Bundessozialgericht Urteil, 21. Sept. 2017 - B 8 SO 24/15 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:210917UB8SO2415R0
bei uns veröffentlicht am21.09.2017

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesbildungsstätte seit der Einschulung des Klägers im Schuljahr 2008/2009.

2

Der 2001 geborene Kläger lebt im Kreisgebiet des Beigeladenen zu 3 in Nordrhein-Westfalen (NRW). Er ist schwerbehindert; bei ihm besteht eine Intelligenzminderung mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und eine generalisierende Angststörung. Das zu 1 beigeladene Schulamt als untere staatliche Schulaufsichtsbehörde für den Beigeladenen zu 3 stellte bei ihm einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" fest, der den Besuch einer Förderschule notwendig mache (Bescheid vom 11.6.2008).

3

Der Kläger besucht seit dem Schuljahr 2008/2009 die 14,5 km von seinem Wohnort entfernte, in Niedersachsen gelegene anerkannte Tagesbildungsstätte des Beigeladenen zu 2 und beantragte beim Beklagten die Übernahme der Kosten für deren Besuch. Die an den Beigeladenen zu 2 zu entrichtenden Kosten betrugen zunächst rund 2100 Euro monatlich und seit Januar 2013 rund 2200 Euro monatlich; damit waren sämtliche Leistungen einschließlich der Beförderung des Klägers abgegolten. Der beklagte überörtliche Träger der Sozialhilfe lehnte die Kostenübernahme ab, weil in der vom Wohnort 27 km entfernt gelegenen öffentlichen Förderschule, deren Träger der Beigeladene zu 3 ist, der klägerische Bedarf gedeckt werden könne und Kosten für den Sozialhilfeträger hierfür nicht entstünden (Bescheid vom 17.7.2008; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 5.11.2008).

4

Die Klage hat in beiden Instanzen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.6.2012; Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 11.8.2015). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ua ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch nach §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm § 12 Nr 2 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) auf Übernahme der Kosten als Hilfe für eine angemessene Schulbildung. Er erfülle die personenbezogenen Voraussetzungen; mit der von ihm besuchten Tagesbildungsstätte besuche er zudem eine geeignete Schule im Sinne dieser Norm. Ausnahmsweise seien für den hier betroffenen Kernbereich der Schulbildung die Leistungen der Eingliederungshilfe eröffnet. Die für den Kläger in Betracht kommenden Bildungsziele könnten mit den Möglichkeiten, die das öffentliche Schulsystem in NRW biete, nach Würdigung der beiden im Laufe des Verfahrens eingeholten Sachverständigengutachten nicht in zumutbarer Weise verfolgt werden. Zwar sei das Förderkonzept insbesondere in der am nächsten gelegenen öffentlichen Förderschule im Grundsatz ebenso geeignet; der Schulbesuch dort komme aber für den Kläger, der schon den Kindergarten des Beigeladenen zu 2 besucht habe, wegen seiner geringen Umstellungsfähigkeit nicht in Betracht.

5

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Er rügt die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 2 Eingliederungshilfe-VO. Erfasst würden von Eingliederungshilfeleistungen nur unterstützende und begleitende Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, nicht aber die Kosten der Schulbildung selbst. Im Übrigen sei Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG) verletzt, weil das LSG nicht beachtet habe, dass der Kostenübernahme schon die Bindungswirkung der Entscheidung der Beigeladenen zu 1 entgegenstehe, wonach eine Förderschule zu besuchen sei, sodass der Kläger seiner Schulpflicht an der Tagesbildungsstätte nicht nachkomme. Schließlich rügt er die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 Sozialgerichtsgesetz), weil das LSG nicht geprüft habe, wie sich die Zumutbarkeit des Schulbesuchs allein unter Berücksichtigung der Fahrzeit darstellen würde.

6

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2015 und des Sozialgerichts Detmold vom 26. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.11.2008 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Übernahme der beantragten Kosten abgelehnt hat. Im Streit sind dabei - nach ausdrücklicher Erklärung durch den Kläger zuletzt im Berufungsverfahren - lediglich Leistungen der Eingliederungshilfe, nicht auch laufende Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist allerdings richtigerweise auf den Erlass eines Verwaltungsakts zu richten, mit dem der Beklagte erklären soll, der Schuld des Klägers aus dem zivilrechtlichen Vertrag mit dem Beigeladenen zu 2 beizutreten. Dies wird das LSG bei erneuter Prüfung des klägerischen Begehrens zu beachten haben.

12

In der Sache kommen auf Grundlage der Feststellungen des LSG Ansprüche auf Leistungen wegen des geltend gemachten Eingliederungshilfebedarfs nur gegenüber dem beklagten überörtlichen Träger der Sozialhilfe, nicht aber dem beigeladenen Kreis als örtlichem Träger der Sozialhilfe (vgl § 97 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt NRW, 816), in Betracht unabhängig davon, ob es sich bei den geltend gemachten Bedarfen der Hilfe zur angemessenen Schulbildung ggf um Eingliederungshilfe in einer ambulanten oder teilstationären Einrichtung handelt, was nach den Feststellungen des LSG die "eigentliche" landesrechtliche Zuständigkeit bestimmt. Jedenfalls ist der Beklagte der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX), der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX örtlich und sachlich zuständig geworden ist(dazu grundlegend BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 8).

13

Als Rechtsgrundlage für die begehrte Leistung kommt nur § 19 Abs 3 SGB XII iVm §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO(alle in der Fassung, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben) in Betracht. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung; denn bei ihm besteht nach den bindenden Feststellungen des LSG eine geistige Behinderung, die sich in einer Intelligenzminderung mit starker Beeinträchtigung der intellektuellen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten und einer Angststörung zeigt. Diese ist auch "wesentlich" iS des § 2 Eingliederungshilfe-VO; denn sie machte von seiner Einschulung an einen sonderpädagogischen Förderbedarf notwendig, um die Ziele einer Schulbildung zu erreichen (im Einzelnen dazu BSGE 110, 301 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8, RdNr 19 und BSGE 112, 196 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10, RdNr 8).

14

Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) umfasst nach §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Eine Übernahme als Kosten der Eingliederungshilfe käme auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG allerdings nur insoweit in Betracht, als es sich um solche Bedarfe handelt, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestehen; die Kosten für die Ausbildung selbst als Kosten des "Kernbereichs" der pädagogischen Tätigkeit sind dagegen keine Kosten der Eingliederungshilfe (stRspr BSGE 110, 301 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8, RdNr 21; BSGE 112, 196 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10, RdNr 15; BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 RdNr 18; BSG Urteil vom 9.12.2016 - B 8 SO 8/15 R - SozR 4-3500 § 53 Nr 5 RdNr 22, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BVerwGE 145, 1 juris RdNr 37; vgl auch BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241). Dies gilt auch dann, wenn solche Kosten allein darauf zurückzuführen sind, dass der Schulbesuch zumutbar nur an der Tagesbildungsstätte des Beigeladenen zu 2 durchgeführt werden kann.

15

Bei der Beschulung an der Tagesbildungsstätte des Beigeladenen zu 2 handelt es sich um eine für den Kläger "angemessene Schulbildung". Dabei geht der Senat wie das LSG auf Grundlage der revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen zum Inhalt der Bescheide des Beigeladenen zu 1 als zuständige untere Schulaufsichtsbehörde davon aus, dass dieser den Kläger mit Bescheid vom 11.6.2008 für das Schuljahr 2008/2009 nicht in die nächstgelegene Förderschule des Landes NRW iS des § 46 Abs 6(nunmehr Abs 7) Schulgesetz für das Land NRW (SchulG NRW) zugewiesen und damit nicht schon abschließend konkretisiert hat, dass nur dort eine "angemessene Schulbildung" für den Kläger in Betracht kommt (vgl zur Bedeutung von Entscheidungen der Schulverwaltung für den Begriff der "angemessenen Schulbildung" zuletzt BSG Urteil vom 9.12.2016 - B 8 SO 8/15 R - aaO RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Er hat vielmehr den Eltern die Auswahl der Schule überlassen, solange diese geeignet ist, den festgestellten sozialpädagogischen Förderbedarf zu decken und die Schulpflicht des Klägers zu erfüllen. Dass den Bescheiden eine Bindungswirkung über den darin festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf hinaus zukommt, wie der Beklagte meint, ist nicht erkennbar. Der Bescheid enthält, wie das LSG im Einzelnen ausgeführt hat, insbesondere Hinweise, bei Besuch einer anderen Schule sei dies mitzuteilen, was einer bindenden Zuweisung an eine bestimmte Schule entgegensteht.

16

Die von den Eltern gewählte, in Niedersachsen gelegene Tagesbildungsstätte des Beigeladenen zu 2 ist auf Grundlage der weiteren Feststellungen des LSG für die Beschulung des Klägers bei dessen sonderpädagogischem Förderbedarf geeignet. Diese Prüfung hat das LSG rechtsfehlerfrei durchgeführt; insbesondere war der Kläger entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ohne weitere Prüfung uneingeschränkt auf den Besuch einer "Förderschule" nach nordrhein-westfälischem Recht zu verweisen. Sofern durch das Schulamt nicht auch eine Zuweisung auf eine bestimmte Schule erfolgt, ist von der Frage des individuell bestehenden Förderbedarfs, über den das Schulamt dann entscheidet, die Frage zu trennen, ob eine von den Eltern gewählte Schule diese Bildung auch vermittelt. Die von den Schulämtern getroffenen Entscheidungen geben in solchen Fällen nur den Rahmen vor, nach welchem Bildungskonzept die Beschulung zu erfolgen hat. An den Besuch einer Schule der vom Schulamt genannten Schulform, die sich nach jeweiligem Landesrecht ggf nur in Begriffen, nicht aber in der Art und Weise der Beschulung unterscheiden mag, ist der Leistungsberechtigte im Rahmen seines Wunsch- und Wahlrechts dagegen nicht von vornherein gebunden. Im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland besteht gerade keine einheitliche Schulform für Kinder und Jugendliche, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten eingeschränkt sind, sodass es auf die nach Landesrecht vorgesehenen Bezeichnungen für Schulen, an denen ein Kind das jeweilige Bildungsziel erfüllen kann, unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Rahmen der bundesrechtlichen Auslegung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII nicht allein ankommen kann(ebenso zum Begriff der "allgemeinbildenden Schule" im Anwendungsbereich des § 28 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - BSG SozR 4-4200 § 24a Nr 1 RdNr 16). Die zur Gleichwertigkeit des Bildungskonzepts der Tagesbildungsstätte mit dem einer Förderschule nach nordrhein-westfälischem Recht vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat der Beklagte aber nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Das LSG hat zudem ausgeführt, aus welchen Gründen der Kläger seiner Schulpflicht (unter Berücksichtigung des bestehenden sozialpädagogischen Förderbedarfs), die sich nach den von ihm festgestellten Vorschriften des SchulG NRW richtet, auch auf einer in Niedersachsen anerkannten Tagesbildungsstätte nachkommen kann; die Verletzung dieser Vorschriften (§ 34 Abs 1 iVm Abs 5 des SchulG NRW), die der Beklagte geltend macht, ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich (§ 162 SGG).

17

Zudem steht auf Grundlage der Feststellungen des LSG fest, dass der Besuch der anerkannten Tagesbildungsstätte des Beigeladenen zu 2 im Fall des Klägers erforderlich ist. Auch mit dem Besuch der nächstgelegenen öffentlichen Förderschule würde zwar nach den Feststellungen des LSG der gesamte individuelle Förderbedarf abgedeckt. Der Besuch der nächstgelegenen öffentlichen Förderschule oder einer anderen Förderschule im Land NRW ist für den Kläger aber nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zumutbar, weil er nicht über die notwendige Umstellungsfähigkeit für eine Einschulung bzw spätere Umschulung in eine andere Schule als die Tagesbildungsstätte verfügt. Soweit der Beklagte ausführt, das LSG habe seiner Amtsermittlungspflicht nicht genügt, (sinngemäß) weil es nicht geprüft habe, ob allein die Fahrzeiten den Besuch einer anderen Schule unzumutbar gemacht hätten, rügt er nicht die unzureichende Feststellung von Tatsachen (vgl § 103 SGG), sondern deren Würdigung (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat auf Grundlage der im Laufe des Verfahrens eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten im Einzelnen ausgeführt, dass die eingeschränkte Umstellungsfähigkeit, nicht dagegen die Fahrzeiten, für die Beurteilung des Sachverhalts von entscheidender Bedeutung ist. Die revisionsrechtlich relevanten Grenzen dieser Beweiswürdigung wären aber erst dann überschritten, wenn das LSG gegen gesetzliche Beweisregeln, gegen Denkgesetze, Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wenn das Gericht das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hätte (stRspr, zB BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 15; BSG SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 3 RdNr 24, jeweils mwN; BSG Urteil vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R - juris RdNr 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 128 RdNr 10 ff mwN). Das behauptet der Beklagte nicht einmal.

18

Der weitere (rechtliche) Schluss des LSG, es handele sich bei den Kosten, die an der Tagesbildungsstätte entstehen, deshalb insgesamt um Kosten der Eingliederungshilfe, weil eine kostenfreie Beschulung nach nordrhein-westfälischem Recht aus beachtlichen personenbezogenen Gründen nicht stattfinden könne, hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat wie bereits das Bundesverwaltungsgericht ( vgl zur Rechtsprechung des BVerwG zum Bundessozialhilfegesetz zusammenfassend BVerwG Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02 - juris RdNr 17 mwN) haben stets herausgestellt, dass Eingliederungshilfeleistungen zulasten des Sozialhilfeträgers lediglich dort zu gewähren sind, wo es nicht um die Deckung des unmittelbaren Bildungsbedarfs geht. Der Senat hat insoweit eine Abgrenzung an einem (sozialhilferechtlich zu bestimmenden) Kernbereich der pädagogischen Arbeit in der Schule vorgenommen (zuletzt zusammenfassend BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 5 RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen); das BVerwG hat sich dem im Grundsatz angeschlossen, allerdings offengelassen, wie dieser Kernbereich seiner Auffassung nach im Einzelnen zu bestimmen wäre (BVerwGE 145, 1 RdNr 17). Eine Ausnahme hiervon kommt auch dann nicht in Betracht, soweit ein Land seiner Verpflichtung zur Gewährung einer kostenfreien Bildung im Einzelfall überhaupt nicht nachkommen sollte, wie es vorliegend das LSG festgestellt hat. Bedarfe für den Kernbereich der schulischen Ausbildung, die dann anderweitig gedeckt werden müssen, werden auch in diesem Fall nicht zu Bedarfen der Eingliederungshilfe. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen außerhalb des Sozialhilferechts liegenden eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag, für den der Sozialhilfeträger auch nicht nachrangig als Träger der Eingliederungshilfe zuständig werden kann. Sollten dem Kind gleichwohl unabweisbare Kosten für den Kernbereich der Bildung entstehen, verpflichtet dies den Sozialhilfeträger (nur) zu einer abweichenden Bemessung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl bereits BVerwG Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 juris RdNr 10). Soweit der Senat die zuletzt genannte Entscheidung des BVerwG in missverständlichem Zusammenhang zitiert hat (vgl BSGE 112, 196 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10, RdNr 16), ist klarzustellen, dass an der dargelegten Abgrenzung von Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausnahmslos festzuhalten ist. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind vorliegend aber nicht im Streit.

19

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass - wie der Beigeladene zu 2 im Revisionsverfahren vorgetragen hat, wozu Feststellungen des LSG im angefochtenen Urteil indes ohnehin fehlen - der niedersächsische Landesgesetzgeber von der Abgrenzung nach dem Kernbereich, der die Auslegung des Bundesrechts bestimmt, offenbar abgewichen ist und (wohl vor allem aus historischen Gründen) eine Finanzierung der Tagesbildungsstätte in Niedersachsen gänzlich über Eingliederungshilfeleistungen gewählt hat, obwohl an solchen Tagesbildungsstätten nach niedersächsischem Recht zugleich die Schulpflicht erfüllt wird. Dies bindet den Sozialhilfeträger eines anderen Landes nicht dahin, welche Leistungen in Auslegung des bundesrechtlich geregelten Begriffs der Eingliederungshilfe zur angemessenen schulischen Ausbildung gehören. Soweit der Beigeladene zu 2 mit dem Landkreis O. eine Vergütungsvereinbarung iS des § 75 Abs 3 Nr 1 SGB XII über Leistungen nach dem Leistungstyp 2.1.2.1. ("Anerkannte Tagesbildungsstätte") auf Grundlage der in Niedersachsen geschlossenen "Vereinbarung zur Fortführung der Inhalte und Regelungen der mit Wirkung ab 1. Januar 2002 abgeschlossenen Verträge", der "Vereinbarung zur Fortgeltung des so genannten Niedersächsischen Landesrahmenvertrages nach § 93d Abs 2 BSHG" und dem Ergänzungsvertrag hierzu abgeschlossen hat, bindet dies andere Träger nur insoweit, als tatsächlich Eingliederungsleistungen erbracht werden. Im Übrigen (soweit Leistungen betroffen sind, die dem Kernbereich pädagogischer Tätigkeit unterfallen) dienen die Verträge nicht der Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe (vgl §§ 1, 75 Abs 2 Satz 1 SGB XII) und sind insoweit als gemischte Verträge auch nicht als (den Beklagten bindende) Vereinbarungen nach § 75 SGB XII zu qualifizieren. Sozialhilfeträger können contra legem keine Vereinbarungen mit Einrichtungen über Leistungen und ihre Vergütung zulasten anderer Sozialhilfeträger schließen, die ihrem Aufgabenbereich nicht zugeordnet werden können.

20

Die danach notwendigen Feststellungen, ob und welche Bedarfe mit dem an den Beigeladenen zu 2 entrichteten Entgelt nicht für die Ausbildung selbst, sondern für Hilfen im Zusammenhang mit der Ermöglichung des eigentlichen Schulbesuchs abgedeckt worden sind, wird das LSG nachzuholen haben. Nach der dargestellten Abgrenzung kommen alle Maßnahmen, die an der Tagesbildungsstätte durchgeführt werden, als Kosten der Eingliederungshilfe in Betracht, solange sie nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind; dieser beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Senats eng auf die Unterrichtsgestaltung selbst (BSGE 112, 196 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10, RdNr 17; BSG Urteil vom 9.12.2016 - B 8 SO 8/15 R - SozR 4-3500 § 53 Nr 5 RdNr 29, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der (ggf nachrangigen) Leistungspflicht des Beklagten im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung unterfallen damit sowohl unterrichtsbegleitende als auch sonstige pädagogische Maßnahmen, die nur unterstützenden Charakter haben, und nicht-pädagogische Maßnahmen. Der zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2 vereinbarte Betrag deckt zwar unterschiedslos alle Leistungen für eine Förderung des Klägers "aus einer Hand" ab. Diese Vertragsgestaltung allein muss indes nicht dazu führen, dass eine Aufteilung der Kosten in Kosten der Eingliederungshilfe und Kosten der eigentlichen Schulbildung ausgeschlossen ist. Unerheblich ist auch, dass ein entsprechendes Konzept der Leistungserbringung aus einer Hand wohl auch an den öffentlichen Förderschulen im Land NRW besteht; der Hinweis des Beklagten auf den Nachranggrundsatz (vgl § 2 Abs 1 SGB XII) geht insoweit fehl. Kommt der Schulträger seiner (ggf durch Landesrecht begründeten) Pflicht zur Deckung der Bedarfe im Einzelfall nicht nach, wie es das LSG hier bindend festgestellt hat, obwohl er Kosten (auch) für Leistungen außerhalb des Kernbereichs decken müsste und/oder diese bei einem Großteil der anderen Kinder abdeckt, ist dies für die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers (außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit) unerheblich (vgl erneut BSGE 110, 301 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8, RdNr 25). Auch auf die vom Beklagten im Einzelnen dargestellten "Alternativüberlegungen" wegen einer Leistungspflicht des Schulträgers für Leistungen, die der Kläger überhaupt nicht in Anspruch genommen hat, kommt es nicht an (vgl BSG aaO RdNr 26).

21

Für die Ermittlung der Kosten, die für Therapien oder sonstige Maßnahmen der Eingliederungshilfe anzusetzen sind, können die nach § 75 SGB XII abgeschlossenen Verträge oder auch die ortsüblich für Einzelleistungen zu erbringenden Entgelte Anhaltspunkte sein, ohne dass es allein auf ihren Inhalt ankommt(vgl BSGE 110, 301 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8 RdNr 24). Soweit die Grundlagen der Berechnung im Einzelnen im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen dem Kreis O. und dem Beigeladenen zu 2 vorgelegen haben, können diese für die Bestimmung der hier streitigen Kosten herangezogen werden. Dies kommt etwa für die Kosten der Schülerbeförderung in Betracht, auch wenn solche Kosten in NRW wegen der dort bestehenden kostenfreien Schülerbeförderung nicht als Kosten der Eingliederungshilfe anfallen. Schließlich kommt eine Bestimmung der in den Gesamtkosten enthaltenen Kosten für Leistungen der Eingliederungshilfe ggf auch im Wege einer abschließenden Schätzung (§ 202 SGG iVm § 287 Abs 2 Zivilprozessordnung) in Betracht. Vor einer abschließenden Entscheidung mag das LSG auch prüfen, ob anstelle der bislang zu 1 beigeladenen Behörde eine iS des § 70 SGG beteiligtenfähige juristische Person beizuladen ist und welche dies nach nordrhein-westfälischem Landesrecht wäre.

22

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ger

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(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Kosten für einen Schulbegleiter im Wege des Schuldbeitritts für das Schuljahr 2012/2013 in Höhe von 18 236,30 Euro.

2

Die Klägerin ist 2002 mit einem Down-Syndrom geboren, aus dem eine Sprach- und motorische Entwicklungsverzögerung, eine Störung der Kommunikation sowie eine Schwäche der Feinmotorik resultieren. Ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G" und "H" sind festgestellt; sie ist der Pflegestufe I nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugeordnet. Zunächst absolvierte die Klägerin zwei Grundschuljahre in der L schule (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung). Nachdem das Staatliche Schulamt festgestellt hatte, dass bei ihr zwar ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Sinne der Schule für Geistigbehinderte bestehe, die Förderung aber gemeinsam von der K schule R (Regelschule) und dem SBBZ an der K schule übernommen werden könne (Bescheid vom 2.8.2010), besuchte die Klägerin ab dem Schuljahr 2010/2011, nochmals beginnend mit der 1. Grundschulklasse, die Regelschule. Dort wurde sie gemeinsam mit nichtbehinderten Schülern, zieldifferent mit dem Bildungsangebot nach dem Bildungsgang der Schule für Geistigbehinderte, unterrichtet. Durch eine Kooperationslehrerin des SBBZ erfolgte eine sonderpädagogische Betreuung.

3

Den Antrag auf Übernahme der Kosten eines (zusätzlichen) Schulbegleiters für das Schuljahr 2011/2012 lehnte der Beklagte ebenso ab (Bescheid vom 18.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 23.7.2012) wie den Antrag auf Übernahme der Kosten eines Schulbegleiters für das Schuljahr 2012/2013 (Bescheid vom 27.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 22.4.2013), "übernahm" aber "vorläufig" die Kosten für die ab 12.11.2012 tätigen, bei der Beigeladenen zu 2 beschäftigten Schulbegleiter im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zum Preis von 43 Euro je Stunde auf Grund einer Verpflichtung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7.11.2012). Es fielen Kosten in Höhe von insgesamt 18 236,30 Euro an.

4

Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen hatten insoweit Erfolg, als das Sozialgericht (SG) Reutlingen festgestellt hat, dass der Bescheid vom 18.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2012 rechtswidrig gewesen sei, und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen (betreffend das Schuljahr 2013/2014; insoweit war noch keine Entscheidung des Beklagten über die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung erfolgt) und Aufhebung des Bescheids vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2013 verurteilt hat, die Kosten einer qualifizierten Hilfskraft im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zu einem Betrag von 43 Euro pro Stunde für das Schuljahr 2012/2013 "zu bewilligen" (Urteil vom 18.6.2013). Das LSG hat die Berufung des Beklagten "mit der Maßgabe" zurückgewiesen, dass dieser "die Kosten für den Integrationshelfer/Schulbegleiter für das Schuljahr 2012/2013 iHv 18 236,30 Euro zu tragen" habe (Urteil vom 18.2.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Schulbegleitung für die Klägerin sei eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, die den der Sozialhilfe nicht zugänglichen Kernbereich der pädagogischen schulischen Tätigkeit nicht tangiere; es handle sich lediglich um unterstützende Hilfen im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung, für die eine nachrangige Zuständigkeit des Beklagten bestehe. Der Kernbereich sei, anders als dieser meine, nicht nach Maßgabe des Schulrechts für das Land Baden-Württemberg, sondern bundeseinheitlich nach sozialhilferechtlichen Kriterien zu bestimmen. Ungedeckter Hilfebedarf habe bei der Klägerin in der Unterstützung bei der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Unterrichtsgeschehen, im Verdeutlichen und Wiederholen von Aufgabenstellungen, bei der Unterstützung in Arbeitsphasen sowie der Auswahl der richtigen Bücher und Hefte, bei der Selbstorganisation, beim Aufbau von Ordnungsprinzipien und in der Interaktion mit anderen Schülern sowie den Lehrern im Sinne einer Kommunikationshilfe bestanden. Dabei sei es um Impulse, zB Fingerzeige auf die jeweilige Aufgabe, gegangen, um die Klägerin auf das Unterrichtsgeschehen hinzuweisen. Bestehender sonderpädagogischer Bedarf werde hingegen durch die Kooperationslehrkraft des SBBZ abgedeckt.

5

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der Kernbereich pädagogischer Arbeit sei nach Maßgabe des jeweiligen Landesschulrechts zu bestimmen. Eine Bestimmung nach Maßgabe des SGB XII verstoße gegen Art 70 Grundgesetz (GG) und führe im Ergebnis zu einer Bedarfsdeckungslücke, wenn bundesrechtlich der Kernbereich weit, landesrechtlich aber eng verstanden werde. Die rechtliche Verpflichtung, behinderte Kinder zu fördern, bestehe im Übrigen nach dem Landesschulrecht Baden-Württemberg auch in Regelschulen. Deren Förderung in Regelschulen stehe unter dem Vorbehalt, dass sie dem Unterricht folgen könnten. Sei dies nicht der Fall, habe ihre Beschulung in sog Sonderschulen zu erfolgen.

6

Nachdem die Klägerin die Klage betreffend den Bescheid vom 18.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2012 zurückgenommen hat,

beantragt der Beklagte,
 das Urteil des LSG und das Urteil des SG, dieses, soweit es das Schuljahr 2012/2013 betrifft, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie führt zur Begründung aus, entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sei der Kernbereich, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe, aus sozialhilferechtlicher Sicht nicht nach dem Landes-(Schul-)Recht zu bestimmen. Dafür spreche in der Sache ua, dass behinderte Schüler an Regelschulen zieldifferent ausgebildet würden, also nicht orientiert am allgemeinen Bildungsplan, sondern nach Maßgabe ihrer individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprechend einem individuellen Bildungs- und Kompetenzplan. Eine Abgrenzung anhand der Bildungspläne der Schulen für Geistigbehinderte würde zudem zu einer Ungleichbehandlung von geistig und rein körperlich beeinträchtigten Menschen führen.

9

Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.

10

Er führt zur Sache aus, das LSG habe den Kernbereich pädagogischer Arbeit zutreffend bestimmt. Der konkrete Unterstützungsbedarf der Klägerin liege außerhalb dieses Kernbereichs. Jener bestehe allein darin, ihr den Zugang zu dem von der Lehrkraft auf ihre behinderungsbedingten Bedürfnisse angepassten Unterricht herzustellen.

11

Die Beigeladene zu 2 hat weder einen Antrag gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

13

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2013 (§ 95 SGG), soweit der sachlich und örtlich zuständige Beklagte (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534; eine Heranziehung kreisangehöriger Gemeinden nach § 3 AG SGB XII ist im Landkreis Tübingen nicht erfolgt) den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für einen Schulbegleiter für das Schuljahr 2012/2013 abgelehnt hat.

14

Der durch das LSG getroffenen Sachentscheidung über einen konkreten Betrag stand allerdings das Verbot der "reformatio in peius" entgegen. Zwar hätte die Klägerin im Berufungsverfahren in verfahrensrechtlich zulässiger Weise (BSG SozR 1750 § 521 ZPO Nr 11) im Wege einer Anschlussberufung (§ 202 SGG iVm § 524 Zivilprozessordnung) noch den Beitritt des Beklagten zu einer mittlerweile bestimmbaren Schuld, nämlich 18 236,30 Euro, geltend machen können - nicht die Leistung selbst (dazu gleich) -, ohne dass darin eine Klageänderung zu sehen gewesen wäre (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG); jedoch fehlte es an einem dafür erforderlichen Antrag der Klägerin. Gegen die Entscheidung des SG hat nur der Beklagte, nicht die Klägerin Berufung eingelegt; diese hat vor dem LSG ausschließlich beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, sodass es sich bei der im Tenor der LSG-Entscheidung ausgesprochenen "Änderung" des SG-Tenors, anders als das LSG meinte, nicht nur um eine bloße "Korrektur" gehandelt hat. Die erforderliche Anschlussberufung kann jedoch nach der Zurückverweisung der Sache an das LSG, die ohnedies erforderlich ist, nachgeholt werden.

15

Demgegenüber hat das SG seine Entscheidung noch zulässigerweise, dem klägerischen Antrag entsprechend, auf die streitbefangenen "Grundlagen" des geltend gemachten Anspruchs beschränkt (Verurteilung zum Erlass eines sog Grundlagenbescheids), indem es den Beklagten verurteilt hat, die Kosten "einer qualifizierten Hilfskraft" im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zu einem Betrag von 43 Euro pro Stunde für das Schuljahr 2012/2013 "zu bewilligen". Damit hat es den Beklagten noch nicht zum Schuldbeitritt verurteilt. Diese zulässige Form der Entscheidung ist von einem Grundurteil zu unterscheiden, das hier nicht hätte ergehen dürfen, weil keine Leistung in Geld begehrt worden ist (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

16

Der Antrag der Klägerin war insoweit zu Recht auf den Erlass eines Grundlagenbescheids, nicht bereits auf Erlass eines konkreten Bewilligungsbescheids in Form eines Schuldbeitritts gerichtet. Für den Erlass eines Grundlagenbescheids bedarf es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung; es genügt, dass sich dessen Zulässigkeit aus dem normativen Kontext ergibt (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 4 S 35). Dies ist bei der vorliegenden Leistung der Eingliederungshilfe der Fall. Eine Vorabentscheidung über die Übernahme von Kosten für eine Schulbegleitung je Schuljahr hinsichtlich ihrer Geeignetheit, Erforderlichkeit und der Höhe der Vergütung ist nach der gesetzlichen Systematik sinnvoll und entspricht sowohl den Interessen des Hilfebedürftigen als auch denen der Behörde. Die hilfebedürftige Person benötigt und erhält durch eine bindende "Vorabentscheidung", an die die Behörde bei der Entscheidung über den Schuldbeitritt und die Zahlung an den Dritten gebunden ist (BSG SozR 4-3200 § 82 Nr 1 RdNr 29), Planungssicherheit. Es ist der hilfebedürftigen Person nicht zuzumuten, ohne Rechtssicherheit bezüglich der Kostentragung das Risiko eingehen zu müssen, einen Vertrag mit dem Leistungserbringer zu schließen, ggf zu verauslagende Kosten aber nicht erstattet zu erhalten (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 24 RdNr 16). Die Behörde hat durch eine solche Grundlagenentscheidung andererseits insbesondere die Möglichkeit, im Hinblick auf ggf bestehende Verträge mit Leistungserbringern nach den §§ 75 ff SGB XII künftigen Streit um die Höhe der zu übernehmenden Vergütung zu vermeiden.

17

Richtige Klageart ist - auch nach Erhebung der Anschlussberufung - die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Die Klägerin kann neben dem Schuldbeitritt vom Beklagten nicht verlangen, erneut 18 236,30 Euro an die Beigeladene zu 2 zu zahlen. Es bedarf vielmehr (nur) noch der Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsaktes mit Drittwirkung (Schuldbeitritt), der im Verhältnis aller an der Leistungsverschaffung Beteiligten einen Rechtsgrund für die Zahlung schafft (vgl auch Bundesgerichtshof , Urteil vom 31.3.2016 - III ZR 267/15). Denn die einstweilige Anordnung verliert mit der endgültigen Entscheidung ihre Rechtswirkungen (vgl BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 12 mwN) und kann damit nicht den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung bilden.

18

Inhaltlich geht es um die vom Vermögenseinsatz gänzlich und hier vom Einkommenseinsatz freigestellte Hilfe (§ 92 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB XII) zu einer angemessenen Schulbildung nach § 19 Abs 3(in der Normfassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO(in der Normfassung des Gesetzes vom 27.12.2003) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes vom 24.3.2011).

19

Ob die Klägerin einen Anspruch auf Schuldbeitritt hat, konnte der Senat jedoch - auch soweit es die Grundlagenentscheidung des SG betrifft - nicht abschließend beurteilen. Es fehlen zum einen tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zum erforderlichen quantitativen Umfang der für die Klägerin notwendigen und geeigneten Hilfen durch eine Schulbegleitung und zum anderen zur maßgeblichen Höhe der Vergütung, zu Existenz und Inhalt von Vereinbarungen, insbesondere zu einer Vergütungsvereinbarung, zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2 nach den §§ 75 ff SGB XII. Besteht eine solche Vereinbarung nicht, wäre die zu übernehmende Höhe der Vergütung nach § 75 Abs 4 SGB XII zu bestimmen, wofür dann - weitere - (hier nicht getroffene) Feststellungen zu Vereinbarungen mit anderen Leistungserbringern am Ort der Leistungserbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen erforderlich wären.

20

Bei den von der Beigeladenen zu 2 erbrachten Leistungen handelt es sich allerdings der Sache nach um Hilfen zur angemessenen Schulbildung als Leistung der Eingliederungshilfe. Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vor; bei der Klägerin besteht eine geistige Behinderung, die sich in einer Sprach- und motorischen Entwicklungsverzögerung, einer Störung der Kommunikation sowie einer Schwäche der Feinmotorik zeigt.

21

Diese geistige Behinderung ist auch wesentlich (§ 2 Eingliederungshilfe-VO). Voraussetzung für die Annahme der Wesentlichkeit der Behinderung ist danach, dass der geistig behinderte Mensch in erheblichem Umfang in seiner Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Dies ist bei der Klägerin der Fall. Die durch ihre Behinderung hervorgerufenen Beeinträchtigungen lassen den erfolgreichen Besuch des Unterrichts an der Grundschule als Regelschule ohne Unterstützung nicht zu. Auch die für sie individuell und auf ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte im Rahmen eines zieldifferenten Unterrichts konnte sie ohne zusätzliche Unterstützung nicht verarbeiten und umsetzen (zur Bedeutung der Grundschulausbildung vgl bereits BSGE 110, 301 ff RdNr 19 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8).

22

Die Schulbegleitung ist im vorliegenden Fall eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung iS des Sozialhilferechts, die nicht den Kernbereich pädagogischer Tätigkeit berührt, für den eine Zuständigkeit des Beklagten ausgeschlossen wäre. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, also insoweit die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern(vgl dazu BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

23

Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer "angemessenen Schulbildung" zu verstehen ist, gibt es weder im SGB IX noch im SGB XII; auch § 12 Eingliederungshilfe-VO benennt nur beispielhaft Maßnahmen, die Gegenstand einer möglichen Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein können(vgl BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4). Gleiches gilt für Art 24 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812), das als ranggleiches Bundesrecht im Rahmen der Auslegung zu beachten und anzuwenden ist (hierzu BSGE 110, 194 ff RdNr 19 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69). Art 24 Abs 2 UNBRK setzt ebenfalls ein "allgemeines Bildungssystem" voraus, zu dem Menschen mit Behinderung gleichberechtigter Zugang zu ermöglichen und die notwendige Unterstützung zu leisten ist; die UNBRK schreibt selbst aber keine Anforderungen an ein "allgemeines Bildungssystem" fest. Die Entscheidung darüber, was für das einzelne Kind die "angemessene Schulbildung" darstellt, obliegt deshalb - wie § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht - der Schulverwaltung (BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 RdNr 21). Diese hat im Fall der Klägerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne der Schule für Geistigbehinderte festgestellt, zugleich aber erlaubt, dass die Förderung in der K schule (als Regelgrundschule) in Kooperation mit dem SBBZ zieldifferent durchgeführt werden kann.

24

Der Kernbereich pädagogischer Tätigkeit ist vorliegend nicht berührt. Der Senat hat hierzu bereits unter Verweis auf § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht von den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung nach Maßgabe des Sozialhilferechts unberührt bleiben, ausgeführt, dass sich dieser Kernbereich schon aus systematischen Gründen nach Maßgabe des Sozialhilferechts bestimmt (vgl zuletzt BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 mwN); dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für den Bereich der Jugendhilfe angeschlossen (BVerwGE 145, 1 ff). Schulrechtliche Verpflichtungen bestehen demnach grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen. Dies hat zur Folge, dass im Kernbereich pädagogischer Tätigkeit keine, auch keine nachrangige Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers besteht (BSGE 110, 301 ff RdNr 21 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8), weil es sich um originär und ausschließlich schulrechtliche Verpflichtungen handelt. Anders als der Beklagte meint, ist die Regelung über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern nach Art 70 GG, wonach den Ländern im Bereich des Schulwesens die alleinige Gesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, für die vom Senat gefundene Auslegung ohne Bedeutung. Denn der Senat legt gerade kein (landesrechtlich geregeltes) Schulrecht aus, sondern bundesrechtlich normiertes Leistungsrecht (Eingliederungshilfe). Dies bedeutet umgekehrt, dass mit der Entscheidung der Schulverwaltung über die Form der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht keine Aussage darüber getroffen wird, ob und inwieweit zur Erfüllung dieser Pflicht Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren sind. Dem Beklagten ist insoweit zwar zuzugestehen, dass durch die Entscheidung der Schulverwaltung, der Klägerin eine inklusive Beschulung zu ermöglichen, Bedarfe entstehen können, die bei einer Beschulung in einer sog Sonder- oder Förderschule ggf nicht durch den Sozialhilfeträger getragen werden müssten, weil die Sonder- oder Förderschulen über mehr Personal zur Unterstützung der behinderten Kinder verfügen. Dies ändert aber nichts an der nachrangigen Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers. Der Terminus "Kernbereich" ist im Übrigen kein schulrechtlicher Begriff (dazu später).

25

Der Kernbereich pädagogischer Tätigkeit ist nicht betroffen, wenn die Schulbegleitung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkraft nur absichert ("begleitet"). Den Kernbereich berühren deshalb alle integrierenden, beaufsichtigenden und fördernden Assistenzdienste nicht, die flankierend zum Unterricht erforderlich sind, damit der behinderte Mensch das pädagogische Angebot der Schule überhaupt wahrnehmen kann (so auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 6.8.2014 zur vergleichbaren Abgrenzungsproblematik in der Jugendhilfe unter Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.2.2014 - L 9 SO 413/13 B ER). Die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, somit der Unterricht selbst, seine Inhalte, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung wie auch die Bewertung der Schülerleistungen bleibt den Lehrkräften vorbehalten, ist damit dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit zuzuordnen.

26

Die gegenüber der Klägerin erbrachte Hilfe ist auch geeignet zur Erreichung der Eingliederungsziele (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII) und der Sache nach erforderlich (zur quantitativen Erforderlichkeit später). Die Erforderlichkeit und Eignung der Hilfe verlangt eine am Einzelfall orientierte, individuelle Beurteilung, ein individualisiertes Förderverständnis (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22), das einer Kategorisierung der in Betracht kommenden Hilfen bzw Maßnahmen nach abstrakt-generellen Kriterien entgegensteht. Damit verbietet sich eine Differenzierung danach, ob eine Hilfe (ganz oder teilweise) pädagogischen Charakter hat.

27

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) konnte die Klägerin dem Unterricht, insbesondere in den lernintensiven Fächern Deutsch und Mathematik, nicht folgen. Sie beschäftigte sich mit sich selbst, sobald sie den Anschluss verpasst hatte, oder störte Mitschüler. Durch die bewusste Fokussierung ihrer Aufmerksamkeit auf das zu bearbeitende Thema mit Hilfe einer "1:1-Unterstützung" durch die Schulbegleitung konnte hingegen ein Lernfortschritt erzielt werden. Die Schulbegleitung hat insbesondere die Aufmerksamkeit der Klägerin auf die gerade zu erledigende Aufgabe gelenkt, sie im Vorfeld dabei unterstützt, die erforderlichen Arbeitsunterlagen bereit zu legen und diese entsprechend dem auf sie angepassten Lernziel zu benutzen. Dass zur Erfüllung dieser Aufgabe ggf pädagogische Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig waren und zur Anwendung kamen, zB indem der Klägerin eine von der Lehrerin gestellte Aufgabe durch die Schulbegleitung nochmals in einer für sie besser verständlichen Art und Weise erklärt worden ist, ist qualitativ für die Beurteilung der Erforderlichkeit und Eignung der Hilfe ohne Bedeutung.

28

Das Ergebnis wird geradezu gestützt durch die Ausführungen des Beklagten, der eine Bestimmung des Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit für die jeweilige Schulform nach landesrechtlichen Schulvorschriften und die Schulziele nach Maßgabe der für die Schulform geltenden allgemeinen Bildungspläne fordert. Lässt man unberücksichtigt, dass, wie ausgeführt, ein solches Verständnis bereits dem Wortlaut und der Systematik der für die Beurteilung des Hilfebedarfs der Klägerin allein maßgeblichen sozialhilferechtlichen Vorschriften widerspricht, bleibt bei einer derartigen Argumentation außer Acht, dass die Klägerin gerade nicht nach dem allgemeinen Bildungsplan der Regelgrundschule, sondern zieldifferent, dh nach einem auf sie individuell abgestimmten Bildungs- und Kompetenzplan, wenn auch im Klassenverbund mit nicht behinderten Kindern, unterrichtet wird. Ob nach dem Landesrecht Baden-Württemberg die Förderung und Unterrichtung behinderter Kinder an einer Regelschule, wie der Beklagte meint, unter dem (ungeschriebenen) Vorbehalt steht, dass diese dem Unterricht der Regelschule folgen können, kann offenbleiben. Dieses Argument könnte allenfalls von Bedeutung sein für die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht behinderter Kinder an Regelschulen; steht die Zulässigkeit der Beschulung an einer Regelschule allerdings fest, kann dieses Argument nicht (auch) dem Anspruch auf Deckung des sozialhilferechtlichen Hilfebedarfs entgegengehalten werden. Folglich ist der Einwand des Beklagten, die Schulverwaltung sei verpflichtet - sehe sie nicht von der Feststellung der Sonderschulpflicht ab -, die Verhältnisse an den Schulen so auszugestalten, dass ein gemeinsames Verfolgen "des Bildungsgangs" möglich sei, bei fehlender Pflichterfüllung ohne Bedeutung. Denn dieses Vorbringen zielt nur darauf ab, ggf aus dem Landesrecht resultierende Verpflichtungen der Schulverwaltung im Hinblick auf die Ausstattung der Schulen durchzusetzen, mindert aber nicht den sozialhilferechtlichen Hilfebedarf der Klägerin.

29

Zudem ist der Einwand des Beklagten nicht zutreffend, die Bestimmung des Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit nach Maßgabe des Sozialhilferechts könne zu "Bedarfsunterdeckungen" führen, wenn ein Bundesland im Rahmen seiner schulrechtlichen Gesetzgebungskompetenz den Kernbereich der Aufgaben der Schule sehr eng ziehen sollte, aus Sicht des Sozialhilferechts der Kernbereich aber weiter gehend als das landesrechtliche Schulrecht zu ziehen sei. Normativ ist, wie ausgeführt, bei systematisch zutreffender Auslegung der §§ 53, 54 SGB XII iVm § 12 Eingliederungshilfe-VO bereits keine Bedarfsdeckungslücke denkbar. Es ist zudem kaum vorstellbar, dass der Kernbereich pädagogischer Arbeit, den der Senat wie aufgezeigt (eng) auf die Unterrichtsgestaltung selbst begrenzt sieht (BSGE 112, 196 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10), landesschulrechtlich enger geregelt werden kann. Landesschulrecht kann keinen sozialhilferechtlich bestimmten Kernbereich regeln. Die Argumentation des Beklagten setzt bei der unzutreffenden Annahme an, der Begriff des "Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit" sei schulrechtlicher Natur; jedoch handelt es sich um einen rein für das Sozialhilferecht entwickelten Begriff, der für das Schulrecht ohne rechtliche Bedeutung ist. Die Wissensvermittlung durch Unterricht, gleichgültig in welcher Form, stellt jedenfalls den elementaren Auftrag der Schule dar. Faktische "Bedarfsdeckungslücken" wären insoweit in einer unzureichenden Versorgung der Schulen mit Lehrkräften denkbar, für die der Sozialhilfeträger Leistungen allerdings auch nicht nachrangig zu erbringen hat (BSGE 110, 301 ff RdNr 21 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8).

30

Der außerhalb des Kernbereichs bestehende Hilfebedarf der Klägerin wurde tatsächlich von dritter Seite nicht gedeckt, sodass eine (nur nachrangige) Leistungspflicht des Beklagten (§ 2 Abs 1 SGB XII)besteht. Selbst wenn ein Anspruch auf Hilfe durch eine Schulbegleitung gegen den Schulträger bestünde, könnte dies die Ablehnung der Leistung gegenüber der Klägerin nicht rechtfertigen (BSGE 103, 171 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG Urteil vom 30.6.2016 - B 8 SO 7/15 R -, RdNr 22). Gegen welchen Träger im Kernbereich ein Leistungsanspruch des behinderten Menschen bestehen würde, ist für das vorliegende Verfahren ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, welche andere juristische Person für Leistungen außerhalb des Kernbereichs ggf (vorrangig) zuständig wäre und auf welche Rechtsgrundlage ein derartiger Anspruch gestützt werden könnte. Diese Frage wäre Gegenstand eines möglichen Verfahrens des Beklagten gegen einen denkbaren Schuldner nach Überleitung eines sich ggf aus dem Schulrecht ergebenden Anspruchs auf sich (§ 93 SGB XII).

31

Allerdings fehlt es an Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zur Beurteilung des erforderlichen quantitativen Umfangs der Hilfen. Allein der Umstand, dass Hilfen nur im Umfang der vom SG zugesprochenen Stundenzahl in Anspruch genommen worden sind, macht Feststellungen zur quantitativen Erforderlichkeit nicht entbehrlich. Außerdem wird das LSG die schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 2 (zur Maßgeblichkeit der vertraglichen Verpflichtung für den Umfang des Schuldbeitritts vgl nur BSGE 110, 301 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; für Leistungen in Einrichtungen BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 4 RdNr 13 ff) sowie die Existenz und den Inhalt von Verträgen (§§ 75 ff SGB XII) zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2 festzustellen und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Darüber hinaus wird es auf eine Vollstreckbarkeit des Urteilstenors zu achten haben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Kosten für einen Schulbegleiter im Wege des Schuldbeitritts für das Schuljahr 2012/2013 in Höhe von 18 236,30 Euro.

2

Die Klägerin ist 2002 mit einem Down-Syndrom geboren, aus dem eine Sprach- und motorische Entwicklungsverzögerung, eine Störung der Kommunikation sowie eine Schwäche der Feinmotorik resultieren. Ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G" und "H" sind festgestellt; sie ist der Pflegestufe I nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugeordnet. Zunächst absolvierte die Klägerin zwei Grundschuljahre in der L schule (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung). Nachdem das Staatliche Schulamt festgestellt hatte, dass bei ihr zwar ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Sinne der Schule für Geistigbehinderte bestehe, die Förderung aber gemeinsam von der K schule R (Regelschule) und dem SBBZ an der K schule übernommen werden könne (Bescheid vom 2.8.2010), besuchte die Klägerin ab dem Schuljahr 2010/2011, nochmals beginnend mit der 1. Grundschulklasse, die Regelschule. Dort wurde sie gemeinsam mit nichtbehinderten Schülern, zieldifferent mit dem Bildungsangebot nach dem Bildungsgang der Schule für Geistigbehinderte, unterrichtet. Durch eine Kooperationslehrerin des SBBZ erfolgte eine sonderpädagogische Betreuung.

3

Den Antrag auf Übernahme der Kosten eines (zusätzlichen) Schulbegleiters für das Schuljahr 2011/2012 lehnte der Beklagte ebenso ab (Bescheid vom 18.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 23.7.2012) wie den Antrag auf Übernahme der Kosten eines Schulbegleiters für das Schuljahr 2012/2013 (Bescheid vom 27.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 22.4.2013), "übernahm" aber "vorläufig" die Kosten für die ab 12.11.2012 tätigen, bei der Beigeladenen zu 2 beschäftigten Schulbegleiter im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zum Preis von 43 Euro je Stunde auf Grund einer Verpflichtung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7.11.2012). Es fielen Kosten in Höhe von insgesamt 18 236,30 Euro an.

4

Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen hatten insoweit Erfolg, als das Sozialgericht (SG) Reutlingen festgestellt hat, dass der Bescheid vom 18.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2012 rechtswidrig gewesen sei, und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen (betreffend das Schuljahr 2013/2014; insoweit war noch keine Entscheidung des Beklagten über die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung erfolgt) und Aufhebung des Bescheids vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2013 verurteilt hat, die Kosten einer qualifizierten Hilfskraft im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zu einem Betrag von 43 Euro pro Stunde für das Schuljahr 2012/2013 "zu bewilligen" (Urteil vom 18.6.2013). Das LSG hat die Berufung des Beklagten "mit der Maßgabe" zurückgewiesen, dass dieser "die Kosten für den Integrationshelfer/Schulbegleiter für das Schuljahr 2012/2013 iHv 18 236,30 Euro zu tragen" habe (Urteil vom 18.2.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Schulbegleitung für die Klägerin sei eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, die den der Sozialhilfe nicht zugänglichen Kernbereich der pädagogischen schulischen Tätigkeit nicht tangiere; es handle sich lediglich um unterstützende Hilfen im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung, für die eine nachrangige Zuständigkeit des Beklagten bestehe. Der Kernbereich sei, anders als dieser meine, nicht nach Maßgabe des Schulrechts für das Land Baden-Württemberg, sondern bundeseinheitlich nach sozialhilferechtlichen Kriterien zu bestimmen. Ungedeckter Hilfebedarf habe bei der Klägerin in der Unterstützung bei der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Unterrichtsgeschehen, im Verdeutlichen und Wiederholen von Aufgabenstellungen, bei der Unterstützung in Arbeitsphasen sowie der Auswahl der richtigen Bücher und Hefte, bei der Selbstorganisation, beim Aufbau von Ordnungsprinzipien und in der Interaktion mit anderen Schülern sowie den Lehrern im Sinne einer Kommunikationshilfe bestanden. Dabei sei es um Impulse, zB Fingerzeige auf die jeweilige Aufgabe, gegangen, um die Klägerin auf das Unterrichtsgeschehen hinzuweisen. Bestehender sonderpädagogischer Bedarf werde hingegen durch die Kooperationslehrkraft des SBBZ abgedeckt.

5

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der Kernbereich pädagogischer Arbeit sei nach Maßgabe des jeweiligen Landesschulrechts zu bestimmen. Eine Bestimmung nach Maßgabe des SGB XII verstoße gegen Art 70 Grundgesetz (GG) und führe im Ergebnis zu einer Bedarfsdeckungslücke, wenn bundesrechtlich der Kernbereich weit, landesrechtlich aber eng verstanden werde. Die rechtliche Verpflichtung, behinderte Kinder zu fördern, bestehe im Übrigen nach dem Landesschulrecht Baden-Württemberg auch in Regelschulen. Deren Förderung in Regelschulen stehe unter dem Vorbehalt, dass sie dem Unterricht folgen könnten. Sei dies nicht der Fall, habe ihre Beschulung in sog Sonderschulen zu erfolgen.

6

Nachdem die Klägerin die Klage betreffend den Bescheid vom 18.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2012 zurückgenommen hat,

beantragt der Beklagte,
 das Urteil des LSG und das Urteil des SG, dieses, soweit es das Schuljahr 2012/2013 betrifft, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie führt zur Begründung aus, entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sei der Kernbereich, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe, aus sozialhilferechtlicher Sicht nicht nach dem Landes-(Schul-)Recht zu bestimmen. Dafür spreche in der Sache ua, dass behinderte Schüler an Regelschulen zieldifferent ausgebildet würden, also nicht orientiert am allgemeinen Bildungsplan, sondern nach Maßgabe ihrer individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprechend einem individuellen Bildungs- und Kompetenzplan. Eine Abgrenzung anhand der Bildungspläne der Schulen für Geistigbehinderte würde zudem zu einer Ungleichbehandlung von geistig und rein körperlich beeinträchtigten Menschen führen.

9

Der Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt.

10

Er führt zur Sache aus, das LSG habe den Kernbereich pädagogischer Arbeit zutreffend bestimmt. Der konkrete Unterstützungsbedarf der Klägerin liege außerhalb dieses Kernbereichs. Jener bestehe allein darin, ihr den Zugang zu dem von der Lehrkraft auf ihre behinderungsbedingten Bedürfnisse angepassten Unterricht herzustellen.

11

Die Beigeladene zu 2 hat weder einen Antrag gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

13

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2013 (§ 95 SGG), soweit der sachlich und örtlich zuständige Beklagte (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534; eine Heranziehung kreisangehöriger Gemeinden nach § 3 AG SGB XII ist im Landkreis Tübingen nicht erfolgt) den Antrag der Klägerin auf Übernahme von Kosten für einen Schulbegleiter für das Schuljahr 2012/2013 abgelehnt hat.

14

Der durch das LSG getroffenen Sachentscheidung über einen konkreten Betrag stand allerdings das Verbot der "reformatio in peius" entgegen. Zwar hätte die Klägerin im Berufungsverfahren in verfahrensrechtlich zulässiger Weise (BSG SozR 1750 § 521 ZPO Nr 11) im Wege einer Anschlussberufung (§ 202 SGG iVm § 524 Zivilprozessordnung) noch den Beitritt des Beklagten zu einer mittlerweile bestimmbaren Schuld, nämlich 18 236,30 Euro, geltend machen können - nicht die Leistung selbst (dazu gleich) -, ohne dass darin eine Klageänderung zu sehen gewesen wäre (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG); jedoch fehlte es an einem dafür erforderlichen Antrag der Klägerin. Gegen die Entscheidung des SG hat nur der Beklagte, nicht die Klägerin Berufung eingelegt; diese hat vor dem LSG ausschließlich beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, sodass es sich bei der im Tenor der LSG-Entscheidung ausgesprochenen "Änderung" des SG-Tenors, anders als das LSG meinte, nicht nur um eine bloße "Korrektur" gehandelt hat. Die erforderliche Anschlussberufung kann jedoch nach der Zurückverweisung der Sache an das LSG, die ohnedies erforderlich ist, nachgeholt werden.

15

Demgegenüber hat das SG seine Entscheidung noch zulässigerweise, dem klägerischen Antrag entsprechend, auf die streitbefangenen "Grundlagen" des geltend gemachten Anspruchs beschränkt (Verurteilung zum Erlass eines sog Grundlagenbescheids), indem es den Beklagten verurteilt hat, die Kosten "einer qualifizierten Hilfskraft" im Umfang von 17 Stunden 15 Minuten wöchentlich zu einem Betrag von 43 Euro pro Stunde für das Schuljahr 2012/2013 "zu bewilligen". Damit hat es den Beklagten noch nicht zum Schuldbeitritt verurteilt. Diese zulässige Form der Entscheidung ist von einem Grundurteil zu unterscheiden, das hier nicht hätte ergehen dürfen, weil keine Leistung in Geld begehrt worden ist (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).

16

Der Antrag der Klägerin war insoweit zu Recht auf den Erlass eines Grundlagenbescheids, nicht bereits auf Erlass eines konkreten Bewilligungsbescheids in Form eines Schuldbeitritts gerichtet. Für den Erlass eines Grundlagenbescheids bedarf es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung; es genügt, dass sich dessen Zulässigkeit aus dem normativen Kontext ergibt (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 4 S 35). Dies ist bei der vorliegenden Leistung der Eingliederungshilfe der Fall. Eine Vorabentscheidung über die Übernahme von Kosten für eine Schulbegleitung je Schuljahr hinsichtlich ihrer Geeignetheit, Erforderlichkeit und der Höhe der Vergütung ist nach der gesetzlichen Systematik sinnvoll und entspricht sowohl den Interessen des Hilfebedürftigen als auch denen der Behörde. Die hilfebedürftige Person benötigt und erhält durch eine bindende "Vorabentscheidung", an die die Behörde bei der Entscheidung über den Schuldbeitritt und die Zahlung an den Dritten gebunden ist (BSG SozR 4-3200 § 82 Nr 1 RdNr 29), Planungssicherheit. Es ist der hilfebedürftigen Person nicht zuzumuten, ohne Rechtssicherheit bezüglich der Kostentragung das Risiko eingehen zu müssen, einen Vertrag mit dem Leistungserbringer zu schließen, ggf zu verauslagende Kosten aber nicht erstattet zu erhalten (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 24 RdNr 16). Die Behörde hat durch eine solche Grundlagenentscheidung andererseits insbesondere die Möglichkeit, im Hinblick auf ggf bestehende Verträge mit Leistungserbringern nach den §§ 75 ff SGB XII künftigen Streit um die Höhe der zu übernehmenden Vergütung zu vermeiden.

17

Richtige Klageart ist - auch nach Erhebung der Anschlussberufung - die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Die Klägerin kann neben dem Schuldbeitritt vom Beklagten nicht verlangen, erneut 18 236,30 Euro an die Beigeladene zu 2 zu zahlen. Es bedarf vielmehr (nur) noch der Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsaktes mit Drittwirkung (Schuldbeitritt), der im Verhältnis aller an der Leistungsverschaffung Beteiligten einen Rechtsgrund für die Zahlung schafft (vgl auch Bundesgerichtshof , Urteil vom 31.3.2016 - III ZR 267/15). Denn die einstweilige Anordnung verliert mit der endgültigen Entscheidung ihre Rechtswirkungen (vgl BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 12 mwN) und kann damit nicht den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung bilden.

18

Inhaltlich geht es um die vom Vermögenseinsatz gänzlich und hier vom Einkommenseinsatz freigestellte Hilfe (§ 92 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB XII) zu einer angemessenen Schulbildung nach § 19 Abs 3(in der Normfassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO(in der Normfassung des Gesetzes vom 27.12.2003) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes vom 24.3.2011).

19

Ob die Klägerin einen Anspruch auf Schuldbeitritt hat, konnte der Senat jedoch - auch soweit es die Grundlagenentscheidung des SG betrifft - nicht abschließend beurteilen. Es fehlen zum einen tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zum erforderlichen quantitativen Umfang der für die Klägerin notwendigen und geeigneten Hilfen durch eine Schulbegleitung und zum anderen zur maßgeblichen Höhe der Vergütung, zu Existenz und Inhalt von Vereinbarungen, insbesondere zu einer Vergütungsvereinbarung, zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2 nach den §§ 75 ff SGB XII. Besteht eine solche Vereinbarung nicht, wäre die zu übernehmende Höhe der Vergütung nach § 75 Abs 4 SGB XII zu bestimmen, wofür dann - weitere - (hier nicht getroffene) Feststellungen zu Vereinbarungen mit anderen Leistungserbringern am Ort der Leistungserbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen erforderlich wären.

20

Bei den von der Beigeladenen zu 2 erbrachten Leistungen handelt es sich allerdings der Sache nach um Hilfen zur angemessenen Schulbildung als Leistung der Eingliederungshilfe. Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vor; bei der Klägerin besteht eine geistige Behinderung, die sich in einer Sprach- und motorischen Entwicklungsverzögerung, einer Störung der Kommunikation sowie einer Schwäche der Feinmotorik zeigt.

21

Diese geistige Behinderung ist auch wesentlich (§ 2 Eingliederungshilfe-VO). Voraussetzung für die Annahme der Wesentlichkeit der Behinderung ist danach, dass der geistig behinderte Mensch in erheblichem Umfang in seiner Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. Dies ist bei der Klägerin der Fall. Die durch ihre Behinderung hervorgerufenen Beeinträchtigungen lassen den erfolgreichen Besuch des Unterrichts an der Grundschule als Regelschule ohne Unterstützung nicht zu. Auch die für sie individuell und auf ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte im Rahmen eines zieldifferenten Unterrichts konnte sie ohne zusätzliche Unterstützung nicht verarbeiten und umsetzen (zur Bedeutung der Grundschulausbildung vgl bereits BSGE 110, 301 ff RdNr 19 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8).

22

Die Schulbegleitung ist im vorliegenden Fall eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung iS des Sozialhilferechts, die nicht den Kernbereich pädagogischer Tätigkeit berührt, für den eine Zuständigkeit des Beklagten ausgeschlossen wäre. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, also insoweit die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern(vgl dazu BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1).

23

Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer "angemessenen Schulbildung" zu verstehen ist, gibt es weder im SGB IX noch im SGB XII; auch § 12 Eingliederungshilfe-VO benennt nur beispielhaft Maßnahmen, die Gegenstand einer möglichen Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein können(vgl BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4). Gleiches gilt für Art 24 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812), das als ranggleiches Bundesrecht im Rahmen der Auslegung zu beachten und anzuwenden ist (hierzu BSGE 110, 194 ff RdNr 19 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69). Art 24 Abs 2 UNBRK setzt ebenfalls ein "allgemeines Bildungssystem" voraus, zu dem Menschen mit Behinderung gleichberechtigter Zugang zu ermöglichen und die notwendige Unterstützung zu leisten ist; die UNBRK schreibt selbst aber keine Anforderungen an ein "allgemeines Bildungssystem" fest. Die Entscheidung darüber, was für das einzelne Kind die "angemessene Schulbildung" darstellt, obliegt deshalb - wie § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht - der Schulverwaltung (BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 RdNr 21). Diese hat im Fall der Klägerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne der Schule für Geistigbehinderte festgestellt, zugleich aber erlaubt, dass die Förderung in der K schule (als Regelgrundschule) in Kooperation mit dem SBBZ zieldifferent durchgeführt werden kann.

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Der Kernbereich pädagogischer Tätigkeit ist vorliegend nicht berührt. Der Senat hat hierzu bereits unter Verweis auf § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht von den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung nach Maßgabe des Sozialhilferechts unberührt bleiben, ausgeführt, dass sich dieser Kernbereich schon aus systematischen Gründen nach Maßgabe des Sozialhilferechts bestimmt (vgl zuletzt BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 mwN); dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für den Bereich der Jugendhilfe angeschlossen (BVerwGE 145, 1 ff). Schulrechtliche Verpflichtungen bestehen demnach grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen. Dies hat zur Folge, dass im Kernbereich pädagogischer Tätigkeit keine, auch keine nachrangige Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers besteht (BSGE 110, 301 ff RdNr 21 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8), weil es sich um originär und ausschließlich schulrechtliche Verpflichtungen handelt. Anders als der Beklagte meint, ist die Regelung über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern nach Art 70 GG, wonach den Ländern im Bereich des Schulwesens die alleinige Gesetzgebungskompetenz zugewiesen ist, für die vom Senat gefundene Auslegung ohne Bedeutung. Denn der Senat legt gerade kein (landesrechtlich geregeltes) Schulrecht aus, sondern bundesrechtlich normiertes Leistungsrecht (Eingliederungshilfe). Dies bedeutet umgekehrt, dass mit der Entscheidung der Schulverwaltung über die Form der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht keine Aussage darüber getroffen wird, ob und inwieweit zur Erfüllung dieser Pflicht Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren sind. Dem Beklagten ist insoweit zwar zuzugestehen, dass durch die Entscheidung der Schulverwaltung, der Klägerin eine inklusive Beschulung zu ermöglichen, Bedarfe entstehen können, die bei einer Beschulung in einer sog Sonder- oder Förderschule ggf nicht durch den Sozialhilfeträger getragen werden müssten, weil die Sonder- oder Förderschulen über mehr Personal zur Unterstützung der behinderten Kinder verfügen. Dies ändert aber nichts an der nachrangigen Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers. Der Terminus "Kernbereich" ist im Übrigen kein schulrechtlicher Begriff (dazu später).

25

Der Kernbereich pädagogischer Tätigkeit ist nicht betroffen, wenn die Schulbegleitung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkraft nur absichert ("begleitet"). Den Kernbereich berühren deshalb alle integrierenden, beaufsichtigenden und fördernden Assistenzdienste nicht, die flankierend zum Unterricht erforderlich sind, damit der behinderte Mensch das pädagogische Angebot der Schule überhaupt wahrnehmen kann (so auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 6.8.2014 zur vergleichbaren Abgrenzungsproblematik in der Jugendhilfe unter Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.2.2014 - L 9 SO 413/13 B ER). Die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, somit der Unterricht selbst, seine Inhalte, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung wie auch die Bewertung der Schülerleistungen bleibt den Lehrkräften vorbehalten, ist damit dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit zuzuordnen.

26

Die gegenüber der Klägerin erbrachte Hilfe ist auch geeignet zur Erreichung der Eingliederungsziele (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII) und der Sache nach erforderlich (zur quantitativen Erforderlichkeit später). Die Erforderlichkeit und Eignung der Hilfe verlangt eine am Einzelfall orientierte, individuelle Beurteilung, ein individualisiertes Förderverständnis (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22), das einer Kategorisierung der in Betracht kommenden Hilfen bzw Maßnahmen nach abstrakt-generellen Kriterien entgegensteht. Damit verbietet sich eine Differenzierung danach, ob eine Hilfe (ganz oder teilweise) pädagogischen Charakter hat.

27

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) konnte die Klägerin dem Unterricht, insbesondere in den lernintensiven Fächern Deutsch und Mathematik, nicht folgen. Sie beschäftigte sich mit sich selbst, sobald sie den Anschluss verpasst hatte, oder störte Mitschüler. Durch die bewusste Fokussierung ihrer Aufmerksamkeit auf das zu bearbeitende Thema mit Hilfe einer "1:1-Unterstützung" durch die Schulbegleitung konnte hingegen ein Lernfortschritt erzielt werden. Die Schulbegleitung hat insbesondere die Aufmerksamkeit der Klägerin auf die gerade zu erledigende Aufgabe gelenkt, sie im Vorfeld dabei unterstützt, die erforderlichen Arbeitsunterlagen bereit zu legen und diese entsprechend dem auf sie angepassten Lernziel zu benutzen. Dass zur Erfüllung dieser Aufgabe ggf pädagogische Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig waren und zur Anwendung kamen, zB indem der Klägerin eine von der Lehrerin gestellte Aufgabe durch die Schulbegleitung nochmals in einer für sie besser verständlichen Art und Weise erklärt worden ist, ist qualitativ für die Beurteilung der Erforderlichkeit und Eignung der Hilfe ohne Bedeutung.

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Das Ergebnis wird geradezu gestützt durch die Ausführungen des Beklagten, der eine Bestimmung des Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit für die jeweilige Schulform nach landesrechtlichen Schulvorschriften und die Schulziele nach Maßgabe der für die Schulform geltenden allgemeinen Bildungspläne fordert. Lässt man unberücksichtigt, dass, wie ausgeführt, ein solches Verständnis bereits dem Wortlaut und der Systematik der für die Beurteilung des Hilfebedarfs der Klägerin allein maßgeblichen sozialhilferechtlichen Vorschriften widerspricht, bleibt bei einer derartigen Argumentation außer Acht, dass die Klägerin gerade nicht nach dem allgemeinen Bildungsplan der Regelgrundschule, sondern zieldifferent, dh nach einem auf sie individuell abgestimmten Bildungs- und Kompetenzplan, wenn auch im Klassenverbund mit nicht behinderten Kindern, unterrichtet wird. Ob nach dem Landesrecht Baden-Württemberg die Förderung und Unterrichtung behinderter Kinder an einer Regelschule, wie der Beklagte meint, unter dem (ungeschriebenen) Vorbehalt steht, dass diese dem Unterricht der Regelschule folgen können, kann offenbleiben. Dieses Argument könnte allenfalls von Bedeutung sein für die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht behinderter Kinder an Regelschulen; steht die Zulässigkeit der Beschulung an einer Regelschule allerdings fest, kann dieses Argument nicht (auch) dem Anspruch auf Deckung des sozialhilferechtlichen Hilfebedarfs entgegengehalten werden. Folglich ist der Einwand des Beklagten, die Schulverwaltung sei verpflichtet - sehe sie nicht von der Feststellung der Sonderschulpflicht ab -, die Verhältnisse an den Schulen so auszugestalten, dass ein gemeinsames Verfolgen "des Bildungsgangs" möglich sei, bei fehlender Pflichterfüllung ohne Bedeutung. Denn dieses Vorbringen zielt nur darauf ab, ggf aus dem Landesrecht resultierende Verpflichtungen der Schulverwaltung im Hinblick auf die Ausstattung der Schulen durchzusetzen, mindert aber nicht den sozialhilferechtlichen Hilfebedarf der Klägerin.

29

Zudem ist der Einwand des Beklagten nicht zutreffend, die Bestimmung des Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit nach Maßgabe des Sozialhilferechts könne zu "Bedarfsunterdeckungen" führen, wenn ein Bundesland im Rahmen seiner schulrechtlichen Gesetzgebungskompetenz den Kernbereich der Aufgaben der Schule sehr eng ziehen sollte, aus Sicht des Sozialhilferechts der Kernbereich aber weiter gehend als das landesrechtliche Schulrecht zu ziehen sei. Normativ ist, wie ausgeführt, bei systematisch zutreffender Auslegung der §§ 53, 54 SGB XII iVm § 12 Eingliederungshilfe-VO bereits keine Bedarfsdeckungslücke denkbar. Es ist zudem kaum vorstellbar, dass der Kernbereich pädagogischer Arbeit, den der Senat wie aufgezeigt (eng) auf die Unterrichtsgestaltung selbst begrenzt sieht (BSGE 112, 196 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 10), landesschulrechtlich enger geregelt werden kann. Landesschulrecht kann keinen sozialhilferechtlich bestimmten Kernbereich regeln. Die Argumentation des Beklagten setzt bei der unzutreffenden Annahme an, der Begriff des "Kernbereichs pädagogischer Tätigkeit" sei schulrechtlicher Natur; jedoch handelt es sich um einen rein für das Sozialhilferecht entwickelten Begriff, der für das Schulrecht ohne rechtliche Bedeutung ist. Die Wissensvermittlung durch Unterricht, gleichgültig in welcher Form, stellt jedenfalls den elementaren Auftrag der Schule dar. Faktische "Bedarfsdeckungslücken" wären insoweit in einer unzureichenden Versorgung der Schulen mit Lehrkräften denkbar, für die der Sozialhilfeträger Leistungen allerdings auch nicht nachrangig zu erbringen hat (BSGE 110, 301 ff RdNr 21 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8).

30

Der außerhalb des Kernbereichs bestehende Hilfebedarf der Klägerin wurde tatsächlich von dritter Seite nicht gedeckt, sodass eine (nur nachrangige) Leistungspflicht des Beklagten (§ 2 Abs 1 SGB XII)besteht. Selbst wenn ein Anspruch auf Hilfe durch eine Schulbegleitung gegen den Schulträger bestünde, könnte dies die Ablehnung der Leistung gegenüber der Klägerin nicht rechtfertigen (BSGE 103, 171 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSG Urteil vom 30.6.2016 - B 8 SO 7/15 R -, RdNr 22). Gegen welchen Träger im Kernbereich ein Leistungsanspruch des behinderten Menschen bestehen würde, ist für das vorliegende Verfahren ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, welche andere juristische Person für Leistungen außerhalb des Kernbereichs ggf (vorrangig) zuständig wäre und auf welche Rechtsgrundlage ein derartiger Anspruch gestützt werden könnte. Diese Frage wäre Gegenstand eines möglichen Verfahrens des Beklagten gegen einen denkbaren Schuldner nach Überleitung eines sich ggf aus dem Schulrecht ergebenden Anspruchs auf sich (§ 93 SGB XII).

31

Allerdings fehlt es an Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zur Beurteilung des erforderlichen quantitativen Umfangs der Hilfen. Allein der Umstand, dass Hilfen nur im Umfang der vom SG zugesprochenen Stundenzahl in Anspruch genommen worden sind, macht Feststellungen zur quantitativen Erforderlichkeit nicht entbehrlich. Außerdem wird das LSG die schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 2 (zur Maßgeblichkeit der vertraglichen Verpflichtung für den Umfang des Schuldbeitritts vgl nur BSGE 110, 301 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; für Leistungen in Einrichtungen BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 4 RdNr 13 ff) sowie die Existenz und den Inhalt von Verträgen (§§ 75 ff SGB XII) zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2 festzustellen und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Darüber hinaus wird es auf eine Vollstreckbarkeit des Urteilstenors zu achten haben.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.