Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 26. Juni 2013 - 1 BvR 1148/13
Gericht
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine zivilrechtliche Auseinandersetzung über die durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG nur unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichte Portabilität von Alterungsrückstellungen beim Wechsel eines privat krankenversicherten Versicherungsnehmers zu einem anderen privaten Krankenversicherer.
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Der Beschwerdeführer war bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, einer privaten Versicherungsgesellschaft, seit 1986 privat im Volltarif krankenversichert. Diesen Versicherungsvertrag kündigte er mit Schreiben vom 29. Juni 2009 und schloss eine private Krankenversicherung im Volltarif bei einem anderen privaten Krankenversicherer ab. Mit seiner Klage begehrte er von der Beklagten die Auszahlung der für ihn gebildeten Alterungsrückstellungen an den neuen Krankenversicherer.
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Das Landgericht wies die Klage ab; die dagegen gerichtete Berufung wies das Oberlandesgericht zurück. Die vom Oberlandesgericht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassene Revision des Beschwerdeführers wies der Bundesgerichtshof nach entsprechendem Hinweis im Beschlusswege nach § 552a ZPO zurück (veröffentlicht in VersR 2013, S. 612 f.). Ein Zulassungsgrund liege nicht vor. Der Rechtssache komme insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Die Revision habe auch in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht habe richtig entschieden. § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG begründe bei einem vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossenen Vertrag nur dann einen Anspruch auf Übertragung der Alterungsrückstellungen, wenn der Wechsel in den Basistarif eines anderen Versicherers erfolge. Bei einem Wechsel aus einem solchen Altvertrag in den Volltarif eines anderen Versicherers bestehe kein Anspruch auf eine teilweise Übertragung der Alterungsrückstellungen. Die Begrenzung der für Altverträge befristet möglichen teilweisen Portabilität der Alterungsrückstellungen auf einen Wechsel in den Basistarif eines anderen Versicherers durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG sei verfassungsgemäß.
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II.
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung seiner Revision durch den Bundesgerichtshof sowie dessen vorausgegangenen Hinweisbeschluss. Er rügt im Wesentlichen, die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG berücksichtige seine Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Entscheidungen gegen die als verletzt gerügten verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers verstoßen könnten, sind auf Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde nicht ersichtlich.
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1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs richtet, ist sie bereits unzulässig. Bei dem Hinweis handelt es sich nicht um eine den Beschwerdeführer beschwerende Entscheidung.
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2. Die Zurückweisung der Revision des Beschwerdeführers ist von Verfassungs wegen offensichtlich nicht zu beanstanden. Der Bundesgerichtshof hat nach dem eindeutigen Wortlaut des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG zutreffend entschieden, dass die Mitnahme der Alterungsrückstellungen bei dem Wechsel in den Volltarif eines anderen Krankenversicherers nicht möglich ist. Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien rechtfertigen. Die zunächst im Gesetzentwurf in § 178f VVG (Entwurf) vorgesehene Regelung, die eine Übertragbarkeit der dem Basistarif entsprechenden Alterungsrückstellungen für jeden Tarifwechsel vorgesehen hatte (BTDrucks 16/3100, S. 80 f., 206 f. zu Nr. 4), ist gerade nicht Gesetz geworden. Der im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abgeänderte, mit § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG in Kraft getretene Wortlaut ist eindeutig und spiegelt den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers wider. Eine andere - dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG zuwiderlaufende - Auslegung der Norm, wie vom Beschwerdeführer gefordert, wäre selbst bei Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht möglich. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zum Wortlaut und zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers treten würde, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Anderenfalls würde das Bundesverfassungsgericht der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vorgreifen (vgl. BVerfGE 112, 164 <183>).
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3. Soweit sich die mit der Verfassungsbeschwerde erhobenen Einwände danach mittelbar gegen die Regelung des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG selbst richten, erweisen sie sich ebenfalls als unbegründet.
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a) Die Alterungsrückstellungen in der privaten Krankenversicherung fallen nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, weil ihnen nicht der Charakter eines konkreten, dem Inhaber nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts zugeordneten Eigentumsrechts zukommt (so BVerfGE 123, 186 <253 f.>).
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b) Die durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG nur eingeschränkt ermöglichte Portabilität von Alterungsrückstellungen für vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossene Verträge verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung von wechselwilligen Versicherungsnehmern mit vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen Versicherungsverträgen bei der Mitnahme von Alterungsrückstellungen ist durch Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt.
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Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416>). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>).
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Eine Ungleichbehandlung von wechselwilligen Versicherungsnehmern mit vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossenen Versicherungsverträgen durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG liegt vor, da nur bei einem Wechsel in den Basistarif, nicht aber bei einem Wechsel in den Volltarif Alterungsrückstellungen - zumindest teilweise - übertragen werden können. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Differenzierung für die Inhaber von Altverträgen zwar grundsätzlich die Wechselmöglichkeit zu einem anderen Versicherer eröffnen, signifikante Fluktuationen von "guten Risiken" zu Lasten der alten Krankenversicherung und der dort verbleibenden Versicherungsnehmer jedoch vermeiden (BTDrucks 16/3100, S. 208).
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Diese zu einer Ungleichbehandlung von wechselnden Versicherungsnehmern mit Altverträgen führende Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt. Sie bewegt sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Für die Einführung einer teilweisen Portabilität der Alterungsrückstellungen kann sich der Gesetzgeber auf legitime Gemeinwohlinteressen berufen. Die gesetzliche Neuregelung mit dem Ziel der Schaffung einer wettbewerblichen Situation zwischen den privaten Krankenversicherungen erweist sich als gerechter Ausgleich zwischen den betroffenen Interessen. Sie fördert die Kundenorientierung der Versicherungen, führt zu mehr Vertragsparität und stärkt die Selbstbestimmung der gegenüber den Versicherern strukturell benachteiligten Versicherungsnehmer in einer den Unternehmen zumutbaren Weise (vgl. BVerfGE 123, 186 <253 ff.>; insbesondere 257). Der Gesetzgeber durfte dabei die Gefahr einer die Funktionsfähigkeit der Versicherungen gefährdenden Risikoselektion durch starke Abwanderung von Versicherten mit guten Risiken im ersten Halbjahr 2009 als gering einstufen. Denn die Mitnahme eines Teils der Alterungsrückstellungen wird lediglich bei einem Wechsel in den Basistarif eines anderen Versicherungsunternehmens ermöglicht. Der Basistarif ist für den durchschnittlichen Versicherten der privaten Krankenversicherung jedoch wegen seines schlechteren Leistungsniveaus bei gleichzeitig hoher Prämie ökonomisch in der Regel nicht interessant. Dennoch wird ungeachtet der nicht wesentlich verbesserten Wechseloptionen der Versicherungsnehmer durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG eine wettbewerbliche Situation geschaffen, weil es die Unternehmen zwingt, ihren Kunden die Vorteile eines Verbleibs im eigenen Unternehmen zu verdeutlichen und ihnen gegebenenfalls neue Vertragsoptionen aufzuzeigen (vgl. BVerfGE 123, 186 <259 ff.>).
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Diese Erwägungen tragen auch den weiter vom Beschwerdeführer beanstandeten Ausschluss der Übertragbarkeit der für Zusatzversicherungen gebildeten Alterungsrückstellungen bei einem Wechsel in den Basistarif eines anderen Versicherers durch § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b VVG .
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.