Finanzgericht München Urteil, 23. Feb. 2015 - 7 K 475/13

bei uns veröffentlicht am23.02.2015

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Oktober 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2013 wird die Familienkasse verpflichtet, dem Beklagten für seine Tochter M im Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 Kindergeld zu gewähren.

2. Die Familienkasse trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter M für den Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 geltend machen kann.

M, geboren am 17. November 1993, ist chinesische Staatsangehörige. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 2. August 2012 wurde ihre Annahme als Kind des Klägers und seiner Ehefrau ausgesprochen. Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, seine Ehefrau ist chinesische Staatsangehörige und lebt seit dem 21. August 1998 mit dem Kläger in G. M studierte seit September 2011 in China  und bewohnte während des Semesters mit Kommilitonen ein möbliertes Mehrbettzimmer im dem der Universität angeschlossenen Studentenwohnheim (vgl. Immatrikulationsbescheinigung der Universität vom 28. September 2012). Während der vorlesungsfreien Zeit hielt sie sich in G auf. Bereits am 21. Januar 2010 erfolgte ihre Anmeldung bei der Meldebehörde der Gemeinde G. Laut Meldebestätigung des Einwohnermeldeamtes der Gemeinde vom 14. März 2012 war M außerdem am 14. Januar 2012 in die Wohnung des Klägers eingezogen und am 12. März 2012 ausgezogen sowie vom 26. Juli 2012 bis zum 1. September 2012 in G gemeldet. Für diesen Zeitraum hatte sie von der Universität eine Besuchsbescheinigung für den Aufenthalt in Deutschland erhalten. Am 13. Januar 2013 erfolgte eine erneute Anmeldung in G.

Der am 8. Oktober 2012 gestellte Antrag auf Kindergeld für M wurde mit Bescheid der Familienkasse vom 15. Oktober 2012 abgelehnt, da M nicht als Kind berücksichtigt werden könne. Sie habe weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland noch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.

Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zu Unrecht habe die Familienkasse seinen Antrag auf Kindergeld abgelehnt. Seine Tochter verfüge im elterlichen Haus seit dem Erstbezug des Hauses im November 2004 über ihr eigenes Zimmer nebst eigenem Mobiliar und persönlichen Gegenständen, die auch während ihrer studienbedingten Abwesenheit dort verblieben. Sie besitze Haus- und Zimmerschlüssel und habe sich in G mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufgehalten, wie sich auch aus den Meldebestätigungen der Gemeinde ergebe. Dabei handle es sich um den Zeitraum vom 20. Januar bis 3. März 2010 (6 ½ Wochen), vom 14. Januar bis 12. März 2012 (8 Wochen), vom 26. Juli bis 1. September 2012 (5 ½ Wochen) und vom 13. Januar bis 4. März 2013 (7 Wochen). Im Übrigen habe sich M entschieden, ihre Ausbildung bzw. ihr Studium in Deutschland fortzusetzen und halte sich seit 27. August 2013 dauerhaft in G auf.

Die vorübergehende räumliche Trennung vom Familienwohnsitz stehe der Beibehaltung dieses Wohnsitzes nicht entgegen. Denn auch die mit einer Unterbringung in einer studentischen Wohngemeinschaft verbundene räumliche Trennung von den Eltern stelle keine Auflösung der familiären Bindungen dar und brächte keine Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ort des Studiums mit sich. Auch wenn sich M formal nach dem Meldegesetz abgemeldet habe, könne die Familienkasse nicht den Schluss ziehen, dass sie die Wohnung tatsächlich und endgültig verlasse. Genauso wenig könne es von Bedeutung sein, wo M ihre Kindheit verbracht habe. Abzustellen sei vielmehr auf den 7. August 2012, also auf den Tag der Rechtswirksamkeit des Adoptionsbeschlusses in Verbindung mit der erstmaligen Begründung des inländischen Wohnsitzes ab 14. Januar 2012.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 15. Oktober 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2013  aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kindergeld für seine Tochter M im Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

Aufgrund des Beschlusses vom 30. Januar 2015 wurde M in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2015 Bezug genommen, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Familienkasse, auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

II. Die Klage ist begründet, der Kläger kann für den Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 (Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung) einen Kindergeldanspruch für M geltend machen.

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. China zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.

Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 der Abgabenordnung (AO). Nach dieser Vorschrift hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Damit knüpft der Wohnsitzbegriff des § 8 AO ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an (Urteil des Bundesfinanzhofs- BFH - vom 25. September 2014 III R 10/14, BFH/NV 2015, 266 m.w.N.).

Ein Wohnsitz nach § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit -wenn auch in größeren Zeitabständen- aufsucht (BFH-Urteil vom 23. November 2001 VI R 107/99, BStBl II 2001, 294, unter II.2.a). Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit. Erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht (BFH-Urteil vom 10. April 2013 I R 50/12, BFH/NV 2013, 1909, unter II.2.c aa, m.w.N.).

Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinn besteht nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit Wohncharakter bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteil vom 25. September 2014 in BFH/NV 2015, 266 m.w.N.). Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 8 AO, Rz 40; vgl. BFH-Urteil vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351). Vielmehr muss, um insoweit einen inländischen Wohnsitz annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet (BFH-Urteil vom 17. März 1961 VI 185/60 U, BStBl III 1961, 298).

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat auf Grund zahlreicher Entscheidungen konkrete objektive Anhaltspunkte dargelegt, die Rückschlüsse auf die Beibehaltung oder die Aufgabe eines inländischen Wohnsitzes zulassen können. Neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts, den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits (BFH-Beschluss vom 22. November 2011 III B 154/11, BFH/NV 2012, 375, unter II.), kommt der Dauer und Häufigkeit der Inlandsaufenthalte erhebliche Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 25. September 2014 in BFH/NV 2015, 266 m.w.N.). Danach reicht bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Urlaubszwecken, Besuchszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht aus, um "zwischenzeitliches Wohnen" und damit einen inländischen Wohnsitz anzunehmen.

Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie diese in ausbildungsfreien Zeiten nutzen. Da die ausbildungsfreien Zeiten von der Art bzw. der Gestaltung des Studiums (z.B. Trimester), von länderspezifisch unterschiedlich ausgestalteten Semesterferien und auch von Anwesenheitsobliegenheiten (Seminar-/Hausarbeiten in der unterrichtsfreien Zeit, Examens-/Prüfungsvorbereitungen) abhängen können, kann eine Mindestdauer der Inlandsaufenthalte nicht verlangt werden. Erforderlich ist jedoch im Regelfall, dass die ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um Inlandsaufenthalte handelt, die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen.

Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten -zwei bis drei Wochen pro Jahr - nach der Lebenserfahrung der Fall.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsgrundsätze hatte die Tochter des Klägers während des streitigen Zeitraums August 2012 bis Januar 2013 einen Wohnsitz im Inland inne. Ihr stand im Haus des Klägers bereits seit dem Jahr 2004 ein eigenes Zimmer zur Verfügung, das sie jederzeit nutzen konnte und auch tatsächlich genutzt hat. Wie sie in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hat, war sie bereits in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt 10 Wochen, im Jahr 2010 insgesamt sechseinhalb Wochen und im Jahr 2012 insgesamt dreizehneinhalb Wochen, d.h. nicht nur kurzfristig in Deutschland. Nach der Aufnahme ihres Studiums hat sie sich während der gesamten vorlesungsfreien Zeit im Inland aufgehalten. Sie hat dabei stets ihr Zimmer im Haus ihrer Eltern in G beibehalten und es mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen - jeweils genutzt und im Sinne der oben genannten höchstrichterliche Rechtsprechung auch tatsächlich „bewohnt“. Von kurzfristigen Urlaubsbesuchen kann nicht die Rede sein. Vielmehr dienten die Aufenthalte der Vertiefung der familiären Bindungen, wie sich auch aus dem Adoptionsbeschluss vom 23. August 2012 ergibt.

Aufgrund der glaubhaften Aussage von M steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es bereits bei Beginn des Studiums im September 2011 feststand, dass sie -  wie auch ab 27. August 2013 erfolgt – ihre weitere Ausbildung in Deutschland absolvieren wird. Das Studium in China war absehbar zeitlich befristet und nicht auf Dauer angelegt. Die vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort aufgrund ihres Studiums in China hat daher nicht zu einer Verlagerung des Schwerpunktes ihrer Lebensverhältnisse geführt.

Für die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes spricht auch die Art der Unterbringung in G. Während M in China lediglich in einem Mehrbettzimmer des Studentenwohnheims untergebracht war, verfügte sie im Haus ihrer Eltern über ein eigenes Zimmer, das mit ihren eigenen Möbeln und persönlichen Gegenständen ausgestattet war, die auch während ihrer Abwesenheit dort verblieben. Die objektiven Wohnverhältnisse waren so gestaltet, dass die Möglichkeit eines längeren Wohnens bestand. M verfügte somit auch während ihres Studiums in China im Inland über eine Wohnung unter Umständen, die auf eine dauerhaft künftige Nutzung schließen lassen. Die Inlandsaufenthalte während der Semesterferien waren daher ausreichend, um von einem Wohnen und nicht nur von reinen Besuchsaufenthalten auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) heiratete im Dezember 2004 in der Ukraine seine Ehefrau (E), eine ukrainische Staatsangehörige, die seit Mai 2004

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(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Es ist streitig, ob dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) für seine in den USA studierende Tochter (T) Kindergeld für den Zeitraum Januar 2009 bis August 2011 zusteht.

2

T absolvierte nach ihrem im Sommer 2008 abgelegten Abitur ab August 2008 ein einjähriges Au-Pair-Programm in den USA, welches einen Sprachkurs von zehn Stunden pro Woche umfasste. Während des Auslandsaufenthalts entschloss sich T zu einem Studium in New York. Seit September 2009 studiert sie dort. Der Abschluss ist für das Jahr 2014 geplant.

3

Während ihres Auslandsaufenthalts stand T ihr ehemaliges Kinderzimmer im väterlichen Wohnhaus in B zur Verfügung. Im Streitzeitraum hielt sie sich vom 18. Dezember 2009 bis zum 4. Januar 2010, vom 11. Februar 2011 bis zum 1. April 2011 und vom 1. August 2011 bis zum 4. September 2011 auf (außerhalb des Streitzeitraums: 20. Dezember 2011 bis 3. Januar 2012, 3. Februar 2012 bis 6. März 2012, 4. April 2012 bis 16. April 2012).

4

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2009 auf und führte zur Begründung an, T habe ab diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland).

5

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage war erfolgreich. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, dass T ab 2009 weiterhin nach Gesamtwürdigung aller Umstände ihren Wohnsitz im Inland beibehalten habe. Der Umstand, dass T nicht die gesamte ausbildungsfreie Zeit in der inländischen Wohnung verbracht habe, sei nicht ausschlaggebend. Ursächlich hierfür sei nicht die Loslösung von der inländischen Wohnung, sondern fehlende finanzielle Mittel gewesen. Die Sichtweise der Familienkasse würde dazu führen, dass wohlhabende Eltern, die höhere Flugkosten tragen könnten, eher in den Genuss von Kindergeld kämen.

6

Mit der Revision macht die Familienkasse eine unzutreffende Auslegung des § 8 der Abgabenordnung (AO) geltend. Der in § 63 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannte Wohnsitz der Kinder im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union richte sich nach § 8 AO. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise im Ausland aufhalte, seinen inländischen Wohnsitz beibehalte oder aufgebe und möglicherweise später neu begründe, seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Dabei komme der Häufigkeit und Dauer der Inlandsaufenthalte eine erhebliche Bedeutung zu. Das FG Köln (Urteil vom 22. Juli 2007  15 K 3039/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 1174) gehe davon aus, dass grundsätzlich die gesamte ausbildungsfreie Zeit im Inland verbracht werden müsse. Das FG München (Urteil vom 22. Dezember 2008  10 K 3104/07, juris) verlange, dass das Kind zumindest die weitaus überwiegende ausbildungsfreie Zeit im Inland verbringe. Indem das FG eine Beibehaltung des Inlandswohnsitzes des Kindes angenommen habe, obwohl es sich im Jahr 2009 lediglich an 14 Tagen und im Jahr 2010 nur an vier Tagen im Inland aufgehalten habe, habe es § 8 AO unzutreffend ausgelegt.

7

Die Familienkasse beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Eine fehlerhafte Auslegung des § 8 AO durch das FG liege nicht vor. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013) sei eine starre Aufenthaltsgrenze im Inland von fünf Monaten nicht mehr erforderlich. Darüber hinaus entsprächen die von der Familienkasse geforderten Inlandsaufenthalte in den unterrichtsfreien Zeiträumen nicht der Lebenswirklichkeit.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG hat einen inländischen Wohnsitz der T bejaht. Die Feststellungen des FG reichen indes nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Tochter des Klägers im Streitzeitraum ihren Wohnsitz im Inland (beibehalten) hatte.

12

1. Für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben, wird nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Kindergeld gewährt. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG).

13

2. Die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 AO) im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt (z.B. Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564; Senatsbeschluss vom 19. September 2013 III B 53/13, BFH/NV 2014, 38).

14

a) Nach § 8 AO, der auch im Rahmen der Prüfung des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG über § 1 Abs. 1 AO i.V.m. § 31 Satz 3 EStG Anwendung findet, hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Damit knüpft der Wohnsitzbegriff des § 8 AO ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an (BFH-Urteil vom 12. Januar 2001 VI R 64/98, BFH/NV 2001, 1231; Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 38, Rz 7 ff.).

15

Ein Wohnsitz nach § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht (BFH-Urteil vom 23. November 2001 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.2.a). Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, BFH/NV 2004, 917, unter II.3.a) noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit (BFH-Urteile vom 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447, unter II.3.; in BFH/NV 2001, 1231); erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht (BFH-Urteil vom 10. April 2013 I R 50/12, BFH/NV 2013, 1909, unter II.2.c aa, m.w.N.).

16

Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinn besteht nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit Wohncharakter bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301, unter 1.a; in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.2.a; vom 13. November 2013 I R 38/13, BFH/NV 2014, 1046, unter II.2.b).

17

b) Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 8 AO, Rz 40; vgl. Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351, unter II.1.c).

18

aa) Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen  annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet (BFH-Urteil vom 17. März 1961 VI 185/60 U, BFHE 73, 82, BStBl III 1961, 298).

19

Die Beantwortung der Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland zu Ausbildungszwecken aufhält, seinen inländischen Wohnsitz bei den Eltern beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet unter Berücksichtigung der objektiven Umstände des jeweiligen Falles. Generelle Regeln lassen sich nicht aufstellen. Die Umstände müssen aber nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass das Kind die Wohnung innehat, um sie als solche zu nutzen.

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Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat auf Grund zahlreicher Entscheidungen konkrete objektive Anhaltspunkte dargelegt, die Rückschlüsse auf die Beibehaltung oder die Aufgabe eines inländischen Wohnsitzes zulassen können. Neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts, den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits (Senatsbeschluss vom 22. November 2011 III B 154/11, BFH/NV 2012, 375, unter II.), kommt der Dauer und Häufigkeit der Inlandsaufenthalte erhebliche Bedeutung zu (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.a; Senatsbeschlüsse vom 27. Dezember 2011 III B 14/10, BFH/NV 2012, 555, unter II.1.; vom 17. Mai 2013 III B 121/12, BFH/NV 2013, 1381, unter 1.b aa; BFH-Beschluss vom 12. Februar 2014 V B 39/13, BFH/NV 2014, 715, unter 2.). Danach reicht bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Urlaubszwecken, Besuchszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht aus, um "zwischenzeitliches Wohnen" und damit einen inländischen Wohnsitz anzunehmen (Senatsurteil in BFH/NV 2009, 564, unter II.1.b; Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 38, unter II.2.b).

21

bb) Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie diese in ausbildungsfreien Zeiten nutzen (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.a).

22

Da die ausbildungsfreien Zeiten von der Art bzw. der Gestaltung des Studiums (z.B. Trimester), von länderspezifisch unterschiedlich ausgestalteten Semesterferien und auch von Anwesenheitsobliegenheiten (Seminar-/Hausarbeiten in der unterrichtsfreien Zeit, Examens-/Prüfungsvorbereitungen) abhängen können, kann eine Mindestdauer der Inlandsaufenthalte nicht verlangt werden. Erforderlich ist jedoch im Regelfall, dass die ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um Inlandsaufenthalte handelt, die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen.

23

Bei der Ermittlung der Dauer der Inlandsaufenthalte bleiben solche Zeiten außer Betracht, in denen sich das Kind vor dem Beginn und nach dem Ende des Studiums im Inland aufhält (Senatsurteil in BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013, unter II.1.b).

24

Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten --zwei bis drei Wochen pro Jahr (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2012, 555, unter II.1.)-- nach der Lebenserfahrung der Fall.

25

cc) Keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beibehaltung des Wohnsitzes haben regelmäßig die Staatsangehörigkeit des Kindes, die Feststellung der Rückkehrabsicht ins Inland (BFH-Urteil in BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, unter II.3.b), Aufenthalte der Eltern mit den Kindern außerhalb von Deutschland und melderechtliche Vorgaben.

26

Entgegen der Ansicht des FG können fehlende finanzielle Mittel für Heimreisen des Kindes nicht die fehlenden wesentlichen Inlandsaufenthalte in den ausbildungsfreien Zeiten kompensieren. Die gesetzliche Regelung (§ 8 AO) setzt neben dem Vorhandensein einer Wohnung, das "Innehaben" einer solchen voraus. Dabei sind die Voraussetzungen für das "Innehaben" einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinn objektiviert (BFH-Urteil vom 23. November 1988 II R 139/87, BFHE 155, 29, BStBl II 1989, 182, unter 1.b). Entscheidend sind daher die tatsächlichen Verhältnisse ohne Rücksicht auf subjektive Momente oder Absichten. Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die fehlenden Inlandsaufenthalte und damit für das fehlende "Innehaben" sind für die Frage des Wohnsitzes unerheblich (FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2007  15 K 3039/04, EFG 2007, 1174).

27

3. Die Beurteilung, ob objektiv erkennbare Umstände auf eine Beibehaltung und Nutzung der Wohnung schließen lassen, obliegt im Wesentlichen dem FG; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist nur begrenzt überprüfbar (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

28

a) Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung ist auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zu beanstanden. Das FG-Urteil enthält keine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der T (zum Fehlen einer tragfähigen Tatsachengrundlage vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 2009 VII R 28/08, BFHE 225, 543; Senatsurteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483). Hierin liegt ein Rechtsfehler, den der erkennende Senat auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten hat (BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 18/08, BFH/NV 2009, 1627, unter II.2.; Lange in HHSp, § 118 FGO, Rz 230, 100, m.w.N.).

29

aa) Das FG hat die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der T im Wesentlichen aus den teilweise nur sehr kurzzeitigen Aufenthaltszeiten in ihrem ehemaligen Kinderzimmer, den zu Hause wohnenden jüngeren Geschwistern, der daraus abzuleitenden familiären Bindung an das elterliche Wohnhaus und aus den fehlenden finanziellen Mitteln für weitere Heimreisen abgeleitet. Diese tatsächlichen Umstände sind aber weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau ausreichend, nachvollziehbar die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitz der T anzunehmen.

30

bb) Das FG hat die jeweilige Dauer der ausbildungsfreien Zeiten der T nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, es sei nicht ausschlaggebend, dass T nicht die gesamte ausbildungsfreie Zeit in der inländischen Wohnung verbracht habe. So bleibt unklar, ob T sich weit überwiegend während der ausbildungsfreien Zeiten im Inland, in den USA oder an anderen Orten aufgehalten hat. Die Feststellung des FG, dass T die inländische Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum mehrfach für mehrere Wochen genutzt hat, betrifft nur das Jahr 2011. Im Jahr 2009 hat T ihr Zimmer im väterlichen Haus zwei Wochen und im Jahr 2010 lediglich an vier Tagen genutzt.

31

b) Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG lassen weder eine Beurteilung darüber zu, ob T ihren Wohnsitz im väterlichen Haus im gesamten Streitzeitraum beibehalten oder zunächst beibehalten, dann aufgegeben und ggf. wieder neu begründet hat. Das FG hat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

32

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass T zunächst nur einen vorübergehenden einjährigen Aufenthalt in den USA als Au-Pair geplant hatte. Bei voraussichtlicher Rückkehr innerhalb eines Jahres liegt regelmäßig keine Aufgabe des Wohnsitzes vor (vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO, § 8 Rz 23, 43, 49 "Ausbildung"), so dass Inlandsaufenthalte für die Beibehaltung des Wohnsitzes nicht erforderlich sind. Wird die Absicht zur Rückkehr innerhalb eines Jahres aufgegeben, so kann in diesem Moment eine Aufgabe des Wohnsitzes erfolgen. Entscheidend ist insoweit, in welchem Zeitpunkt Umstände eintreten, die nunmehr Rückschlüsse auf einen längerfristigen Auslandsaufenthalt zulassen. Ab diesem Zeitpunkt kommt den Inlandsaufenthalten bei der Frage der Beibehaltung des Wohnsitzes im Elternhaus wieder erhebliche Bedeutung zu. Das FG hat hierzu --aus seiner Sicht konsequent-- keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die ebenfalls nachzuholen sind.

33

4. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Der Senat hält es für sachdienlich gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

34

5. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ab November 2002 bis einschließlich 2006 (Streitjahre) in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unbeschränkt steuerpflichtig war.

2

Der Kläger, ein schweizerischer Staatsbürger, war seit Mai 2001 als Pilot bei der Fluggesellschaft Z (Z) mit Einsatzflughafen in A (Inland) beschäftigt. Seit November 2001 lebte er zusammen mit seiner Partnerin in B (Schweiz) und hatte dort auch seinen Lebensmittelpunkt (Hauptwohnsitz). Da die Z von ihren Besatzungsmitgliedern verlangt, den Flugdienst pünktlich und ausgeruht anzutreten, und diese deshalb im Einzugsbereich ihrer Einsatzorte (d.h. maximal 50 km vom Flughafen entfernt) über eine Unterkunft verfügen müssen, mietete der Kläger in der Zeit von Juli 2001 bis Oktober 2002 im Haus der Familie X in Y zusammen mit zwei anderen Piloten --C und D-- eine sog. "Standby-Wohnung". In diesem Zeitraum hatte der Kläger seinen Wohnsitz in Y gemeldet.

3

Da im Herbst 2002 absehbar war, dass der Kläger seltener in A sein werde, zog er --ebenso wie C und D-- innerhalb des Hauses der Familie X in ein ca. 12 qm bis 15 qm großes "Standby-Zimmer" in der Kelleretage um, welches er bei dienstlichen Aufenthalten in Deutschland aufsuchte, monatlich im Durchschnitt für drei Nächte. Als Miete zahlten der Kläger und die anderen beiden Piloten jeweils 50 € im Monat. Das Zimmer wurde von den Vermietern gereinigt; sie hatten auch die Nebenkosten zu tragen. Eine schriftliche Mietvereinbarung wurde nicht getroffen. Das mit Dusche, Toilette und Waschbecken ausgestattete Bad befand sich gleichfalls in der Kelleretage und wurde neben den Mietern auch von den Angehörigen der Familie X genutzt. Darüber hinaus befanden sich im Kellergeschoss weitere Räume der Vermieter (Werkstatt, Bastelraum, Bügelzimmer, Lagerraum und Heizungsraum). Auch das angemietete Zimmer, in dem der Kläger keine persönlichen Gegenstände aufbewahrte, wurde gelegentlich für Familien- und Gästebesuche der Familie X genutzt. Möbliert war das Zimmer mit einem doppelstöckigen Bett, einer Couch, einem Regal, einem Schrank und einem kleinen Tisch; diese Einrichtungsgegenstände sind von den Mietern angeschafft worden und nach deren Auszug in dem Zimmer verblieben. Seitens der Vermieter war das Zimmer mit einem Fernseher ausgestattet; eine Kochgelegenheit oder ein Kühlschrank waren nicht vorhanden.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erfasste im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2002 erklärungsgemäß zunächst nur die bis einschließlich Oktober 2002 erzielten Einkünfte. Für den Zeitraum November bis Dezember 2002 sowie die Jahre 2003 bis 2006 wurde für den Kläger der Lohnsteuerabzug für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer gemäß § 39d des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) für die im Inland erzielten Anteile am Arbeitslohn (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2002; sog. Inlandsanteil) durchgeführt. Dem lag die gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt der Z abgegebene Erklärung des Klägers zugrunde, dass er ab dem 1. November 2002 seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben habe. Der Kläger erhielt daraufhin eine Bescheinigung zur Durchführung des Steuerabzugs für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nach § 39d EStG 2002.

5

Im Anschluss an die am 12. Januar 2007 begonnene und mit Bericht vom 5. Dezember 2007 abgeschlossene Steuerfahndungsprüfung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) vertrat das FA die Ansicht, dass der Kläger auch ab dem 1. November 2002 einen Wohnsitz im Inland nach § 8 AO gehabt habe und deshalb in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei. Es setzte mit Bescheiden vom 16. Januar 2008 zum einen betreffend das Streitjahr 2002 die Einkommensteuer, den Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer auf der Grundlage aller vom Kläger in diesem Jahr erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Inlands- und Auslandsanteile) sowie zum anderen --betreffend die Jahre 2003 bis 2006-- die vom Kläger gemäß § 41c Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 (i.V.m. § 1 Abs. 2 des Solidaritätszuschlagsgesetzes) nachzufordernde Lohnsteuer und die nachzufordernden Solidaritätszuschläge fest.

6

Während des Einspruchsverfahrens erkannte das FA für die Streitjahre 2003 bis 2006 weitere Werbungskosten und Sonderausgaben an und minderte dementsprechend mit Bescheid vom 18. September 2008 die Nachforderungsbeträge. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) hat zu der Frage, ob der Kläger in der Zeit von Oktober 2002 bis einschließlich Dezember 2006 im Hause in Y eine Wohnung unter Umständen inne hatte, die darauf schließen lassen, dass er diese beibehalten und benutzen werde, durch Vernehmung der Eheleute X, deren Tochter sowie von C und D Beweis erhoben. Es hat der Klage stattgegeben (Urteil des Hessischen FG vom 12. April 2012  3 K 1061/09, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1718). Das Kellerzimmer habe den Mietern zwar eine selbständige Lebensführung ermöglicht und hierdurch die Mindestanforderungen einer Wohnung erfüllt. Das FG war jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger jederzeit über das Zimmer habe verfügen können. Dabei sei von Bedeutung, dass das Zimmer im maßgeblichen Zeitraum mindestens in zwei Fällen von Gästen der Familie X zu Übernachtungszwecken genutzt worden sei. Zwar hätten die Mieter das Zimmer während dieser Besuche nicht benötigt, so dass es tatsächlich zu keinem Konflikt hinsichtlich der Nutzung gekommen sei. Gleichwohl setze die (abstrakte) Verfügungsmöglichkeit i.S. von § 8 AO voraus, dass die Mieter im Konfliktfall ein Recht auf Nutzung des Zimmers gehabt hätten. Diesbezüglich habe die Beweisaufnahme aber kein eindeutiges Ergebnis ergeben. So hätten C und Frau X ausgesagt, dass die Familiengäste hinter den Piloten hätten zurücktreten und gegebenenfalls auf andere Schlafplätze ausweichen müssen. Dem stehe jedoch die Aussage von Herrn X gegenüber, nach der die Mieter im Falle einer Nutzung durch die Gäste der Vermieter hätten ausweichen müssen; zudem habe er ausgeführt, dass dies zu Beginn der Nutzung des Zimmers durch die Mieter mit diesen abgesprochen worden sei. Diese Unsicherheit gehe zu Lasten des FA. Des Weiteren fehle es an der Nutzung des Zimmers zu Wohnzwecken. Das Merkmal des Wohnens werde nicht erfüllt, wenn sich die Nutzung der Wohnung auf das reine Übernachten beschränke. Als geeignete Abgrenzungskriterien seien hierbei sowohl die Ausstattung als auch die Art der tatsächlichen Nutzung anzusehen.

8

Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Der Senat kann aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz nicht beurteilen, ob der Kläger im streitigen Zeitraum (November 2002 bis Dezember 2006) unbeschränkt steuerpflichtig war. Das Urteil der Vorinstanz ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

1. Zwischen den Beteiligten besteht --jedenfalls nach ihrem gerichtlichen Vortrag-- Einvernehmen, dass der Kläger auch den sog. Auslandsanteil seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG 2002) als Verkehrsflugzeugführer zu versteuern hätte, wenn er im vorgenannten Zeitraum im Inland entweder einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätte und deshalb nach § 1 Abs. 1 EStG 2002 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen wäre. Die Einkünfte würden dann als Teil des vom Kläger erzielten sog. Welteinkommens nach § 2 Abs. 1 EStG 2002 der Einkommensteuer unterliegen und dieser Besteuerungszugriff wäre auch nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- ausgeschlossen. Vielmehr sieht Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz 1992 vor, dass Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden können, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet; das Besteuerungsrecht wäre hiernach auch im Streitfall Deutschland zugewiesen.

12

2. Nach § 8 AO hat jemand (d.h. eine natürliche Person) einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen kann. Ob --und ggf. in welchem Umfang-- diese Voraussetzungen vom Kläger im streitigen Zeitraum (November 2002 bis Dezember 2006) erfüllt worden sind, kann der Senat nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht abschließend entscheiden.

13

a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass ein Steuerpflichtiger gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben kann und diese im Inland und/oder Ausland belegen sein können. Demgemäß ist es auch für das Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland ohne Bedeutung, ob dieser den Mittelpunkt der Lebensinteressen der betreffenden Person bildet (Senatsurteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, BFH/NV 2004, 917, m.w.N.).

14

b) Kennzeichnend für eine Wohnung ist, dass es sich --im Sinne einer bescheidenen Bleibe-- um Räume handelt, die zum Bewohnen geeignet sind (Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 15). In rechtlicher Hinsicht reicht es aus, wenn die Wohnung mit einfachsten Mitteln (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 8 AO Rz 23) ausgestattet ist; darauf, ob die Ausstattungsgegenstände vom Vermieter gestellt oder vom Mieter selbst beschafft worden sind, kommt es nicht an (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. November 1969 III R 95/68, BFHE 97, 425, BStBl II 1970, 153); ebenso ist nicht erforderlich, dass das zur Wohnung gehörende Bad in den Wohnbereich integriert ist (weiter gehend Stapperfend in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 1 EStG Rz 63; Bad verzichtbar) oder der Vermieter eine Kochgelegenheit stellt (gl.A. Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 15; Musil in HHSp, § 8 AO Rz 23; HHR/Stapperfend, § 1 EStG Rz 63). Soweit die Vorinstanz ferner davon ausgegangen ist, dass die für die Annahme einer Wohnung --d.h. für eine über das bloße Übernachten hinausgehende Wohnnutzung ("Verweilen")-- erforderliche Mindestgröße im Streitfall (12 qm bis 15 qm) gewahrt sei (vgl. dazu Musil in HHSp, § 8 AO Rz 22; HHR/Stapperfend, § 1 EStG Rz 63, jeweils m.w.N.), handelt es sich um eine tatsächliche Feststellung, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.

15

c) Der Begriff des Wohnsitzes setzt ferner voraus, dass der Steuerpflichtige die Wohnung innehat. Danach muss die Wohnung in objektiver Hinsicht dem Steuerpflichtigen jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung stehen und zudem in subjektiver Hinsicht von ihm zu einer entsprechenden Nutzung --d.h. für einen jederzeitigen Wohnaufenthalt-- bestimmt sein. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (ständige Rechtsprechung; BFH-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301; vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsurteil vom 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447).

16

aa) Der Ansicht der Vorinstanz, der Kläger habe die Räume deshalb nicht als Wohnung innegehabt, weil er sich auf das reine Übernachten beschränkt und damit der Kellerraum nicht die Funktion des Wohnens erfüllt habe, kann sich der Senat nicht anschließen. Zwar erfordert der Begriff der Wohnung i.S. von § 8 AO, dass die Wohnung nach ihrer Größe über das bloße Übernachten hinaus ein Verweilen in den Räumen als eine zumindest bescheidene Bleibe gestattet. Ist dies jedoch --wie auch im Streitfall entsprechend den bindenden Feststellungen des FG-- zu bejahen, so kann eine Wohnnutzung nicht deshalb in Abrede gestellt werden, weil der Steuerpflichtige seine Nutzung auf den Aufenthalt in den Räumen zum Zwecke der Übernachtung beschränkt. Letzteres stünde erkennbar im Widerspruch dazu, dass auch das Übernachten zur Wohnnutzung gehört und damit nicht als bloßes Aufenthaltnehmen qualifiziert werden kann (Hessisches FG, Urteil vom 13. Dezember 2010  3 K 1060/09, EFG 2011, 1133; FG Hamburg, Urteil vom 10. Juli 2008  6 K 56/06, juris; jeweils zu sog. "Stand-by-Wohnung"; vgl. auch Palandt/ Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl., Einf v § 535 Rz 89: Wohnraum ist jeder zum Wohnen --insb. Schlafen, ... private Benutzung-- bestimmte Raum). Die Nutzung des Kellerraums für Übernachtungszwecke ist deshalb als Bestimmung des Klägers zu werten, die Räume für Wohnzwecke zu nutzen. Nur mit dieser Wertung stimmt überein, dass --wie der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 31. Mai 2006 I B 79/05 (juris) unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung erläutert hat-- eine Wohnnutzung weder regelmäßig noch über eine längere Zeit erfolgen muss; erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht (gl.A. Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 27).

17

bb) Die tatrichterlichen Feststellungen gestatten jedoch keine Entscheidung dazu, ob der Kläger die Kellerwohnung "jederzeit" für seine eigenen Wohnzwecke nutzen konnte.

18

aaa) Der Ansicht der Vorinstanz, es könne nicht aufgeklärt werden, ob das Kellerzimmer dem Kläger jederzeit zur Wohnnutzung zur Verfügung gestanden habe, weil nach der Zeugenaussage des Vermieters die Piloten im Konfliktfall hinter den Gästen der Vermieterfamilie hätten zurücktreten müssen, mit der Folge, dass entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur objektiven Feststellungslast (vgl. hierzu Buciek in Beermann/ Gosch, AO § 8 Rz 11) ein Wohnsitz des Klägers im Inland nicht angenommen werden könne, schließt sich der Senat nicht an. Auch das Merkmal der jederzeitigen Verfügbarkeit ist einer wertenden Beurteilung zugänglich; es erfordert keine ausnahmslose Wohnnutzung, sondern --wie dargelegt-- die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, die Wohnung nach seinen Wünschen nutzen zu können. Demgemäß steht eine Nutzungseinschränkung, die zu Beginn des Nutzungsverhältnisses vereinbart wird, dann nicht der Annahme einer den Wohnsitz konstituierenden Verfügungsmacht entgegen, sondern ist vielmehr als deren (wunschgemäße) Ausübung zu werten, wenn dem Vermieter (oder dessen Bekannten, Verwandten, etc.) die Nutzung nur in wenigen und in jeder Hinsicht vernachlässigbaren Ausnahmefällen verbleiben soll (Unschädlichkeitsgrenze). Zudem wird bei Abschluss eines (auch mündlichen) Mietvertrags jedenfalls dann, wenn die Wohnung der beruflichen und durch wechselnde Arbeitszeiten gekennzeichneten Tätigkeit des Steuerpflichtigen dient, im Regelfall von einem jederzeitigen Zugriff des Mieters auf die Wohnung auszugehen sein. Im Streitfall entfällt hiernach die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bereits deshalb, weil der Vermieter nicht erläutert hat, für welche (konkreten) Einzelfälle der (nur) von ihm behauptete Nutzungsvorbehalt mit den Mietern vereinbart worden sei; demgemäß hat das FG auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob durch die Abrede die vorgenannte Unschädlichkeitsgrenze überschritten worden ist.

19

bbb) Das FG wird im zweiten Rechtsgang den Sachverhalt nicht nur im Hinblick auf den Umfang des zugunsten der Vermieter vereinbarten Nutzungsvorbehalts aufzuklären haben. Es wird vor allem zu berücksichtigen haben, dass der Kläger das Zimmer zusammen mit zwei weiteren Piloten angemietet hatte und bereits dieser Umstand Anlass zu Zweifeln gibt, ob dem Kläger die Möglichkeit einer jederzeitigen Nutzung des Kellerraums für eigene Wohnzwecke eröffnet war. Allerdings wird die Verfügungsmacht über die Wohnung auch dann zu bejahen sein, wenn den Mitgliedern einer Wohngemeinschaft eine gemeinsame Nutzungsmöglichkeit zusteht (Musil in HHSp, § 8 AO Rz 29). Vorausgesetzt ist hierbei allerdings, dass dem einzelnen Mitglied (Mieter) jederzeit --und damit auch in Zeiten der gemeinsamen Nutzung-- die Möglichkeit der Wohnnutzung erhalten bleibt. Fehlt es hieran, weil die Größe der Räume --gemessen am Maßstab der bescheidenen Bleibe, d.h. beengter Raumverhältnisse mit nur zwei Schlafgelegenheiten-- kein gemeinsames Wohnen, sondern im Kern nur ein gleichzeitiges Übernachten gestattet und eine darüber hinausgehende Wohnnutzung die Abwesenheit der anderen Mieter erfordern würde, so verfügt der einzelne Mieter in der Regel auch dann nicht über eine Wohnung, wenn bei einer geringeren Anzahl von Mietern jedem Nutzer die Möglichkeit der Wohnnutzung --wann immer er es will-- eröffnet wäre. Demgemäß wird das FG im zweiten Rechtsgang vor allem zu klären haben, ob mit Rücksicht auf die Zimmergröße (12 qm bis 15 qm; vgl. auch BFH-Urteil vom 2. April 1997 X R 141/94, BFHE 183, 104, BStBl II 1997, 611: "Kleinstappartement") eine gleichzeitige Wohnnutzung durch den Kläger sowie die beiden anderen Mieter in Betracht kommen konnte.

20

3. Sollte dies zu verneinen sein, so hätte der Kläger zwar keinen Wohnsitz im Inland gehabt. Unberührt hiervon bliebe jedoch die Prüfung, ob der Kläger im streitigen Zeitraum (November 2002 bis Dezember 2006) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte und aus diesem Grund unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (§ 1 Abs. 1 EStG 2002 i.V.m. § 9 AO). Da das FG keine Feststellungen über den dienstlichen Einsatz des Klägers getroffen hat, wird dies im zweiten Rechtsgang --sollte es an einem Wohnsitz des Klägers im Inland gefehlt haben-- nachzuholen und der ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts zu würdigen sein, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt des zeitlich zusammenhängenden Aufenthalts von mehr als sechs Monaten (§ 9 Satz 1 AO; vgl. hierzu z.B. Senatsurteil vom 22. Juni 2011 I R 26/10, BFH/NV 2011, 2001) als auch mit Rücksicht auf den Tatbestand des nicht nur vorübergehenden Verweilens im Inland (§ 9 Satz 2 AO; vgl. hierzu --einschließlich der Rechtsprechung zu den Fällen der täglichen oder regelmäßigen Rückkehr zum ausländischen Wohnort-- Buciek in Beermann/Gosch, AO § 9 Rz 16 ff.; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 9 AO Rz 7; Löffler/Stadler, Internationales Steuerrecht 2008, 832).

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) heiratete im Dezember 2004 in der Ukraine seine Ehefrau (E), eine ukrainische Staatsangehörige, die seit Mai 2004 in der Wohnung des Klägers in Deutschland gemeldet ist. Nachdem E im August 2004 in die Ukraine gereist war, brachte sie dort am 10. Januar 2005 den gemeinsamen Sohn S zur Welt. Bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland im Januar 2006 hielt E sich zusammen mit S ausschließlich in der Ukraine auf. Seit dem Tag der Einreise am 25. Januar 2006 ist auch S in Deutschland gemeldet.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) setzte auf den Antrag des Klägers für S Kindergeld erst ab Januar 2006 fest, da S erst ab diesem Monat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

3

Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger vor, E und er hätten im Oktober 2004 in Deutschland heiraten wollen. E sei dann im August 2004 aus privaten Gründen in die Ukraine gereist. Die für September/Oktober 2004 geplante Rückreise habe sie jedoch wegen Problemen in der Schwangerschaft nicht antreten können, weshalb sie im Dezember 2004 in der Ukraine hätten heiraten müssen. Nachdem E sich von der Geburt erholt gehabt habe, habe sie sich umgehend um die erforderlichen Papiere (ukrainischer Personalausweis, internationaler Reisepass, Geburtsurkunde nebst Übersetzung und Legalisation, Kinderausweis und Visum) gekümmert, was jedoch in der Ukraine gedauert habe. Im Ergebnis habe E deshalb erst im Januar 2006 zusammen mit S nach Deutschland einreisen können. Ihr Verbleib --und damit auch der des S-- in der Ukraine sei unfreiwillig gewesen.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, S habe im Streitzeitraum im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Einen Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung (AO) könne nur beibehalten, wer zuvor bereits einen Wohnsitz begründet habe. Dies setze --auch bei einem Kind-- die Anwesenheit im Inland voraus. Ein Wohnsitz werde jedoch grundsätzlich nicht allein durch die Absicht der Eltern, das Kind solle ab seiner Geburt in der gemeinsamen Wohnung im Inland leben, begründet. Allein dadurch, dass der Wohnsitz des Klägers und der E im strittigen Zeitraum im Inland weiterbestanden habe, hätten die Eltern dem S keinen inländischen Wohnsitz vermittelt, da dieser sich bis Januar 2006 nicht selbst in der Wohnung der Eltern im Inland aufgehalten, diese also nicht tatsächlich innegehabt habe. Ob ausnahmsweise etwas anderes gelte, wenn das Kind innerhalb angemessener Zeit nach der Geburt in das Inland gebracht werde, könne dahinstehen, da S im Streitfall jedenfalls nicht mehr innerhalb eines als angemessen zu beurteilenden Zeitraums eingereist sei.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 63 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG). Er ist der Ansicht, ihm stehe für S auch für den Streitzeitraum Januar bis Dezember 2005 Kindergeld zu, da er und E --und damit auch zugleich S-- ihren Wohnsitz während dieser Zeit in Deutschland gehabt hätten und der Aufenthalt von E und S in der Ukraine unfreiwillig gewesen sei. Allein aufgrund der besonderen Verhältnisse in der Ukraine sei eine sofortige Rückkehr nach der Geburt nicht möglich gewesen. Kinder teilten den Wohnsitz der Eltern, solange nach den äußerlich erkennbaren Umständen davon auszugehen sei, dass die elterliche Wohnung für das Kind bestimmt sei und von dem Kind auch als eigenes Heim angesehen werde. Bei einem Neugeborenen könne der Wohnsitz bei vernünftiger Betrachtung --jedenfalls dann, wenn es von den Eltern betreut werde-- ausschließlich von dem Willen der Eltern bestimmt werden.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Familienkasse unter Aufhebung des Urteils des FG und der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Juni 2006 zu ändern und Kindergeld für S auch für die Monate Januar 2005 bis Dezember 2005 zu gewähren.

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Die Entscheidung des FG, S habe vor seiner Einreise nach Deutschland im Januar 2006 weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

10

1. Wer --wie der Kläger-- über einen Wohnsitz im Inland verfügt, hat gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 EStG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden indes Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG).

11

a) Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 AO. Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

12

Die Begründung eines Wohnsitzes erfolgt durch tatsächliches Handeln (Michel in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 1 Rz 79), der bloße Wille des Steuerpflichtigen ist dagegen nicht entscheidend (Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 8 AO Rz 12). Von ausschlaggebender Bedeutung ist vielmehr die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse (Klein/Gersch, AO, 10. Aufl., § 8 Rz 5, m.w.N.), d.h. der objektive Zustand (Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 8 AO Rz 11). Im Gegensatz zum bürgerlichen Recht, nach dem Begründung, Beibehaltung und Aufgabe des Wohnsitzes rechtsgeschäftliche Willenserklärungen darstellen (§§ 7, 8 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), genügt deshalb für den Bereich des Steuerrechts ein natürlicher Wille, den auch ein Geschäftsunfähiger haben kann; auf den Willen des gesetzlichen Vertreters kommt es nicht an (Senatsurteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).

13

b) Ob an einem bestimmten Ort ein Wohnsitz besteht oder nicht, ist für jede Person --insbesondere auch im Verhältnis zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern-- gesondert zu prüfen (Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz 9). Deshalb ist auch die Frage, ob ein Kind einen Wohnsitz begründet --oder beibehalten-- hat, ausschließlich nach den tatsächlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (Greite in Korn, § 63 EStG Rz 15). Auch ein Kind begründet deshalb erst dann einen Wohnsitz, wenn es eine Wohnung unter Umständen innehat, die auf das Beibehalten und Benutzen schließen lassen.

14

c) Zwar teilen minderjährige Kinder grundsätzlich den Wohnsitz ihrer Eltern, weil sie über ihre Haushaltszugehörigkeit eine abgeleitete Nutzungsmöglichkeit besitzen und damit zugleich die elterliche Wohnung i.S. des § 8 AO innehaben (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Dezember 2001 VI B 123/00, juris; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 21). Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall, sondern hängt wiederum maßgeblich von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab. So führt insbesondere ein mehrjähriger Schulbesuch im Ausland, für den das Kind vor Ort bei Verwandten untergebracht ist, regelmäßig dazu, dass das Kind die elterliche Wohnung im Inland nicht weiterhin unter Umständen innehat, die darauf hinweisen, dass die Wohnung beibehalten und als solche genutzt werden soll und wird (hierzu z.B. Senatsurteile in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887, und vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; BFH-Urteile vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294). Auch teilen minderjährige Kinder nicht stets --gleichsam automatisch-- sämtliche Wohnsitze ihrer Eltern, wenn diese über mehrere Wohnsitze verfügen (Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2009 III B 209/08, BFH/NV 2009, 1630, und vom 27. August 2010 III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272; a.A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2008  8 K 37/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 420). Dies ergibt sich bereits aus der Unterscheidung im EStG zwischen dem Wohnsitz des Kindes (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG) und dem des Kindergeldberechtigten (§ 62 Abs. 1 EStG) als Voraussetzung für den Kindergeldanspruch, so dass der Wohnsitz von Kind und Eltern durchaus auseinanderfallen kann.

15

d) Soweit Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 11. April 1984 I R 230/80, juris, m.w.N.) und Literatur (z.B. Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 22 und 30) davon ausgehen, dass über das Rechtsinstitut des Familienwohnsitzes das "Innehaben einer Wohnung" durch einen Familienangehörigen vermittelt werden kann, so gilt dies uneingeschränkt nur für das "Beibehalten" eines bereits vorhandenen Wohnsitzes. Dagegen kann ein im Ausland lebender Angehöriger im Inland grundsätzlich keinen Wohnsitz begründen, ohne sich hier aufgehalten zu haben (BFH-Urteil vom 3. März 1978 VI R 195/75, BFHE 124, 530, BStBl II 1978, 372; FG Hamburg, Urteil vom 15. April 1994 V 61/92, EFG 1994, 730; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 31, jeweils für Ehegatten).

16

aa) Wird ein Kind im Ausland geboren, so billigen Verwaltung (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs --DA-FamEStG-- 63.6.1 Abs. 3 Satz 1, BStBl I 2009, 1033) sowie Teile der Literatur (Felix, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 63 Rz G 6; dies. in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 63 Rz 4; Blümich/Treiber, § 63 EStG Rz 38; Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 33 Fn 10) dem Kind allerdings unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise einen Wohnsitz im Inland bereits ab seiner Geburt zu (zweifelnd Schmidt/ Heinicke, EStG, 30. Aufl., § 1 Rz 24), sofern sich die Mutter nur kurzfristig (Buciek, a.a.O.), lediglich vorübergehend zum Zeitpunkt der Geburt (Felix, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 63 Rz G 6; Treiber, a.a.O., § 63 EStG Rz 38) bzw. lediglich zur Entbindung vorübergehend (DA-FamEStG, a.a.O.; Felix in Kirchhof, a.a.O., § 63 Rz 4) im Ausland aufgehalten hat und das Kind alsbald (Buciek, a.a.O.) bzw. innerhalb angemessener Zeit (DA-FamEStG, Felix und Treiber, jeweils a.a.O.) nach Deutschland gebracht wird.

17

bb) Auch der Senat hält es unter solchen Umständen für möglich, dass ein im Ausland geborenes Kind bereits von Geburt an den inländischen (Familien-)Wohnsitz teilt. Kann das Kind den Wohnsitz der Eltern im Inland indes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht nur kurzfristig nicht aufsuchen, kann es dort (zunächst) auch keinen eigenen Wohnsitz begründen (ebenso Buciek, a.a.O., AO § 8 Rz 49, "Kinder"; s. auch Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 1 Rz B 130; Musil in HHSp, § 8 AO Rz 39; Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. April 1983 10 RKg 15/82, juris, zum wortgleichen § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch; a.A. FG Baden-Württemberg in EFG 2009, 420). Insgesamt muss die tatsächliche Gestaltung dafür sprechen, dass das Kind bereits mit seiner Geburt im Ausland seinen Wohnsitz in der elterlichen Wohnung im Inland begründet, weil es diese über seine Eltern innehat und Umstände vorliegen, die auf eine Nutzung der Wohnung auch durch das Kind schließen lassen. Dies ist letztlich eine Frage der tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles (§ 96 Abs. 1 FGO), die einer revisionsrechtlichen Prüfung im Hinblick auf § 118 Abs. 2 FGO regelmäßig entzogen ist (z.B. BFH-Urteile vom 30. August 1989 I R 215/85, BFHE 158, 118, BStBl II 1989, 956; vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660; Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564).

18

e) Die Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes als Ausprägung des Territorialitätsprinzips ist sachgerecht und verfassungsgemäß (z.B. BFH-Urteile in BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und vom 26. Februar 2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912). Auch die Differenzierung in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG ist nicht zu beanstanden. Sie unterscheidet in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise danach, ob ein Kind, das weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in einem EU/EWR-Staat hat, zum Haushalt eines erweitert unbeschränkt Steuerpflichtigen (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 1 Abs. 2 EStG) gehört (Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 1630; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 63 Rz 72).

19

2. Danach ist die Entscheidung des FG, der in der Ukraine geborene S habe einen Wohnsitz im Inland nicht bereits mit seiner Geburt im Januar 2005, sondern erst mit seiner Einreise nach Deutschland im Januar 2006 begründet, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere auch für die Wertung, S sei jedenfalls nicht mehr innerhalb eines als angemessen zu beurteilenden Zeitraums ins Inland gebracht worden.

20

3. Da eine Person zu derselben Zeit immer nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann (Klein/Gersch, a.a.O., § 9 Rz 2) und S sich während des gesamten Streitzeitraums in der Ukraine aufgehalten hat, hat das FG den gewöhnlichen Aufenthalt des S im Inland ebenfalls zutreffend verneint. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland kann nicht bereits ab Geburt angenommen werden, wenn das Kind sich nicht in Deutschland aufhält. "Aufhalten" erfordert bereits nach dem Wortlaut die körperliche Anwesenheit an einem bestimmten Ort. Daraus folgt, dass die erstmalige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort stets die dortige körperliche Anwesenheit der natürlichen Person voraussetzt (BFH-Urteil vom 18. Juli 1990 I R 109/88, BFHE 161, 482).

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau stammen aus Palästina, besitzen aber mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie haben vier --in den Jahren 1998, 2001, 2006 und 2008 geborene-- Kinder. Im Sommer 2010 reiste die Familie nach B im Westjordanland. Die beiden ältesten Kinder besuchten während ihres Aufenthalts in den Sommerferien dort die Schule, um die heimische Kultur und die arabische Sprache zu lernen. Der Kläger kehrte nach Deutschland zurück und beantragte und erhielt im September 2010 für die beiden älteren Kinder Beurlaubungen für das Schuljahr 2010/2011, nachdem er den Schulbesuch in B nachgewiesen hatte. Die Ehefrau blieb mit den vier Kindern in B und lebte dort zusammen mit diesen bei ihren Eltern.

2

Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hiervon im September 2010 erfahren hatte, hob sie die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Oktober 2010 auf. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Kinder des Klägers hätten durch den mindestens einjährigen Auslandsaufenthalt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalles ihren Wohnsitz im Inland aufgegeben. Anders als in den Fällen, in denen ein Kind der Familie einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt mit Schulbesuch zum Erlernen der Sprache mache, sei hier zu berücksichtigen, dass alle Kinder zusammen mit der Mutter nach B gezogen seien und dort mit ihren Großeltern zusammenlebten. Zudem seien die beiden jüngeren Kinder zum Zeitpunkt des Beginns des Auslandsaufenthalts noch nicht schulpflichtig gewesen und hätten die Mutter und die älteren Geschwister begleitet, so dass sich das gesamte Familienleben nun in B "abgespielt" habe. Unter diesen Umständen sei der Senat der Auffassung, dass dem Kläger auch dann kein Kindergeld zustehe, wenn die Ehefrau mit den Kindern tatsächlich nach Ablauf eines Jahres wieder nach Deutschland zurückkehre. In diesem Fall würde der Wohnsitz im Inland dann wieder neu begründet.

4

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, wie lange ein Auslandsaufenthalt eines Kindes maximal dauern dürfe, um den Wohnsitz in Deutschland nicht zu verlieren.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

6

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

7

Die Rechtsgrundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zweck des Schulbesuchs längerfristig im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) beibehält, hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mehrfach dargelegt (z.B. Urteile vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2010 III B 90/09, BFH/NV 2011, 626). Grundsätzliche Bedeutung erlangt die Rechtssache --anders als der Kläger meint-- auch nicht dadurch, dass die höchstrichterlich entschiedenen Fälle durchweg Sachverhalte zum Gegenstand hatten, bei denen das Kind sich mehrere --in der Entscheidung in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887 bspw. 2 ½-- Jahre zum Schulbesuch im Ausland aufhielt.

8

Die Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 AO) beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, hängt indes nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung insbesondere auch das Alter des Kindes, die Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, der Zweck des Auslandsaufenthalts, die Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte bei den Eltern sowie die persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits ausschlaggebend (vgl. z.B. Buciek in Beermann/Gosch, § 8 AO Rz 49 "Ausbildung"). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Dauer einer Schulausbildung wegen der Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besuchen oder einzelne Abschnitte zu wiederholen, oft nicht hinreichend genau bestimmt werden kann (Senatsurteil vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967). Ob deshalb im Einzelfall von einem (beibehaltenen) Wohnsitz im Inland auszugehen ist, hat das FG unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 III B 141/10, BFH/NV 2011, 576). Demzufolge entzieht sich auch die Umsetzung dieser Grundsätze, insbesondere durch Festlegung einer zeitlichen Grenze i.S. eines "Maximalaufenthalts" einer generellen und abstrakten Bestimmung, die Aufgabe des Revisionsgerichts sein könnte.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.