Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 06. Dez. 2017 - 1 BvR 2160/16

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20171206.1bvr216016
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

1. Die Beschwerdeführerinnen beantragten gemäß § 54 Abs. 1 MarkenG die Löschung einer im Markenregister eingetragenen abstrakten Farbmarke, was das Deutsche Patent- und Markenamt zurückwies. Das Bundespatentgericht ordnete im Beschwerdeverfahren die Löschung der Farbmarke an (Beschluss vom 8. Juli 2015 - 25 W (pat) 13/14, Sparkassen-Rot II -, GRUR 2015, S. 796). Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers hob der Bundesgerichtshof mit angegriffenem Beschluss die Entscheidung des Bundespatentgerichts auf und wies die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes zurück, ohne die Sache gemäß § 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (BGHZ 211, 268). Das Bundespatentgericht habe zu strenge Maßstäbe an den Nachweis einer der Löschung entgegenstehenden Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke angelegt. Da es hierbei auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht ankomme, könne eine Zurückverweisung dazu führen, dass sämtliche vorliegenden demoskopischen Gutachten durch Zeitablauf nicht mehr aussagekräftig seien und erneut Beweiserhebungen erforderlich würden. Eine derartige Verfahrensverzögerung brauche der Markeninhaber in dem seit mehr als sechs Jahren andauernden Löschungsverfahren nicht hinnehmen, wenn die Sache - wie hier - entscheidungsreif sei.

2

2. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), da der Bundegerichthof entgegen dem klaren Wortlaut von § 89 Abs. 4 MarkenG die Sache nicht an das Bundespatentgericht zurückverwiesen, sondern eine eigene Tatsachenwürdigung und -feststellung vorgenommen habe.

II.

3

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>). Sie ist unbegründet.

4

Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen zu Inhalt und Reichweite des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bereits geklärt (vgl. BVerfGE 3, 359 <363 ff.>; 31, 145 <165>). Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerinnen nicht in diesem Anspruch.

5

1. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schützt den Anspruch des Rechtsuchenden auf eine Entscheidung seiner Rechtssache durch den hierfür von Gesetzes wegen vorgesehenen Richter (vgl. BVerfGE 22, 254 <258>; 118, 212 <239>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann insoweit auch verletzt sein, wenn ein an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebundenes Revisionsgericht eine nach dem Stand des Verfahrens gebotene Zurückverweisung an das Tatsachengericht zwecks weiterer Sachaufklärung unterlässt (vgl. BVerfGE 3, 255 <256>; 3, 359 <363 f.>; 31, 145 <165>; 54, 100 <115>). Die Verkennung der dem Revisionsgericht gezogenen Grenzen verstößt jedoch nur dann gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn sie von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 29, 45 <48>; 31, 145 <165>; 54, 100 <115 f.>; 82, 286 <299>).

6

Willkürlich ist eine Entscheidung dann, wenn sie sachlich schlechthin unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 58, 163 <167 f.>). Es genügt nicht, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten; hinzukommen muss vielmehr, dass diese unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen, es sich also um eine krasse Fehlentscheidung handelt (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>).

7

Die Abgrenzung der Tatsachenfeststellung von der rechtlichen Würdigung ist nicht immer eindeutig und die Grenze der Entscheidungsbefugnis der Rechtsinstanz kann daher im Einzelfall fließend sein (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>). Nicht jede irrtümliche Überschreitung der den Rechtsinstanzen gezogenen Grenzen begründet einen Verfassungsverstoß. Durch einen schlichten error in procedendo wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen. Eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters kommt aber in Betracht, wenn das Fachgericht Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat oder wenn die maßgeblichen Verfahrensnormen in objektiv willkürlicher Weise fehlerhaft angewandt wurden (BVerfGE 138, 64<87 Rn. 71> m.w.N.).

8

2. Ausgehend von diesen Maßstäben kann vorliegend ein Verfassungsverstoß nicht festgestellt werden. Das Vorgehen des Bundesgerichtshofs war jedenfalls nicht willkürlich.

9

a) Eine Auslegung von § 89 Abs. 4 MarkenG dahingehend, dass unter bestimmten Umständen von einer Zurückverweisung abgesehen werden kann, ist nicht völlig ausgeschlossen, auch wenn der Wortlaut für den Fall der Aufhebung eine Zurückverweisung vorschreibt, ohne ein Ermessen vorzusehen (vgl. auch BGHZ 51, 378 <381> - Disiloxan). Die Regelung wurde vom historischen Gesetzgeber bewusst mit dem Ziel einer Entlastung des Bundesgerichtshofs getroffen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte stehen insoweit einer teleologischen Auslegung der Norm nicht zwingend entgegen. Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit bereits mehrfach unter Abweichung vom Wortlaut des § 89 Abs. 4 MarkenG unter Berufung auf die Prozessökonomie selbst abschließend entschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 1997 - I ZB 7/95, Active Line -, GRUR 1998, S. 394; Beschluss vom 13. Dezember 2007 - I ZB 26/05, idw -, GRUR 2008, S. 714; Beschluss vom 16. Juli 2009 - I ZB 54/07, Legostein II -, juris) oder dies für grundsätzlich möglich erachtet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 1997 - I ZB 4/95, Turbo II -, GRUR 1997, S. 634; Beschluss vom 14. März 2002 - I ZB 16/99, B-2 alloy -, GRUR 2002, S. 884).

10

Die angegriffene Entscheidung basiert auf keinen willkürlichen Erwägungen. Der Bundesgerichtshof hat § 89 Abs. 4 MarkenG aus Gründen der Prozessökonomie im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG (dazu allgemein BVerfGE 143, 216<224 f. Rn. 20> m.w.N., zum Zivilprozessrecht vgl. BVerfGE 88, 118 <123 f.>) einschränkend ausgelegt. Als teleologische Reduktion ist dies ein methodisch zulässiges Vorgehen (vgl. BVerfGE 88, 145 <167>). Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bundesgerichtshof die Interessen der Beschwerdeführerinnen grob einseitig unbeachtet gelassen hätte. Zwar stellen die knappen Ausführungen des Bundesgerichtshofs in erster Linie darauf ab, dass dem Markeninhaber ein weiteres Zuwarten unzumutbar gewesen wäre. Eine prozessökonomisch sinnvolle Entscheidung dient jedoch grundsätzlich dem Interesse beider Parteien.

11

b) Der Bundesgerichtshof hat sich auch nicht in willkürlicher Weise die allein der Tatsacheninstanz zustehenden Kompetenzen angemaßt (vgl. § 89 Abs. 2 MarkenG).

12

Die Frage, welche Anforderungen an den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung gestellt werden und insbesondere welche Prozentsätze erforderlich sind, ist eine Rechtsfrage. Eine Würdigung der Anknüpfungstatsachen im Hinblick auf die Richtigkeit der Subsumtion ist nach der Zivilrechtsprechung auch dem Revisionsgericht möglich (vgl. BGHZ 122, 308 <316>). Der Bundesgerichtshof hat in der angegriffenen Entscheidung nochmals die Maßstäbe klargestellt, anhand derer die Gutachten zu würdigen sind. Damit war auch das Ergebnis vorgezeichnet, welche Prozentsätze für den Durchsetzungsgrad anzusetzen waren.

13

Der Bundesgerichtshof würdigt zwar eingehend die Gutachten, klärt dabei aber im Wesentlichen Rechtsfragen und trifft keine eigenen Tatsachenfeststellungen. Die Bewertung von demoskopischen Gutachten ist insoweit nicht vergleichbar mit der Glaubwürdigkeitsbeurteilung einer Zeugenaussage durch das Revisionsgericht, welche der persönlichen Anschauung bedarf (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 1991 - 2 BvR 1380/90 -, NJW 1991, S. 2893). Der Bundesgerichtshof prüft in ständiger Rechtsprechung im Rahmen von Revisionsverfahren die methodische Zulässigkeit von konkreten Fragestellungen und setzt sich mit den sich im Hinblick hierauf zu berücksichtigenden Prozentsätzen auseinander (vgl. BGHZ 156, 112 <121 f.> - Kinder I; BGH, Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 6/05, Kinder II -, GRUR 2007, S. 1071 <1073 Rn. 30>; Urteil vom 25. Oktober 2007 - I ZR 18/05, TUC-Salzcracker -, GRUR 2008, S. 505 <508 f. Rn. 29 f.>; Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, Stofffähnchen -, GRUR 2009, S. 766 <770 Rn. 40 f.>; Beschluss vom 9. Juli 2009 - I ZB 88/07, ROCHER-Kugel -, GRUR 2010, S. 138 <142 f. Rn. 49 ff.>). Dass er dies in der angegriffenen Entscheidung ebenso getan hat, ist nicht willkürlich.

14

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

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(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

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(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. (2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächli

Markengesetz - MarkenG | § 54 Beitritt zum Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren


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(1) Ein Dritter kann einem Verfalls- oder Nichtigkeitsverfahren beitreten, wenn über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit noch keine unanfechtbare Entscheidung getroffen wurde und er glaubhaft machen kann, dass

1.
gegen ihn ein Verfahren wegen Verletzung derselben eingetragenen Marke anhängig ist oder
2.
er aufgefordert wurde, eine behauptete Verletzung derselben eingetragenen Marke zu unterlassen.
Der Beitritt kann innerhalb von drei Monaten ab Einleitung des Verfahrens nach Satz 1 Nummer 1 oder ab Zugang der Unterlassungsaufforderung nach Satz 1 Nummer 2 beantragt werden.

(2) Für die Antragstellung gilt § 53 Absatz 1 bis 3 entsprechend. Erfolgt der Beitritt im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht, erhält der Beitretende die Stellung eines Beschwerdebeteiligten.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(4) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Das Bundespatentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(4) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Das Bundespatentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(4) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Das Bundespatentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 26/05 Verkündet am:
13. Dezember 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 398 14 719
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
idw

a) Legt der Markeninhaber im Widerspruchsverfahren ein neues eingeschränktes
Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor, das der Entscheidung hilfsweise
zugrunde gelegt werden soll, handelt es sich um einen Teilverzicht auf
die angegriffene Marke, der schon deshalb unwirksam ist, weil die Verzichtserklärung
nicht bedingt abgegeben werden kann.

b) Ist im Rechtsbeschwerdeverfahren der Widerspruch aus einer Marke des
Widersprechenden erfolgreich und reicht sein Widerspruch aus einer zweiten
Marke nicht weiter als derjenige aus der ersten Marke, ist der Widerspruch
aus der zweiten Marke mit Verkündung der Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren
gegenstandslos.
BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2007 - I ZB 26/05 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden des Markeninhabers und der Widersprechenden gegen den an Verkündungs Statt am 26. Januar 2005 zugestellten Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Markeninhaber zu 1/2 und den Widersprechenden jeweils zu 1/4 zur Last.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
A. Für den Markeninhaber ist die am 16. März 1998 angemeldete Wortmarke Nr. 398 14 719 idw am 21. September 1998 für die Waren und Dienstleistungen (für die kursiv gesetzten Waren und Dienstleistungen hat das Bundespatentgericht die Löschung angeordnet bzw. die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Markenamts bestätigt) Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiedergabegeräte , telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger, insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger ; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme , Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommunikationsgeräte ; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren , Informationsbriefe und Zeitungen; Fotografien, Graphiken; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Erstellen von Bildreportagen und Tonreportagen; Übermittlung von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung; Übermittlung von Audiodateien , Bildschirmtextdienst, Fernschreibdienst, Fernsprechdienst; Vermietung von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Presseagenturen, Sammeln und Liefern von Informationen aus Wissenschaft und Forschung; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Recherchieren, nutzerorientierte Auswahl und Übertragung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Produktion und Aus- strahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen; Erziehung und Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Herausgabe und Veröffent- lichung von Schulungsmaterial; Veranstaltung und Organisation von Schulungen ; Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen , Konferenzen und Kongressen; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere Aktualisieren von Computer-Software und Design von Computer -Software; Computerberatungsdienste, Erstellen von Ton- und Bildreporta- gen; Vermietung von Computer-Software; Betrieb von Datenbanken; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Dienstleistungen eines Graphikers; Dienstleistungen eines Redakteurs; Verwaltung von Urheberrechten; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen über Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per Internet eingetragen worden. Die Eintragung ist am 15. Oktober 1998 veröffentlicht worden.
2
Gegen die Eintragung hat der Widersprechende zu 1 aus seiner seit dem 26. Oktober 1984 als durchgesetzt eingetragenen Wortmarke Nr. 1 069 633 IDW und seiner seit dem 1. September 1986 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846 Widerspruch erhoben. Diese Widerspruchsmarken sind geschützt für die Dienstleistungen Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, insbesondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbegleitender Fortbildung, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu fachlichen und beruflichen Einzelfragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften von Bund und Ländern; wissenschaftliche und finanzielle Förderung von Hochschularbeiten und Bibliotheken auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Prüfungs - und Treuhandwesens; Abschluss von GruppenversicherungsVerträgen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie für außerordentliche Mitglieder.
3
Die Widersprechende zu 2 hat Widerspruch erhoben aus ihrer seit dem 7. Oktober 1994 für die Waren und Dienstleistungen Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel, nämlich Buchbindegarn, -leinen und andere textile Stoffe zum Buchbinden; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Text-, Ton- und Bildträger, ausgenommen unbelichtete Filme; Druckereierzeugnisse, nämlich Druckschriften , Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge, Spiele; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten; Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträgern ; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften und Büchern; mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789
4
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Teillöschung der Marke beschlossen, und zwar aufgrund der Widersprüche aus den Marken Nr. 1 069 633 und 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 für die Dienstleistungen Erziehung und Ausbildung; Veranstaltung und Organisation von Schulungen; Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen, Konferenzen und Kongressen sowie aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informationsbriefe und Zeitungen; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informationsangeboten im Internet.
5
Im Übrigen hat die Markenstelle die Widersprüche zurückgewiesen.
6
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt. Der Markeninhaber hat ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt , das hilfsweise der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll und in dem er einen näher bezeichneten Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem Zusatz "außerhalb des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen hat.
7
Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde des Widersprechenden zu 1 die gegenüber der Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiederga- begeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger, insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger ; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme , Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informationsbriefe und Zeitungen, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate ); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Informationen aus Wissenschaft und Forschung; Recherchieren, nutzerorientierte Auswahl und Überarbeitung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Herausgabe und Veröffentlichung von Schulungsmaterial; Dienstleistungen eines Redakteurs; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen für Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per Internet angeordnet. Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 hat das Bundespatentgericht die zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiedergabegeräte , telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger, insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträger ; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme , Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommunikationsgeräte ; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrichten , Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung ; Übermittlung von Audiodateien, Bildschirmtext, Fernschreibdienst , Fernsprechdienst; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung , insbesondere Aktualisieren von Computer-Software, Erstellen von Ton- und Bildreportagen; Betrieb von Datenbanken; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen über Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per Internet beschlossen. Auf die Beschwerde des Markeninhabers hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufgehoben , als die Marke für die Dienstleistung "Erziehung" gelöscht worden ist. Die weitergehenden Beschwerden der Beteiligten hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen.
8
Hiergegen wenden sich der Markeninhaber und die Widersprechenden mit (zugelassenen) Rechtsbeschwerden. Die Beteiligen beantragen, die jeweilige Rechtsbeschwerde der Gegenseite zurückzuweisen.
9
B. Das Bundespatentgericht hat die Widersprüche nur teilweise für begründet erachtet und sie im Übrigen zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken bestehe für einen Teil der Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr seien nur diejenigen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken zu berücksichtigen, für die eine Benutzung während der nach § 43 Abs. 1 MarkenG maßgeblichen Benutzungszeiträume von Oktober 1993 bis Oktober 1998 und von Juli 1999 bis Juli 2004 bei den Widerspruchsmarken Nr. 1 069 633 und 1 095 846 und während des Zeitraums vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004 bei der Widerspruchsmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht worden sei. Dies sei für eine Reihe näher bezeichneter Waren und Dienstleistungen durch die eidesstattlichen Versicherungen der Organe der Widersprechenden und durch Vorlage von Unterlagen geschehen. Der Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung stehe nicht entgegen, dass häufig beschreibende Angaben im Zusammenhang mit den Widerspruchsmarken verwendet worden seien. Zwischen den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke und den Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarken geschützt und ihre Benutzung glaubhaft gemacht worden sei, bestehe teilweise Identität und teilweise Ähnlichkeit. Zum Teil fehle es auch an der Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke und denjenigen, für die die Widerspruchsmarken geschützt seien. Dies gelte etwa für die Dienstleistung "Erziehung" der angegriffenen Marke, für die sich bei den Widerspruchsmarken keine ähnliche Dienstleistung finde.

11
Die angegriffene Marke und die Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW" stimmten klanglich überein. Innerhalb des Bereichs der Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit bestehe bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und klanglicher Zeichenidentität Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
12
Für die Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 scheide eine bildliche Markenähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aus. Es lasse sich aber nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, dass die Widerspruchsmarke von einem erheblichen Teil des Verkehrs bei der Benennung auf "IDW" verkürzt werde. Der Wortbestandteil "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER" sei als Firmenmarke nicht geeignet, die Marke mitzuprägen.
13
Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Ähnlichkeit der wechselseitigen Waren und Dienstleistungen und klanglicher Zeichenidentität bestehe Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens sei auch gegeben, soweit Teile des Verkehrs die Marke nicht verkürzten, sondern mit "INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten. Die kollidierenden Marken würden wegen Übereinstimmungen in den prägenden Bestandteilen irrig einem Unternehmen zugeordnet.
14
Bei der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 seien die Wortbestandteile "Verlag GmbH" glatt beschreibend und prägten den Gesamteindruck nicht mit. Es bestehe deshalb klangliche Zeichenidentität. Soweit von einer Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen auszugehen sei, liege bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchs- marke und klanglicher Zeichenidentität eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Aber auch bei den Teilen des Verkehrs, die die Widerspruchsmarke mit "IDW Verlag GmbH" bezeichneten, könne die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens nicht ausgeschlossen werden.
15
Die Beschwerde des Markeninhabers sei nur hinsichtlich der Dienstleistung "Erziehung" begründet. Zwischen der für die angegriffene Marke beanspruchten Dienstleistung "Erziehung" und den Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarken geschützt seien, bestehe keine Ähnlichkeit.
16
Wegen der anderen Waren und Dienstleistungen bleibe es bei der vom Deutschen Patent- und Markenamt angeordneten Teillöschung.
17
C. Die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers und die Rechtsbeschwerden der Widersprechenden sind zulässig. In der Sache haben sie keinen Erfolg.
18
I. Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW"
19
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
20
Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, bejaht. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
21
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschl. v. 11.5.2006 - I ZB 28/04, GRUR 2006, 859 Tz. 16 = WRP 2006, 1227 - Malteserkreuz; BGHZ 171, 89 Tz. 33 - Pralinenform).
22
b) Das Bundespatentgericht hat eine Ähnlichkeit zwischen denjenigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die von der Löschungsanordnung erfasst werden, und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, rechtsfehlerfrei bejaht.
23
aa) Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung i.S. von § 43 Abs. 1 MarkenG erhoben. Bei der Entscheidung dürfen deshalb nur diejenigen Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke berücksichtigt werden , für die der Widersprechende zu 1 eine Benutzung glaubhaft gemacht hat (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Maßgeblich für die Frage der Benutzung in zeitlicher Hinsicht sind vorliegend nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Fünfjahreszeitraum vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Oktober 1998 und nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der weitere Fünfjahreszeitraum vor der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 14. Juli 2004 (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938, 939 f. = WRP 1998, 993 - DRAGON; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR 2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura; Beschl. v. 15.9.2005 - I ZB 10/03, GRUR 2006, 150 Tz. 8 = WRP 2006, 241 - NORMA).
24
bb) Das Bundespatentgericht ist für diese Zeiträume zu Recht von der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke "IDW" ausgegangen. Es hat angenommen, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" für den Zeitraum von Oktober 1993 bis Oktober 1998 durch die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers K. des Widersprechenden zu 1 vom 17. Dezember 1999 und die Anlagen 2 bis 9, 11, 15 und 18 und für den Zeitraum vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004 durch die eidesstattliche Versicherung des Vorstandssprechers Prof. Dr. N. vom 10. Februar 2004 nebst Anlagen glaubhaft gemacht worden ist.
25
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg mit der Begründung, aus den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 folge nicht, welche der verschiedenen Widerspruchsmarken benutzt worden seien. Aus den beigefügten Anlagen ergebe sich kein einheitliches Bild einer ernsthaften Benutzung.
26
(1) Eine Unterscheidung zwischen den Widerspruchsmarken ist vorliegend allerdings erforderlich.
27
Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515 = WRP 2005, 620 - FERROSIL; Urt. v. 8.2.2007 - I ZR 71/04, GRUR 2007, 592 Tz. 12 = WRP 2007, 958 - bodo Blue Night). Diese Beurteilung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist sie nur eingeschränkt überprüfbar. Feststellungen dazu, dass der Verkehr die Wortmarke Nr. 1 069 633 und die Wort-/Bildmarken Nr. 1 095 846 und Nr. 2 079 789 als ein und dasselbe Zeichen ansieht, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen. Dazu müsste der Verkehr den in den Wort-/Bildmarken gegenüber dem Markenwort "IDW" der Wortmarke Nr. 1 069 633 hinzugefügten Wortbestandteilen und den weiteren Bildbestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beimessen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; GRUR 2005, 515 - FERROSIL). Für eine derartige Annahme ist vorliegend nichts ersichtlich.
28
Die Benutzung der für Waren und Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt zudem nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren , indem sie ihm ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Eine rechtserhaltende Benutzung i.S. von § 26 MarkenG liegt dementsprechend nicht vor, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen Verwendung findet (BGH, Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 253/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG BERTHA; Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP 2005, 1527 - OTTO).
29
(2) Die erforderliche Unterscheidung zwischen den einzelnen Widerspruchsmarken hat das Bundespatentgericht getroffen. Es ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass durch die eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 und die beigefügten Anlagen eine rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S. von § 26 MarkenG für folgende Dienstleistungen glaubhaft gemacht worden ist: Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, insbesondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbegleitender Fortbildung, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu fachlichen und beruflichen Einzelfragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften von Bund und Ländern.
30
In den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 wird zwar zwischen den Widerspruchsmarken nicht im Einzelnen unterschieden. Vielmehr ist in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Dezember 1999 nur allgemein von der Widerspruchsmarke die Rede. Auf welche Widerspruchsmarke sich die Angaben in dieser eidesstattlichen Versicherung beziehen, wird jedoch durch die beigefügten Anlagen hinreichend deutlich , auf die sich das Bundespatentgericht bezogen hat. Aufgrund der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Dezember 1999 und der Anlagen (Anl. 2 bis 9, 11, 15 und 18) ist das Bundespatentgericht zu Recht davon ausgegangen , dass eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" von dem Widersprechenden zu 1 im Zeitraum vom 15. Oktober 1993 bis 15. Oktober 1998 glaubhaft gemacht worden ist. Entsprechendes gilt für den Zeitraum vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004, für den das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S. von § 26 MarkenG sei durch die eidesstattliche Versicherung vom 10. Februar 2004 und die beigefügten Anlagen glaubhaft gemacht.
31
cc) Ebenso wenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke "IDW", für die es eine rechtserhaltende Benutzung festgestellt hat, und den zu löschenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke bejaht hat.
32
(1) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Tz. 15 - Canon; BGH, Beschl. v. 28.9.2006 - I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Tz. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA).
33
(2) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass zwischen den Waren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Dienstleistungen "Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern ; Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen; Veröffentlichung von Verlautbarungen, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken" jedenfalls Ähnlichkeit gegeben ist.
34
Gegen diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, es gehe jeweils um Aus- oder Fortbildung. Sie rügt, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen , dass sich die durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen an eine hoch spezialisierte Zielgruppe richteten, während die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke ein allgemeines Publikum mit erhöhtem Bildungsstand ansprächen. Das hat das Bundespatentgericht ebenfalls seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es hat zu Recht angenommen, dass die wechselseitigen Dienstleistungen dem Bereich Wissenschaft und Forschung zuzurechnen sind und der größere Kreis der durch die Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise der angegriffenen Marke die Annahme einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nicht hindere.
35
(3) Schließlich steht der vom Bundespatentgericht angenommenen Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen auch nicht der Umstand entgegen, dass der Markeninhaber ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt hat, das der Entscheidung hilfsweise zugrunde gelegt werden soll und in dem er einen Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem Zusatz "Außerhalb des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen hat. Die teilweise Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke um den Bereich der "Wirtschafts- und Steuerberatung" stellt einen Teilverzicht auf die angegriffene Marke i.S. von § 48 MarkenG dar. Dieser Teilverzicht ist schon deshalb unwirksam, weil die Verzichtserklärung, die ohne weiteres zum vollständigen oder teilweisen Erlöschen der Marke führt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - I ZB 62/98, GRUR 2001, 337, 338 = WRP 2001, 408 - EASYPRESS), nicht bedingt abgegeben werden kann (Fezer, Markenrecht , 3. Aufl., § 48 Rdn. 7; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 6), wie dies vorliegend geschehen ist.
36
c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragene Widerspruchsmarke "IDW" mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 35 - Pralinenform).
37
d) Das Bundespatentgericht ist von einer Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht ausgegangen. Das Abstellen auf die Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs ist nicht auszuschließen, dass allein die klangliche Zeichenidentität der Marken eine Verwechslungsgefahr begründen kann (EuGH, Urt. v. 22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f. = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 - C-206/04, Slg. 2006, I-2717 = GRUR 2006, 413 Tz. 21 - ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 - Lions).
38
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang geltend, der klanglichen Zeichenähnlichkeit komme für die Annahme einer Verwechslungsgefahr vorliegend keine Bedeutung zu. Nähere Darlegungen, warum die klangliche Zeichenähnlichkeit ausnahmsweise außer Betracht bleiben soll, fehlen. Allein der Hinweis der Rechtsbeschwerde, der Widersprechende zu 1 kommuniziere mit seinen Mitgliedern zum weitaus überwiegenden Teil in schriftlicher Form, rechtfertigt nicht die vollständige Außerachtlassung der klanglichen Zeichenähnlichkeit, zumal die Zeichen auch schriftbildlich nahezu identisch sind.
39
e) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG durch das Bundespatentgericht ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Bei bestehender klanglicher Zeichenidentität und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist ein sehr weiter Abstand zwischen den von den kollidierenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen erforderlich, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen halten die Waren und Dienstleistungen, für die das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit bejaht hat, nicht ein.
40
2. Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1
41
Zu Recht hat das Bundespatentgericht eine weitergehende Löschung der angegriffenen Marke abgelehnt und den Widerspruch des Widersprechenden zu 1 aus der Marke Nr. 1 069 633 "IDW" insoweit zurückgewiesen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG), als damit eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der weiteren (im oben unter A wiedergegebenen Waren - und Dienstleistungsverzeichnis nicht kursiv gesetzten) Waren und Dienstleistungen geltend gemacht wird.
42
Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den kollidierenden Marken scheidet im Hinblick auf die weiteren Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke geschützt ist, aus, weil das Bundespatentgericht zwischen diesen Waren und Dienstleistungen zutreffend von (absoluter) Unähnlichkeit ausgegangen ist. Die Feststellung, ob eine Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen angenommen werden kann, liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist sie nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffe- nen Feststellungen getragen wird (BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 23 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit). Nach diesen Maßstäben ist die tatrichterliche Beurteilung des Bundespatentgerichts nicht zu beanstanden. Gegenteiliges zeigt die Rechtsbeschwerde auch nicht auf. Vielmehr setzt sie nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
43
II. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846
44
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
45
Das Bundespatentgericht hat eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Widerspruchsmarke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 und der angegriffenen Marke für einen Teil der Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke bejaht. Ob dies frei von Rechtsfehlern ist, kann dahinstehen. Der Widerspruch aus der Marke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 reicht nicht weiter als sein Widerspruch aus der Marke Nr. 1 069 633.
46
Die Waren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen Marke vom Bundespatentgericht aufgrund des vorliegenden Widerspruchs angeordnet worden ist, sind mit denjenigen Waren und Dienstleistungen identisch, wegen deren die teilweise Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 1 069 633 erfolgt. Die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers gegen die Anordnung dieser Teillöschung bleibt ohne Erfolg (dazu Abschn. C I). Mit der Verkündung der vorliegenden Entscheidung wird die teilweise Löschungsanordnung aufgrund der Widerspruchsmarke Nr. 1 069 633 rechtskräftig und der Widerspruch hinsichtlich derselben Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke gegenstandslos, weil die Löschung auf den Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke zurückwirkt, § 43 Abs. 4 i.V.
mit § 52 Abs. 2 MarkenG (vgl. hierzu Fezer/Fink, Handbuch der Markenpraxis, 1. Teil, Kapitel 1 Rdn. 422).
47
2. Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1
48
Die Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1 gegen die Zurückweisung seines Widerspruchs ist aus den unter C I 2 dargelegten Gründen nicht begründet.
49
III. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 IDW-Verlag
50
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
51
Das Bundespatentgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass zwischen der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 und der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, besteht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
52
a) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die Widersprechende zu 2 eine rechtserhaltende Benutzung der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht hat. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Oktober 1998 war die am 7. Oktober 1994 eingetragene Widerspruchsmarke noch keine fünf Jahre eingetragen. Maßgeblich für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist im Streitfall daher nicht § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern ausschließlich der Fünfjahreszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004. Für diesen Zeitraum hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Be- nutzung für eine Reihe vom Bundespatentgericht näher bezeichneter Waren und Dienstleistungen aufgrund der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers von B. vom 23. Juni 2000 und der vom Bundespatentgericht in Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde, soweit die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Text-, Ton- und Bildträger, ausgenommen unbelichtete Filme; Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträgern ; Veröffentlichung und Herausgabe von mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art in Rede steht. Das Bundespatentgericht konnte jedoch zu Recht aufgrund der in Bezug genommenen Anlagen 25 und 26 von der rechtserhaltenden Benutzung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ausgehen. Den zahlreichen Daten, die in diesen Anlagen angeführt sind, ist ein hinreichender Bezug zu dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum zu entnehmen. Die Vielzahl der vorgelegten Anlagen und die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 23. Juni 2000, die sich auch auf den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum beziehen , belegen, dass die Widerspruchsmarke von der Widersprechenden zu 2 ernsthaft benutzt worden ist. Schließlich hat die Widersprechende zu 2 die Widerspruchsmarke auch in der mit der Eintragung identischen Form oder in einer Weise benutzt, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
53
b) Zutreffend hat das Bundespatentgericht auch eine Identität oder Ähnlichkeit der kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistungen bejaht.
54
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichne- ten Waren und Dienstleistungen für Druckerzeugnisse zum Themengebiet "Wirtschaftsrecht" benutzt werden und die Widersprechende zu 2 ihre Abnehmerkreise bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsjuristen findet. Die Eintragung der Widerspruchsmarke ist für die Waren und Dienstleistungen nicht beschränkt auf Produkte und Dienstleistungen mit wirtschaftsrechtlichem Inhalt erfolgt. Die Widerspruchsmarke ist für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen rechtserhaltend benutzt worden, ohne dass es auf den jeweiligen thematischen Inhalt der Druckerzeugnisse (z.B. Wirtschaftsrecht) ankommt.
55
c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht auch von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.
56
d) Das Bundespatentgericht hat eine Zeichenidentität in klanglicher Hinsicht zwischen den Kollisionsmarken angenommen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt der Zeichenähnlichkeit in klanglicher Hinsicht im Streitfall auch Bedeutung zu (dazu Abschn. C I 1 d).
57
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit hat das Bundespatentgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abgestellt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2007 - C-334/05, GRUR 2007, 700 Tz. 35 - HABM/Shaker; BGH, Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 37/04, GRUR 2007, 235 Tz. 21 = WRP 2007, 186 - Goldhase).
58
Es ist zu Recht auch davon ausgegangen, dass bei der Widerspruchsmarke der Wortbestandteil "Verlag GmbH" die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen und die Rechtsform beschreibt und deshalb den Gesamtein- druck der Widerspruchsmarke nicht mitprägt (vgl. BGH, Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 867 = WRP 2004, 1281 - Mustang).
59
Bei klanglicher Zeichenidentität, normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen ist danach die Annahme einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
60
2. Rechtsbeschwerde der Widersprechenden zu 2
61
Die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden zu 2 ist zulässig, aber unbegründet. Das Bundespatentgericht hat eine weitergehende Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Kollisionsmarken zu Recht verneint.
62
a) Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass die Widersprechende zu 2 für einen Teil der Waren eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde dagegen geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht mit Gründen versehen. Über die Feststellung hinaus, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen für diesen Teil der Waren, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist, keine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ergibt, waren weitergehende Ausführungen nicht erforderlich. Die Rechtsbeschwerde zeigt auch nicht im Einzelnen auf, für welche Waren sich für den maßgeblichen Zeitraum aus den Unterlagen eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ergeben soll. Der allgemein gehaltene Verweis der Rechtsbeschwerde auf den Beschwerdevortrag reicht hierzu nicht aus.
63
b) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe, mit denen sich die Rechtsbeschwerde dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht für einen Teil der Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke eine Ähnlichkeit mit denjenigen , für die die Widerspruchsmarke geschützt ist, verneint hat. Das Bundespatentgericht hat dies zwar nicht näher begründet. Aus dem Gesamtzusammenhang der Erwägungen der Vorinstanzen ergibt sich aber, dass diese davon ausgegangen sind, die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht annehmen, dass dieser Teil der Waren und Dienstleistungen unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt werde. Gegenteiliges zeigt die Rechtsbeschwerde mit dem allgemein gehaltenen Hinweis auf die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht auf.
64
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.01.2005 - 32 W(pat) 78/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 54/07 Verkündet am:
16. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 395 03 037
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der an Verkündungs Statt am 2. Mai 2007 zugestellte Beschluss des 26. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 20. August 1996 die nachfolgend abgebildete farbige (rot) dreidimensionale Marke Nr. 395 03 037 für die Ware "Spielzeug, nämlich Spielbausteine" eingetragen:
2
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil sie zum einen nicht markenfähig, zum anderen nicht unterscheidungskräftig und im Übrigen freihaltebedürftig sei.
3
Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag als unzulässig verworfen. Sie hat angenommen, es handele sich um die Wiederholung des von der R. H. Inc. gestellten Löschungsantrags , so dass die materielle Rechtskraft des im vorangegangenen Löschungsverfahren ergangenen Beschlusses der Markenabteilung vom 7. März 2002 dem erneuten Löschungsbegehren entgegenstehe.
4
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marke angeordnet (BPatGE 50, 147).

5
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Antragstellerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
6
II. Das Bundespatentgericht hat den Löschungsantrag als zulässig und begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Dem Löschungsantrag stehe nicht der Einwand der Rechtskraft des Beschlusses vom 7. März 2002 entgegen, mit dem der frühere Löschungsantrag der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zurückgewiesen worden sei. Der Beschluss der Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts sei nicht rechtskräftig geworden.
8
Der Löschungsantrag sei auch begründet, weil die angegriffene Marke löschungsreif sei. Der Markeneintragung habe das Schutzhindernis aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegengestanden, das auch weiterhin bestehe. Vom Markenschutz ausgeschlossen seien nach dieser Vorschrift Warenformen, deren wesentliche Merkmale eine technische Funktion erfüllten. Davon sei für die vorliegende Marke auszugehen.
9
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
10
1. Das Bundespatentgericht hat die Zulässigkeit des Löschungsantrags bejaht. Es hat angenommen, dem Löschungsantrag stehe nicht die Rechtskraft des Beschlusses vom 7. Mai 2002 entgegen, mit dem der frühere Löschungsantrag der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zurückgewiesen worden sei. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aus dem Jahre 2002 sei nicht rechtskräftig geworden, weil der Löschungsantrag vor Eintritt der Rechtskraft des patentamtlichen Beschlusses zurückgenommen worden sei. Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin habe gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts fristgerecht Beschwerde eingelegt, wodurch der Eintritt der Rechtskraft gehemmt worden sei. Diese Wirkung sei trotz der nicht vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr im vorangegangenen Löschungsverfahren eingetreten. Aus § 23 Abs. 1 Nr. 4 RPflG ergebe sich die Notwendigkeit der Feststellung, dass die Beschwerde als nicht erhoben gelte. Bevor diese Wirkung rechtskräftig festgestellt sei, könne der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss nicht rechtskräftig werden.
11
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Löschungsantrag des vorliegenden Verfahrens ist unzulässig. Dem erneuten Löschungsverfahren steht die bestandskräftige Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. März 2002 entgegen.
12
a) Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht auf die Frage des Vorliegens des Schutzhindernisses nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschränkt.
13
aa) Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Überprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass dieses auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfrage beschränkt ist (vgl. BGHZ 90, 318, 320 - Zinkenkreisel; 130, 187, 191 - Füllkörper).
14
bb) Zudem hätte durch eine auf die Beurteilung des Schutzhindernisses nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschränkte Zulassung die Frage der entgegenstehenden Rechtskraft des Beschlusses des Deutschen Patent- und Mar- kenamts vom 7. März 2002 nicht von der Überprüfung durch den Senat ausgenommen werden können. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Revision beschränkt auf die Frage zugelassen werden, ob dem Klagebegehren die Rechtskraft eines früheren Urteils entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1989 - IVb ZR 19/89, NJW 1990, 1795, 1797). Durch eine nur beschränkte Zulassung des Rechtsmittels kann aber nicht umgekehrt die Frage der entgegenstehenden Rechtskraft einer anderen Entscheidung von der Prüfung ausgeklammert werden. Die Rechtskraftwirkung einer früheren Entscheidung ist auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen und steht, solange der Einwand der Rechtskraft nicht ausgeräumt ist, einer Sachprüfung entgegen (vgl. BGHZ 123, 30, 35 - Indorektal II).
15
b) Entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts ist der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. März 2002 bestandskräftig geworden , bevor die Antragstellerin jenes Verfahrens den Löschungsantrag mit Eingabe vom 13. März 2003 zurückgenommen hat. Die Antragstellerin jenes Verfahrens hatte zwar gemäß § 66 MarkenG Beschwerde gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts eingelegt. Ihre Beschwerde galt jedoch nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht erhoben, weil die Antragstellerin des ersten Löschungsverfahrens die Beschwerdegebühr nicht vollständig eingezahlt hat. Die Einzahlung der Beschwerdegebühr ist zwingende Voraussetzung für die Rechtsmitteleinlegung; von ihr hängt ab, ob ein Beschwerdeverfahren überhaupt anhängig wird (vgl. BGHZ 83, 271, 273 - Einsteckschloss; Knoll in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 66 Rdn. 46). Diese Wirkung der nicht vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr tritt kraft Gesetzes ein (vgl. Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 73 Rdn. 46; Büscher in Büscher/Dittmer/ Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 66 MarkenG Rdn. 11; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Bd. I, 1. Teil, Kap. 2 Rdn. 167). Die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 RPflG vorgesehene Entscheidung des Rechtspflegers, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt, hat dementsprechend nur deklaratorische Wirkung. War danach wegen der nicht vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr durch die Antragstellerin des vorausgegangenen Löschungsverfahrens ein Beschwerdeverfahren nicht wirksam in Gang gesetzt und die Entscheidung des Amtes über den Löschungsantrag deswegen bestandskräftig, konnte dieser Antrag nicht mehr rechtswirksam zurückgenommen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 3.4.1985 - I ZB 17/84, GRUR 1985, 1052, 1053 - LECO).
16
Daran ändert auch der von der Antragstellerin des früheren Löschungsverfahrens gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nichts. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hemmt den Eintritt der Rechtskraft nicht; vielmehr tritt eine Hemmung der Rechtskraft erst rückwirkend mit der Entscheidung ein, mit der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird (vgl. BGHZ 1, 200, 203). Eine entsprechende, die Wiedereinsetzung bewilligende Entscheidung ist nicht ergangen.
17
c) Die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. März 2002, durch die der Löschungsantrag der R. H. Inc. zurückgewiesen worden ist, wirkt zu Lasten der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens.
18
aa) Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass die Antragstellerin des vorliegenden Löschungsverfahrens mit der Antragstellerin des ersten vom Deutschen Patent- und Markenamt bestandskräftig entschiedenen Löschungs- verfahrens identisch ist und in der Zeit zwischen beiden Löschungsverfahren lediglich eine Umfirmierung der Antragstellerin erfolgt ist.
19
bb) Die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. März 2002, durch die der erste Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist, wirkt in entsprechender Anwendung des § 322 ZPO gegen die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens.
20
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der in den §§ 322, 325 ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke für die Beurteilung der Wirkungen im Löschungsverfahren ergangener gerichtlicher Entscheidungen heranzuziehen (vgl. BGHZ 123, 30, 33 f. - Indorektal II). Der Sinn dieser Regelung liegt in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits, der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll. Der Rechtsgedanke ist indessen nicht auf eine gerichtliche Entscheidung im Löschungsverfahren beschränkt. Vielmehr sind die Grundsätze des § 322 ZPO auf eine bestandskräftige Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Löschungsverfahren übertragbar. Im Hinblick auf die Justizförmigkeit des Verfahrens ist eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung auf das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht ausgeschlossen (zum PatG: BGH, Beschl. v. 10.5.1994 - X ZB 7/93, GRUR 1994, 724, 725 - Spinnmaschine; zum markenrechtlichen Verfahren: BPatGE 42, 250, 253; Büscher in Büscher/Dittmer/ Schiwy aaO § 56 MarkenG Rdn. 1; Kirschneck in Ströbele/Hacker aaO § 56 Rdn. 1). Dies gilt auch für die Anwendung des Rechtsgedankens des § 322 ZPO auf einen im Löschungsverfahren ergangenen bestandskräftigen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, weil auch insoweit wiederholte Löschungsverfahren zwischen denselben Beteiligten über dieselbe eingetra- gene Marke im Interesse einer endgültigen Befriedung durch eine bestandskräftige Entscheidung ausgeschlossen werden sollen.
21
3. Eine Zurückverweisung an das Bundespatentgericht gemäß § 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG kann vorliegend unterbleiben. Durch die Entscheidungen vom heutigen Tag in den parallelen Löschungsverfahren I ZB 53/07 und I ZB 55/07 wird die Anordnung der Löschung der auch im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Marke rechtskräftig. Aus Gründen der Prozessökonomie besteht nach rechtskräftiger Löschung der angegriffenen Marke kein Anlass, die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen; vielmehr kann der Senat in der Sache ausnahmsweise selbst entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.1997 - I ZB 7/95, GRUR 1998, 394, 396 = WRP 1998, 185 - Active Line).
22
IV. Es besteht kein Grund, die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen (§ 90 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Die aufgeworfenen Rechtsfragen ließen das Begehren der Antragstellerin nicht von vornherein als aussichtslos erscheinen. Danach entspricht es der Billigkeit, von einer Kostenentscheidung abzusehen (§ 90 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 20.12.2006 - 26 W (pat) 86/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 16/99 Verkündet am:
14. März 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 395 14 960.6
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
B-2 alloy
Werden mit den Waren, die in einer Markenanmeldung in Anspruch genommen
sind, Fachkreise, nämlich Personen, die mit diesen Waren im Einkauf oder in
der Produktion in irgendeiner Weise in Berührung kommen, angesprochen, ist
es nicht ausgeschlossen, daß diese im Einzelfall einer ihnen nicht geläufigen
Bezeichnung einen beschreibenden Inhalt unterstellen, der ihnen lediglich
(noch) unbekannt ist. Eine solche Annahme muß jedoch durch besondere tatsächliche
Umstände begründet werden, etwa damit, daß die dem Verkehr konkret
nicht bekannte Bezeichnung in einer Weise gebildet ist, die den Bezeichnungsgewohnheiten
auf dem betreffenden Warengebiet entspricht.
BGH, Beschl. v. 14. März 2002 - I ZB 16/99 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2002 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluû des 26. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 ? festgesetzt.

Gründe:


I. Mit ihrer am 6. April 1995 eingereichten Anmeldung hat die Anmelderin die Eintragung des Zeichens
"B-2 alloy"

(zunächst) für eine Fülle von Waren der Klassen 6, 7 und 9, unter ihnen "unedle Metalle und deren Legierungen", begehrt.
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Eintragung versagt, weil die angemeldete Buchstaben-Zahlen-Kombination für die beanspruchten Waren eine unmittelbar beschreibende, freihaltungsbedürftige und nicht unterscheidungskräftige Sachangabe sei.
Die hiergegen erhobene Beschwerde ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren unter Änderung des Warenverzeichnisses in "Nickellegierungen , roh oder teilweise bearbeitet, insbesondere in Form von Pulvern, Stangen, Drähten (nicht für elektrische Zwecke), Blechen, Platten und Rohren", weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat dem angemeldeten Zeichen jede Unterscheidungskraft abgesprochen und deshalb die Eintragung gemäû § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Dazu hat es ausgeführt:
Die erforderliche Unterscheidungskraft fehle einer angemeldeten Bezeichnung insbesondere, wenn ihr für den Verkehr allgemein verständlicher Sinngehalt ihre Eignung zur betrieblichen Herkunftsfunktion ausschlieûe. Maûgebliche Bedeutung komme dabei den Bezeichnungsgewohnheiten auf dem jeweiligen Warengebiet zu. Auf dem vorliegend zugrunde zu legenden Warengebiet der unterschiedlichsten Metalle und Metallegierungen sowie daraus
hergestellter Maschinenteile, Werkzeugmaschinen usw. sei eine Bezeichnung von bestimmten Eigenschaften mittels einer Aufeinanderfolge von Buchstaben und Zahlen üblich, wobei den einzelnen Komponenten genau festgelegte und definierte Eigenschaften zukämen.
Danach werde die Buchstaben-Zahlen-Kombination "B-2" auf dem vorliegenden Warengebiet lediglich als beschreibender Sachhinweis verstanden, nicht jedoch als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Vielmehr sei der angesprochene Verkehrskreis auf diesem speziellen Warengebiet so sehr daran gewöhnt, daû solche Buchstaben-Zahlen-Zusammenstellungen eine beschreibende Aussagekraft hätten, daû er angesichts der Üblichkeit und Häufigkeit solcher Hinweise auch einer ihm im Einzelfall möglicherweise unbekannten Buchstaben-Zahlen-Kombination keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen , sondern eine ihm nicht sofort geläufige beschreibende Aussage entnehmen werde.
Auch die Hinzufügung des englischsprachigen Begriffs "alloy" vermöge die Schutzfähigkeit der gesamten Bezeichnung nicht zu begründen. Das englische Wort "alloy" bedeute im Deutschen soviel wie "Legierung". In dieser Bedeutung stelle es ebenfalls lediglich einen warenbeschreibenden Sachhinweis dar, da die so bezeichneten, mit der Anmeldung beanspruchten Waren Legierungen aus den unterschiedlichsten Metallen sein könnten, die dem jeweiligen Bedarf angepaût würden und dementsprechend auch die unterschiedlichsten Eigenschaften aufwiesen. In dieser Bedeutung werde "alloy" auch von den hier angesprochenen Fachverkehrskreisen ohne weiteres verstanden, da die englische Sprache zum einen eine bedeutende Welthandelssprache und zum anderen der internationale Handel auf dem vorliegenden Warengebiet bedeutsam
sei. Durch die Anfügung des ohne weiteres erkennbar beschreibenden Wortes "alloy" an die Buchstaben-Zahlen-Kombination "B-2" entstehe bei dem angesprochenen Verkehrskreis wegen der Üblichkeit solcher beschreibender Bezeichnungen auf dem vorliegenden Warensektor der Eindruck, daû der Zeichenbestandteil "B-2" das Wort "alloy" näher beschreibe, die Ware also aus einer bestimmten Legierung bestehe.
Werde der angemeldeten Bezeichnung damit von dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres ein beschreibender Inhalt unterstellt, der zwar möglicherweise nicht in seinen Einzelheiten erfaût, aber dennoch angesichts der Übung auf dem vorliegenden Warengebiet vermutet werde, dann sei das Zeichen nicht geeignet, auf ein bestimmtes Unternehmen herkunftskennzeichnend hinzuweisen. Dies gelte selbst unter Berücksichtigung des Fachwissens der beteiligten Verkehrskreise.
III. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Der angefochtene Beschluû ist - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Anmelderin nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts das in der Anmeldung enthaltene Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen eingeschränkt hat.
Eine solche - nach § 39 Abs. 1 MarkenG "jederzeit" zulässige - Änderung des Warenverzeichnisses ist als Änderung der Verfahrensgrundlage in jeder Lage des Eintragungsverfahrens, auch noch in Rechtsmittelverfahren (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 39 Rdn. 3), zu beachten. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer Teillöschung einer Marke, die nach
Abschluû der Tatsacheninstanz aufgrund einer Einschränkung des Warenverzeichnisses vorgenommen wird (BGH, Beschl. v. 13.3.1997 - I ZB 4/95, GRUR 1997, 634 - Turbo II). In derartigen Fällen muû die angefochtene Entscheidung allerdings grundsätzlich aufgehoben und die Sache ohne weitere Sachprüfung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen werden (§ 89 Abs. 4 MarkenG). Dies hat seinen Grund darin, daû die Marke in ihrem nach der Schutzbeschränkung geltenden Umfang nicht Gegenstand der Feststellungen des Bundespatentgerichts gewesen ist (§ 89 Abs. 2 MarkenG). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Erwägungen des Bundespatentgerichts die Marke auch in dem Umfang erfassen, wie er sich durch die Einschränkung des Warenverzeichnisses ergeben hat, und wenn die Verfahrensbeteiligten bereits hinreichend Gelegenheit hatten, die ihnen maûgeblich erscheinenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vorzutragen. In einem solchen Fall kommt auch eine - gegebenenfalls sogar abschlieûende - Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts in Betracht (BGH GRUR 1997, 634 - Turbo II).
Im Streitfall ist dem Senat eine Sachprüfung möglich. Die Änderung des Warenverzeichnisses bestand unzweifelhaft in einer bloûen Beschränkung der in Anspruch genommenen Waren. Der Warenoberbegriff "Unedle Metalle und deren Legierungen" wurde durch den Begriff "Nickellegierungen", der unter den ursprünglichen Oberbegriff fällt, ersetzt; zahlreiche Waren des Warenverzeichnisses wurden ersatzlos gestrichen. Zudem beruht die Begründung, mit der das Bundespatentgericht die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen hat, auf Feststellungen zu den Bezeichnungsgewohnheiten auf dem gesamten von dem ursprünglichen Warenverzeichnis erfaûten Warengebiet und bezieht sich demnach auch auf die Waren des nunmehr geltenden Warenverzeichnisses.
2. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der angemeldeten Marke fehle die Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaût zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem groûzügigen Maûstab auszugehen, das heiût jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.2001 - I ZB 8/99, GRUR 2002, 261, 262 = WRP 2002, 91 - AC). Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist gegeben, wenn einer Marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 22.9.1999 - I ZB 19/97, GRUR 2000, 231, 232 = WRP 2000, 95 - FÜNFER; Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 34/98, GRUR 2001, 735, 736 = WRP 2001, 692 - Test it.; GRUR 2002, 261, 262 - AC, jeweils m.w.N.; vgl. auch EuGH GRUR 2001, 1145 Tz. 40, 42 = WRP 2001, 1276 - Baby-dry). Diese (konkrete) Unterscheidungskraft kann der angemeldeten Marke für die in Betracht zu ziehenden Waren mit der angeführten Begründung nicht abgesprochen werden.

b) Einen im vorgenannten Sinn beschreibenden Begriffsinhalt der angemeldeten Bezeichnung für die in Frage stehenden Waren hat das Bundespa-
tentgericht nicht festgestellt. Es hat lediglich Ausführungen dazu gemacht, daû der Groûbuchstabe "B" nach bestimmten DIN-Normen für "Behandeln auf verbesserte Bearbeitbarkeit" bzw. "beste Bearbeitbarkeit" und die Ziffer "2" für "Streckgrenze" und "Falt-, Stauchversuch" stehe. Diese Vorgehensweise begegnet bereits methodischen Bedenken, denn Gegenstand der Beurteilung muû grundsätzlich allein die Marke in ihrer - vollständigen - angemeldeten Form sein (BGH, Beschl. v. 19.1.1995 - I ZB 20/92, GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; vgl. auch EuGH GRUR 2001, 1145, 1147 Tz. 39 - Baby-dry).
Die Erwägung des Bundespatentgerichts, dem angemeldeten Zeichen werde von dem angesprochenen Verkehr ohne weiteres ein beschreibender Inhalt unterstellt, der zwar nicht in seinen Einzelheiten erfaût, aber dennoch angesichts der Übung auf dem in Frage stehenden Warengebiet vermutet werde , trägt die Verneinung der Unterscheidungskraft nicht. Das Bundespatentgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daû sich die in Anspruch genommenen Waren an Fachkreise wenden, nämlich an Personen, die mit diesen Waren im Einkauf oder in der Produktion in irgendeiner Weise in Berührung kommen. Es mag im Einzelfall auch sein, daû selbst solche Fachkreise einer ihnen nicht geläufigen Bezeichnung einen beschreibenden Inhalt unterstellen, der ihnen lediglich (noch) unbekannt sei. Eine solche Annahme muû jedoch durch besondere tatsächliche Umstände begründet werden, etwa damit, daû die dem Verkehr konkret nicht bekannte Bezeichnung in einer Weise gebildet ist, die den Bezeichnungsgewohnheiten auf dem betreffenden Warengebiet entspricht. Feststellungen dieser Art hat das Bundespatentgericht, wie die Rechtsbeschwerde mit Erfolg rügt, nicht getroffen. Es hat insbesondere nicht geprüft, ob die angemeldete Buchstaben-Zahlen-Kombination irgendwelche Ähnlichkeiten oder strukturelle Gemeinsamkeiten mit den aus den DIN-
Normen für Legierungen entnehmbaren Bezeichnungssystemen für Metallegierungen aufweist. Die hierzu von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Materialien, die sich insbesondere auch auf Nickellegierungen beziehen , lassen derartige Gemeinsamkeiten nicht erkennen, so daû die Annahme des Bundespatentgerichts, die Fachverkehrskreise unterstellten der angemeldeten Bezeichnung einen beschreibenden Inhalt, mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht im Einklang steht. Bei Fachkreisen ist nämlich - wenn schon nicht von der genauen Kenntnis der einschlägigen Fachbegriffe - so doch von der Kenntnis derjenigen Umstände und Tatsachen, etwa bestimmten Bezeichnungsgewohnheiten , auszugehen, die für die Bildung von Fachbegriffen Bedeutung haben.
Feststellungen dazu, daû die angesprochenen Fachkreise der angemeldeten Bezeichnung sonst irgendeinen begrifflichen Inhalt entnehmen könnten, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen.
IV. Danach war der angefochtene Beschluû aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(4) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Das Bundespatentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(4) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen. Das Bundespatentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 6/05 Verkündet am:
20. September 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kinder II
Ein Kläger, der für einen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke isoliert
Markenschutz aufgrund einer Marke kraft Verkehrsgeltung in Anspruch nehmen
will, muss dieses Markenrecht in der Tatsacheninstanz zum Gegenstand des
Rechtsstreits machen.
BGH, Urt. v. 20. September 2007 - I ZR 6/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Dezember 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Herstellerin von Schokoladenprodukten. Sie vertreibt diese unter Verwendung von Marken, die mit dem Begriff "Kinder" beginnen. Sie ist Inhaberin der als durchgesetztes Zeichen am 11. August 1980 für "gefüllte Vollmilchschokolade" eingetragenen Wortmarke (Nr. 1 006 192) "Kinderschokolade" und der am 12. August 1991 für "Schokolade" eingetragenen nachfolgenden (farbigen) Wort-/Bildmarke (Nr. 1180071):
2
Sie ist weiter Inhaberin der als durchgesetztes Zeichen mit Priorität vom 9. Mai 1997 für "Schokolade, Schokoladenwaren" eingetragenen nachstehend wiedergegebenen (schwarz/weißen) Wort-/Bildmarke (Nr. 397 21 063):
3
Die Beklagte stellt Süßwaren her. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 6. Oktober 1998 für "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren, nicht-medizinische Kaugummis" eingetragenen Wortmarke Nr. 398 57 206 "Kinder Kram".
4
Die Klägerin sieht eine Verletzung ihrer Markenrechte in der Benutzung der Marke "Kinder Kram" durch die Beklagte. Sie hat geltend gemacht, die Marken der Parteien seien verwechselbar. Sie habe im Jahre 1996 einen Marktanteil bei den in Rede stehenden Waren von 75,5 % erreicht, im Geschäftsjahr 1997/1998 mit den Produkten der Marke "Kinder" einen Umsatz von 490 Mio. € erzielt und im Zeitraum von 1966 bis Februar 2003 mehr als 12,7 Mrd. Produkte mit der Marke "Kinder" verkauft. In den Jahren 1995 bis 1998 habe sie Werbeaufwendungen von 238 Mio. € getätigt. Aufgrund der Vielzahl der von ihr mit dem Zeichen "Kinder" vertriebenen Produkte und der großen Bekanntheit ihrer Marken erwarte der Verkehr, dass mit der Marke "Kinder Kram" gekennzeichnete Waren von ihr stammten.
5
Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu untersagen, Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren und nicht-medizinische Kaugummis unter der Marke "Kinder Kram", wie sie im Markenblatt Heft 4 vom 28. Januar 1999 auf Seite 1051 unter der Nr. 398 57 206 (wie nachfolgend eingeblendet) veröffentlicht worden ist, anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen.
6
Die Beklagte hat bestritten, dass sich die Marken "Kinder" ohne die graphische Gestaltung durchgesetzt hätten und hat die Ansicht vertreten, die Schutzfähigkeit der Marken sei auf die konkrete Gestaltung beschränkt. An der Bezeichnung "Kinder" bestehe ein hohes Freihaltebedürfnis.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat im ersten Berufungsrechtszug die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2002, 7 = WRP 2001, 57).
8
Auf die Revision der Beklagten hat der Senat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Beurteilung der Kenn- zeichnungskraft der Klagemarken und der Ähnlichkeit der Kollisionszeichen zurückverwiesen (BGHZ 156, 112 - Kinder I).
9
Im zweiten Berufungsverfahren hat die Klägerin den Unterlassungsanspruch auch auf die zwischenzeitlich eingetragene schwarz/weiße Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063 gestützt.
10
Das Berufungsgericht hat im erneuten Berufungsverfahren die Klage abgewiesen.
11
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückverweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


12
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG verneint und hierzu ausgeführt:
13
Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen den Klagemarken und dem angegriffenen Zeichen bestehe nicht. Aufgrund des für das Berufungsgericht bindenden Revisionsurteils stehe fest, dass der Wortbestandteil "Kinder" gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG absolut schutzunfähig sei, ohne Feststellung einer Verkehrsdurchsetzung aus Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks der Klagemarke Nr. 1180071 bewirken und ihm auch nicht Schutz als Stammbestandteil eines Serienzeichens zukommen könne. Dies gelte auch für die erst nach Verkündung des Revisionsurteils in das Verfahren eingeführte Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063. Der Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarken habe sich zum Zeitpunkt der ersten Kollision der gegenüberstehenden Zeichen am 6. Oktober 1998 im Verkehr nicht durchgesetzt. Für eine Verkehrsdurchsetzung reiche die bloße Bekanntheit des Produkts oder der Marke nicht aus. Entscheidend sei vielmehr der Zuordnungsgrad zu einem bestimmten Hersteller. Für das Wort "Kinder" in Maschinenschrift und nicht in der typischen graphischen Gestaltung ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Gutachten ein Bekanntheitsgrad von 58,3 % des an Schokoladenwaren interessierten Teils der Bevölkerung. Dieser Prozentsatz könne jedoch nicht übernommen werden. Ohne Bezeichnung des Herstellers genügten nur Angaben zu mehreren Bestandteilen einer Produktfamilie, um das produzierende Unternehmen hinreichend zu identifizieren. In welchem Umfang es zu derartigen Mehrfachnennungen gekommen sei, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen.
14
Sei danach der Wortbestandteil "Kinder" in den Klagemarken mangels Verkehrsdurchsetzung rein beschreibender Natur und deshalb schutzunfähig, fehle die notwendige Ähnlichkeit zwischen den Kollisionszeichen. Die Klagemarken würden nicht durch den Wortbestandteil "Kinder", sondern nur durch ihre graphischen Elemente geprägt.
15
Eine Verwechslungsgefahr sei aber auch dann zu verneinen, wenn der Wortbestandteil "Kinder" in gewissem Umfang die Klagezeichen mitpräge. Die Klagemarken verfügten im Kollisionszeitpunkt nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft , was in Anbetracht der nur geringen Zeichenähnlichkeit nicht ausreiche, um eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzunehmen.
16
Die Klage sei auch nicht nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG erfolgreich. Die erforderliche Zeichenähnlichkeit zwischen den Klagemarken und der Kollisionsmarke sei nicht gegeben. Dem beschreibenden Wortbestandteil "Kinder" komme kein Schutz als bekannte Marke zu und die verbleibenden Besonderheiten der Schreibweise der Klagemarken fänden in dem angegriffenen Zeichen keine Entsprechung.
17
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
18
1. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG aufgrund der farbigen Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 "Kinder" ist nicht gegeben.
19
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen der farbigen Wort-/Bildmarke "Kinder" der Klägerin und der Wortmarke Nr. 398 57 206 "Kinder Kram" der Beklagten keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht.
20
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage , ob Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, GRUR 2004, 600 = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang).
21
bb) Zwischen "Schokolade" und "Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren , nicht-medizinische Kaugummis" besteht Warenähnlichkeit. Davon sind das Berufungsgericht im ersten Berufungsurteil und der Senat in der ersten Revisionsentscheidung ausgegangen. Mangels anderweitiger Feststellungen liegt eine durchschnittliche Warenähnlichkeit vor.
22
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die farbige Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 nicht über gesteigerte, sondern über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt, weil es sich wegen fehlender originärer Unterscheidungskraft um ein von Hause aus schutzunfähiges Zeichen handelt, das nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG eingetragen ist.
23
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, dem Wortelement "Kinder" der Klagemarke komme jedenfalls eine schwache originäre Kennzeichnungskraft zu. Das Wortelement sei unabhängig von der graphischen Gestaltung der farbigen Wort-/Bildmarke aufgrund umfänglicher Benutzung im Verkehr durchgesetzt; die Klagemarke verfüge bezogen auf den Kollisionszeitpunkt 6. Oktober 1998 über gesteigerte Kennzeichnungskraft.
24
(1) Die Eintragung einer Marke als durchgesetztes Zeichen hat nicht zur Folge, dass der Marke im Verletzungsverfahren ein bestimmtes Maß an Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Die Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung der Marke hat nur zur Folge, dass er der Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 - ARD-1). Im Verletzungsverfahren hat das Gericht da- her den Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke selbständig zu bestimmen. Dies gilt auch für Marken, die aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind (BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 173 f. = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; Urt. v. 25.1.2007 - I ZR 22/04 Tz. 35 - Pralinenform ). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seine Annahme, die farbige Wort-/Bildmarke "Kinder" der Klägerin verfüge nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
25
(2) Dem Wortbestandteil "Kinder" fehlt für die Ware "Schokolade" wegen der die Zielgruppe der Abnehmer der Produkte beschreibenden Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einer Bezeichnung nicht nur dann, wenn es um eine Beschreibung konkreter Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geht, sondern auch dann, wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH, Beschl. v. 28.8.2003 - I ZB 6/03, GRUR 2003, 1050 f. = WRP 2003, 1429 - Cityservice). Der Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarken beschreibt allgemein den möglichen Abnehmerkreis der Produkte, so dass es nicht darauf ankommt, welche Waren die Klägerin herstellt und vertreibt und ob diese auch von Erwachsenen verzehrt werden.
26
(3) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die farbige Wort-/ Bildmarke "Kinder" aufgrund der Benutzungslage zum Kollisionszeitpunkt am 6. Oktober 1998 nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt und eine darüber hinausgehende Steigerung der Kennzeichnungskraft der nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke der Klägerin nicht eingetreten ist. Es hat angenommen, dass sich der isolierte Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarke nicht i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr als Kennzeichen durchgesetzt habe. Hierzu reiche die bloße Bekanntheit des Produkts und der Marke nicht aus. Die von der Klägerin vorgelegten demoskopischen Gutachten, bei denen die Befragten das Wort "Kinder" in der typischen graphischen Gestaltung mit verlängertem Vertikalstrich vorgelegt erhielten, ließen nur in geringem Umfang einen Rückschluss auf die Verkehrsdurchsetzung des Wortelements zu. Bei dem von der Klägerin vorgelegten demoskopischen Gutachten, bei dem das Wort "Kinder" in Maschinenschrift gehalten sei, könnten neben denjenigen Verkehrskreisen, die die Klägerin als Herstellerin benannt hätten (24,9 %), nur diejenigen Befragten berücksichtigt werden, die das Wort "Kinder" mehreren Produkten der Produktfamilie der Klägerin zugeordnet hätten. Hierzu enthalte das von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten aber keine Angaben. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
27
Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften , die die Marke von Hause aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen, gehören (EuGH, Urt. v. 22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 23 = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 14.9.1999 - C-375/97, Slg. 1999, I-5421 = GRUR Int. 2000, 73 Tz. 27 = WRP 1999, 1130 - Chevy; Urt. v. 7.7.2005 - C-353/03, GRUR 2005, 763 Tz. 31 = WRP 2005, 1159 - Nestlé/Mars; BGH, Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV).
28
Aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marken verfügen regelmäßig über durchschnittliche Kennzeichnungskraft (BGH GRUR 2002, 171, 173 f. - Marlboro-Dach; zum WZG: BGHZ 113, 115, 118 - SL; BGH, Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, WRP 1993, 694, 696 - apetito/apitta). Eine weitergehende Steigerung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist aufgrund ihrer Benutzung bis zum Kollisionszeitpunkt nicht eingetreten. Da der Wortbestandteil "Kinder" die Abnehmerkreise der in Rede stehenden Süßwaren glatt beschreibt , ist für die Durchsetzung des Wortelements "Kinder" ein deutlich erhöhter Durchsetzungsgrad erforderlich (BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO).
29
(a) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus den demoskopischen Gutachten der Anlagen BB 25, BB 27, BB 29, BB 30 und BB 31 keine Verkehrsdurchsetzung des isolierten Wortbestandteils "Kinder" und auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke. Die Gutachten BB 29 und BB 30 betreffen das Zeichen "Kinder" - wenn auch in schwarz/weißer Aufmachung - mit der typischen graphischen Gestaltung des Anfangsbuchstabens und lassen deshalb keinen Rückschluss auf die Verkehrsdurchsetzung des reinen Wortbestandteils zu.
30
Nach dem Gutachten BB 31 der GfK-Marktforschung von Oktober 2000 weist das Wort "Kinder" ohne graphische Gestaltung bei 60,4 % aller Befragten und 65,8 % der Befragten, die sich öfters oder gelegentlich als Käufer oder Interessent mit Schokolade und Schokoladenwaren befassen, auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin. Von diesem Ergebnis sind allerdings diejenigen Befragten abzusetzen, die auf die Frage Nr. 3 nach dem Namen des Unternehmens das Wortelement "Kinder" einem anderen Unternehmen als der Klägerin zurechneten. Dies sind insgesamt 4,3 % aller Befragten und 4,5 % des engeren Verkehrskreises. Die Befragten müssen das Unternehmen, das das Zeichen verwendet, dessen Verkehrsdurchsetzung in Rede steht, zwar nicht namentlich benennen können. Diejenigen Befragten, die das Zeichen aber einem anderen, ausdrücklich genannten Unternehmen zurechnen, haben bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zugunsten eines bestimmten Unternehmens außer Betracht zu bleiben (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 65 = WRP 2002, 924 - Philips; BGH, Beschl. v. 8.7.1964 - Ib ZB 7/63, GRUR 1965, 146, 149 - Rippenstreckmetall II; BGHZ 169, 245 Tz. 25 - Goldhase; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rdn. 423; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 315 und 354; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 8 Rdn. 328; v. Schultz, Markenrecht, § 8 Rdn. 141; a.A. Niedermann, GRUR 2006, 367, 371: Außerachtlassung nur bei massiven Fehlzuordnungen). Davon ist der Senat auch in der ersten Revisionsentscheidung ausgegangen (BGHZ 156, 112, 121 - Kinder I). Soweit der auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von April 1997 angeführte Bekanntheitsgrad der Bezeichnung "Kinder" dort mit 48,5 % ermittelt worden ist, wird an dieser Berechnung nicht festgehalten, weil dabei diejenigen Verkehrskreise unberücksichtigt geblieben sind, die das Zeichen zwar als Hinweis auf ein Unternehmen auffassen, es aber keinem namentlich bestimmten Unternehmen zuordnen (zu der Berechnung aufgrund der GfKUntersuchung von April 1997 nachstehend unter (b)). Danach verbleiben auf der Grundlage des Gutachtens BB 31 von Oktober 2000 56,1 % aller Befragten und 61,3 % des engeren Verkehrskreises, die den Wortbestandteil "Kinder" einem bestimmten Unternehmen zuordnen, ohne dass es zu Fehlzuordnungen kommt. Das reicht für eine Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" ohne graphische Gestaltung nicht aus. Auf die Gutachten BB 25 aus dem Jahre 1988 und BB 27 aus dem Jahre 1990 kann die Klägerin eine Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" nicht mit Erfolg stützen. Diese liegen in zeitlicher Hinsicht vom Kollisionszeitpunkt weiter entfernt als die Umfrage von September 2002 und lassen nicht erkennen, in welchem Umfang es zu Fehlzuordnungen zu anderen Unternehmen gekommen ist.

31
Den Umsatz- und Absatzzahlen, dem Marktanteil und der Marktpräsenz der Produkte der Klägerin sowie ihren Werbeaufwendungen kommt im Streitfall ein entscheidendes Gewicht für die Feststellung einer Verkehrsdurchsetzung des Wortbestandteils "Kinder" nicht zu. Diese beziehen sich sämtlich auf die farbigen Wort-/Bildmarken. Ihnen lässt sich daher - entgegen der Ansicht der Revision - nicht entnehmen, dass der isolierte Wortbestandteil "Kinder" sich im Verkehr als Hinweis auf die Herkunft von Schokoladenprodukten aus dem Unternehmen der Klägerin durchgesetzt hat.
32
(b) Nach der GfK-Untersuchung von April 1997 wies das graphisch gestaltete Wort "Kinder" in Schwarz-Weiß-Aufmachung nach Angaben von 63,6 % der Befragten auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin, das 48,5 % unmittelbar oder mittelbar über andere Marken der Klägerin zuordneten. Nimmt man von den 63,6 % der Befragten, für die das graphisch gestaltete Zeichen auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist, diejenigen 5 % der Befragten aus, die das Zeichen einem dritten Unternehmen zurechneten, verbleiben 58,6 % aller Befragten , für die das Zeichen auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist, ohne dass die Befragten es als Hinweis auf ein Konkurrenzunternehmen ansehen.
33
(c) Da von einer Verkehrsdurchsetzung im Regelfall nicht unterhalb eines Durchsetzungsgrads von 50 % auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 760 Tz. 20 - LOTTO) und aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marken regelmäßig nur über normale Kennzeichnungskraft verfügen, reicht in Anbetracht des glatt beschreibenden Charakters des Wortbestandteils "Kinder" ein Anteil, der 60 % aller Befragten nicht deutlich übersteigt, auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin durch Umsatzund Absatzzahlen, Marktpräsenz und Marktanteil, Werbeaufwendungen und Verbraucherkontakte dargelegten Benutzung der farbigen Wort-/Bildmarke zur Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke nicht aus.
34
dd) Das Berufungsgericht hat zutreffend bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Kollisionszeichen nicht ausschließlich auf den Wortbestandteil "Kinder" der Klagemarke abgestellt und eine Zeichenähnlichkeit rechtsfehlerfrei verneint.
35
(1) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urt. v. 6.10.2005 - C-120/04, GRUR 2005, 1042 Tz. 28 f. = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Tz. 17 = WRP 2006, 92 - coccodrillo). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2002, 171, 174 - MarlboroDach ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 31 - THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Tz. 18 - Malteserkreuz).
36
(2) Der Gesamteindruck der farbigen Wort-/Bildmarke der Klägerin wird nicht durch den Wortbestandteil "Kinder" geprägt. Dieser Wortbestandteil verfügt für die Produkte "Schokolade" über keine Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und hat diese auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erworben (s. oben II 1 a cc (3)). Ohne Kennzeichnungskraft kann das Wortelement der farbigen Wort-/Bildmarke der Klägerin keine Prägung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus I; Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 189/01, GRUR 2004, 778, 779 = WRP 2004, 1173 - URLAUB DIREKT).
37
(3) In der zusammengesetzten jüngeren Marke "Kinder Kram" hat das Wort "Kinder" keine selbständig kennzeichnende Stellung. Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht. Im Hinblick auf den die Abnehmerkreise ebenfalls beschreibenden Charakter des Wortbestandteils "Kinder" für die in Rede stehenden Waren ist auch bei der jüngeren Marke nicht davon auszugehen, dass dieser Wortbestandteil die Marke dominiert.
38
Stehen sich bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit die aus Wort- und Bildbestandteilen bestehende graphisch gestaltete farbige Klagemarke und die aus den Wortelementen "Kinder" und "Kram" zusammengesetzte jüngere Wortmarke gegenüber, ist die Annahme des Berufungsgerichts, das von absoluter Zeichenunähnlichkeit ausgegangen ist, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
39
b) Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr zwischen der farbigen Wort-/Bildmarke Nr. 1180071 und der angegriffenen Marke "Kinder Kram" auch nicht unter dem Aspekt eines Serienzeichens angenommen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
40
aa) Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens hat unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens der jüngeren mit der älteren Marke Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden (EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont). Diese Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen - wie im Streitfall - nach ihrem Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen , die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Inhaber zuordnet (BGH, Urt. v. 22.11.2001 - I ZR 111/99, GRUR 2002, 542, 544 = WRP 2002, 534 - BIG; Urt. v. 24.1.2002 - I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 547 = WRP 2002, 537 - BANK 24).
41
bb) Bei der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sind besonders strenge Anforderungen an die Wesensgleichheit dieses Zeichens mit dem angegriffenen Zeichen zu stellen (BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont; Ullmann, GRUR 1993, 334, 337; Eichelberger , WRP 2006, 316, 321). Daran fehlt es vorliegend.
42
Der Wortbestandteil "Kinder" ist nicht verkehrsdurchgesetzt und kann die Klagemarke daher nicht prägen. Demnach kann bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr nicht entscheidend auf Übereinstimmungen allein mit der beschreibenden Angabe abgestellt werden. Maßgebend für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr muss vielmehr gegenüber der angegriffenen Bezeich- nung die Klagemarke in der den Schutz dieses Zeichens begründenden Gestaltung sein (BGH, Urt. v. 20.3.2003 - I ZR 60/01, GRUR 2003, 963, 965 = WRP 2003, 1353 - AntiVir/AntiVirus).
43
Die typische graphische Gestaltung der Wort-/Bildmarke der Klägerin weicht in der farbigen Aufmachung aufgrund ihrer bildlichen Gesamtwirkung deutlich von dem Wort "Kinder" in Maschinenschrift ab. Zwischen der farbigen Klagemarke Nr. 1180071 und dem Wortbestandteil "Kinder" der angegriffenen jüngeren Marke, der als Stamm einer Zeichenserie der Klägerin in Betracht kommt, besteht danach ebenfalls keine Zeichenähnlichkeit.
44
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht auch einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG aufgrund der Klagemarke Nr. 1180071 verneint hat.
45
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sind keine anderen Maßstäbe anzulegen als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (BGH, Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 596 = WRP 2004, 909 - FerrariPferd ). Mangels Ähnlichkeit der kollidierenden Marken kommt auch ein auf den Schutz einer bekannten Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützter Unterlassungsanspruch nicht in Betracht.
46
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aufgrund der schwarz-weiß gestalteten Wort-/Bildmarke Nr. 397 21 063 "Kinder" nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG zu.
47
a) Zwischen der graphisch gestalteten schwarz-weißen Wort-/Bildmarke der Klägerin und der zusammengesetzten Wortmarke der Beklagten hat das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ebenfalls wegen Zeichenunähnlichkeit verneint. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
48
aa) Das Wortelement "Kinder" verfügt aus den oben unter II 1 a cc (2) dargelegten Gründen von Hause aus über keine Kennzeichnungskraft für Schokolade und Schokoladenwaren und genießt auch keinen Schutz kraft Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG.
49
Danach stehen sich die Klagemarke, die Schutz nur durch die Kombination des Wortelements mit der graphischen Gestaltung erlangt hat, und die aus den Wortbestandteilen "Kinder" und "Kram" zusammengesetzte jüngere Marke gegenüber. Zwischen diesen Zeichen besteht keine Zeichenähnlichkeit, weil die Wort-/Bildmarke der Klägerin nicht nur durch den Wortbestandteil "Kinder", sondern ebenso wie die farbige Wort-/Bildmarke der Klägerin durch die graphische Gestaltung bestimmt wird, während die Bezeichnung "Kinder Kram" durch beide Wortbestandteile geprägt wird. Die graphische Gestaltung der Klagemarke , aus der sich ihre Schutzfähigkeit ableitet, findet sich nicht in der angegriffenen Marke der Beklagten. Allein die teilweise Übereinstimmung des schutzunfähigen Wortbestandteils "Kinder" mit der angegriffenen Bezeichnung vermag eine Zeichenähnlichkeit nicht zu begründen (BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 130/01, GRUR 2004, 775, 777 = WRP 2004, 1037 - EURO 2000; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn. 150).
50
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der schwarz-weißen graphisch gestalteten Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung "Kinder Kram" besteht wegen Zeichenunähnlichkeit nicht.
51
bb) Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens ist zwischen der Klagemarke Nr. 397 21 063 und der Bezeichnung "Kinder Kram" ebenfalls nicht gegeben.
52
Die typische graphische Gestaltung der Wort-/Bildmarke der Klägerin, aus der sich die Schutzfähigkeit ergibt, ist in der reinen Wortmarke der Beklagten nicht aufgenommen. Der reine Wortbestandteil der Klagemarke genießt mangels Verkehrsdurchsetzung keinen Schutz. Seine Übereinstimmung mit dem Wortbestandteil "Kinder" der angegriffenen Bezeichnung, der als Stamm einer Zeichenserie der Klägerin in Betracht kommt, kann keine Zeichenähnlichkeit begründen.
53
b) Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG aufgrund des Schutzes der Klagemarke Nr. 397 21 063 "Kinder" als bekannte Marke kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht Zeichenunähnlichkeit.
54
3. Auf die weiteren Wortmarken Nr. 1 006 192 und 1095019 "Kinderschokolade" und "Kinder Überraschung", auf die die Klägerin ihre Ansprüche in erster Instanz gestützt hatte, ist sie nach dem ersten Revisionsurteil des Senats nicht mehr zurückgekommen. Das Berufungsgericht hat sie seiner Beurteilung im angefochtenen Urteil auch nicht mehr zugrunde gelegt, ohne dass die Revision hiergegen etwas erinnert.
55
4. Die Klägerin kann den Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG schließlich nicht auf eine Marke kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG an dem Wort "Kinder" stützen. Eine entsprechende Wortmarke ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden.
56
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 166, 253, 259 - Markenparfümverkäufe, m.w.N.). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte).
57
b) Die Klägerin hat die Verletzung einer aus dem Wort "Kinder" bestehenden Marke kraft Verkehrsgeltung in den Tatsacheninstanzen nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht. Die Revision hat in der Begründung des Rechtsmittels auch nicht gerügt, dass das Berufungsgericht eine entsprechende Marke unberücksichtigt gelassen hätte. In der Revisionsinstanz kann die Klägerin ein neues Schutzrecht nicht mehr in den Rechtsstreit einführen.
58
5. Die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG ist nicht geboten.
59
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erlangt eine sehr bekannte beschreibende Bezeichnung - in jenem Fall eine geographische Angabe - Unterscheidungskraft i.S. des Art. 3 Abs. 3 MRRL (= § 8 Abs. 3 MarkenG) nur bei einer offenkundig besonders langfristigen und intensiven Benutzung der Marke (EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 50 = MarkenR 1999, 189 - Chiemsee).
60
Welche Umstände bei dieser Beurteilung als relevant heranzuziehen sind, ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 51 - Chiemsee; GRUR Int. 2000, 73 Tz. 27 - Chevy) und bereits in der ersten Revisionsentscheidung angeführt (BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I). Diese relevanten Umstände haben die mit der Entscheidung befassten Gerichte umfassend zu würdigen (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 49 - Chiemsee). Die Feststellung und Bewertung dieser Umstände im Einzelfall ist Aufgabe der nationalen Gerichte (EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - C-303/97, GRUR Int. 1999, 345 Tz. 36 - Kessler Hochgewächs).
61
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternber g Pokrant
Büscher Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.03.2000 - 84 O 77/99 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.12.2004 - 6 U 51/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 18/05 Verkündet am:
25. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
TUC-Salzcracker
Eine aus der Form der Ware bestehende, von Haus aus nicht unterscheidungskräftige
Gestaltung kann als Bestandteil einer aus mehreren Zeichenelementen
zusammengesetzten Marke deren Gesamteindruck maßgeblich mitbestimmen,
wenn sie infolge der Benutzung des Zeichens hinreichende Kennzeichnungskraft
erlangt hat; ein für die Eintragung der Form als im Verkehr durchgesetzte
Marke nach § 8 Abs. 3 MarkenG genügender Kennzeichnungsgrad ist dafür
nicht erforderlich.
BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 - I ZR 18/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Dezember 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der für Biscuits, gaufres, pâtisserie, produits de boulangerie, cacao, chocolat, produits de chocolaterie, confiserie eingetragenen , nachfolgend abgebildeten IR-Bildmarke 523 170, deren Schutz Ende 1988 auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt worden ist:
2
Die Marke zeigt ein Salzgebäck, dessen rechteckige, an den Ecken abgeschrägte Oberfläche die aus 21 Einstanzungen gebildete Aufschrift TUC sowie jeweils vier über und unter der Aufschrift TUC befindliche Einstanzungen aufweist. Ein Salzcracker mit dieser Gestaltung wird in Deutschland von einem zum selben Konzern wie die Klägerin gehörenden Unternehmen vertrieben.
3
Die Beklagte, die ihren Geschäftssitz in Istanbul/Türkei hat, bietet seit Anfang 2002 in Deutschland einen rechteckigen Salzcracker mit abgerundeten Ecken und lochförmigen Einstanzungen in der aus dem Klageantrag ersichtlichen Anordnung an.
4
Die Klägerin ist der Auffassung, der Vertrieb des Cracker-Produkts der Beklagten verletze ihr Markenrecht. Außerdem sei der Vertrieb unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung und der Rufausbeutung wettbewerbswidrig.

5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen , einen rechteckigen, salzigen Cracker mit den ungefähren Kantenmaßen 6,3 cm x 4,7 cm, wobei die Ecken abgerundet sind, wie nachstehend wiedergegeben, anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:
6
Ferner hat sie Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung begehrt.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, nachdem es ein Meinungsforschungsgutachten zu der Frage eingeholt hat, in welchem Maße die Form des Salzgebäcks TUC für sich genommen als Herkunftshinweis auf die Klägerin verweist. Bei der Verkehrsbefragung wurde den befragten Verkehrsteilnehmern die Abbildung eines neutralisierten Crackers der Klägerin vorgelegt , bei der die Aufschrift TUC durch 36 Einstanzungen ersetzt worden war. Diese waren in drei Felder aufgeteilt, die durch jeweils drei senkrechte Reihen zu je vier Einstanzungen gebildet wurden.
8
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

9
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche weder aus Markenrecht noch nach den Vorschriften des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG seien nicht gegeben. Zwar fehle es nicht an einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr. Es bestehe jedoch keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Klagemarke zeige die Ware als ein Salzgebäck mit Einstanzungen, wie es dem Verkehr typischerweise auf dem Markt begegne. Soweit bei der Beurteilung des Schutzumfangs nicht auf den Schriftzug TUC abgestellt werde, bestehe sie in einer reinen Warenform, mit der der Verkehr Herkunftsvorstellungen grundsätzlich nicht verbinde. Ihr fehle deshalb jede Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Marke der Klägerin habe das Eintragungshindernis auch nicht bereits zum Zeitpunkt der Markeneintragung wegen Verkehrsdurchsetzung i.S. des § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Der dafür in der Regel erforderliche Zuordnungsgrad zu einem bestimmten Hersteller von 50% der beteiligten Verkehrskreise werde im Streitfall nicht erreicht.
12
Stelle man demgegenüber für die Frage der Schutzfähigkeit der Klagemarke entscheidend darauf ab, dass sie den Schriftzug TUC trage, scheitere das Klagebegehren ungeachtet der Frage einer etwa gestärkten Kennzeichnungskraft dieser Marke daran, dass die notwendige Zeichenähnlichkeit nicht bejaht werden könne. Selbst wenn jedoch davon ausgegangen werden müsste, dass nicht nur das Buchstabenkürzel TUC die Klagemarke präge, sondern dass ihre konkrete achteckige Ausgestaltung und die vorgenommenen Einstanzungen nicht völlig außer Acht gelassen werden dürften, stünde der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Zwar würde dann vielleicht die notwendige Markenähnlichkeit noch bejaht werden können, weil auch der Cracker der Beklagten im weitesten Sinne achteckig sei und Ausstanzungen enthalte. In Anbetracht der Tatsache, dass der Klagemarke dann allenfalls normale Kennzeichnungskraft zukäme und die Markenähnlichkeit als verschwindend gering einzustufen wäre, fehlte es für diesen Fall zumindest an der für den Tatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG notwendigen Verwechslungsgefahr. Denn bei dem Cracker der Beklagten fehle die Bezeichnung TUC völlig; die konkrete Form des Crackers und auch die Stanzenbildung wiesen gegenüber der Marke der Klägerin deutliche Unterschiede auf.
13
Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz scheiterten daran, dass die Klägerin die Gefahr einer Herkunftstäuschung sowie einer Rufausbeutung nicht dargelegt habe.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Revision rügt mit Erfolg, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verletzung der Marke der Klägerin i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG seien nicht gegeben, auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.

15
1. Für die Revisionsinstanz ist eine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Gestaltung durch die Beklagte zu unterstellen.
16
Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig verwendet wird, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 51 f. = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club; Urt. v. 25.1.2007 - C-48/05 P, GRUR 2007, 318 Tz. 21, 24 = WRP 2007, 299 - Adam Opel/Autec; BGH, Urt. v. 25.1.2007 - I ZR 22/04, GRUR 2007, 780 Tz. 22 = WRP 2007, 1090 - Pralinenform, zur Veröffentlichung in BGHZ 171, 89 vorgesehen , m.w.N.). Das Berufungsgericht ist von einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Gestaltung der Beklagten ausgegangen. Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Verkehrsbefragung stehe fest, dass ein beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs mit der Gestaltung einer Ware, wie sie von den Parteien vertrieben werde, die Vorstellung verbinde, solche Ware stamme aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb. Von einer näheren Begründung , aus welchen Gründen sich aus der Verkehrsbefragung, bei der den Befragten der neutralisierte Cracker der Klägerin vorgelegt worden ist, eine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Gestaltung der Beklagten ergibt, hat das Berufungsgericht abgesehen, weil seiner Ansicht nach die weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben sind. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Verkehrsbefragung hatten über 50% der befragten Verkehrsteilnehmer angegeben, sie verstünden den auf der ihnen gezeigten Abbildung dargestellten Cracker als Hinweis auf einen ganz bestimmten Hersteller. Dieser Prozentsatz reiche für die Annahme einer markenmäßigen Verwendung der bei der Verkehrsbefragung gezeigten Form aus. Allerdings zeigt die der Verkehrsbefragung zugrunde gelegte Abbildung eines Crackers nicht die angegriffene Form der Beklagten, sondern eine neutralisierte Darstellung des TUC-Crackers der Klägerin. Eine Übertragung der Ergebnisse der Verkehrsbefragung auf die angegriffene Form kommt daher nur in Betracht, wenn in den herkunftshinweisenden Merkmalen Übereinstimmungen oder hinreichende Ähnlichkeiten zwischen der angegriffenen und der der Verkehrsbefragung zugrunde gelegten Form bestehen. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Ihm obliegt jedoch die tatrichterliche Beurteilung , ob die angegriffene Warengestaltung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird (vgl. BGHZ 153, 131, 139 - Abschlussstück; BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck). Demzufolge ist für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass gemäß ihrem Vorbringen die angegriffene Gestaltung von einem ausreichenden Teil der angesprochenen Verkehrsteilnehmer als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen verstanden und damit markenmäßig verwendet wird.
17
2. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch das Berufungsgericht ist nicht frei von Rechtsfehlern.
18
a) Die Beurteilung, ob Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGHZ 156, 112, 120 f. - Kinder I, m.w.N.). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen , wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, Urt. v. 13.9.2007 - C-234/06 P, GRUR Int. 2007, 1009 Tz. 33 = WRP 2007, 1322 - Il Ponte Financiaria/HABM [BAINBRIDGE], m.w.N.). Der Gesamteindruck ist deshalb maßgeblich, weil der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2007 - C-334/05 P, GRUR 2007, 700 Tz. 35 - HABM/Shaker [Limoncello]; BGHZ 169, 295 Tz. 21 - Goldhase, jeweils m.w.N.).
19
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bestimmung des Schutzumfangs des Klagezeichens die Marke so zugrunde zu legen ist, wie sie eingetragen ist (vgl. BGHZ 153, 131, 142 - Abschlussstück, m.w.N.). Bei der Klagemarke handelt es sich um eine (zweidimensionale) Bildmarke , die aus der Abbildung eines Salzgebäcks besteht, das die aus Einstanzungen gebildete Aufschrift TUC trägt. Bei dem angegriffenen Cracker der Beklagten handelt es sich um eine dreidimensionale Gestaltung. Zwischen einer (flächenhaften) Bildmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung kann eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND, m.w.N.).
20
c) Den Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen hat das Berufungsgericht dagegen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
21
aa) Das Berufungsgericht ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr in der Weise vorgegangen, dass es sich bei der Bestimmung des Gesamteindrucks der Klagemarke und deren Kennzeichnungskraft zunächst mit der Unterscheidungskraft der abgebildeten Warenform als solcher befasst, sodann für die Frage des Schutzumfangs der Klagemarke allein auf den Schriftzug TUC abgestellt und schließlich die Verwechslungsgefahr unter der Annahme geprüft hat, dass neben dem prägenden Buchstabenkürzel TUC die konkrete achteckige Ausgestaltung und die vorgenommenen Einstanzungen nicht völlig außer Acht gelassen werden dürften. Diese Vorgehensweise ist nicht bereits deshalb zu beanstanden, weil für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der Zeichen abzustellen ist. Dies schließt nicht aus, dass zunächst die einzelnen Gestaltungselemente einer Marke nacheinander geprüft werden, um anschließend den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu untersuchen (vgl. EuGH, Urt. v. 4.10.2007 - C-144/06 P, GRUR Int. 2008, 43 Tz. 39 - Henkel/HABM; Urt. v. 30.6.2005 - C-286/04 P, Slg. 2005, I-5797 Tz. 22/23 = GRUR Int. 2005, 823 - Eurocermex/HABM, m.w.N.).
22
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klagemarke allenfalls normale Kennzeichnungskraft zukomme und die Zeichenähnlichkeit verschwindend gering sei, wenn nicht nur das Buchstabenkürzel TUC die Klagemarke präge, sondern die abgebildete Form, d.h. die konkrete achteckige Ausgestaltung und die Einstanzungen, nicht völlig außer acht gelassen werde. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht dabei die Kennzeichnungskraft der Klagemarke als Ganzes, d.h. nach deren Gesamteindruck, nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
23
Das Berufungsgericht hat insoweit schon nicht hinreichend dargelegt, warum der Klagemarke lediglich normale Kennzeichnungskraft zukommen soll, wenn der abgebildeten Crackerform eine den Gesamteindruck der Klagemarke mitbestimmende Bedeutung beizumessen ist. Bei der diesen Ausführungen vorangehenden Prüfung der Verwechslungsgefahr unter der - nicht hinreichend begründeten (siehe dazu unter II 2 c cc) - Annahme, dass für die Frage des Schutzumfangs des Klagezeichens entscheidend nur auf den Schriftzug TUC abzustellen sei, ist das Berufungsgericht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgegangen. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Kennzeichnungskraft des Gesamtzeichens demgegenüber geringer sein sollte, wenn der Gesamteindruck der Klagemarke nicht lediglich durch den Schriftzug TUC, sondern auch durch die Form der abgebildeten Ware bestimmt wird. Die Kennzeichnungskraft einzelner Zeichenbestandteile besagt zwar nicht notwendigerweise etwas über die Kennzeichnungskraft des zusammengesetzten Zeichens (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 114/84, GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal /Indohexal). Besteht das Gesamtzeichen aber, wovon im vorliegenden Zusammenhang auszugehen ist, aus einer kennzeichnungskräftigen Warenform und einem auf der Ware angebrachten Wortzeichen, so besteht regelmäßig kein Grund zu der Annahme, die Kennzeichnungskraft des so zusammengesetzten Gesamtzeichens sei niedriger als diejenige seiner einzelnen Bestandteile. Denn der Verkehr ist, wenn er eine Warenform als Herkunftshinweis versteht , daran gewöhnt, dass die betreffende Ware neben der Form zusätzlich mit anderen Kennzeichen, insbesondere mit Wortkennzeichen, versehen ist. Er wird diese Kennzeichnungsmittel somit auch dann, wenn sie ihm wie im vorliegenden Fall als Bestandteile eines einheitlichen Bildzeichens entgegentreten, als solche erkennen, so dass die Kennzeichnungskraft der Bestandteile als solche in der Regel in dem Gesamtzeichen nicht verloren geht, sondern dessen Kennzeichnungskraft mitbestimmt. Dass die Gestaltung der Klagemarke demgegenüber Besonderheiten aufweist, die zu einer anderen Auffassung des Verkehrs führen könnten, hat das Berufungsgericht nicht dargelegt.
24
cc) Ersichtlich ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei geringer, wenn nicht lediglich der Schriftzug TUC, sondern auch die Form des abgebildeten Salzgebäcks deren Gesamteindruck mitbestimme, sowie bei der Annahme einer verschwindend geringen Ähnlichkeit zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen davon ausgegangen, dass der von der Klagemarke abgebildeten Form als solcher allenfalls eine sehr geringe Kennzeichnungskraft zukommt. Auch diese Annahme wird jedoch von den getroffenen Feststellungen nicht getragen.
25
(1) Der Form des abgebildeten Salzgebäcks hat das Berufungsgericht keine maßgebliche Bedeutung für den Schutzumfang des Klagezeichens beigemessen , weil sie aus einer reinen Warenform bestehe, der jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle, und sie sich auch nicht als Herkunftshinweis i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe. In diesem Zusammenhang ist das Berufungsgericht zwar rechtlich zutreffend von dem Grundsatz ausgegangen, dass der bloßen Abbildung der Ware, für die Zeichenschutz in Anspruch genommen wird, im Allgemeinen wegen ihres bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlt, die Waren, auf die sich der Zeichenschutz bezieht, von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Erschöpft sich die Abbildung der Ware allerdings nicht in der Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern weist sie darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, kann der Verkehr darin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen (vgl. BGHZ 159, 57, 62 f. - Farbige Arzneimittelkapsel; BGH, Beschl. v. 12.8.2004 - I ZB 1/04, GRUR 2005, 257, 258 = WRP 2005, 217 - Bürogebäude, m.w.N.). Wird die betreffende Form vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden, kann folglich auch der Abbildung der Form die Kennzeichnungskraft nicht mit der Begründung abgesprochen werden, sie erschöpfe sich in der Wiedergabe der ge- kennzeichneten Ware (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 8 Rdn. 172).
26
(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, auch nach dem Ergebnis der durchgeführten Verkehrsbefragung verbinde der Verkehr mit der abgebildeten Warenform keine Herkunftsvorstellungen. Der für eine Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderliche Zuordnungsgrad von 50% sei nicht erreicht, weil der Anteil der befragten Personen, die den der Verkehrsbefragung zugrunde gelegten Cracker dem richtigen Unternehmen per Namensnennung zugeordnet hätten, sich lediglich auf 1,1% belaufe. Selbst wenn man - unrichtigerweise - diejenigen hinzurechne, die statt des Herkunftsunternehmens die Marke TUC genannt hätten, sei der dann gegebene Zuordnungsgrad von 37% nicht ausreichend. Es spreche erst recht nichts dafür, dass ein ausreichender Zuordnungsgrad bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erstreckung der Klagemarke auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erreicht gewesen sein könnte. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts unterliegen in mehrfacher Hinsicht rechtlichen Bedenken.
27
(3) Für die Feststellung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf den Zeitpunkt der Erstreckung der Klagemarke auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1988 an. Besteht für die angegriffene Gestaltung wie im Streitfall kein eigener Kennzeichenschutz, ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Senats für die Feststellung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2002 - I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 546 = WRP 2002, 537 - BANK 24). Allenfalls kann - in dem hier nicht in Rede stehenden Fall, dass die widerrechtliche Benutzung zu einer Schwächung des Klagezeichens geführt hat - der Zeitpunkt von Bedeutung sein, zu dem die Benutzung des angegriffe- nen Zeichens begonnen hat (vgl. EuGH, Urt. v. 27.4.2006 - C-145/05, Slg. 2006, I-3703 Tz. 18 = GRUR 2006, 495 - Levi Strauss/Casucci; BGH, Urt. v. 10.7.1956 - I ZR 106/54, GRUR 1957, 428, 430 - Bücherdienst; Urt. v. 5.1.1962 - I ZR 107/60, GRUR 1962, 409, 411 - Wandsteckdose).
28
(4) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerhaft den Kennzeichnungsgrad der Form, der sich aus der Verkehrsbefragung ergibt, nur unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, ob er für die Eintragung der Form als Marke aufgrund von Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG unter der Voraussetzung ausreicht, ihr fehle als Beschreibung der Ware von Haus aus die Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Frage nach dem für eine Verkehrsdurchsetzung der Form als (Einzel-)Marke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlichen Durchsetzungsgrad kann nicht mit der Frage gleichgesetzt werden, ob einem von Haus aus nicht unterscheidungskräftigen Zeichenbestandteil infolge Benutzung im Rahmen eines zusammengesetzten Zeichens eine dessen Gesamteindruck mitbestimmende Bedeutung zukommt. Die Feststellung , ob ein von Haus aus nicht unterscheidungskräftiges Zeichen infolge seiner Benutzung die Eignung erlangt hat, die betreffende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, erfordert zwar in der Regel einen Durchsetzungsgrad von über 50%, bei beschreibenden Angaben sogar einen deutlich höheren (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108/97 u. C-109/97, Slg. 1999, I-2799 Tz. 50 = GRUR 1999, 723 = WRP 1999, 629 - Chiemsee; BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I). Das Erfordernis eines über 50% liegenden Durchsetzungsgrads beruht darauf, dass an den Nachweis, ein an sich nicht unterscheidungskräftiges Zeichen habe als solches infolge seiner Benutzung die Eignung erlangt, als Herkunftshinweis zu wirken, besondere Anforderungen zu stellen sind, die um so höher sind, je weniger sich das betreffende Zeichen nach seinem spezifischen Charakter als Herkunftshinweis eignet (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 50 - Chiemsee; BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO). Bei der anders gearteten Frage, ob infolge Benutzung ein von Haus aus nicht unterscheidungskräftiger Zeichenbestandteil eine den Gesamteindruck eines mehrgliedrigen Zeichens mitbestimmende Bedeutung erlangt hat, kann dagegen nicht davon ausgegangen werden , dass dem Zeichenbestandteil bei einem Durchsetzungsgrad unter 50% grundsätzlich jede Bedeutung für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft und für den Gesamteindruck des Gesamtzeichens abzusprechen ist. Insbesondere wenn es wie im vorliegenden Fall um die Form als Zeichenbestandteil geht, könnte selbst bei einem Durchsetzungsgrad von knapp unter 50% nicht von einer sehr niedrigen Kennzeichnungskraft der Form als solcher ausgegangen und ihre Eignung, den Gesamteindruck des Gesamtzeichens mitzubestimmen, nicht schon wegen mangelnder Kennzeichnungskraft verneint werden. Für eine im Hinblick auf die Mitbestimmung des Gesamteindrucks des Klagezeichens nicht bloß geringe Kennzeichnungskraft der Form spricht im Streitfall auch, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung, ob die angegriffene Gestaltung markenmäßig verwendet wird, aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Verkehrsbefragung festgestellt hat, ein beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs verbinde mit der Gestaltung der Ware der Parteien, also auch mit der von der Klägerin verwendeten Crackerform, die Vorstellung, solche Ware stamme aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb.
29
(5) Zudem hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, die Ergebnisse der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht zutreffend gewürdigt. Nach dem vom Landgericht eingeholten Meinungsforschungsgutachten haben 53,6% der Befragten in dem neutralisierten Cracker der Klägerin (ohne den Schriftzug TUC) einen Hinweis auf ein ganz bestimmtes HerstellUnternehmen oder auf eine ganz bestimmte Marke gesehen. Das Berufungsgericht hat von diesem Prozentsatz der Befragten nur den Anteil der Verkehrsteil- nehmer für maßgeblich erachtet, die auf die weitere Frage, wie das Unternehmen oder die Marke heißt, den Namen des Unternehmens richtig angegeben haben (1,1%). Es hat die Ansicht vertreten, selbst diejenigen, die nicht das Unternehmen , sondern die Marke TUC genannt hätten, dürften nicht hinzugerechnet werden, weil diese Antworten nur den Bekanntheitsgrad der Marke widerspiegelten , nicht aber den notwendigen Zuordnungsgrad beträfen. Für die im Streitfall zu beurteilende Frage, in welchem Umfang der Verkehr die abgebildete Form des Klagezeichens als Herkunftshinweis versteht und die Form demgemäß für die Kennzeichnungskraft und den Gesamteindruck der Klagemarke von Bedeutung ist, kommt es jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein darauf an, welcher Anteil der befragten Personen in diesem Gestaltungsmerkmal einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (Durchsetzungs - oder Kennzeichnungsgrad). Dagegen ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Verletzungsverfahren nicht erforderlich, dass das Unternehmen auch richtig benannt wird (vgl. BGHZ 169, 295 Tz. 25 - Goldhase; BGH, Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79, 82 = WRP 2006, 75 - Jeans I; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 30 = WRP 2007, 1461 - Kinder II). Die Frage, ob davon auch dann auszugehen ist, wenn die Eintragung einer Formmarke aufgrund von Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG begehrt wird (vgl. dazu Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 315 m.w.N.), stellt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hier nicht.
30
Für die Bestimmung des Kennzeichnungsgrads sind folglich zusätzlich zu dem Anteil der Befragten, die das Unternehmen der Markeninhaberin namentlich richtig benannt haben (Zuordnungsgrad), alle Antworten zu berücksichtigen , denen hinreichend deutlich entnommen werden kann, dass die Befragten in dem betreffenden Zeichen einen Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehen. Dazu zählen diejenigen, die TUC angegeben haben (37,7% der Befragten), schon deswegen, weil damit das Unternehmen der Klägerin eindeutig - wenn auch nicht mit der richtigen Firma - bezeichnet worden ist. Ferner sind diejenigen Befragten zu berücksichtigen, die das Zeichen zwar als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassen, es aber keinem namentlich benannten Unternehmen zuordnen (vgl. BGH GRUR 2007, 1071 Tz. 30 - Kinder II). Bei den übrigen Antworten ist danach zu unterscheiden, ob die Angaben als ausreichende Bezugnahme auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden werden können oder ob sie die gegenteilige Annahme nahelegen. Ein hinreichender Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen ist dabei ohne weiteres solchen Antworten zu entnehmen, die das Zeichen jedenfalls mittelbar der Klägerin zuordnen (vgl. BGHZ 156, 112, 121 - Kinder I). Eine solche hinreichende mittelbare Zuordnung ist gegeben, wenn mit dem Zeicheninhaber verbundene Unternehmen oder solche Unternehmen angegeben werden, die das Zeichen mit ausdrücklicher Zustimmung des Zeicheninhabers benutzen; auch die Angabe anderer Marken des betreffenden Unternehmens kann genügen (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn. 354).
31
(6) Inwieweit danach bei der Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft der Form außer den vom Berufungsgericht bereits berücksichtigten richtigen Unternehmensbezeichnungen und den namentlich zutreffenden Benennungen durch die Angabe TUC noch weitere Antworten auf die Frage nach dem Namen des Unternehmens hinzuzurechnen oder auszuschließen sind, kann im Revisionsverfahren nicht festgestellt werden, da sich das Berufungsgericht mit den betreffenden Angaben nicht näher befasst hat. Zugunsten der Klägerin ist daher für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz davon auszugehen , dass es bei dem Anteil von 53,6% der Befragten verbleibt, die auf die den Kennzeichnungsgrad der Form betreffende Frage geantwortet haben, sie sähen darin einen Hinweis auf ein ganz bestimmtes Herstell-Unternehmen oder auf eine ganz bestimmte Marke. Der sich aus diesem Prozentsatz ergebende Grad an Kennzeichnungskraft der Form (zur Bedeutung der Prozentsätze, die sich aufgrund demoskopischer Abfragen bei den neuen Markenformen im Vergleich zu den traditionellen Zeichen erzielen lassen, vgl. Niedermann, GRUR 2006, 367, 371 m.w.N.) ist bei der Frage zugrunde zu legen, ob ihr eine für die Kennzeichnungskraft und den Gesamteindruck des Klagezeichens maßgebliche Bedeutung zukommt.
32
dd) Das Berufungsgericht hat folglich nach den bislang getroffenen Feststellungen seiner Beurteilung einen zu niedrigen Grad der Kennzeichnungskraft der abgebildeten Form des Salzgebäcks der Klägerin zugrunde gelegt und den Gesamteindruck des Klagezeichens nicht rechtsfehlerfrei ermittelt. Aus diesem Grund kann auch seine Annahme keinen Bestand haben, es bestehe trotz der hier gegebenen Warenidentität selbst dann keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, wenn gemäß dem Vorbringen der Klägerin davon ausgegangen werden müsste, dass nicht nur das Buchstabenkürzel TUC die Klagemarke präge, sondern ihre konkrete achteckige Ausgestaltung und die vorgenommenen Einstanzungen nicht völlig außer Acht gelassen werden dürften. Die bisherigen Feststellungen tragen die Auffassung des Berufungsgerichts nicht, es sei von einer verschwindend geringen Ähnlichkeit zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Gestaltung der Beklagten auszugehen. Zwar fehlt bei der angegriffenen Gestaltung die Bezeichnung TUC. Welche Bedeutung dem für die Frage der Zeichenähnlichkeit zukommt, hängt jedoch davon ab, ob und in welchem Maße der Gesamteindruck der Klagemarke von der abgebildeten Form des Salzgebäcks bestimmt wird. Es besteht kein Erfahrungssatz dahingehend, dass der Gesamteindruck einer aus der Form sowie aus Wort- und sonstigen Bestandteilen zusammengesetzten Marke unabhängig von der konkreten Anordnung und Gestaltung der einzelnen Elemente regelmäßig durch den Wortbestandteil bestimmt wird (BGHZ 169, 295 Tz. 22 - Goldhase). Zum Gesamteindruck der konkreten Anordnung von Wort- und Formelementen bei der Klagemarke, bei der die Buchstabenfolge TUC durch Ausstanzungen gebildet wird, die, worauf das Landgericht abgestellt hat, auf dem Cracker nicht besonders hervorsticht, sondern nur bei genauerem Hinsehen wahrgenommen wird, fehlt es, wie oben unter II 2 c cc dargelegt worden ist, bisher an rechtsfehlerfreien Feststellungen.
33
Soweit das Berufungsgericht eine geringe Zeichenähnlichkeit weiter damit begründet hat, die konkrete Form und auch die Stanzenbildung des Crackers der Beklagten wiesen gegenüber der Klagemarke deutliche Unterschiede auf, beanstandet die Revision mit Recht, dass sich das Berufungsgericht nicht mit der gegenteiligen Auffassung des Landgerichts auseinandergesetzt hat. Das Landgericht hat angenommen, die Gestaltungsform des angegriffenen Crackers stimme nahezu vollständig mit derjenigen des TUC-Crackers überein. Dabei hat es darauf abgestellt, dass die Cracker beider Parteien übereinstimmend eine rechteckige Form aufweisen. Diese korrespondierten auch der Größe nach nahezu vollständig miteinander, womit das Landgericht ersichtlich gemeint hat, dass die Längenverhältnisse der Seiten des Rechtecks bei beiden Formen übereinstimmen. Die Ecken seien bei beiden Crackerformen nicht spitz, sondern übereinstimmend abgeflacht. Dass diese Abflachung bei dem Cracker der Beklagten im Unterschied zum TUC-Cracker eher als Rundung ausgebildet sei, sei aus der Sicht des Verkehrs kaum wahrnehmbar und werde bei isolierter Betrachtung des jeweiligen Crackers kaum in Erinnerung behalten. Darüber hinaus weise der Cracker der Beklagten auf seiner Oberfläche Einstanzungen auf, die nach Art und Verteilung mit denjenigen des TUCCrackers in großem Maße übereinstimme. Das Berufungsgericht führt nicht aus, worin demgegenüber die von ihm angenommenen deutlichen Unterschiede in der konkreten Form und der Stanzenbildung liegen sollen. Dazu hätte auch deshalb Anlass bestanden, weil das Berufungsgericht, soweit es aufgrund der durchgeführten Verkehrsbefragung ohne weiteres hinsichtlich beider For- men eine markenmäßige Verwendung angenommen hat, ersichtlich nicht davon ausgegangen ist, zwischen ihnen bestünden maßgebliche Unterschiede.
34
3. Da somit nach den bisherigen Feststellungen eine Verletzung der Klagemarke durch die angegriffene Gestaltung der Beklagten i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht verneint werden kann, kann auch die Abweisung des auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichteten Klagebegehrens keinen Bestand haben.
35
III. Das Berufungsurteil ist folglich aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht abschließende Feststellungen zur Frage der markenmäßigen Benutzung der angegriffenen Gestaltung sowie zur Kennzeichnungskraft der Klagemarke und zur Zeichenähnlichkeit treffen kann. Sollte sich danach ergeben, dass die abgebildete Warenform aufgrund ihrer Kennzeichnungskraft den Gesamteindruck des Klagezeichens maßgeblich mitbestimmt und sich weiter die Ähnlichkeit der beiden gegenüber stehenden Zeichen nur oder jedenfalls maßgeblich aus Übereinstimmungen in der Form ergibt, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, welche Bedeutung im Rahmen der bei der Verwechslungsgefahr vorzunehmenden Gesamtabwägung dem Umstand zukommt, dass es sich bei der Form um ein allein aufgrund Verkehrsdurchsetzung einzutragendes Zeichen handelt. Dieser Umstand kann zwar zur Annahme eines engeren Schutzumfangs führen.
Es ist aber nicht generell ausgeschlossen, dass aus einer kennzeichnungskräftigen , aus Wort- und Formbestandteil bestehenden Marke infolge der den Gesamteindruck des Zeichens prägenden Form ein Schutz beansprucht werden kann, der der Form als Einzelzeichen mangels Verkehrsdurchsetzung nicht zukäme.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 24.06.2004 - 31 O 661/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.12.2004 - 6 U 143/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 39/06 Verkündet am:
5. November 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Stofffähnchen
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b;

a) Ein markenrechtliches Verbot der Verwendung eines Bestandteils einer Gesamtaufmachung
(hier: rotes Stofffähnchen an der Tasche einer JeansHose
), setzt voraus, dass dieser Bestandteil isoliert markenmäßig benutzt
wird und sich diese Funktion nicht erst durch ein weiteres Kennzeichen ergibt
(hier: rotes Stofffähnchen mit der Aufschrift LEVI'S).

b) Für die Beurteilung des Gesamteindrucks der eingetragenen Marke ist die
Registereintragung maßgeblich und nicht der konkrete Eindruck aufgrund
der Anbringung der Klagemarke auf Produkten.

c) Soll durch eine Verkehrsbefragung die durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft
eines Bestandteils eines zusammengesetzten Zeichens
nachgewiesen werden, ist den Befragten der Zeichenbestandteil isoliert und
nicht zusammen mit weiteren Bestandteilen des zusammengesetzten Zeichens
vorzulegen.
BGH, Urt. v. 5. November 2008 - I ZR 39/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 2. Februar 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zu 1 hinsichtlich der Klageanträge zu 1 bis 4 sowie hinsichtlich der landgerichtlichen Kostenentscheidung zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die Levi Strauss & Co., ist die älteste Jeans-Herstellerin der Welt. Sie ist Inhaberin der am 1. September 2000 unter anderem für Beklei- dungsstücke eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 112 862 (nachfolgend als Klagemarke 1 bezeichnet) und der gleich gestalteten deutschen Bildmarke Nr. 2 914 002, eingetragen am 21. Oktober 1998 für Jeans-Hosen (nachfolgend Klagemarke 2):
2
Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin der folgenden Marken: - der am 12. Januar 1977 für Hosen, Hemden, Blusen und Jacken für Herren , Damen und Kinder eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. DD 641 687, die in dem roten rechteckigen Bestandteil am linken oberen Rand den Wortbestandteil „LEVI’S“ aufweist (Klagemarke 3): - der farbigen, am 23. Juni 1965 für Bekleidungsstücke eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 805 774, die ein skizziert dargestelltes Stück Stoff mit einem „Tab“ und der Aufschrift „LEVI'S“ zeigt (Klagemarke 4): - der am 17. Dezember 1965 für Bekleidungsstücke eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 813 729, die aus einem an ein Stück Stoff angenähten „Tab“ ebenfalls mit der Aufschrift „LEVI'S“ besteht (Klagemarke 5): - und der mit Priorität vom 5. Juli 2001 für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2 292 373, die nach der Beschreibung im Register eine Positionsmarke ist und aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht (Klagemarke 6):
3
Die Beklagte zu 1 betreibt einen Einzelhandel mit Oberbekleidung. Sie brachte seit November 2002 Jeans der Marken „COLLOSEUM“, „S. MALIK“ und „EURGIULIO“ auf den Markt. Diese sind in der im Klageantrag wiedergegebenen Aufmachung an der rechten Gesäßtasche mit roten, rechteckigen Stofffähnchen versehen, die an der rechten Außennaht im oberen Drittel der Tasche angenäht sind und auf denen die jeweiligen Marken beziehungsweise die Bezeichnung „SM JEANS“ wiedergegeben wird. Die Beklagte zu 2 ist als Einkäuferin der Beklagten zu 1 tätig. Der Beklagte zu 3 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 2 und zu 3.
4
Die Klägerin hat geltend gemacht, das rote Stofffähnchen werde vom inländischen Verkehr aufgrund der langjährigen intensiven Benutzung als Hinweis auf die Herkunft der Jeans aus ihrem Hause verstanden. An dem als „Red Tab“ bezeichneten roten Stofffähnchen habe sie zudem markenrechtlichen Schutz als Benutzungsmarke erlangt. Bei den von der Beklagten vertriebenen Aufmachungen werde das rote Stofffähnchen markenmäßig benutzt und verletze ihre Markenrechte.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, 1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Jeans-Hosen anzubieten , in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen , die gemäß folgenden Abbildungen mit einem roten, an der Außennaht der Gesäßtasche angebrachten rechteckigen Stofffähnchen versehen sind: a) b) c) 2. den Beklagten wegen der in Ziffer 1 ausgesprochenen Verpflichtungen bestimmte Ordnungsmittel anzudrohen; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen , wer ihre Lieferanten und gewerblichen Abnehmer von JeansHosen gemäß Ziffer 1 gewesen sind und der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu le- gen, in welchem Zeitraum und in welcher Stückzahl sie unter Erzielung welcher Umsätze und welchen Gewinns Jeans-Hosen gemäß Ziffer 1 in den Verkehr gebracht hat; 4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
6
Die Beklagten haben geltend gemacht, die angegriffenen Ausführungsformen hätten nur dekorativen Charakter. Bei einer Vielzahl von Jeans-Modellen anderer Hersteller werde an der rechten Gesäßtasche ein rotes Stofffähnchen angebracht. Die Klägerin habe die Klagemarke 3 zudem nicht rechtserhaltend benutzt.
7
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden, soweit es sich gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 richtet. Auf die Berufung der Beklagten (nachfolgend Beklagte) hat das Berufungsgericht die Verurteilung nach den Klageanträgen zu 3 und 4 zeitlich beschränkt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg OLG-Rep 2007, 372).
8
Dagegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Beklagten , mit der sie weiterhin eine Abweisung der Klage erstrebt. Die Klägerin beantragt , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch aufgrund der Klagemarken 2 bis 5 und einer Benutzungsmarke nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG und wegen der Klagemarken 1 und 6 aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV für gegeben erachtet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Zwischen der Klagemarke 3 und der angegriffenen Ausstattung der „COLLOSEUM“-Jeans der Beklagten bestehe Verwechslungsgefahr (Klageantrag zu 1 a). Die Klagemarke 3 verfüge von Haus aus über normale Kennzeichnungskraft. Diese ergebe sich auch aus dem roten Stofffähnchen, bei dem es sich um eine besonders markante Kennzeichnung und nicht nur um ein dekoratives Element handele. Die gegen diese Klagemarke erhobene Einrede der Nichtbenutzung greife nicht durch. Die Klägerin habe das rote Stofffähnchen mit der Aufschrift „LEVI'S“ vielfach benutzt. In diesem Zusammenhang sei es unerheblich , dass die Klägerin vielfach auch die sogenannte „Arcuate (Doppelschwinge )“ auf der Gesäßtasche anbringe. Die Klagemarke 3 verfüge infolge ihrer umfangreichen Benutzung und Verwendung in der Werbung vor allem durch das „Red Tab“ über gesteigerte Kennzeichnungskraft. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen sei nicht eingetreten.
11
Es bestehe zwischen den Waren, für die die Klagemarke 3 eingetragen sei, und den Waren, für die die angegriffene Ausstattung benutzt werde, Warenidentität. Die Zeichen seien hinreichend ähnlich. Der prägende Bestandteil der Klagemarke 3 sei das rote Stofffähnchen. Die Stofffähnchen der Klagemarke und der angegriffenen Aufmachung seien rot und rechteckig und in etwa gleicher Höhe an der Außennaht der Gesäßtasche angebracht. Der Schriftzug „LEVI'S“ sei wegen der geringen Größe schlecht lesbar. Entsprechendes gelte für den Schriftzug „COLLOSEUM“ auf dem roten Stofffähnchen an der Tasche der Jeans der Beklagten. Würden die Jeans getragen, würden die Schriftzüge, etwa von Passanten, ohnehin nicht mehr wahrgenommen.
12
Die Beklagte verwende das beanstandete Stofffähnchen kennzeichenmäßig und nicht als bloße Dekoration.
13
Zwischen den Klagemarken 1 und 2 und der angegriffenen Aufmachung der „COLLOSEUM“-Jeans bestehe ebenfalls Verwechslungsgefahr i.S. von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV und § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Klagemarken mit dem roten Stofffähnchen und der sogenannten Doppelschwinge verfügten von Haus aus über normale Kennzeichnungskraft. Diese sei durch umfangreiche Benutzung vor allem des „Red Tab“ gesteigert. Die von der Beklagten geltend gemachte Einrede der Nichtbenutzung sei unbegründet. Die Klägerin habe Jeans mit der den Klagemarken entsprechenden Aufmachung mit und ohne den Schriftzug „LEVI'S“ vertrieben.
14
Zwischen den Waren, für die die Klagemarken 1 und 2 eingetragen seien , und den Waren, für die das rote Stofffähnchen mit der Aufschrift „COLLOSEUM“ verwandt werde, bestehe ebenfalls Warenidentität. Die Kennzeichen seien sich auch hinreichend ähnlich, was bei bestehender Warenidentität und gesteigerter Kennzeichnungskraft der Klagemarken eine Verwechslungsgefahr begründe. Prägender Bestandteil der Klagemarken sei das „Red Tab“. Es habe innerhalb des Bildzeichens eine selbständig kennzeichnende Wirkung. In dem prägenden Bestandteil stimmten die Kollisionszeichen überein.
15
Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe auch zwischen den Klagemarken 4, 5 und 6 und der kollidierenden Aufmachung der Jeans „COLLOSEUM“. Die Marken verfügten über normale Kennzeichnungskraft ; es sei von Warenidentität auszugehen. Im Übrigen würden die Ausführungen zu den Klagemarken 1 bis 3 entsprechend gelten.
16
Der Unterlassungsanspruch sei ebenfalls aus einer Benutzungsmarke der Klägerin nach § 4 Nr. 2 i.V. mit § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG begründet. Aufgrund der vorgelegten Meinungsumfragen sei davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem „Red Tab“ Verkehrsgeltung im Zusammenhang mit Jeans-Hosen erlangt habe. Danach ordneten beachtliche Teile des Publikums ein rotes Stofffähnchen an der Gesäßtasche der Klägerin zu. Zwischen der Benutzungsmarke und der angegriffenen Aufmachung bestehe ebenfalls Verwechslungsgefahr.
17
Zwischen den Klagemarken 1 bis 6 sowie der Benutzungsmarke der Klägerin und der angegriffenen Verletzungsform der „S. MALIK“-Jeans (Klageantrag 1 b) bestehe ebenfalls Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV. Gleiches gelte für die angegriffene Aufmachung der „EURGIULIO“-Jeans (Klageantrag zu 1 c).
18
Die mit dem Klageantrag zu 3 geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung ergäben sich aus § 19 MarkenG, § 242 BGB und Art. 9 GMV, §§ 19, 125b MarkenG. Die Beklagte habe die Marken der Klägerin schuldhaft verletzt und sei nach § 14 Abs. 6 MarkenG und Art. 9 GMV, § 14 Abs. 6, § 125b MarkenG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Klageanträge zu 3 und 4 seien aber erst ab der ersten Verletzungshandlung gerechtfertigt.
19
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit im Hinblick auf die Klageanträge zu 1 bis 4 zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
20
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Klageantrag zu 1 (Unterlassungsantrag) hinreichend bestimmt ist.
21
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen).
22
b) Nach dem Unterlassungsantrag soll der Beklagten untersagt werden, Jeans-Hosen entsprechend den Abbildungen mit einem roten, an der Außennaht der Gesäßtasche angebrachten rechteckigen Stofffähnchen zu versehen, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen. Das beantragte Verbot richtet sich nach dem Wortlaut allgemein gegen die Verwendung roter rechteckiger Stofffähnchen, die den Abbildungen entsprechend an der Außennaht der Gesäßtasche von Jeans-Hosen angebracht sind. Dies folgt ebenfalls aus der Klagebegründung, die zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehen ist. Danach sieht die Klägerin das Charakteristische der Verletzungshandlung in der Verwendung eines roten rechteckigen Stofffähnchens an der Außennaht der Gesäßtasche unabhängig von dem jeweiligen dort angebrachten Schriftzug. Damit ist das Unterlassungsbegehren hinreichend bestimmt umschrieben.
23
2. Unterlassungsanspruch aus der Klagemarke 3
24
Die Annahme des Berufungsgerichts, ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG wegen Verletzung der Klagemarke 3, die das Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Begründung gestellt hat, sei gegeben, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann weder davon ausgegangen werden, dass zwischen der Klagemarke 3 und den mit den Klageanträgen zu 1 a bis c angegriffenen Aufmachungen eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht (dazu II 2 a und b), noch kann angenommen werden, dass die Voraussetzungen einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Aufmachungen vorliegen (dazu II 2 c). Zudem tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme, die Einrede mangelnder Benutzung der Klagemarke 3 sei unbegründet (dazu II 2 d).
25
a) Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke 3 und der mit dem Klageantrag zu 1a angegriffenen Aufmachung bejaht hat.
26
aa) Die Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 20 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, Urt. v. 12.6.2007 - C-334/05, GRUR 2007, 700 Tz. 35 - Limoncello; BGH, Urt. v. 3.4.2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Tz. 23 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark). Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
27
bb) Das Berufungsgericht ist bei seiner Prüfung von Warenidentität ausgegangen. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
28
cc) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke 3 angenommen hat, die die äußere Form einer Jeans-Tasche mit rotem Rechteck und der Beschriftung „LEVI'S“ zeigt. Das Berufungsgericht ist zwar bei seiner Prüfung von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Im Ergebnis ist die Annahme, die Klagemarke 3 sei überdurchschnittlich kennzeichnungskräftig, aber zutreffend.
29
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klagemarke 3 verfüge von Haus aus über normale Kennzeichnungskraft. Dies beruhe nicht nur auf dem Wortbestandteil „LEVI'S“, sondern gerade auch auf dem roten rechteckigen Stofffähnchen, das so angenäht sei, dass es sich wie eine kleine Fahne von der Gesäßtasche räumlich und durch die Farbe Rot auch farblich abhebe. Es sei nicht nur eine dekorative, sondern eine markante Kennzeichnung, die beim Tragen dauerhaft mit der Hose verbunden bleibe. Dem entsprächen auch die historische Entwicklung in den USA und ausweislich der vorgelegten Meinungsumfragen die Auffassung des Verkehrs im Inland. Die Kennzeichnungskraft des roten Stofffähnchens ergebe sich auch aus der neuen Produktlinie „LEVIS RED“ der Klägerin, in der das unbeschriftete „Red Tab“ mit einem „R im Kreis“ verwendet worden sei, und aus der vielfachen auffälligen Herausstellung des Fähnchens in der Werbung. Die von Haus aus bestehende normale Kennzeichnungskraft sei durch Benutzung gesteigert, und zwar gerade durch das „Red Tab“, das die Klägerin umfänglich und vor allem mit der Beschriftung „LEVI'S“ seit Jahrzehnten in Deutschland nutze. Dies werde durch mehrere von der Klägerin vorgelegte Umfragen belegt. Eine Schwächung der Klagemarke 3 durch Drittkennzeichen sei nicht aufgetreten.
30
(2) Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (EuGH, Urt. v. 22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 23 = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 7.7.2005 - C-353/03, Slg. 2005, I-6135 = GRUR 2005, 763 Tz. 31 = WRP 2005, 1159 - Nestlé/Mars; BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 27 = WRP 2007, 1461 - Kinder II).
31
Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die aus den Umrissen der Taschen mit einem roten Rechteck und der Aufschrift „LEVI'S“ bestehende Klagemarke 3 verfüge von Haus aus über normale Kennzeichnungskraft. Die Prüfung der Kennzeichnungskraft von Haus aus ist unabhängig von einer möglichen weiteren Stärkung oder Schwächung durch die Benutzungslage vorzunehmen (BGHZ 139, 340, 346 - Lions). Für die Bestimmung der originären Kennzeichnungskraft der Klagemarke 3 kommt es deshalb weder auf die vom Berufungsgericht herangezogene historische Entwicklung der Klagemarke in den USA noch auf die vorgelegten Verkehrsumfragen in Deutschland an. Auch die Präsentation des sogenannten „Red Tab“ in der Werbung der Klägerin ist für die originäre Kennzeichnungskraft nicht maßgeblich. Die Klagemarke 3 erlangt ihre normale originäre Kennzeichnungskraft vielmehr aus dem durch die Taschenform, das rote Rechteck und den Wortbestandteil „LEVI'S“ hervorgerufenen Gesamteindruck.
32
Die Steigerung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke 3 infolge der Benutzungslage ergibt sich aus der Verwendung des Wortbestandteils „LEVI'S“, der deutlich sichtbar abgebildet ist. Er ist für den Verkehr erkennbar abgeleitet aus dem weithin bekannten Unternehmenskennzeichen „Levi Strauss“ der Klägerin und der Marke „LEVI'S“. Auf die vom Berufungsgericht angenommene Steigerung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch umfängliche Benutzung des roten Stofffähnchens kommt es daher im Ergebnis für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke 3 in diesem Zusammenhang nicht an. Aus diesem Grund kann auch offenbleiben, ob dem roten Rechteck der Klagemarke 3 ähnliche rote Fähnchen oder Aufnäher in nennenswertem Umfang auf den Taschen von Jeans-Hosen anderer Hersteller benutzt worden sind. Zwar kann durch Drittkennzeichen im Ähnlichkeitsbereich eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke eintreten. Eine solche Schwächung stellt aber einen Ausnahmetatbestand dar. Sie setzt voraus, dass die Drittkennzeichen im Bereich der gleichen oder eng benachbarter Branchen, Waren oder Dienstleistungen in einem Umfang tatsächlich in Erscheinung treten , der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Zeichen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (BGH, Urt. v.
8.11.2001 - I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 628 = WRP 2002, 705 - IMS). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, weil die Klagemarke 3 allein schon durch den Wortbestandteil über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt.
33
dd) Die Ähnlichkeit zwischen der Klagemarke 3 und der mit dem Klageantrag zu 1a angegriffenen Aufmachung hat das Berufungsgericht allerdings nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht das rote Stofffähnchen der Klagemarke als für das gesamte Zeichen prägend angesehen hat.
34
(1) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urt. v. 6.10.2005 - C-120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Tz. 28 f. = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Tz. 19 = WRP 2006, 92 - coccodrillo). Weiter ist nicht ausgeschlossen , dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung erhält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 - THOMSON LIFE; BGH, Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang). Bei der Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 31 - THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Tz. 18 - Malteserkreuz).
35
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das rote Rechteck die Klagemarke 3 prägt und auch die angegriffene Aufmachung durch das rote Stofffähnchen dominiert wird. Es hat dies daraus gefolgert, dass die Schriftzüge „LEVI'S“ und „COLLOSEUM“ in der Kaufsituation nur schlecht lesbar seien und später beim Tragen der Kleidung aufgrund der üblichen Entfernung von anderen Personen bei diesen der übereinstimmende Eindruck eines roten rechteckigen Stofffähnchens entstehe. Dem kann nicht zugestimmt werden.
36
Für die Beurteilung des Gesamteindrucks der Klagemarke ist die Registereintragung maßgeblich (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND). In der Form, in der die Klagemarke 3 im Register wiedergegeben ist, ist der Wortbestandteil „LEVI'S“ deutlich sichtbar. Er tritt deshalb entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bei der Beurteilung des visuellen Eindrucks der Klagemarke nicht derart weit in den Hintergrund, dass er den Gesamteindruck des Zeichens von Haus aus nicht mitbestimmt. Die konkrete Art der Anbringung der Klagemarke auf den Jeans der Klägerin ist dagegen nicht von Bedeutung. Auf außerhalb der Kennzeichnung liegende Begleitumstände kommt es bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 289/01, GRUR 2004, 598, 599 = WRP 2004, 907 - Kleiner Feigling; BGHZ 171, 89 Tz. 38 - Pralinenform

).


37
(2) Allerdings kann dem Verkehr ein einzelnes Gestaltungsmerkmal eines zusammengesetzten Zeichens als Folge der Präsentation und Bewerbung der Marke als besonders herkunftshinweisend erscheinen (vgl. BGHZ 153, 131, 140 f. - Abschlussstück; 169, 295 Tz. 24 - Goldhase). Davon ist vorliegend das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, dass sich die Steigerung der Kennzeichnungskraft aus der umfangreichen Werbung für das sogenannte „Red Tab“ und aus den von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragungen ergibt.
38
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision jedoch nicht stand.
39
Die vom Berufungsgericht zu einer Verwendung als Werbeartikel in Bezug genommenen Anlagen K 13 bis K 16 zeigen das rote Stofffähnchen gerade nicht in Alleinstellung, sondern nur zusammen mit der Aufschrift „LEVI'S“. Aus ihnen lässt sich daher für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft des isolierten Stofffähnchens nichts ableiten. Zur Marktpräsenz der Produktlinie „LEVIS RED“, bei der ein unbeschriftetes rotes Stofffähnchen Verwendung gefunden hat, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Gleiches gilt für Kennzeichnungen des „Red Tab“ in isolierter Form in den „LEVIS“-Abteilungen von Geschäften.
40
Der Verweis des Berufungsgerichts auf die von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragungen von Mai und Juli 1994 sowie April/Mai 2000 der Anlagen K 18 bis K 20 vermag die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des roten Stofffähnchens in der Klagemarke 3 ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Die Gutachten aus Mai und Juli 1994 lassen einen sicheren Rückschluss auf den grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 25.10.2007 - I ZR 18/05, GRUR 2008, 505 Tz. 27 = WRP 2008, 797 - TUC-Salzcracker) im Oktober 2005 - und damit mehr als zehn Jahre nach ihrer Erstellung - nicht zu. Dem Gutachten von Mai 1994 liegt zudem eine Befragung zugrunde, bei der den befragten Personen nicht die Abbildung des „Red Tab“ isoliert, sondern nur zusammen mit der teilweisen Abbildung einer Hosentasche mit der typischen Doppelschwinge vorgelegt worden ist. Aus dem Gutachten von Juli 1994 geht nicht hervor, was den Befragten konkret in der Interviewsituation zur Beurteilung gezeigt worden ist. Auf der Ablichtung des Fotos im Gutachten lassen sich nur eine Frau und ein Mann erkennen, die von hinten abgebildet sind und offensichtlich Jeans tragen. Was die Befragten veranlasst hat, aufgrund der Ausstattung der Jeans auf einen bestimmten Hersteller zu schließen, wird bei der nur schemenhaften Abbildung nicht deutlich.
41
Bei der Verkehrsbefragung aus dem Jahre 2000 ist den Befragten die Abbildung einer Jeans-Tasche, wie sie Gegenstand der Klagemarke 3 ist, mit dem „Red Tab“ ohne Beschriftung vorgelegt worden. Die Interviewten sind sodann gefragt worden (Frage 2): „Wenn Sie einmal davon absehen, dass die Beschriftung entfernt wurde: Kommen solche Jeans von einem bestimmten Hersteller , oder gibt es solche Jeans von verschiedenen Herstellern?“. Den Antworten lässt sich danach nicht entnehmen, in welchem Umfang die Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller ausschließlich auf dem roten Stofffähnchen und nicht zumindest auch auf der Ausführung der ebenfalls abgebildeten Tasche (Form, Naht) beruht. Zudem begegnet die Fragestellung wegen ihres suggestiven Charakters durchgreifenden Bedenken. Es fehlen alternative Fragen danach , ob die abgebildete Jeans-Tasche nicht als Hinweis auf irgendein Unternehmen aufgefasst wird oder ob der Befragte hierzu nichts sagen kann.
42
Das Berufungsgericht hat folglich den Gesamteindruck der Klagemarke 3 nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. Entsprechendes gilt für den Gesamteindruck der Aufmachung der „COLLOSEUM“-Jeans. Kann nach den bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass das von der Klägerin verwandte rote Stofffähnchen über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, ist auch der Annahme des Berufungsgerichts, die angegriffene Aufmachung werde ebenfalls von dem roten Stofffähnchen geprägt, die Grundlage entzogen.
43
b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die vom Berufungsgericht angenommene Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke 3 und den mit den Klageanträgen zu 1 b und c angegriffenen Aufmachungen der Jeans-Hosen der Marken „S. MALIK“ und „EURGIULIO“. Die fehlerhafte Ermittlung der prägenden Bestandteile der Klagemarke 3 wirkt sich auch auf die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit zwischen dieser Klagemarke und den mit den Klageanträgen zu 1 b und c angegriffenen Gestaltungsformen aus.
44
c) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte die mit den Klageanträgen zu 1 a bis c angegriffenen Aufmachungen markenmäßig verwendet. Dem kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zugestimmt werden.
45
aa) Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig verwendet wird, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware oder Dienstleistung eines Unternehmens von denen anderer dient. Dies hat seinen Grund im Zweck der Rechte des Markeninhabers, die sicherstellen sollen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Diese Rechte sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt , in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, also die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 50 f. = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club; Urt. v. 25.1.2007 - C-48/05, Slg. 2007, I-1017 = GRUR Int. 2007, 404 Tz. 21 = WRP 2007, 299 - Opel/Autec; BGHZ 171, 89 Tz. 22 - Pralinenform).
46
bb) Die Beurteilung, ob die angegriffenen Aufmachungen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet werden, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. In der Revisionsinstanz ist sie nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der markenmäßigen Verwendung zutreffend erfasst, den Prozessstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft , seine Beurteilung frei von Widersprüchen mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung vorgenommen hat und das gewonnene Ergebnis von den Feststellungen getragen wird.
47
Dem Berufungsgericht ist jedoch bei seiner Beurteilung ein Rechtsfehler unterlaufen. Es hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagte die Stofffähnchen nicht anders verwendet als die Klägerin und dass deren Aufmachung eine auffällige Kennzeichnung darstellt. Zwar kann die Kennzeichnungskraft des roten Stofffähnchens der Klägerin Auswirkungen darauf haben, ob der Verkehr einer entsprechenden oder ähnlichen Aufmachung einen Herkunftshinweis entnimmt, wenn er ihr begegnet (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 f. = WRP 2005, 616 - Lila-Schokolade). Die Beklagte verwendet die roten Stofffähnchen jedoch nicht isoliert, sondern zusammen mit den Markennamen ihrer Jeans. Von einer markenmäßigen Verwendung allein der roten Stofffähnchen ohne die jeweiligen Markenwörter kann danach nur ausgegangen werden, wenn diesen Gestaltungsmitteln eine eigenständige, von den anderen Herkunftshinweisen unabhängige Kennzeichnungsfunktion zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; BGH GRUR 2005, 427, 429 - Lila-Schokolade). Diese eigenständige Kennzeichnungsfunktion der roten Stofffähnchen hat das Berufungsgericht aufgrund der Signalwirkung des als „Red Tab“ bezeichneten roten Stofffähnchens der Klägerin und damit aufgrund der Kennzeichnungskraft dieses Gestaltungsmittels bejaht. Die Kennzeichnungskraft des roten Stofffähnchens isoliert ohne weitere Bestandteile hat das Berufungsgericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei bestimmt (dazu II 2 a dd). Demgegenüber kommt es nicht darauf an, dass die jeweiligen roten Stofffähnchen mit den von der Beklagten angebrachten Markenwörtern eine markenmäßige Verwendung darstellen, weil die Klägerin ein Verbot der Verwendung in bestimmter Weise angebrachter roter Stofffähnchen unabhängig von weiteren Wortbestandteilen erstrebt.
48
d) Mit Recht wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht die Einrede mangelnder Benutzung der Klagemarke 3 nach § 25 Abs. 1, § 26 MarkenG als unbegründet erachtet hat. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen diese Annahme nicht zu rechtfertigen.
49
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klagemarke 3 werde rechtserhaltend benutzt, wenn die Gesäßtaschen der von der Klägerin produzierten Jeans-Hosen neben dem mit der Aufschrift „LEVI'S“ versehenen „Red Tab“ und der äußeren Taschenform auch die sogenannte „Arcuate (Doppelschwinge )“ aufwiesen. Dem kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden.
50
bb) Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Ware verwendet wird, für die sie eingetragen ist (BGH, Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP 2005, 1527 - OTTO). Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515 = WRP 2005, 620 - FERROSIL).
51
Werden zur Kennzeichnung einer Ware zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt. Denkbar ist aber auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis, sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (vgl. BGH, Urt. v. 8.2.2007 - I ZR 71/04, GRUR 2007, 592 Tz. 13 = WRP 2007, 958 - bodo Blue Night).
52
Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob die sogenannte „Arcuate (Doppelschwinge)“ und die Klagemarke 3 ungeachtet ihrer räumlichen Zusammenführung vom Verkehr als eigenständige Zeichen aufgefasst werden. Ist dies der Fall, so ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke 3 auszugehen. Sieht der Verkehr die aus der Klagemarke 3 und der sogenannten „Arcuate (Doppelschwinge)“ zusammengesetzte Kennzeichnung dagegen als einheitliches Zeichen an, wird durch die Hinzufügung des zusätzlichen Zeichenbestandteils der kennzeichnende Charakter der Klagemarke 3 verändert.
53
3. Unterlassungsanspruch aus den Klagemarken 1 und 2
54
Die Angriffe der Revision haben auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 aufgrund der Klagemarken 1 und 2 richten. Die Marken zeigen eine Jeans-Tasche in der Farbe Blau mit der durch eine parallele Nahtführung gebildeten sogenannten „Arcuate (Doppelschwinge)“ und einem roten rechteckigen Stofffähnchen an der linken Außennaht, das nicht beschriftet ist.
55
a) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken 1 und 2 und den mit den Klageanträgen zu 1 a bis c angegriffenen Aufmachungen nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV ist nicht frei von Rechtsfehlern.
56
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das rote Stofffähnchen der Klagemarken eine selbständig kennzeichnende Wirkung innerhalb des Bildzeichens hat und auch nicht so in den Hintergrund tritt, dass es die Eignung verliert, die Erinnerung an die jeweilige Klagemarke wachzurufen. Soweit das Berufungsgericht, das in diesem Zusammenhang auf seine Ausführungen zur Klagemarke 3 verwiesen hat, damit hat zum Ausdruck bringen wollen, auch in den Klagemarken 1 und 2 sei das rote Stofffähnchen prägend, kann diese Annahme keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass das rote Stofffähnchen die aus mehreren Bildbestandteilen zusammengesetzten Klagemarken 1 und 2 von Haus aus dominiert oder prägt. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft des roten Stofffähnchens durch intensive Benutzung, von der das Berufungsgericht auch bei diesen Marken ausgegangen ist, ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt (vgl. II 2 a dd).
57
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klagemarken 1 und 2 würden rechtserhaltend dadurch benutzt, dass die Klägerin Jeans-Hosen vertreibe , die Gesäßtaschen mit der sogenannten „Arcuate (Doppelschwinge)“ und mit dem „Red Tab“ mit und ohne die Aufschrift „LEVI'S“ aufwiesen. Dagegen wendet sich die Revision ebenfalls mit Erfolg.
58
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Klagemarken 1 und 2 ernsthaft dadurch benutzt hat, dass sie Jeans-Hosen vertrieben hat, die eine Gesäßtasche mit der sogenannten „Arcuate (Doppelschwinge)“ und einem „Red Tab“ ohne Aufschrift aufwiesen. Zu Art, Umfang und Dauer eines entsprechenden Vertriebs derart gestalteter Jeans-Hosen ist nichts festgestellt. Eine Benutzungshandlung ist aber nur dann als ernsthaft anzusehen, wenn sie nach Art, Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entspricht, die Geltendmachung bloß formaler Markenrechte zu verhindern (BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1048 = WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's).
59
Soweit das Berufungsgericht für eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarken 1 und 2 auch einen Vertrieb von Jeans-Hosen herangezogen hat, die Gesäßtaschen mit der sogenannten „Arcuate (Doppelschwinge)“ und dem „Red Tab“ mit der Aufschrift „LEVI'S“ aufweisen, hat es keine Feststellungen dazu getroffen, ob durch die zusätzliche Anbringung der Aufschrift „LEVI'S“ auf den Stofffähnchen der Jeans-Taschen der kennzeichnende Charakter der Marke unverändert bleibt (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG).
60
Die zur rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarken 1 und 2 erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht - soweit es die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen den Klagemarken 1 und 2 und den mit den Klageanträgen zu 1 a bis c angegriffenen Aufmachungen im wiedereröffneten Berufungsrechtszug bejaht - ebenfalls nachzuholen haben.
61
4. Unterlassungsanspruch aus den Klagemarken 4, 5 und 6
62
Das Berufungsgericht hat ebenfalls rechtsfehlerhaft markenrechtliche Unterlassungsansprüche aufgrund der Klagemarken 4, 5 und 6 bejaht (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Art. 98 GMV).
63
Das Berufungsgericht hat angenommen, zwischen den Klagemarken 4, 5 und 6 und den in den Klagenanträgen zu 1 a bis c angeführten Aufmachungen bestehe eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV. Es hat hierzu auf seine Ausführungen zur Klagemarke 3 verwiesen, die revisionsrechtlich keinen Bestand haben. Die Verurteilung aufgrund der Klagemarken 4, 5 und 6 kann daher ebenfalls nicht aufrechterhalten bleiben.
64
5. Unterlassungsanspruch aus der Benutzungsmarke eines „Red Tab“
65
Das Berufungsgericht hat schließlich einen Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG auch aufgrund einer Benutzungsmarke i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG bejaht. Es hat angenommen, dass sich aus den Umfragen von Mai und Juli 1994 sowie April/Mai 2000 ergibt, dass ein beachtlicher Teil des Publikums das rote Stofffähnchen ohne jedes andere Gestaltungselement an der Gesäßtasche als Kennzeichen der Klägerin erkennt.
66
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Die Meinungsumfragen sind aus denselben Gründen, die gegen ihre Eignung sprechen, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des „Red Tab“ in den eingetragenen Klagemarken zu belegen, auch ungeeignet, eine Verkehrsgeltung einer entsprechenden Benutzungsmarke zum maßgeblichen Zeitpunkt - Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz im Oktober 2005 - zu beweisen.
67
6. Da die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 keinen Bestand hat, ist auch die Verurteilung nach den Annexanträgen zu 3 und 4 aufzuheben.
68
III. Das Berufungsurteil kann danach, soweit die Revision zugelassen worden ist, nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
69
Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:
70
Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass das „Red Tab“ aufgrund gesteigerter Kennzeichnungskraft dieses Zeichenbestandteils eine der Klagemarken prägt, wird in Anbetracht der bestehenden Warenidentität eine Verwechslungsgefahr und eine markenmäßige Verwendung der roten Stofffähnchen in den angegriffenen Aufmachungen zu bejahen sein. Die Prägung des Gesamteindrucks der Klagemarken durch das isolierte „Red Tab“ wird eher bei der Klagemarke 6 anzunehmen sein, die diesen Bestandteil - anders als die Klagemarken 3 bis 5 - ohne Schriftzug und - anders als die Klagemarken 1 und 2 - ohne die sogenannte „Arcuate (Doppelschwinge)“ aufweist.
71
Die Beurteilung des Gesamteindrucks der Klagemarken wird das Berufungsgericht , soweit es für die Beurteilung des Rechtsstreits auf sämtliche Klagemarken ankommt, im Hinblick auf die unterschiedliche Gestaltung der eingetragenen Klagemarken 1 und 2, 3, 4 und 5, 6 sowie die in Anspruch genommene Benutzungsmarke jeweils gesondert vorzunehmen haben.
72
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass keine der Klagemarken durch das isolierte „Red Tab“ allein geprägt wird, sind dadurch nicht zwangsläufig eine Zeichenähnlichkeit und eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Vielmehr ist eine einzelfallbezogene Prüfung im Hinblick auf die verschiedenen Kollisionszeichen vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2001 - I ZR 205/98, GRUR 2001, 1054, 1056 ff. = WRP 2001, 1193 - Tagesreport; Urt. v. 25.10.2007 - I ZR 18/05, GRUR 2008, 505 Tz. 32 f. und 35 = WRP 2008, 797 - TUC-Salzcracker; Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rdn. 201; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht , § 14 MarkenG Rdn. 366). Allerdings kann eine Übereinstimmung allein in schutzunfähigen Bestandteilen keine Verwechslungsgefahr begründen (BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 41-43 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 221).
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.06.2004 - 312 O 482/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.02.2006 - 3 U 130/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 88/07 Verkündet am:
9. Juli 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 397 35 468
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ROCHER-Kugel

a) Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz
einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr
allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der
Ware sieht.

b) Wird eine Formmarke nie isoliert, sondern nur zusammen mit weiteren Kennzeichen
benutzt, sind die Angaben zur Marktposition, zu Umsätzen und Werbeankündigungen
auf die Zeichenkombination bezogen und deshalb für die
Durchsetzung der reinen Formmarke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Regelfall
nicht genügend aussagekräftig.

c) An den Durchsetzungsgrad einer Formmarke i.S. des § 8 Abs. 3 MarkenG,
die eine von den typischen Merkmalen der Produkte dieser Warengattung
abweichende Gestaltung aufweist, sind keine besonders hohen Anforderungen
zu stellen.
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - I ZB 88/07 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 9. Mai 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 7. August 2001 aufgrund Verkehrsdurchsetzung die nachfolgend abgebildete farbige (hell- und dunkelbraun) dreidimensionale Marke Nr. 397 35 468 für die Ware "Pralinen" eingetragen:
2
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil diese nicht markenfähig sei und die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Marke nicht vorlägen. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag zurückgewiesen.
3
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und die Löschung der Marke angeordnet (BPatG GRUR 2008, 420).
4
Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Antragstellerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
5
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die angegriffene Marke sei nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG zu löschen, weil die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG vorlägen und nicht durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden seien. Zur Begründung hat es ausgeführt:
6
Die angegriffene Marke sei allerdings nicht unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MarkenG in das Register eingetragen worden. Die Pralinenform weise keine technische Wirkung oder Funktion i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auf. Die Wirkung der Pralinenform liege in einem ästhetisch-haptischen Empfinden und könne nicht dem Bereich der Technik zugeschrieben werden. Auch der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sei nicht gegeben. Der Praline werde nicht durch die Form, sondern durch ihren Geschmack ein wesentlicher Wert verliehen. Dieser hänge vor allem von der Rezeptur ab und nicht von der Form.
7
Der angegriffenen Marke fehle jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Verkehr bei Pralinen daran gewöhnt sei, mit der Form eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Die Marke greife mit der Kugelform auf eine geometrische Grundform zurück. Die raspelige Oberfläche wandele die Grundform nur unwesentlich ab und lasse die streitige Form nur als eine weitere Variante in einem reichlich vorhandenen Formenschatz erscheinen.
8
Die angegriffene Marke unterliege außerdem einem Freihaltebedürfnis i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. In Anbetracht der Einfachheit der Form sei von einem erheblichen Interesse der Allgemeinheit auszugehen, die streitige Form frei benutzen zu dürfen.
9
Die angegriffene Marke habe nicht als durchgesetzte Marke eingetragen werden dürfen. Es sei zwar davon auszugehen, dass die Markeninhaberin die Pralinenform als Marke benutzt habe. Das im Eintragungsverfahren zur Verkehrsdurchsetzung vorgelegte Material sei aber nicht ausreichend gewesen. Das demoskopische Gutachten von Juli 1997 leide an Mängeln, die dazu führten , dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden könne. Die maßgeblichen Verkehrskreise seien nicht zutreffend bestimmt worden. Es sei auf die Gesamtbevölkerung abzustellen; nur diejenigen Verkehrskreise seien außer Betracht zu lassen, die der in Rede stehenden Ware gänzlich desinteressiert gegenüberstünden. Die Mängel des demoskopischen Gutachtens gingen zu Lasten der Markeninhaberin, der die Beweislast für die Verkehrsdurchsetzung obliege. Werde auf die Gesamtbevölkerung abgestellt , liege der maßgebliche Zuordnungsgrad bei 65,8%, der um eine Fehlertoleranz von 3,8% zu kürzen sei; es verbleibe ein Zuordnungsgrad von 62%. Bei dreidimensionalen Marken, die lediglich eine Grundform der Ware zum Gegenstand hätten oder nur unwesentlich darüber hinausgingen, sei eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung erforderlich. Diese werde mit einem Zuordnungsgrad von 62% nicht erreicht. Auch die im Löschungsverfahren beigebrachten Unterlagen zur Marktposition, zu Umsätzen und zu Werbeausgaben seien kein hinreichender Beleg zum Nachweis einer einhelligen Verkehrsdurchsetzung.
10
Die Schutzhindernisse seien auch nicht durch eine nachträgliche Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag überwunden gewesen. Dem von der Markeninhaberin vorgelegten Gutachten vom Frühjahr 2005 sei ein Zuordnungsgrad von 71% zu entnehmen. Davon sei eine Fehlertoleranz von 4% abzuziehen. Der maßgebliche Zuordnungsgrad von 67% sei ebenfalls nicht ausreichend.
11
III. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beurteilung, mit der das Bundespatentgericht die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Formmarke mangels Verkehrsdurchsetzung bejaht hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
1. Das Bundespatentgericht ist - ohne dies ausdrücklich anzuführen - zutreffend davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Zeichen nach § 3 Abs. 1 MarkenG markenfähig ist. Dreidimensionale Gestaltungen, die die Form einer Ware darstellen, sind grundsätzlich abstrakt zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen geeignet. Gegenteiliges ist vorliegend nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
13
2. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung darauf, der angegriffenen Marke stünde bereits das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 MarkenG entgegen.
14
a) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich, wenn es ausschließlich aus einer Form besteht, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist. Die Form darf also nicht ausschließlich aus Merkmalen bestehen, die für die Warenart wesensnotwendig sind, um ihren Zweck zu erfüllen. Dies kann nur angenommen werden, wenn die Merkmale die Grundform der Warengattung ausmachen, für die Schutz beansprucht wird (BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 18/98, GRUR 2004, 506, 507 = WRP 2004, 755 - Stabtaschenlampen II; Beschl. v. 25.10.2007 - I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 Tz. 16 = WRP 2008, 791 - Milchschnitte). Davon kann bei der angegriffenen Marke, die eine Kugelform mit einer unregelmäßigen raspeligen Oberfläche kombiniert, nicht ausgegangen werden.
15
Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden, auch wenn die Kugelform vielfach anzutreffen ist. Eine Grundform hat sich danach für die Warengattung "Pralinen" nicht herausgebildet. Zudem zeichnet sich die Marke durch die unregelmäßige Oberflächenstruktur der abgebildeten Praline aus, die sich von einer einfachen Kugelform unterscheidet.
16
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung steht der angegriffenen Marke auch nicht das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Danach ist ein Zeichen dem Markenschutz nicht zugänglich , das ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Dies setzt voraus, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nur einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 83 - Philips/Remington; BGH, Beschl. v. 17.11.2005 - I ZB 12/04, GRUR 2006, 589 Tz. 18 = WRP 2006, 900 - Rasierer mit drei Scherköpfen). Das Bundespatentgericht hat zutreffend festgestellt, dass die wesentlichen Merkmale der beanspruchten Form - die Kugelform und die raspelige Oberfläche - eine ästhetische und eine haptische, jedoch keine technische Wirkung erzeugen.
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Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend, der Ausschlussgrund greife auch dann ein, wenn die Form technisch bedingt sei, um eine Wirkung zu erzielen, die auch auf nichttechnischem Gebiet liegen könne. Die Wirkung der Praline der Markeninhaberin liege in dem Geschmackserlebnis , das durch die äußere Form mit den Merkmalen der Kugelform und der raspeligen Oberfläche mitbestimmt werde. Diese Merkmale seien deshalb funktional. Würde die angegriffene Produktform nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen, würde der Wettbewerb dauerhaft daran gehindert, Produkte auf den Markt zu bringen, die das gleiche sensorische Erlebnis im Mund auslösten.
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Mit dieser Erwägung kann der Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG indessen nicht begründet werden. Die fragliche Pralinenform ist nicht deswegen technisch bedingt, weil sich aufgrund der Kugelform und der raspeligen Oberfläche eine bestimmte geschmackliche Wirkung erzielen lässt. Die Form mag damit zur Erreichung einer geschmacklichen, nicht aber einer technischen Wirkung erforderlich sein (vgl. Hacker in Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 3 Rdn. 98). Zutreffend hat das Bundespatentgericht angenommen, dass - schon nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - nur solche Formgestaltungen vom Markenschutz ausgeschlossen sind, bei denen (auch) die von der Form erzeugte Wirkung technischer Natur ist.
19
c) Das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist ebenfalls nicht gegeben. Die angegriffene Marke besteht nicht ausschließlich aus einer Form, die der Marke einen wesentlichen Wert verleiht. Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vornherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrer ästhetischen Wirkung zumindest auch die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann (BGH, Beschl. v. 24.5.2007 - I ZB 37/04, GRUR 2008, 71 Tz. 18 = WRP 2008, 107 - Fronthaube; Hacker in Ströbele/ Hacker aaO § 3 Rdn. 107; Koschtial, GRUR Int. 2004, 106, 111). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr bei der beanspruchten Pralinenform gerade in der ästhetischen Formgebung die eigentliche handelbare Ware sieht und andere Gesichtspunkte, wie zum Beispiel der Geschmack der fraglichen Praline, für den Wert der Ware nur eine völlig untergeordnete Rolle spielen. Es kann deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Merkmale der beanspruchten Warenform auch auf die betriebliche Herkunft hinweisen können.
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Die Form verleiht der Marke auch nicht deshalb einen wesentlichen Wert i.S. von § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, weil durch die in Rede stehende Pralinenform ein Geschmack erzeugt wird, der sich nur durch diese und keine andere Form erzielen lässt.
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Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts lässt sich der Darstellung der Pralinenform nur entnehmen, dass die Praline mit einer unterschiedlich dicken Schokoladenschicht überzogen ist und ihre Oberfläche aus Raspeln von Kokos, Nuss oder sonstigen Bestandteilen besteht. Daraus hat das Bundespatentgericht gefolgert, dass die geschützte Form keinen sicheren Rückschluss auf den Geschmack einer entsprechend gestalteten Praline erlaubt. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Erfolg hält die Rechtsbeschwerde ihnen entgegen, dass durch die angegriffene Form ein bestimmtes Geschmackserlebnis erzeugt wird, das sich nur durch diese Form erzielen lässt. Damit setzt die Rechtsbeschwerde lediglich ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
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3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, der angegriffenen Marke fehle für die Ware "Pralinen" von Hause aus jegliche Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
23
a) Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber den Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGHZ 167, 278 Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006; BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 - Marlene-Dietrich-Bildnis; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 70). Diesem großzügigen Maßstab steht ungeachtet der vom Bundespatentgericht geäußerten Zweifel nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften entgegen, wonach sich die Prüfung nicht auf ein Mindestmaß beschränken darf, sondern streng und um- fassend sein muss (EuGH, Urt. v. 6.5.2003 - C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Tz. 59 - Libertel; Urt. v. 12.2.2004 - C-363/99, Slg. 2004, I-1619 = GRUR 2004, 674 Tz. 123 - Postkantoor; Urt. v. 21.10.2004 - C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Dieses Erfordernis besagt nur, dass alle Gesichtspunkte umfassend zu würdigen sind und nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf (BGH, Beschl. v. 22.1.2009 - I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Tz. 11 = WRP 2009, 963 - My World; a.A. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96 f.). Es bezieht sich entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts auf den Prüfungsumfang und nicht auf den Prüfungsmaßstab.
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b) Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen. Bei ihnen sind die Kriterien für die Unterscheidungskraft keine anderen als diejenigen, die für die übrigen Markenkategorien gelten (vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.2006 - C-24/05, Slg. 2006, I-5677 = GRUR Int. 2006, 842 Tz. 24 - Storck/HABM; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 23 - Fronthaube). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die in Rede stehenden Waren einen Herkunftshinweis sieht. Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, wird allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. EuGH, Urt. v. 7.10.2004 - C-136/02, Slg. 2004, I-9165 = GRUR Int. 2005, 135 Tz. 30 - Maglite; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 25 - Storck/HABM).
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c) Dementsprechend geht der Senat in seiner Rechtsprechung bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, trotz Anlegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass solchen Marken die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 - Fronthaube). Bei dreidimensionalen Marken ist danach regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert. Geht die Form darüber hinaus und zeichnet sie sich insbesondere durch besondere Merkmale aus, so ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder sie als Hinweis auf die Herkunft der Waren versteht. Dabei ist zu berücksichtigen , dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form keiner konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster). Hierfür kann es eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt ist, dass die Warenform auf die Herkunft hindeutet (vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZB 38/00, GRUR 2004, 329, 330 = WRP 2004, 492 - Käse in Blütenform I).
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d) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass Pralinen in den verschiedensten Formen angeboten werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr auf diesem Warengebiet daran gewöhnt sei, mit der Form der Ware eine bestimmte Herkunftsvorstellung zu verbinden. Der Gesamteindruck der in Rede stehenden Marke werde zum einen durch die Kugelform und zum anderen durch die raspelige Oberfläche bestimmt. Mit der Kugelform greife die Marke eine geometrische Grundform auf, die bei Pralinen vielfach eingesetzt werde. Die Oberflächengestaltung bilde eine naheliegende Variante der Kugelform , die vom Verkehr nicht als herkunftshinweisendes Merkmal aufgefasst werde. Der Verkehr schreibe die raspelige Oberfläche vielmehr allein dem Umstand zu, dass sich unter dem Schokoladenüberzug Nuss- oder Mandelsplitter befänden. Vergleichbare Oberflächenformen seien aus benachbarten Warengebieten allgemein bekannt.
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e) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, im Lebensmittelbereich liege es nahe, in einer bestimmten Form eines Lebensmittels einen Herkunftshinweis zu sehen. Mit diesen Ausführungen setzt die Rechtsbeschwerde nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle der gegenteiligen Feststellung des Bundespatentgerichts, das für die Warenart Pralinen eine Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung der Warenform als Herkunftshinweis verneint hat (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 416 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck; BGHZ 171, 89 Tz. 27 - Pralinenform). Dasselbe gilt für die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Kombination der Kugelform mit der raspeligen Oberfläche auf dem fraglichen Warengebiet einzigartig sei. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts ist die Oberflächengestaltung aufgrund der Zutaten der Praline naheliegend und wird deshalb vom Verkehr nur als Variante der bekannten Grundform angesehen. Varianten handelsüblicher Formen werden jedoch - auch auf dem Süßwarensektor - in der Regel nicht als Herkunftshinweis aufgefasst (vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 29 f. - Storck/HABM).
28
Das Bundespatentgericht hat - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch keinen zu strengen Prüfungsmaßstab angewandt. Es ist von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ausgegangen , wonach einer Marke, die in der Form einer Ware besteht, nur dann Unterscheidungskraft zukommt, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht (vgl. EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - C-173/04, Slg. 2006, I-551 = GRUR 2006, 233 Tz. 31 - Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 26 - Storck/HABM). Mit dem Merkmal der erheblichen Abweichung ist jedoch nur gemeint, dass die Besonderheiten, die die beanspruchte Form gegenüber üblichen Gestaltungen aufweist, geeignet sein müssen, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden (vgl. BGHZ 166, 65 Tz. 17 - Porsche Boxster; BGH GRUR 2008, 71 Tz. 24 - Fronthaube; Bergmann, GRUR 2006, 793, 794). Zusätzliche Kriterien hat auch das Bundespatentgericht nicht aufgestellt. Es ist vielmehr zu dem aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Schluss gelangt, dass sich die angegriffene Marke in den reichlich vorhandenen Formenschatz auf diesem Warengebiet eingliedert und keinen individualisierenden Gehalt aufweist.
29
4. Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch die Voraussetzungen des Eintragungshindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Waren dienen können. Da sich die in Rede stehende Marke darin erschöpft, die äußere Form der Ware wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2003 - I ZB 15/98, GRUR 2004, 502, 505 = WRP 2004, 752 - Gabelstapler II; Beschl. v. 3.4.2008 - I ZB 46/05, GRUR 2008, 1000 Tz. 16 = WRP 2008, 1432 - Käse in Blütenform II). Es besteht die Gefahr, dass Anmelder, die zunächst keine eigene Benutzungsabsicht verfolgen müssen , eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisieren und so die Gestal- tungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränken (BGHZ 166, 65 Tz. 21 - Porsche Boxster).
30
Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass für die angegriffene Form ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung besteht, weil sie nur wenig über die - für Pralinen naheliegende - Form der Kugel hinausgeht. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
31
5. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der in Rede stehenden Pralinenform i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG im Zeitpunkt der Eintragung verneint hat.
32
a) Das Bundespatentgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen , dass die Voraussetzungen einer markenmäßigen Verwendung der Pralinenform erfüllt sind.
33
aa) Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige und damit nicht lediglich eine beschreibende Verwendung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen , also einer Benutzung, die dazu dient, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Tz. 64 - Philips/ Remington; BGH, Beschl. v. 23.10.2008 - I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 Tz. 18 = WRP 2009, 815 - POST II). Bei einer dreidimensionalen Marke ist zu berücksichtigen , dass die Bekanntheit eines Produkts in der Gestalt der Marke nicht notwendig auch bedeutet, dass die Produktaufmachung in gleichem Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 36 - Pralinenform).
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bb) Gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die angegriffene Pralinenform sei als Marke benutzt worden, wendet sich die Rechtsbeschwerdeerwiderung ohne Erfolg. Aus dem Umstand, dass ein erheblicher Teil der Verkehrskreise das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordnet, kann grundsätzlich auf die Bekanntheit der Warenform auch als Herkunftshinweis geschlossen werden (BGH GRUR 2008, 510 Tz. 25 - Milchschnitte ). Hiervon ist nach dem von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren und im Löschungsverfahren vorgelegten Verkehrsgutachten der GfK Marktforschung von Juli 1997 auszugehen. Aus dem Umstand, dass mehr als 50% der Befragten das dargestellte Produkt nur einem bestimmten Unternehmen zuordneten, ergibt sich, dass die Produktform dem überwiegenden Teil des Publikums nicht nur bekannt war, sondern von diesen Verkehrskreisen auch als Herkunftshinweis aufgefasst wurde.
35
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Praline, deren Gestaltung Gegenstand der angegriffenen Marke ist, verpackt vertrieben wird. Die Marke ist dadurch zwar für den Verkehr zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung nicht wahrnehmbar. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Eine Marke kann auch dann herkunftshinweisend und damit markenmäßig benutzt werden, wenn sie erst im Stadium des Verbrauchs der Ware wahrgenommen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz. 57 - Arsenal Football Club; EuGH GRUR Int. 2006, 842 Tz. 71 - Storck/HABM; BGHZ 171, 89 Tz. 25 - Pralinenform).
36
b) Das Bundespatentgericht hat angenommen, bei dreidimensionalen Marken, die lediglich die Grundform einer Ware zum Gegenstand haben oder - wie hier - nicht wesentlich über die Grundform hinausgingen, komme eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad als 50% in Betracht. Es sei eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit erforderlich. Insoweit könne nichts anderes gelten als für glatt beschreibende Angaben. Eine nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit sei durch die von der Markeninhaberin vorgelegten Verkehrsgutachten von Juli 1997 und vom Frühjahr 2005 nicht nachgewiesen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
37
aa) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings dagegen, dass das Bundespatentgericht bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung maßgeblich auf die Verkehrsgutachten abgestellt hat und den weiteren von der Markeninhaberin vorgelegten Unterlagen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.
38
(1) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 54 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 20 = WRP 2006, 1130 - LOTTO). Die Verkehrsbefragung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung. Daneben können auch der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 51 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschl. v. 21.2.2008 - I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Tz. 28 = WRP 2008, 1087 - VISAGE). Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, verbietet es das Gemeinschaftsrecht jedoch nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 53 - Windsurfing Chiemsee).
39
(2) Solche Schwierigkeiten sind insbesondere gegeben, wenn der Markenschutz für ein Gestaltungsmerkmal beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt worden ist. In einem solchen Fall lassen die Umstände, die - wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen - sonst auf eine Verkehrsdurchsetzung hinweisen können, regelmäßig nur darauf schließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Tz. 29 - VISAGE). So verhält es sich im Streitfall. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts wurde die in Rede stehende Formmarke nie isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit weiteren Kennzeichen wie den Wortzeichen "ROCHER" und "FERRERO" benutzt. Die vorgelegten Beweismittel zur Marktposition, zu den Umsätzen und zu den Werbeausgaben sind deshalb für die Durchsetzung der in Rede stehenden Formmarke nicht genügend aussagekräftig.
40
bb) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch mit Erfolg, das Bundespatentgericht habe für die Eintragungsfähigkeit der in Rede stehenden Marke einen zu hohen Durchsetzungsgrad für erforderlich gehalten.
41
(1) Für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads ist nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Entscheidend ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr nur als beschreibende oder übliche Angabe, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht. Deshalb kann - sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen - die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden (BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 54/98, GRUR 2001, 1042, 1043 = WRP 2001, 1205 - REICH UND SCHOEN; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 20 - LOTTO; GRUR 2008, 710 Tz. 26 - VISAGE). Die Anforderungen sind umso höher, je weniger sich das betreffende Zeichen nach seinem spezifischen Charakter als Herkunftshinweis eignet (EuGH GRUR 1999, 723 Tz. 50 - Windsurfing Chiemsee; BGH, Urt. v. 25.10.2007 - I ZR 18/05, GRUR 2008, 505 Tz. 28 = WRP 2008, 797 - TUCSalzcracker ; Fezer, WRP 2005, 1, 18; Ströbele, GRUR 2008, 569, 570). Handelt es sich um einen Begriff, der die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen ein Bedeutungswandel und damit eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht (vgl. BGH GRUR 2009, 669 Tz. 25 - POST II). Der Senat hat in einzelnen Fällen eine sehr hohe oder eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung für notwendig erachtet (vgl. BGHZ 156, 112, 125 - Kinder I; BGH GRUR 2006, 760 Tz. 24 - LOTTO). Entsprechend hohe Anforderungen sollen - nach teilweise im Schrifttum vertretener Ansicht - auch bei dreidimensionalen Marken gelten, die nur übliche Warenformen darstellen (vgl. Ströbele, GRUR 2008, 569, 570).
42
(2) Bei der in Rede stehenden Formmarke bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein 60% deutlich übersteigender oder gar ein nahezu einhelliger Durchsetzungsgrad zur Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlich sein könnte.
43
Bei einer Formmarke, die von einer Grundform der Warengattung abweichende Merkmale aufweist, besteht in der Regel kein Anlass, besonders hohe Anforderungen an den Durchsetzungsgrad zu stellen (vgl. BGH GRUR 2008, 510 Tz. 24 - Milchschnitte). Eine durch besondere Merkmale von einer Grundform der Warengattung abweichende Warenform ist nicht in gleicher Weise als Herkunftshinweis ungeeignet wie eine glatt beschreibende Wortangabe.
44
Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts beschränkt sich die in Rede stehende Formmarke nicht ausschließlich auf die für Pralinen typische Kugelform, sondern weist eine besondere, wenn auch naheliegende Oberflächengestaltung auf. Sie stellt eine Variante der Kugelform dar, die ihrerseits nur eine von vielen bei Pralinen denkbaren Formgestaltungen ist. Eine deutliche Steigerung des zur Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlichen Durchsetzungsgrades ist vorliegend daher nicht notwendig.
45
(3) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe reichte selbst der vom Bundespatentgericht ermittelte gesicherte Zuordnungsgrad von 62% für den Zeitpunkt der Eintragung aus.
46
Für die Feststellung des Durchsetzungsgrades ist auf die Gesamtbevölkerung abzustellen, weil sich das Angebot von Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, an sie richtet und sie daher den maßgeblichen Verkehrskreis bildet (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 - LOTTO). Ob hiervon diejenigen Teile der Befragten herauszurechnen sind, die keinerlei Bezug zu Pralinen haben, kann offenbleiben. Die auf die Gesamtbevölkerung bezogenen Werte zum Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke, die sich auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 ergeben, reichen entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts für eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus.
47
(4) Nicht frei von Rechtsfehlern ist bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen des Bundespatentgerichts, die Markeninhaberin habe im Löschungsverfahren den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung zu führen; Mängel der im Eintragungsverfahren vorgelegten Beweismittel gingen deshalb zu Lasten der Markeninhaberin.
48
Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 MarkenG trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag (vgl. BGHZ 42, 151, 160 - Rippenstreckmetall II; BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II). Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II, m.w.N.). Daran ändern auch die Überlegungen des Bundespatentgerichts nichts, die es aus seiner Sicht als unbillig erscheinen lassen , die Feststellungslast dem Antragsteller des Löschungsverfahrens aufzubürden. Die aus dem Zeitablauf resultierenden Schwierigkeiten, die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zu beurteilen, treffen die Beteiligten des Löschungsverfahrens gleichermaßen. Der Antragsteller hat es jedoch - anders als der Markeninhaber - in der Hand, den Löschungsantrag zeitnah nach der Eintragung der Marke zu stellen. Allerdings dürfen dem Antragsteller keine nahezu unüberwindbaren Beweisanforderungen auferlegt werden. Ihm können daher Beweiserleichterungen zugute kommen. Auch kann das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag unter Umständen Rückschlüsse auf das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Eintragungszeitpunkt zulassen (BGH GRUR 2009, 669 Tz. 31 - POST II).
49
(5) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass das GfK-Gutachten von Juli 1997 an Mängeln leidet, die dazu führen, dass von einer ausreichenden Verkehrsdurchsetzung nicht ausgegangen werden kann. Das von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren vorgelegte Gutachten von Juli 1997 ging von einem Bekanntheitsgrad von 90,3%, einem Kennzeichnungsgrad von 83,8% und einem Zuordnungsgrad von 74,3% der an Pralinen interessierten Verkehrskreise aus. Nach Ansicht des Bundespatentgerichts können dagegen - unter Berücksichtigung von Mängeln des Gutachtens - nur ein Bekanntheitsgrad von 72,9%, ein Kennzeichnungsgrad von 66,5% und ein Zuordnungsgrad von 62% als gesichert angenommen werden.
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Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Bundespatentgericht wegen methodischer Mängel von dem GfK-Gutachten aus dem Juli 1997 Abzüge vorgenommen. Es hat zu Recht angenommen, dass bei Waren des Massenkonsums, zu denen Pralinen gehören, grundsätzlich auf die Gesamtbevölkerung abzustellen ist (vgl. BGH GRUR 2006, 760 Tz. 22 - LOTTO). Es hat deshalb die Ergebnisse des Gutachtens zugrunde gelegt, die sich auf die Gesamtzahl der befragten Personen beziehen und ist davon ausgegangen, dass 72,9% aller Befragten die gezeigte Praline kennen.
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Ebenfalls keinen Bedenken begegnet, dass das Bundespatentgericht für die Beurteilung der Frage, welcher Anteil der Befragten in der Marke einen Herkunftshinweis sieht, nur diejenigen Befragten berücksichtigt hat, die zuvor die Frage, ob sie das abgebildete Produkt kennen, mit "ja" beantwortet haben (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn. 439 a.E.; Pflüger, Mitt. 2007, 259, 262). Der Anteil derjenigen Befragten, die - obgleich sie zu dem angesprochenen Verkehrskreis zählen - die Pralinenform gar nicht kennen, muss vollständig dem Anteil der Befragten zugerechnet werden, die den Herkunftshinweis verneint haben. Denn wer das fragliche Produkt nicht kennt und gleichwohl auf die Frage nach der Herkunft antwortet, es stamme aus einem bestimmten Unternehmen , hat entweder geraten oder ist von einer originären Unterscheidungskraft ausgegangen. In beiden Fällen sprechen die Antworten nicht für einen höheren Durchsetzungsgrad.
52
Das Bundespatentgericht ist danach bezogen auf die Gesamtheit der Befragten zutreffend von einem Prozentwert von 66,5% ausgegangen, der die in Rede stehende Produktform einem bestimmten Unternehmen zuordnet.
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Ausgehend von diesem Wert hat das Bundespatentgericht diejenigen Befragten herausgerechnet und in Abzug gebracht, die das Zeichen, dessen Verkehrsdurchsetzung in Rede steht, einem anderen ausdrücklich benannten Unternehmen zuordnen, weil dieser Anteil der Befragten bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zugunsten eines bestimmten Unternehmens außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Tz. 36 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Büscher in Büscher/ Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 214).
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Ob die weiteren Abzüge, die das Bundespatentgericht im Hinblick auf Mehrfachnennungen vorgenommen hat und gegen die sich die Rechtsbeschwerde wendet, ganz oder teilweise berechtigt sind, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Zu Lasten der Markeninhaberin und zugunsten der Antragstellerin kann es bei diesen Abzügen verbleiben, weil auch in diesem Fall vom Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG auszugehen ist. Von dem danach auf der Grundlage des GfK-Gutachtens von Juli 1997 mit 65,8% ermittelten Durchsetzungsgrad hat das Bundespatentgericht einen Abzug für Fehlertoleranzen vorgenommen. Ausgehend von einer 95%igen Wahrscheinlichkeit und der Stichprobe von 1.248 Befragten hat es unter Heran- ziehung einer Tabelle für den Durchsetzungsgrad eine Fehlertoleranz von 3,8% ermittelt. Nach dieser Tabelle liegt der Durchsetzungsgrad mit 95%iger Wahrscheinlichkeit zwischen 62% und 69,6%. Wegen dieser Fehlertoleranz hat das Bundespatentgericht seiner Beurteilung den unteren Wert von 62% zugrunde gelegt.
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Gegen den Abzug von Fehlertoleranzen in der genannten Höhe wendet sich die Rechtsbeschwerde mit der Begründung, der ermittelte Wert ohne Abzug der Fehlertoleranz sei der wahrscheinlichste Wert, während der nach Abzug der vollen Fehlertoleranz von 3,8% errechnete untere Wert nur eine Wahrscheinlichkeit von 10% aufweise.
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Die Frage, ob die Fehlertoleranz durch Abzüge zu berücksichtigen ist, braucht vorliegend ebenfalls nicht entschieden zu werden. Auch bei deren Berücksichtigung verbleibt ein Durchsetzungsgrad von mindestens 62%. Dieser Wert reicht für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG aus (hierzu Abschnitt III 5 b bb (3)).
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6. Auch das für die Marke bestehende Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist durch Verkehrsdurchsetzung i.S. von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Hierzu gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
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7. Da die Löschungsvoraussetzungen bereits im Eintragungszeitpunkt nicht vorlagen, kommt es auf die weitere Frage, ob die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag gegeben waren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), nicht mehr an.
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IV. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.05.2007 - 32 W(pat) 156/04 -