Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Zwischenurteil, 20. Aug. 2014 - 2 K 867/13

ECLI: ECLI:DE:FGST:2014:0820.2K867.13.0A
published on 20/08/2014 00:00
Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Zwischenurteil, 20. Aug. 2014 - 2 K 867/13
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Weigerung der Zeugin B., Zeugnis abzulegen, ist unrechtmäßig.

Die Kosten des Zwischenverfahrens hat die Zeugin B. zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Alleinerbin der am ... Januar 2012 in X-Stadt verstorbenen Frau C. (Verstorbene). Die Verstorbene unterhielt bis zu ihrem Tode Geschäftsbeziehungen zur …bank. Die Zeugin war Mitarbeiterin der …bank und für die Betreuung der Verstorbenen zuständig.

2

In der mündlichen Verhandlung wurde die Zeugin zu dem Inhalt von Gesprächen befragt, die sie mit der Verstorbenen im Beisein der Klägerin geführt hatte. Nachdem die Zeugin hierzu ausgesagt hatte, wurde sie zum Inhalt von Beratungsgesprächen befragt, die sie mit der Verstorbenen allein geführt hatte. Nach kurzer Bedenkzeit verweigerte die Zeugin das Zeugnis unter Berufung auf das Bankgeheimnis. Auch nachdem die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen zu Protokoll erklärt hatte, die Zeugin vom Bankgeheimnis zu befreien, sah sich die Klägerin gehindert, auszusagen. Die Verhandlung wurde daraufhin unterbrochen, um der Zeugin Gelegenheit zu geben, die Personalabteilung ihres Arbeitgebers zu kontaktieren. Diese bestärkte die Klägerin in ihrer Haltung, wegen des Bankgeheimnisses das Zeugnis zu verweigern.

3

Die Klägerin und der Beklagte erklärten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass sie die Zeugnisverweigerung der Zeugin B. für unberechtigt halten.

Entscheidungsgründe

4

Die Zeugnisverweigerung ist unrechtmäßig. Die Zeugin B. war nicht befugt, unter Berufung auf das Bankgeheimnis die Aussage zu verweigern.

5

Im Einzelnen:

6

Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht Beweis erheben durch die Vernehmung von Zeugen. Nach § 84 FGO i.V.m. §§ 101 bis 103 Abgabenordnung (AO) steht den Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Sie sind hierüber zu belehren.

7

Verweigert ein Zeuge nach Belehrung das Zeugnis, kann das Gericht über die Rechtmäßigkeit der Weigerung gem. § 82 FGO i.Vm. § 387 der Zivilprozessordnung (ZPO) durch Zwischenurteil entscheiden. Beteiligte dieses Zwischenverfahrens sind die Beteiligten des Hauptprozesses, d.h. die Klägerin und der Beklagte, sowie die Zeugin als Nebenbeteiligte (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 17. März 1997, VIII B 41/96, BFH/NV 1997, 736). Das Urteil ergeht sowohl gegen die Beteiligten des Hauptprozesses als auch gegen den Zeugen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. März 1997, VIII B 41/96, BFH/NV 1997, 736 Rz. 24).

8

Da die Zeugin mit keinem der Beteiligten verwandt oder verschwägert ist, kommt ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 101 AO nicht in Betracht.

9

Der Zeugin steht auch kein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 102 AO zu. Der Katalog des in § 102 AO genannten Personenkreises ist abschließend. Die Zeugin gehört nicht dazu. Die Zeugin kann sich als Rechtsgrundlage für das Zeugnisverweigerungsrecht auch nicht auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufen, denn der Gesetzgeber hat auf eine Übernahme der zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte für das finanzgerichtliche Verfahren verzichtet. Damit unterscheiden sich die Zeugnisverweigerungsrechte im Zivilprozess einerseits und dem finanzgerichtlichen Prozess andererseits (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1992 XI B 55/92, BStBl II 1993, 451).

10

Die Zeugin kann sich schließlich auch nicht auf § 103 AO berufen. Danach kommt ein Zeugnisverweigerungsrecht nur in Betracht, wenn sich der Zeuge durch seine Aussage einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit schuldig macht. Dies ist nach Auffassung des Gerichts bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen über die Wahrung des Bankgeheimnisses disponieren kann. Die Klägerin hat aber auf Nachfrage des Gerichts während der Zeugenvernehmung der Zeugin B. zu Protokoll erklärt, dass sie auf die Wahrung des Bankgeheimnisses verzichte. Damit war die Zeugin nicht mehr gehindert auszusagen, denn das Bankgeheimnis hat nach Auffassung des Senats nur eine Schutzrichtung, nämlich die Angaben der Kunden vertraulich zu behandeln. Möglicherweise daneben bestehende Interessen der Banken werden durch das Bankgeheimnis nicht geschützt.

11

Das Zwischenurteil bedarf einer Kostenentscheidung (vgl. BFH-Beschluss vom 14.07.1971, I R 9/71, BStBl II 1971, 121). Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Bei den Kosten des Zwischenverfahrens handelt es sich um die zusätzlichen Kosten des Zwischenstreits (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 84 FGO).

12

Gegen das Zwischenurteil ist als Rechtsmittel die Beschwerde gegeben. Nach § 387 Abs. 3 ZPO findet gegen das Zwischenurteil die sofortige (fristgebundene) Beschwerde statt. Die sofortige Beschwerde in der Zivilprozessordnung entspricht der (fristgebundenen) Beschwerde im Sinne des § 128 FGO. Einer Zulassung der Beschwerde bedurfte es nicht. Gleichwohl erschien es dem Senat angebracht, bereits im Tenor –klarstellend- auf das zutreffende Rechtsmittel hinzuweisen, da sich das Urteil im vorliegenden Verfahren gegen die – nicht vertretene - Zeugin richtet.


ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

13 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Annotations

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Für das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gelten die §§ 101 bis 103 der Abgabenordnung sinngemäß.

(2) Wer als Angehöriger zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, kann die Ableistung des Eides verweigern.

Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden.

(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen.

(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Angehörigen (§ 15) eines Beteiligten können die Auskunft verweigern, soweit sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben. Die Angehörigen sind über das Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.

(2) Die in Absatz 1 genannten Personen haben ferner das Recht, die Beeidigung ihrer Auskunft zu verweigern. Absatz 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(1) Die Auskunft können ferner verweigern:

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist,
2.
Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst,
3.
a)
Verteidiger,
b)
Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer,
c)
Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen,
über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist,
4.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt; § 160 bleibt unberührt.

(2) Den im Absatz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Personen stehen ihre Gehilfen und die Personen gleich, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Über die Ausübung des Rechts dieser Hilfspersonen, die Auskunft zu verweigern, entscheiden die im Absatz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Personen, es sei denn, dass diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen dürfen die Auskunft nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt auch für die Hilfspersonen.

(4) Die gesetzlichen Anzeigepflichten der Notare und die Mitteilungspflichten der in Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b bezeichneten Personen nach der Zinsinformationsverordnung vom 26. Januar 2004 (BGBl. I S. 128), die zuletzt durch Artikel 4 Abs. 28 des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt. Soweit die Anzeigepflichten bestehen, sind die Notare auch zur Vorlage von Urkunden und zur Erteilung weiterer Auskünfte verpflichtet. Die Mitteilungspflichten der in Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b bezeichneten Personen hinsichtlich der in § 138f Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 4 bis 9 bezeichneten Angaben bestehen auch dann, wenn mit diesen Angaben betroffene Nutzer identifizierbar sein sollten.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

Personen, die nicht Beteiligte und nicht für einen Beteiligten auskunftspflichtig sind, können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen (§ 15) der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Über das Recht, die Auskunft zu verweigern, sind sie zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Für das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gelten die §§ 101 bis 103 der Abgabenordnung sinngemäß.

(2) Wer als Angehöriger zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, kann die Ableistung des Eides verweigern.

(1) Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung wird von dem Prozessgericht nach Anhörung der Parteien entschieden.

(2) Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen.

(3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.