einer Körperschaft in mehrere selbständige Körperschaften zum Zweck der mehrfachen Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach Absatz 3 gilt als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42.

(5) Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle, die der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen, können in Höhe des branchenüblichen Reingewinns geschätzt werden.

(6) Bei den folgenden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben kann der Besteuerung ein Gewinn von 15 Prozent der Einnahmen zugrunde gelegt werden:

1.
Werbung für Unternehmen, die im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben stattfindet,
2.
Totalisatorbetriebe,
3.
Zweite Fraktionierungsstufe der Blutspendedienste.

Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Entgelte, die eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für die Benutzung ihrer Eislaufhalle zum Eislaufen und zu ähnlichen sportlichen Betätigungen einnimmt, dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) verfolgt nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und die Förderung des Sports in A. Sie betreibt u.a. eine Eislaufhalle. Benutzer der Eislaufhalle sind überwiegend Kinder und Jugendliche. Sie besuchen die Eislaufhalle sowohl als Einzelpersonen als auch als Mitglieder von Schulklassen und Sportvereinen. Die Benutzer der Eislaufhalle stammen überwiegend aus dem Stadtgebiet A und der näheren Umgebung. Ca. 89 % der Besucher kommen aus einem Umkreis von bis zu 50 km.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass die Überlassung der Eislaufhalle an Vereine, Gruppen und die Öffentlichkeit zum Eislaufen einen Zweckbetrieb darstelle und unterwarf die daraus erzielten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah hierin demgegenüber keine sportliche Veranstaltung und damit keinen Zweckbetrieb i.S. des § 67a der Abgabenordnung (AO). Die Eislaufhalle der Klägerin sei auch kein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO. Da sie zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb trete, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei, erfülle sie jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren statt. Zur Begründung seines in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 527 veröffentlichten Urteils führte das FG im Wesentlichen aus, die streitigen Umsätze aus der Überlassung der Eislaufhalle unterlägen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

6

Das Eislaufen sei, ebenso wie das Inlineskaten, eine sportliche Betätigung. Mit dem Betrieb der Eislaufhalle und deren Überlassung für den Eislauf, das (Sledge-)Eishockey und im Sommer gelegentlich für das Inlineskaten habe die Klägerin in den Streitjahren satzungsgemäß den Sport i.S. von § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in Gestalt des Eissports und des Skatesports gefördert. Mit der Gestattung der entgeltlichen Nutzung der Eislaufhalle zum Eislaufen, (Sledge-)Eishockeyspielen und Inlineskaten habe die Klägerin einen für die Steuervergünstigung unschädlichen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO ausgeübt.

7

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin habe in seiner Gesamtrichtung, d.h. mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen, dazu gedient, den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck der Klägerin zu verwirklichen. Denn die Eislaufhalle sei von der Klägerin betrieben worden, um satzungsgemäß den Sport, insbesondere in Gestalt des Eissports (Eislaufen, Eishockey u.ä.), zu fördern. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in Form der Eislaufhalle sei die notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Satzungszwecks der Klägerin gewesen, denn weder in A selbst noch im Umkreis von 55 Straßenkilometern habe es in den Streitjahren eine andere Eislaufmöglichkeit gegeben. Ohne die Eislaufhalle der Klägerin habe der Eissport in A nicht gefördert werden können.

8

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin sei in den Streitjahren zu nichtbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art auch nicht in Wettbewerb getreten.

9

Für das Vorliegen von Wettbewerb seien Feststellungen zur Wettbewerbssituation vor Ort erforderlich. Es komme dabei auf den Einzugsbereich an. Zudem seien der Kreis der Leistungsempfänger, die Ausgestaltung der jeweiligen vertraglichen Bedingungen und die Höhe der Entgelte von Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage lasse sich beurteilen, ob ein anderer --nicht steuerbegünstigter-- Betreiber die gegebene Nachfrage überhaupt in ähnlicher Weise befriedigen könne.

10

Bei ortsbezogenen Leistungen, zu denen auch die Überlassung einer Eisfläche in einer stationären Eislaufhalle gehöre, beschränke sich die Nachfragegruppe auf Personen im Umkreis. Anbieter von ortsbezogenen Leistungen könnten daher von vornherein nur örtlich beschränkt in Wettbewerb mit anderen Anbietern treten. In dem beim Eislaufen berücksichtigungsfähigen Umkreis von 50 km habe es keine Wettbewerber und damit keinen tatsächlichen Wettbewerb gegeben.

11

Auch potenziellen Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten Unternehmen habe es nicht gegeben. Das ergebe sich aus der fehlenden Gewinnerzielungsmöglichkeit beim Betrieb einer Eislaufhalle. Die Differenz zwischen dem ermäßigten und dem vollen Steuersatz stelle deshalb für einen potentiellen Konkurrenten keine Marktzutrittsschranke dar. Entscheidend für die Qualifizierung als Zweckbetrieb sei, dass die vom Staat getragene GmbH nicht auf einem Markt tätig werde, auf dem gleichartige Leistungen auch von privaten Unternehmern in einer Weise angeboten würden, die eine unterschiedliche Bewertung am Maßstab des Allgemeinwohls nicht zulasse. Der Streitfall sei dadurch gekennzeichnet, dass es auf der Angebotsseite keinen Markt gebe, weil sich der Betrieb einer stationären Eislaufhalle mit einer Größe, die die Ausübung des (Sledge-)Eishockeysports ermögliche, im Einzugsbereich der Klägerin auch bei Hinzudenken der Steuerbegünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG für ein gewinnorientiertes privates Unternehmen nicht lohne, weil er nicht einmal kostendeckend möglich sei.

12

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG, § 65 AO) geltend.

13

Die Vermietung von Sportstätten für kurze Dauer sei als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO zu beurteilen, wenn es sich um eine Überlassung eines Vereins an Mitglieder des Vereins handele. Kurzfristige Vermietungen eines Vereins an Nichtmitglieder des Vereins führten dagegen zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO sei. Das Gleiche gelte bei Vermietung an Mitglieder und Nichtmitglieder zu gleichen Bedingungen, denn es handele sich dabei nicht um ein unentbehrliches Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks. Wenn schon bei einem Verein die entgeltliche Überlassung an Nichtmitglieder schädlich sei, so müsse dies umso mehr für eine GmbH gelten. Die Klägerin habe die Rechtsform einer GmbH gewählt und sei damit von vornherein bewusst und gewollt als Wettbewerberin am Markt aufgetreten. Im Gegensatz zu einem Verein, der in erster Linie gegenüber seinen Mitgliedern tätig werde und damit nur eingeschränkt am Wettbewerb teilnehme, verdränge die Klägerin seit ihrer Gründung mögliche Anbieter. Es stelle eine Rechtsverletzung dar, dass die Klägerin auf Grund ihrer Rechtsform als GmbH besser gestellt werde als ein Verein, bei dem die Vermietung von Eislaufflächen an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstelle.

14

Außerdem verstoße es gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wenn Benutzer einer Eislaufhalle in anderen Bundesländern den Regelsteuersatz, in A dagegen den ermäßigten Steuersatz zahlen müssten. Es sei auch mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar, nur den lokalen Markt zu berücksichtigen.

15

Entgegen der Entscheidung des FG seien auch temporäre Eislaufflächen (vor dem Einkaufszentrum … und vor der …) mit dem Angebot der Klägerin vergleichbar.

16

Es sei auch nicht nur ein Vergleich mit Betreibern von Eislaufflächen sondern auch mit Betreibern alternativer Schlittschuhbahnen vorzunehmen. So seien Schlittschuharenen mit neuartigem Kunststoffbelag erheblich kostengünstiger zu betreiben.

17

Das FA beantragt,

das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 12. November 2008  2 K 28/08 (1) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie teilt die Auffassung des FG.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

21

1. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.

22

a) § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG befreit u.a. sportliche Veranstaltungen, die von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Die Klägerin hat durch die Vermietung der Eislaufhalle keine "sportlichen Veranstaltungen" durchgeführt. Unter "sportlicher Veranstaltung" ist eine organisatorische Maßnahme eines Sportvereins zu verstehen, die es aktiven Sportlern ermöglicht, Sport zu treiben. Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur schreibt das Gesetz nicht vor. Die Grenze der sportlichen Veranstaltung ist aber unterschritten, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen zum Gegenstand hat, bei denen das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Eine Hallenvermietung ist keine "sportliche Veranstaltung", weil die Vermietung von Sportstätten lediglich die Voraussetzung für sportliche Veranstaltungen schafft (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191; vom 3. April 2008 V R 74/07, BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631; vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, BFHE 219, 287; BFH-Beschluss vom 20. November 2008 V B 264/07, BFH/NV 2009, 430).

23

b) Allerdings werden die Umsätze von der in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vorgesehenen Steuerbefreiung umfasst. Bei der Überlassung der Eislaufhalle an Sportler handelt es sich um "bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Dabei erfüllt die Klägerin als gemeinnützige GmbH auch die persönlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung (vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 16. Oktober 2008 C-253/07, Canterbury Hockey Club, Slg. 2008, I-7821-7840, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 854).

24

Die Klägerin hat sich aber nicht auf die --gemäß § 15 Abs. 2 UStG mit dem Verlust des Vorsteuerabzugs aus den für die befreiten Leistungen bezogenen Leistungsbezüge einhergehende-- Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

25

2. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG vorliegen.

26

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige Zwecke verfolgen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Zur Förderung der Allgemeinheit gehört nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung u.a. die Förderung des Sports (vgl. BFH-Urteil in BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191).

27

Die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H genannten Kategorien einen ermäßigten Steuersatz anwenden. In der Anlage H der Richtlinie 77/388/EWG sind das Überlassen von Sportanlagen (Nr. 13 der Anlage H) und steuerpflichtige Leistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit (Nr. 14 der Anlage H) genannt.

28

Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist. Dementsprechend sind Tatbestandsmerkmale, die zu dieser Ausnahme führen, eng auszulegen (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Januar 2001 C-83/99, Kommission/Spanien, BFH/NV Beilage 2001, 124, m.w.N.; BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560).

29

a) Fördert eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, ergibt sich hieraus kein uneingeschränkter Anspruch auf Gewährung der Steuervergünstigung durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG schließt diese Steuervergünstigung selbst bei Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus, wenn die Zweckverfolgung zur Erbringung von Leistungen führt, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Es handelt sich dabei um eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 AO). Der Betrieb der Eislaufhalle ist ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

30

b) Allerdings bleibt auch bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO) die Steuerermäßigung erhalten, wenn es sich bei dem Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt (§ 64 Abs. 1 AO). Der Zweckbetrieb setzt nach § 65 AO voraus, dass er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt werden (vgl. BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BStBl II 2009, 560; vom 23. Juli 2009 V R 93/07, BFHE 226, 435, m.w.N.). Daran fehlt es.

31

aa) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die begünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin (Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und des Sports) nur durch den Betrieb der Eissporthalle erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO). Das wäre dann der Fall, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen ließe, sondern als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen wäre (BFH-Urteile in BStBl II 2009, 560; in BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191).

32

bb) Die Steuerbegünstigung scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die Klägerin mit dem Betrieb der Eislaufhalle zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

33

aaa) Zwar hat das FG zur Beurteilung der Wettbewerbssituation zu Recht auf den Einzugsbereich der Klägerin abgestellt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 30. März 2000 V R 30/99, BFHE 191, 434, BStBl II 2000, 705) und mit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindender Wirkung festgestellt, dass dieser im vorliegenden Fall einen Umkreis von ca. 50 km umfasst.

34

bbb) Wettbewerb i.S. des § 65 Nr. 3 AO setzt aber nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in dem sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2009, 560, m.w.N.). Es gibt keinen Grund, weshalb die Vermietung einer Eislaufhalle nicht auch von anderen Unternehmern betrieben werden könnte. Das wird bestätigt durch die Feststellungen des FG, wonach in A, B und C vergleichbare Anlagen von privaten Unternehmern betrieben wurden. Außerdem gab es in den Streitjahren noch Eislaufmöglichkeiten in D und in E, ohne dass das FG Feststellungen dazu getroffen hätte, ob diese von einem privaten Unternehmer oder durch die öffentliche Hand betrieben werden. Hinzu kommen nach den Streitjahren die Anlagen X, Y und Z. Die Möglichkeit Privater, in diesen Markt einzutreten, ist daher auch real und nicht rein hypothetisch. Die Rentabilitätserwägungen des FG stehen dem nicht entgegen.

35

ccc) Das steht auch nicht im Widerspruch zum EuGH-Urteil vom 16. September 2008 C-288/07 (Isle of Wight Council, Slg. 2008, I-7203, 7244, UR 2008, 816). Der EuGH hat darin auf die Frage, ob die Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden, als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, geantwortet, dass dies in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ist, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht (Leitsatz 1 und Rn. 53). Der EuGH hat ferner entschieden, dass der Schutz des Wettbewerbs nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den potenziellen Wettbewerb umfasst, sofern die Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, real und nicht rein hypothetisch ist (Rn. 65) und dass eine "größere" Wettbewerbsverzerrung i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bereits vorliegt, wenn die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen mehr als unbedeutend sind (Rn. 79). Das Urteil kann auf das nationale Gemeinnützigkeitsrecht nicht übertragen werden. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der im Anhang H genannten Kategorien einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Im Anhang H sind in Kategorie 13 die Überlassung von Sportanlagen und in Kategorie 14 die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke im Bereich der sozialen Sicherheit genannt. Die Gewährung der Steuerermäßigung steht damit unionsrechtlich unter keinem Wettbewerbsvorbehalt; ihre Ausgestaltung fällt vielmehr in das Ermessen der Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten sind insoweit zu einer "selektiven Anwendung" des ermäßigten Steuersatzes berechtigt, wobei der Grundsatz steuerlicher Neutralität zu beachten ist (EuGH-Urteil vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich Rdn. 29H, UR 2010, 454). Im Übrigen führt auch die Anwendung des Wettbewerbsbegriffs des EuGH-Urteils in der Rechtssache Isle of Wight in Slg. 2008, I-7203, UR 2008, 816 zu keinem anderen Ergebnis, weil danach nicht auf den durch den Einzugsbereich begrenzten lokalen Markt, sondern auf die Tätigkeit als solche abzustellen ist. Die Wettbewerbsverzerrung ergibt sich danach schon daraus, dass die Tätigkeit als solche auch durch private Steuerpflichtige nicht nur ausgeübt werden kann, sondern im vorliegenden Fall auch tatsächlich ausgeübt worden ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Umsätze aus der Pensionspferdehaltung eines gemeinnützigen Reitsportvereins von der Umsatzsteuer befreit sind oder ob sie (zumindest) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts X eingetragener gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd".

3

Der Kläger verfügt über umfangreiche Reitanlagen in Gestalt einer Halle, einem Dressurviereck, einem kleinen und einem großen Springplatz, einer Führanlage, einem Solarium und zahlreichen Koppeln. Außerdem betreibt er eine Pferdepension, in deren Rahmen er im Streitjahr 2006 folgende Leistungen erbrachte:

4

-       

Gestellung von Einstellplätzen für Pferde einschließlich Reinigung (Entmistung)

-       

Lieferung von Streu und stallüblicher Fütterung

-       

Pflege und Betreuung der Pferde

-       

regelmäßige Besuche von Tierärzten, Physiotherapeuten und Hufschmieden

-       

Anlagenbenutzung.

5

Diese Leistungen bot der Kläger im Streitjahr je nach Art der Box für ... € bis ... € pro Monat an; seine Umsätze hieraus beliefen sich auf ... € (netto).

6

In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr unterwarf der Kläger diese Umsätze dem Regelsteuersatz.

7

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 28. Mai 2008 und setzte gegen den Kläger Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € fest.

8

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und beantragte, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) von der Umsatzsteuer zu befreien, hilfsweise aber gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 65 der Abgabenordnung (AO) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.

9

Das FA änderte den Umsatzsteuerbescheid für 2006 daraufhin mehrfach - zuletzt mit Bescheid vom 19. August 2008. Der Einspruch des Klägers blieb der Sache nach ohne Erfolg.

10

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

11

Nach Auffassung des FG sind die streitbefangenen Umsätze des Klägers nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreit. Denn die von dem Kläger eigenständig angebotene Pensionspferdehaltung, die von der Nutzung der Reitsportanlage ohne weiteres zu trennen sei, gehöre nicht zum Kernbereich der Tätigkeit des Klägers und sei "nicht unerlässlich" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

12

Ferner sei im Streitfall auch der (weitere) Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt.

13

Denn die von dem Kläger angebotene --isoliert als solche zu betrachtende-- Pensionspferdehaltung stehe in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Pensionspferdebetrieben und sei im Wesentlichen dazu bestimmt, dem Kläger zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.

14

Auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO scheide aus. Denn der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine nicht nach § 65 AO begünstigte, von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art in Form eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb sei.

15

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 772 veröffentlicht.

16

Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt im Wesentlichen vor, das FG habe Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG und insbesondere den Begriff der "Unerlässlichkeit" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG unzutreffend ausgelegt.

17

Ausgehend von der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 16. Oktober 2008 C-253/07 --Canterbury Hockey Club--, Slg. 2008, I-7821, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 854, und Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. April 2008 V R 74/07, BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631; vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) sei die Steuerbefreiung zu bejahen, wenn die Dienstleistung mit der Ausübung der jeweiligen Sportart in engem Zusammenhang stehe und die Ausübung des Sports ermögliche. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Denn ebenso wie das Vorhalten der Reithalle und der Außenplätze (Dressur/Springen) zählten auch die Stallungen zu den unabdingbar erforderlichen Einrichtungen seiner Anlage, da andernfalls mangels eigener Einstellmöglichkeiten die Ausübung des Reitsports für die aktiven Reiter unmöglich wäre. Insbesondere der von der überwiegenden Mehrheit seiner Mitglieder ausgeübte Turnier- und Leistungssport setze das tägliche Training von Pferd und Reiter voraus. Ohne Stallungen könnten die Mitglieder und Einsteller die Anlage des eigenen Vereins mangels eigener Unterbringungsmöglichkeit für die Pferde und außerdem mangels zeitlicher und tatsächlicher Transportmöglichkeit der Pferde überhaupt nicht nutzen.

18

Auch die Ausführungen des FG zur vermeintlichen Wettbewerbssituation i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG seien unzutreffend. Denn der BFH habe bereits geklärt, dass für Tätigkeiten, die --wie im Streitfall-- den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beträfen, ein Ausschluss der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht komme (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631).

19

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Entscheidung der Vorinstanz gegen § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO verstoße. Denn das Vorhalten von Stallungen durch den Kläger diene der satzungsmäßig verankerten, gemeinnützigen Förderung des Reitsports. Das Einstellen der Pferde von Vereinsmitgliedern sei zur Erreichung der Zwecke des Klägers unerlässlich i.S. von § 65 Nr. 2 AO. Ferner bestehe keine Wettbewerbssituation zwischen dem Kläger und umliegenden gewerblichen Betrieben.

20

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 19. August 2008 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. August 2008 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung von der Umsatzsteuer befreit werden und die Umsatzsteuer für 2006 nach entsprechender Korrektur der Vorsteuerbeträge auf ... € festgesetzt wird,

hilfsweise, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen und die Umsatzsteuer für 2006 auf ... € festzusetzen.

21

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Nach seiner Auffassung steht die Dienstleistung der Pferdepensionshaltung nicht in engem Zusammenhang mit der Sportausübung. Ausüben des Reitsports sei das Reiten als solches. Darunter fielen nicht vor- oder nachbereitende Maßnahmen wie die Pflege, das Unterstellen und das Versorgen der Pferde. Auch in der Literatur werde die Auffassung vertreten, dass die Unterbringung der Pferde nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder diene.

23

Zudem müsse nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG die Leistung an Personen erbracht werden, die "Sport oder Körperertüchtigung ausüben". Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil die Dienstleistungen im Rahmen der Pferdepension erst dann erbracht bzw. in Anspruch genommen würden, wenn das Reiten gerade nicht mehr ausgeübt werde.

24

Im Übrigen sei das Halten von Pensionspferden für die Ausübung des Reitsports zwar nützlich, aber nicht unerlässlich. Ergänzend werde insoweit auch auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 24. April 2008  16 K 334/07 (nicht veröffentlicht --n.v.--, juris) verwiesen.

25

Ferner sei im Hinblick auf den Ausschlusstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eine abstrakte Wettbewerbssituation ausreichend, deren Vorliegen auch der Kläger nicht in Abrede stelle.

26

Schließlich komme auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht, da die vom Kläger unterhaltene Pferdepension ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei. Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs lägen (sämtlich) nicht vor.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG für die vom Kläger im Rahmen der Pferdepension erbrachten Leistungen in Betracht kommt. Es ist aber bei der Beurteilung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG keine abschließende Entscheidung zulassen.

29

1. Die Leistungen des Klägers betreffend die Pensionspferdehaltung erfüllen im Streitfall nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 14 ff.; vom 18. August 2011 V R 64/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 784, Rz 22, jeweils m.w.N.). Davon ist das FG übereinstimmend mit den Beteiligten zu Recht ausgegangen. Die vom Kläger im Rahmen seiner Pferdepension erbrachten Leistungen können aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) von der Umsatzsteuer befreit sein.

30

a) Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen", von der Umsatzsteuer:

"m) bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;"

31

Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:

32

"Von der in Absatz 1 Buchstaben ... m) ... vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn

- sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;

- sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden."

33

Das UStG hat diese Bestimmung bislang nicht vollständig umgesetzt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.2.b, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 25).

34

b) Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. z.B. Urteile vom 10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 51, und vom 15. November 2012 C-174/11 --Zimmermann--, HFR 2013, 84, UR 2013, 35, Rz 32; BFH-Urteile vom 19. März 2013 XI R 47/07, BFHE 240, 439, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 312, und vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 745, BFH/NV 2013, 1521, Rz 17 f., 21).

35

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.).

36

Der BFH hat bereits entschieden, dass für einen gemeinnützigen Reitverein, der --wie der Kläger-- ohne Gewinnstreben handelt und eine Pensionspferdehaltung betreibt, die begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht kommen kann (BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 V R 39/02, BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.3.a).

37

c) Nach der Rechtsprechung des EuGH sind bei der Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG folgende Rechtsgrundsätze zu beachten:

38

aa) Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 C-349/96 --CPP--, Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254, Rz 15; vom 8. März 2001 C-240/99 --Skandia--, Slg. 2001, I-1951, UR 2001, 157, Rz 23; vom 1. Dezember 2005 C-394/04 und C-395/04 --Ygeia--, Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und vom 21. Februar 2013 C-18/12 --Mesto Zamberk--, UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 17).

39

bb) Ferner ist davon auszugehen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. EuGH-Urteile vom 20. Juni 2002 C-287/00 --Kommission/Deutschland--, Slg. 2002, I-5811, UR 2002, 316, Rz 43; vom 26. Mai 2005 C-498/03 --Kingscrest Associates und Montecello--, Slg. 2005, I-4427, UR 2005, 453, Rz 29; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 15, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19). Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 10. Juni 2010 C-86/09 --Future Health Technologies--, Slg. 2010, I-5215, UR 2010, 540, Rz 30, und --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 19, jeweils m.w.N.).

40

cc) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass er im Kontext von Personen, die Sport ausüben, auch Dienstleistungen erfasst, die in engem Zusammenhang mit Sport stehen und für dessen Ausübung unerlässlich sind, die Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht werden und die tatsächlich Begünstigten dieser Leistungen Personen sind, die den Sport ausüben (vgl. EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 35). Dies entspricht dem Sinn dieser Vorschrift (bzw. der Nachfolgebestimmung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL), wonach bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten gefördert werden sollen, nämlich in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbracht werden, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben; auf diese Weise soll eine solche Betätigung durch breite Schichten der Bevölkerung ermöglicht werden (vgl. EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 23).

41

(1) Die Steuerbefreiung bestimmt sich insbesondere "nach der Natur der erbrachten Dienstleistung und nach dem Verhältnis der Dienstleistung zur Ausübung von Sport oder Körperertüchtigung" (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 23).

42

(2) Bei der Gesamtbeurteilung der Frage, ob es sich bei der erbrachten Dienstleistung um eine in engem Zusammenhang mit Sport stehende Leistung handelt, kann auch die Konzeption des Unternehmens zu berücksichtigen sein, die sich aus ihren objektiven Merkmalen ergibt, d.h. den verschiedenen Arten der angebotenen Einrichtungen, ihre Anordnung, ihrer Zahl und ihre Bedeutung im Verhältnis zum Unternehmen insgesamt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 33).

43

Ferner hat der EuGH bereits geklärt, dass insoweit die objektive Natur des betreffenden Umsatzes maßgeblich ist, d.h. dass es nicht auf die Absicht jedes einzelnen Nutzers des Unternehmens ankommt (EuGH-Urteil --Mesto Zamberk-- in UR 2013, 338, MwStR 2013, 87, Rz 36).

44

(3) Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die Dienstleistungen mit dem Sport in engem Zusammenhang stehen und ferner "für seine Ausübung unerlässlich" sein (Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 32). Als Beispiele hierfür nennt der EuGH die Überlassung von Sportstätten oder die Zurverfügungstellung eines Schiedsrichters (Rz 28); als Beispiel für Leistungen, die die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, nennt er Beratungen im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 5. August 2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191, Rz 26).

45

Dabei ist es stets Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob die in Rede stehende Dienstleistung in diesem Sinne "unerlässlich" ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 35; vom 9. Februar 2006 C-415/04 --Kinderopvang Enschede--, Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 28; vom 14. Juni 2007 C-434/05 --Horizon College--, Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39, 41, und --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, BFH/NV 2009, 108, Rz 35).

46

Zum genannten Merkmal der "Unerlässlichkeit" stellt der EuGH im Zusammenhang mit anderen unionsrechtlichen Steuerbefreiungstatbeständen insbesondere darauf ab, ob ohne die streitbefangene Dienstleistung keine Gleichwertigkeit der Hauptleistung auf demselben Niveau und mit der gleichen Qualität gewährleistet wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteile --Kinderopvang Enschede-- in Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256, Rz 27 f., 30, und --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 39 f.).

47

Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Überlassung von Golfbällen und die Nutzungsüberlassung einer Golfanlage an Nichtmitglieder (BFH-Urteil in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631) sowie die Erteilung von Golfunterricht (BFH-Urteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456) für die Ausübung des Golfsports unerlässlich.

48

2. Das FG hat --wie der Kläger mit Recht rügt-- seiner Entscheidung nicht diese Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt, sondern ist von anderen (engeren) Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG ausgegangen, insbesondere hinsichtlich des Begriffs der Unerlässlichkeit i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.

49

a) Es hat ausgeführt, unerlässlich sei eine Dienstleistung nur, wenn ohne sie die steuerbefreite Tätigkeit nicht möglich wäre; daran fehle es, wenn die Dienstleistung für die steuerbegünstigte Tätigkeit entbehrlich sei (Rz 42 seines Urteils).

50

Diese enge Definition (ebenso Urteil des FG Köln vom 22. Januar 2008  6 K 2707/03, EFG 2008, 1829, unter III.1.b bb) weicht von der dargelegten Rechtsprechung des EuGH ab. Sie findet auch in den vom FG hierzu zitierten Urteilen (BFH-Urteile vom 25. Januar 2006 V R 46/04, BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481; vom 27. April 2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16) keine (hinreichende) Stütze (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481, unter II.2.b, sowie BFH-Urteil in BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16, unter II.1.d).

51

Dementsprechend hat das FG zu Unrecht darauf abgestellt, ob "der satzungsmäßige Zweck eines Reitsportvereins ... allein durch Unterhaltung eines Pensionspferdebetriebs erreicht werden und nur auf diesem Weg seine einzig mögliche Erfüllung finden" kann. Es hat hierzu ausgeführt, die Erfüllung des Satzungszweckes bedinge (lediglich), "dass die Mitglieder in ihrer überwiegenden Mehrzahl über eigene Pferde verfügen, die sie reiten, aufstallen und pflegen". Die Erbringung von Pferdepensionsdienstleistungen gehe aber über den eigentlichen Vereinszweck als auf eigener vertraglicher Regelung beruhende, von den eigentlichen Mitgliedsbeiträgen "abgekoppelte" eigenständige Leistung eigener Art weit hinaus und sei als solche nicht unerlässlich für die Erfüllung des Vereinszwecks (Rz 43 seines Urteils).

52

b) Im Streitfall kann die vom Kläger erbrachte Pensionspferdehaltung, die --entgegen der Auffassung des FA-- offenkundig "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG steht, "unerlässlich" im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des EuGH sein.

53

aa) Denn der Kläger als Reitverein macht geltend, der angebotene Reitsport in Gestalt der Erteilung von Reitunterricht, der Nutzung der zahlreichen vereinseigenen Anlagen und dem Abhalten von Reitturnieren könne nicht in derselben Qualität und auf demselben Niveau stattfinden, wenn die Sportler nicht auf ihren eigenen Pensionspferden reiten könnten, sondern insoweit auf --die nach Aktenlage wohl nur in geringer Zahl vorhandenen-- vereinseigene Pferde bzw. selbst transportierte Tiere angewiesen wären. Der Vereinszweck der "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie [der] Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" könne schon wegen der offenbar großen Anzahl und der für den Regelfall anzunehmenden besonderen Qualität der Pensionspferde im Verhältnis zu den vereinseigenen Pferden sowie dem entsprechenden Umsatzverhältnis nur mithilfe der Pensionspferdehaltung erfüllt werden. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben. Hierbei ist auch die Größe und Art der Reitsportanlagen des Klägers zu berücksichtigen.

54

bb) Dem stehen abweichend von der Auffassung des FG die Ausführungen des BFH nicht entgegen, wonach das Merkmal der "Unerlässlichkeit" nicht erfüllt ist, wenn z.B. ein Theaterbesucher die Abgabe von kleinen Speisen und Getränken im Rahmen einer Theaterveranstaltung erwartet und gerne in Anspruch nimmt (BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910, unter II.3.b (2)). Dieser vom BFH entschiedene Sachverhalt ist indes nicht vergleichbar mit dem Streitfall, soweit eine angemessene Unterbringung und Verpflegung privater Reitpferde im Rahmen der Pferdepension das Unternehmen eines im Umfang des Klägers betriebenen Reitvereins möglicherweise prägt.

55

cc) Auch aus der Rechtsprechung des I. Senats des BFH (Urteil vom 2. Oktober 1968 I R 40/68, BFHE 93, 522, BStBl II 1969, 43) ergeben sich keine zwingenden entgegenstehenden Schlussfolgerungen für die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung. Abgesehen davon hat der Kläger zutreffend hervorgehoben, dass diese Rechtsprechung durch das spätere Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG und die darin enthaltenen Regelungen zur Steuerbefreiung überholt ist.

56

dd) Das FG wird im zweiten Rechtsgang mithin tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob im Streitjahr 2006 Reitsport auf demselben Niveau und in vergleichbarer Qualität nicht ohne das vom Kläger angebotene "Gesamtpaket" gewährleistet wäre.

57

3. Das FG hat schließlich ausgehend von seinen bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Ausschlusstatbestandes in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt sind, wonach die Steuerbefreiung aus Wettbewerbsgründen ausgeschlossen sein kann.

58

a) Danach kommt die Gewährung der Steuerbefreiung nicht in Betracht, wenn die Dienstleistungen im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (EuGH-Urteil --Canterbury Hockey Club-- in Slg. 2008, I-7821, UR 2008, 854, Rz 33). In diesem Ausschluss liegt eine spezifische Ausprägung des Grundsatzes der Neutralität, dem es insbesondere zuwiderläuft, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (z.B. EuGH-Urteile --Horizon College-- in Slg. 2007, I-4793, UR 2007, 587, Rz 42 f.; --Ygeia-- in Slg. 2005, I-10373, UR 2006, 150, Rz 32). Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist bereits dann verletzt, wenn zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. November 2011 C-259/10 und C-260/10 --The Rank Group--, Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 36). Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (EuGH-Urteil --The Rank Group-- in Slg. 2011, I-10947, UR 2012, 104, Rz 44).

59

b) Nach der Rechtsprechung des BFH kommt für Tätigkeiten, die den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG betreffen, ein Ausschluss nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht. Ansonsten liefe die Befreiung in weiten Teilen leer (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 451, BFH/NV 2008, 1631, unter II.3.c aa, und in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456).

60

aa) Im Streitfall ist das FG zwar --auf der Grundlage der von ihm bisher getroffenen Feststellungen-- davon ausgegangen, dass die vom Kläger im Rahmen der Pensionspferdehaltung erbrachten Dienstleistungen nicht den Kernbereich der Steuerbefreiung betreffen.

61

bb) Die bisherigen Feststellungen des FG tragen indes nicht die Annahme, dass die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes erfüllt sind. Das FG hat nämlich nicht festgestellt, ob die Landwirte in der Nachbarschaft Leistungen anbieten, die denen des Klägers zumindest ähnlich sind und deshalb im Wettbewerb mit ihnen stehen.

62

Das FG wird im zweiten Rechtsgang tatsächliche Feststellungen dahingehend nachzuholen haben, ob es im Streitjahr 2006 in räumlicher Nähe des Klägers Betriebe gab, die vergleichbare Leistungen anboten.

63

4. Die hiergegen erhobenen --weiteren-- Einwendungen des FA greifen nicht durch.

64

a) Soweit das FA unter Hinweis auf eine Literaturauffassung behauptet, die Unterbringung der Pferde diene nicht unmittelbar der Sportausübung durch die Mitglieder (vgl. Fischer, juris-PR-SteuerR 16/2004 Anm. 6 unter C.2. a.E. zu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672), ist diese Äußerung nicht zu der vom Kläger begehrten Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG, sondern zu § 65 AO ergangen.

65

b) Die vom FA in diesem Zusammenhang genannte Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 24. April 2008  16 K 334/07, n.v., juris) ist im Streitfall gleichfalls nicht einschlägig, weil die entsprechenden Ausführungen sich (ebenfalls) auf § 65 AO und nicht auf die Steuerbefreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG beziehen.

66

5. Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen im Übrigen auch nicht seine Entscheidung, dass die vom Kläger hilfsweise begehrte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht in Betracht kommt.

67

a) Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

68

b) Danach kommt es im Streitfall --falls die geltend gemachte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG nicht eingreift-- darauf an, ob der Kläger die in Rede stehenden Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt hat. Denn wenn das Gesetz --wie hier § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG-- eine Steuervergünstigung insoweit ausschließt, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, verliert die Körperschaft gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Umsätze, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.).

69

Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn

"1.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,

 2.     

die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und

 3.     

der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist."

70

c) Das FG hat die Voraussetzungen des § 65 Nrn. 2 und 3 AO mit der Begründung verneint, der Kläger erbringe mit der von ihm angebotenen und von den Vereinsmitgliedern angenommenen Pensionspferdehaltung und den damit verbundenen Zusatz- und Rahmenleistungen eine von dem eigentlichen Vereinszweck losgelöste Tätigkeit eigener Art. Die satzungsmäßigen Zwecke könnten aber nicht nur durch diese (Zusatz-)Leistung erreicht werden, nachdem sowohl eine Nutzung der Reitanlage als auch die Ausübung des Reitsports ohne die Pensionspferdehaltung erfolgen könne, wie sich bereits aus der Nutzung der Anlage durch vereinsfremde Reiter im Rahmen der von dem Kläger durchgeführten Turniere ergebe. Die --als eigenständige Leistung zu beurteilende-- Dienstleistung stehe zudem in unmittelbarem Wettbewerb zu im unmittelbaren Einzugsbereich des Klägers befindlichen Pferdeeinstellern, die ihre Leistungen zu einem --bezogen auf die Pensionspferdehaltung-- vergleichbaren Leistungsangebot und zu vergleichbaren Preisen anböten.

71

d) Diese Ausführungen des FG und seine dazu bislang getroffenen Feststellungen reichen angesichts des --wie dargelegt-- unzweifelhaft bestehenden Zusammenhangs der Pensionspferdeleistungen mit dem im Streitjahr 2006 eingetragenen Satzungszweck "Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie die Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd" nicht aus, um die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.a) zu verneinen.

72

Entsprechendes gilt für § 65 Nr. 3 AO. Das FG hat die Pferdepensionsleistungen zu Unrecht als eigenständige, vom eigentlichen Vereinszweck des Klägers losgelöste Tätigkeit eigener Art beurteilt und hat (lediglich) auf dieser Grundlage einen Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, unter II.2.b) bejaht, ohne (auch insoweit) den vielfältigen Beweisangeboten des Klägers nachzugehen.

Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine gemeinnützige GmbH, ist Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbands. Ihre Anteile wurden in den Streitjahren (2001 bis 2005) zu 97 % vom Jugendsozialwerk … (im Folgenden: Jugendsozialwerk) gehalten. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags (GV) war es Zweck der Klägerin, "Personen und Personengruppen mit Einschränkungen bzw. geringen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu betreuen, zu qualifizieren und zu beschäftigen. Die Gesellschaft leistet Hilfestellung bei der Wiedereingewöhnung an die Arbeit, verbunden mit Maßnahmen, die eine Verbesserung von Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt zum Inhalt haben". Gemäß § 3 GV verfolgt die Klägerin ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung (AO).

2

Die Klägerin führte jährlich etwa 600 bis 800 Wiedereingliederungsmaßnahmen durch. Die Teilnehmer dieser Maßnahmen --neben Langzeitarbeitslosen handelte es sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) um "sehr schwierige" Personen, insbesondere auch um ehemalige Alkoholiker-- wurden in den verschiedenen, von der Klägerin unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben eingesetzt. Die Maßnahmen wurden vom Arbeitsamt, vom Ministerium für Arbeit und Soziales und dem Landkreis bewilligt; sie dauerten in der Regel zwischen einem Jahr (z.B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen) und drei bis fünf Jahren (z.B. Strukturanpassungsmaßnahmen). Teilnehmer der Maßnahme "Arbeit statt Sozialhilfe" nahmen auch an einem Schulunterricht teil, der wöchentlich an zwei Tagen durch eine von der Klägerin angestellte Sozialpädagogin und auch von externen Kräften abgehalten wurde.

3

Zu den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der Klägerin gehörte in den Streitjahren ein Mahlzeitendienst, der Kindergärten --darunter vier Kindertagesstätten in der Trägerschaft des Jugendsozialwerks--, Schulen, das Personal der Diakonie sowie Privatpersonen belieferte. In der für die Essenszubereitung erforderlichen Küche waren neben einem Küchenmeister und einem Koch mit Ausbildereignung fünf bis acht Maßnahmeteilnehmer (Langzeitarbeitslose) als Küchenhilfen bei der Speisenherstellung und -verpackung beschäftigt. Für den Mahlzeitendienst wurden täglich etwa 1 000 Essen der jeweils selben Art zubereitet und diese von weiteren drei bis vier Maßnahmeteilnehmern ausgefahren. Die Klägerin erzielte im Streitzeitraum mit dem gesamten Mahlzeitendienst Umsatzerlöse zwischen 919.092,94 DM (2001) und 665.057,41 € (2004) sowie Jahresüberschüsse zwischen 29.442,29 DM (2001) und 105.874,95 € (2002).

4

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass der überwiegende Teil des Mahlzeitendienstes (Schülerversorgung; Lieferungen an die vier Kindergärten des Jugendsozialwerks) nicht als steuerbefreiter Zweckbetrieb anzuerkennen sei. Es handele sich nicht um eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege gemäß § 66 AO, da die Essenslieferungen nicht unmittelbar den Kindern, sondern dem Jugendsozialwerk als Leistungsempfänger zugute gekommen seien.

5

Die Klage gegen die hierauf für die Streitjahre geänderten Bescheide zur Festsetzung der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbeträge war erfolgreich (Thüringer FG, Urteil vom 29. September 2011  2 K 29/09, Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 8).

6

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes KStG 1999/2002 (KStG 1999/2000) und § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes 1991/2002 sind Körperschaften, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), sowohl von der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer befreit. Nach beiden Vorschriften ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Allerdings sieht § 64 Abs. 1 AO --im Sinne einer Gegenausnahme-- vor, dass dieser Begünstigungsausschluss nicht zum Tragen kommt und damit die Steuerbefreiungen zu gewähren sind, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 bis 68 AO ist.

10

2. Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass die Klägerin sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke --nämlich die Förderung der Jugend- und Altenhilfe sowie des Wohlfahrtswesens (vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO in der für die Streitjahre geltenden Fassung --AO a.F.-- i.V.m. § 66 Abs. 2 AO; zu arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaften sowie berufsvorbereitender Hilfe für Arbeitslose vgl. Senatsurteile vom 26. April 1995 I R 35/93, BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767; vom 17. Februar 2010 I R 2/08, BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 66 AO Rz 20)-- verfolgt hat. Dies entspricht auch den der Klägerin erteilten Freistellungsbescheiden, die sie --vorbehaltlich der von ihr unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe-- für die Streitjahre nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 KStG 1999/2002 als gemeinnützige Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit hatten. Zweifelsfrei ist ferner, dass die Klägerin u.a. mit ihrem Mahlzeitendienst einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten hat und dieser nicht als Zweckbetrieb i.S. von § 66 AO anzusehen ist. Von dieser Vorschrift werden besondere Einrichtungen der Wohlfahrtspflege erfasst, deren Leistungen zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO genannten bedürftigen Personen zugute kommen. Dass diese Voraussetzung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann nicht erfüllt wird, wenn die Leistungen unmittelbar gegenüber anderen gemeinnützigen oder sonstigen Einrichtungen erbracht werden (hier: Lieferungen an das Jugendsozialwerk) und deshalb den in § 53 AO genannten Personenkreis nur mittelbar begünstigen (BFH-Urteile vom 18. Oktober 1990 V R 76/89, BFHE 162, 510, BStBl II 1991, 268 zu II.1.c; vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798 zu II.B.1.a; Senatsurteile in BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006; vom 16. Dezember 2009 I R 49/08, BFHE 228, 53, BStBl II 2011, 398), wird von der Klägerin nach ihrem Vortrag in der Revisionsinstanz nicht mehr in Frage gestellt. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen hierzu ab.

11

3. Auch wenn hiernach im Hinblick auf die Essenslieferungen an das Jugendsozialwerk die Anforderungen des § 66 AO nicht gegeben sind, so schließt dies nicht aus, dass die Klägerin mit ihrem Mahlzeitendienst einen Zweckbetrieb nach den allgemeinen Merkmalen des § 65 AO unterhalten haben könnte (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798 zu II.B.1.b; Senatsurteile in BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006; in BFHE 228, 53, BStBl II 2011, 398 zu II.4.). Gleiches gilt mit Rücksicht darauf, dass das FA --aufgrund der im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Aufzeichnungen-- den Teilbereich "Essen auf Rädern" als ein in besonderem Maße den in § 53 genannten Personen dienender Mahlzeitendienst und damit als Zweckbetrieb i.S. von § 68 Nr. 1 AO angesehen hat (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 68 AO Rz 1). Auch dieser Vorschrift, die als spezialgesetzliche Regelung § 65 AO vorgeht (Senatsurteil vom 4. Juni 2003 I R 25/02, BFHE 202, 391, BStBl II 2004, 660; BTDrucks 11/4176, S. 12), ist kein abschließender Regelungscharakter des Inhalts beizumessen, dass für die Qualifikation der Mahlzeitendienste --also auch für solche, die die Voraussetzungen nach § 68 Nr. 1 AO nicht erfüllen (im Streitfall die Lieferungen an das Jugendsozialwerk)-- ein Rückgriff auf den Tatbestand des Zweckbetriebs i.S. von § 65 AO gesperrt wäre (Klein/ Gersch, AO, 11. Aufl., § 68 Rz 1). Hiervon ist erkennbar auch die Vorinstanz ausgegangen. Ihre tatsächlichen Feststellungen gestatten jedoch keine Entscheidung darüber, ob der von der Klägerin unterhaltene Mahlzeitendienst --auch soweit er vom FA nicht als steuerbefreit angesehen worden ist-- den kumulativ (s. dazu BFH-Urteil vom 9. April 1987 V R 150/78, BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659) zu erfüllenden Anforderungen des § 65 Nrn. 1 bis 3 AO genügt hat. Danach ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn (Nr. 1) der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, (Nr. 2) die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und (Nr. 3) der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

12

a) Nach dem vorinstanzlichen Urteil entsprach der Einsatz der Maßnahmeteilnehmer (Langzeitarbeitslose) im Mahlzeitendienst dem gemeinnützigen Satzungszweck der Klägerin, Personen mit Einschränkungen oder geringen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu betreuen, zu qualifizieren und zu beschäftigen und wieder an Arbeit zu gewöhnen (§ 2 GV). Da der Senat an diese Feststellung gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass der Mahlzeitendienst damit zugleich auch in seiner Gesamtausrichtung, d.h. mit den ihn begründenden Tätigkeiten, dem steuerbegünstigten Zweck i.S. von § 65 Nr. 1 AO diente. Da hierüber zwischen den Beteiligten Einvernehmen besteht, verweist der Senat insoweit auf sein Urteil in BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767.

13

b) Ferner konnte der satzungsmäßige Zweck der Klägerin nur durch einen solchen am Markt tätigen Geschäftsbetrieb erreicht werden (§ 65 Nr. 2 AO), weil nach den gleichfalls bindenden Feststellungen der Vorinstanz das Ziel, die betreuten Personen wieder an die Arbeit zu gewöhnen (§ 2 GV), nur durch deren Einsatz in einem Arbeitsprozess wie dem des Mahlzeitendienstes erreichbar war.

14

c) Nicht zu folgen vermag der Senat jedoch der Ansicht der Vorinstanz, nach der im Streitfall bereits deshalb von einem unvermeidbaren Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO auszugehen sei, weil die Leistungen der Klägerin im Rahmen ihres Mahlzeitendienstes ein notwendiges Mittel zur Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen (schwer vermittelbaren Personen, darunter auch ehemaligen Alkoholikern) für den Arbeitsprozess gewesen seien und mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin --im Gegensatz zu ihren Wettbewerbern-- in dem Mahlzeitenbetrieb nahezu ausschließlich diesen Personenkreis beschäftigt habe, auch kein "Gebot der Marktzurückhaltung" beachtet werden müsse.

15

aa) Abgesehen davon, dass nicht nachvollziehbar ist, worauf sich die Aussagen des FG zu den Beschäftigten der Wettbewerber der Klägerin stützen, und nach den eigenen Feststellungen der Vorinstanz in der Küche nicht ausschließlich (fünf bis acht) Maßnahmeteilnehmer, sondern auch zwei Fachkräfte (Küchenmeister und Koch) tätig waren, verkennen die vorstehenden Ausführungen den Zweck des § 65 Nr. 3 AO, der darin besteht, sowohl einen tatsächlich vorhandenen Wettbewerb z.B. vor Marktverdrängung als auch einen möglicherweise erst entstehenden (potentiellen) Wettbewerb vor der Errichtung von (steuerlichen) Marktzutrittsschranken zu schützen (Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 I R 60/91, BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573; Senatsbeschluss vom 19. Juli 2010 I B 203/09, BFH/NV 2011, 1, jeweils m.w.N.). Hintergrund beider Zielsetzungen ist in verfassungsrechtlicher Sicht die durch Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verbürgte Wettbewerbsneutralität des Staates; danach ist ein von Steuerbefreiungen ausgehender Eingriff in den Wettbewerb nur dann gerechtfertigt, wenn hierfür ein hinreichender sachlicher Grund vorliegt.

16

(1) Folge hiervon ist zum einen, dass auch dann, wenn eine Körperschaft den Voraussetzungen des § 65 Nrn. 1 und 2 AO genügt, im Rahmen der Prüfung des § 65 Nr. 3 AO, ob die Steuerbegünstigung des Geschäftsbetriebs das Maß des unvermeidbaren Wettbewerbseingriffs wahrt, eine Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten (d.h. steuerlich nicht beeinflussten) Wettbewerb einerseits und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten andererseits erforderlich ist. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar. Der Wettbewerbsgedanke tritt dagegen zurück, wenn die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der steuerpflichtigen Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Gleiches gilt, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen (vgl. zu allem Senatsurteil in BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006, mit umfangreichen Nachweisen).

17

(2) Folge der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung ist jedoch nicht nur, dass der in Frage stehende Geschäftsbetrieb dem Grunde nach ein notwendiges Mittel sein muss, den ideellen Zweck der Körperschaft zu erreichen. Vielmehr muss sich der Geschäftsbetrieb auch in seinem Umfang, d.h. in quantitativer Hinsicht auf eine Marktteilnahme beschränken, die zur Erreichung ihrer satzungsmäßigen (steuerbegünstigten) Ziele erforderlich ist. Hierfür spricht nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut des § 65 Nr. 3 AO, der fordert, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben... nicht in größerem "Umfang" in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke "unvermeidbar" ist. Hinzu kommt, dass der BFH --was das FG gleichfalls außer Acht gelassen hat-- schon bisher von diesem Gesetzesverständnis ausgegangen ist. So hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 177, 339, BStBl II 1995, 767 zu den Lohnaufträgen einer arbeitstherapeutischen Beschäftigungsgesellschaft ausgeführt, dass hierdurch dann ein Zweckbetrieb begründet werde, wenn die gegenüber den Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks seien. Der Senat hat hierbei u.a. an das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 4. Oktober 1938 VI a 43/38 (RFHE 45, 80, RStBl 1939, 92), den Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 11. März 1992 IV B 4 - S 0170 - 32/92 (BStBl I 1993, 214) sowie die Kommentarliteratur verwiesen (u.a. Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, 1991, 189) und damit zugleich deutlich gemacht, dass ein unvermeidbarer Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO nur dann zu bejahen ist, wenn die Marktteilnahme (z.B. Herstellung und Veräußerung von Waren) nicht den für die berufliche Qualifizierungsmaßnahme notwendigen Umfang überschreitet (ebenso Senatsurteil in BFHE 202, 391, BStBl II 2004, 660). Schließlich hat der Senat diese Sicht in seinem Beschluss in BFH/NV 2011, 1 zur Ausbildungseinrichtung (Gastronomiebetrieb) einer gemeinnützigen Körperschaft ausdrücklich bestätigt.

18

bb) Demnach kann auch im Streitfall nichts anderes gelten. Der Senat hält auch insofern an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, als im Rahmen der erforderlichen Abwägung der in Frage stehende Sachverhalt einzelfallbezogen zu würdigen ist. Dass hierdurch die Praktikabilität des Gesetzesvollzugs Einschränkungen erfährt, muss bereits deshalb hingenommen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des BFH Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie für sich genommen ein nach dem Gesetzeszweck der in Frage stehenden Vorschrift gebotenes --und vorliegend zudem auch verfassungsrechtlich fundiertes-- differenzierendes Normverständnis nicht zu hindern vermögen (z.B. BFH-Urteile vom 16. November 2005 X R 6/04, BFHE 211, 518, BStBl II 2008, 62; vom 20. November 2006 VIII R 47/05, BFHE 216, 103, BStBl II 2008, 69).

19

cc) Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang zunächst zu überprüfen haben, ob --was dem Senat naheliegend erscheint-- in den Streitjahren zwischen der Klägerin und anderen Anbietern (Essenslieferanten) ein tatsächlicher oder zumindest ein potentieller Wettbewerb bestanden hat. Sollte dies zu bejahen sein, so wird die Vorinstanz ferner Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Umfang des Mahlzeitendienstes der Klägerin (einschließlich der bisher vom FA als steuerbefreit anerkannten Teilbereiche) den für die Erreichung ihres gemeinnützigen Zwecks erforderlichen Umfang überschritten hatte. Maßgeblich hierfür ist demnach das Verhältnis zwischen der Anzahl der im Essensdienst der Klägerin beschäftigten Maßnahmeteilnehmer (nach Feststellung des FG fünf bis acht Personen) sowie der Art ihrer Tätigkeit einerseits und die für ihre Wiedereingliederung in den normalen Arbeitsprozess erforderliche (notwendige) Marktteilnahme des Mahlzeitendienstes andererseits. Hierbei wird das FG auch die Anzahl der in der Küche täglich zubereiteten Essen und die hieraus von der Klägerin tatsächlich erzielten Umsätze und Gewinne zu gewichten haben. Zudem wird das FG den Umstand zu würdigen haben, dass nach dem Vortrag des FA in der Revisionsinstanz die Klägerin ihre zunächst ausgelastete Küche aufgrund des Auftrags des Jugendsozialwerks umgebaut hat und hierdurch --so das FA weiter-- der Gesamtumsatz über das erforderliche Maß hinaus (Lieferung von 100 bis 150 Essen täglich) erheblich gesteigert worden sei.

20

4. Die Sache ist somit an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Dieser wird auch die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn

1.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2.
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3.
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Unternehmensgegenstand ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag die Förderung der politischen und sozialen Bildung, insbesondere die Förderung der Weiterbildung von Arbeitnehmern. Sie strebt an, diese darin zu unterstützen, sich am gesellschaftlichen und politischen Leben gestaltend zu beteiligen. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung (AO), ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.

2

Im Streitjahr 2007 veranstaltete die Klägerin Seminare für Betriebs- und Personalräte, bei denen sie z.B. Kenntnisse im Arbeitsrecht, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Schwerbehindertenrecht vermittelte. Die Klägerin führte die Seminare in Hotels durch und brachte die Seminarteilnehmer auf deren Bestellung in von ihr angemieteten Räumen unter. Sie berechnete für die Seminarteilnahme einen Seminarpreis sowie gesondert die Unterkunft mit Verpflegung im Hotel. Die Klägerin ging davon aus, dass ihre Leistungen bei der Ermöglichung der Seminarteilnahme nach § 4 Nr. 22 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) steuerfrei seien, während sie hinsichtlich der Beherbergung mit Verpflegung den ermäßigten Steuersatz anwandte.

3

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung war der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) demgegenüber der Auffassung, dass die Klägerin hinsichtlich der Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen den Regelsteuersatz anwenden müsse und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr 2007. Die Klägerin habe zwei wirtschaftliche Geschäftsbetriebe --Seminare und Unterkunft mit Verpflegung-- und dementsprechend zwei gesonderte Zweckbetriebe unterhalten. Die von der Klägerin an die Seminarteilnehmer erbrachten Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen unterlägen dem Regelsteuersatz, da die Klägerin diese Leistungen in unmittelbarem Wettbewerb mit vergleichbaren, aber dem Regelsteuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer wie z.B. Hotels erbracht habe. Die Seminarteilnehmer hätten Unterbringung und Verpflegung auch direkt von den Tagungshotels beziehen können, in denen die Klägerin ihre Seminare abgehalten habe. Die Einnahmen der Klägerin aus der Unterbringung und Verpflegung seien zusätzliche Einnahmen, da sich der Zweckbetrieb "Unterkunft mit Verpflegung" vollständig aus diesen zusätzlichen Einnahmen finanziert habe. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) ging bei seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 1574 veröffentlichten Urteil davon aus, dass die Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen nicht nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei seien und auch nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG 2005 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) --UStG n.F.-- unterlägen. Der Zweckbetrieb "Beherbergung und Verpflegung" diene der Erzielung zusätzlicher Einnahmen im unmittelbaren Wettbewerb mit Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterlägen, da die Klägerin ihre Leistungen insoweit in Konkurrenz zu Hotelbetreibern erbracht habe. Der gesellschaftsvertraglich festgelegte Satzungszweck der Klägerin umfasse im Übrigen nicht die Unterbringung und Verpflegung von Personen. In der mündlichen Verhandlung änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 2007, da es zuvor die von der Klägerin vereinnahmten Nettoentgelte in gleicher Höhe als Entgelt für die Anwendung des Regelsteuersatzes angesehen hatte.

5

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des FG und macht Verletzung materiellen Rechts geltend. Der ermäßigte Steuersatz sei anzuwenden, da die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. in beiden Alternativen vorlägen. Auf das Unionsrecht komme es daher nicht an. Als gemeinnütziger Bildungsträger trete sie nicht in Wettbewerb zum Beherbergungsgewerbe, soweit sie Beherbergung und Unterbringung gegenüber den Teilnehmern ihrer Seminare erbringe.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 vom 15. März 2011 die Umsatzsteuer auf ./. 27.568,10 € festzusetzen.

7

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Die nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. bestehenden Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes seien nicht erfüllt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen der Klägerin weder steuerfrei sind noch dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.

10

1. Wie das FG zu Recht unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 7. Oktober 2010 V R 12/10 (BFHE 231, 349, BStBl II 2011, 303) entschieden hat und zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, ist die Verpflegung von Seminarteilnehmern im Allgemeinen nicht als mit der Aus- oder Fortbildung eng verbundene Dienstleistung oder als Nebenleistung zur Aus- oder Fortbildung nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei, da es sich nicht um eine für die Aus- oder Fortbildung unerlässliche Leistung handelt, sondern um eine hierfür nur nützliche Maßnahme, die vorrangig dazu dient, den Komfort und das Wohlbefinden bei der Inanspruchnahme der Bildungsmaßnahme zu steigern. Dies gilt auch für die im Streitfall zu beurteilende Beherbergung mit Verpflegung der Seminarteilnehmer.

11

2. Die Beherbergung und Verpflegung der Seminarteilnehmer unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. Nach dieser Vorschrift ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden auf "die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht".

12

a) Die von der Klägerin gegenüber den Seminarteilnehmern erbrachten Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen erfüllen die im Hinblick auf den leistenden Unternehmer bestehenden Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG. Zwar entspricht diese Vorschrift nicht dem Unionsrecht. Eine richtlinienkonforme Auslegung ist jedoch im Hinblick auf die bei der Gesetzesauslegung zu beachtende Wortlautgrenze nicht möglich.

13

aa) Der ermäßigte Steuersatz ist gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG auf "die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung)" anzuwenden.

14

bb) Unionsrechtliche Grundlage für die Regelung ist Art. 98 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (Amtsblatt der Europäischen Union 2006 Nr. L 347, 1). Danach können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden (Abs. 1), wobei nach Abs. 2 die ermäßigten Steuersätze nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar sind.

15

(1) Als Grundlage für die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG kommt nur die Kategorie 15 in Anhang III der MwStSystRL ("Verzeichnis der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ermäßigte MwSt-Sätze gemäß Artikel 98 angewandt werden können") in Betracht; diese nennt nur "Lieferung von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht gemäß den Artikeln 132, 135 und 136 von der Steuer befreit sind". Insoweit hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) festgestellt, "dass die Mitgliedstaaten nach dem Wortlaut der Nr. 15 nicht auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden dürfen, sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind" (EuGH-Urteil vom 17. Juni 2010 C-492/08, Kommission/Frankreich, Slg. 2010, I-5471 Rdnr. 43).

16

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin dient § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG weder der Umsetzung von Anhang III Nr. 12 MwStSystRL (Beherbergung in Hotels) noch der Umsetzung von Anhang III Nr. 12a MwStSystRL (Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen).

17

Zwar sind die Mitliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuGH zu einer selektiven Ausübung der für die Schaffung ermäßigter Steuersätze bestehenden Ermächtigungen berechtigt. Sie haben jedoch auch dann den Grundsatz steuerrechtlicher Neutralität zu beachten (EuGH-Urteil vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich, Slg. 2010, I-4261 Rdnrn. 29 f.). Für die Ausübung der nach Anhang III Nr. 12 und Nr. 12a MwStSystRL bestehenden Ermächtigung folgt dies daraus, dass diese leistungsbezogenen Ermächtigungen --anders als z.B. personenbezogene Ermächtigungen nach Anhang III Nr. 15 MwStSystRL-- nicht nur für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen wie z.B. gemeinnützige Körperschaften ausgeübt werden können, wenn andere Gruppen von Steuerpflichtigen --wie im Streitfall-- dieselben Leistungen erbringen. Anhang III Nr. 12a MwStSystRL scheidet zudem als Ermächtigungsgrundlage aus, da diese Bestimmung erst durch die Änderungsrichtlinie 2009/47/EG mit Wirkung ab 1. Juni 2009 gültig ist.

18

cc) Mit den unionsrechtlichen Vorgaben ist die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG nicht vereinbar (vgl. z.B. Fritsch, Umsatzsteuer-- und Verkehrsteuer-Recht 2005, 69 ff.; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Rz 403a).

19

Der ermäßigte Steuersatz umfasst --wie ausgeführt-- aufgrund der Verweisung auf die §§ 51 ff. AO alle Leistungen der Körperschaften, die im Sinne der nationalen Regelung der AO gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. § 52 Abs. 2 AO enthält einen Beispielskatalog (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Oktober 1997 I R 13/97, BFHE 184, 226, BStBl II 1998, 9) und nennt z.B. als gemeinnützig u.a. Wissenschaft und Forschung (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO), Denkmalschutz und Denkmalpflege (§ 52 Abs. 2 Nr. 6 AO), Naturschutz und Landschaftspflege (§ 52 Abs. 2 Nr. 8 AO), Tierschutz (§ 52 Abs. 2 Nr. 14 AO), Sport und Schachspiel (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 AO) sowie Tierzucht, Pflanzenzucht, Kleingärtnerei, Karneval, Fastnacht und Fasching, Modellflug oder Hundesport (§ 52 Abs. 2 Nr. 23 AO). Abweichend von dem unionsrechtlich zulässigen Rahmen erstreckt sich die nationale Regelung daher --aufgrund der Verweisung auf die §§ 51 ff. AO-- auf alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, ohne dass dabei eine Einschränkung auf die Leistungen vorzunehmen ist, die Körperschaften erbringen, die --wie nach der Richtlinie erforderlich-- für wohltätige Zwecke oder solche "im Bereich der sozialen Sicherheit" tätig sind.

20

dd) Einer Anpassung an die Vorgaben der Richtlinie durch die grundsätzlich gebotene richtlinienkonforme Auslegung steht der Wortlaut der Vorschrift entgegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 42/03, BFHE 211, 527, BStBl II 2006, 44, unter II.4.; vom 27. April 2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16, unter II.4.b, m.w.N.). Denn aufgrund der im Rahmen des Klammerzusatzes ausdrücklichen Bezugnahme auf die §§ 51 bis 68 AO und der sich hieraus ergebenden Verweisung auf den Beispielskatalog in § 52 Abs. 2 AO fehlt es an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine dem Unionsrecht entsprechende Einschränkung des ermäßigten Steuersatzes auf die Leistungen der anerkannten Einrichtungen, die "für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit" tätig sind.

21

Da die Klägerin im Streitfall nach den auch zwischen den Beteiligten nicht streitigen Feststellungen des FG eine gemeinnützige Körperschaft i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ist, können ihre Leistungen somit nach dem für sie insoweit günstigeren nationalen Recht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die hierfür erforderlichen Voraussetzungen der MwStSystRL vorliegen.

22

b) Obwohl die Klägerin aufgrund der Unmöglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG erfüllte, war sie nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt, da die Steuerermäßigung danach nicht auf Leistungen anzuwenden ist, die --wie im Streitfall die entgeltlichen Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen der Klägerin-- im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 64 AO i.V.m. § 14 AO) ausgeführt werden.

23

c) Dass der von der Klägerin unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb als Zweckbetrieb anzusehen ist, führt im Streitfall gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. nicht zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.

24

aa) Die Klägerin erbrachte ihre Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen gemäß § 68 Nr. 8 AO im Rahmen eines Zweckbetriebes, zu dem nach dieser Vorschrift auch "Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen" gehören. Die Zweckbetriebseigenschaft besteht dabei auch insoweit, als diese "Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren".

25

bb) Auch wenn somit ein Zweckbetrieb i.S. von § 68 Nr. 8 AO vorliegt, unterliegen die Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen der Klägerin gleichwohl nicht dem ermäßigten Steuersatz, da auf Leistungen eines Zweckbetriebs die Steuerermäßigung nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. anzuwenden ist. Diese liegen im Streitfall nicht vor.

26

(1) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG n.F. setzt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Leistungen eines Zweckbetriebs voraus, dass "der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden". Dieser Gesetzeswortlaut entspricht der amtlichen Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/2712, S. 75), nach der eine z.B. gemeinnützige Körperschaft den ermäßigten Steuersatz nicht für die Leistungen eines Zweckbetriebs in Anspruch nehmen kann, die in erster Linie dazu bestimmt sind, der Körperschaft zusätzliche Einnahmen durch solche Leistungen zu verschaffen, die auch andere, nicht steuerbegünstigte Unternehmer ausführen können.

27

(a) Die Zweckbetriebseigenschaft i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG n.F. ist nicht abgabenrechtlich, sondern umsatzsteuerrechtlich zu bestimmen, da die Vorschrift dazu dient, den ermäßigten Steuersatz nicht auf alle, sondern nur auf bestimmte Leistungen eines abgabenrechtlichen Zweckbetriebs anzuwenden. Für die Zweckbetriebseigenschaft i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG n.F. kommt es daher darauf an, in welchem Umfang umsatzsteuerpflichtige Leistungen der Körperschaft vorliegen. Zweckbetrieb der Klägerin war daher im Streitfall der Bereich Beherbergung und Verpflegung, ohne Berücksichtigung der von der Klägerin erbrachten Unterrichtsleistungen, die steuerfrei waren (s. oben II.1.). Auf die Frage, ob nach § 68 Nr. 8 AO ein oder mehrere Zweckbetriebe vorliegen, kommt es somit nicht an. Dies entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des I. Senats des BFH, nach der ihrer Art nach unterschiedliche Tätigkeiten grundsätzlich auch dann mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind, wenn die Tätigkeiten wirtschaftlich verflochten sind und sich gegenseitig bedingen (BFH-Urteil vom 19. November 2003 I R 33/02, BFHE 204, 21, BFH/NV 2004, 445).

28

(b) Der Zweckbetrieb Beherbergung und Verpflegung diente im Streitfall in erster Linie und damit vorrangig der Erzielung zusätzlicher Einnahmen. Insoweit kommt es weder darauf an, dass die Körperschaft aus den zusätzlichen Einnahmen Gewinne erzielt, noch, dass Einnahmen der Körperschaft verbleiben. Daher stünde es der Anwendung des Regelsteuersatzes auch nicht entgegen, wenn die Klägerin die an die Seminarteilnehmer erbrachten Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen für dasselbe Entgelt abgegeben hätte, für das sie diese Leistungen von dem jeweiligen Hotel bezogen hat.

29

Der Zweckbetrieb Beherbergung und Verpflegung diente danach vorrangig zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen. Zusätzliche Einnahmen in diesem Sinne liegen bereits dann vor, wenn die Körperschaft diese in Zusammenhang mit Leistungen erzielt, die für die Verwirklichung ihres steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks --hier Förderung der Volks- und Berufsbildung nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO-- nicht unerlässlich sind. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG (s. oben II.1.). Der Zweckbetrieb diente auch vorrangig der Erzielung dieser Einnahmen, da es sich um den einzigen Tätigkeitsgegenstand des Zweckbetriebs Beherbergung und Verpflegung handelte.

30

Diese weite Auslegung der in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. enthaltenen Begriffe beruht zum einen darauf, dass Vorschriften, die den Regelsteuersatz einschränken, im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter eng und Vorschriften, die im Rahmen einer sog. Rückausnahme die Geltung des Regelsteuersatzes (wieder) anordnen, weit auszulegen sind (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Januar 2001 C-83/99, Kommission/Spanien, BFH/NV Beilage 2001, 124, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung; BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 V R 46/06, BFHE 224, 176, BStBl II 2009, 560, unter II.2.b). Für das Gebot einer weiten Auslegung der den ermäßigten Steuersatz einschränkenden Regelungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG spricht im Streitfall zum anderen die fehlende Vereinbarkeit von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG mit dem Unionsrecht (s. oben II.2.a bb).

31

(c) Nach den Feststellungen des FG erbrachte die Klägerin ihre Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen schließlich auch in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen von Hotelbetreibern, deren Leistungen dem Regelsteuersatz unterlagen. Ohne Erfolg macht die Klägerin insoweit geltend, sie sei nicht als Wettbewerber, sondern als Kunde am Markt für Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen tätig, weil sie diese Leistung selbst "einkaufe". Denn entscheidend ist, ob die Klägerin mit den Leistungen ihres Zweckbetriebs --hier den ermäßigten Beherbergungs- und Verpflegungsumsätzen, die sie nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst a Satz 1 UStG "selbst" erbringt, und für die sie grundsätzlich die Ermäßigung beanspruchen könnte-- in Wettbewerb zu anderen Unternehmern tritt, die vergleichbare Leistungen ohne Anspruch auf Ermäßigung am Markt anbieten. Welcher Art die Vorleistungen sind, die der Zweckbetrieb zur Erbringung seiner eigenen Leistung beansprucht, ist insoweit nicht von Bedeutung.

32

Für diese weite Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG n.F. spricht dabei, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz nur insoweit anzuwenden ist, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führt (EuGH-Urteil vom 3. März 2011 C-41/09, Kommission/Königreich Niederlande, BFH/NV 2011, 735, Rz 52).

33

(2) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 zweite Alternative UStG n.F. ist der ermäßigte Steuersatz auch anzuwenden, wenn "die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht".

34

Auch diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Satzungsmäßiger Zweck der Klägerin war im Streitfall die Förderung der politischen und sozialen Bildung, insbesondere die Förderung der Weiterbildung von Arbeitnehmern. Beherbergung und Verpflegung anlässlich der Seminare mögen zwar der Verwirklichung dieser Zwecke gedient haben; Beherbergung und Verpflegung sind jedoch bei der gebotenen engen Auslegung dieser Vorschrift (s. oben II.2.c aa) nicht als "Selbstverwirklichung" dieser Zwecke anzusehen.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.