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| Die zulässige Klage ist begründet. Der Einfuhrabgabenbescheid des HZA vom 18. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO- ). Zwar sind für die Waren Einfuhrabgaben wegen vorschriftswidrigen Verbringens entstanden, die Klägerin ist jedoch nicht Schuldnerin der Abgaben. |
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| 1. Für die sechs Paletten (1.040 kg netto, 1.233 kg brutto) P ist nach Aktenlage gemäß Art. 202 Abs. 1 Zollkodex (Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZK -) durch vorschriftswidriges Verbringen eine Zollschuld entstanden, die nach Art. 218 Abs. 3 ZK buchmäßig zu erfassen war. Die Vorschriften für Zölle gelten für die Einfuhrumsatzsteuer sinngemäß (§ 21 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes). |
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| Nach Art. 202 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht wird. Vorschriftswidriges Verbringen im Sinne der Vorschrift bedeutet jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der einzuhaltenden Pflichten wie u.a. derjenigen aus Art. 38 bis 41 ZK. Diese Pflichten wurden verletzt, indem unstreitig gegenüber den deutschen Zollbehörden bei der Einfuhr der Waren keine Gestellungsmitteilung abgegeben wurde. |
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| In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob sich deutsche Zollbeamte am Zollamt K aufgehalten haben oder nicht. Denn bei der Gestellung handelt es sich um die Mitteilung an die Zollbehörden in der jeweils vorgeschriebenen Form, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden (Art. 4 Nr. 19 ZK). Somit handelt es sich bei der Gestellungsmitteilung um eine zugangsbedürftige Mitteilung (vgl. Rogmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Art. 40 ZK, Rn. 28; Kampf in Witte, Zollkodex Art. 40 Rn. 3). Am Zugang einer solchen Mitteilung fehlt es jedoch, wenn die Zollbehörden - aus welchem Grund auch immer - keine Kenntnis von der Ankunft der Waren erhalten. Das reine Vorfahren auf dem Amtsplatz genügt jedenfalls außerhalb des Reiseverkehrs nicht (vgl. Rogmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Art. 40 ZK, Rn. 28). |
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| Die Gestellung beim Schweizer Zoll vermag die fehlende Gestellung bei der deutschen Zollstelle nicht zu ersetzen. Unerheblich ist auch, ob und ggf. wie lange der Fahrer und B versucht haben, deutsche Zollbeamte zu finden. Denn ohne Gestellung und ordnungsgemäße Abfertigung hätten die Waren nicht in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden dürfen. Dies gilt auch für den Fall, dass tatsächlich kein deutscher Zollbeamter vor Ort gewesen sein sollte. Ein Verzicht auf die Gestellung „wegen Vollzugsdefizits“, wie die Klägerin vorträgt, ist in den Zollvorschriften nicht vorgesehen. |
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| Die fehlende Gestellung kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass der Fahrer nach Bemerken seines Irrtums wieder zum Zollamt K zurückfahren wollte, oder dadurch, dass sie zum Zollamt L gefahren sind und die dort diensthabenden Beamten eine weitere zollrechtliche Behandlung durch das Zollamt E angeordnet haben. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Tatbestand des vorschriftswidrigen Verbringens bereits erfüllt, weshalb entgegen der Auffassung der Klägerin keine die Zollschuldentstehung nach Art. 202 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 ZK hindernde Gestellung der Waren mehr erfolgen konnte. |
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| Die Gestellung durfte auch nicht im Hinblick auf Art. 39 ZK unterbleiben. In Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift heißt es, „Kann die Verpflichtung nach Artikel 38 Absatz 1 infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt nicht erfüllt werden, so unterrichtet die Person, der diese Verpflichtung obliegt, oder jede andere an ihrer Stelle handelnde Person die Zollbehörden unverzüglich von dieser Sachlage.“ Anders als die Klägerin meint, bezieht sich diese Vorschrift nicht auf die Gestellungspflicht nach Art. 40 ZK, deren Verletzung vorliegend zu der Zollschuldentstehung führt, sondern auf die in Art. 38 ZK geregelte Beförderungspflicht. Damit ist schon der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht gegeben, denn gegen die Beförderungspflicht wurde gerade nicht verstoßen. Vielmehr wurden die Waren zu Öffnungszeiten zu einer für den gewerblichen Warenverkehr zugelassenen Zollstelle verbracht. |
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| 2. Die Klägerin ist jedoch nicht Zollschuldnerin geworden. |
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| a) Nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich ZK sind u.a. die Personen Zollschuldner, welche die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht haben. Die Klägerin ist danach nicht Zollschuldnerin, da sie die Ware nicht vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat. |
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| Eine Zollschuldnerschaft der Klägerin nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich ZK ist entgegen ihrer Ansicht allerdings nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei ihr um eine juristische Person handelt. Art. 202 Absatz 3 erster Gedankenstrich ZK schränkt den Begriff der „Person“ nicht auf natürliche Personen ein. Daher können nach der Definition des Art. 4 Nr. 1 ZK auch im Rahmen des Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich ZK sowohl natürliche als auch juristische Personen Waren vorschriftswidrig verbracht haben (Urteile des EuGH vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - Rn. 26, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des EuGH und des Gerichts erster Instanz - Slg. - 2004, I-8633, ZfZ 2004, 371, HFR 2005, 73, AW-Prax 2005, 210; vom 3. März 2005 Rs. C-195/03 – Papismedov - Rn. 39, Slg. 2005, I-1667; HFR 2005, 603, ZfZ 2005, 192). |
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| Die Klägerin hat die Ware jedoch nicht vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht. Vorschriftswidriges Verbringen ist nach Art. 202 Abs. 1 Satz 2 ZK jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Art. 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich ZK. Anknüpfend an die Gestellungspflicht ist danach zunächst der Fahrer und ggf. weitere Insassen des Fahrzeugs, mit dem die Waren vorschriftswidrig verbracht wurden, Zollschuldner (vgl. zur Gestellungspflicht und Zollschuldnerschaft des Beifahrers Urteil des EuGH vom 4. März 2004 Rs. C-238/02 und C-246/02 - Viluckas und Jonusas -, Slg. 2004, I-2141, ZfZ 2004, 159, HFR 2004, 592). Die Klägerin selbst hat die Waren jedoch weder selbst befördert noch war sie gestellungspflichtig. Zwar wurden die Waren auf ihrem LKW und in ihrem Auftrag transportiert; nach Art. 40 ZK hat jedoch die Person die Waren zu gestellen, die sie zum Eingang des Zollgebiets verbracht hat oder die ggf. die Verantwortung für den Weitertransport von dieser übernimmt, z. B. im Falle einer Umladung (vgl. Rogmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Art. 40 ZK, Rn. 30 und Art. 38-39 ZK Rz. 20). Gestellungspflichtig sind demnach die Personen, die die Herrschaft über das Fahrzeug im Zeitpunkt der Verbringung haben, nämlich u. a. derjenige, der das Fahrzeug lenkt, und sein Beifahrer oder Ersatzmann, sofern er sich im Fahrzeug befindet. Darüber hinaus besteht eine Anmeldepflicht für eine andere Person grundsätzlich nur dann, wenn sie sich im Fahrzeug befindet, und nachgewiesen ist, dass sie hinsichtlich der Verbringung der Waren Verantwortung trägt (EuGH-Urteil vom 4. März 2004 in den verbundenen Rs. C-238/02 und C-246/02, C-238/02, C-246/02 - Viluckas und Jonusas -, Rz. 23, Slg. 2004, I-2141,ZfZ 2004, 159, HFR 2004, 592). Somit ist der gestellungspflichtige Personenkreis - außer im Falle der Übernahme des Weitertransports - zunächst grundsätzlich auf die beim Transport anwesenden Personen beschränkt. Dazu gehört die Klägerin jedoch nicht. |
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| Allerdings hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - (Slg. 2004, I-8633, ZfZ 2004, 371, HFR 2005, 73, AW-Prax 2005, 210) den Kreis derjenigen Personen, die eine Ware vorschriftswidrig verbringen, noch einmal erweitert und auch einen Dienstgeber als Schuldner der Zollschuld nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich ZK angesehen, wenn er als derjenige angesehen werden kann, der mit seinem Verhalten den Grund für das vorschriftswidrige Verbringen der Ware gesetzt hat. Damit kann auch ein Dienstgeber Schuldner der Zollschuld nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich ZK sein, obwohl er die Waren nicht selbst verbracht hat. Voraussetzung dafür ist, dass das vorschriftswidrige Verbringen unmittelbare Folge seines Verhaltens ist. Um eine Zollschuldnerschaft als Verbringer von einer solchen wegen Beteiligung am Verbringen abzugrenzen, muss das Verhalten des Dienstgebers einem eigenhändigen Verbringen vergleichbar sein. Denn nur in diesem Fall kann dieser als derjenige angesehen werden, der selbst die Ware vorschriftswidrig verbracht hat und aus diesem Grund - allein oder gesamtschuldnerisch mit seinem Dienstnehmer - Schuldner der Zollschuld wird (vgl. Urteile des EuGH vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - Rn. 29, Slg. 2004, I-8633, ZfZ 2004, 371, HFR 2005, 73, AW-Prax 2005, 210 und vom 3. März 2005 Rs. C-195/03 – Papismedov - Rn. 39, Slg. 2005, I-1667; HFR 2005, 603, ZfZ 2005, 192). |
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| Ein solches ursächliches Verhalten, das es rechtfertigen würde, die Klägerin als diejenige anzusehen, die die Ware selbst vorschriftswidrig verbracht hat, kann ihr jedoch nicht vorgehalten werden. Selbst wenn man mit dem HZA davon ausginge, dass sie ihre Fahrer hinsichtlich der zollrechtlichen Abfertigung nicht hinreichend belehrt hat, wäre dies nicht als Grund für das vorschriftswidrige Verbringen der Ware anzusehen. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass der Fahrer im vorliegend zu beurteilenden Fall bei einer ausführlichen Belehrung die Waren nicht ohne deutsche Abfertigung in das Zollgebiet verbracht hätte. Ein Zusammenhang zwischen der möglicherweise nicht erfolgten Belehrung und dem vorschriftswidrigen Verbringen in der Weise, dass ihr Fehlen als Grund für das vorschriftswidrige Verbringen angesehen werden muss, und die Klägerin mit demjenigen vergleichbar wäre, der selbst die Ware vorschriftswidrig verbracht hat, kann im Streitfall nicht hergestellt werden. Denn immerhin war es nicht die erste Fahrt des Fahrers F, bei der dieser Drittlandsware aus der Schweiz in das Zollgebiet der EU verbracht hat. Auch hatte sie für eine Überwachung des Fahrers durch den Dispatcher gesorgt, die eine ordnungsgemäße Abwicklung des Transports gewährleisten sollte. |
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| Die der Klägerin von der Zollverwaltung vorgeworfene unterbliebene Belehrung wäre daher - ein entsprechendes Verhalten unterstellt - allenfalls als Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen im Sinne des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich ZK anzusehen. |
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| b) Die Klägerin ist jedoch auch nicht nach Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich ZK Schuldnerin der Abgaben. |
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| Nach dieser Regelung sind Zollschuldner die Personen, die am vorschriftswidrigen Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln. Die Einstufung als Zollschuldner nach dieser Vorschrift setzt somit objektiv die Beteiligung an dem fraglichen Verbringen und subjektiv Wissen oder ein Wissenmüssen vom vorschriftswidrigen Verbringen der Waren voraus (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteil vom 3. März 2005 Rs. C-195/03 – Papismedov - Rn. 40, Slg. 2005, I-1667; HFR 2005, 603, ZfZ 2005, 192). |
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| Die Klägerin war zwar objektiv am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt; ihr kann jedoch nicht nachgewiesen werden, dass sie wusste oder hätte wissen müssen, dass sie mit ihrem Verhalten vorschriftswidrig handelt. |
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| (1) Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH zur Zollschuldnerschaft nach Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich ZK setzt eine Beteiligung voraus, dass die Person in irgendeiner Weise an diesem Verbringen mitgewirkt hat (vgl. Urteil des EuGH vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - Rn. 27, Slg. 2004, I-8633, ZfZ 2004, 371, HFR 2005, 73, AW-Prax 2005, 210). Dabei kann es insbesondere im Falle eines Dienstgebers schon ausreichen, dass das vorschriftswidrige Verbringen der Waren mit den Mitteln oder dem Personal seines Unternehmens erfolgt (Urteil des EuGH vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - Rn. 30). In seiner Entscheidung vom 17. November 2011 C-454/10 - Jestel - ist der EuGH noch weiter gegangen und hat ausdrücklich entschieden, dass es eines direkten Beitrags zum vorschriftswidrigen Verbringen nicht bedarf und die Beteiligung an einer Handlung ausreicht, die mit diesem Verbringen in Zusammenhang steht (Rn. 17 des Urteils, Slg. 2011, I-11725, HFR 2012, 108, ZfZ 2012, 47, AW-Prax 2012, 143, 309). |
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| Das bedeutet auf der anderen Seite jedoch nicht, dass jede Person, die in irgendeinem noch so entfernten Zusammenhang mit dem Verbringen der Ware über die Grenze steht, wie das Vermieten von Büroräumen oder das Bereitstellen von Computerprogrammen zur Abwicklung der Logistik, als am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt anzusehen ist (so aber offenbar Witte, der auch in diesen Fällen eine Eingrenzung unter Berufung auf das Jestel-Urteil ausschließlich über die subjektiven Voraussetzungen des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich ZK vornimmt; Witte, Anmerkung zum EuGH-Urteil vom 17. November 2011 C-454/10 - Jestel -, AW-Prax 2012, 146 ff.). |
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| Vorliegend kann der Senat offenlassen, welche Handlungen im Einzelnen zu einer objektiven Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen führen können, denn jedenfalls mit dem Verbringen der Ware durch einen bei der Klägerin angestellten Fahrer mit einem ihrer Firmenfahrzeuge ist diese am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt (vgl. EuGH-Urteil vom 23. September 2004 Rs. C-414/02 - Spedition Ulustrans - Rn. 30). |
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| (2) Für eine Inanspruchnahme als Zollschuldnerin fehlt es jedoch an der subjektiven Voraussetzung des Wissens oder Wissenmüssens. |
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| Positive Kenntnis vom vorschriftswidrigen Verbringen kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Sie wusste nicht, dass der Fahrer die Zollpapiere lediglich bei der Schweizer Zollabfertigung, nicht aber bei der deutschen Einfuhrabfertigung vorlegen würde. Erst als der Lkw bereits eine halbe Stunde innerhalb Deutschlands auf der Autobahn unterwegs war, erhielt die Klägerin Kenntnis vom vorschriftswidrigen Verbringen. Das reicht aber für die Erfüllung der für eine Zollschuldnerschaft erforderlichen subjektiven Voraussetzung des positiven Wissens nicht aus. Denn der Wortlaut der Vorschrift stellt ausdrücklich auf die Kenntnis des Zusammenhangs zwischen der Beteiligungshandlung und dem vorschriftswidrigen Verhalten ab („obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln“). |
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| Bei der Beurteilung, ob ein Beteiligter vom vorschriftswidrigen Verbringen der Ware im Sinne des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich ZK vernünftigerweise hätte wissen müssen, ist auf das Verhalten eines verständigen und sorgfältigen Wirtschaftsteilnehmers abzustellen. Daher kommt es darauf an, ob die Klägerin alles unternommen hat, was vernünftigerweise von ihr erwartet werden kann, um sicherzustellen, dass die fraglichen Waren nicht vorschriftswidrig verbracht werden, insbesondere, ob sie den Fahrer darüber informiert hat, dass er die Waren beim Zoll anmelden muss (vgl. EuGH in dem einen Internetvermittler betreffenden Urteil vom 17. November 2011 C-454/10 - Jestel - Rz. 22, 24, Slg 2011, I-11725, HFR 2012, 108, ZfZ 2012, 47). |
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| Vorliegend hat die Klägerin alles getan, was vernünftigerweise von ihr verlangt werden kann, um für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Zollformalitäten zu sorgen. |
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| Sie hat zwar nicht nachgewiesen, dass sie ihre Fahrer, namentlich auch F, allgemein über die zollrechtliche Abwicklung von Transporten aus Drittländern in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingewiesen hat. Der Zeuge M konnte lediglich bestätigen, dass die Fahrer angewiesen waren, sich an die eingeschaltete Spedition an der Grenze zu wenden und bei Problemen Kontakt zum zuständigen Dispatcher aufzunehmen. Die Klägerin hat jedoch auf andere Weise alles ihr vernünftigerweise Zumutbare getan, um ein vorschriftswidriges Verbringen von Waren zu verhindern. So hat der Zeuge M bei seiner Vernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf entsprechende Nachfrage mehrfach ausgesagt, dass die Fahrer angewiesen seien, die Zollstelle nicht zu verlassen, bevor der Dispatcher seine Zustimmung erteilt hat. Dies hält der Senat für glaubhaft. Allein daraus, dass der Fahrer F im vorliegenden Fall ohne diese Zustimmung abzuwarten weitergefahren ist, kann nicht automatisch geschlossen werden, dass es keine solche Anweisung gegeben hat. Die Tatsache, dass der Dispatcher, der Zeuge M, sobald er den Grenzübertritt des Fahrzeugs anhand des Car Control Systems bemerkt hatte, nicht nur Kontakt mit dem Fahrer aufgenommen hat, sondern sich - ungeachtet der Auskunft, es sei alles in Ordnung - per Mobiltelefon ein Foto des Laufzettels schicken ließ, zeugt von einer verantwortungsvollen Überwachung des Fahrers durch den Dispatcher. Auch dessen Reaktion nach Feststellen der fehlenden deutschen Abfertigung ist nicht zu beanstanden. Vielmehr hat er alles getan, um den Fehler des Fahrers zu bereinigen. Aufgrund dieser Tatsachen und der Aussage des Zeugen M ist der Senat davon überzeugt, dass vorliegend tatsächlich eine Anweisung des Dispatchers an den Fahrer F bestand, den Amtsplatz der Zollstelle nicht zu verlassen, bevor er eine Freigabe erteilt hat. |
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| Mit der vorliegend durchgeführten Überwachung des Fahrers durch den zuständigen Dispatcher hat die Klägerin die ihr obliegenden Pflichten zur Verhinderung eines vorschriftswidrigen Verbringens der Waren erfüllt. Der Vorbehalt der Freigabe für die Weiterfahrt nach der Abfertigung an der Zollstelle stellt eine effektive Form der Kontrolle dar, da auf diese Weise eine ordnungsgemäße zollrechtliche Abfertigung - anders als bei einer reinen Vorabinformation über die einzuhaltenden Vorschriften - grundsätzlich auch bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten gewährleistet werden kann. Allerdings setzt das Funktionieren eines solchen Kontrollsystems immer voraus, dass sich die Fahrer auch an die Anweisung halten. Dies ist bei der von der Zollverwaltung geforderten zollrechtlichen Einweisung vor Fahrtantritt nicht anders. In keinem Fall kann ein Fehlverhalten der Fahrer gänzlich ausgeschlossen werden. Somit hat die Klägerin im Sinne der Rechtsprechung des EuGH alles getan, was vernünftigerweise von ihr verlangt werden kann, um für eine ordnungsgemäße Abwicklung zu sorgen. |
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| Da sie somit nicht Schuldnerin der Abgaben ist, war der Bescheid ihr gegenüber aufzuheben. |
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| Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. |
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