Finanzgericht Köln Urteil, 24. Okt. 2014 - 3 K 2765/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
1
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigungsfähigkeit des Pflegepauschbetrags gemäß § 33 b Abs. 6 EStG sowie die Höhe des steuerfrei zu belassenen Rentenanteils gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG streitig.
3Die Klägerin erzielt u.a. Einkünfte im Rahmen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Jahre 2005 war der Jahresbetrag dieser Rente mit 7.059 € erfasst und der steuerfreie Teil mit 3.530 € (= 50 %) angesetzt worden.
4In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärte die Klägerin einen Jahresbetrag aus dieser Rente in Höhe von 7.068 €.
5Desweiteren machte sie den Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG wegen der unentgeltlichen persönlichen Pflege einer ständig hilflosen Person geltend.
6Auf Nachfrage des Beklagten erläuterte die Klägerin, dass sie ihre Schwiegermutter, Frau A, sowohl in deren als auch in ihrer eigenen Wohnung pflege. Die Pflege werde unentgeltlich durchgeführt und nur durch die Klägerin gewährleistet. Diesem Schreiben fügte die Klägerin den Schwerbehindertenausweis für ihre Schwiegermutter bei, wonach diese einen Grad der Behinderung von 90 % hat und das Merkzeichen „G“ zuerkannt erhalten hat.
7Die Schwiegermutter ist unstreitig in Pflegestufe I in der gesetzlichen Pflegeversicherung eingestuft worden.
8Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 30.07.2012 berücksichtigte der Beklagte einen Jahresbetrag der Rente i.H.v. 7.068 € und setzte hiervon einen als steuerfrei anzusehenden Teil der Rente mit einem Betrag in Höhe von 3.395 € ab.
9Der geltend gemachte Pflegepauschbetrag fand keine Berücksichtigung.
10In den Erläuterungen zu diesem Bescheid führte der Beklagte aus, dass der Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 EStG nicht habe anerkannt werden können, da ausweislich des Schwerbehindertenausweises der gepflegten Person das Merkzeichen „H“ für Hilflosigkeit nicht zuerkannt worden sei.
11Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und machte dabei geltend, dass gemäß § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG hilflos im Sinne dieser Vorschrift sei, wer eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages nicht leisten könne und hierfür fremder Hilfe bedürfe. Diese Tatsache sei durch den Nachweis der Pflege im Rahmen der Pflegestufe I deutlich gemacht bzw. nachgewiesen worden.
12Insbesondere sei für die Anerkennung des Pflegepauschbetrages gemäß § 33 b Abs. 6 EStG nicht der Nachweis gemäß § 65 Abs. 2 EStDV zu führen, also weder die Eintragung des Merkmals „H“ in einem Schwerbehindertenausweis noch die Einstufung in die Pflegestufe III der Pflegeversicherung erforderlich. Diese Nachweiserfordernisse würden sich allein auf den Behindertenpauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 EStG, jedoch nicht auf den Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG beziehen.
13Zudem sei der steuerfrei bleibende Anteil der Rente mit 3.395 € angesetzt worden. Der steuerfrei zu belassende Anteil der Rente betrage jedoch 3.530 € (50 % von 7.059 €). Der Betrag in Höhe von 3.530 € sei im Einkommensteuerbescheid 2005 ermittelt und damit auch für die Folgejahre verbindlich festgeschrieben worden.
14Mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2013 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Pflegepauschbetrag nur gewährt werden könne, wenn der Steuerpflichtige die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person entsprechend den Vorgaben des § 65 Abs. 2 EStDV nachweise. Nach dieser Bestimmung habe der Steuerpflichtige das gesundheitliche Merkmal „hilflos“ durch einen Ausweis nach dem Schwerbehindertengesetz, der mit dem Merkzeichen „H“ gekennzeichnet sei oder durch einen Bescheid der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörde, der die entsprechenden Feststellungen enthalte, nachzuweisen. Dem Merkmal „H“ stehe die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach § 15 SGB XI, dem Bundessozialhilfegesetz oder diesen entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen gleich. Dies sei durch Vorlage der entsprechenden Bescheide nachzuweisen.
15Darüber hinaus sei der steuerfreie Teil der Rente zutreffend mit 3.395 € angesetzt worden. Denn ausweislich der von der Deutschen Rentenversicherung Bund elektronisch übermittelten Daten habe die Rente im Streitjahr 2010 insgesamt 7.068,84 € betragen. Der Rentenanpassungsbetrag sei mit 278,04 € übermittelt worden.
16Der Jahresbetrag der Rente könne sich aufgrund von individuellen Anpassungen verändern, z. B. durch die Einkommensanrechnung bei Witwenrenten. Erhöhe oder mindere sich die Rente z. B. wegen Anrechnung eigener Einkünfte, sei der steuerfreie Teil der Rente neu zu ermitteln. Dies ergebe sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa Satz 6 EStG.
17Ohne die Rentenanpassung in Höhe von 278,04 € habe die Jahresrente im Jahre 2010 6.790 € betragen, obwohl die Jahresrente im Jahre 2005 bereits mit 7.059 € anzusetzen gewesen sei. Dies lasse erkennen, dass es sich insoweit nicht um eine regelmäßige Anpassung des Jahresbetrags der Rente gehandelt habe. Die Rente sei vielmehr um 269 € gemindert worden. Im Verhältnis dieser Reduzierung ändere sich auch der steuerfreie Teil der Rente.
18Somit sei im Jahre 2010 ohne die regelmäßige Anpassung von einer Jahresrente in Höhe von 6.790 € auszugehen. Der steuerfreie Teil dieser Jahresrente betrage mithin 3.395 €.
19Im Rahmen der hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Vorschrift des § 33 b EStG enthalte in Abs. 6 Satz 3 eine Legaldefinition der Hilflosigkeit. Somit sei der Begriff der Hilflosigkeit für den Pflegepauschbetrag bereits im Gesetz, nämlich in § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG bestimmt. Danach sei eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe bedürfe.
20Im Streitfall sei der Nachweis der Hilflosigkeit im Sinne der Legaldefinition des § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG mit der Einstufung der Pflegebedürftigkeit ihrer Schwiegermutter in die Pflegestufe I durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse erbracht worden. Es bestehe daher keine Notwendigkeit über § 33 b Abs. 7 EStG i. V. m. § 65 EStDV den Begriff der Hilflosigkeit für den Pflegepauschbetrag erneut zu definieren und einen weiteren Nachweis zu verlangen. Die Definition des Begriffes der Hilflosigkeit und die Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für den Pflegepauschbetrag ergäben sich somit allein aus dem Gesetz und könnten nicht der Durchführungsverordnung entnommen werden.
21Es stehe daher fest, dass der Begriff der Hilflosigkeit nicht das Vorliegen der Pflegestufe III voraussetze, sondern dass eine Hilflosigkeit auch bei Einstufung in die Pflegestufen I und II gegeben sei und mithin auch in diesen Fällen der Pflegepauschbetrag anzuerkennen sei.
22Die Ermächtigung nach § 33 b Abs. 7 zum Erlass der Regelung des § 65 EStDV durch Rechtsverordnung sei seinerzeit allein für den Nachweis der Voraussetzungen des Behindertenpauschbetrages nach § 33 b Abs. 1 bis 3 EStG erlassen worden.
23Deshalb trage auch die Regelung des § 65 EStDV bereits seit 1988/1989 die Überschrift „Nachweis der Behinderung“. Weiterhin regele die Vorschrift allein die Frage, wie der Nachweis einer Behinderung zu erbringen sei. Die Frage, wie der Nachweis der Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegepauschbetrages im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG zu erbringen sei, werde in § 65 EStDV nicht erwähnt. Insbesondere sei § 65 EStDV weit vor Aufnahme des § 33 b Abs. 6 in das Einkommensteuergesetz erlassen worden und könne schon von daher keine Regelung für den Pflegepauschbetrag enthalten.
24Die Gewährung des Pflegepauschbetrages nach § 33 b Abs. 6 EStG von den Nachweiserfordernissen des § 65 EStDV abhängig zu machen bedeute zugleich, gegen den Gesetzeszweck zu handeln. Denn dem Gesetzeszweck nach sollte durch die Gewährung des Pflegepauschbetrages gerade die häusliche Pflege aus sozial- und gesundheitspolitischen Gründen gefördert werden. Würde man nunmehr den Pflegepauschbetrag von der Zuordnung zur Pflegestufe III abhängig machen, würde man diese gesetzgeberische Intention unterlaufen.
25Letztlich sei auch der vom Beklagten angesetzte steuerfreie Teil der Rente unzutreffend. Dieser sei im Jahre 2005 mit 3.530 € festgeschrieben worden und könne nicht nachträglich zu ihrem Nachteil geändert werden.
26Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Aufstellung über den in den Jahren 2005 bis 2010 in den jeweiligen Einkommensteuerbescheiden steuerfrei belassenen Teil der Rente eingereicht. Hieraus ist ersichtlich, dass der steuerfrei belassene Teil nur im Jahre 2009 wie im Jahre 2005 mit 3.530 € angesetzt worden ist, hingegen in den Jahren 2006 mit 3.282 €, 2007 mit 3.363 und 2008 mit 3.388 € jeweils niedriger.
27Die Klägerin beantragt,
28den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2010 unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass der steuerfreie Teil ihrer Renteneinkünfte mit 3.530 € angesetzt wird und des Weiteren der Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG Berücksichtigung findet.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Er hat im Klageverfahren auf seine Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
32Der Senat hat am 11.09.2014 beschlossen, den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen.
33Entscheidungsgründe
34Die Klage ist nicht begründet.
35Der Beklagte hat den steuerfreien Teil der Rentenbezüge der Klägerin zutreffend ermittelt und auch zu Recht die Gewährung des Pflegepauschbetrages gemäß § 33 b Abs. 6 EStG abgelehnt. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
36I. Die vom Beklagten vorgenommene Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente im Jahre 2010 mit 3.395 € ist zutreffend.
371. Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG gehören zu den sonstigen Einkünften auch Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen erbracht werden. Bemessungsgrundlage ist dabei der der Besteuerung unterliegende Anteil des Jahresbetrags der Rente.
38Der der Besteuerung unterliegende Anteil ergibt sich aus dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Prozentsatz gemäß der Tabelle in Satz 3 des Doppelbuchstabes aa.
39Gemäß Satz 4 dieser Vorschrift ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente der steuerfreie Teil der Rente. Nach Satz 5 gilt dieser ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs. Gemäß Satz 6 dieser Vorschrift ist abweichend hiervon der steuerfreie Teil der Rente bei einer Veränderung des Jahresbetrags der Rente in dem Verhältnis anzupassen, indem der veränderte Jahresbetrag der Rente zum Jahresbetrag der Rente steht, der der Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente zugrunde liegt. Nach Satz 7 dieser Vorschrift führen dabei regelmäßige Anpassungen des Jahresbetrages der Rente nicht zu einer Neuberechnung der Rente und bleiben bei einer Neuberechnung außer Betracht.
402. Unter solchen regelmäßigen Rentenanpassungen sind aber lediglich reguläre regelmäßige Rentenerhöhungen zu verstehen und nicht auf sonstigen Gründen beruhende Anpassungen des Rentenbetrages (vgl. BFH-Beschluss vom 6. März 2013 X B 113/11, BStBl. II 2013, 929). Um eine solche regelmäßige Rentenanpassung handelt es sich jedenfalls nicht bei Veränderungen der Rente aufgrund von Einkommensanrechnungoder durch den Wechsel von Teil- zu Vollrechten (vgl. Nacke in Blümich, EStG, Stand März 2014, § 22 Rn. 119; Killat-Risthaus in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Stand Dezember 2012, § 22 Rn. 288/9). In diesen Fällen erscheint es vielmehr sachlich nicht gerechtfertigt, dauerhaft den einmal ermittelten steuerfrei bleibenden Teil der Rente bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Teils der Rente zugrunde zu legen.
41Diese Betrachtungsweise wird im Übrigen auch durch die Entscheidung des FG Köln vom 23.10.2013 (4 K 2322/10, EFG 2014, 192) bestätigt, die ebenfalls unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Regelungen der Sätze 6 und 7 zu Doppelbuchstabe aa des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG zu dem Ergebnis kommt, dass keine Gründe dafür ersichtlich sind, die Anrechnung von Erwerbseinkommen und damit die Verminderung des Jahresbetrags der Rente genauso zu behandeln wie die regelmäßigen regulären Rentenerhöhungen und Rentenanpassungen. Denn andernfalls käme es
42zu einer Erhöhung des steuerfreien Anteils der Rente, was der gesetzgeberischen Intention, die unterschiedliche steuerliche Belastung verschiedener Alterseinkünfte abzubauen, insbesondere die Besteuerung der Renten und Pensionen sukzessive einander anzugleichen, gerade widersprechen würde. Die Bedeutung dieser gesetzgeberischen Intention wird insbesondere auch daran deutlich, dass regelmäßige Rentenanpassungen in Gestalt von Rentenerhöhungen zu keiner entsprechenden Erhöhung des einmal festgelegten steuerfreien Anteils des Rentenjahresbetrags führen, sodass über die Jahre hinweg der steuerfreie Teil der Rente insgesamt sinkt.
43Damit ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Jahresrente laut Rentenbezugsmitteilung i.H.v. 7.068 € um die unstreitig reguläre Rentenerhöhung i.H.v. 278 € zu vermindern ist. Die sich hieraus ergebende Zwischensumme i.H.v. 6.790 € stellt die Neuanpassung der Rente aufgrund der Anrechnung anderweitiger Einkommensanteile dar. Der hieraus errechnete hälftige steuerfreie Anteil beträgt 3.395 €.
44II. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Pflegepauschbetrag gemäß § 33 b Abs. 6 EStG zu gewähren.
45Die insoweit erforderlichen Nachweise über die Hilflosigkeit und damit Pflegebedürftigkeit der Schwiegermutter der Klägerin sind nicht erbracht worden. Weder ist ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „H“ vorgelegt noch nachgewiesen worden, dass die Schwiegermutter in Pflegestufe III einzustufen ist.
461. Nach § 33 b Abs. 6 Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die ihm durch die Pflege einer Person erwachsen, die nicht nur vorübergehend hilflos ist, anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG einen Pauschbetrag i. H. v. 924 € im Kalenderjahr geltend machen, wenn er dafür keine Einnahmen erhält. Satz 3 der genannten Vorschrift enthält eine Legaldefinition der Hilflosigkeit. Danach ist eine Person hilflos i. S. d. Satzes 1, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
47Der Pflegepauschbetrag kann nur gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige die Behinderung entsprechend den Vorgaben des § 65 Abs.2 EStDV belegt. Nach dieser Bestimmung hat der Steuerpflichtige das gesundheitliche Merkmal „hilflos“ durch einen Ausweis nach dem Schwerbehindertengesetz, der mit dem Merkzeichen „H“ gekennzeichnet ist oder durch einen Bescheid der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörde, der die entsprechenden Fragestellungen enthält, nachzuweisen. Dem Merkmal „H“ steht die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach § 15 SGB XI, dem Bundessozialhilfegesetz oder diesen entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen gleich. Dies ist durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen.
48§ 33 b EStG verwendet den Begriff der Hilflosigkeit an zwei Stellen, nämlich in Abs. 3 Satz 3 und in Abs. 6. Insoweit sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber für den Nachweis ein und derselben Behinderung unterschiedliche Maßstäbe aufstellen wollte. Hierfür geben weder der Wortlaut des § 33 b Abs. 7 EStG noch der des § 65 Abs. 2 EStDV einen Anhaltspunkt. Die Ermächtigung des § 33 b Abs. 7 steht am Ende der Vorschrift und schließt damit auch die Regelung für den Pflegepauschbetrag mit ein. Hätte der Gesetzgeber nur eine Regelung hinsichtlich des Nachweises der Voraussetzungen für die Gewährung der Pauschbeträge i. S. d. § 33 b Abs. 3 EStG treffen wollen, hätte es nahegelegen, die Ermächtigungsvorschrift im Anschluss daran einzufügen. Die Stellung des § 33 b Abs. 7 EStG am Schluss der gesamten Regelung spricht dafür, dass der Gesetzgeber eine Ermächtigung zur Regelung des Nachweises für alle Pauschbeträge i. S. d. § 33 b EStG treffen wollte.
49Auch § 65 EStDV lässt keine Einschränkung erkennen. Vielmehr bezieht sich die Vorschrift - wie bereits aus der Überschrift erkennbar - insgesamt auf § 33 b EStG. Ebenso wenig beschränkt sich der Wortlaut des § 65 Abs. 2 EStDV auf den Nachweis der Hilflosigkeit nach § 33 b Abs. 3 Satz 3 EStG.
50Das Ziel des Gesetzgebers in § 33 b Abs. 6 EStG, die häusliche Pflege zu stärken und die vielfältigen Belastungen, die die persönliche Pflege eines Schwerpflegebedürftigen mit sich bringt, im angemessenen Rahmen steuerlich anzuerkennen, erfordert keine von § 65 Abs.2 EStDV abweichende Erleichterung des Nachweises. Der Pflegeperson soll es im Hinblick auf die menschliche Belastung, die sie auf sich nimmt, erspart werden Aufzeichnungen zu führen und Belege vorzulegen (vgl. zu dieser gesetzgeberischen Zielsetzung BT-Drucks. 11/2157, S. 151/152). Dies erfordert aber keinen Verzicht auf den Nachweis, dass die Person hilflos i. S. d. § 33 b Abs. 6 EStG ist. Während es angesichts der Belastungen, die mit der Pflege einer Person einhergehen, und der geringen Höhe des Pflegepauschbetrages als unzumutbar erscheinen mag, Aufzeichnungen über relativ kleine Einzelbeträge zu führen und Belege zu sammeln, kann der Steuerpflichtige, der einen hilflosen Angehörigen pflegt, die Voraussetzungen der Hilflosigkeit ohne Schwierigkeit durch einen Bescheid des Versorgungsamtes oder der Pflegekasse nachweisen. Zudem ist davon auszugehen, dass in derartigen Fällen Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz beansprucht werden, so dass entsprechende Bescheide vorhanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 2003 III R 9/02, BStBl. II 2003, 476; bestätigt durch BFH-Beschluss vom 4. Mai 2004 III B 118/03, juris).
512. Entgegen der Auffassung der Klägerin gelten die Nachweiserfordernisse des § 33 b Abs. 7 EStG i. V. m. § 65 EStDV daher auch für den Pflegepauschbetrag. Obwohl das Gesetz in § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG eine eigenständige Definition der Hilflosigkeit im Rahmen der Vorschrift über den Pflegepauschbetrag enthält, muss die Hilflosigkeit für die Gewährung des Pflegepauschbetrages jedenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 1995 nach dem Ausweis- bzw. Bescheinigungsverfahren gemäß § 65 EStDV nachgewiesen werden und zwar in der Regel durch Vorlage eines sogenannten Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „H“ oder dem Nachweis der Pflegestufe III, § 65 Abs.2 Satz 2 EStDV. Die Nachweiserfordernisse des § 65 Abs. 2 EStDV beziehen sich seit der Neufassung des § 33 b Abs. 3 und Abs. 6 durch das Pflegeversicherungsgesetz vom 26.05.1994 auch auf das Merkmal der Hilflosigkeit sowohl für den Behindertenpauschbetrag als auch für den Pflegepauschbetrag. Die Nachweiserfordernisse beziehen sich somit nunmehr - anders noch als nach der Fassung für das Jahr 1990 - auf das Merkmal der Hilflosigkeit sowohl in § 33 b Abs. 3 EStG für den Behindertenpauschbetrag als auch in Absatz 6 für den Pflegepauschbetrag (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 2001 III B 109/00, BFH/NV 2001, 1116).
523. Soweit die Klägerin demgegenüber eingewandt hat, mit einer solchen Auslegung des § 33 b Abs. 6 EStG würde der Gesetzeszweck verfehlt, nämlich den Pflegepauschbetrag auch denjenigen Steuerzahlern zu Gute kommen zu lassen, die Angehörige pflegen, die lediglich in den Pflegestufen I und II eingeordnet sind, so vermag dieser Einwand nicht durchzugreifen.
53Den gesetzgeberischen Motiven ist nichts darüber zu entnehmen, dass der Pflegepauschbetrag bereits dann zu gewähren ist, wenn ein Steuerpflichtiger Angehörige pflegt, denen lediglich die Pflegestufe I oder II zugeordnet worden ist, die mithin lediglich als erheblich oder schwerpflegebedürftig anzusehen sind, jedoch nicht als schwerstpflegebedürftig.
544. Auch der Auffassung der Klägerin, wonach sich aus dem Wortlaut des § 65 EStDV sowie aus den Regelungen des § 33 b Abs. 6 Satz 3 ausdrücklich ergebe, dass die speziellen Nachweiserfordernisse des § 65 Abs. 2 EStDV nur für den Behindertenpauschbetrag Geltung beanspruchten und nicht für den Pflegepauschbetrag, kann sich das Gericht nicht anschließen.
55Zwar ist es zutreffend, dass die Regelung des § 65 EStDV vor Einführung des Pflegepauschbetrages erlassen worden ist. Die wortgleiche Verwendung des Begriffs „hilflos“ sowohl in Abs. 3 als auch in Abs. 6 des § 33 b EStG spricht jedoch eindeutig dafür, dass diesem Begriff im Rahmen des Behinderten- und des Pflegepauschbetrages keine unterschiedliche inhaltliche Bedeutung zukommt und auch der Nachweis der „Hilflosigkeit“ identischen Anforderungen unterliegt. Damit ist davon auszugehen, dass sich nach der Einführung des Pflegepauschbetrages die Regelung des § 65 EStDV auch auf diesen Pauschbetrag bezieht.
56Soweit die Überschrift dieser Vorschrift nur vom Behindertenpauschbetrag spricht, so liegt darin nach Auffassung des Gerichts allenfalls ein unbeachtliches Redaktionsversehen. Entscheidend ist insoweit, dass die Vorschrift des § 65 EStDV ohne Einschränkungen die Nachweisanforderungen für das gesundheitliche Merkmal „hilflos“ bestimmt und dabei nicht zwischen dem Behinderten- und dem Pflegepauschbetrag unterscheidet.
575. Auch der Umstand, dass in § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG die Tatbestandsvoraussetzungen der Hilflosigkeit umschrieben werden, hat keine Bedeutung dafür, dass darüber hinaus der spezifische Nachweis dieser Hilflosigkeit durch das Merkzeichen „H“ im Schwerbehindertenausweis oder durch die Feststellung der Pflegestufe III durch die Pflegeversicherung zu verlangen ist. Denn mit diesem Nachweiserfordernis soll sichergestellt werden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für den Pflegepauschbetrag entsprechend der gesetzlichen Definition der Hilflosigkeit auch tatsächlich gegeben sind.
586. Letztlich sind auch keine Gründe dafür ersichtlich, warum für den Begriff der Hilflosigkeit im Bereich des Behindertenpauschbetrages und im Bereich des Pflegepauschbetrages unterschiedlichen Nachweisanforderungen bestehen sollen. Von daher entspricht es auch der herrschenden Meinung im Fachschrifttum, dass die Nachweiserfordernisse des § 65 EStDV spätestens mit Einführung der Pflegeversicherung ab dem Jahre 1995 auch für den Pflegepauschbetrag Geltung beanspruchen (vgl. Nacke in Littmann/Bitz/Pust, EStG, Stand Mai 2012, § 33 b Rn. 186; Schüler-Täsch in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Stand Juli 2013, § 33 b Rn. 110 und 116; Heger in Blümich, EStG, Stand August 2013, § 33 b Rn. 114; Görke in Frotscher, EStG, Stand April 2012, § 33 b Rn. 35).
59III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
moreResultsText
Annotations
(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.
(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:
- 1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und - 5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
- 1.
Mobilität mit 10 Prozent, - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, - 3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent, - 4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent, - 5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.
(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:
- 1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.
(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.
(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
---|---|---|---|---|
1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.
(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:
- 1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und - 5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
- 1.
Mobilität mit 10 Prozent, - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, - 3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent, - 4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent, - 5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.
(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:
- 1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.
(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.
(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.