Finanzgericht München Urteil, 28. Mai 2014 - 14 K 311/13

bei uns veröffentlicht am28.05.2014

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I. Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Beteiligung an anderen Unternehmen, insbesondere die Übernahme der Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin bei einer GmbH & Co. KG (KG) und die Verwaltung eigenen Vermögens ist. Einzige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin ist T. Die Klägerin ist nicht am Kapital der KG beteiligt (§ 3 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages der KG). In den Jahren 2005 und 2006 war T die einzige Kommanditistin der KG, seit dem 1. Januar 2007 ist außerdem U zu 30 % an dem Unternehmen beteiligt.

Die Geschäftsführung der Klägerin durch T regelt der Geschäftsführungsvertrag vom 29. November 2004, der im Text des Vertrages auch als „Anstellungsvertrag“ bezeichnet wird. Danach erhält die Geschäftsführerin ein festes Monatsgehalt, das unter Einbehaltung der gesetzlichen Abzüge auf ihr Konto überwiesen wird (§ 3 1.). Sie erhält ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld (§ 3 2.) und hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub (§ 5 1.). Bei Krankheit werden die Bezüge 30 Tage weitergezahlt (§ 4 1.). T hat ihre Arbeit während der üblichen Arbeitszeiten der Klägerin zu leisten und ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (§ 1 3.). Gem. der notariellen Urkunde vom 25. August 2004 darf die Geschäftsführerin auch Rechtsgeschäfte mit sich oder als Vertreterin eines Dritten abschließen. Ihre Tätigkeit beschränkt sich im Übrigen auf das Halten von Beteiligungen, insbesondere vermietet sie keine Immobilien.

In den Streitjahren erhielt die Klägerin von der KG jährlich einen Auslagenersatz in Höhe von 104.000 € und eine Haftungsvergütung in Höhe von 2.000 €. Grundlage hierfür war § 7 des Gesellschaftsvertrages der KG vom 20. Oktober 2004. Danach hat die KG der Klägerin ihre Auslagen in angemessenen Umfang zu ersetzen und ihr eine jährliche Vergütung von 2.000 €, gegebenenfalls zuzüglich Umsatzsteuer, zur Abgeltung ihres Haftungsrisikos zu zahlen. Nach § 13 Nr. 1 des Vertrages besteht der Anspruch auf den Auslagenersatz und auf die Haftungsvergütung auch dann, wenn kein Gewinn erzielt wird.

Mit Schreiben vom 12. März 2010 teilte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) der Klägerin mit, dass die von ihr erbrachten Leistungen an die KG umsatzsteuerpflichtig seien und forderte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 an. Nachdem keine Erklärungen abgegeben worden waren, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheiden vom 14. Juli 2010 die Umsatzsteuer für 2005 und 2006 auf je 16.960 € sowie für 2007 und 2008 auf jeweils 20.140 € fest. Die Umsatzsteuer für 2009 und 2010 wurde mit Bescheiden vom 18. Februar 2011 und 20. Juli 2012 auf jeweils 16.924,25 € festgesetzt. Für die Jahre 2005 bis 2008 nahm das FA die Einnahmen in Höhe von 106.000 € als Netto-Beträge an, während es sie in den Jahren 2009 und 2010 als Brutto-Beträge inklusive Umsatzsteuer ansah.

Im gegen diese Bescheide gerichteten Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die Klägerin sei Organgesellschaft der KG. Gem. den Verwaltungsanweisungen liege bei der so genannten Einheits-GmbH regelmäßig eine Organschaft vor. Der Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft stehe es nicht entgegen, wenn sich die Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft befänden, sondern den Gesellschaftern der Personengesellschaft selbst zustünden. Da T zu 100 % Gesellschafterin der Klägerin gewesen sei und mindestens 70 % der Anteile an der KG gehalten habe, sei gewährleistet gewesen, dass der Wille der KG auch bei der Klägerin durchgesetzt werden könne.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2012 verringerte das FA die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 auf jeweils 14.620,80 € sowie für die Jahre 2007 und 2008 auf 16.924,25 €, weil es sich bei den Einnahmen um Brutto-Beträge inklusive Umsatzsteuer handele. Im Übrigen wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.

Am 21. Januar 2013 erhob die Klägerin Klage. Sie ist der Auffassung, sie sei keine Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (UStG), weil sie Organgesellschaft der KG sei. Bei einer typischen GmbH & Co. KG, bei der die GmbH der einzige Komplementär sei und sich auf die Geschäftsführung bei der KG beschränke, bestehe zwischen der KG und der Komplementär-GmbH ein Eingliederungsverhältnis und eine mittelbare Beteiligung des Organträgers an der Komplementär-GmbH. Bei einer solchen GmbH & Co. KG sei die organisatorische Eingliederung anzunehmen, da allein durch die Konstruktion der typischen GmbH & Co. KG stets und zwingend "organisatorisch" sichergestellt sei, dass in der GmbH der Wille der KG durchgeführt werde; denn die Kommanditisten seien die Gesellschafter der GmbH und stellten deren Geschäftsführer, so dass sie letztlich in der GmbH ihren eigenen Willen bildeten. Die wirtschaftliche Eingliederung ergebe sich aus dem beschriebenen Zweck der GmbH und folge zudem aus der vollständigen finanziellen Eingliederung, welche mittelbar über die Kommanditisten d.h. die Gesellschafter des Organträgers bestehe. Die gegenteilige Auffassung, dass eine mittelbare finanzielle Beherrschung über die Gesellschaft nicht in Betracht komme, weil ein übereinstimmendes Abstimmungsverhalten in beiden Gesellschaften nicht gewährleistet sei, sei bei der typischen GmbH & Co. KG nicht angebracht; denn deren Wesensmerkmal sei die Gesellschafter- und Beteiligungsidentität und das Konstrukt funktioniere nur bei übereinstimmenden Abstimmungsverhalten in beiden Gesellschaften.

Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 ABl EG Nr. L 347/1 vom 11. Dezember 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem –MwStSystRL– sei weiter gefasst als die nationale Regelung und umfasse auch die typische GmbH & Co. KG.

Zudem sei es nach den Grundsätzen der Rechtsformneutralität nicht zu rechtfertigen, dass die typische GmbH & Co. KG keine Organschaft bilde, dies jedoch bei der so genannten Einheits-GmbH & Co. KG anders bewertet würde.

Schließlich sei die Tätigkeit von T als Geschäftsführerin der GmbH selbständig und damit unternehmerisch.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide vom 14. Juli 2010 für 2005 bis 2008, vom 18. Februar 2011 für 2009 sowie vom 20. Juli 2012 für 2010 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2012 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei höchstrichterlich entschieden, dass eine Komplementär-GmbH nicht Organgesellschaft einer KG sein könne (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 14. Dezember 1978 V R 85/74, BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288 und den BFH-Beschluss vom 19. September 2011 XI B 85/10, BFH/NV 2012, 283).

Gründe

II. Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist nicht Organgesellschaft der KG und nicht Organgesellschaft der T, sondern selbst Unternehmerin. Die Leistungen der Klägerin sind steuerbar und steuerpflichtig.

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).

a) Eine finanzielle Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, voraus, dass der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann. Erforderlich ist die Stimmenmehrheit, also mehr als 50 % der Stimmen an der Organgesellschaft, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist. Die Stimmenmehrheit an einer Organgesellschaft kann auch durch eine mittelbare Beteiligung des Organträgers in der Weise erreicht werden, dass der Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft in direkter Linie über eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung (als Gesellschafter) an einer (Tochter-)Gesellschaft erreicht, die ihrerseits unmittelbar mit Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft (sog. Enkelgesellschaft) beteiligt ist. Deshalb reicht es für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht aus, dass letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist (BFH-Urteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600; vgl. BFH-Beschluss vom 19. September 2011 XI B 85/10, BFH/NV 2012, 283).

b) Diese Anforderungen verstoßen nicht gegen das Unionsrecht. Nach Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL kann jeder Mitgliedstaat nach dort näher genannten Konsultationen in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG setzt ein Verhältnis der Über- und Unterordnung voraus. Dementsprechend führt die Gruppenbesteuerung nach Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL zu einer Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen mit den diesem Steuerpflichtigen "untergeordneten Personen" (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– vom 22. Mai 2008 C-162/07 Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217 Rd. 19; BFH-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; an der Unionsrechtskonformität des Über- und Unterordnungsverhältnisses nunmehr zweifelnd: BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 XI R 38/12, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2014, 466 und vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2014, 313, jeweils unter II.4.d.bb).

c) Im Streitfall ist die Klägerin keine Organgesellschaft der KG; letztere ist nicht an der Klägerin beteiligt. Die Stimmenmehrheit der gemeinsamen Gesellschafterin T reicht nicht aus.

Deswegen ist der Sachverhalt nicht mit einer sog. Einheits-GmbH & Co. KG vergleichbar, bei der die KG zu 100 % an der Komplementär-GmbH beteiligt ist (vgl. 2.8. Abs. 1 Satz 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien –UStR–).

d) Die Klägerin ist auch nicht Organgesellschaft der T, weil letztere keine Unternehmerin ist.

aa) Als Geschäftsführerin ist sie nicht selbständig tätig.

Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind.

Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen. Selbständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sprechen für persönliche Selbständigkeit, Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit. Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit. Diese Grundsätze entsprechen dem Unionsrecht (BFH-Urteile vom 25. Juni 2009

V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873, m.w.N.; vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245, BStBl II 2011, 433, m.w.N.). Sie gelten auch für den Geschäftsführer einer GmbH (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730).

Danach ist T als Geschäftsführerin nicht selbständig tätig. Nach ihrem Anstellungsvertrag erhält sie ihr Gehalt nach den gesetzlichen Abzügen, d. h. nach Abzug von Sozialversicherung und Lohnsteuer. Sie erhält feste Bezüge, ihr wird Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bezahlt und sie hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub. Sie hat ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und die Arbeit während der gewöhnlichen Arbeitszeiten der Klägerin zu verrichten. Sie trägt daher als Geschäftsführerin kein Unternehmerrisiko und das Vergütungsrisiko eines Arbeitnehmers. Demgegenüber fällt nicht ins Gewicht, dass sie mit sich selbst oder als Vertreterin eines Dritten Geschäfte abschließen kann. Außerdem ändert an dem Ergebnis nichts, dass sie letztlich als Gesellschafterin die Klägerin und die KG beherrscht.

Dementsprechend hat der EuGH entschieden, dass ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht selbständig handelt, wenn ihm ein festes Monatsgehalt und ein jährliches Urlaubsgeld gezahlt und von dem Gehalt Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten werden, wenn er nicht im eigenen Namen, für eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung handelt, sondern auf Rechnung und Verantwortung der Gesellschaft, und wenn er nicht das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit trägt (Urteil vom 18. Oktober 2007 C-355/06, van der Steen, Slg. 2007, I-8863, BFH/NV 2008, Beilage 1, 48).

bb) Darüber hinaus ist T ebenfalls nicht unternehmerisch tätig, insbesondere hält sie nur (weitere) Beteiligungen und vermietet keine Immobilien.

2. Die Leistungen der Klägerin an die KG, nämlich die Geschäftsführung, die Vertretung und die Haftung nach §§ 161, 128 des Handelsgesetzbuches sind steuerbar und steuerpflichtig.

a) Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist. Das der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis kann sich auch aus gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ergeben. Als Besonderheit bei Gesellschaftsverhältnissen ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung bei einer durch den Gesellschafter erbrachten Leistung nicht aus der Beteiligung des Gesellschafters am allgemeinen Gewinn und Verlust der Gesellschaft ergibt. Auch wenn sich der Gesellschafter nicht auf das Halten seiner Beteiligung beschränkt, sondern weiter gehende Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt, ist die allgemeine Gewinnbeteiligung nicht als Entgelt anzusehen  (BFH-Urteil vom 4. Juli 2013 V R 33/11, BFHE 242, 280, BStBl II 2013, 937). Als Entgelt genügt ein (gewinnunabhängiger) Aufwendungsersatz (vgl. BFH-Urteile vom 27. November 2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397; vom 4. Juli 2013 V R 33/11, BFHE 242, 280, BStBl II 2013, 937). Steuerbar ist auch die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung erhält (BFH-Urteil vom 3. März 2011 V R 24/10, BFHE 233, 282, BStBl II 2011, 950).

Im Streitfall erhielt die Klägerin von der KG einen jährlich gleichen Aufwendungsersatz und eine Festvergütung für die Haftung, die nach §§ 7, 13 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages vom Gewinn der KG unabhängig waren.

b) Die Leistungen der KG sind nicht steuerfrei. Zur näheren Begründung wird auf das BFH-Urteil in BFHE 233, 282, BStBl II 2011, 950 verwiesen.

3. Aufgrund des Verbots einer Verböserung (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232, BFH/NV 2011, 712; Gräber/Stapperfend, FGO, 7. Auflage, § 96 Rz 7) ist nicht entscheidungserheblich, ob es sich – wofür der Gesellschaftsvertrag spricht – bei der Haftungsvergütung um einen Netto-Betrag handelt, der in voller Höhe Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

5. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft unionsrechtlich zulässig ist, aufgrund der BFH-Beschlüsse in DStR 2014, 466 und UR 2014, 313 in Frage gestellt worden und daher grundsätzlich bedeutsam ist (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

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Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betätigte sich in den Jahren 2004 bis 2006 (Streitjahre) ausschließlich als Geschäftsführerin einer KG, an der sie selbst mit 1.000 DM sowie Frau S mit 6.000 DM und Frau P mit 4.000 DM beteiligt waren. Gesellschafter der GmbH waren Frau S und Frau P zu gleichen Teilen. Geschäftsführer und einzige Arbeitnehmer der GmbH waren die Ehemänner von S und P. Die KG glich die der Klägerin entstandenen Personal- und Beratungskosten über Verrechnungskonten aus.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2002 V R 43/01 (BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36) einen Leistungsaustausch zwischen der GmbH und der KG an und unterwarf die der GmbH erstatteten Beträge unter Anwendung der Übergangsregelung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Dezember 2003 IV B 7 -S 7100- 246/03 (BStBl I 2004, 240) ab dem 1. April 2004 der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung ist unbegründet.

4

1. Wird die Beschwerde --wie im Streitfall-- mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet, so muss nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 10. Januar 2003 XI B 80/00, BFH/NV 2003, 898, und vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486).

5

2. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtfrage, "inwieweit die Komplementär-GmbH (einer GmbH & Co. KG), die die durch ihre Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit für die KG entstehenden Auslagen kraft Gesellschaftsvertrag als Gewinn vorab erstattet erhält, im Rahmen eines Leistungsaustausches i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die KG tätig wird", ist im Streitfall nicht klärbar. Die Fragestellung geht nämlich davon aus, dass die GmbH die Zahlungen der KG als Gewinnvorab erhalten habe. Das FG hat demgegenüber ausgeführt, es handele sich nicht um eine bloße Gewinn- oder Verlustbeteiligung, sondern um eine gewinnabhängige Vergütung zu Lasten des Handelsbilanzgewinns der KG. Steht danach aber nicht fest, dass die Zahlungen als Gewinnvorab gezahlt wurden, kann die aufgeworfene Frage, die von einer Gewinnvorabzahlung ausgeht, nicht beantwortet werden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Deshalb scheidet auch die von der Klägerin insoweit begehrte Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) aus.

6

Die Rüge der Klägerin in diesem Zusammenhang, dass das FG den für die rechtliche Einordnung der Zahlungen an die GmbH maßgeblichen Sachverhalt nur unzureichend von Amts wegen erforscht und damit gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen habe, ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

7

Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend gemacht, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so muss der Beschwerdeführer u.a. substantiiert vortragen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48, § 120 Rz 66 ff., m.w.N.),

- welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen,

- warum er --sofern er, wie hier, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war-- nicht von sich aus ent sprechende Beweisanträge gestellt hat und sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen,

- inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und

- dass der Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde.

8

Die Beschwerde enthält keine derartigen Darlegungen. Im Übrigen reichen entgegen der Ansicht der Klägerin die vom FG getroffenen Feststellungen aus, im Streitfall einen Leistungsaustausch zu bejahen. Das FG hat insoweit im Tatbestand seines Urteils u.a. den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts sowie die Begründung der Einspruchsentscheidung (einschließlich der einschlägigen Regelung des § 12 des Gesellschaftsvertrags) wiedergegeben (Urteil, S. 3, 4). In den Entscheidungsgründen hat das FG die Beurteilung des FA zum Vorliegen eines Leistungsaustausches --unter zusätzlichem Hinweis auf das BFH-Urteil vom 7. März 1996 V R 29/93 (BFH/NV 1996, 858)-- übernommen (Urteil, S. 7). Es hat ferner ausgeführt, es handele sich nicht lediglich um eine Gewinn- oder Verlustbeteiligung, wogegen --was auch nach dem Beschwerdevorbringen zutrifft-- "von der Klägerin im Übrigen ... keine begründeten Einwendungen erhoben" worden waren (Urteil, S. 7).

9

Soweit die Klägerin die Vorentscheidung ferner dahingehend angreift, das FG habe im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes gegen die allgemeine Beweislastverteilung verstoßen, nach der das FG darzulegen und zu beweisen habe, dass die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches erfüllt sind, wendet sie sich --auch insoweit-- gegen die rechtliche Beurteilung des FG und macht keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe geltend (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juni 2010 IX B 25/10, BFH/NV 2010, 2052).

10

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, um grundsätzlich zu klären, "ob und ggf. ab welchem Umfang die Beteiligung einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG an der KG ihrer finanziellen Eingliederung in das Unternehmen der KG entgegensteht, wenn umgekehrt die KG (mittelbar) über sämtliche Stimmanteile an der GmbH verfügt". Denn diese Frage ist bereits durch die Rechtsprechung geklärt.

11

Schon durch Urteil vom 14. Dezember 1978 V R 85/74 (BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288), auf das das FG ausdrücklich verwiesen hat, hat der BFH entschieden, dass eine GmbH, die --wie im Streitfall-- an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein kann.

12

Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde auf die abweichende rechtliche Beurteilung der Finanzverwaltung bei einer sog. "Einheits-GmbH & Co. KG" (100%ige unmittelbare Beteiligung der KG an der GmbH) hinweist (vgl. Abschn. 2.8. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), ergibt sich daraus kein Klärungsbedarf im Streitfall. Denn hier ist die KG an der GmbH nicht unmittelbar beteiligt.

13

Der Hinweis der Klägerin auf die bisherige Rechtsprechung, wonach es im Falle einer Personengesellschaft als Organträger für eine finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ausreichend war, dass die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten und damit die Personengesellschaft mittelbar ihren Willen in der Organgesellschaft durchsetzen konnte, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn diese Rechtsprechung ist zwischenzeitlich mit dem Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08 (BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600) im Anschluss an das BFH-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09 (BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597) aufgegeben worden.

14

4. Die Revision ist auch nicht zuzulassen, um zu klären, inwieweit die "Abkehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung" in dem BFH-Urteil in BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600 von der bisherigen Rechtsprechung sowie der Verwaltungsauffassung "vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes und des Gemeinschaftsrechts" auch für die Beurteilung "bereits abgeschlossener Veranlagungsjahre" zu berücksichtigen sei.

15

a) Die Klägerin trägt hierzu unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04 (BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608) sowie auf Abschn. 21 Abs. 4 Satz 8 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 vor, die Anwendung der geänderten Rechtsprechung verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der BFH habe noch im Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12-13/06 (BFH/NV 2008, 1365) unter Anführung weiterer BFH-Urteile anerkannt, dass die finanzielle Eingliederung u.a. vorliegt, "wenn ... die Gesellschafter einer Personengesellschaft (des Organträgers) die Geschäftsanteile der Organgesellschaft besitzen".

16

b) Die Klägerin kann sich im Streitfall aber schon deshalb nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil sie nach dem BFH-Urteil in BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288 und nach den diese Rechtsprechung anwendenden UStR 2002 und 2005, dort jeweils Abschn. 21 Abs. 2, deshalb nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen der KG eingegliedert sein konnte, weil sie an der KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt war. Deshalb liegt entgegen der Ansicht der Klägerin in der "Verkennung des Vertrauensschutzes" kein "gravierender Rechtsanwendungsfehler" vor, der eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigen könnte.

17

5. Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, die Revision sei zuzulassen, um die unionsrechtliche Vereinbarkeit der einschränkenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "finanziellen Eingliederung" dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, entspricht die Beschwerde nicht den Anforderungen an die notwendige Darlegung eines Zulassungsgrundes.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob eine GmbH als --umsatzsteuerrechtlich unselbständige-- Organgesellschaft in das Unternehmen einer anderen GmbH eingegliedert war.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) firmierte im Streitjahr 1996 unter F-GmbH. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war --der im Streitjahr selbst nicht unternehmerisch tätige-- X, der auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH war.

3

Durch "Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag" vom 15. Dezember 1995 hatte die F-GmbH die Leitung ihres Unternehmens der Verwaltungs-GmbH unterstellt. Nach dem Vertrag war die Verwaltungs-GmbH berechtigt, den Geschäftsführern der F-GmbH alle ihr zweckdienlich erscheinenden Weisungen zu erteilen (§ 2 Abs. 1 des Vertrages). Die F-GmbH war verpflichtet, den gesamten nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn abzüglich eines evtl. Verlustvortrages aus dem Vorjahr an die Verwaltungs-GmbH abzuführen (§ 4 Abs. 1 des Vertrages). Die Verwaltungs-GmbH hatte einen während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen (§ 4 Abs. 4 des Vertrages). Die Vereinbarung sollte bezüglich der Verpflichtung zur Gewinnabführung und Verlustübernahme (§ 4 des Vertrages) rückwirkend ab 1. Januar 1995 gelten und war unkündbar bis zum 31. Dezember 2000.

4

Einen gleichlautenden "Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag" hat die Verwaltungs-GmbH am 15. Dezember 1995 mit der B-GmbH geschlossen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls X war.

5

Die F-GmbH hatte mit Notarvertrag vom 15. März 1995 von der D-GmbH i.L. unter Beteiligung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als gesetzlicher Vertreter nach § 21 Abs. 1 Satz 1 des Investitionsvorranggesetzes einen mit einer stillgelegten Malzfabrik bebauten Grundbesitz für 1 DM erworben und sich u.a. verpflichtet, die auf dem Grundbesitz befindlichen Gebäude (mit Ausnahme der Kultur- und Wohngebäude) vollständig abzubrechen und den anfallenden Abraum bis spätestens zum 30. Juni 1998 fachgerecht zu entsorgen (§ 9 Abs. 1 des Vertrages).

6

Zur Gewährleistung des Abbruchs einschließlich der fachgerechten Entsorgung des anfallenden Abraums verpflichteten sich sowohl die D-GmbH i.L. als auch die BvS, der F-GmbH für nach Wirksamwerden des Vertrages vorgenommene Abbrucharbeiten einen "Investitionszuschuss" bis zu max. je 1 Mio. DM, insgesamt max. 2 Mio. DM, zu gewähren, und zwar in acht Tranchen im Umfang von bis zu max. 250.000 DM entsprechend dem Fortschritt der Abbrucharbeiten für bereits erbrachte Fremdleistungen oder Eigenleistungen der F-GmbH (§ 10 des Vertrages).

7

Am 15. April 1996 erteilte die F-GmbH der B-GmbH eine Rechnung über die Gestellung von Personal "für Vorbereitungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Abriss ..." über 81.300,56 DM "zzgl. 15 % MwSt 12.195,08 DM".

8

Am 16. April 1996 stellte die F-GmbH eine Rechnung an die D-GmbH i.L. über den "Abriss ..." in Höhe von 851.707,43 DM "zzgl. 15 % MwSt 127.756,11 DM" aus, die sie nebst Anlagen bei der BvS zur Abforderung des vertraglich vereinbarten Investitionszuschusses einreichte.

9

Aufgrund einer Fahndungsprüfung in den Jahren 2001 bis 2003 änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) mit Bescheid vom 16. März 2004 die Umsatzsteuerfestsetzung für 1996 gegenüber der F-GmbH.

10

Einspruch und Klage, mit der die Klägerin insbesondere geltend gemacht hatte, sie schulde die in den Rechnungen der F-GmbH vom 15. und 16. April 1996 ausgewiesene Umsatzsteuer nicht, weil die F-GmbH zu diesem Zeitpunkt Organgesellschaft der Verwaltungs-GmbH gewesen sei, blieben ohne Erfolg.

11

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die Klägerin schulde den von der F-GmbH in der Rechnung vom 16. April 1996 an die D-GmbH i.L. ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag jedenfalls nach § 14 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG); die von der F-GmbH unter dem 15. April 1996 gegenüber der B-GmbH abgerechnete Personalgestellung unterliege nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der Umsatzsteuer.

12

Die F-GmbH sei im Streitjahr 1996 nicht Organgesellschaft der Verwaltungs-GmbH gewesen. Es fehle an der finanziellen Eingliederung, weil die Verwaltungs-GmbH selbst keine Anteile an der F-GmbH besessen habe (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441). Der BFH nehme eine finanzielle Eingliederung bei einer mittelbaren Beteiligung in der Weise, dass die/der Gesellschafter der Organträgergesellschaft die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte in der Organgesellschaft hielten/halte, nur in den Fällen an, in denen Organträgergesellschaft eine Personengesellschaft sei (Hinweis u.a. auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136). Diese Differenzierung sei nicht zu beanstanden.

13

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 879 veröffentlicht.

14

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen Rechts (§ 60 Abs. 3, § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 UStG).

15

Dazu macht sie im Wesentlichen geltend, der Senat habe in dem Urteil in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, auf das sich das FG zur Begründung bezogen habe, entschieden, wenn eine juristische Person (Kapitalgesellschaft) Organträgerin sein solle, setze dies "regelmäßig" deren unmittelbare, jedenfalls nicht unwesentliche Beteiligung an der Organgesellschaft voraus. Hier liege aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 15. Dezember 1995 ein Ausnahmefall im Sinne dieser Rechtsprechung vor, der dazu führe, dass das erforderliche Über-/Unterordnungsverhältnis nach der Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Verhältnisse vorliege.

16

In diesem Zusammenhang habe das FG unter Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO die in § 4 Abs. 4 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 15. Dezember 1995 vereinbarte Verlustübernahmepflicht der Verwaltungs-GmbH nicht gewürdigt. Aus dieser Regelung ergebe sich aber, dass der F-GmbH das unternehmerische Risiko durch die Verwaltungs-GmbH vollständig abgenommen werde, ein Umstand aus dem sich ihre Unterordnung unter die Verwaltungs-GmbH geradezu aufdränge.

17

Zudem verstoße die Rechtsauffassung des FG gegen die europarechtlichen Grundsätze der Rechtsformunabhängigkeit und der steuerlichen Neutralität. Diese Grundsätze sprächen dafür, die Entscheidung, ob eine Organgesellschaft mittelbar finanziell in einen Organträger eingegliedert sei, nicht davon abhängig zu machen, ob der Organträger eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft sei.

18

Die übrigen Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung) lägen vor.

19

Die Klägerin rügt ferner, dass das FG entgegen § 60 Abs. 3 FGO die Verwaltungs-GmbH nicht beigeladen habe.

20

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung des FA vom 1. März 2005 die Umsatzsteuer für 1996 unter Änderung des Bescheids vom 16. März 2004 um insgesamt ... DM herabzusetzen,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorzulegen:

21

"Sind Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der ... Richtlinie 77/388/EWG ... in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtsformunabhängigkeit und dem Neutralitätsprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die eine Anerkennung einer Organschaft und damit nur eines Steuerpflichtigen im Sinne der Richtlinie ablehnt, wenn der alleinige 100%ige Gesellschafter-Geschäftsführer der zum Organkreis gehörenden Kapitalgesellschaften alle Anteile zwar im Privatvermögen hält, aber als alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaften in die Verwaltung eingreift und durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine Kapitalgesellschaft zur Organträgerin bestimmt, die das unternehmerische Risiko der übrigen Gesellschaften trägt?",

"höchsthilfsweise", die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

22

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

23

Es tritt dem Revisionsvorbringen entgegen und verweist darauf, dass es im Streitfall außer an einer finanziellen Eingliederung auch an einer wirtschaftlichen Eingliederung der F-GmbH in das Unternehmen der Verwaltungs-GmbH fehle.

Entscheidungsgründe

24

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

25

Das FG hat zutreffend entschieden, dass die F-GmbH nicht i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in die Verwaltungs-GmbH finanziell eingegliedert war. Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen § 60 Abs. 3 und § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegen nicht vor.

26

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).

27

Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Danach steht es (vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der Richtlinie 77/388/EWG) jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.

28

2. Eine finanzielle Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann. Erforderlich ist die Stimmenmehrheit, also mehr als 50 % der Stimmen an der Organgesellschaft, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a; vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd; vom 30. April 2009 V R 3/08, BFHE 226, 144, BFH/NV 2009, 1734, unter II.2.b aa; vom 22. April 2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BFH/NV 2010, 1581, unter II.2.).

29

Die Stimmenmehrheit an einer Organgesellschaft kann auch durch eine mittelbare Beteiligung des Organträgers in der Weise erreicht werden, dass der Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft in direkter Linie über eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung (als Gesellschafter) an einer (Tochter-)Gesellschaft erreicht, die ihrerseits unmittelbar mit Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft (sog. Enkelgesellschaft) beteiligt ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a ee).

30

a) Im Streitfall war die Verwaltungs-GmbH nicht unmittelbar an der F-GmbH beteiligt. Die Verwaltungs-GmbH war auch nicht über eine oder mehrere Tochtergesellschaften mittelbar an der F-GmbH beteiligt.

31

Dass X alleiniger Gesellschafter sowohl der Verwaltungs-GmbH als auch der F-GmbH war, reicht nicht aus. Denn dadurch ist keine der beiden Gesellschaften in das andere Unternehmen eingeordnet. Es handelt sich um gleichgeordnete Schwestergesellschaften, zwischen denen, würde nicht auf das erforderliche Über-/Unterordnungsverhältnis abgestellt werden, wechselseitige und jeweils austauschbare Organverhältnisse denkbar wären (vgl. Senatsurteil in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441).

32

b) Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 15. Dezember 1995 --insbesondere die darin vorgesehene Verpflichtung der Verwaltungs-GmbH zur Übernahme der Verluste der F-GmbH-- führt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu einer finanziellen Eingliederung der F-GmbH in die Verwaltungs-GmbH. Denn aus der Notwendigkeit einer Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft folgt auch, dass eine fehlende Beteiligung nicht durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ersetzt werden kann.

33

Das Merkmal der finanziellen Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG betrifft --wie dargelegt-- die Beteiligungsverhältnisse (vgl. auch Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 338). Gewinnabführungsverträge haben darauf aber keinen Einfluss. Dasselbe gilt für die in dem Vertrag vom 15. Dezember 1995 vereinbarte Übernahme etwaiger Verluste der F-GmbH durch die Verwaltungs-GmbH.

34

Darüber hinaus steht im Streitfall auch nicht fest, ob und wann der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 15. Dezember 1995 zwischen der Verwaltungs-GmbH und der F-GmbH wirksam wurde. Ein derartiger Vertrag wird erst mit seiner Eintragung in das Handelsregister gemäß § 294 Abs. 2 des Aktiengesetzes zivilrechtlich (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1988 II ZB 7/88, BGHZ 105, 324) und steuerrechtlich (vgl. BFH-Entscheidungen vom 22. Oktober 2008 I R 66/07, BFHE 223, 162, BStBl II 2009, 972, unter II.2.; vom 3. September 2009 IV R 38/07, BFHE 226, 283, BStBl II 2010, 60, unter II.2., m.w.N.) wirksam. Dazu hat das FG keine Feststellungen getroffen.

35

c) Soweit die Klägerin darauf verweist, der EuGH habe in den Urteilen vom 25. Juli 1991 Rs. C-202/90 --Ayuntamiento de Sevilla-- (Slg. 1991, I-4247, Umsatzsteuer-Rundschau --UR--- 1993, 122, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 214, Rz 13) und vom 18. Oktober 2007 Rs. C-355/06 --van der Steen-- (Slg. 2007, I-8863, UR 2007, 889, HFR 2008, 87, Rz 24) ausgeführt, "dass ein Unterordnungsverhältnis dann nicht besteht, wenn die Betroffenen das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit tragen", hat der EuGH dies entgegen der Darstellung der Klägerin nicht "für die Organgesellschaft" festgestellt.

36

Die bezeichnete Aussage in den EuGH-Urteilen betrifft nicht die vorliegend relevanten Voraussetzungen einer Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen i.S. von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, sondern die --anderweitige--- Frage der Selbständigkeit (Verhältnis der Unterordnung i.S. des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) eines spanischen Steuereinnehmers (--Ayuntamiento de Sevilla-- in Slg. 1991, I-4247, UR 1993, 122, HFR 1993, 214) und eines Arbeitnehmers, der zugleich einziger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH war (--van der Steen-- in Slg. 2007, I-8863, UR 2007, 889, HFR 2008, 87).

37

3. Das Erfordernis der Stimmenmehrheit einer GmbH als Organträger an einer Organgesellschaft verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer. Denn auch eine Personengesellschaft kann nur dann Organträger sein, wenn sie (selbst) an einer Organgesellschaft mit Stimmenmehrheit beteiligt ist. An seiner anderslautenden Rechtsprechung in dem Urteil in BFH/NV 1999, 1136 hält der Senat nicht mehr fest.

38

a) Der BFH hatte bei einer Personengesellschaft als Organträger --anders als bei einer Kapitalgesellschaft als Organträger-- für eine finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG eine Beteiligung der Personengesellschaft an der Organgesellschaft nicht vorausgesetzt; ausreichend war, dass die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten und damit die Personengesellschaft mittelbar ihren Willen in der Organgesellschaft durchsetzen konnte (grundlegend BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1136, unter II.2., m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a ee; vom 14. Februar 2008 V R 12, 13/06, BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.e).

39

b) Dieser Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 21 Abs. 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008) und die herrschende Meinung in der Literatur zugestimmt (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 44 Rz 261; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 112; Flückiger in Plückebaum/Malitzky/Widman, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 2 Abs. 2 Rz 280/1, 282/1; Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 2 Rz 118; Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 74; zustimmend nur für den Fall der sog. Betriebsaufspaltung: Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 689; kritisch Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 111, und Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 393 f.).

40

c) Nunmehr hat der V. Senat des BFH aber eine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft verneint, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an einer Personengesellschaft und einer GmbH verfügen (vgl. Urteil in BFHE 229, 433, BFH/NV 2010, 1581).

41

d) Der erkennende Senat gibt seine Rechtsprechung in dem Urteil in BFH/NV 1999, 1136 auf. Die bisherige unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Rechtsform verstößt gegen den durch die Rechtsprechung des EuGH ausgeprägten unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität, weil sie nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.

42

aa) Der Grundsatz der Steuerneutralität (vgl. zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG: EuGH-Urteil vom 22. Mai 2008 Rs. C-162/07 --Ampliscientifica und Amplifin--, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217, HFR 2008, 878, UR 2008, 534, Rz 25, m.w.N.) verlangt in seiner Ausprägung der Rechtsformneutralität (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom 10. September 2002 Rs. C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, HFR 2002, 1146, UR 2002, 513, Rz 30, m.w.N.; BFH-Urteil vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.1.a aa, m.w.N.), dass die Rechtsform des Steuerpflichtigen im Umsatzsteuerrecht grundsätzlich unerheblich ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. September 2007 V R 54/05, BFHE 219, 241, BStBl II 2008, 262, unter II.1.b, m.w.N.; Birkenfeld, UR 2008, 2, 5, m.w.N.) und gebietet eine weitgehende Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, unter II.3.).

43

bb) Der Senat hat seinerzeit zur Begründung dafür, dass eine Verflechtung aufgrund der Beteiligung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft für deren finanzielle Eingliederung ausreichend sein kann, darauf abgestellt, bei Vorliegen vor allem der wirtschaftlichen Eingliederung der Untergesellschaft könnten diese Beteiligungen im Rahmen der Obergesellschaft als notwendiges (Sonder-)Betriebsvermögen auszuweisen sein (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 1996 XI R 25/94, UR 1996, 334, GmbH-Rundschau 1996, 950, unter III.).

44

Dieses Argument vermag aber eine unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Organträger nicht zu rechtfertigen (zutreffend Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, a.a.O., § 2 Rz 111). Denn die Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen bewirkt nicht, dass das Eigentum an den GmbH-Anteilen und damit die Stimmrechte des Gesellschafters der GmbH auf die Personengesellschaft übergehen.

45

Dass die jeweils beide Gesellschaften beherrschende natürliche Person rein tatsächlich in der Lage ist, ihren Willen in beiden Gesellschaften durchzusetzen, reicht für die Annahme einer finanziellen Eingliederung der einen Gesellschaft in die andere (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) nicht aus.

46

Vielmehr muss die Personengesellschaft selbst --ggf. auch mittelbar über eine weitere (Tochter-)Gesellschaft-- über die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft verfügen (vgl. Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, a.a.O., § 2 Rz 111), wie dies auch bei einer Kapitalgesellschaft als Organträger erforderlich ist (s. oben unter II.2.).

47

e) Der Senat hat beim V. Senat des BFH angefragt, ob dieser in der vorliegenden Entscheidung eine Abweichung von seiner Rechtsprechung sieht und ob er bejahendenfalls dieser Abweichung zustimmt.

48

Der V. Senat hat mitgeteilt, dass er in der Annahme einer fehlenden mittelbaren finanziellen Eingliederung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) zwischen einer Personen- und einer Kapitalgesellschaft auch für den Fall, dass nur ein Gesellschafter über Mehrheitsbeteiligungen an beiden Gesellschaften verfügt, keine Abweichung von seinem Urteil in BFHE 229, 433, BFH/NV 2010, 1581 sieht.

49

4. Weitere materielle Rechtsfehler hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

50

5. Die von ihr gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

51

a) Das FG hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, dass es die in § 4 Abs. 4 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 15. Dezember 1995 vereinbarte Verlustübernahmepflicht der Verwaltungs-GmbH nicht gewürdigt hat.

52

Denn darauf kam es nach der für die Prüfung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 III R 63/98, BFH/NV 2001, 1028, unter II.1.a) nicht an. Das FG hat für die Frage der finanziellen Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG --zutreffend-- auf die Beteiligungsverhältnisse abgestellt (Urteil, S. 9).

53

b) Die weitere Rüge der Klägerin, das FG habe es unterlassen, die Verwaltungs-GmbH zum Verfahren beizuladen und dadurch gegen § 60 Abs. 3 FGO verstoßen, hat ebenfalls keinen Erfolg.

54

Das FG musste die Verwaltungs-GmbH nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO beiladen. Denn sie ist an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei einem Streit darüber, ob eine Gesellschaft in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist, ist zwar eine Beiladung des Organträgers nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO möglich (vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 1990 V B 14/97, BFH/NV 1998, 148), aber nicht i.S. von § 60 Abs. 3 FGO notwendig (vgl. BFH-Beschluss vom 4. August 2006 V B 98/04, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris; Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 60 Rz 107; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz 74).

55

Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt die Rechtsprechung im Beschluss des BFH vom 4. August 2006 V B 98/04 (n.v., juris) nicht nur für die Beiladung eines Insolvenzverwalters, sondern generell für die Beiladung eines möglichen Organträgers. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme des Beschlusses auf den --eine Einschränkung nicht enthaltenden-- Beschluss in BFH/NV 1998, 148.

56

6. Für die von der Klägerin hilfsweise beantragte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH sieht der Senat keinen Anlass.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betätigte sich in den Jahren 2004 bis 2006 (Streitjahre) ausschließlich als Geschäftsführerin einer KG, an der sie selbst mit 1.000 DM sowie Frau S mit 6.000 DM und Frau P mit 4.000 DM beteiligt waren. Gesellschafter der GmbH waren Frau S und Frau P zu gleichen Teilen. Geschäftsführer und einzige Arbeitnehmer der GmbH waren die Ehemänner von S und P. Die KG glich die der Klägerin entstandenen Personal- und Beratungskosten über Verrechnungskonten aus.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2002 V R 43/01 (BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36) einen Leistungsaustausch zwischen der GmbH und der KG an und unterwarf die der GmbH erstatteten Beträge unter Anwendung der Übergangsregelung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Dezember 2003 IV B 7 -S 7100- 246/03 (BStBl I 2004, 240) ab dem 1. April 2004 der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung ist unbegründet.

4

1. Wird die Beschwerde --wie im Streitfall-- mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet, so muss nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 10. Januar 2003 XI B 80/00, BFH/NV 2003, 898, und vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486).

5

2. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtfrage, "inwieweit die Komplementär-GmbH (einer GmbH & Co. KG), die die durch ihre Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit für die KG entstehenden Auslagen kraft Gesellschaftsvertrag als Gewinn vorab erstattet erhält, im Rahmen eines Leistungsaustausches i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die KG tätig wird", ist im Streitfall nicht klärbar. Die Fragestellung geht nämlich davon aus, dass die GmbH die Zahlungen der KG als Gewinnvorab erhalten habe. Das FG hat demgegenüber ausgeführt, es handele sich nicht um eine bloße Gewinn- oder Verlustbeteiligung, sondern um eine gewinnabhängige Vergütung zu Lasten des Handelsbilanzgewinns der KG. Steht danach aber nicht fest, dass die Zahlungen als Gewinnvorab gezahlt wurden, kann die aufgeworfene Frage, die von einer Gewinnvorabzahlung ausgeht, nicht beantwortet werden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Deshalb scheidet auch die von der Klägerin insoweit begehrte Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) aus.

6

Die Rüge der Klägerin in diesem Zusammenhang, dass das FG den für die rechtliche Einordnung der Zahlungen an die GmbH maßgeblichen Sachverhalt nur unzureichend von Amts wegen erforscht und damit gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen habe, ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

7

Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend gemacht, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so muss der Beschwerdeführer u.a. substantiiert vortragen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48, § 120 Rz 66 ff., m.w.N.),

- welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen,

- warum er --sofern er, wie hier, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war-- nicht von sich aus ent sprechende Beweisanträge gestellt hat und sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen,

- inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und

- dass der Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde.

8

Die Beschwerde enthält keine derartigen Darlegungen. Im Übrigen reichen entgegen der Ansicht der Klägerin die vom FG getroffenen Feststellungen aus, im Streitfall einen Leistungsaustausch zu bejahen. Das FG hat insoweit im Tatbestand seines Urteils u.a. den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts sowie die Begründung der Einspruchsentscheidung (einschließlich der einschlägigen Regelung des § 12 des Gesellschaftsvertrags) wiedergegeben (Urteil, S. 3, 4). In den Entscheidungsgründen hat das FG die Beurteilung des FA zum Vorliegen eines Leistungsaustausches --unter zusätzlichem Hinweis auf das BFH-Urteil vom 7. März 1996 V R 29/93 (BFH/NV 1996, 858)-- übernommen (Urteil, S. 7). Es hat ferner ausgeführt, es handele sich nicht lediglich um eine Gewinn- oder Verlustbeteiligung, wogegen --was auch nach dem Beschwerdevorbringen zutrifft-- "von der Klägerin im Übrigen ... keine begründeten Einwendungen erhoben" worden waren (Urteil, S. 7).

9

Soweit die Klägerin die Vorentscheidung ferner dahingehend angreift, das FG habe im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes gegen die allgemeine Beweislastverteilung verstoßen, nach der das FG darzulegen und zu beweisen habe, dass die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches erfüllt sind, wendet sie sich --auch insoweit-- gegen die rechtliche Beurteilung des FG und macht keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe geltend (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juni 2010 IX B 25/10, BFH/NV 2010, 2052).

10

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, um grundsätzlich zu klären, "ob und ggf. ab welchem Umfang die Beteiligung einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG an der KG ihrer finanziellen Eingliederung in das Unternehmen der KG entgegensteht, wenn umgekehrt die KG (mittelbar) über sämtliche Stimmanteile an der GmbH verfügt". Denn diese Frage ist bereits durch die Rechtsprechung geklärt.

11

Schon durch Urteil vom 14. Dezember 1978 V R 85/74 (BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288), auf das das FG ausdrücklich verwiesen hat, hat der BFH entschieden, dass eine GmbH, die --wie im Streitfall-- an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein kann.

12

Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde auf die abweichende rechtliche Beurteilung der Finanzverwaltung bei einer sog. "Einheits-GmbH & Co. KG" (100%ige unmittelbare Beteiligung der KG an der GmbH) hinweist (vgl. Abschn. 2.8. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), ergibt sich daraus kein Klärungsbedarf im Streitfall. Denn hier ist die KG an der GmbH nicht unmittelbar beteiligt.

13

Der Hinweis der Klägerin auf die bisherige Rechtsprechung, wonach es im Falle einer Personengesellschaft als Organträger für eine finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ausreichend war, dass die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten und damit die Personengesellschaft mittelbar ihren Willen in der Organgesellschaft durchsetzen konnte, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn diese Rechtsprechung ist zwischenzeitlich mit dem Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08 (BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600) im Anschluss an das BFH-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09 (BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597) aufgegeben worden.

14

4. Die Revision ist auch nicht zuzulassen, um zu klären, inwieweit die "Abkehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung" in dem BFH-Urteil in BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600 von der bisherigen Rechtsprechung sowie der Verwaltungsauffassung "vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes und des Gemeinschaftsrechts" auch für die Beurteilung "bereits abgeschlossener Veranlagungsjahre" zu berücksichtigen sei.

15

a) Die Klägerin trägt hierzu unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04 (BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608) sowie auf Abschn. 21 Abs. 4 Satz 8 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 vor, die Anwendung der geänderten Rechtsprechung verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der BFH habe noch im Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12-13/06 (BFH/NV 2008, 1365) unter Anführung weiterer BFH-Urteile anerkannt, dass die finanzielle Eingliederung u.a. vorliegt, "wenn ... die Gesellschafter einer Personengesellschaft (des Organträgers) die Geschäftsanteile der Organgesellschaft besitzen".

16

b) Die Klägerin kann sich im Streitfall aber schon deshalb nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil sie nach dem BFH-Urteil in BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288 und nach den diese Rechtsprechung anwendenden UStR 2002 und 2005, dort jeweils Abschn. 21 Abs. 2, deshalb nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen der KG eingegliedert sein konnte, weil sie an der KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt war. Deshalb liegt entgegen der Ansicht der Klägerin in der "Verkennung des Vertrauensschutzes" kein "gravierender Rechtsanwendungsfehler" vor, der eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigen könnte.

17

5. Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, die Revision sei zuzulassen, um die unionsrechtliche Vereinbarkeit der einschränkenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "finanziellen Eingliederung" dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, entspricht die Beschwerde nicht den Anforderungen an die notwendige Darlegung eines Zulassungsgrundes.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft (KG), vermietete im Streitjahr 2001 ein Grundstück an ihre Komplementärin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), und stellte dieser entgeltlich Personal und Inventar für die von der GmbH betriebenen Alten- und Pflegeheime zur Verfügung. Die Klägerin erledigte darüber hinaus Verwaltungsaufgaben und erbrachte Hausmeisterserviceleistungen für die GmbH.

2

Gesellschafter der Klägerin und der GmbH waren A, B und C zu jeweils einem Drittel. Die GmbH war zwar Komplementärin der Klägerin, jedoch ohne an der Klägerin kapitalmäßig beteiligt zu sein. Geschäftsführer der GmbH war A.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass zwischen ihr und der GmbH eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) bestehe und lediglich nicht steuerbare Innenleistungen zwischen der KG und GmbH erbracht würden. Sie gab daher keine Umsatzsteuererklärungen ab. Im Anschluss an eine Außenprüfung war der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) demgegenüber der Auffassung, dass keine Organschaft vorliege und die Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die GmbH erbracht habe. Der gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 10. Mai 2004 eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Klägerin sei Organträger der GmbH, da die GmbH über die Gesellschafter A, B und C in die Klägerin mittelbar finanziell eingegliedert sei, sich die organisatorische Eingliederung aus der Stellung der GmbH als Komplementärin der Klägerin und daher aus einer Personal- und Organidentität ergebe und die wirtschaftliche Eingliederung auf den durch die Klägerin an die GmbH erbrachten Leistungen beruhe. Unerheblich sei, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1978 V R 85/74 (BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288) eine Komplementär-GmbH nicht in eine KG eingegliedert sein könne, da dieses Urteil aufgrund der späteren BFH-Rechtsprechung zur mittelbaren finanziellen Eingliederung überholt sei. Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2009, 792 veröffentlicht.

5

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Aufgrund des Erfordernisses eines Über- und Unterordnungsverhältnisses liege keine Organschaft vor. Es fehlten auch die finanzielle und organisatorische Eingliederung.

6

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Die Klägerin trägt vor, das FG habe zutreffend entschieden, dass eine Organschaft bestehe. Es liege eine Betriebsaufspaltung vor. Die GmbH sei von ihr nach dem maßgeblichen Gesamtbild der Verhältnisse völlig abhängig gewesen, da sie der GmbH nahezu das gesamte für ihre Betätigung erforderliche Betriebsvermögen überlassen habe. Die Tatsache, dass ihre Kommanditisten in gleicher Weise auch an der GmbH beteiligt gewesen seien, zeige, dass sie und die GmbH als Einheit anzusehen seien. Es sei völlig unwahrscheinlich gewesen, dass die Kommanditisten in der GmbH anders entscheiden würden als bei ihr, der KG. Für die Organschaft spreche auch, dass die GmbH-Anteile als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei ihr, der Klägerin, anzusehen seien, da es sich bei dem Sonderbetriebsvermögen und der Organschaft jeweils um "eine rein steuerrechtliche Konstruktion" handele. Für das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses spreche weiter die Einheit des Steuerrechts sowie die Entstehungsgeschichte der Firmenkonstruktion. Die finanzielle Eingliederung ergebe sich auch aus der Vinkulierung der Gesellschaftsanteile und der engen familiären Verbundenheit der Gesellschaftergruppe. Wie das FG zu Recht ausgeführt habe, könne die GmbH zumindest teilweise --beim Betrieb der Alten- und Pflegeheime und damit neben ihrer Geschäftsführungstätigkeit für sie, die Klägerin,-- in sie eingegliedert sein. Die GmbH sei auch organisatorisch in sie eingegliedert gewesen, da ihre Geschäftsführung mit derjenigen der GmbH verflochten gewesen sei. Eine Eingliederung einer Komplementär-GmbH in sie, die Klägerin, sei zumindest insoweit möglich, als der Komplementär neben der Geschäftsführung der KG eine weitere unternehmerische Tätigkeit ausübe. Zumindest sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist im Ergebnis begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die vom FG und der Klägerin angenommene Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG scheitert am Erfordernis der finanziellen Eingliederung.

10

1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

11

Neben den Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung kommt es für die Organschaft weder nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG noch nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG auf einen Antrag des Unternehmers an (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, Leitsatz 2). Bei der Ausübung der nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden Ermächtigung sind allerdings die allgemein bei der Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG zu beachtenden Rechtsprinzipien wie z.B. die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Steuerneutralität zu beachten (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 22. Mai 2008 C-162/07, Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217 Rdnrn. 24 ff.). Dies gilt auch für die Auslegung der nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehenden Eingliederungsvoraussetzungen.

12

2. Nach der Rechtsprechung setzt die finanzielle Eingliederung voraus, dass der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen kann (BFH-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a, und vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd). Bei der finanziellen Eingliederung handelt es sich um eine rechtlich zu erfüllende Voraussetzung, für die es im Regelfall auf die einfache Stimmenmehrheit bei der Beschlussfassung der Gesellschafter ankommt. Ausreichend ist daher eine Beteiligung, die mehr als 50 v.H. der Stimmrechte in der Organgesellschaft gewährt, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die allgemeine Beschlussfassung in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH-Urteile in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a, und in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a dd).

13

Eine unmittelbare finanzielle Eingliederung der GmbH in die Klägerin lag im Streitfall nicht vor, da die Klägerin nicht Gesellschafterin der GmbH war. Die Klägerin war auch nicht über eigene Tochtergesellschaften mittelbar an der GmbH beteiligt.

14

3. Eine finanzielle Eingliederung ergibt sich nicht daraus, dass die drei Gesellschafter der Klägerin über die Anteilsmehrheit in der GmbH verfügten. Denn die finanzielle Eingliederung kann grundsätzlich nicht mittelbar über mehrere Gesellschafter des Organträgers erfolgen (Reiß in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG, § 2 Rz 111; Wäger in Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, 1189 ff., 1199 f.).

15

a) Nach dem BFH-Urteil vom 17. April 1969 V R 123/68 (BFHE 95, 558, BStBl II 1969, 505, unter 2.a) konnte eine GmbH als juristische Person in das Unternehmen eines Organträgers finanziell eingegliedert sein, wenn sich sämtliche Anteile an der GmbH und dem Organträger in einer Hand befanden.

16

Der BFH hat diese Rechtsprechung später für die finanzielle Eingliederung zwischen zwei GmbHs über einen gemeinsamen Gesellschafter aufgegeben und dies insbesondere mit dem bei einer nur mittelbaren Beteiligung fehlenden Über- und Unterordnungsverhältnis begründet. Keine der beiden Gesellschaften sei in das Gefüge des anderen Unternehmens eingeordnet (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1., und die Abweichungsanfrage durch den BFH-Beschluss vom 28. Februar 1996 XI R 25/94, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1996, 950, unter II.).

17

Der BFH hielt aber an der finanziellen Eingliederung zwischen der GmbH als Organgesellschaft und der Personengesellschaft als Organträger fest, wenn die Mehrheit der Anteile an der GmbH von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte verfügten (BFH-Urteile vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136, unter II.2.; vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223, unter II.2.; in BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.a; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.1.a, und vom 14. Februar 2008 V R 12, 13/06, BFH/NV 2008, 1365). Dabei bejahte der BFH die finanzielle Eingliederung über einen gemeinsamen Gesellschafter, der in GmbH und Personengesellschaft über eine Anteilsmehrheit von jeweils mindestens 95 v.H. verfügte und auch Geschäftsführer der GmbH war (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1136) ebenso wie über zwei Gesellschafter, denen gemeinsam eine Anteilsmehrheit in beiden Gesellschaften zustand (BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 223, und in BFH/NV 2008, 1365). Diese Rechtsprechung beruhte u.a. auf der ertragsteuerrechtlichen Überlegung, dass es sich bei der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft für die Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft um Sonderbetriebsvermögen handele (BFH-Beschluss in GmbHR 1996, 950, unter III.). Eine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft lehnte die Rechtsprechung aber dann ab, wenn den Gesellschaftern zwar an der GmbH eine Mehrheitsbeteiligung zustand, sie aber in der Personengesellschaft Minderheitsgesellschafter waren. Dies galt selbst dann, wenn die GmbH über eine Anteilsmehrheit an der Personengesellschaft verfügte (BFH-Urteil in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.b aa).

18

b) Für den Fall, dass nur mehreren Gesellschaftern gemeinsam eine Mehrheitsbeteiligung an GmbH und Personengesellschaft zusteht, hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung nicht fest.

19

aa) Eine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft liegt im Hinblick auf das für die Organschaft erforderliche Über- und Unterordnungsverhältnis aufgrund einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter, die nur gemeinsam über eine Anteilsmehrheit an beiden Gesellschaften verfügen, nicht vor.

20

Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus (BFH-Urteile in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a aa, und vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.1.). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH führt die Gruppenbesteuerung gemäß Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu einer Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen mit den diesem Steuerpflichtigen "untergeordneten Personen" (vgl. EuGH-Urteil Ampliscientifica und Amplifin in Slg. 2008, I-4019, BFH/NV Beilage 2008, 217).

21

Kommt es danach auf ein Über- und Unterordnungsverhältnis an, gilt dies nicht nur im Verhältnis zwischen mehreren GmbHs als juristischen Personen, sondern gleichermaßen im Verhältnis zwischen GmbH und Personengesellschaft, selbst wenn an diesen Gesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Denn eine Personengesellschaft, deren Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung an der GmbH halten, verfügt gegenüber dieser GmbH über keine größeren Einwirkungsmöglichkeiten als sie zwischen zwei Schwester-GmbHs bestehen. Einwirkungsmöglichkeiten stehen in beiden Fällen gleichermaßen nur den unmittelbar beteiligten Gesellschaftern zu. Die bisherige Bejahung einer finanziellen Eingliederung aufgrund einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter trägt auch nicht dem rechtlichen Charakter der finanziellen Eingliederung (s. oben II.2.) Rechnung. Kommt es für die finanzielle Eingliederung auf rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten an, müssen diese dem Organträger selbst zustehen. Hiermit ist eine Zurechnung der Durchsetzungsmöglichkeiten aus fremdem Beteiligungsbesitz nicht vereinbar.

22

Demgegenüber kann eine Enkelgesellschaft mittelbar über eine oder mehrere eigene Tochtergesellschaften des Organträgers finanziell in dessen Unternehmen eingegliedert sein (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080, unter II.2.c ee (1)), sofern der Organträger dann aufgrund der ihm in der Beteiligungskette zustehenden Gesellschaftsrechte in der Lage ist, seinen Willen in der Enkelgesellschaft durchzusetzen.

23

bb) Im Hinblick auf die bei der Auslegung der Eingliederungsvoraussetzungen zu beachtenden allgemeinen Rechtsprinzipien der Richtlinie 77/388/EWG (s. oben II.1.), spricht auch der Grundsatz der Rechtssicherheit dagegen, von einer finanziellen Eingliederung zwischen Schwestergesellschaften über gemeinsame Gesellschafter auszugehen.

24

(1) Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit müssen die Betroffenen bei Regelungen, die sich finanziell belastend auswirken können, in der Lage sein, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (EuGH-Urteile vom 15. Dezember 1987 C-326/85, Niederlande/Kommission, Slg. 1987, 5091 Rdnr. 24; vom 29. April 2004 C-17/01, Sudholz, Slg. 2004, I-4243 Rdnr. 34). Dies müssen auch die Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Richtlinie einräumt, beachten (EuGH-Urteile vom 26. April 2005 C-376/02, Goed Wonen, Slg. 2005, I-3445 Rdnr. 32; vom 16. September 2008 C-288/07, Isle of Wright, Umsatzsteuer-Rundschau 2008, 816 Rdnrn. 47 f.). Dies ist auch bei der Auslegung der nationalen Vorschriften zu beachten, die der Umsetzung von Richtlinienbestimmungen dienen.

25

Aufgrund der sich aus der Verlagerung der Steuerschuld auf den Organträger ergebenden finanziellen Auswirkungen kommt dem Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen besondere Bedeutung zu. Da die Organschaft nicht von einem Antrag des Organträgers abhängt (s. oben II.1.), muss der Organträger in der Lage sein, anhand der Eingliederungsvoraussetzungen das Bestehen einer Organschaft rechtssicher feststellen zu können.

26

(2) Bei einer Beteiligung mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften ist nicht rechtssicher bestimmbar, ob und unter welchen Voraussetzungen der Beteiligungsbesitz einer unter Umständen großen unbestimmten Anzahl von Gesellschaftern zusammengerechnet werden kann, um eine finanzielle Eingliederung der einen in die andere Schwestergesellschaft zu begründen. Die bloße Anteilsmehrheit mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften reicht hierfür nicht aus, da diese Gesellschafter die ihnen zustehenden Stimmrechte nicht einheitlich ausüben müssen. Auch nur familiäre Beziehungen zwischen mehreren Gesellschaftern sind kein hinreichendes Indiz für eine Zusammenfassung des ihnen zustehenden Beteiligungsbesitzes. Im Übrigen ist auch nicht rechtssicher bestimmbar, unter welchen Voraussetzungen mehrere Gesellschafter gleichgerichtete oder widerstreitende Interessen verfolgen. Da die Organschaft mit der Verwirklichung ihrer Voraussetzungen beginnt und mit deren Entfallen von Gesetzes wegen endet (BFH-Urteil in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a cc), kann es für die Organschaft und den Eintritt der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen (wie z.B. Umsatzzurechnung und Nichtbesteuerung von Innenumsätzen) darüber hinaus nicht darauf ankommen, für welche Zeiträume z.B. mehrere Familiengesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgen und für welche Zeiträume dies aufgrund von Meinungsverschiedenheiten oder Familienstreitigkeiten nicht der Fall ist. Ob im konkreten Einzelfall von einem Fehlen widerstreitender Interessen auszugehen sein kann, ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich.

27

cc) Nach den Verhältnissen des Streitfalles hat der Senat nicht zu entscheiden, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, wenn zwischen zwei Schwestergesellschaften z.B. ein Beherrschungsvertrag besteht oder zugunsten einer Schwestergesellschaft Stimmbindungsverträge vorliegen. Offenbleiben kann auch, ob eine Organschaft vorliegt, wenn nur ein Gesellschafter über eine Anteilsmehrheit an GmbH und Personengesellschaft verfügt und zugleich als Gesellschafter für die Personengesellschaft und als Geschäftsführer der GmbH für beide Gesellschaften geschäftsführungsbefugt ist (so das Urteil des XI. Senats des BFH in BFH/NV 1999, 1136), wobei dann allerdings fraglich erscheint, welche der beiden Schwestergesellschaften als herrschende und welche als abhängige Gesellschaft anzusehen ist. Im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung ist schließlich nicht mehr zu entscheiden, ob die bisherige Annahme einer finanziellen Eingliederung durch mehrere gemeinsame Gesellschafter von GmbH und Personengesellschaft --anders als bei mehreren gemeinsamen Gesellschaftern verschiedener GmbHs-- zu einer gemeinschaftsrechtlich unzulässigen Differenzierung nach der Rechtsform des Organträgers führt.

28

4. Die weiteren Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

29

a) Die Klägerin kann sich gegen die Änderung der Senatsrechtsprechung nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Voraussetzungen des § 176 der Abgabenordnung liegen nicht vor, da es sich bei dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid nicht um einen Änderungsbescheid, sondern um einen Erstbescheid handelt. Ein allgemeiner Schutz gegenüber den sich aus einer geänderten Rechtsprechung ergebenden Urteilsfolgen ist weder dem nationalen Recht noch dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmen. Es ist auch kein sonstiger Vertrauenstatbestand ersichtlich, auf den sich die Klägerin berufen könnte.

30

b) Auch aus dem von der Klägerin betonten Gesamtbild der Verhältnisse und der nach Auffassung der Klägerin besonders stark ausgeprägten wirtschaftlichen Eingliederung ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Zwar kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG "nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" vorzunehmenden Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht (BFH-Urteile vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, unter II.a; vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534, unter II.2.a; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a bb; vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.1.b; in BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.d; in BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.3.a). Daher kann von der wirtschaftlichen nicht auf die finanzielle Eingliederung geschlossen werden (BFH-Urteil in BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1.) und das völlige Fehlen einer eigenen Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft kann daher nicht durch andere Eingliederungsmerkmale ersetzt werden.

31

c) Dass die Beteiligung an einer juristischen Person ertragsteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei seiner Personengesellschaft sein kann, ist für das umsatzsteuerrechtlich maßgebliche Über- und Unterordnungsverhältnis nicht entscheidend und vermag die Annahme der finanziellen Eingliederung über die Gesellschafter des Organträgers nicht zu begründen. Denn die Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen ist für die maßgebliche Willensbildung durch Mehrheitsbeschlüsse unerheblich. Auch die Entstehungsgeschichte der Gesellschaften, die Vinkulierung von Gesellschaftsanteilen und die Einheit des Steuerrechts rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

32

5. Das Urteil des FG entspricht nicht diesen Grundsätzen und war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.

33

Die Klage ist abzuweisen, da die GmbH nicht finanziell in die Klägerin eingegliedert ist. Eine finanzielle Eingliederung der GmbH über die drei Gesellschafter der Klägerin in die Klägerin reicht nicht aus. Weiter kommt die Annahme einer nur partiellen Eingliederung der GmbH --für den Bereich des Betriebs der Alten- und Pflegeheime, nicht aber hinsichtlich der Geschäftsführung der Klägerin-- nach der Rechtsprechung des Senats nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080, unter II.2.c ee (3)).

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Höhe des Vorsteuerabzugs einer Holding aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung, wenn das dadurch eingeworbene Kapital zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften dient und die Holding diesen gegenüber später steuerpflichtige Dienstleistungen erbringt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine "Beteiligungsgesellschaft" in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, war im Streitjahr (2005) als sog. "Dachfonds" an zwei --ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenen-- Tochtergesellschaften als Kommanditistin beteiligt. Ihre Kommanditeinlagen betrugen jeweils über 98 %. Die Tochtergesellschaften waren jeweils Eigentümerinnen eines von ihnen im internationalen Schiffsverkehr betriebenen Vollcontainerschiffes.

3

Die Klägerin schloss mit ihren Tochtergesellschaften am 1. März 2005 einen "Dienstleistungsvertrag". Danach erbrachte sie gegenüber den Tochtergesellschaften "administrative Leistungen" und stand ihnen als "allgemeiner betriebswirtschaftlicher Berater" zur Seite. Insbesondere übernahm sie die Organisation und Durchführung von Gesellschafterversammlungen, die Beratung bei betrieblichen Abläufen, Beratungen auf dem Gebiet des Chartermarktes, die Beratung in Finanzierungsfragen, die Vermittlung von Kontakten zu Hafen- und anderen in- oder ausländischen Behörden für die Tochtergesellschaften, die Beratung bei anlässlich dieser Vermittlung geführten Gesprächen sowie die Vermittlung von Rechts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsleistungen.

4

Für diese Dienstleistungen erhielt sie ab dem Jahr 2006 eine Vergütung in Höhe von jährlich ... € zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Beratung in der Gründungsphase und für die Beratung zur laufenden Tätigkeit in der Zeit bis zum Ablauf des Streitjahres 2005 erhielt sie eine Pauschalvergütung in Höhe von ... € zuzüglich Umsatzsteuer.

5

Die Klägerin warb im Streitjahr 2005 mithilfe der A-GmbH Kapital in Höhe von ... € ein, wovon sie ... € für die Erbringung ihrer Kommanditeinlage bei den Tochtergesellschaften verwandte.

6

Für Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals durch die A-GmbH und für die Erstellung eines von der B-GmbH erstellten Prospektgutachtens fiel Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € an, die die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 als Vorsteuer geltend machte.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ davon zuletzt nur ... € (= 22,31 %) zum Vorsteuerabzug zu. Denn das von der Klägerin insgesamt eingeworbene Kapital in Höhe von ... € diene in Höhe von ... € (= 77,69 %) ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich des Haltens von Anteilen an den Tochtergesellschaften, für den ein Vorsteuerabzug ausscheide.

8

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 12. Mai 2011  16 K 411/07 ab (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1751).

9

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der Streitfall entspreche in allen wesentlichen Punkten den Sachverhaltsgestaltungen der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 27. September 2001 C-16/00 --Cibo Participations-- (Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6) und vom 29. Oktober 2009 C-29/08 --SKF-- (Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099). Hieraus folge, dass das Halten von Beteiligungen unmittelbar mit dem entgeltlichen Eingreifen in die Verwaltung der Tochtergesellschaften zusammenhänge, wenn eine Muttergesellschaft anlässlich eines Beteiligungserwerbs Dienstleistungen beziehe, um später gegenüber ihren daraufhin gegründeten bzw. erworbenen Tochtergesellschaften eigene umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen. Dann sei die Holdinggesellschaft im Ganzen wirtschaftlich tätig, so dass bei einem Beteiligungserwerb anfallende Kosten vollumfänglich den allgemeinen Kosten des Unternehmens zuzuordnen und die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge insgesamt abziehbar seien.

10

Hilfsweise bringt die Klägerin im Revisionsverfahren erstmals vor, der von ihr geltend gemachte Vorsteuerabzug stehe ihr jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer mit ihren Tochtergesellschaften bestehenden Organschaft zu. Eine Organschaft --wozu das FG ggf. Feststellungen nachzuholen habe-- komme mit Blick auf die EuGH-Urteile vom 9. April 2013 C-85/11 --Kommission/Irland-- (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 806, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 238) und vom 25. April 2013 C-480/10 --Kommission/Schweden-- (MwStR 2013, 276, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 423) auch mit ihren Tochtergesellschaften als Organgesellschaften in Betracht, obwohl diese als Kommanditgesellschaften die Rechtsform einer Personengesellschaft hätten. Deshalb seien ihr die Umsätze ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen, so dass ihr der Vorsteuerabzug vollumfänglich zu gewähren sei.

11

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG sowie den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2005 vom 24. September 2007 aufzuheben, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

12

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz bezeichneten Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

14

1. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen

15

a) Nationales Recht

16

aa) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sieht vor, dass der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

17

Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet, wobei allerdings u.a. bei steuerfreien Umsätzen für die Seeschifffahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 UStG) die Vorsteuer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG abziehbar ist. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

18

bb) Ein --zum Vorsteuerabzug berechtigter-- Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

19

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).

20

b) Unionsrecht

21

aa) Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der im Streitjahr 2005 geltenden Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die von ihm im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Art. 168 Buchst. a der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) enthält eine entsprechende Bestimmung. Bei Umsätzen für die Seeschifffahrt sind Art. 17 Abs. 3 Buchst. b i.V.m. Art. 15 Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG zu beachten (jetzt: Art. 169 Buchst. b i.V.m. Art. 148 Buchst. c der MwStSystRL).

22

Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Art. 173 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.

23

bb) Als --zum Vorsteuerabzug berechtigter-- Steuerpflichtiger gilt nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.

24

Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steht es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der Richtlinie 77/388/EWG jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Art. 11 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.

25

2. Zum Vorsteuerabzug einer Holding

26

a) Die Klägerin ist eine Holding. Darunter versteht man eine Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand darin besteht, unmittelbar oder mittelbar auf Dauer Beteiligungen an einem oder mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen zu halten und zu verwalten (vgl. z.B. Lutter, in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl., § 1 Rz 11; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 3 II.2.c, S. 52).

27

In der Praxis werden drei Formen von Holdings unterschieden (vgl. z.B. Abschn. 2.3. Abs. 3 Sätze 2 bis 4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses):

- Eine sog. Finanzholding ist eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt.
- Eine sog. Führungs- oder Funktionsholding ist eine Holding, die im Sinne einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft ihrer Tochtergesellschaften eingreift.
- Eine sog. gemischte Holding ist eine Holding, die nur gegenüber einigen Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig wird, während sie Beteiligungen an anderen Tochtergesellschaften lediglich hält und verwaltet.
28

b) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie --unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin-- unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, kein Mehrwertsteuerpflichtiger i.S. von Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG und somit nicht zum Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG berechtigt (vgl. EuGH-Urteile vom 20. Juni 1991 C-60/90 --Polysar Investments--, Slg. 1991, I-3111, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 48, Rz 17; vom 14. November 2000 C-142/99 --Floridienne und Berginvest--, Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rz 17; --Cibo Participations-- in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 18; vom 6. September 2012 C-496/11 --Portugal Telecom--, HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 31; BFH-Urteile vom 30. Juli 1992 V R 95/87, BFH/NV 1993, 202, unter II.2. zu a; vom 3. April 2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.2.; vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 28).

29

aa) Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die gemäß Art. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften (vgl. EuGH-Urteile --Cibo Participations-- in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 22; --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 34; BFH-Urteile in BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905, unter II.2.; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, Rz 15; in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 29).

30

bb) Eine Holding, die derartige Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, kann (daneben) auch einen nichtwirtschaftlichen Bereich haben (vgl. EuGH-Urteile --Floridienne und Berginvest-- in Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rz 6, 20 und 32; --Cibo Participations-- in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 8, 10, 22 und 44; vom 13. März 2008 C-437/06 --Securenta--, Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 11, 26 ff.; --SKF-- in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rz 20, 61 f.; --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 15 f., 47; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 30).

31

c) Eine Holding kann die von ihr für den Bezug von Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichtete Mehrwertsteuer nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn entweder die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen oder wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding gehören und --als solche-- Kostenelemente der von ihr erbrachten Dienstleistungen sind (vgl. EuGH-Urteile --Cibo Participations-- in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 31; vom 26. Mai 2005 C-465/03 --Kretztechnik--, Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382, Rz 35 f.; vom 8. Februar 2007 C-435/05 --Investrand--, Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 23 f.; --Securenta-- in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 27; --SKF-- in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rz 57 f.; --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 36 f.; BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 21).

32

d) Es obliegt den nationalen Gerichten, festzustellen, ob von einer Holding bezogene Dienstleistungen insgesamt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen oder ob diese Dienstleistungen von der Holding sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, oder aber ob sie von der Holding sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden (vgl. EuGH-Urteil --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 48).

33

e) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall steht der Klägerin grundsätzlich ein Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zu, soweit sie Eingangsleistungen für die administrativen und kaufmännischen Dienstleistungen bezog, die sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften erbrachte.

34

aa) Diese Leistungen berechtigen als steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Sie sind --wenn nicht die Voraussetzungen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG oder die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen (s. dazu nachfolgend unter 4. und 5.)-- keine (nicht steuerbaren) Innenleistungen eines Organträgers an Organgesellschaften, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht gegeben ist (vgl. Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 85; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 99; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, BStBl II 2007, 730, unter II.1.).

35

bb) Allerdings dürfte nach Auffassung des Senats ein vollständiger Vorsteuerabzug ausscheiden und die Klägerin die auf die anlässlich der Kapitalbeschaffung bezogenen Dienstleistungen entfallene Vorsteuer nur insoweit in Abzug bringen können, als sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften administrative und kaufmännische Dienstleistungen erbrachte.

36

Denn die im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals stehenden Eingangsleistungen der Klägerin dienten zumindest auch --wenn nicht sogar in erster Linie-- dem (nicht steuerbaren) Erwerb und dem (nicht steuerbaren) Halten der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften. Diese Eingangsleistungen hatten mithin nicht --wie für einen (vollständigen) Vorsteuerabzug erforderlich-- ihren "ausschließlichen Entstehungsgrund" (vgl. EuGH-Urteil --Investrand-- in Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 33; Senatsurteil vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 38) in der späteren Erbringung der (steuerbaren und steuerpflichtigen) Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften.

37

Bei derartigen Dienstleistungen, die sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, kann die Vorsteuer vielmehr nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Aufwendungen hierfür der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74, Rz 31; in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 25).

38

Nach Auffassung des Senats führen deshalb von einer Holding an ihre Tochtergesellschaft erbrachte --ggf. nur geringfügige-- steuerbare und steuerpflichtige Dienstleistungen nicht zwingend dazu, dass nicht nur die ausgeführten Dienstleistungen, sondern auch das (an sich nicht steuerbare) Erwerben und Halten der Beteiligung selbst als zum vollständigen Vorsteuerabzug führende unternehmerische Tätigkeit angesehen werden müssen. Fraglich ist aber, ob dem die Grundsätze des EuGH-Urteils --Cibo Participations-- (Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6) entgegenstehen.

39

3. Zur ersten Vorlagefrage

40

a) Die Richtlinie 77/388/EWG regelt nicht, welche Methoden oder Kriterien die Mitgliedstaaten anwenden müssen, wenn sie Bestimmungen erlassen, die eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach zulassen, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf wirtschaftliche oder auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten beziehen. Daher und damit die Steuerpflichtigen die notwendigen Berechnungen anstellen können, obliegt es den Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen (vgl. EuGH-Urteil --Securenta-- in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 34).

41

Die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG steht im Ermessen der Mitgliedstaaten, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile --Securenta-- in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 35 ff., 39; --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 42 und 44). Die Mitgliedstaaten dürfen bei der Ausübung ihres Ermessens ggf. einen Investitionsschlüssel, einen Umsatzschlüssel oder jeden anderen geeigneten Schlüssel verwenden und sind nicht verpflichtet, sich auf eine einzige dieser Methoden zu beschränken (vgl. EuGH-Urteil --Securenta-- in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 38).

42

b) Eine derartige Regelung hat der deutsche Gesetzgeber bisher nicht erlassen.

43

Deshalb besteht in der Praxis bei Eingangsumsätzen, die der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Holding dienen, hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung --trotz der Möglichkeit, in geeigneten Fällen insoweit § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, Rz 25, m.w.N.)-- eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

44

So wird hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung die Aufschlüsselung anhand eines Umsatzschlüssels, d.h. nach dem Verhältnis der Erlöse aus der operativen Tätigkeit zu den Erlösen aus der Beteiligung, für vertretbar gehalten (vgl. z.B. Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29. Januar 2003  97/13/0012, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at). Dies wird im Schrifttum weit überwiegend abgelehnt (Beiser, Steuer- und Wirtschaftskartei --SWK-- 2009, S 330, S 334; ders., Betriebs-Berater --BB-- 2009, 1324, 1326; Eggers/Ahrens, Der Betrieb --DB-- 2013, 2528, 2532 ff.; Pamperl, Österreichische Steuer-Zeitung --ÖStZ-- 2012, 251, 254; Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482 f.; Robisch, UR 2008, 881, 883) und eine Aufteilung nach den Investitionen in die wirtschaftlichen Tätigkeiten einerseits und in den Bereich nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten andererseits als sachgerechter angesehen (sog. Investitionsschlüssel, vgl. z.B. Niedersächsisches FG in EFG 2011, 1751, unter I.1.d; Beiser, SWK 2009, S 330, S 334; Pamperl, ÖStZ 2012, 251, 254; Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482; wohl auch Behrens, BB 2012, 2147, 2151). Daneben wird auch eine Aufteilung anhand betriebswirtschaftlicher Größen für möglich gehalten; insoweit komme z.B. die Anzahl der mit der Beteiligung befassten Personen (Robisch, UR 2008, 881, 884), die im Zusammenhang mit der Beteiligung anfallende Arbeitszeit (Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.; Robisch, UR 2008, 881, 884) oder die Einzelkosten für das Halten der Beteiligungen (Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.) in Betracht. Aus Sicht des beschließenden Senats droht deshalb eine uneinheitliche Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten.

45

Diese Rechtsunsicherheit besteht auch im Streitfall. Denn nach Auffassung des FG ist die vom FA zur Vorsteueraufteilung gewählte Schätzungsmethode nach dem Investitionsschlüssel grundsätzlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen sachgerechteren Aufteilungsmaßstab vorgeschlagen habe. Das FA habe allerdings auch bei Zugrundelegung eines Investitionsschlüssels einen überhöhten Vorsteuerabzug gewährt, weil das nicht für den Beteiligungserwerb aufgewandte Kapital auch mit den Ausgangsumsätzen in dem nichtwirtschaftlichen Bereich, wie z.B. für die Verwaltung von Beteiligungen, im Zusammenhang stehen könne. Indes sei das Gericht aus prozessualen Gründen an einer Verböserung der Umsatzsteuerfestsetzung zu Lasten der Klägerin gehindert.

46

c) Angesichts dieser Rechtsunsicherheit bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und weil insoweit eine (möglichst) einheitliche Rechtspraxis in den Mitgliedstaaten erforderlich ist, ersucht der Senat den EuGH um nähere Hinweise zu der von ihm geforderten Berechnungsweise, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen den wirtschaftlichen und den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile --Securenta-- in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727, Rz 33 und 39, und --Portugal Telecom-- in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rz 42 und 44, m.w.N.).

47

Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich diese Berechnungsweise nicht für alle denkbaren Fälle einer Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten exakt bestimmen lässt. Vorliegend geht es nach Auffassung des Senats aber um eine bei Holdings typische Fallgestaltung, die unionsweit einheitlich beurteilt werden sollte.

48

4. Zur zweiten Vorlagefrage

49

a) Im Streitfall stellt sich ferner die Frage, ob die Voraussetzungen einer Organschaft nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen.

50

Wäre das der Fall, dann würde die Klägerin mit ihren Tochtergesellschaften zu einem einzigen Steuerpflichtigen verschmelzen (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Mai 2008 C-162/07 --Ampliscientifica und Amplifin--, Slg. 2008, I-4019, UR 2008, 534, Rz 19; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b) und für die Frage des Vorsteuerabzugs der Klägerin wäre nicht auf ihre --dann nicht steuerbaren-- Dienstleistungsumsätze gegenüber ihren Tochtergesellschaften, sondern auf die (steuerbaren und zum Vorsteuerabzug berechtigenden) Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften gegenüber Dritten abzustellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a; Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.2.d).

51

aa) In diesem Fall könnte möglicherweise der (nicht steuerbare) Erwerb und das (nicht steuerbare) Halten der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften nicht als vorsteuerabzugsschädlich zu berücksichtigen sein, weil dann der Erwerb und das Halten von Beteiligungen an Gesellschaften wie die Aufnahme eines Gesellschafters zur Beschaffung zusätzlichen Kapitals als wirtschaftliche Tätigkeit im Allgemeinen zu beurteilen sein könnte. Für insoweit bezogene Dienstleistungen könnte ein uneingeschränktes Recht auf Vorsteuerabzug bestehen (vgl. EuGH-Urteile vom 26. Juni 2003 C-442/01 --KapHag--, Slg. 2003, I-6851, BFH/NV Beilage 2003, 228, Rz 43; --Kretztechnik-- in Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382, Rz 36 f.; BFH-Urteil vom 1. Juli 2004 V R 32/00, BFHE 205, 555, BStBl II 2004, 1022, unter II.3.c bb; Grünwald, MwStR 2013, 328, 331 f.).

52

bb) Der Senat hält es aber auch insoweit nicht für ausgeschlossen, dass für einen Bereich nichtwirtschaftlicher Tätigkeit entsprechend der Grundsätze der unter II.2.b bb genannten EuGH-Urteile gleichwohl kein Recht auf Vorsteuerabzug gegeben sein könnte. Insoweit könnte entscheidend sein, dass die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG und Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mögliche gemeinsame Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger lediglich die Zusammenfassung mehrerer wirtschaftlicher Tätigkeiten in einer Person und keine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten begründen könnte.

53

b) Nach nationalem Recht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) liegt eine Organschaft schon deshalb nicht vor, weil die Tochtergesellschaften der Klägerin als Personengesellschaften keine juristischen Personen im Sinne dieser Vorschrift sind.

54

aa) Während nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mehrere "Personen" zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden dürfen, gestattet § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur die Eingliederung "juristischer Personen" und nicht die Eingliederung von Personengesellschaften in das Unternehmen eines Organträgers.

55

bb) Kommanditgesellschaften wie die Tochtergesellschaften der Klägerin sind keine juristischen Personen (vgl. nur Karsten Schmidt, a.a.O., § 3 I.2.a, S. 46).

56

Eine Kommanditgesellschaft ist nach der gesetzlichen Definition in § 161 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, wobei bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter). Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB). Sie ist aber keine juristische Person (vgl. z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21. Januar 1993 IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, unter II.2.; vom 17. Mai 1995 VIII ZR 70/94, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 2159, unter II.2.b bb; vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, unter A.I.4.).

57

cc) Eine Kommanditgesellschaft kann Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1980 V R 142/73, BFHE 132, 497, BStBl II 1981, 408, unter 2.; vom 12. Februar 2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, unter II.3.a) und als Organträger i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG fungieren (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.; vom 22. April 2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 13).

58

Allerdings kann eine Kommanditgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH --als Personengesellschaft-- nicht als juristische Person i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG angesehen werden und mithin umsatzsteuerrechtlich nicht als Organgesellschaft in ein anderes Unternehmen eingegliedert sein (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1978 V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356, unter I.5.; vom 8. Februar 1979 V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362, unter 5. und 6.; vom 26. Juni 1986 V R 57/77, juris; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.b cc). Dem folgt die herrschende Meinung in der Literatur (vgl. Meyer in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 69; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 89 f., 101; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 98.15; Bunjes/Korn, UStG, 12. Aufl., § 2 Rz 112; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, Umsatzsteuer, § 2 Rz 214).

59

c) Unabhängig von dem Charakter der Tochtergesellschaften als Personengesellschaften scheitert im Streitfall die Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglicherweise auch --wozu ggf. Feststellungen des FG nachzuholen wären-- daran, dass im Sinne dieser Vorschrift die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch "in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert" sein muss.

60

Diese von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte Eingliederung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft als "untergeordneter Person" besteht (vgl. z.B. Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a aa; in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 20; vom 8. August 2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 22, m.w.N.; ebenso BGH-Urteil vom 19. März 2013  1 StR 318/12, Der Konzern 2013, 574, unter B.II.1.a bb (1) (b)).

61

Deshalb liegt eine finanzielle Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur dann vor, wenn der Organträger finanziell in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann (vgl. z.B. Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600, Rz 28; BFH-Urteil in BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 24, m.w.N.).

62

Eine organisatorische Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt nach neuerer Rechtsprechung des V. Senats des BFH voraus, dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen und seinen Willen bei der Organgesellschaft durchsetzen können muss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747, Rz 25, 28 f., 30 ff.).

63

Für eine wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG schließlich ist es charakteristisch, dass die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordneten Organträgers als dessen Bestandteil erscheint (BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl II 2010, 863, unter II.2.c aa, m.w.N.).

64

d) Der Senat hält es aber aufgrund der neueren Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile --Kommission/Irland-- in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 36; --Kommission/Schweden-- in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL) für zweifelhaft, ob die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, die die Behandlung von im Inland ansässigen Personen als ein Steuerpflichtiger von weiteren bzw. anderen Bedingungen als den in der unionsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage genannten Voraussetzungen abhängig macht, mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sowie dem Grundsatz der Rechtsformneutralität in Einklang steht.

65

Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sieht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubürden als diejenigen, die in dieser Bestimmung genannt sind (vgl. EuGH-Urteile --Kommission/Irland-- in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 36; --Kommission/Schweden-- in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL).

66

aa) Dadurch ist erstens fraglich geworden, ob § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als Organgesellschaften nur juristische Personen zulassen darf. Zweitens ist zweifelhaft, ob der BFH die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger davon abhängig machen darf, dass ein Verhältnis der Über- und Unterordnung besteht, während das Unionsrecht gegenseitige Beziehungen ausreichen lässt.

67

bb) Zwar ermöglicht das Unionsrecht den Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen möglich macht (EuGH-Urteile --Kommission/Irland-- in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rz 49; --Kommission/Schweden-- in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rz 38, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL; vgl. auch EuGH-Urteil --Ampliscientifica und Amplifin-- in Slg. 2008, I-4019, 217, UR 2008, 534, Rz 29).

68

Es erscheint dem Senat jedoch fernliegend, dass die gegenüber Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zusätzlichen bzw. anderen Bedingungen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG derartige erforderliche Maßnahmen sind.

69

cc) Jedenfalls dürfte § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität verstoßen, weil danach nur juristische Personen Organgesellschaften sein können und folglich Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Rechtsform in sachlich nicht gerechtfertigter Weise unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. Birkenfeld, UR 2008, 2, 4; Boor, UR 2013, 729, 737; Dahm/Hamacher, Internationales Steuerrecht 2013, 820, 826 f.; Hahne, DStR 2008, 910, 913; Hartman, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europäischen Unionsrecht, Diss. 2013, S. 125 ff.; Hummel, UR 2010, 207, 211; Schnarrenberger, Die umsatzsteuerliche Organschaft, Diss. 2013, S. 119 ff.; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG, Rz 14; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 355).

70

Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt in seiner Ausprägung der Rechtsformneutralität (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom 10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146, Rz 30, m.w.N.; BFH-Urteil vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.1.a aa, m.w.N.), dass die Rechtsform des Steuerpflichtigen im Umsatzsteuerrecht grundsätzlich unerheblich ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. September 2007 V R 54/05, BFHE 219, 241, BStBl II 2008, 262, unter II.1.b, m.w.N.), und gebietet eine weitgehende Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, unter II.3.; Senatsurteil in BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600, Rz 42).

71

dd) Allerdings wurde die Ermächtigung zur Bildung einer Mehrwertsteuergruppe gerade deshalb in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG aufgenommen, weil die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG --wie auch diejenige in den Niederlanden-- unionsrechtlich abgesichert werden sollte (vgl. z.B. Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag der Richtlinie 77/388/EWG vom 31. Januar 1974, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. C 139 vom 12. November 1974, S. 17; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b bb).

72

Dementsprechend hat die Kommission der Europäischen Union im Rahmen der gegen die Bundesrepublik Deutschland zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG 1980 am 4. Oktober 1985 erhobenen Vertragsverletzungsklage die Regelung der Organschaft als solche nicht beanstandet, sondern --nur-- gerügt, dass die deutsche Regelung seinerzeit noch nicht auf das Inland beschränkt war (vgl. ABlEG Nr. C 285 vom 8. November 1985, S. 6, Rs. C-298/85; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b bb).

73

Was das von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte Über- und Unterordnungsverhältnis betrifft, ist zudem darauf hinzuweisen, dass der EuGH in seinem zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil --Ampliscientifica und Amplifin-- in Slg. 2008, I-4019, UR 2008, 534, Rz 19 die Formulierung "untergeordnete Person oder die untergeordneten Personen im Sinne dieser Vorschrift" verwendet hat. Dies könnte wiederum für das Erfordernis einer Über- und Unterordnung sprechen (vgl. in diesem Sinne BFH-Urteil in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, Rz 20).

74

5. Zur dritten Vorlagefrage

75

a) Der Senat neigt dazu, dass eine richtlinienkonforme Auslegung, wonach unter die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG genannten "juristische Personen" auch Personengesellschaften fallen und eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische "Eingliederung" unabhängig von einem Über- und Unterordnungsverhältnis bereits bei gegenseitigen finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen "Beziehungen" gegeben sein kann, nicht möglich ist.

76

Zwar hat sich ein Gericht bei der Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichten (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11. Juli 2002 C-62/00 --Marks & Spencer--, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436, Rz 24, m.w.N.). Eine richtlinienkonforme Auslegung kommt aber nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt. Der Senat hat jedoch Zweifel, ob eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes --wie sie hier bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglicherweise vorzunehmen wäre-- möglich ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 24. Januar 2012 C-282/10 --Dominguez--, NJW 2012, 509, Rz 25, m.w.N.; Senatsurteil vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, BStBl II 2013, 712). Denn das nationale Recht unterscheidet "juristische Personen" (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) und "Personenvereinigungen" (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG), wobei letzteres Tatbestandsmerkmal weiter ist und insbesondere auch Personengesellschaften umfasst (Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 26; Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 2 Rz 25; vgl. auch Senatsurteil vom 29. August 2012 XI R 40/10, BFH/NV 2013, 182, Rz 20).

77

b) Deshalb stellt sich dem Senat die Frage, ob sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann.

78

aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH kann sich ein Steuerpflichtiger in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146, Rz 51; Senatsurteil vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 33).

79

Diese Voraussetzungen werden hinsichtlich Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 11 Abs. 1 der MwStSystRL) teilweise bejaht (vgl. z.B. Hartman, a.a.O., S. 144 f.; Schnarrenberger, a.a.O., S. 125 f.) und teilweise verneint (vgl. z.B. Hummel, UR 2010, 207, 212 f.; Boor, UR 2013, 729, 737).

80

bb) Gegen die Möglichkeit, sich auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu berufen, könnte sprechen, dass diese Bestimmung nicht hinreichend genau ist, soweit sie verlangt, dass Personen "durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind".

81

Allerdings könnten insofern möglicherweise die von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über die Option der MwSt-Gruppe gemäß Art. 11 der MwStSystRL vom 2. Juli 2009 vorgeschlagenen Kriterien (KOM (2009) 325 --endgültig--, UR 2009, 632, unter 3.3.4) heranzuziehen sein.

82

cc) Im Falle einer Berufbarkeit auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG hätte es der jeweilige Steuerpflichtige in der Hand, die Rechtsfolgen dieser Bestimmung eintreten zu lassen oder nicht.

83

Nach der Rechtsprechung des BFH sehen allerdings weder das UStG noch das Unionsrecht ein Wahlrecht für den Eintritt der Rechtsfolgen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II.2.b dd; in BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.1.c).

84

6. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

85

7. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war in den Streitjahren (2001 und 2002) beim Betrieb eines grenzüberschreitenden Nachtzugs zwischen B im Inland und M im Ausland tätig. Die Tätigkeit der Klägerin erfolgte aufgrund von Vereinbarungen mit der im Ausland ansässigen S.

2

Das von der Klägerin und S abgeschlossene "Abkommen" vom 1. Januar 2002 bezog sich auf die Führung eines Nachtzugpaares zwischen den Orten B und M. Nach Nr. 3 der Vereinbarung wurden alle Einnahmen und Kosten des Verkehrs bei S zusammengefasst. Gewinn und Verlust für die Verkehrsperiode sollten zu gleichen Teilen auf beide Parteien aufgeteilt werden. Zur Festlegung von Gewinn und Verlust waren sämtliche Einnahmen während der Vertragsperiode den Kosten der S und der Klägerin gegenüberzustellen.

3

Nach dem "Abkommen" hatte die Klägerin der S einmal monatlich Rechnungen über die von ihr getragenen Kosten auf deutscher Seite zu übersenden. Zu diesen Kosten gehörten der Service in verschiedenen Bahnhöfen im Inland, Trassen-, Traktions- und Versicherungskosten im Inland sowie die Kosten aus einer Vereinbarung mit M über die Betreuung von Schlaf- und Liegewagen. Alle Einnahmen wurden bei S gesammelt, die das Buchungssystem für den Nachtzug betrieb. Nach Nr. 4 des Abkommens war S "platzzuteilende Bahn" für den Nachtzug. S bot europäischen Eisenbahnverwaltungen die Buchung von Fahrscheinen an. Die Klägerin verkaufte demgegenüber keine Fahrkarten und stellte keine Tickets aus, da diese ausschließlich durch S emittiert wurden, der auch alle Einnahmen zuflossen.

4

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Klägerin auf der Grundlage des "Abkommens" im Inland umsatzsteuerpflichtige Leistungen an S erbracht habe, und erließ am 21. Mai 2004 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, der insoweit Erfolg hatte, als das FA in den Änderungsbescheiden vom 12. Januar 2005 die von S erhaltenen Zahlungen nicht als Entgelt, sondern als Gegenleistung einschließlich Umsatzsteuer behandelte. Im Übrigen wies das FA den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2005 als unbegründet zurück.

5

Die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Das FG ging von im Inland steuerpflichtigen Leistungen aus. Die Klägerin habe sich als inländischer privater Eisenbahnunternehmer mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland zu einer internationalen Gruppierung zum Zwecke der Erbringung von grenzüberschreitenden Eisenbahndienstleistungen zusammengeschlossen. Nach der zwischen der Klägerin und S abgeschlossenen Vereinbarung sei der Verkehr im Ausland durch S und im Inland durch die Klägerin abgewickelt worden. Hieraus seien keine finanziellen Verpflichtungen untereinander erwachsen. Es handele sich um Personenbeförderungsleistungen, die im Inland steuerbar und nicht nach § 4 Nr. 6 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerbefreit seien. Der Ort der Beförderungsleistung bestimme sich gemäß § 3b Abs. 1 Satz 1 UStG danach, wo die Beförderung bewirkt werde. Da die Klägerin nur für die Abwicklung des Verkehrs auf der inländischen Teilstrecke zu sorgen gehabt habe, habe sie Beförderungsleistungen auch nur für diesen Streckenabschnitt besorgt. Ihre Leistungen erstreckten sich nur auf das Inland. Eine Aufteilung in einen inländischen und einen ausländischen Streckenanteil nach § 3b Abs. 1 Satz 2 UStG sei nicht erforderlich gewesen. Es sei unerheblich, dass die Beförderung auch im Ausland weiter geführt worden sei. § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und im Streitfall nicht anzuwenden. Für die insoweit erforderliche Einordnung als Betriebswechselbahnhof könne unabhängig von den durch die Eisenbahnunternehmer in den Vordergrund gestellten Usancen im Eisenbahnverkehr für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nicht allein auf die Vereinbarung der beteiligten Eisenbahnunternehmen abgestellt werden. Erforderlich sei ein Grenzbezug, der bei einer Entfernung von ca. 300 km nicht mehr gegeben sei.

6

Einen Tatbestandsberichtigungsantrag zur Frage des Inhalts des Zugtickets lehnte das FG mit Beschluss vom 15. November 2011 ab. Das dem FG vorliegende Zugticket weise allein auf S, nicht aber auch auf die Klägerin hin.

7

Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt Verletzung materiellen und formellen Rechts. Ihre Leistungen seien nach § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG steuerfrei, da diese Vorschrift nach dem Neutralitätsgrundsatz nicht nur auf Eisenbahnen des Bundes anzuwenden sei. Von einem Betriebswechselbahnhof sei dann auszugehen, wenn die beteiligten Eisenbahnen einen Tarifschnitt an Bahnhöfen vereinbarten und wenn von diesem Bahnhof bis zur Grenze kein kommerzieller Zwischenhalt stattfinde. Der Bahnhof X-Y sei auch deshalb als Betriebswechselbahnhof anzusehen, weil einem Antrag beim Bundesverkehrsministerium nicht widersprochen worden sei.

8

Das FG habe auch gegen § 3b UStG verstoßen. Die Sachverhaltswürdigung des FG sei offenkundig falsch. Sie, die Klägerin, habe im Wesentlichen Traktionsleistungen erbracht. Zwischen ihr und S liege eine internationale Gruppierung vor. Bei der Traktionsleistung handele es sich um eine gegenüber der Personenbeförderung eigenständige Leistung. Sie sei auf einer fiskalisch ausländischen Strecke tätig geworden.

9

Es sei bis zur mündlichen Verhandlung vor dem FG unstreitig gewesen, dass sie gemeinsam mit S nach außen aufgetreten sei. Erstmals im Urteil habe das FG einen abweichenden Sachverhalt zugrunde gelegt und angenommen, dass nicht sie, sondern nur S nach außen in Erscheinung getreten sei. Die Annahme des FG, das vorgelegte Ticket weise allein S aus, sei unzutreffend, da das Ticket auch die Klägerin nenne. Das FG sei daher von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Sie habe erfolglos versucht, dies durch einen Tatbestandsberichtigungsantrag und eine Anhörungsrüge zu korrigieren. Im Übrigen komme es auf den Außenauftritt auf den Fahrscheinen nicht entscheidend an, da auch die Werbung für den Nachtzug zu berücksichtigen sei. Es sei geradezu lebensfremd und stehe in Widerspruch zu jeglichem Erfahrungssatz, dass sie, die Klägerin, am Zugbetrieb nur verdeckt beteiligt gewesen sei und ihre Beteiligung an diesem Prestigeprojekt geheim gehalten habe. Hätte das FG einen entsprechenden Hinweis erteilt, hätte sie vorgetragen, dass die Nennung nur im Zusammenhang mit dem Mehrwertsteuerausweis erfolgt sei. Maßgeblich seien aber nicht Fahrkarten, sondern ihr gemeinsamer Außenauftritt mit S auf Werbeträgern und im Internet. Das FG habe nicht darauf hingewiesen, dass es nicht vom Vorliegen einer Gewinnpoolung ausgehe. Das FG habe § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt und sei seiner Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 FGO nicht nachgekommen. Das FG habe auch die Erörterungspflicht nach § 93 Abs. 1 FGO verletzt. Verletzt sei auch der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 1 und 2 FGO), da das FG tatsächliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen habe. Ihr Vortrag zur Gewinnpoolung sei nicht berücksichtigt worden. Es liege eine Überraschungsentscheidung vor. Die Gewinnabhängigkeit des Aufwendungsersatzes ergebe sich auch aus Rückzahlungen im Jahr 2008. Es handele sich zudem um eine Beförderung von Gegenständen. Für das Vorliegen einer Grenzbetriebsstrecke reiche es aus, dass auf dieser Strecke kein Zwischenhalt erfolge.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2005 aufzuheben und unter Aufhebung der geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 12. Januar 2005 und 21. Mai 2005 die Klägerin erklärungsgemäß zu veranlagen.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit lägen nicht vor. § 3b UStG sei nicht verletzt, da die Klägerin eine einheitliche Beförderungsleistung erbracht habe. Es liege auch kein Gewinnpool vor. Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit aufgrund der Leistungserbringung auf einer Grenzbetriebsstrecke lägen nicht vor. Schließlich seien auch keine Verfahrensfehler gegeben.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Klägerin hat nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Unternehmer Leistungen im Inland gegen Entgelt im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt. Die Leistungen sind mangels Steuerbefreiung auch steuerpflichtig.

14

1. Die Klägerin erbrachte aufgrund des mit der S geschlossenen Abkommens Leistungen gegen Entgelt.

15

a) Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Leistung gegen Entgelt setzt nach übereinstimmender Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung von EuGH und BFH).

16

Auch Leistungen, die ein Gesellschafter an seine Gesellschaft erbringt, sind steuerbar, wenn ihnen ein Rechtsverhältnis zugrunde liegt, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet. So liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch z.B. dann vor, wenn der Gesellschafter einen Gegenstand nicht gegen Beteiligung am Gewinn und Verlust in seine Gesellschaft einbringt, sondern ihn ihr im Wege der Verpachtung gegen Zahlung eines Pachtzinses zur Verfügung stellt (EuGH-Urteil vom 27. Januar 2000 C-23/98, Heerma, Slg. 2000, I-419 Rdnr. 13). Ebenso liegt bei einem Konsortium ein steuerbarer Leistungsaustausch vor, wenn Arbeiten, die die Mitglieder eines Konsortiums entsprechend ihrem jeweiligen Arbeitsanteil durchführen, vergütet werden (EuGH-Urteil vom 29. April 2004 C-77/01, EDM, Slg. 2004, I-4295 Rdnrn. 86 f.).

17

Das für den Leistungsaustausch erforderliche Rechtsverhältnis kann auf schuld- oder gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter beruhen. Als Besonderheit bei Gesellschaftsverhältnissen ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung bei einer durch den Gesellschafter erbrachten Leistung nicht aus der Beteiligung des Gesellschafters am allgemeinen Gewinn und Verlust der Gesellschaft ergibt. Auch wenn sich der Gesellschafter nicht auf das Halten seiner Beteiligung beschränkt, sondern weiter gehende Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt, ist die allgemeine Gewinnbeteiligung nicht als Entgelt anzusehen (BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.b aa). Dementsprechend besteht der für die Steuerbarkeit erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Dividende (Gewinnanteil) und Dienstleistung selbst dann nicht, wenn die Leistung von einem Aktionär (Gesellschafter) erbracht wird (EuGH-Urteil vom 14. November 2000 C-142/99, Floridienne und Berginvest, Slg. 2000, I-9567 Rdnr. 23).

18

b) Im Streitfall erbrachte die Klägerin mit ihrer Tätigkeit auf dem inländischen Streckenabschnitt des Nachtzugs auf der Grundlage des mit S abgeschlossenen Abkommens Leistungen gegen Entgelt.

19

aa) Die Entgeltlichkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen ergibt sich daraus, dass die S vereinbarungsgemäß die bei der Klägerin anfallenden Kosten erstattete (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.b bb zum Entgeltcharakter bei der Gewährung von Aufwendungsersatz). Der Senat kann bei der Beurteilung der Steuerbarkeit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen offenlassen, ob die Klägerin und S durch den Abschluss des "Abkommens" ein Gesellschaftsverhältnis begründet haben. Selbst wenn ein derartiges Gesellschaftsverhältnis vorläge, wären die Leistungen der Klägerin nur dann als außerhalb eines Leistungsaustausches erfolgt anzusehen, wenn eine lediglich gewinnabhängige Vergütung vorläge. Dies trifft auf den von S geschuldeten Aufwendungsersatz nicht zu, da die Zahlung des Aufwendungsersatzes nicht unter dem Vorbehalt einer Gewinnentstehung stand, sondern unbedingt zu erfolgen hatte.

20

bb) Eine Gewinnabhängigkeit des von S zu gewährenden Aufwendungsersatzes ergab sich nicht aufgrund des Anspruchs der Klägerin auf Gewinn- und Verlustbeteiligung aus dem Betrieb des Nachtzugs nach Ablauf der Gültigkeit des "Abkommens". Denn wie der EuGH in seinem Urteil Floridienne und Berginvest in Slg. 2000, I-9567 Rdnr. 23 ausdrücklich entschieden hat, besteht der für die Steuerbarkeit erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Dividende (Gewinnanteil) und Dienstleistung auch dann nicht, wenn der Gesellschafter die Leistung erbringt. Führt danach die allgemeine Gewinnbeteiligung bei entgeltlichen Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft im Gewinnfall nicht zu einer Entgelterhöhung, kann sich auch im Verlustfall keine Entgeltminderung ergeben.

21

cc) Dass die Klägerin im Verlustfall den Verlust anteilig zu tragen und ggf. Zahlungen an S zu leisten hatte und --nach ihrem Vortrag im Revisionsverfahren-- in späteren Jahren tatsächlich auch an S geleistet hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn eine derartige Verlustbeteiligung steht nur im unmittelbaren Zusammenhang zur Gewinnverteilungsabrede, nicht aber auch im unmittelbaren Zusammenhang zu dem daneben --außerhalb der Gewinnverteilungsabrede-- vereinbarten Aufwendungsersatz. Ist der Gewinnanteil kein Leistungsentgelt für Leistungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft (EuGH-Urteil Floridienne und Berginvest in Slg. 2000, I-9567 Rdnr. 23) und daher bei einer entgeltlichen Leistung des Gesellschafters an die Gesellschafter nicht entgelterhöhend zu berücksichtigen, wirkt sich auch eine Verlustbeteiligung nicht entgeltmindernd aus.

22

c) Die Steuerbarkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung zur sog. Gewinnpoolung.

23

aa) Nach dem Senatsurteil vom 12. Februar 1970 V R 50/66 (BFHE 98, 518, BStBl II 1970, 477, unter 3.) ist eine Gewinnpoolung gegeben, "wenn mehrere Unternehmer, die ihre Geschäfte nach außen im eigenen Namen (jeder für sich) betreiben und nicht in einem Leistungsaustausch miteinander stehen, auf Grund interner Vereinbarungen ihre Erlöse nach Abzug der Unkosten ganz oder teilweise nach einem bestimmten Schlüssel unter sich aufteilen". Hieran fehlt es, wenn "nicht mehrere Unternehmer ihre selbständig erzielten Gewinne zusammen[legen], um sie unter sich aufzuteilen, sondern ... lediglich der bei einem von ihnen anfallende Gewinn verteilt wird. Die Beteiligten betätigen sich ... [dann] auf verschiedenen Wirtschaftsstufen, [so dass zwischen ihnen] ... in vollem Umfange ein Leistungsaustausch statt[findet]".

24

bb) Im Streitfall fehlt es an einer "Gewinnpoolung" im Sinne der vorstehenden Entscheidung schon deshalb, weil die Klägerin und S nicht jeder für sich Geschäfte nach außen im eigenen Namen betrieben haben. Eine Gewinnpoolung läge nur vor, wenn die Klägerin und S im Verhältnis zu den Leistungsempfängern, den Reisenden, jeweils eigenständige Bahnstrecken betrieben hätten und die dabei von ihnen jeweils eigenständig erzielten Gewinne "gepoolt" hätten. Demgegenüber handelt es sich im Streitfall zwar um ein gemeinsames, im Verhältnis zu den Leistungsempfängern, den Reisenden, jedoch allein von S ausgeführtes Zugprojekt, für dessen Durchführung die Klägerin an S entgeltliche Leistungen erbrachte.

25

d) Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen sind gemäß § 126 Abs. 4 FGO unerheblich, da es auf diese unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ankommen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. März 2011 VII R 62/00, BFH/NV 2001, 1037).

26

Dies gilt insbesondere für die Rüge, dass das FG-Urteil für sie überraschend gewesen sei, da sie von einem gemeinsamen Auftreten ausgegangen sei.

27

Dieser Vortrag trifft bereits deshalb nicht zu, da im Verfahren vor dem FG wechselnde Auffassungen zu der Frage vertreten wurden, ob allein S Leistungen gegenüber den Kunden erbracht habe, und das FA in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausgeführt hat, dass zwischen der Klägerin und S keine Innenumsätze, sondern ein Leistungsaustausch vorliege. Zudem kommt es auf diese Frage schon deshalb nicht an, weil sie allein die Person des Empfängers der durch die Klägerin erbrachten Leistungen betrifft. Ob die Klägerin aber ihre Leistungen gegenüber S oder gegenüber einer aus ihr und S gebildeten Gesellschaft erbracht hat, ist für das Vorliegen eines Leistungsaustausches jedoch unerheblich, da entgeltliche Leistungen auch auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbracht werden können (BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.).

28

2. Die entgeltlichen Leistungen der Klägerin waren im Inland steuerbar. Es liegen sonstige Leistungen i.S. von § 3 Abs. 9 UStG vor, da es sich bei den Leistungen nicht um Lieferungen nach § 3 Abs. 1 UStG handelte.

29

Ob es sich bei den sonstigen Leistungen der Klägerin um Beförderungsleistungen nach § 3b UStG oder um eine Leistung handelte, die mangels anwendbarer anderer Leistungsortsbestimmungen § 3a Abs. 1 UStG unterliegt, kann im Streitfall offenbleiben, da nach beiden Vorschriften der Leistungsort im Inland liegt.

30

a) Handelt es sich bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen um eine Beförderung i.S. von § 3b Abs. 1 UStG, ist diese Leistung als Personenbeförderung nach Satz 1 dieser Vorschrift anzusehen.

31

aa) Die von der Klägerin vertretene Auffassung, nach der Gegenstand ihrer Leistung eine als Zug- und damit eine Gegenstandsbeförderung nach § 3b Abs. 1 Satz 3 UStG gewesen sei, ist mit den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht vereinbar. Danach beschränkte sich die von der Klägerin erbrachte Leistung nicht auf die Beförderung eines Zuges als Transportmittel, sondern umfasste auch den Transport der diesen Zug benutzenden Fahrgäste. Hierfür spricht, dass die Klägerin z.B. auch die Kosten für Betreuung von Schlaf- und Liegewagen zu tragen und an die S weiterzubelasten hatte. Leistungen Dritter, die sie zu bezahlen hatte, muss sie sich daher zurechnen lassen. Die von der Klägerin zitierte rechtliche Einordnung durch einen Referatsleiter der Europäischen Kommission führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Beurteilung durch die Europäische Kommission im finanzgerichtlichen Verfahren keine Bindungswirkung zukommt. Abgesehen davon hat die Kommission in ihrer Stellungnahme das Vorliegen einer Beförderung von Gegenständen unterstellt, ohne die dem vorgelagerte Frage auch nur zu erörtern, ob nach dem Inhalt der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und S die Klägerin Gegenstände oder Personen beförderte. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die bloße "Traktion" zu einer ausschließlichen Beförderung von Gegenständen führen würde. Schließlich ist eine abweichende Sach- und Vertragslage in der Folgezeit für die Beurteilung in den beiden Streitjahren unbeachtlich.

32

bb) Die Klägerin erbrachte die Personenbeförderung im Inland, da sie die Beförderung nur auf dem inländischen Streckenanteil des Nachtzugs durchführte.

33

cc) Bei einer Personenbeförderungsleistung ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Nichtsteuerbarkeit aus § 4 Nr. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Danach sind bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen mit Schienenbahnen als ausländische Beförderungsstrecken die inländischen Anschlussstrecken anzusehen, die von Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland betrieben werden.

34

Unabhängig von der Frage, ob der von § 4 Nr. 2 UStDV vorausgesetzte Betrieb einer Anschlussstrecke durch eine Eisenbahnverwaltung mit Sitz im Ausland vorliegt, scheitert die Anwendung dieser Vorschrift schon daran, dass der Begriff der inländischen Anschlussstrecke nur in Übereinstimmung mit der Ermächtigungsgrundlage dieser Vorschrift und damit nur unter Berücksichtigung von § 3b UStG ausgelegt werden kann. § 3b Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 UStG enthält eine Ermächtigungsgrundlage für § 4 Nr. 2 UStDV jedoch nur insoweit, als kurze inländische Beförderungsstrecken als ausländische angesehen werden können. Damit nicht zu vereinbaren ist die Auffassung der Klägerin, auch ein inländischer Streckenanteil von ca. 300 km sei eine derartige Beförderungsstrecke.

35

b) Sollte es sich bei den Leistungen der Klägerin nicht um Beförderungsleistungen i.S. von § 3b UStG gehandelt haben, sind die Leistungen der Klägerin gemäß § 3a Abs. 1 UStG an ihrem Unternehmenssitz im Inland steuerbar, da die Anwendung anderer Regelungen zur Leistungsortbestimmung nicht in Betracht kommt. Somit kommt es auch für die Bestimmung des Leistungsorts nicht auf die von der Klägerin für maßgeblich erachtete Frage an, wer Empfänger ihrer Leistungen war.

36

3. Die Leistungen der Klägerin sind nicht steuerfrei.

37

a) Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG "die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland".

38

Nach der amtlichen Gesetzesbegründung zu der durch das UStG 1980 eingeführten Steuerbefreiung sind als Grenzbetriebsstrecken Strecken zwischen einem Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhof und der Grenze anzusehen (BTDrucks 8/1779 S. 32).

39

b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG nicht vor. Auf die Frage, ob die Vorschrift mit dem Unionsrecht vereinbar ist, kommt es daher nicht an.

40

aa) Wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden hat, handelt es sich bei der von der Klägerin erbrachten Leistung umsatzsteuerrechtlich um nur eine Leistung, nicht aber um eine Vielzahl von Leistungen.

41

bb) Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der einen durch die Klägerin erbrachten Leistung kommt es auf das Wesen und damit das charakterbestimmende Merkmal dieser Leistung an. Unabhängig von der Frage, ob die Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG auf "Leistungen der Eisenbahnen des Bundes" beschränkt werden kann, setzt die Vorschrift voraus, dass die von der Klägerin erbrachte Leistung ihrem Schwerpunkt nach darin besteht, "sonstige Leistungen auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken" zu erbringen. Dies trifft auf die von der Klägerin ausgeführte Leistung nicht zu. Die Klägerin erbrachte ihre Leistungen nicht nur auf den vorstehend bezeichneten Bahnhöfen.

42

Es handelte sich auch nicht um Leistungen auf einer Grenzbetriebsstrecke. Der Begriff der Grenzbetriebsstrecke ist dabei entsprechend dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Befreiungstatbeständen eng auszulegen (vgl. z.B. allgemein EuGH-Urteile vom 28. Juli 2011 C-350/10, Nordea, Slg. 2011, I-7359; vom 22. Dezember 2010 C-116/10, Feltgen/Bacino Charter, Slg. 2010, I-14187; vom 3. Juni 2010 C-237/09, Nathalie de Fruytier, Slg. 2010, I-4985; vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich, Slg. 2010, I-4261; vom 18. März 2010 C-3/09, Erotic Center, Slg. 2010, I-2361; vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz GbR, Slg. 2010, I-907). Daher können als Grenzbetriebsstrecke nur grenznahe Strecken angesehen werden, nicht aber auch die Beförderung auf einer Strecke von ca. 300 km zwischen B und M. Auch liegt keine Beförderung an einer Durchgangsstrecke vor, da dies eine Beförderung im Inland zwischen zwei ausländischen Strecken voraussetzt. Im Hinblick auf die Länge dieser Beförderungsstrecke ergibt sich die Annahme einer Grenzbetriebsstrecke entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht daraus, dass auf dieser Strecke kein Zwischenhalt erfolgt. Unerheblich ist daher auch, an welchem Ort die Grenzzollabfertigung vorgenommen wird. Da die Leistung der Klägerin somit bereits nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG erfüllt, stellt sich die Frage nach einem Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität in Bezug auf die Leistungen, die ihrer Art nach die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen und durch "Eisenbahnen des Bundes" erbracht werden, nicht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war im Streitjahr 2004 als Komplementärin an mehreren Kommanditgesellschaften (KG) ohne Kapitaleinlage beteiligt. Nach den vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Gesellschaftsverträgen der KG war die Klägerin jeweils "zur Vertretung und Geschäftsführung ... allein berechtigt und verpflichtet". Sie erhielt "für ihre unbeschränkte persönliche Haftung sowie für ihre Geschäftsführertätigkeit" jeweils eine Festvergütung (Festvergütung I). Einen weiteren Festbetrag, der sich nach der Höhe des Stammkapitals der Klägerin berechnete, erhielt die Klägerin "für die Übernahme der persönlichen Haftung" (Festvergütung II).

2

Abweichend hiervon sah ein Gesellschaftsvertrag vor, dass neben der Klägerin als Komplementärin auch einer der Kommanditisten "alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer" sein sollte. Auch bei dieser KG erhielt die Klägerin eine Festvergütung für "die Geschäftsführungstätigkeit und die Übernahme des Haftungsrisikos".

3

Die KGs behandelten in ihren Jahresabschlüssen die Festvergütung II als sonstigen betrieblichen Aufwand. Zur Wahrnehmung der Geschäftsführung sowohl für die KGs als auch für die eigene Geschäftsleitung bezog die Klägerin umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen. Ausweislich des Jahresabschlusses entstanden der Klägerin im Streitjahr Steuerberatungskosten in Höhe von 25.816,38 € und Aufwendungen für den Jahresabschluss in Höhe von 12.300 €.

4

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass es sich bei den Haftungsvergütungen (Festvergütung II) um Entgelte für steuerpflichtige Leistungen handele. Das FA erließ am 21. September 2005 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid IV/2004. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Einspruchsverfahren änderte das FA den angefochtenen Bescheid durch Bescheid vom 16. Februar 2006. Dabei behandelte das FA die Geschäftsführungsvergütungen im Hinblick auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Dezember 2003 (BStBl I 2004, 240) teilweise als nicht steuerbar und kürzte die damit zusammenhängenden Vorsteuerbeträge.

5

Nach Erhebung der Klage zum FG reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärung 2004 ein, in der sie steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 323.518 €, nicht steuerbare Umsätze in Höhe von 182.984 € und Vorsteuern in Höhe von 54.097,43 € erklärte. Davon abweichend setzte das FA mit Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 17. Oktober 2007 die Umsatzsteuer auf 21.778,89 € fest, wobei es von steuerpflichtigen Umsätzen in Höhe von 474.227 € ausging. Die Jahresfestsetzung entsprach damit im Ergebnis den Festsetzungen im Voranmeldungsverfahren. Dieser Steuerbescheid wurde gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

6

Das FG gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1534 veröffentlichten Urteil statt. Die Klägerin sei als Unternehmer tätig gewesen; es habe keine Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) bestanden. Persönliche Haftung und Geschäftsführung seien nicht Teil einer einheitlichen Leistung, da im Streitfall weder ein rechtlich zwingender noch ein enger funktioneller Zusammenhang zwischen den Geschäftsführungsleistungen und der Haftungsübernahme vorgelegen habe. Die Geschäftsführungsaufgaben hätten weitgehend von den KGs auch auf fremde Dritte oder einen Kommanditisten delegiert werden können. Das Einstehen für die Verbindlichkeiten der KGs unterscheide sich nach der Art der Tätigkeit von den mit der Geschäftsführung verbundenen Tätigkeiten. Dass im Streitfall entsprechend der gesetzlichen Regelung Geschäftsführung und Haftungsübernahme von ein und derselben juristischen Person übernommen worden seien, führe nicht zu einer einheitlichen Leistung. Im Übrigen komme der Vereinbarung eines Gesamtpreises keine entscheidende Bedeutung zu.

7

Die Übernahme des Haftungsrisikos durch die Klägerin gegenüber den KGs sei gegenüber der Geschäftsführung eine eigenständige Leistung und als solche steuerbar, da zwischen der Haftungsvergütung (Festvergütung II) und der Übernahme des Haftungsrisikos der erforderliche unmittelbare Zusammenhang bestehe. Die Übernahme des Haftungsrisikos sei aber nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei.

8

Hiergegen wendet sich die Revision des FA, mit der es Verletzung materiellen Rechts rügt. Entgegen dem FG-Urteil seien Geschäftsführung und Haftung Teil einer einheitlichen Leistung. Die Haftung sei Nebenleistung zur Geschäftsführung, da ein enger funktioneller Zusammenhang bestehe. Die Möglichkeit, die Bestandteile dieser Leistung am Markt getrennt anzubieten, sei ohne Bedeutung. Selbst wenn die Haftung Gegenstand einer eigenen Leistung sei, seien die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG nicht erfüllt.

9

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Die Revision sei unbegründet. Haftungsübernahme einerseits und Geschäftsführung sowie Vertretung andererseits seien zwei eigenständige Leistungen. Wie sich aus § 125 des Handelsgesetzbuches (HGB) ergebe, hafteten Komplementäre auch dann, wenn sie von der Geschäftsführung ausgeschlossen seien. Aus den gesellschaftsrechtlichen Regelungen ergebe sich keine ausreichende Grundlage dafür, Haftung und organschaftliche Vertretungsmacht zu bündeln. Vertretung könne es nicht ohne gleichzeitige Geschäftsführung geben. Die Unterschiede zwischen Innen- und Außenverhältnis seien umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Dass Leistungen einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel dienten, reiche für die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus. Geschäftsführung nach dem Prinzip der Selbstorganschaft, das dem Schutz der Gesellschafter diene, und Haftungsübernahme seien kein einheitliches Ziel der Personengesellschaft. Es liege auch keine Haupt- und Nebenleistung vor. Die Haftungsübernahme sei als Übernahme einer anderen Sicherheit ebenso wie die Übernahme einer Bürgschaft gegen Avalprovision nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei. Auf die Rechtsprechung zur Verbindlichkeitsübernahme komme es im Streitfall nicht an. Die Haftung des Gesellschafters sei der Bürgenhaftung nachgebildet. Es liege das erforderliche Finanzgeschäft vor. Die Haftungsvergütung werde dem Gesellschafter für das Risiko eines Vermögensverlusts gezahlt und sei im Streitfall nach ihrem Stammkapital bemessen worden. Der Parallele zum sog. Avalkredit stehe nicht entgegen, dass die Haftung des Gesellschafters rechtlich nicht ausschließlich auf Geldschulden gerichtet sei, da die Haftung auf Erfüllung von anderen als Geldschulden davon abhänge, inwieweit im Rechtsverkehr eine persönliche Einstandspflicht des Komplementärs erwartet werde. Es reiche aus, dass es sich der Art nach um eine Finanzdienstleistung handele, wobei auf die objektive Natur des Umsatzes abzustellen sei. Darüber hinaus sei auch zweifelhaft, ob überhaupt eine steuerbare Leistung vorliege, da der Komplementär die ihn bereits aufgrund des Gesellschaftsvertrages treffende Haftung nicht nochmals als Leistung übernehmen könne. Weiter liege eine einmalige Handlung zur Begründung eines Dauerzustandes vor. Gegen das Vorliegen einer Leistung spreche auch, dass nur der Kommanditist von einem Einstehen für die gemeinsamen Verbindlichkeiten befreit werde. Im Übrigen fehle der unmittelbare Zusammenhang zwischen Haftung und Vergütung, da der Komplementär auch ohne Vereinbarung einer Vergütung haften müsse.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Leistungen der Klägerin sind auch insoweit steuerbar und steuerpflichtig, als das Entgelt hierfür in einer Festvergütung II bestand.

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1. Die Klägerin hat für die KGs gegen gewinnunabhängige Festvergütungen steuerbare Leistungen erbracht.

14

a) Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--- und des BFH).

15

Für die Frage, ob im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, gelten keine Besonderheiten. Das der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis kann sich auch aus gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ergeben (BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, Leitsatz 1).

16

b) Die Klägerin erbrachte im Streitfall aufgrund der Gesellschaftsverträge entgeltliche Leistungen an die KGs, an denen sie beteiligt war. Nach den Gesellschaftsverträgen der KGs beschränkte sie sich nicht auf das Halten von Gesellschaftsanteilen, sondern erbrachte weitergehende Leistungen, die, wie z.B. die Geschäftsführung einer Personengesellschaft, sowie die Haftungsübernahme, Gegenstand eines Leistungsaustausches sein können und --wie im Streitfall-- aufgrund der Vereinbarung von Festvergütungen steuerbar sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich das der entgeltlichen Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis bereits aus dem Gesellschaftsvertrag und nicht aus einer daneben stehenden Leistungsübernahme.

17

Der Auffassung von Becker/Englisch (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 701 ff.), nach der die Geschäftsführung einer Personengesellschaft aus Gründen der Wettbewerbsneutralität ebenso wie "Maßnahmen der Unternehmensleitung" beim Einzelunternehmer nicht steuerbar seien, schließt sich der Senat nicht an. Insoweit fehlt es schon an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte, denn bei Einzelunternehmern kann bereits aufgrund des Fehlens einer Leistung an eine andere Person sowie mangels Entgelts ein steuerbarer Leistungsaustausch nicht vorliegen. Für die Steuerbarkeit von Geschäftsführungsleistungen, die Gesellschafter an ihre Gesellschaft gegen Entgelt erbringen, spricht insbesondere das EuGH-Urteil vom 18. Oktober 2007 C-355/06, van der Steen (Slg. 2007, I-8863, BFH/NV 2008, Beilage 1, 48 Rdnrn. 21 bis 24). Danach handelt der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht selbständig, wenn ihm ein festes Monatsgehalt sowie ein jährliches Urlaubsgeld gezahlt wird, von dem Gehalt Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten werden, er nicht im eigenen Namen, für eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung tätig ist, sondern auf Rechnung und Verantwortung der Gesellschaft und er auch kein wirtschaftliches Risiko trägt. Die Entscheidung --Nichtbesteuerung der Geschäftsführungsleistung-- beruht daher auf der fehlenden Unternehmereigenschaft, nicht aber auf dem Fehlen eines steuerbaren Leistungsaustausches.

18

2. Bei den von der Klägerin gegenüber der jeweiligen KG erbrachten steuerbaren Leistungen, die gegen Festvergütung vereinbarte Geschäftsführung und Haftungsübernahme, handelte es sich um eine einheitliche Leistung.

19

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich eine einheitliche Leistung nicht nur daraus ergeben, dass eine Leistung als Hauptleistung und andere Leistungen als Nebenleistungen zu beurteilen sind, sondern auch daraus, dass --wie im Streitfall-- zwei oder mehr Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung --aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers-- wirklichkeitsfremd wäre (EuGH-Urteile vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob Verzekeringen und OV Bank, Slg. 2005, I-9433 Rdnr. 22; vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697 Rdnr. 23, und vom 19. November 2009 C-461/08, Don Bosco, UR 2010, 25 Rdnr. 37). Einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, bejaht der EuGH für den Erwerb

20

- einer Software, die in diesem Zustand für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers nutzlos ist und nachfolgende Anpassungen, die die Software erst nützlich werden lassen, wenn der wirtschaftliche Zweck darin besteht, eine speziell an die Bedürfnisse des Leistungsempfängers angepasste einsatzfähige Software zu erhalten (EuGH-Urteil Levob Verzekeringen und OV Bank in Slg. 2005, I-9433 Rdnr. 24),

21

- eines Glasfaserkabels und die mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Veräußerung eines verlegten und funktionstüchtigen Kabels erforderlich und hiermit eng miteinander verbunden sind (EuGH-Urteil Aktiebolaget NN in Slg. 2007, I-2697 Rdnr. 25) und

22

- eines alten Gebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden, der in diesem Zustand ohne jeden Nutzen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers ist, und den Leistungen in Bezug auf den Abriss der Gebäude, die allein geeignet sind, dem Grundstück einen wirtschaftlichen Nutzen zu verleihen (EuGH-Urteil Don Bosco in UR 2010, 25 Rdnr. 38).

23

Dementsprechend kommt es für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf eine notwendig durch die Art der Leistung selbst bedingte rechtliche Verknüpfung an.

24

b) Danach sind im Streitfall Geschäftsführung, Vertretung und Haftung durch die Klägerin für die KGs eine einheitliche Leistung.

25

Die Klägerin hatte nach den Gesellschaftsverträgen als --jeweils einzige-- Komplementärin und damit als persönlich haftende Gesellschafterin nach §§ 114, 125, 128, 161 Abs. 2 HGB die Geschäftsführung, Vertretung und persönliche Haftung für die KGs übernommen. Ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach diesen Vorschriften entsprechend dem Regelstatut des HGB zur Geschäftsführung und Vertretung der KG berechtigt ist, muss für die Verbindlichkeiten der KG zwingend haften. Schon wegen dieser rechtlichen Abhängigkeit liegt nach der --allein maßgeblichen-- objektiven Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses ein einziger untrennbarer wirtschaftlicher Vorgang vor, dessen Aufspaltung im Sinne der vorstehend wiedergegebenen EuGH-Rechtsprechung wirklichkeitsfremd wäre. Die Haftung ist insoweit rechtlich zwingend mit der Geschäftsführung und Vertretung verbunden, als bei Übernahme der Geschäftsführung die Haftung nicht abbedungen werden kann. Der Komplementär haftet dann zwingend für die sich aus der Geschäftsführung der Gesellschaft ergebenden Folgen.

26

Dass ein Komplementär nach § 114 Abs. 2 HGB und § 125 Abs. 1 HGB i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen werden könnte und dann der eigenständigen Haftung gemäß § 128 HGB i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB unterliegt, ist demgegenüber im Streitfall unerheblich. Denn die bloße Möglichkeit einer isolierten Haftung sagt nichts darüber aus, ob bei Übernahme von Geschäftsführung, Vertretung und Haftung ein einheitlicher Vorgang oder mehrere selbständige Leistungsbeziehungen vorliegen.

27

Für die Auffassung, dass Vertretung, Haftung und Geschäftsführung im Streitfall eine einheitliche Leistung sind, spricht im Übrigen zusätzlich, dass die Klägerin die Festvergütung I bereits für Geschäftsführung und Haftung erhielt. Lag damit nach der vertraglichen Ausgestaltung eine Verbindung zwischen Geschäftsführung und Haftung vor, ist die nur für die Haftung vereinbarte Festvergütung II als zusätzliches Entgelt für die bereits durch die Festvergütung I entlohnte einheitliche Leistung anzusehen. Hinzu kommt, dass die Vertretung der Kommanditgesellschaft gegenüber Dritten lediglich der Durchführung der Geschäftsführung im Außenverhältnis dient und daher --worauf die Klägerin, wenn auch in anderem Zusammenhang, zu Recht hinweist-- die Vertretung gegenüber Dritten zumindest umsatzsteuerrechtlich nicht eine von der Geschäftsführung zu unterscheidende Tätigkeit, sondern ein Teilbereich der Geschäftsführung ist, der das rechtsgeschäftliche Handeln nach außen umfasst (vgl. allgemein z.B. Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl., § 125 Rz 3; Wirth in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Aufl., Bd. 2, § 9 Rz 1), weil eine Trennung wirklichkeitsfremd wäre, wenn Geschäftsführung und Vertretung in einer Hand liegen. Dass eine Trennung rechtlich möglich wäre, ist dagegen unerheblich.

28

3. Die einheitliche Leistung der Klägerin ist nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei.

29

a) Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG "die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze". Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer "die Vermittlung und die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber". Hierzu hat der EuGH mit Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel Immobilien (Slg. 2007, I-3225 Rdnr. 26) entschieden, dass die "Übernahme von Verbindlichkeiten" andere als Geldverbindlichkeiten, wie die Verpflichtung, eine Immobilie zu renovieren, nicht umfasst. Der EuGH stützt dies maßgeblich auf den Charakter der Verbindlichkeitsübernahme als Finanzgeschäft, auf die fehlende Schwierigkeit bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und auf andere Sprachfassungen der Richtlinie, die sich "klar auf Geldverbindlichkeiten beziehen" (EuGH-Urteil Velvet & Steel Immobilien in Slg. 2007, I-3225 Rdnrn. 23 f. und 18).

30

b) Diese Rechtsprechung ist nicht nur bei der Übernahme von Verbindlichkeiten, sondern auch bei der Übernahme von Bürgschaften und anderen Sicherheiten wie z.B. Garantien zu beachten, wie der BFH bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, unter II.2.a). In allen drei Fällen muss der Leistung Finanzcharakter zukommen; dies trifft auf die Übernahme von Sachleistungsverpflichtungen nicht zu.

31

c) Danach sind die Leistungen der Klägerin nicht steuerfrei. Keines der einzelnen Elemente der von der Klägerin gegenüber den KGs erbrachten einheitlichen Leistung hat den Charakter eines Finanzgeschäfts. Dies gilt nicht nur für die Geschäftsführung und die Vertretung, sondern auch für die Haftung nach §§ 161, 128 HGB.

32

Denn nach der zu § 128 HGB ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind die "Verbindlichkeiten der Gesellschaft... zugleich Schulden der Gesellschafter; Gesellschaft und Gesellschafter sind keine Gesamtschuldner, sondern es besteht nur eine einheitliche Verpflichtung und Schuld, für die zwei verschiedene Vermögensmassen haften; der Gesellschafter hat nicht nur für fremde Schuld einzustehen und nicht nur die Erfüllung durch die Gesellschaft zu erwirken, sondern jeder Gesellschafter ist zur persönlichen Erfüllung der Verbindlichkeit voll verpflichtet. ... Deshalb muss eine Gesellschaftsforderung in gleicher Weise gegen die persönlich haftenden Gesellschafter wie gegen die Gesellschaft durchsetzbar sein" (BGH-Urteil vom 16. Februar 1961 III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, unter II.3.). Dementsprechend kann der persönlich haftende Gesellschafter z.B. auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen werden (BGH-Urteil vom 11. Dezember 1978 II ZR 235/77, BGHZ 73, 217, unter 2.). Ob im Einzelfall eine persönliche Inanspruchnahme an einem schutzwürdigen Interesse des Gesellschafters auf Freihaltung seiner Privatsphäre scheitert (BGH-Urteil in BGHZ 73, 217, unter 2.) ändert nichts an der grundsätzlich bestehenden Erfüllungspflicht. Dieser somit im Grundsatz --wenn auch nicht uneingeschränkt-- geltenden Erfüllungstheorie hat sich das Schrifttum weitgehend angeschlossen (vgl. z.B. K. Schmidt, in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl. 2006, § 128 Rz 24; ebenso Habersack, in Großkommentar HGB, § 128 Rz 27 ff.; Heymann/Emmerich, HGB, § 128, Rz 19 ff.).

33

Ist die Haftung nach der sog. Erfüllungstheorie bei Sachleistungsschulden der KG grundsätzlich auf Sachleistung durch den persönlich haftenden Gesellschafter gerichtet, fehlt auch der Haftung des Komplementärs der für die Steuerfreiheit erforderliche Finanzcharakter. Eine Differenzierung danach, ob für die KG überhaupt Sachleistungsschulden bestehen oder ob der Komplementär bei Bestehen einer Sachleistungsschuld der KG mit einer Inanspruchnahme auf Sachleistung oder auf bloße Schadensersatzzahlung zu rechnen hat, kommt nicht in Betracht. Denn für die Steuerfreiheit der Leistung sind die Verhältnisse bei Erbringung der Haftungsleistung unabhängig von der Art einer späteren Inanspruchnahme als Haftender maßgeblich.

34

4. Das Urteil des FG entspricht nicht diesen Grundsätzen und war aufzuheben, da es zu Unrecht von einer Steuerfreiheit der Leistung ausgegangen ist. Der Gegenauffassung im Schrifttum (Behrens/Schmitt, GmbH-Rundschau 2003, 269, 275; Herbert, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 4 Nr. 8 Rz 92; Korn/Strahl, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 7, 6021, 6027; Robisch, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2002, 361, 362; Zugmaier, Deutsches Steuerrecht 2004, 124, 125, und Die Information über Steuer und Wirtschaft 2003, 309, 312) folgt der Senat aus den vorstehend genannten Gründen nicht.

35

5. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war mangels Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistung abzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.