Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 11. Feb. 2010 - 9 KSt 3/10

bei uns veröffentlicht am11.02.2010

Gründe

I.

1

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung über die Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen am 22. April 2009 wurden neben der Klage des Klägers gleichzeitig drei weitere Klagen anderer Kläger gegen denselben Planfeststellungsbeschluss aufgerufen (BVerwG 9 A 71.07, 73.07 und 74.07). Der Beklagte war bei Aufruf aller vier Sachen durch einen seiner prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte vertreten. Der Vorsitzende stellte zunächst die für die Beteiligten jeweils anwesenden Personen fest und verkündete dann den Beschluss, dass alle vier Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung verbunden würden. Die Verhandlung über das Verfahren BVerwG 9 A 73.07 wurde später wieder abgetrennt. Durch Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage des Klägers abgewiesen und die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt. Durch gesonderten Beschluss hat es den Wert des Streitgegenstandes auf 15 000 € festgesetzt. In den anderen drei Verfahren wurden Streitwerte von 30 000 €, 45 000 € und 60 000 € bestimmt.

2

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die aufgrund des rechtskräftigen Urteils vom 13. Mai 2009 vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten durch Beschluss vom 21. Dezember 2009 festgesetzt und dabei eine Terminsgebühr nach dem Wert von 15 000 € berücksichtigt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Entscheidung des Gerichts.

II.

3

Die Erinnerung des Klägers ist gemäß §§ 151, 165 VwGO zulässig, jedoch unbegründet. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für das Klageverfahren des Klägers zu Recht eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG aus dem Einzelstreitwert dieses Verfahrens zugunsten des Beklagten in Ansatz gebracht. Diese Gebühr war bereits vor der Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung entstanden und kann von dieser schon deshalb nicht mehr beeinflusst werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 17. April 2007 - 4 C 07.659 - NVwZ-RR 2008, S. 504; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 3104 Rn. 92). Nach Abs. 3 der Vorbemerkung zum Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Es genügt dafür, dass dieser Termin stattfindet und der Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist (vgl. Müller-Rabe, a.a.O. VV Vorb. 3 Rn. 30). Beide Voraussetzungen waren erfüllt, als der Vorsitzende am 22. April 2009 den Verbindungsbeschluss verkündete. Denn der Verhandlungstermin hatte mit dem Aufruf der Sache begonnen, und zu diesem Zeitpunkt war einer der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte des Beklagten ausweislich der Sitzungsniederschrift vertretungsbereit anwesend. Der vom Kläger hiergegen ins Feld geführten abweichenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 17. August 2006 - 3 S 1425/06 - NVwZ-RR 2006, S. 855), wonach die Terminsgebühr bei einer solchen Fallgestaltung aus der Summe der Einzelstreitwerte der verbundenen Verfahren zu errechnen und bei der Kostenerstattung auf die Verfahren aufzuteilen ist, kann sich der Senat nicht anschließen. Denn sie lässt außer Acht, dass die Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert - wie dargelegt - bereits entstanden war, bevor die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Aug. 2006 - 3 S 1425/06

bei uns veröffentlicht am 17.08.2006

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2006 - 16 K 3345/03 - geändert. Die Erinnerung der Beigeladenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des V
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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Nov. 2016 - L 5 SF 91/15 B E

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

Tenor Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 10. März 2015 geändert. Die dem Beschwerdeführer noch zu zahlende Vergütung für seine Tätigkeit im Verfahren S 8 R 437/10 wird auf 338,16 EUR festges

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Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2006 - 16 K 3345/03 - geändert. Die Erinnerung der Beigeladenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. April 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 766,20 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Klägerin (vgl. § 146 Abs. 1 und 3 VwGO) ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 11.5.2006 zum Nachteil der Klägerin den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts vom 18.4.2006 abgeändert und die von der Klägerin an die Beigeladene zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens von 2.905,02 EUR auf 3.671,22 EUR heraufgesetzt.
Nachdem der Senat in der öffentlichen Sitzung vom 22.7.2006 - unmittelbar nach Aufruf der auf den gleichen Zeitpunkt terminierten Berufungsverfahren 3 S 142/05 und 3 S 162/05 und Feststellung der Anwesenheit - beschlossen hat, die beiden Verfahren nach § 93 VwGO zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden, wurden die beiden - bis dahin selbständigen - Angelegenheiten für die Dauer der mündlichen Verhandlung zu einer Angelegenheit. Dies hat für die von der Klägerin der Beigeladenen zu erstattenden Kosten zur Folge, dass sich die durch die anwaltliche Vertretung in der mündlichen Verhandlung entstandene Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG nicht getrennt nach den jeweiligen Einzelstreitwerten, sondern anteilig (je zur Hälfte) aus der Summe der Einzelstreitwerte der beiden zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren errechnet (vgl. §§ 2, 22 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG).
Nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV RVG - entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, nicht jedoch für Besprechungen mit dem Auftraggeber. Die Terminsgebühr ist mithin dazu bestimmt, die sich von dem allgemeinen Geschäftsbetrieb abhebende besondere Tätigkeit als Rechtsanwalt bei derartigen Terminen und Besprechungen abzugelten. Nachdem der Senat vorliegend die beiden Verfahren förmlich nach § 93 VwGO zur gemeinsamen Verhandlung verbunden hat, bezog sich die Vertretung des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung auf eine einheitliche Angelegenheit mit der Folge, dass die angefallene Terminsgebühr aus der Summe der Einzelstreitwerte der beiden Verfahren zu errechnen und - nachdem die Verfahren nur zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden sind - bei der Kostenerstattung anteilig auf beide Verfahren aufzuteilen ist. Damit hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgeändert. Der Fall unterscheidet sich insoweit im Übrigen von der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung des beschließenden Verwaltungsgerichtshofs vom 9.8.1995 - 8 S 1458/95 -, da es im dortigen Verfahren an einer förmlichen Verbindung fehlte, sondern nur tatsächlich eine gleichzeitige Verhandlung erfolgte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.