Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Juni 2012 - 1 K 1571/10

ECLI: ECLI:DE:FGST:2012:0614.1K1571.10.0A
published on 14/06/2012 00:00
Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Juni 2012 - 1 K 1571/10
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Insolvenzschuldner im Streitjahr investitionszulagenbegünstigt ist, weil seine betriebliche Tätigkeit ausschließlich dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sei oder aber - wie der Beklagte meint - es sich um einen sog. Mischbetrieb handele, in dem vornehmlich nicht zulagenbegünstigte Forstwirtschaft betrieben werde.

2

Der Insolvenzschuldner erzielte in seinem Unternehmen im Streitjahr Umsätze aus Holzeinschlag, -rückung und -transport mit Hilfe eines sog. Harvesters sowie durch Vermietung der Maschine samt Bedienungspersonals an das Unternehmen seines Vaters, welcher in der gleichen Branche und im gleichen Ort selbständig tätig ist, sowie aus dem Verkauf von Hackschnitzeln und Holzsortimenten. Im Streitjahr stellte er die Produktion von Hackschnitzeln ein, um sie im Folgejahr wieder aufzunehmen.

3

Bei dem Harvester handelt es sich um eine Maschine, die zu Arbeiten im Wald eingesetzt wird. Sie fällt Bäume und bearbeitet sie zu verschiedenen Holzsortimenten weiter, welche dann an Sägewerke oder Händler weiterverkauft werden können. Im Bordcomputer des Harvesters sind Daten über den Wuchs verschiedener Baumarten und über Vorrat und Preise verschiedener Holzsortimente (nach Länge, Durchmesser und Krümmung) gespeichert. Der Harvester vermisst vor dem Fällen den Stammfußdurchmesser des Baumes und errechnet mit Hilfe der Datensätze, wie der Baum ertragsoptimiert zu zerlegen ist. Zudem speichert der Harvester die bei dieser Arbeit über den Wuchs der einzelnen Bäume gewonnenen Ergebnisse und optimiert hierdurch seine Berechnungen. Des Weiteren wird das aufgearbeitete Holz nach Stückzahl und Volumen registriert, so dass jederzeit abgefragt werden kann, was für Hölzer nach Länge, Durchmesser und Volumen bereitstehen.

4

Mit einem am 21. Dezember 2001 beim Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Insolvenzschuldner Investitionszulage für das Jahr 2000 von jeweils 25 v.H. für einen Lkw MAN mit Kran mit einer Bemessungsgrundlage von 300.310 DM sowie einen Harvester TJ 770 mit einer Bemessungsgrundlage von 416.247 DM.

5

Am 31. Januar 2002 führte der Beklagte eine Investitionszulagensonderprüfung für das Streitjahr durch. Diese schloss mit dem Ergebnis (Investitionszulagensonderprüfungsbericht vom 7. Februar 2002), dass der Insolvenzschuldner einen sog. Mischbetrieb führe, für den eine Einordnung des Statistischen Landesamtes als verarbeitendes Gewerbe nicht vorliege. Des Weiteren erfolge die Wertschöpfung überwiegend durch Tätigkeiten im nichtbegünstigten Bereich forstwirtschaftlicher Dienstleistungen. Das verarbeitende Gewerbe, die Hackschnitzelgewinnung, habe lediglich einen Umsatzanteil von 26,48 v.H., wohingegen die Erbringung von Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe, nämlich der eigenbetriebliche Einsatz des Harvesters und die Überlassung von Maschinen und Personal an den Betrieb des Vaters, 73,52 v.H. des Umsatzes erwirtschaften.

6

Mit Bescheid vom 6. Februar 2002 lehnte der Beklagte den Investitionszulagenantrag ab. Den dagegen am 28. Februar 2002 eingegangenen Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 6. November 2006 zurück. Dagegen richtet sich die am 5. Dezember 2006 eingegangene Klage.

7

Bereits zuvor hatte der Insolvenzschuldner gegen die Ablehnung einer beantragten Investitionszulage für 1999 beim Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (FG) im Jahr 2001 Klage eingereicht, die unter dem Aktenzeichen 1 K 331/01 geführt wurde. Die Klage wurde mit Urteil vom 28. Oktober 2004 abgewiesen, weil der Betrieb des damaligen Klägers zu keinem Zeitpunkt dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen war. Der entscheidende Senat stellte fest, dass die durch die Vermietung des Harvesters erzielten Umsätze nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen seien, da der Harvester keine verarbeitende, sondern eine rein forstwirtschaftliche Maschine sei (unter I.1. der Gründe). Da der Insolvenzschuldner im Jahr 2000 zumindest in einem Umfang von 54,55 v.H. Umsätze aus Forstwirtschaft erzielte, wurde sein Betrieb auch für das Jahr 1999 als insgesamt nicht verarbeitender Betrieb eingeordnet. Der Entscheidung wurde für die Einordnung des Betriebs die Umsatzaufschlüsselung für 2000 - des Streitjahres im hiesigen Verfahren - zu Grunde gelegt, da weder für 1999 noch für die folgenden Jahre 2001 und 2002 eine Aufschlüsselung durch den Insolvenzschuldner erfolgte. Nach dieser Umsatzaufschlüsselung wurden im Jahr 2000 die folgenden Umsätze erzielt:

8

24,31 v.H.

Holzeinschlag und erste Verarbeitungsstufe (Harvester)

19,08 v.H.

Holzrückung

11,16 v.H.

Holztransport

23,47 v.H.

Verkauf von Hackschnitzeln

21,97 v.H.

Verkauf von Holzsortimenten

9

Der Insolvenzschuldner meinte, er sei nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige falsch eingeordnet, und beantragte zunächst, das Verfahren ruhen zu lassen, bis über die Einordnung durch das Statistische Landesamt abschließend entschieden sei. Der Beklagte beziehe sich in seiner Argumentation allein auf das Ergebnis des Klageverfahrens 1 K 331/01 beim Finanzgericht Sachsen-Anhalt. Das Statistische Landesamt hingegen sei unbeeinflusst von der im bisherigen Verfahren getroffenen Zuordnung.

10

Zutreffend sei hingegen die Zuordnung zum Wirtschaftszweig 20.10 „verarbeitendes Gewerbe - Holzgewerbe“ (Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003). Der Insolvenzschuldner führe ein holzverarbeitendes Unternehmen, er kaufe u.a. von Forstbetrieben Holzbestände auf, fälle diese und verarbeite sie darüber hinaus soweit, dass das Holz in unterschiedliche Weiterverarbeitungsstufen (Papierholz, Schwellen, Parkett etc.) weitergeleitet werden könne. Teilweise werde das Holz abhängig von der Qualität bereits endverarbeitet (Hackschnitzel oder Brennholz). Der „Stoff“ Baum werde mechanisch wesentlich verändert.

11

Er besitze keine eigenen Forstflächen. Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige werde unter Forstwirtschaft eingeordnet, wer Stammholz erzeuge. Auch das Statistische Bundesamt erfasse unter Forstwirtschaft die Forstbetriebe ausschließlich nach Erzeugungstatbeständen; die Erhebung erfolge im forstwirtschaftlichen Bereich ausschließlich nach ha-Waldfläche. Der Insolvenzschuldner hingegen sei weder Eigentümer von Waldflächen noch pachte er solche, noch betreibe er übliche Aufgaben eines Forstbetriebs, wie Anpflanzung, Pflege, Durchforstung, Bestandsaufnahme oder Holztaxierung. Er kaufe vielmehr stehende Bäume und führe die erste Verarbeitungsstufe aus.

12

Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige umfasse das verarbeitende Gewerbe die mechanische, physikalische oder chemische Umwandlung von Stoffen oder Teilen in Waren. Im Bereich der Forstwirtschaft habe sich ein Wandel dahingehend vollzogen, dass sich ein eigenes Gewerbe entwickelt habe, welches die Holzbestände von den Forstbetrieben aufkaufe und die erste Verarbeitungsstufe auf eigene Rechnung durchführe. Diese Betriebe seien aber keine Forstbetriebe, da das wesentliche Kriterium des eigenen Waldbestandes und der Erzeugung von Holz fehle. Abzustellen sei vielmehr darauf, dass ein Produkt aufgekauft und nach Bearbeitung weiterverkauft werde, wobei es nicht darauf ankomme, ob Holzpflöcke, Häcksel oder Latten hergestellt würden. Die Tätigkeit des Insolvenzschuldners führe zu einer wesentlichen Beschaffenheitsänderung, was nach der Verkehrsauffassung nur als Verarbeitung angesehen werden könne.

13

Im Übrigen gebe es eine Firma, die vergleichbare Tätigkeiten wie er ausführe. Wenn diese Investitionszulage erhalten habe, stünde die Zulage auch ihm zu.

14

Auch habe der Beklagte in einem weiteren Verfahren, welches sein Vater wegen einer Kfz-Steuerermäßigung für land- und forstwirtschaftliche Sonderfahrzeuge ebenfalls wegen eines Harvesters führte, die Auffassung vertreten, bei dem Harvester handele es sich nicht um eine forstwirtschaftliche Maschine und die Arbeiten mit dem Harvester seien als verarbeitende gewerbliche Tätigkeiten eingeordnet worden. Dies müsse im streitigen Verfahren auch gelten.

15

Auf eine fernmündliche Anfrage beim Statistischen Landesamt nahm dieses mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 eine Einordnung des Betriebs des Insolvenzschuldners unter die Klassifikation 02.01.0 - Forstwirtschaft - (Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003) vor. Dagegen legte dieser mit Schreiben vom 8. März 2006 Widerspruch ein und erhob, nachdem das Statistische Landesamt mit Schreiben vom 31. März 2006 mitgeteilt hatte, dass es an seiner Einordnung festhalten werde, am 12. Mai 2006 Klage beim Verwaltungsgericht (VG). Das Urteil des VG M. vom 26. September 2007 (Az: ...), nach welchem das Statistische Landesamt verpflichtet wurde, unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Dezember 2005 den Kläger dem Wirtschaftszweig 20.10 „Verarbeitendes Gewerbe - Holzgewerbe“ zuzuordnen, wurde durch Urteil des Oberverwaltungsgericht des Landes ... (OVG) vom 17. September 2009 (Az: ...) geändert und die Klage abgewiesen.

16

Zum Einen befand der zuständige Senat die Klage als kombinierte Anfechtungs-/Verpflichtungsklage für unstatthaft, da er die Einordnung des Betriebs in die Klassifikation der Wirtschaftszweige nicht als Verwaltungsakt ansah (unter 1.), zum Anderen entschied er, dass die hilfsweise erhobene Leistungsklage jedenfalls unbegründet sei, da das Statistische Landesamt den Betrieb des Klägers in der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) zutreffend dem Wirtschaftszweig „Forstwirtschaft“ zugeordnet habe (unter 2.2.). Begründet wurde dies damit, dass eine Zuordnung zu diesem Zweig nicht voraussetze, dass der Kläger über einen eigenen Waldbestand verfüge, sondern die Tätigkeit des Holzeinschlags der Forstwirtschaft zuzuordnen sei, dies aber eben keinen Waldbestand voraussetze, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der entscheidende Senat angeschlossen habe, zur Frage, ob die Zuordnung nach der WZ zutreffend ist, das Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken des Statistischen Bundesamts (GP) herangezogen werden könne und hiernach der Schwerpunkt des klägerischen Betriebs dem Bereich der Forstwirtschaft zuzuordnen sei. Des Weiteren stellte der entscheidende Senat auf das Urteil des FG vom 28. Oktober 2004 (1 K 331/01) ab, insbesondere zur Frage der Wertschöpfungsanteile des Jahres 2000, und schloss sich den Ausführungen des FG an.

17

Die mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2009 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 08. Juni 2010 (...) zurückgewiesen und nach dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2012 die eingelegte Verfassungsbeschwerde zurückgenommen.

18

Am 21. Juni 2010 wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet (Az: ... des Amtsgerichts ...). Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2010 hat der jetzige Kläger, der Insolvenzverwalter, das Verfahren wieder aufgenommen.

19

Der Kläger ist der Auffassung, die Einordnung des Statistischen Landesamtes dürfe für den vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend sein. Diese sei fehlerhaft und dürfe vom Beklagten nicht einer Entscheidung zugrunde gelegt werden, zumal der BFH in einer neueren Entscheidung (mit dem Az. ...) darauf hingewiesen habe, dass Steuerverwaltung und Finanzgericht überprüfen könnten, ob die Zuordnung richtig sei. Forstwirtschaft sei - so wiederholt der Kläger den bisherigen Vortrag - aber nach der WZ nur anzunehmen, wenn Stammholz erzeugt werde oder wild wachsende Erzeugnisse des Waldes gewonnen/gesammelt würden. Dies sei nicht der Fall, vielmehr übernehme der Harvester die Aufgabe eines mobilen Sägewerks, welches wiederum dem Wirtschaftszweig 20.10.0 - Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke - zuzuordnen sei, denn in 35 computergesteuerten Arbeitsschritten werde die erste Verarbeitungsstufe eines Sägewerks, nämlich Entästen und Zuschnitt zu Holzsortimenten, vorgenommen. Es liege daher insgesamt ein Gewerbebetrieb und kein Mischbetrieb vor.

20

Des Weiteren lasse sich feststellen, dass der Beklagte die Zuordnung durch das Statistische Landesamt nicht überprüft habe, hierzu aber nach dem Urteil des BFH vom 28. April 2010 (Az: ...) verpflichtet sei und eine Überprüfung die Fehlerhaftigkeit der Zuordnung aufgezeigt hätte.

21

Der Kläger beantragt, das beklagte Finanzamt zu verpflichten, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2006 eine Investitionszulage für das Jahr 2000 von 25 % für einen LKW mit einer Bemessungsgrundlage von 300.310 DM und einen Harvester mit einer Bemessungsgrundlage von 416.247 DM zu bewilligen.

22

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

23

Der Beklagte meinte hierzu, bezugnehmend auf das Urteil des FG vom 28. Oktober 2004 im Verfahren 1 K 331/01 sei der Betrieb des Insolvenzschuldners als nicht verarbeitend einzustufen. Ein Ruhensgrund sei nicht gegeben, da nicht davon auszugehen sei, dass das Statistische Landesamt eine abweichende Einordnung des Betriebs vornehmen werde, da dieses ebenso wie der Beklagte hierzu die Klassifikation der Wirtschaftszweige als Maßstab heranziehe. In Bezug auf das angeführte Vergleichsunternehmen sei in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Gewährung der Zulage erfüllt seien; in Bezug auf den Insolvenzschuldner sei dies jedenfalls zu verneinen.

24

Dem Senat hat die Investitionszulageakte 2000 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

25

I. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Investitionszulage, denn der Betrieb des Insolvenzschuldners ist zum einen ein Mischbetrieb und zum anderen gehört dieser nach den Angaben des Insolvenzschuldners zu den Wertschöpfungsanteilen im Streitjahr sowie im Vor- und den beiden Folgejahren jedenfalls nicht zum verarbeitenden Gewerbe, sondern überwiegend zur Forstwirtschaft. Der Begünstigungstatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 4a Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1999 ist daher nicht erfüllt.

26

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2005 sind u.a. abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter investitionszulagenbegünstigt, die in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes verbleiben, und Gebäude sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2005 investitionszulagenbegünstigt, wenn sie in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes verwendet werden.

27

a) Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes im Investitionszulagenrecht bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige (beispielhaft BFH-Urteil vom 22. September 2011 III R 14/09, BFH/NV 2012, 451), auch wenn der Gesetzgeber die Maßgeblichkeit der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige erstmals durch § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2010 ausdrücklich angeordnet hat. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat den Begriff des verarbeitenden Gewerbes auch für frühere Gesetzesfassungen nach der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Klassifikation bestimmt.

28

Da vorliegend über die Zulage für 2000 gestritten wird, ist die Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 maßgeblich.

29

b) Obwohl es sich bei der Klassifikation weder um ein Gesetz noch um eine Verordnung handelt, wird sie grundsätzlich wie ein Gesetz ausgelegt und angewendet, was nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auch nicht zu einer Verletzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG führt, denn es beeinträchtigt weder die Gesetzesbindung der Gerichte noch den Anspruch des Einzelnen auf wirksame gerichtliche Kontrolle, wenn die Konkretisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch gesetzliche Verweisung auf bestimmte Verwaltungsvorschriften oder untergesetzliche Regelwerke erfolgt oder wenn die konkretisierende Heranziehung solcher Vorschriften oder Regelwerke in vergleichbarer Weise auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011  1 BvR 857/07, HFR 2011, 903).

30

Die Verbindlichkeit der Klassifikation der Wirtschaftszweige für die Zuordnung von Betrieben zum verarbeitenden Gewerbe im Investitionszulagenrecht beruht auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage, da bereits die Gesetzesmaterialien zu früheren Fassungen des InvZulG eindeutig belegen, dass der Gesetzgeber bei deren Erlass von der verbindlichen Anwendung der Klassifikation bei der Zuordnung eines Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe ausging; die Anknüpfung an das Statistikrecht ist auch sachgerecht, da sie ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erzeugt als ein vom Statistikrecht abgelöstes, eigenes Verständnis des im Investitionszulagenrecht verwendeten Gesetzesbegriffs "verarbeitendes Gewerbe" (BFH, a.a.O.). Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die sich aus den regelmäßigen Überarbeitungen der statistischen Klassifikationen ergebende Dynamik (BVerfG, a.a.O.), aufgrund deren sich die Zuordnung von Tätigkeiten zu einem Wirtschaftszweig ändern kann.

31

c) In einem Rechtsstreit über die Frage, ob ein Betrieb zum verarbeitenden Gewerbe gehört, kann das Finanzgericht bei der Auslegung der Klassifikation und der Einordnung wirtschaftlicher Tätigkeiten auf das Expertenwissen der Statistikämter zurückgreifen, darf aber eine fehlerhafte statistische Einordnung nicht übernehmen, da eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf offensichtliche Fehler der Statistikämter den individuellen Rechtsschutz in einer mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbaren Weise schmälern würde (BVerfG, a.a.O.).

32

d) Für die Abgrenzung der von der Förderung ausgenommenen Wirtschaftszweige kommt es auf die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten an; bei sog. Mischbetrieben kommt es auf den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit an (BFH-Urteil vom 20. September 1999 III R 33/97, BFHE 190, 266, BStBl II 2000, 208), wobei der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit in erster Linie danach zu bestimmen ist, auf welche der einzelnen Tätigkeiten der größte Wertschöpfungsanteil entfällt, und hilfsweise daneben auch andere Kriterien herangezogen werden (BFHE 190, 266, BStBl II 2000). Für die Bestimmung der Wertschöpfungsanteile bei Mischbetrieben hat die Finanzverwaltung zugelassen, aus Vereinfachungsgründen den steuerbaren Umsatz (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UStG) der verschiedenen Tätigkeiten zugrunde zu legen oder sie konkret zu berechnen (BMF-Schreiben, BStBl I 1993, 904, Tz. 3)

33

Abzustellen ist auf die jeweiligen Wertschöpfungsanteile innerhalb des Verbleibenszeitraums. Da vom Kläger bislang lediglich eine Aufschlüsselung der Umsätze des Streitjahres vorgelegt wurde, kann auch nur diese herangezogen werden.

34

2. Nach eigenen Angaben erwirtschaftete der Insolvenzschuldner im Jahr 2000 54,55 v.H. der Umsätze und damit den größten Wertschöpfungsanteil im - nichtbegünstigten - forstwirtschaftlichen Bereich, nämlich durch Holzeinschlag, Holzrückung und Holztransport.

35

a) Der Insolvenzschuldner führte nach eigenen Angaben im Jahr 2000 verschiedene Tätigkeiten (Holzeinschlag und erste Verarbeitungsstufe [Harvester], Holzrückung, Holztransport, Verkauf von Hackschnitzeln sowie von Holzsortimenten) aus. Er generiert Umsätze aus den verschiedenen Tätigkeitsbereichen und führt folglich einen Mischbetrieb.

36

b) Die Forstwirtschaft umfasst nach der WZ 1993 unter 02 die Forstwirtschaft bis hin zur Erbringung von Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe (02.02.0). Das Holzgewerbe, welches dem verarbeitenden Gewerbe unterfällt, umfasst nach der WZ 1993 Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke (20.1), Furnier-, Sperrholz-, Holzfaserplatten- und Holzspanplattenwerke (20.2), die Herstellung von Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen, Ausbauelementen und Fertigteilbauten aus Holz (20.3), die Herstellung von Verpackungsmitteln und Lagerbehältern aus Holz (20.4) und Herstellung von Holzwaren a.n.g. sowie von Kork-, Flecht- und Korbwaren (20.5).

37

Die Tätigkeiten des Holzeinschlags, des Holzrückens und des Holztransports sind als Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe einzuordnen. Zwar enthält die WZ 1993 insoweit keine erläuternden Hinweise. Allerdings ergibt ein Vergleich der Unterklassen der Forstwirtschaft und des Holzgewerbes, was hierunter zu verstehen ist. Das Holzgewerbe umfasst bestimmte Werke, in denen Holz zugesägt, gehobelt und imprägniert wird, die Herstellung bestimmter Produkte wie Platten oder Fertigbauteile und die Produktion sonstiger Waren. Das Holzgewerbe ist dadurch charakterisiert, dass innerhalb eines bestimmten Produktionsprozesses, der zumindest die Stufe des werkmäßigen Zusägens, Hobelns oder Imprägnierens erreicht haben muss, ein Produkt hergestellt wird.

38

Folglich müssen zuvor erfolgte Verarbeitungsschritte der Forstwirtschaft bzw. der Erbringung von Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe zugeordnet werden. Hierunter dürfte zweifellos das Fällen der Bäume im Wald, das Zusägen und grobe Bearbeiten im Wald zur Vorbereitung des Transports, das Holzrücken und der Abtransport zu fassen sein. Aber auch weitere, möglicherweise automatisierte Verfahren im Zusammenhang mit dem Fällen, Zusägen und Abtransport aus dem Wald unterfallen nach Ansicht des Senats aufgrund des bestehenden Sachzusammenhangs den Dienstleistungen auf der forstwirtschaftlichen Erzeugerstufe. Dies betrifft beispielsweise das Vermessen des Baumes für ein ertragsoptimiertes Zerlegen und das Speichern von Wuchsformen, Länge, Durchmesser und Volumen des Holzes.

39

c) Auch ein Vergleich mit der ab 2003 geltenden Klassifikation ergibt, dass die Tätigkeiten Holzeinschlag und erste Verarbeitungsstufe unter Einsatz des Harvesters, Holzrückung, Holztransport der Forstwirtschaft und nicht etwa dem verarbeitenden Holzgewerbe unterfallen.

40

Die Forstwirtschaft umfasst nach der WZ 2003 unter 02.01.0 auch das Fällen von Bäumen und die Gewinnung von Rohholz in Form von Grubenholz, gespaltenen Holzpfählen, Pflöcken und Brennholz, dagegen nicht die Herstellung von Holzschnitzeln (20.10.0). Erfasst werden unter 02.02.0 die Waldbestandsaufnahme, die Holztaxierung und der Transport von Stämmen. Das verarbeitende Gewerbe umfasst nach der WZ2003 unter 20.10.0 dagegen das Sägen, Hobeln und maschinelle Bearbeiten von Holz, die Herstellung von Eisenbahnschwellen aus Holz die Herstellung von Einzelteilen für Bodenbeläge aus Holz. Erfasst werden unter der Klasse 20.2 die Furnier-, Sperrholz-, Holzfaserplatten- und Holzspanplattenwerke, unter der Klasse 20.3 die Herstellung von Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen, Ausbauelementen und Fertigteilbauten aus Holz, unter der Klasse 20.4 die Herstellung von Verpackungsmitteln und Lagerbehältern und unter der Klasse 20.5 die Herstellung von Holzwaren sowie Kork-, Flecht- und Korbwaren.

41

Nach dieser Klassifikation unterfallen die Tätigkeiten des Fällens der Bäume, über deren Entastung bis hin zur Zerteilung in kleinere, insbesondere transportfähige Stammabschnitte, der Forstwirtschaft. An der Zuordnung hat sich im Vergleich zur WZ 1993 nichts geändert.

42

Der streitgegenständliche Harvester dient der Gewinnung verschiedener Formen von Rohholz. Damit ist er insbesondere nicht als mobiles Sägewerk zu klassifizieren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es aus dem gewonnenen Rohholz durch weitere Verarbeitungsschritte (durch Sägen und Hobeln) Produkte herstellt, wie beispielsweise hölzerne Eisenbahnschwellen oder Bodenbeläge. Auch die Klassen 20.2 bis 20.5 beider Klassifikationen zeigen, dass verarbeitendes Gewerbe erst vorliegt, wenn aus dem Rohholz Produkte hergestellt werden, wie hölzerne Platten, Konstruktions- bzw. Bauteile oder Lagerungsbehälter. Der Harvester hingegen ist nach dessen Beschreibung lediglich in der Lage, die Rohholzgewinnung zu optimieren, indem er den Zuschnitt anpasst.

43

Dass der Insolvenzschuldner kein eigenes Stammholz erzeugt, ist für die Einordnung nach der WZ 2003 irrelevant, da die Zuordnung des Betriebs zum forstwirtschaftlichen Bereich die Stammholzerzeugung nicht voraussetzt. Es handelt sich dabei um eines von mehreren Merkmalen, die auch nicht kumulativ vorliegen müssen.

44

Ob sich ein eigenes „Gewerbe“ damit beschäftigt, bestimmte Arbeiten durchzuführen, sich mit anderen Worten eine eigene Branche entwickelt hat, ist für die Frage der Einordnung nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige ebenso unerheblich wie die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung von Fahrzeugen des Vaters des Insolvenzschuldners, zumal die kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung nach § 3 Nr. 7 Kraftfahrzeugsteuergesetz einen ausschließlichen Einsatz im begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Bereich erfordert, der bei einem teils gewerblichen Betrieb durchaus nicht gegeben sein kann.

45

3. Auch die weiteren Einwände sind unbeachtlich. So ist unerheblich, ob ein anderes, möglicherweise vergleichbares Unternehmen Investitionszulage erhalten hat. Der Vortrag ist einerseits zu pauschal, andererseits kann gerade darin, dass die Unternehmen vergleichbar sind, aber eben nicht gleich, der entscheidende Unterschied liegen.

46

Unverständlich ist die Ausführung, der Beklagte habe sich nicht mit der Klassifikation des Statistischen Landesamtes auseinandergesetzt, obwohl er hierzu verpflichtet sei. Denn der Beklagte hat sich einerseits anhand der Klassifikation ein eigenes Urteil gebildet, andererseits deckte sich seine Beurteilung mit der später vom Statistischen Landesamt getroffenen.

47

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


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published on 22/09/2011 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine zu einer Firmengruppe gehörende GmbH, wurde am 3. Januar 2005 gegründet. Ihre Muttergesellschaft hatt
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(1) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung (Fünfjahreszeitraum)

1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,
2.
in einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes oder eines Betriebs der produktionsnahen Dienstleistungen im Fördergebiet verbleiben,
3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden
und soweit es sich um Erstinvestitionen im Sinne des Absatzes 3 handelt. Wird ein nach Satz 1 begünstigtes Wirtschaftsgut von einem Betrieb, der nicht zum verarbeitenden Gewerbe oder den produktionsnahen Dienstleistungen gehört, zur Nutzung überlassen, hat der Anspruchsberechtigte durch eine Bescheinigung der zuständigen Bewilligungsbehörde für die Gewährung von Investitionszuschüssen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur für die gewerbliche Wirtschaft" nachzuweisen, dass die Investitionszulage in vollem Umfang auf das Nutzungsentgelt angerechnet worden ist. Als eine Privatnutzung im Sinne des Satzes 1 Nr. 3 gilt auch die Verwendung von Wirtschaftsgütern, die zu einer verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes führt. Ersetzt der Anspruchsberechtigte ein begünstigtes bewegliches Wirtschaftsgut vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums durch ein mindestens gleichwertiges neues abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut, ist Satz 1 Nr. 1 bis 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die verbleibende Zeit des Fünfjahreszeitraums das Ersatzwirtschaftsgut an die Stelle des begünstigten beweglichen Wirtschaftsguts tritt. Nicht begünstigt sind geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes, Luftfahrzeuge und Personenkraftwagen. Beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des begünstigten beweglichen Wirtschaftsguts weniger als fünf Jahre, tritt diese Nutzungsdauer an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren. Betriebe der produktionsnahen Dienstleistungen sind die folgenden Betriebe:
a)
Betriebe der Datenverarbeitung und Datenbanken,
b)
Betriebe der Forschung und Entwicklung,
c)
Betriebe der Markt- und Meinungsforschung,
d)
Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung,
e)
Ingenieurbüros für technische Fachplanung,
f)
Büros für Industrie-Design,
g)
Betriebe der technischen, physikalischen und chemischen Untersuchung,
h)
Betriebe der Werbung und
i)
Betriebe des fotografischen Gewerbes.
Hat ein Betrieb Betriebsstätten im Fördergebiet und außerhalb des Fördergebiets, gelten für die Einordnung des Betriebs in das verarbeitende Gewerbe oder in die produktionsnahen Dienstleistungen die gesamten Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb. Satz 1 gilt nur, soweit in den sensiblen Sektoren, die in der Anlage 1 zu diesem Gesetz aufgeführt sind, die Förderfähigkeit nicht ausgeschlossen ist. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Durchführung der von den Organen der Europäischen Gemeinschaften erlassenen Rechtsvorschriften die Liste der sensiblen Sektoren im Sinne des Satzes 9 (Anlage 1 zu diesem Gesetz), in denen die Europäische Kommission die Förderfähigkeit ganz oder teilweise ausgeschlossen hat, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzupassen.

(2) Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung neuer Gebäude, Eigentumswohnungen, im Teileigentum stehender Räume und anderer Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (Gebäude), bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung sowie die Herstellung neuer Gebäude, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes oder in einem Betrieb der produktionsnahen Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 verwendet werden und soweit es sich um Erstinvestitionen handelt. Im Fall der Anschaffung kann Satz 1 nur angewendet werden, wenn kein anderer Anspruchsberechtigter für das Gebäude Investitionszulage in Anspruch nimmt. Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend.

(3) Erstinvestitionen sind die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die einem der folgenden Vorgänge dienen:

1.
Errichtung einer neuen Betriebsstätte,
2.
Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte,
3.
grundlegende Änderung eines Produkts oder eines Produktionsverfahrens eines bestehenden Betriebs oder einer bestehenden Betriebsstätte oder
4.
Übernahme eines Betriebs, der geschlossen worden ist oder geschlossen worden wäre, wenn der Betrieb nicht übernommen worden wäre.

(4) Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte nach dem 24. März 2004 und vor dem 1. Januar 2007 begonnen und nach dem 31. Dezember 2004 und vor dem 1. Januar 2007 abgeschlossen hat oder nach dem 31. Dezember 2006 abschließt, soweit vor dem 1. Januar 2007 Teilherstellungskosten entstanden oder im Fall der Anschaffung Teillieferungen erfolgt sind. Investitionen sind in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Wirtschaftsgüter bestellt oder herzustellen begonnen worden sind. Gebäude gelten in dem Zeitpunkt als bestellt, in dem über ihre Anschaffung ein rechtswirksam abgeschlossener obligatorischer Vertrag oder ein gleichstehender Rechtsakt vorliegt. Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden. Investitionen sind in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt worden sind.

(5) Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen. In die Bemessungsgrundlage können die im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten und entstandenen Teilherstellungskosten einbezogen werden. In den Fällen des Satzes 2 dürfen im Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Bemessung der Investitionszulage nur berücksichtigt werden, soweit sie die Anzahlungen oder Teilherstellungskosten übersteigen. § 7a Abs. 2 Satz 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.

(6) Die Investitionszulage beträgt vorbehaltlich des Satzes 2

1.
12,5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage,
2.
15 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, wenn es sich um Investitionen in Betriebsstätten im Randgebiet nach der Anlage 2 zu diesem Gesetz handelt.
Bei Investitionen, auf die der multisektorale Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben vom 13. Februar 2002 (ABl. EG Nr. C 70 S. 8), geändert durch die Mitteilung der Kommission vom 1. November 2003 (ABl. EU Nr. C 263 S. 3), anzuwenden ist, ist Satz 1 nur insoweit anzuwenden, als der jeweils beihilferechtlich geltende Regionalförderhöchstsatz durch die Gewährung von Investitionszulagen nicht überschritten wird.

(7) Die Investitionszulage erhöht sich vorbehaltlich des Satzes 2 für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des Absatzes 1 entfällt, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter während des Fünfjahreszeitraums in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EG Nr. L 107 S. 4), ersetzt durch die Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 S. 36), erfüllt, auf

1.
25 vom Hundert der Bemessungsgrundlage,
2.
27,5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, wenn es sich um Investitionen in Betriebsstätten im Randgebiet nach der Anlage 2 zu diesem Gesetz handelt,
3.
20 vom Hundert der Bemessungsgrundlage bei Investitionen in Betriebsstätten im Land Berlin und in Gemeinden des Landes Brandenburg, die zur Arbeitsmarktregion Berlin nach der Anlage 3 zu diesem Gesetz gehören.
Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Begünstigte Betriebe sind:

1.
Betriebe des verarbeitenden Gewerbes;
2.
Betriebe der folgenden produktionsnahen Dienstleistungen:
a)
Rückgewinnung,
b)
Bautischlerei und Bauschlosserei,
c)
Verlegen von Büchern und Zeitschriften; sonstiges Verlagswesen (ohne Software),
d)
Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie,
e)
Datenverarbeitung, Hosting und damit verbundene Tätigkeiten; Webportale,
f)
Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung,
g)
Ingenieurbüros für technische Fachplanung und Ingenieurdesign,
h)
technische, physikalische und chemische Untersuchung,
i)
Forschung und Entwicklung,
j)
Werbung und Marktforschung,
k)
Fotografie,
l)
Reparatur von Telekommunikationsgeräten;
3.
folgende Betriebe des Beherbergungsgewerbes:
a)
Hotels, Gasthöfe und Pensionen,
b)
Erholungs- und Ferienheime,
c)
Jugendherbergen und Hütten,
d)
Campingplätze.
Die Zuordnung eines Betriebs zu dem verarbeitenden Gewerbe, den produktionsnahen Dienstleistungen und dem Beherbergungsgewerbe ist nach der vom Statistischen Bundesamt in 65189 Wiesbaden, Gustav-Stresemann-Ring 11, herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008), vorzunehmen. Hat ein Betrieb Betriebsstätten innerhalb und außerhalb des Fördergebiets, gelten für die Einordnung des Betriebs in das verarbeitende Gewerbe, die produktionsnahen Dienstleistungen oder das Beherbergungsgewerbe alle Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb.

(2) § 2 Abs. 1 und 2 gilt für Erstinvestitionsvorhaben in Betriebsstätten in den in der Anlage 1 zu diesem Gesetz aufgeführten Teilen des Landes Berlin nur, wenn der anspruchsberechtigte begünstigte Betrieb im Sinne des Absatzes 1 im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 erfüllt. § 2 Abs. 1 und 2 gilt nur, soweit die Förderfähigkeit in den sensiblen Sektoren, die in der Anlage 2 zu diesem Gesetz aufgeführt sind, nicht eingeschränkt oder von vornherein ausgeschlossen ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.