Finanzgericht Hamburg EuGH-Vorlage, 03. Juli 2014 - 4 K 131/12

bei uns veröffentlicht am03.07.2014

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über Entlastung von Energiesteuer gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2) EnergieStG. Die Klägerin begehrt die Entlastung für Erdgas, das sie in einer Anlage ihres Betriebs verbraucht hat. Streitig ist, ob dieses Erdgas steuerbefreit zur thermischen Abfall- und Abluftbehandlung verwendet worden ist.

2

1. Die Klägerin produziert in ihrem Betrieb Ammoniak aus Rückständen der Mineralölverarbeitung mittels eines chemischen Umwandlungsprozesses. Bei diesem Prozess fallen toxische Gase an. Zum einen entsteht sogenanntes Armgas, das neben brennbaren Stoffen wie Kohlenmonoxid (CO), Wasserstoff (H2) und Methanol (CH4O bzw. CH3OH) einen großen Anteil an nichtbrennbarem Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff (N2) enthält. Das Armgas ist brennbar, hat aber wegen des relativ hohen Anteils an nichtbrennbaren Stoffen einen relativ geringen ("armen") Heizwert von ca. 3.200 bis 4.200 kJ/m³. Zum anderen entsteht bei dem Umwandlungsprozess Methanolspuren enthaltendes CO2.

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Beide toxischen Gase werden in einen als Dampfüberhitzer bezeichneten Betriebsteil (im Folgenden: "Anlage") geleitet. Im unteren Bereich der Anlage werden das Armgas und das streitgegenständliche, versteuerte Erdgas, das einen Heizwert von ca. 40.000 kJ/m³ hat, eingeleitet und verbrannt. Bei der Verbrennung wird aus dem CO und dem CH4O des Armgases Wasser (H2O) und CO2.

4

Die bei der Verbrennung des Armgases und des Erdgases entstehende Wärme wird in der Anlage mehrfach genutzt:

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In dem mittleren Bereich der Anlage wird die Wärme - erstens - zum Trocknen von Dampf genutzt. Dafür wird der Dampf in zwei sogenannten Überhitzerpaketen durch die Anlage geleitet und dabei in einer ersten Stufe von 293°C auf 410°C und in der zweiten Stufe weiter auf 505°C erhitzt. Der so getrocknete und überhitzte Dampf wird sodann wieder im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt.

6

Im darüber liegenden Teil der Anlage werden mit der Wärme - zweitens - bei einer Temperatur von noch ca. 350°C die Methanolspuren des dort in die Anlage geleiteten CO2 zersetzt.

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Der durch die Wärme in der Anlage entstehende Kaminzug wird - drittens - dazu genutzt, die nichtbrennbaren Anteile der eingeleiteten Gase und die Verbrennungsrückstände über den 60 m hohen Schornstein der Anlage in die Atmosphäre zu entsorgen. Um eine den Umweltschutzanforderungen entsprechende Überhöhung des Abgasstroms zu erhalten, ist eine Abgastemperatur an der Kaminmündung von mindestens noch 200°C erforderlich.

8

Im Betrieb der Anlage wird je Stunde Armgas mit einem Energiegehalt von ca. 39 MW und Erdgas mit einem Energiegehalt von ca. 16 MW verbrannt. Von dem gesamten Energiegehalt werden für die Dampfüberhitzung ca. 37 MW verbraucht, für die Zersetzung der Methanolspuren des CO2 ca. 8,5 MW und zur Gewährleistung der erforderlichen Mindesttemperatur an der Kaminmündung ca. 9,5 MW.

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Nach einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme eines Umweltgutachters reicht der Energiegehalt des Armgases für den Betrieb der Überhitzerpakete aus. Die durch das Erdgas zusätzlich eingebrachte Energie werde benötigt, um entsprechend den Auflagen der behördlichen Genehmigung für den Betrieb der Anlage die thermische Abgasreinigung durchzuführen und die nichtbrennbaren Gase aufzuheizen. Ohne den Einsatz von Erdgas, das vollständig zur Emissionsminderung / Ableitung der Schadgase, nicht aber für die Dampferzeugung benötigt werde, sei eine umweltgerechte Ableitung der Abgase über den Kamin nicht möglich.

10

2. Streitgegenstand ist der Antrag der Klägerin auf Steuerentlastung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG für die im Mai 2009 in der Anlage eingesetzte Erdgasmenge.

11

Der Beklagte lehnte den Antrag ab und wies den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 EnergieStG stehe der Klägerin deswegen nicht zu, weil sie das Erdgas nur verheize. "Verheizen" sei jegliches Verbrennen von Energieerzeugnissen zur Erzeugung von thermischer Energie, ohne dass es darauf ankomme, wofür die entstehende Wärme verwendet werde. Die Entlastungsvorschriften in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) und Nr. 2 EnergieStG setzten bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass Energieerzeugnisse gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet würden. Dabei müsse die Erzeugung thermischer Energie in den Hintergrund treten und das Energieerzeugnis im Rahmen eines industriellen Prozesses oder Verfahrens zugleich als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff eingesetzt werden. Beide Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht erfüllt.

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3. Die Klägerin hat am 27.07.2012 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach sind die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG erfüllt.

13

Bei den aus dem Ammoniakproduktionsprozess stammenden und in die Anlage geleiteten Gasen handele es sich um Abluft im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG, denn diese Gase unterfielen der in den maßgeblichen umweltrechtlichen Vorschriften (Bundesimmissionsschutzgesetz und TA-Luft) enthaltenen Definition von Luftverunreinigung.

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Die Klägerin führt aus, mit ihrer Anlage erreiche sie vier betriebliche Ziele, nämlich die Beseitigung der giftigen Bestandteile des Armgases, die Ausnutzung eines Teils der durch die Verbrennung freiwerdenden Energie des Armgases zur Trocknung von Dampf, den Abbau des toxischen Methanols durch thermische Zersetzung und die schadlose Ableitung der übrig bleibenden Gase.

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Die Verwendung des streitgegenständlichen Erdgases diene auch anderen Zwecken als dem Verheizen. Es werde in der Anlage neben dem Armgas verbrannt, um sicherzustellen, dass jederzeit die zur Aufspaltung bzw. Vernichtung der giftigen chemischen Verbindungen CO und CH4O nötige Reaktionstemperatur erreicht wird und um die Abführung der Restgase in die Atmosphäre zu gewährleisten. Die Beseitigung des Schadstoffpotentials der Abluft sei ein weiterer Verwendungszweck des Erdgases neben dem auch stattfindenden Verheizen.

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4.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 17.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.06.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 16.07.2009, korrigiert am 30.09.2009, Entlastung von Energiesteuer in Höhe von EUR ... zu gewähren.

17

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

18

5. Der Beklagte führt ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung aus: Sowohl § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d) als auch Nr. 2 EnergieStG setzten richtlinienkonform voraus, dass das Energieerzeugnis nicht primär als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werde, sondern vorrangig als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts.

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Die Anlage der Klägerin unterscheide sich wesentlich von erstattungsfähigen Anlagen wie etwa einer Müllverbrennungsanlage oder einer Rauchgasfackelanlage. Deren Hauptzweck sei die Vernichtung von (Abfall-) Stoffen und bei ihnen trete die Erzeugung thermischer Energie in den Hintergrund. In der Anlage der Klägerin hingegen fungiere das Erdgas ebenso wie das Armgas als Energieträger zur Erzeugung thermischer Energie, denn die bei ihrem Verheizen entstehende Wärme werde zum Überhitzen bzw. Trocknen von Dampf genutzt. Nur die Restwärme werde dazu verwendet, die benötigte Schornsteinüberhöhung zu gewährleisten und die im Abgas vorhandenen Methanolspuren zu zersetzen. Dabei handele es sich um emissionsrechtliche Anforderungen, die für jede Anlage gelten, in der Dampf durch den Einsatz von gasförmigen Brennstoffen erzeugt werde.

Entscheidungsgründe

20

II. Der Senat setzt das Verfahren in analoger Anwendung des § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) aus und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 S. 1 lit. b) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor. Die rechtliche Würdigung des Falles ist unionsrechtlich zweifelhaft.

21

1. Rechtlicher Rahmen
a) Nationales Recht
Energiesteuergesetz in der zum maßgeblichen Zeitpunkt gültigen Fassung
§ 51
(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9, 10 oder Abs. 3 Satz 1 versteuert worden sind und
1. von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 378, 2000 I S. 147), das zuletzt durch Artikel 18 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung
a) für die Herstellung von Glas und Glaswaren, keramischen Erzeugnissen, keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten, Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips, mineralischen Isoliermaterialien, Asphalt und mineralischen Düngemitteln zum Trocknen, Brennen, Schmelzen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte,
b) für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Rahmen der Herstellung von Metallerzeugnissen für die Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen und zur Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung,
c) für chemische Reduktionsverfahren,
d) gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff,
2. für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung
verwendet worden sind.

...

22

b) Unionsrecht
(1) RL 92/81/EWG (Mineralölsteuerrichtlinie)
Artikel 2
Die Mineralöle unterliegen, soweit für sie in der Richtlinie 92/82/EWG keine Steuersätze festgelegt sind, der Verbrauchsteuer, falls sie zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmt sind oder als solcher zum Verkauf angeboten werden. ...

(2) RL 2003/96/EG (Energiesteuerrichtlinie)
Artikel 1
Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.
Artikel 2
(1) Als Energieerzeugnisse im Sinne dieser Richtlinie gelten die Erzeugnisse:
...
b) der KN-Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715;
...
(4) Diese Richtlinie gilt nicht für:
...
b) für folgende Verwendungen von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom:
- für Energieerzeugnisse, die für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden;
- für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck;
Ein Energieerzeugnis hat dann zweierlei Verwendungszweck, wenn es sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Die Verwendung von Energieerzeugnissen bei der chemischen Reduktion, bei Elektrolysen und bei Prozessen in der Metallindustrie ist als zweierlei Verwendungszweck anzusehen.

...

23

2. Entscheidungserheblichkeit
Der Senat geht davon aus, dass § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG der Klägerin einen Entlastungsanspruch gewährt, sofern nicht die Energiesteuerrichtlinie als vorrangiges Recht der Entlastung entgegensteht.

24

a) Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf hier keiner näheren Begründung, dass die Klägerin die Erstattung frist- und formgerecht beantragt hat und es sich bei dem von ihr als Entlastungsberechtigter in der Anlage eingesetzten Erdgas um nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuertes Erdgas der Pos. 2711 der Kombinierte Nomenklatur (KN-Code 2711) handelt, für das die begehrte Steuerentlastung zu gewähren wäre, wenn es denn im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG zur thermischen Abfall- und Abluftbehandlung eingesetzt würde.

25

Nach dem Verständnis des vorlegenden Senats würde bei einer rein autonomen Auslegung des nationalen Rechts die streitgegenständliche Verwendung des Erdgases als Verwendung zur thermischen Abluftbehandlung im Sinne der Entlastungsnorm anzusehen sein und wäre der Klage stattzugeben. Dass es sich bei dem Armgas und dem methanolhaltigen CO2 um zu entsorgende Abluft im Sinne der Entlastungsvorschrift handelt, ist für den ersuchenden Senat nicht zweifelhaft. Außerdem steht fest, dass durch die Verbrennung des Armgases und des Erdgases thermische Energie freigesetzt wird, die zum einen zur chemischen Umwandlung des CO und des Methanols führt und die zum anderen den Kaminzug bewirkt, mittels dessen die nichtbrennbaren, giftigen Anteile der eingeleiteten Gase bzw. ihre Verbrennungsrückstände den Umweltvorschriften entsprechend in die Atmosphäre entsorgt werden.

26

b) Auf eine rein autonome Auslegung des nationalen Rechts kann es allerdings deswegen nicht allein ankommen, weil die Mitgliedstaaten gemäß Art. 1 RL 2003/96/EG verpflichtet sind, Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom nach Maßgabe dieser Richtlinie zu erheben. Eine Nichtbesteuerung bzw. Energiesteuerentlastung ist jedoch zulässig, soweit gemäß Art. 2 Abs. 4 RL 2003/96/EG die Richtlinie nicht gilt, was gemäß der - im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden - Regelung in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich, Satz 1 RL 2003/96/EG der Fall ist für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck. Gemäß Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich, Satz 2 RL 2003/96/EG hat ein Energieerzeugnis dann zweierlei Verwendungszweck, wenn es sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird.

27

c) Vor diesem Hintergrund kommt eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG wegen Verwendung des Energieerzeugnisses für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung nur in Betracht, wenn die Verwendung neben einem Verheizen noch einen zweiten Verwendungszweck umfasst. Nur unter dieser Voraussetzung dürfte die nationale Vorschrift dem Richtlinienrecht entsprechen. Weist eine thermische Abfall- und Abluftbehandlung hingegen keinen zweiten Verwendungszweck auf, so müsste die nationale Entlastungsvorschrift wegen des Vorrangs des Unionsrechts entsprechend einengend ausgelegt werden oder unangewendet bleiben.

28

Da es im vorliegenden Fall unzweifelhaft ist, dass das streitgegenständliche Erdgas jedenfalls als Heizstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 4 RL 2003/96/EG verwendet wird, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, was unter einem "anderen Verwendungszweck" im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst.  b), erster Anstrich RL 2003/96/EG zu verstehen ist.

29

Die Vorschrift enthält keine abstrakte Bestimmung, wann ein solcher anderer Verwendungszweck vorliegt. Sie enthält allerdings in Satz 3 eine Aufzählung von drei Arten von Prozessen, bei denen zweierlei Verwendungszweck zu bejahen ist. Von diesen ausdrücklich genannten Prozessen ist in Fällen wie dem vorliegenden jedoch keiner gegeben: Da Ammoniak kein Metall ist, ist ein Ammoniak-Herstellungsbetrieb - erstens - nicht der Metallindustrie zuzurechnen. In der Anlage der Klägerin findet - zweitens - auch keine Elektrolyse statt. In Einklang mit dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten kann der ersuchende Senat zudem feststellen, dass in der Anlage auch - drittens - keine chemische Reduktion stattfindet. Dem liegt das Verständnis zugrunde, dass unter dem verwendeten Begriff der chemischen Reduktion solche chemischen Prozesse fallen, bei denen der zu betrachtende Stoff - hier die zu behandelnden Abgase - Sauerstoff abgeben oder Wasserstoff aufnehmen. Die Umwandlung des CO zu CO2 und des Methanols CH4O zu H2O und CO2 entspricht diesem Verständnis nicht.

30

Es ist demnach also streitentscheidend, ob es sich bei der Verwendung von Erdgas zum Zwecke der Entsorgung toxischer Rückstände - hier der Abluft aus einem Produktionsprozess - um einen zweiten Verwendungszweck im Sinne der Richtlinienvorschrift handelt (Frage 1) und ob gegebenenfalls weitere Bedingungen erfüllt sein müssen (Fragen 2 und 3).

31

3. Rechtliche Überlegungen des Senats in Bezug auf die Vorlagefrage
Der ersuchende Senat hält die Beantwortung der gestellten Fragen für offen.
Der Senat neigt der Annahme zu, dass das Erdgas in der Anlage der Klägerin neben der Verwendung als Heizstoff noch einen anderen Verwendungszweck im Sinne der Vorschrift hat, ist insoweit allerdings vor dem Hintergrund der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland nicht frei von Zweifeln.

32

a) Nach dieser eher restriktiven Rechtsprechung kommt eine Energiesteuerentlastung für Energieerzeugnisse im Hinblick auf ihre (gleichzeitige) Verwendung zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff wegen der Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie nur dann in Betracht, wenn bei der Verwendung des Energieerzeugnisses die Erzeugung thermischer Energie in den Hintergrund tritt und das Energieerzeugnis im Rahmen eines industriellen Prozesses oder Verfahrens zugleich als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff eingesetzt wird (grundlegend BFH, Urteil vom 28.10.2008, VII R 6/08, BFHE 223, 280; bestätigend BFH, Urteile vom 23.02.2010, VII R 34/09, BFHE 229, 477, und vom 26.10.2010, VII R 50/09, so auch FG Thüringen, Urteil vom 15.07.2010, 2 K 982/07). Ein solcher Fall gleichzeitiger Verwendung wurde in der nationalen Rechtsprechung etwa im Fall eines textilverarbeitenden Unternehmens verneint, das im Rahmen seiner Textil-Produktion versteuertes Erdgas zum Absengen von Textilfasern verwendete, um den Gewebebahnen eine besonders glatte und feine Erscheinungsform zu geben.

33

Diese Rechtsprechung bezieht sich zunächst auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 29.04.2004 (C-240/01), der dort der Rechtsauffassung entgegengetreten war, dass ein "Verheizen" nur bei gewollter Ausnutzung des Heizwertes eines Stoffes in dem Sinne gegeben sei, dass der Stoff zur Erzeugung von Wärme verbrannt werde, um sie ganz oder teilweise auf einen anderen Stoff zu übertragen, dem dann die Eigenschaft eines neuen Energie- oder Wärmeträgers zukommen müsse. Der Gerichtshof führte in jenem Urteil aus, der Begriff "Verbrauch als Heizstoff" in der seinerzeit maßgeblichen Vorschrift Art. 2 Abs. 2 Satz 1 RL 92/81/EWG beziehe sich auf alle Fälle, in denen Mineralöle verbrannt werden und die so erzeugte thermische Energie zum Heizen genutzt werde. Dies gelte unabhängig vom Zweck des Heizens. Erfasst sei auch der Fall, dass thermische Energie bei einem chemischen und industriellen Prozess auf einen Stoff übertragen werde, um diesen umzuwandeln oder zu vernichten.

34

Die zitierte nationale Rechtsprechung geht davon aus, dass auch die zwischenzeitlich an die Stelle der Mineralölsteuerrichtlinie RL 92/81/EWG getretene Energiesteuerrichtlinie in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), erster Anstrich RL 2003/96/EG weiterhin vorgebe, dass ein Energieerzeugnis nicht zugleich für andere Zwecke als als Heizstoff verwendet werde, wenn es unter Ausnutzung der erzeugten thermischen Energie zur Umwandlung oder Vernichtung eines anderen Stoffes eingesetzt werde. Für diese Fälle sei es dem nationalen Gesetzgeber verwehrt, die verwendeten Energieerzeugnisse von der Besteuerung auszunehmen. In den in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich RL 2003/96/EG genannten Beispielen - Einsatz des Energieerzeugnisses bei der chemischen Reduktion, bei der Elektrolyse oder bei Prozessen in der Metallindustrie - werde das Vorliegen eines solchen anderen Verwendungszwecks lediglich fingiert. Gemeinsames Merkmal aller Ausnahmetatbestände und damit unabdingbare Voraussetzung für eine Steuerausnahme sei der Einsatz des jeweiligen Energieerzeugnisses als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts. Das Energieerzeugnis könne z. B. als Reduktionsmittel, als Katalysator oder im Rahmen eines elektrolytischen Prozesses eingesetzt werden. Entscheidend sei, dass der Einsatz des Energieerzeugnisses im Rahmen des jeweiligen Produktionsprozesses nicht primär zur Erzeugung von thermischer Energie erfolge. Sofern bei den genannten Verfahren zwangsläufig Wärme erzeugt und diese im Verfahren genutzt und eingesetzt werde, werde im Wege einer Fiktion unterstellt, dass das Energieerzeugnis zweierlei Verwendungszwecken diene. Ausschließlich in diesen Fällen liege die Verwendung der Energieerzeugnisse nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich RL 2003/96/EG außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie und seien die Mitgliedstaaten in ihrer Entscheidung frei, ob und in welchem Umfang sie eine Besteuerung - auch hinsichtlich des Energieerzeugnisanteils, der verheizt werde - vornehmen wollten.

35

Nach dieser Ansicht kann im Falle einer Übertragung der durch die Verbrennung des Energieerzeugnisses erzeugten thermischen Energie - etwa auf einzelne Textilfasern im oben geschilderten Sachverhalt - nicht von einem anderen Verwendungszweck im Sinne der Energiesteuerrichtlinie gesprochen werden. Mit dem Verbrennen des Erdgases sei dessen Verwendung abgeschlossen. Der Einsatz des Erdgases und dessen chemischer Bestandteile diene dann einzig und allein der Erzeugung thermischer Energie, so dass - unabhängig von der nachfolgenden Nutzung der erzeugten Wärme etwa zum Absengen von Textilfasern - nur ein Verheizen des Energieerzeugnisses vorliege. Das Energieerzeugnis werde in einem solchen Fall ausschließlich als Heizstoff unter Ausnutzung der dadurch erzeugten Wärme verwendet, weshalb es der Energiesteuerrichtlinie unterliege und auch entsprechend zu besteuern sei.

36

Unter Zugrundlegung dieser Rechtsprechung wäre die Verwendung des Erdgases in der streitgegenständlichen Anlage nicht begünstigt. Da in der streitgegenständlichen Anlage schon kein Produkt hergestellt wird, wird das Erdgas nicht als Roh- oder Grundstoff verwendet. Dass das Erdgas ein den Roh- und Grundstoffen gleichgestellter Hilfsstoff im Sinne der zitierten Rechtsprechung ist, kann gleichfalls nicht erkannt werden, da von einem Hilfsstoff in diesem Zusammenhang nur gesprochen werden könnte, wenn er den eigentlichen Produktionsprozess - etwa als Katalysator - unterstützt.

37

b) Der ersuchende Senat hält die dargelegte Auslegung für nicht zwingend.

38

Der Gerichtshof hat die Frage noch nicht entschieden. Sein Urteil vom 29.04.2004 (C-240/01), auf das sich diese Auslegung stützt, gründete auf der nicht mehr geltenden Mineralölsteuerrichtlinie, die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 RL 92/81/EWG bestimmte, dass der Steuer (alle) Mineralöle unterliegen, die zum Verbrauch als Heizstoff - oder als Kraftstoff - bestimmt sind. Die nunmehr gültige Energiesteuerrichtlinie unterscheidet sich indes insoweit von der Mineralölsteuerrichtlinie. In Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), erster Anstrich RL 2003/96/EG werden zwar zunächst - entsprechend dem Regelungsgehalt der zitierten Vorgängerrichtlinie - diejenigen Energieerzeugnisse von der Steuerpflicht ausgenommen, die für andere Zwecke als als Heiz- (oder Kraft-) Stoff verwendet werden. Nach der weiteren Regelung in Art. 2 Abs. 4 Buchst b), zweiter Anstrich RL 2003/96/EG werden daneben aber auch noch Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck von der Steuerpflicht ausgenommen. Dies macht deutlich, dass unter dem Regime der aktuellen Richtlinie nicht mehr jeglicher Verbrauch als Heizstoff unabhängig vom Zweck des Heizens von den Mitgliedstaaten der Steuer zu unterwerfen ist. Da die Richtlinie nunmehr vorgibt, dass im Falle einer Verwendung als Heizstoff zugleich noch ein zweiter Verwendungszweck gegeben sein kann, kann nach Ansicht des ersuchenden Senats sachlogisch das Vorliegen eines zweiten Zwecks nicht mehr mit dem Argument ausgeschlossen werden, dass bereits eine Verwendung als Heizstoff gegeben sei.

39

Der ersuchende Senat hält es für möglich, dass die thermische Abluftbehandlung zur Entsorgung - durch Umwandlung oder durch Emission in höhere Luftschichten oder die Atmosphäre - ein zweiter Verwendungszweck im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich RL 2003/96/EG ist. Denn die Entsorgung von Abfällen kann von einer Verwendung als Heizstoff, für die eine Nutzung zum Wärmen von Räumen, Gegenständen etc. oder zu Produktionszwecken charakteristisch ist, unterschieden werden.

40

Der ersuchende Senat neigt weiterhin dazu, die Aufzählung in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich Satz 3 RL 2003/96/EG als nur beispielhaft zu verstehen und nicht in dem Sinne als abschließend, dass andere als die genannten Prozesse nicht unter die Befreiung "zweierlei Verwendungszweck" fallen können.

41

Im Übrigen ist der ersuchende Senat auch skeptisch, ob in dem Einsatz des jeweiligen Energieerzeugnisses als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts, der als gemeinsames Merkmal aller aufgezählten Ausnahmetatbestände bezeichnet wird, das entscheidende Kriterium für die Steuerbefreiung gesehen werden kann mit der Folge, dass andernfalls eine Steuerbefreiung nicht mehr zulässig ist. Gegen ein solches Verständnis spricht nach Ansicht des ersuchenden Senats jedenfalls, dass der Richtliniengeber im Wortlaut der Vorschrift kein entsprechendes Tatbestandsmerkmal als Voraussetzung für eine Steuerbefreiung formuliert hat, was andernfalls nahe gelegen hätte.

42

Letztlich sieht der ersuchende Senat auch in dem Umstand, dass vom nationalen Gesetzgeber in § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG eine Entlastungsvorschrift für die Energieerzeugnisse geschaffen worden ist, die für eine thermische Abfall- und Abluftbehandlung verwendet werden, ein Indiz dafür, dass (auch) der nationale Gesetzgeber davon ausgeht, dass die thermische Abfall- und Abluftbehandlung, die nicht der Produktion dient und daher typischerweise keine Roh- und Grundstoffe kennt, ein im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b), zweiter Anstrich RL 2003/96/EG eigenständiger Verwendungszweck ist, der neben die Verwendung des Energieerzeugnisses als Heizstoff treten kann.

43

c) Der ersuchende Senat verkennt nicht, dass sich bei diesem Verständnis der Vorschrift die Frage stellen kann, ob dem weiteren Zweck bzw. den weiteren Zwecken der Energieerzeugnisverwendung im Verhältnis zum Heizzweck ein gewisses Gewicht zukommen muss, um zu verhindern, dass eine unangemessene Steuervergünstigung erlangt werden kann, die den Verwender gegenüber anderen Verwendern (ohne weiteren Verwendungszweck) unverhältnismäßig bevorteilt. Der Klärung dieser Frage dient die Frage 3.

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Bundesfinanzhof Urteil, 26. Okt. 2010 - VII R 50/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

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b)
für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Rahmen der Herstellung von Metallerzeugnissen für die Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen und zur Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung,
c)
für chemische Reduktionsverfahren,
d)
gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff,
2.
für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung
verheizt worden sind.

(1a) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuerentlastung ab dem 1. Januar 2009 für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a versteuerte Energieerzeugnisse 61,35 Euro für 1 000 Liter. Eine weitere Steuerentlastung kann für diese Energieerzeugnisse nicht gewährt werden.

(2) Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind

1.
Versorger: Derjenige, der Strom leistet;
2.
Eigenerzeuger: derjenige, der Strom zum Selbstverbrauch erzeugt;
2a.
Klassifikation der Wirtschaftszweige: die vom Statistischen Bundesamt in 65189 Wiesbaden, Gustav-Stresemann-Ring 11, herausgegebene Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), auch zu beziehen über www.destatis.de;
3.
Unternehmen des Produzierenden Gewerbes: Unternehmen, die dem Abschnitt C (Bergbau und Gewinnung von Steine und Erden), D (Verarbeitendes Gewerbe), E (Energie- und Wasserversorgung) oder F (Baugewerbe) der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind, sowie die anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 219 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn sie überwiegend eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die den vorgenannten Abschnitten der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen ist;
4.
Unternehmen im Sinne der Nummer 3: Kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie kommunale Eigenbetriebe, die auf Grundlage der Eigenbetriebsgesetze oder Eigenbetriebsverordnungen der Länder geführt werden;
5.
Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft: Unternehmen, die dem Abschnitt A (Land- und Forstwirtschaft) oder der Klasse 05.02 (Teichwirtschaft und Fischzucht) der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind, sowie die anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 219 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn sie überwiegend eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die dem Abschnitt A oder der Klasse 05.02 der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen ist;
6.
Unternehmen im Sinne der Nummer 5: Wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit, die unter einheitlicher und selbständiger Führung steht;
7.
Strom aus erneuerbaren Energieträgern: Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird, ausgenommen Strom aus Wasserkraftwerken mit einer installierten Generatorleistung über zehn Megawatt;
8.
Elektromobilität: das Nutzen elektrisch betriebener Fahrzeuge, ausgenommen schienen- oder leitungsgebundener Fahrzeuge;
9.
stationärer Batteriespeicher: ein wiederaufladbarer Speicher für Strom auf elektrochemischer Basis, der während des Betriebs ausschließlich an seinem geografischen Standort verbleibt, dauerhaft mit dem Versorgungsnetz verbunden und nicht Teil eines Fahrzeuges ist. Der geografische Standort ist ein durch geografische Koordinaten bestimmter Punkt;
10.
hocheffiziente KWK-Anlagen: ortsfeste Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme, die die Voraussetzungen nach § 53a Absatz 6 Satz 4 und 5 des Energiesteuergesetzes erfüllen;
11.
Netz der allgemeinen Versorgung mit Strom: ein Netz, das der Verteilung von Strom an Dritte dient und von seiner Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Personen ausgelegt ist, sondern grundsätzlich jedermann für die Versorgung offensteht.

(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Absatz 1 Nummer 9 und 10, Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4a versteuert worden sind und

1.
von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 378, 2000 I S. 147), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 282) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung
a)
für die Herstellung von Glas und Glaswaren, keramischen Erzeugnissen, keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten, Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips, keramisch gebundenen Schleifkörpern, mineralischen Isoliermaterialien und Erzeugnissen aus mineralischen Isoliermaterialien, Katalysatorenträgern aus mineralischen Stoffen, Waren aus Asphalt und bituminösen Erzeugnissen, Waren aus Graphit oder anderen Kohlenstoffen, Erzeugnissen aus Porenbetonerzeugnissen zum Trocknen, Kalzinieren, Brennen, Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte,
b)
für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Rahmen der Herstellung von Metallerzeugnissen für die Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen und zur Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung,
c)
für chemische Reduktionsverfahren,
d)
gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff,
2.
für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung
verheizt worden sind.

(1a) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuerentlastung ab dem 1. Januar 2009 für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a versteuerte Energieerzeugnisse 61,35 Euro für 1 000 Liter. Eine weitere Steuerentlastung kann für diese Energieerzeugnisse nicht gewährt werden.

(2) Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat.

(1) Die Steuer beträgt

1.für 1 000 l Benzin der Unterpositionen 2710 12 41, 2710 12 45 und 2710 12 49 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg
669,80 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg
654,50 EUR,
2.für 1 000 l Benzin der Unterpositionen 2710 12 31, 2710 12 51 und 2710 12 59 der Kombinierten Nomenklatur721,00 EUR,
3.für 1 000 l mittelschwere Öle der Unterpositionen 2710 19 21 und 2710 19 25 der Kombinierten Nomenklatur654,50 EUR,
4.für 1 000 l Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 und der Unterpositionen 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg
485,70 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg
470,40 EUR,
5.für 1 000 kg Heizöle der Unterpositionen 2710 19 62 bis 2710 19 68 und der Unterpositionen 2710 20 31 bis 2710 20 39 der Kombinierten Nomenklatur130,00 EUR,
6.für 1 000 l Schmieröle und andere Öle der Unterpositionen 2710 19 81 bis 2710 19 99 und 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur485,70 EUR,
7.für 1 MWh Erdgas und 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe31,80 EUR,
8.für 1 000 kg Flüssiggase
a)
unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen
409,00 EUR,
b)
andere
1 217,00 EUR,
9.für 1 GJ Kohle0,33 EUR,
10.für 1 GJ Petrolkoks der Position 2713 der Kombinierten Nomenklatur0,33 EUR.

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuer

1.
für 1 Megawattstunde Erdgas und 1 Megawattstunde gasförmige Kohlenwasserstoffe
a)
bis zum 31. Dezember 202313,90 EUR,
b)
vom 1. Januar 2024 bis
zum 31. Dezember 2024
18,38 EUR,
c)
vom 1. Januar 2025 bis
zum 31. Dezember 2025
22,85 EUR,
d)
vom 1. Januar 2026 bis
zum 31. Dezember 2026
27,33 EUR;
2.
für 1 000 kg Flüssiggase unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen
a)
bis zum 31. Dezember 2018180,32 EUR,
b)
vom 1. Januar 2019 bis
zum 31. Dezember 2019
226,06 EUR,
c)
vom 1. Januar 2020 bis
zum 31. Dezember 2020
271,79 EUR,
d)
vom 1. Januar 2021 bis
zum 31. Dezember 2021
317,53 EUR,
e)
vom 1. Januar 2022 bis
zum 31. Dezember 2022
363,94 EUR.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 beträgt die Steuer

1.für 1 000 l ordnungsgemäß gekennzeichnete Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 und der Unterpositionen 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 50 mg/kg
76,35 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 50 mg/kg
61,35 EUR,
2.für 1 000 kg Heizöle der Unterpositionen 2710 19 62 bis 2710 19 68 und der Unterpositionen 2710 20 31 bis 2710 20 39 der Kombinierten Nomenklatur25,00 EUR,
3.für 1 000 l Schmieröle und andere Öle der Unterpositionen 2710 19 81 bis 2710 19 99 und 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur61,35 EUR,
4.für 1 MWh Erdgas und 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe5,50 EUR,
5.für 1 000 kg Flüssiggase60,60 EUR,


wenn sie zum Verheizen oder zum Antrieb von Gasturbinen und Verbrennungsmotoren in begünstigten Anlagen nach den §§ 3 und 3a verwendet oder zu diesen Zwecken abgegeben werden. Nach Satz 1 versteuerte Energieerzeugnisse können auch aus dem Steuergebiet verbracht oder ausgeführt oder zu den in den §§ 25 bis 27 Absatz 1 und § 44 Absatz 2 genannten steuerfreien Zwecken abgegeben oder verwendet werden, soweit die Energieerzeugnisse von diesen Vorschriften erfasst werden; nach Satz 1 Nummer 4 versteuertes Erdgas kann darüber hinaus zu den in den §§ 25 und 26 genannten steuerfreien Zwecken abgegeben oder verwendet werden.

(4) Andere als die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse unterliegen der gleichen Steuer wie die Energieerzeugnisse, denen sie nach ihrem Verwendungszweck und ihrer Beschaffenheit am nächsten stehen. Zunächst ist der Verwendungszweck als Kraftstoff oder als Heizstoff zu bestimmen. Kann das Energieerzeugnis für diese Verwendung als Kraftstoff oder als Heizstoff durch eines der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse ersetzt werden, unterliegt es der gleichen Steuer wie das genannte Energieerzeugnis bei gleicher Verwendung. Kann das Energieerzeugnis für die festgestellte Verwendung nicht durch eines der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse ersetzt werden, unterliegt es der gleichen Steuer, wie dasjenige der genannten Energieerzeugnisse, dem es nach seinem Verwendungszweck und seiner Beschaffenheit am nächsten steht. Werden Ölabfälle der Unterpositionen 2710 91 und 2710 99 der Kombinierten Nomenklatur oder andere vergleichbare Abfälle zu den in Absatz 3 genannten Zwecken verwendet oder abgegeben, sind abweichend von den Sätzen 1 bis 4 für den Vergleich mit der Beschaffenheit ausschließlich die in Absatz 1 Nummer 9 und 10 und Absatz 3 Satz 1 genannten Energieerzeugnisse heranzuziehen. Der Steuersatz nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 kommt nur bei einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung der Energieerzeugnisse zur Anwendung. Satz 6 gilt nicht für Biokraft- und Bioheizstoffe sowie Abfälle im Sinn des Satzes 5.

(4a) Abweichend von Absatz 4 Satz 1 bis 4 beträgt die Steuer für 1 Gigajoule feste Energieerzeugnisse 0,33 Euro, soweit diese auf Grund ihrer Beschaffenheit keinem der in Absatz 1 genannten Energieerzeugnisse sinnvoll zugeordnet werden können.

(5) Das zuständige Hauptzollamt kann in Einzelfällen auf Antrag die Steuer für Leichtöle und mittelschwere Öle bis auf 20 Euro für 1 000 Liter ermäßigen, wenn diese Öle bei der Herstellung oder beim Verbrauch von Energieerzeugnissen angefallen sind und im Betrieb verheizt werden, weil sie zur Verwendung als Kraftstoff oder zu einer steuerfreien Verwendung im Betrieb nicht geeignet sind.

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Absatz 1 Nummer 9 und 10, Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4a versteuert worden sind und

1.
von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 378, 2000 I S. 147), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 282) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung
a)
für die Herstellung von Glas und Glaswaren, keramischen Erzeugnissen, keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten, Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips, keramisch gebundenen Schleifkörpern, mineralischen Isoliermaterialien und Erzeugnissen aus mineralischen Isoliermaterialien, Katalysatorenträgern aus mineralischen Stoffen, Waren aus Asphalt und bituminösen Erzeugnissen, Waren aus Graphit oder anderen Kohlenstoffen, Erzeugnissen aus Porenbetonerzeugnissen zum Trocknen, Kalzinieren, Brennen, Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte,
b)
für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Rahmen der Herstellung von Metallerzeugnissen für die Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen und zur Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung,
c)
für chemische Reduktionsverfahren,
d)
gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff,
2.
für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung
verheizt worden sind.

(1a) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuerentlastung ab dem 1. Januar 2009 für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a versteuerte Energieerzeugnisse 61,35 Euro für 1 000 Liter. Eine weitere Steuerentlastung kann für diese Energieerzeugnisse nicht gewährt werden.

(2) Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG). Sie stellt u.a. Metallpulver und keramische Pulver her, die als Vorprodukte für die Herstellung der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) aufgeführten Erzeugnisse verwendet werden. Für die Produktionsprozesse verwendet sie versteuertes Erdgas und versteuerten Strom. Die von ihr für die Monate August bis Dezember 2006 beantragte Steuerentlastung gewährte der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) nur hinsichtlich der Herstellung von Metallpulvern. In Bezug auf die Herstellung von keramischen Pulvern vertrat er die Auffassung, dass eine Entlastung deshalb nicht in Betracht komme, weil die Klägerin diese Vorprodukte nicht in ihrem Unternehmen zu keramischen Erzeugnissen weiterverarbeite.

2

Das Finanzgericht (FG) hat den angefochtenen Entlastungsbescheid nach dem von der Klägerin erfolglos angestrengten Einspruchsverfahren dahingehend geändert, dass die Energiesteuerentlastung der Klägerin für die Monate August bis Dezember 2006 auf ... € festgesetzt wird. Zwar verwende die Klägerin das von ihr eingesetzte Energieerzeugnis nicht für steuerlich begünstigte chemische Reduktionsverfahren, doch sei die von ihr begehrte Entlastung deshalb zu gewähren, weil sie Vorprodukte zur Herstellung keramischer Erzeugnisse herstelle. Der Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG sei nicht eindeutig. Nach Sinn und Zweck der Regelung sei eine Auslegung vorzuziehen, die eine steuerliche Entlastung der zur Herstellung von Vorprodukten eingesetzten Energieerzeugnisse ermögliche, ohne dass es darauf ankomme, dass die Endprodukte ebenfalls in diesem Unternehmen hergestellt werden. Diese Auslegung trage auch dem erkennbaren gesetzgeberischen Ziel Rechnung, den gesamten Herstellungsprozess zu fördern und nicht einzelne notwendige Herstellungsabschnitte in Form von Vorprodukten auszuschließen.

3

Mit seiner Revision wendet sich das HZA gegen die Rechtsauffassung des FG, dass es nicht darauf ankomme, ob die Vorprodukte in ein und demselben Unternehmen weiterverarbeitet oder zur Weiterverarbeitung an andere Unternehmen geliefert werden. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG regele einen Sachverhalt, der nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 5. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG (RL 2003/96/EG) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 283/51) vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sei. Folglich stehe die Ausgestaltung der Steuervergünstigung den Mitgliedstaaten frei. Allerdings setze die Begünstigung voraus, dass die Energieerzeugnisse für mineralogische Verfahren, d.h. für die Verarbeitung nicht-metallischer Mineralien verwendet werden. Diese Voraussetzung sei im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Die Klägerin stelle lediglich Vorprodukte her, die sie nicht weiterverarbeite.

4

In Übereinstimmung mit dem Urteil des Sächsischen FG vom 29. Oktober 2009  7 K 2343/07 sei § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG grammatikalisch so zu verstehen, dass nur das Unternehmen gefördert werde, das auch das Endprodukt herstelle. Der Satzteil "oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte" sei nicht auf die erste Aufzählung von Erzeugnissen zu beziehen, deren Herstellung begünstigt werde, sondern auf die zweite Aufzählung der einzelnen wärmegeführten Produktionsprozesse. Nachweispflichten würden lediglich dem Entlastungsberechtigten auferlegt, eine Kontrolle der Endprodukthersteller sei nicht vorgesehen. Dies spreche gegen die Auffassung des FG. Im Streitfall könne die Klägerin nicht nachvollziehen, ob ihre Abnehmer die Vorprodukte tatsächlich zur Herstellung keramischer Erzeugnisse verwendeten. Sollte dies nicht der Fall sein, würden unionsrechtswidrig nicht begünstigte Prozesse in die Entlastung mit einbezogen. Schließlich habe das FG der Klägerin etwas zugesprochen, was sie nicht beantragt habe. Ihren Entlastungsantrag habe die Klägerin ausschließlich auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG gestützt. Diesen Antrag habe das FG unzulässigerweise in einen Antrag nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG umgedeutet.

5

Die Klägerin schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. In ihrer Klageschrift habe sie unzweifelhaft klargestellt, dass in Bezug auf die Erdgasverwendung zur Herstellung der Vorprodukte sowohl die Voraussetzungen für eine Entlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG als auch für eine Entlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG vorliegen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Für das zur Herstellung der keramischen Pulver verwendete Erdgas steht der Klägerin kein Entlastungsanspruch aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG zu.

7

1. Eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG kommt deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin das Erdgas nicht für chemische Reduktionsverfahren verwendet, sondern verheizt. Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Klägerin keine Verfahrensrügen erhoben hat und die somit für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, verwendet die Klägerin das Energieerzeugnis ausschließlich zur Erzeugung von Wärme, ohne die die Reaktion nicht abläuft, so dass von einem nicht begünstigten Verheizen auszugehen ist. In ihrem Schriftsatz vom 7. April 2010 führt die Klägerin selbst aus, dass der Verwendungszweck des von ihr zur Produktion der keramischen Pulver eingesetzten Energieerzeugnisses in der Wärmeerzeugung --nämlich in der Befeuerung einer Anlage-- liegt. Dass das Erdgas bzw. dessen chemische Bestandteile selbst in den Produktionsablauf einfließen, behauptet die Klägerin indes nicht. Das FG hat dies auch nicht festgestellt.

8

Der Schlussfolgerung der Klägerin, dass das verwendete Erdgas allein durch die Befeuerung einer Anlage und durch die damit verbundene Erzeugung von Wärme, die für die Ingangsetzung bzw. Aufrechterhaltung einer chemischen Reaktion benötigt wird, in Form seiner Energie letztlich auch i.S. des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG in den Reduktionsprozess eingeht, ist nicht zu folgen. Nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich RL 2003/96/EG sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie nur Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck ausgenommen, wobei unterstellt wird, dass die Verwendung von Energieerzeugnissen bei der chemischen Reduktion diese Voraussetzung erfüllt. Für das in Hochöfen im Rahmen chemischer Reduktionsverfahren eingesetzte Mineralöl bestand eine entsprechende steuerliche Freistellung bereits nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABlEG Nr. L 316/12) in der Fassung der Richtlinie 94/74/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABlEG Nr. L 365/46). Richtlinienkonform ist § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG dahin auszulegen, dass die Begünstigung nur dann zu gewähren ist, wenn das für chemische Reduktionsverfahren verwendete Energieerzeugnis nicht ausschließlich verheizt wird. Wie der Senat zur "Auffangregelung" des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG entschieden hat, liegt eine gleichzeitige Verwendung zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken nur dann vor, wenn das Energieerzeugnis im Rahmen eines industriellen Prozesses oder Verfahrens sowohl als Heizstoff, als auch als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff eingesetzt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Oktober 2008 VII R 6/08, BFHE 223, 280). Nach den Feststellungen des FG wird das Erdgas im Streitfall lediglich zur Wärmeerzeugung und damit als Heizstoff verwendet, so dass eine Entlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EnergieStG nicht gewährt werden kann.

9

2. Die von der Klägerin begehrte Steuerentlastung kann auch nicht auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift wird eine Steuerentlastung auf Antrag für versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für die Herstellung von Glas und Glaswaren, keramischen Erzeugnissen, keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten, Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips, mineralischen Isoliermaterialien, Asphalt und mineralischen Düngemitteln zum Trocknen, Brennen, Schmelzen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte verwendet worden sind.

10

a) Der Satzteil "oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte" könnte auf den ersten Blick sowohl als eine Ergänzung zu den "vorgenannten Erzeugnissen" zu verstehen sein und sich damit auf die aufgeführten wärmegeführten Prozesse beziehen, als auch eine Alternative zu den zu Beginn des Satzes aufgeführten Endprodukten darstellen. Bei Annahme einer Bezugnahme auf die im Einzelnen aufgeführten Endprodukte erfasste die in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG angeordnete Entlastung nicht nur die Herstellung von Glas, Glaswaren, keramischen Erzeugnissen etc., sondern erstreckte sich auch auf jegliche Vorprodukte, unabhängig davon, ob das begünstigte Unternehmen auch die genannten Endprodukte herstellt. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Vorprodukte nicht unmittelbar im Anschluss an die ausdrücklich genannten Erzeugnisse aufgeführt, sondern sie den wärmegeführten Prozessen nachgestellt hat, lässt indes den Schluss zu, dass zur ersten Aufzählung kein unmittelbarer Bezug hergestellt werden sollte. Aus grammatikalischer Sicht liegt nach Auffassung des erkennenden Senats eine Deutung der Vorschrift nahe, nach der sich der Satzteil "oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte" auf die "vorgenannten Erzeugnisse" bezieht. Das von der Klägerin bevorzugte Normverständnis ließe eine steuerliche Begünstigung der Herstellung von Vorprodukten unabhängig von der Verwendung von Energieerzeugnissen in den ausdrücklich aufgeführten Prozessen des Trocknens, Brennens, Schmelzens etc. zu. Die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck der Vorschrift sowie die unionsrechtlichen Vorgaben weisen jedoch in eine andere Richtung.

11

b) Mit der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG getroffenen Regelung ist Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 5. Anstrich RL 2003/96/EG in das nationale Energiesteuerrecht umgesetzt worden. Danach gilt die Richtlinie nicht für Verfahren, die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 (VO Nr. 3037/90) des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABlEG Nr. L 293/1) unter die NACE-Klasse DI 26 "Verarbeitung nicht-metallischer Mineralien" fallen (mineralogische Verfahren). Nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/1172, S. 44) entsprechen die in § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EnergieStG aufgeführten Prozesse und Verfahren im Wesentlichen den Tätigkeiten, die in den Abteilungen DI 26 und DJ 27 VO Nr. 3037/90 in der am 1. Januar 2003 geltenden Fassung --NACE Rev. 1.1.-- aufgeführt sind. Die NACE Rev. 1.1. ist deshalb zur Auslegung der Vorschrift heranzuziehen.

12

Vorprodukte in Form keramischer Pulver finden in den vom Gesetzgeber wiedergegebenen Gruppen des Unterabschnitts DI der NACE Rev. 1.1. jedoch keine ausdrückliche Erwähnung. Von den einzelnen Gruppen ausdrücklich erfasst wird lediglich die Herstellung von keramischen Erzeugnissen (ausweislich der Klassen 26.21 bis 26.26 sind dies keramische Haushaltswaren, Ziergegenstände, Isolatoren, Isolierteile, feuerfeste keramische Werkstoffe und Waren sowie andere nicht genannte Erzeugnisse), keramische Wand- und Bodenfliesen und -platten sowie von Ziegeln und sonstiger Baukeramik. In Bezug auf die Herstellung von Keramik ist der Benennung der einzelnen Produkte zu entnehmen, dass nur solche Unternehmen in den Unterabschnitt DI gehören, die keramische Endprodukte herstellen. Darauf deutet auch die Bezeichnung "Keramik" im Unterabschnitt DI hin, die nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht für pulvrige Substanzen verwendet wird. Chemische Substanzen, mit denen die aufgeführten keramischen Endprodukte hergestellt werden können, werden von den Gruppen 26.1 bis 26.6 der NACE Rev. 1.1., auf die der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG beschränkt hat, nicht erfasst.

13

Die von der Klägerin hergestellten keramischen Pulver (insbesondere Oxide, Carbide, Boride, Nitride und Silicide) fallen nicht unter die Gruppen 26.1 bis 26.6 der Abteilung DI 26 der NACE Rev. 1.1. Ob sie in die Klasse 26.82 (Herstellung von sonstigen Erzeugnissen aus nicht-metallischen Mineralien a.n.g.) oder in den Unterabschnitt DG (Herstellung von chemischen Erzeugnissen) eingereiht werden könnten, kann dahingestellt bleiben. In richtlinienkonformer Auslegung ist der vom Gesetzgeber normierte Entlastungstatbestand dahingehend zu verstehen, dass die Begünstigung nur solchen Unternehmen gewährt wird, die zumindest eines der in Unterabschnitt DI aufgelisteten und in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG genannten Endprodukte selbst herstellen. Sofern durch diese Unternehmen die Herstellung und Weiterverarbeitung von Vorprodukten erfolgt, werden --wohl um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden und das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen-- auch die Energieerzeugnisse entsteuert, die zur Herstellung der Vorprodukte eingesetzt worden sind. Voraussetzung für die Gewährung eines auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG gestützten Entlastungsanspruchs ist demnach die Verwendung eines Energieerzeugnisses von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zum Trocknen, Brennen, Schmelzen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern eines in Unterabschnitt DI der NACE Rev. 1.1. genannten Erzeugnisses oder eines Vorprodukts, das von diesem Unternehmen zur Herstellung dieses Erzeugnisses weiterverarbeitet wird.

14

Hätte der Gesetzgeber auch Unternehmen in die Begünstigung einbeziehen wollen, die lediglich Vorprodukte herstellen und diese an Unternehmen liefern, die zumindest eines der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG genannten Erzeugnisse herstellen, hätte es nahegelegen, zur Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung besondere Nachweispflichten einzuführen. Nach § 95 Abs. 4 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung beschränkt sich der vom Antragsteller zu führende Buchnachweis jedoch auf die Art, die Menge, die Herkunft und den Verwendungszweck der Energieerzeugnisse. Regelungen über den Nachweis in Bezug auf die Verwendung und die Abnehmer hergestellter Vorprodukte wurden indes nicht getroffen. Auch dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber das Entlastungsverfahren auf Unternehmen beschränken wollte, die keramische Endprodukte fertigen. Durch diese Beschränkung wird der Verwaltungsvollzug der Entlastungsregelung erheblich erleichtert.

15

c) Als Vorprodukte stellt die Klägerin keramische Pulver, wie z.B. Wolframcarbid, Kobaltsuboxid oder Siliziumnitrid her. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Wolframcarbid auch von der Schmuck- und Werkzeugindustrie nachgefragt wird, dass Kobaltsuboxid u.a. bei der Produktion von Batterien für Hybridfahrzeuge Verwendung findet, und dass Siliziumnitrid auch in der Halbleitertechnik zur Herstellung integrierter Schaltungen verwendet wird. Diese Beispiele belegen, dass eine energiesteuerrechtliche Förderung von Unternehmen, die lediglich keramische Pulver herstellen, dem Sinn und Zweck der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG getroffenen Entlastungsregelung zuwiderliefe.

16

3. Das Argument des FG, dass die Beschränkung der Steuerbegünstigung auf solche Unternehmen, die sowohl Vorprodukte als auch die damit gefertigten Endprodukte herstellen, die "gemeinschaftsrechtlich gebotene Wettbewerbsneutralität" verletzte, vermag nicht zu überzeugen. Wie bereits ausgeführt, bestehen sachliche Gründe, die eine differenzierte steuerliche Behandlung von Betrieben legitimieren, in denen keine keramischen Erzeugnisse, sondern lediglich Vorprodukte hergestellt werden. Bei der Konzeption der unionsrechtlichen Grundlagen war es das erklärte Ziel der Mitgliedstaaten, besonders energieintensive Betriebe steuerlich zu entlasten. Dies wird insbesondere durch die in Art. 17 RL 2003/96/EG getroffenen Regelungen erreicht, die sowohl Steuerermäßigungen als auch Steuerbefreiungen vorsehen. Darüber hinaus setzten sich einige Mitgliedstaaten für eine vollständige steuerliche Freistellung von Energieerzeugnissen ein, die in der Keramikindustrie bzw. bei der Herstellung von Zement verwendet werden. Schließlich wurde eine Lösung gefunden, die es den Mitgliedstaaten freistellt, die zur Herstellung dieser Produkte eingesetzten Energieerzeugnisse zu besteuern oder steuerlich zu begünstigen (vgl. Jatzke in Bongartz, EnergieStG, StromStG, Die Energiesteuer-Richtlinie, Rz 25).

17

Dem Grunde nach handelt es sich um einen nicht harmonisierten Bereich. Eine --auch unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten-- vollständige Wettbewerbsneutralität hätte nur durch eine obligatorische Besteuerung zu einheitlichen Sätzen oder über eine obligatorische Steuerbefreiung erreicht werden können. Nach den unionsrechtlichen Vorgaben ist daher eine steuerliche Gleichbehandlung von Unternehmen, die nur Vorprodukte herstellen, mit Unternehmen, die nur Endprodukte bzw. Vor- und Endprodukte herstellen, nicht geboten. Vielmehr sind die Mitgliedstaaten in der steuerlichen Belastung der genannten Betriebe frei. Sofern sie sich für eine Begünstigung entscheiden, sind sie nicht gezwungen, diese auf sämtliche mineralogische Verfahren zu erstrecken. Erst recht sind sie nicht verpflichtet, Unternehmen, die lediglich Vorprodukte herstellen, von der Besteuerung auszunehmen.

18

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Unternehmen, die keramische Pulver herstellen, in keinem direkten Wettbewerbsverhältnis zu Unternehmen stehen, die bestimmte, in den Gruppen 26.2 und 26.4 der NACE Rev. 1.1. aufgeführte Endprodukte erzeugen. Wie bereits an einigen Beispielen belegt, können keramische Pulver zu unterschiedlichen Zwecken, z.B. auch in der Schmuck- und Autoindustrie, verwendet werden. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der Herstellung von Oxiden, Carbiden, Boriden, Nitriden und Siliciden um besonders energieintensive Verfahren handelt, die hinsichtlich des Energieaufwands dem Brennen von Keramikerzeugnissen gleichgestellt werden können. Bereits diese Unterschiede sind geeignet, die unterschiedliche steuerliche Behandlung der verschiedenen Herstellungsbetriebe --auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten-- zu legitimieren.

19

Da das FG seiner Entscheidung eine von der Senatsmeinung abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Der Klägerin steht die von ihr begehrte Steuerentlastung nicht zu, so dass die Klage als unbegründet abzuweisen ist.

20

4. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts auf Grund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, EuGHE 1982, 3415, Rz 16).

(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Absatz 1 Nummer 9 und 10, Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4a versteuert worden sind und

1.
von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 378, 2000 I S. 147), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 282) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung
a)
für die Herstellung von Glas und Glaswaren, keramischen Erzeugnissen, keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten, Ziegeln und sonstiger Baukeramik, Zement, Kalk und gebranntem Gips, Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips, keramisch gebundenen Schleifkörpern, mineralischen Isoliermaterialien und Erzeugnissen aus mineralischen Isoliermaterialien, Katalysatorenträgern aus mineralischen Stoffen, Waren aus Asphalt und bituminösen Erzeugnissen, Waren aus Graphit oder anderen Kohlenstoffen, Erzeugnissen aus Porenbetonerzeugnissen zum Trocknen, Kalzinieren, Brennen, Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte,
b)
für die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie im Rahmen der Herstellung von Metallerzeugnissen für die Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen und zur Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung,
c)
für chemische Reduktionsverfahren,
d)
gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff,
2.
für die thermische Abfall- oder Abluftbehandlung
verheizt worden sind.

(1a) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuerentlastung ab dem 1. Januar 2009 für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a versteuerte Energieerzeugnisse 61,35 Euro für 1 000 Liter. Eine weitere Steuerentlastung kann für diese Energieerzeugnisse nicht gewährt werden.

(2) Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat.