Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 06. Nov. 2017 - 8 PKH 3/17, 8 PKH 3/17 (8 PKH 1/17)

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:061117B8PKH3.17.0
bei uns veröffentlicht am06.11.2017

Gründe

1

Das im Schriftsatz des Klägers vom 2. September 2017 zur Erhebung einer "sofortigen Gehörsrüge und Beschwerde" gegen den Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde versagenden Beschluss des Senats vom 21. August 2017 enthaltene Gesuch auf Ablehnung der an diesem Beschluss beteiligten Richter des 8. Senats hat keinen Erfolg.

2

Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2, § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter in der aus dem Rubrum ersichtlichen Zusammensetzung, die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Stand: 1. Mai 2017) ergibt.

3

Der Kläger hat weder in seinem Ablehnungsgesuch noch in seiner Stellungnahme zu den hierzu abgegebenen dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter Gründe glaubhaft gemacht, die geeignet wären, eine Besorgnis von deren Befangenheit zu begründen.

4

Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Danach ist es nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 7 m.w.N.). Dass ein Richter bei der Würdigung des maßgeblichen Sachverhalts oder dessen rechtlicher Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein Beteiligter, ist regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gilt selbst für irrige Ansichten, solange sie nicht willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind und damit Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Abgelehnte Argumenten nicht mehr zugänglich und damit nicht mehr unvoreingenommen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 3084/06 - NJW-RR 2008, 72).

5

Der Kläger kritisiert in seinem Ablehnungsgesuch, der angegriffene Prozesskostenhilfe versagende Beschluss weise keinen inhaltlichen Bezug zu der Begründung der (beabsichtigten) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2017 auf. Dieser Einwand richtet sich jedoch allein gegen die Sachbehandlung des Prozesskostenhilfegesuchs und macht entgegen der Verpflichtung aus § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht glaubhaft, dass Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der an dem Beschluss mitwirkenden Richter bestünde. Das Vorbringen des Klägers bezieht sich in keiner Weise auf individuelle Umstände, welche die abgelehnten Richter betreffen.

6

Soweit der Kläger behauptet, die abgelehnten Richter hätten die Urschrift des angegriffenen Beschlusses nicht unterzeichnet, wird ebenfalls nicht deutlich, woraus sich eine Besorgnis ihrer Befangenheit ergeben sollte. Der Einwand trifft im Übrigen auch nicht zu. Die von allen mitwirkenden Richtern handschriftlich unterzeichnete Urschrift des Beschlusses befindet sich in der Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts. Den Beteiligten und somit auch dem Kläger ist eine beglaubigte Abschrift hiervon übersandt worden, aus der die Namen der in der Urschrift unterzeichnenden Richter ersichtlich sind. Dies reicht aus, da das Gesetz an die Bekanntgabe eines solchen Beschlusses keine weiterreichenden Anforderungen enthält. Selbst die nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 317 ZPO für ein Urteil vorgesehene Zustellung würde im Übrigen nicht die Zustellung einer Urschrift an die Beteiligten verlangen. Sie kann vielmehr auch durch Übergabe einer Urteilsausfertigung bewirkt werden, die die Übereinstimmung mit der in den Akten verbleibenden Urschrift bezeugt und die Namen der beteiligten Richter in Maschinenschrift angibt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09 - BGHZ 186, 22 = juris Rn. 13 ff., 17).

7

Auch daraus, dass der angegriffene Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung enthält, kann sich schon deshalb ersichtlich keine Besorgnis der mangelnden Unvoreingenommenheit der mitwirkenden Richter ergeben, weil Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts unanfechtbar sind.

8

Schließlich ist auch dem weiteren, gegen den Inhalt der dienstlichen Äußerungen zum Ablehnungsgesuch gerichteten Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, dass bei objektiver Würdigung Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter bestehen könnte.

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(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündeter Urteile bis zum Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung hinausschieben.

(2) Ausfertigungen werden nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die von einer Partei beantragte Ausfertigung eines Urteils erfolgt ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe; dies gilt nicht, wenn die Partei eine vollständige Ausfertigung beantragt.

(3) Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines als elektronisches Dokument (§ 130b) vorliegenden Urteils können von einem Urteilsausdruck erteilt werden.

(4) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

(5) Ist das Urteil nach § 313b Abs. 2 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, dass das Urteil durch Aufnahme der in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden.

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Die nach § 166 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zuzustellenden Dokumente können grundsätzlich in Urschrift, Ausfertigung oder (beglaubigter) Abschrift zugestellt werden. Dabei ist die Zustellung einer beglaubigten Abschrift stets dann ausreichend, wenn das Gesetz keine andere Regelung enthält (Zöller /Stöber ZPO 28. Aufl. § 166 Rdn. 5). Denn eine besondere Form der Zustellung hat der Gesetzgeber ausdrücklich speziellen materiell- oder prozessrechtlichen Vorschriften vorbehalten (BT-Drucks. 14/4554 S. 15). Eine solche spezielle Vorschrift enthält das Gesetz in § 317 ZPO für die Zustellung von Urteilen.