Finanzgericht Köln Urteil, 27. Nov. 2013 - 12 K 3723/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
1
Tatbestand
2Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.
3Die Klägerin ist eine Limited mit Sitz in A (Großbritannien) und Niederlassung in B (Deutschland). Ertragsteuerlich wird die Gesellschaft beim Beklagten geführt, für die Umsatzsteuer ist gem. § 21 Abs. 1 S. 2 AO i.V.m. § 1 Ziff. 7 der UStZustV das Finanzamt C zuständig. Gegenstand des Unternehmens ist die EDV-Systemberatung.
4Mit Bescheid vom 04.05.2011 ordnete der Beklagte bei der Klägerin gemäß § 193 Abs. 1 AO eine Umsatzsteuer Sonderprüfung für 2008 und 2009 an. Im Bescheid wies er darauf hin, dass die Prüfung gem. § 195 Satz 2 AO im Wege der Amtshilfe erfolgt. Das Finanzamt C hatte den Beklagten zuvor mit Schreiben vom 01.02.2011 um Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für 2008 und 2009 gebeten. In dem Prüfungsauftrag heißt es, die Klägerin habe in den Streitjahren erstmals Ausfuhrlieferungen (2008: 58.432 €; 2009: 14.125,- €) und 2009 erstmals innergemeinschaftliche Lieferungen (78.192,- €) erklärt. Das Vorliegen entsprechender Umsätze sei bei der Art der Tätigkeit (EDV-Software-Entwicklung) unüblich. In der zusammenfassenden Meldung nach § 18a USG seien für 2009 abweichend von den Angaben in der Steuererklärung im Übrigen nur innergemeinschaftliche Lieferungen i.H.v. 28.961 € angegeben. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit bedürften einer näheren Prüfung. Das gelte auch für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Die Angaben in den Voranmeldungen und Jahreserklärungen zeigten Differenzen, die darauf hindeuteten, dass die Buchführung weder laufend noch zeitnah geführt worden sei (z.B. 2008 vorangemeldete Umsätze zum allgemeinen Steuersatz 117.406,- €; Umsätze zum allgemeinen Steuersatz laut Jahreserklärung 142.872,-; Vorsteuer lt. Voranmeldungen 13.042,64 €; Vorsteuer laut Jahreserklärung 27.145,68 €). Da eine Dienstreise nicht sachgerecht erscheine, bitte man um Durchführung einer Auftragsprüfung betreffend Umsatzsteuer 2008 und 2009. Die Prüfungsanordnung sei in eigener Zuständigkeit zu erteilen.
5Gegen die auf der Grundlage des Prüfungsauftrages erlassene Prüfungsanordnung des Beklagten legte die Klägerin -vertreten durch die D Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd.- Einspruch ein. Mit dem Einspruch wandte sie ein, dass aus der Prüfungsanordnung nicht hervorgehe, welches Finanzamt den Auftrag zur Prüfung erteilt habe und aus welchen Gründen. Aufgrund der Erfahrungen mit der Finanzverwaltung in der Vergangenheit werde vermutet, dass hier verdeckte strafrechtliche Ermittlungen durchgeführt werden sollten und die Prüfung letztlich mit der Beauftragung der D Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. im Zusammenhang stehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsschrift vom 01.06.2011 verwiesen.
6Mit Bescheid vom 08.06.2011 wurde die D Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen zurückgewiesen. In der Folge bestellte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte und nahm zur Einspruchsbegründung auf die Ausführungen im Einspruchsschreiben Bezug.
7Mit Einspruchsentscheidung vom 03.11.2011 wies der Beklagte den Rechtsbehelf zurück. Gemäß § 193 Abs. 1 AO sei eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen Betrieb unterhielten, ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Die Anordnung der Außenprüfung und die Beauftragung des Beklagten seien im Streitfall ermessensgerecht. Es gehe nicht um strafrechtliche Ermittlungen, sondern um die Überprüfung der umsatzsteuerlichen Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich der Steuerfreiheit eines Teils der erklärten Umsätze. Der Prüfung liege ein innerdienstlicher Prüfungsauftrag des Finanzamtes C zugrunde. Die Beauftragung sei mit Blick auf die räumliche Nähe des Beklagten zu der Niederlassung in B (Deutschland) erfolgt. Der innerdienstliche Auftrag sei durch Nennung des Steuerpflichtigen, der Prüfungsart und des Prüfungszeitraumes hinreichend konkretisiert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
8Die Klägerin hat dagegen fristgerecht Klage erhoben mit dem Antrag, die Prüfungsanordnung aufzuheben und mehrfach angekündigt, eine Klagebegründung nachzureichen. Mit Ausnahme einer auf den Bevollmächtigten lautenden Prozessvollmacht ist kein weiterer Schriftsatz bei Gericht eingegangen.
9In der mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin niemand erschienen.
10Der Beklagtenvertreter hat im Termin mitgeteilt, dass die Betriebsprüfung inzwischen beendet ist und auf den Betriebsprüfungsberichtes vom 15.02.2012 verwiesen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Entscheidungsgründe
14Die Klage bleibt ohne Erfolg.
151. Die auf Aufhebung der Prüfungsanordnung gerichtete Anfechtungsklage ist unzulässig. Denn die Prüfungsanordnung hat sich erledigt.
16a) Mit der Anordnung einer Außenprüfung gemäß § 196 AO wird dem Steuerpflichtigen aufgegeben, die Außenprüfung zu dulden. Diese Duldungspflicht endet mit dem Abschluss der Prüfung, d.h. mit der ausdrücklichen oder konkludenten Abschlusserklärung der prüfenden Behörde (BFH-Urteil vom 17.07.1985 I R 214/82, BStBl II 1986, 21). Mit ihr entfällt auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage gegen die Prüfungsanordnung (BFH- Urteil vom 04.02.1988 V R 57/83, BStBl II 1988, 413). Die Außenprüfung ist regelmäßig mit Zusendung des Prüfungsberichtes abgeschlossen (BFH in BStBl II 1986, 21 und in BStBl II 1988, 413).
17b) Im Streitfall hat der Beklagte durch Übersendung des Prüfungsberichtes vom 15.02.2012 und Mitteilung des Prüfungsergebnisses dokumentiert, dass er keine weiteren Prüfungshandlungen mehr vornehmen wird. Die Prüfungsanordnung hat sich damit erledigt mit der Folge, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage entfallen ist.
182. Die Klägerin hat ihren Klageantrag nicht - wie dies bei Erledigung eines angefochtenen Verwaltungsaktes in Betracht kommt - auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt, so dass für eine Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kein Raum ist.
19a) Gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Dazu bedarf es einer entsprechenden Prozesserklärung des Klägers und der substantiierten Darlegung des besonderen Feststellungsinteresses (vgl. Gräber, FGO § 100 Rz. 60).
20b) Im Streitfall hat die Klägerin weder ihren schriftsätzlich gestellten Anfechtungsantrag umgestellt noch hat sie ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO dargetan. Der mündlichen Verhandlung ist sie ohne Angabe von Gründen ferngeblieben.
213. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage wäre zudem jedenfalls unbegründet. Denn die angegriffene Prüfungsanordnung war rechtmäßig.
22a) Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die wie die Klägerin einen gewerblichen Betrieb unterhalten, ohne weitere Voraussetzungen zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 21.6.1994 VIII R 54/92, BStBl II 1994, 678). Der Gesetzgeber geht bei diesen Steuerpflichtigen typisierend davon aus, dass die Außenprüfung das geeignete Mittel zur Erforschung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist.
23b) Die Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich aus § 195 Satz 2 AO. Zwar werden Außenprüfungen grundsätzlich von der für die Besteuerung örtlich zuständigen Behörde durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Dies war vorliegend - da die Klägerin als Limited ihren Sitz in Großbritannien hat - das Finanzamt C. Das zuständige Finanzamt kann jedoch gem. § 195 Satz 2 AO auch andere Behörden mit der Prüfung beauftragen. Ein solcher Auftrag liegt hier in Gestalt des innerdienstlichen Auftragsschreibens des Finanzamts C vom 01.02.2011 vor. Der Beklagte hat sich an die darin genannte zeitliche und sachliche Begrenzung (Umsatzsteuer 2008 und 2009) gehalten. In der Prüfungsanordnung hat er darauf hingewiesen, dass es sich um eine Auftragsprüfung handelt und in der Einspruchsentscheidung die Erwägungen für die Beauftragung dargelegt. In diesem Zusammenhang hat er auf die räumliche Nähe des Beklagten zu der in B (Deutschland) befindlichen Zweigstelle der Limited verwiesen. Die Ortsnähe des beauftragten Finanzamtes ist ein ermessensgerechtes Kriterium, zumal es sich bei der Klägerin um eine Gesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb in Großbritannien handelt und die Geschäftsleitung sich im Bezirk des Beklagten als beauftragten Finanzamtes befand. Die Entscheidung der an sich zuständigen Finanzbehörde C, die Außenprüfung nicht selbst durchzuführen, sondern dem Beklagten anzuvertrauen, ist danach nicht zu beanstanden. Die Begründung für die Beauftragung konnte in der Einspruchsentscheidung nachgeholt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 10.12.2012 II B 108/11, BFH/NV 2013,344; Urteil vom 10.12.1987 IV R 77/86, BStBl II 1988, 322).
24c) Die Prüfungsanordnung begegnet auch sonst keinen durchgreifenden Bedenken. Die Entscheidung darüber, wer von dem Adressatenkreis des § 193 Abs. 1 AO geprüft wird, ist in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt und vom Gericht nur in den Grenzen des § 102 FGO auf Ermessensfehler zu überprüfen. Im Streitfall hat der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine willkürliche, sachwidrige oder unverhältnismäßige Auswahlentscheidung. In dem in der Einspruchsentscheidung benannten Prüfungsauftrag des Finanzamtes C ist als Prüfungsgrund nachvollziehbar der Umstand genannt, dass in den Streitjahren erstmals Umsatzsteuerbefreiungen beansprucht wurden, die bei der Art der Tätigkeit der Klägerin unüblich sind. Ferner ist darin angeführt, dass die zum Teil erheblichen Abweichungen der Umsatzsteuerjahreserklärungen von den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen eine Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung angezeigt erscheinen lassen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Prüfung anderen Zwecken als der Sicherung einer zutreffenden Besteuerung dienen sollte.
254. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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(1) Für die Umsatzsteuer mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer ist das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder vorwiegend betreibt. Das Bundesministerium der Finanzen kann zur Sicherstellung der Besteuerung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für Unternehmer, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes haben, die örtliche Zuständigkeit einer Finanzbehörde für den Geltungsbereich des Gesetzes übertragen.
(2) Für die Umsatzsteuer von Personen, die keine Unternehmer sind, ist das Finanzamt zuständig, das nach § 19 oder § 20 auch für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständig ist; in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist das Finanzamt für die Umsatzsteuer zuständig, das nach § 18 auch für die gesonderte Feststellung zuständig ist.
(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.
(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,
- 1.
soweit sie die Verpflichtung dieser Steuerpflichtigen betrifft, für Rechnung eines anderen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen, - 2.
wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist oder - 3.
wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachkommt.
Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt. Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen. Die beauftragte Finanzbehörde kann im Namen der zuständigen Finanzbehörde die Steuerfestsetzung vornehmen und verbindliche Zusagen (§§ 204 bis 207) erteilen.
(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.
(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,
- 1.
soweit sie die Verpflichtung dieser Steuerpflichtigen betrifft, für Rechnung eines anderen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen, - 2.
wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist oder - 3.
wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachkommt.
Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.
(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,
- 1.
soweit sie die Verpflichtung dieser Steuerpflichtigen betrifft, für Rechnung eines anderen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen, - 2.
wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist oder - 3.
wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachkommt.
Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt. Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen. Die beauftragte Finanzbehörde kann im Namen der zuständigen Finanzbehörde die Steuerfestsetzung vornehmen und verbindliche Zusagen (§§ 204 bis 207) erteilen.
Gründe
- 1
-
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie überhaupt die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllen, nicht vor.
- 2
-
1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
- 3
-
a) Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bedarf es substantiierter Ausführungen dazu, dass die Beurteilung der für den Streitfall maßgeblichen abstrakten Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss dargelegt werden, dass es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handelt, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469, m.w.N.). Ein im allgemeinen Interesse liegendes Be-dürfnis nach Klärung der Rechtsfrage besteht, wenn diese sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hin-reichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Un-sicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforder-lich ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1469).
- 4
-
b) Die Klägerin hat die Rechtsfrage aufgeworfen, ob eine Prüfungsverlagerung im Wege des Prüfungsauftrags von einem sachlich speziell zuständigen Finanzamt, das Prüfungen selbst durchführt, rechtlich zulässig ist oder vielmehr eine erhebliche Ermessensüberschreitung darstellt und unter Umständen sogar zur Nichtigkeit führt. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Aus § 195 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ergibt sich, dass ein solcher Prüfungsauftrag zulässig ist.
- 5
-
aa) Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO).
- 6
-
§ 195 Satz 2 AO ermöglicht die Beauftragung eines anderen Finanzamts mit der Außenprüfung auch im Falle einer sachlichen Sonderzuständigkeit des beauftragenden Finanzamts (Gosch in Beermann/Gosch, AO § 195 Rz 39; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 195 Rz 11; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 195 AO Rz 22; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 195 AO Rz 7). Gemäß § 16 AO richtet sich die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG). Soweit es sich um Aufgaben der Finanzverwaltung handelt und der Vollzug der Aufgaben verbessert oder erleichtert wird, kann die zuständige Landesregierung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG durch Rechtsverordnung einem Finanzamt Zuständigkeiten für die Bezirke mehrerer Finanzämter, etwa eine sachliche Sonderzuständigkeit für einzelne Steuerarten, übertragen (Seer, a.a.O., § 17 FVG, Rz 5). Hat ein Bundesland hiervon Gebrauch gemacht, folgt daraus jedoch nicht, dass das mit der sachlichen Sonderzuständigkeit betraute Finanzamt im Einzelfall nicht mehr ein anderes Finanzamt mit der Durchführung einer Außenprüfung im Bereich seiner Sonderzuständigkeit beauftragen darf. Denn § 195 Satz 2 AO stellt insoweit eine andere Bestimmung i.S. von § 16 AO dar, die im gleichen Rang wie § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG i.V.m. der jeweiligen landes-rechtlichen Rechtsverordnung steht und von dieser Vorschrift nicht berührt wird.
- 7
-
bb) Auch Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen dafür, dass ein mit sachlicher Sonderzuständigkeit ausgestattetes Finanzamt im Einzelfall ein anderes Finanzamt mit der Durchführung der Außenprüfung beauftragen kann. Die Sonderzuweisung der sachlichen Zuständigkeit für eine bestimmte Steuerart auf ein Finanzamt bezweckt die Steigerung der Effizienz durch die Zusammenfassung von Sachkenntnissen und Mitteln und einen geringeren Kostenaufwand (Seer, a.a.O., § 17 FVG Rz 5). Diesen Gesichtspunkten wird auch dann Rechnung getragen, wenn im Einzelfall eine Auftragsprüfung durch ein sachlich nicht zuständiges Finanzamt stattfindet. Denn durch einen Prüfungsauftrag nach § 195 Satz 2 AO wird die Prüfungszuständigkeit des an sich sachlich zur Prüfung berufenen Finanzamts nicht verlagert. Dieses nimmt seine Zuständigkeit lediglich für eine bestimmte Prüfung nicht in Anspruch. Folge hiervon ist, dass bei einem Prüfungsauftrag nach § 195 Satz 2 AO dem beauftragten Finanzamt nicht die Entscheidung darüber überlassen werden kann, ob und in welchem Umfang die Außenprüfung durchgeführt wird. Vielmehr müssen in der Beauftragung der zu prüfende Steuerpflichtige und der zeitliche und sachliche Umfang der Prüfung festgelegt werden. Das tätig werdende Finanzamt ist hieran gebunden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1987 IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322).
- 8
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2. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) ist nicht erforderlich.
- 9
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a) Eine Divergenz liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) im angefochtenen Urteil bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 31. August 2011 II B 14/11, BFH/NV 2012, 59, m.w.N.).
- 10
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b) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Begründungsanforderungen ab, die im Falle des § 195 Satz 2 AO für die Prüfungsanordnung durch das beauftragte Finanzamt gelten.
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aa) Nach dem BFH-Urteil in BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322 muss die von dem beauftragten Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung einen Hinweis auf den erhaltenen Auftrag zur Vornahme der Prüfung und auch die Gründe für die Übertragung der Prüfung durch das zuständige Finanzamt enthalten, wenn diese dem Steuerpflichtigen nicht bekannt oder ohne weiteres erkennbar sind (vgl. § 121 Abs. 2 Nr. 2 AO). Der Entschluss der an sich zuständigen Finanzbehörde, die Außenprüfung nicht selbst durchzuführen, sondern einem anderen Finanzamt anzuvertrauen, ist eine Ermessensentscheidung, bei der auf die angestellten Erwägungen hinzuweisen ist.
- 12
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bb) Das FG hat seiner Entscheidung keinen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt. Es hat vielmehr ausgeführt, dass in der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 die Zweckmäßigkeitserwägungen zur Durchführung der Außenprüfung auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin erläutert worden seien und daher die an die Klägerin ergangene Prüfungsanordnung die erforderlichen Hinweise auf die für den Prüfungsauftrag maßgeblichen Ermessenserwägungen enthalten habe. Eine bei Erlass der Prüfungsanordnung unterbliebene Begründung für die Übertragung der Außenprüfung auf ein anderes Finanzamt kann in der Einspruchsentscheidung durch das beauftragte Finanzamt nachgeholt werden (BFH-Urteil in BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, und BFH-Beschlüsse vom 27. November 2003 I S 11/03, I B 119/03, BFH/NV 2004, 756).
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Soweit die Klägerin rügt, dass sich die Ermessenserwägungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) in der Einspruchsentscheidung im Wesentlichen auf eine Wiedergabe des Gesetzestextes in § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO beschränkten, aber nicht näher ausführten, aus welchen konkreten Gründen das für die Erbschaft- und Schenkungsteuer speziell zuständige Finanzamt den Prüfungsauftrag erteilt habe, kann sie damit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alterna-tive FGO erreichen. Denn insoweit macht sie in der Sache eine unrichtige Überprüfung der Ermessenserwägungen durch das FG im Rahmen seiner nach § 102 FGO eingeschränkten Prüfungskompetenz geltend. Das Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient aber nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2005 II B 38/04, BFH/NV 2005, 900).
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3. Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO wegen eines schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehlers des FG zuzulassen.
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a) Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist. Eine bloße Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung oder die fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles genügen ebenso wenig wie eine Abweichung von der herrschenden Meinung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 25. Januar 2008 X B 90/07, BFH/NV 2008, 610, und vom 9. Februar 2011 X B 67/10, BFH/NV 2011, 826).
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b) Soweit die Klägerin rügt, das angefochtene Urteil beruhe auf einer klaren Verletzung von § 195 Satz 2 i.V.m. §§ 5, 121 Abs. 1 AO, weil das FG das völlige Fehlen einer Begründung zur Ermessensausübung übersehen habe, macht sie zwar die Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung, nicht aber objektive Willkür oder eine auf sachfremden Erwägungen beruhende Entscheidung geltend. Denn das FG ist im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Zweckmäßigkeitserwägungen zur Durchführung der Auftragsprüfung auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin in der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2009 erläutert worden seien. Ob dies zutrifft, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Urteils. Zur Annahme eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers reicht es jedenfalls nicht aus.
(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.
(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,
- 1.
soweit sie die Verpflichtung dieser Steuerpflichtigen betrifft, für Rechnung eines anderen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen, - 2.
wenn die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist oder - 3.
wenn ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachkommt.
Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.