Bundessozialgericht Beschluss, 21. März 2018 - B 6 KA 70/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:210318BB6KA7017B0
21.03.2018

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. September 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger nimmt als Facharzt für Nuklearmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Für die Quartale I/2009 bis IV/2010 erkannte die Beklagte den Bereich der "onkologischen Diagnostik" als Praxisbesonderheit an und gewährte Zuschläge auf den RLV-Fallwert. Den Antrag des Klägers auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten auch für die Zeit ab dem Quartal I/2011 lehnte die Beklagte ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb zunächst ebenso wie der beantragte Erlass einer einstweilige Anordnung (Beschluss des SG vom 20.8.2012 - S 65 KA 585/11 ER; Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.8.2013 - L 3 KA 76/12 B ER) ohne Erfolg. Im anschließenden Klageverfahren erkannte sie die Behandlung von onkologisch erkrankten Patienten auf Zuweisung von onkologisch verantwortlichen Ärzten für die Quartale I/2011 bis IV/2012 als Praxisbesonderheit an und erweiterte diese Anerkennung schließlich auf die onkologische Diagnostik auf Zuweisung von Hämatologen/Onkologen.

2

Mit seiner Klage hat der Kläger darüber hinausgehend die Anerkennung von Praxisbesonderheiten aufgrund einer Spezialisierung im Bereich der nuklearmedizinisch-kardiologischen Diagnostik geltend gemacht. Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine die Anerkennung von Praxisbesonderheiten rechtfertigende Spezialisierung im Bereich der nuklearmedizinisch-kardiologischen Diagnostik nicht bestehe, weil es sich bei den entsprechenden Leistungen der GOP 17330 bis 17333 und 17363 EBM-Ä nicht um spezielle, sondern um fachgruppentypische Leistungen des Nuklearmediziners handele.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.

4

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil die geltend gemachte Divergenz nicht vorliegt.

5

1. Der Zulassungsgrund einer Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)ist nicht erfüllt. Hierfür ist erforderlich, dass das LSG seiner Entscheidung tragend einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG widerspricht. Eine Divergenz iS der genannten Vorschrift liegt nicht schon vor, wenn das LSG einen Rechtssatz aus einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung einer Revision wegen Divergenz (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 9.5.2017 - B 13 R 240/16 B - Juris RdNr 18 mwN).

6

Eine Divergenz in dem genannten Sinne liegt hier nicht vor.

7

a) Der Kläger macht geltend, dass sich aus der Rechtsprechung des BSG der folgende Rechtssatz ergebe:
 "Ein besonderer Versorgungsauftrag als Voraussetzung für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit erfordert, dass eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung vorliegen, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl haben. Es genügt nicht, lediglich ein 'Mehr' an fachgruppentypische[n] Leistungen abzurechnen. Vielmehr müssen in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM-Ä."

8

Abweichend davon sehe das LSG die Ausweisung in einem speziellen Leistungsbereich des EBM-Ä als tatbestandliche Voraussetzung für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten an. In der Rechtsprechung des BSG sei die Ausweisung der speziellen Leistungen in einem speziellen Leistungsbereich ein typischer Anwendungsfall und damit der Ebene der Subsumtion und nicht der normativen Ebene zugeordnet. Die Formulierungen in den Entscheidungsgründen des BSG ließen Raum für tatsächlich abweichende Sachverhalte und damit für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für spezielle Leistungen, die nicht dem Leistungsbereich der arztgruppenübergreifenden Leistungen (Kapitel IV EBM-Ä) zugeordnet seien.

9

Die geltend gemachte Rechtsprechungsabweichung liegt nicht vor. Der Rechtssatz, dass die Anerkennung von Praxisbesonderheiten allein für Leistungen in Betracht käme, die im EBM-Ä einem speziellen Bereich zugeordnet würden, ist der Entscheidung des LSG nicht zu entnehmen. Vielmehr geht das LSG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 22) davon aus, dass es sich bei speziellen Leistungen typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte Leistungen handelt. Zwar formuliert das LSG zunächst, dass für die Abgrenzung zwischen fachgruppentypischen und speziellen Leistungen "darauf abzustellen" sei, ob die betroffenen Leistungen im EBM-Ä als spezielle Leistungen ausgewiesen seien (S 9 des LSG-Urteilsumdrucks). Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass das LSG die Anerkennung von Praxisbesonderheiten für Leistungen ausschließlich und allein von der Ausweisung dieser Leistungen in einem besonderen Kapitel des EBM-Ä abhängig machen wollte. Bestätigt wird das durch den folgenden Satz und auch den nachfolgenden Absatz, in dem das LSG eindeutig zum Ausdruck bringt, dass es sich bei dem Standort der Leistung im EBM-Ä um eines von mehreren Kriterien handelt. Deutlich wird das in Wendungen wie: "Bei Berücksichtigung dieser Kriterien ..." oder: "Hierfür spricht, dass diese Leistungen im EBM keinem besonderen Bereich zugewiesen sind ..." (S 10 des LSG-Urteilsumdrucks). Dabei geht das LSG - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - davon aus, dass die Erbringung spezieller Leistungen typischerweise eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Daneben hat der Senat der Frage Bedeutung beigemessen, wie hoch der Anteil der zur Fachgruppe gehörenden Ärzte ist, der die Leistung ebenfalls abrechnet. Die genannten Gesichtspunkte hat das LSG in seiner Entscheidung berücksichtigt und gegeneinander abgewogen.

10

b) Eine weitere Abweichung von der Rechtsprechung des BSG sieht der Kläger in Bezug auf die Definition fachgruppentypischer Leistungen, deren Erbringung keinen besonderen Versorgungsauftrag als Voraussetzung für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten begründen können. Dem Urteil des LSG liege folgender Rechtssatz zugrunde:

 "Leistungen, die definitionsgemäß zum Kernbestand des nuklearmedizinischen Leistungsspektrums gemäß Weiterbildungsordnung gehören, sind fachgruppentypisch."

11

Die davon abweichende Definition fachgruppentypischer Leistungen in der Rechtsprechung des BSG, nach der zur Bestimmung der Fachgruppentypik darauf abzustellen sei, ob 50 % oder mehr der zur Fachgruppe gehörenden Ärzte die Leistung abrechnen, werde im Urteil des LSG zwar zunächst wiedergegeben. In der weiteren Urteilsbegründung verwerfe das LSG diesen Ansatz des BSG jedoch, um stattdessen vorrangig auf die Weiterbildungsordnung abzustellen und daraus den "Kernbestand des nuklearmedizinischen Leistungsspektrums" abzuleiten.

12

Auch insoweit liegt die geltend gemachte Rechtsprechungsabweichung nicht vor. Der von dem Kläger formulierte Rechtssatz kann der Entscheidung des LSG nicht entnommen werden. Vielmehr hat das LSG die Zugehörigkeit der Leistungen nach den GOP 17332 und 17333 EBM-Ä zum Kernbestand des nuklearmedizinischen Leistungsspektrums nach der Weiterbildungsordnung nur als eines von mehreren Kriterien bei seiner Beurteilung berücksichtigt. Die Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats, der davon ausgegangen ist, dass es sich bei den speziellen Leistungen, deren besonders häufige Erbringung auf einen besonderen Versorgungsauftrag hinweisen kann, typischerweise um Leistungen handeln wird, die eine besondere Zusatzqualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Leistungen, die zum Kernbestand des nuklearmedizinischen Leistungsspektrums nach der Weiterbildungsordnung gehören, erfordern im Regelfall gerade keine Zusatzqualifikation.

13

Den Umstand, dass die GOP 17332 und 17333 EBM-Ä im hier maßgeblichen Zeitraum nur von einer relativ geringen Zahl von Nuklearmedizinern abgerechnet worden sind, hat das LSG nicht unberücksichtigt gelassen, diesem Gesichtspunkt im Ergebnis aber kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen. Mit dieser einzelfallbezogenen Bewertung weicht das LSG nicht von Rechtssätzen aus einer Entscheidung des erkennenden Senats ab. Der Senat hat in seiner Rechtsprechung (vgl die Urteile vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R, B 6 KA 18/10 R, B 6 KA 19/10 R, B 6 KA 20/10 R) nicht entschieden, dass die besonders häufige Erbringung von Leistungen, die von weniger als der Hälfte der Ärzte der Fachgruppe abgerechnet werden, generell eine Praxisbesonderheit begründen würde. Das wäre auch nicht sachgerecht. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Ärzte einer Fachgruppe auf unterschiedliche Leistungen spezialisieren. Das kann zur Folge haben, dass Leistungen, die ausschließlich von Ärzten der Fachgruppe erbracht und abgerechnet werden dürfen, dennoch jeweils von weniger als 50 % der Fachgruppe erbracht werden. Wenn allein dieses Kriterium herangezogen werden dürfte, müssten in einer solchen Konstellation alle Ärzte der Fachgruppe Praxisbesonderheiten geltend machen können. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG sind jedoch weitere - in der Rechtsprechung des Senats entwickelte - Kriterien in die Beurteilung einzubeziehen.

14

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels.

15

3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht dem von der Vorinstanz festgesetzten Betrag, gegen den keiner der Beteiligten Einwendungen vorgebracht hat.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

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Bundessozialgericht Beschluss, 09. Mai 2017 - B 13 R 240/16 B

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Tenor Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 23. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R

bei uns veröffentlicht am 29.06.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. März 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte bei ihrer Neubescheidung die Rechtsauf

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 23. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Kläger haben auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Das LSG für das Saarland hat mit Urteil vom 23.6.2016 den Antrag der Kläger, die zum 1.6.2011 in der Gruppe der Versicherten als durchgeführt geltende Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Wahl unter Berücksichtigung ihrer Vorschlagsliste zu wiederholen sei, abgelehnt. Die Beklagte habe zu Recht die Liste der Kläger zurückgewiesen, weil diese nicht gemäß § 48 SGB IV von der erforderlichen Anzahl von Wahlberechtigten unterzeichnet worden sei.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie berufen sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz.

3

Die Beschwerde der Kläger ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 4.10.2016 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn sie haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG). Der Beschwerdevortrag der Kläger im Schriftsatz vom 14.2.2017 war nicht mehr zu berücksichtigen, weil er außerhalb der bis zum 4.10.2016 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist lag (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG).

4

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.

5

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl zum Ganzen BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Kläger vom 4.10.2016 nicht gerecht.

6
   Die Kläger halten folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:     
        

1.    

"Ist § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB IV verfassungswidrig, soweit das Gesetz keine Ausnahmeregelung vorsieht für Gewerkschaften und sonstige Arbeitnehmervereinigungen sowie deren Verbände, die sich bei mehreren Sozialwahlen bei verschiedenen Sozialversicherungsträgern erfolgreich beteiligt haben und deshalb dort mit einem oder mehreren Versicherten in der Vertreterversammlung / im Verwaltungsrat vertreten waren?"

        

2.    

"Ist die Regelung in §§ 48 Abs. 3 Satz 1 iVm 50 Abs. 1 Satz 3 SGB IV verfassungswidrig, wonach die Unterzeichnungsbefugnis der Unterstützer davon abhängt, welcher Rentenversicherungsträger das Konto führt oder die Rente leistet, weil der Träger der Vorschlagsliste die Kontoführerschaft nicht prüfen kann (Verstoß gegen die Wahl- und Chancengleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG)?"

        

3.    

"Ist ein zur Überprüfung der Unterzeichnungsbefugnis gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB IV erfolgter Abgleich der Versicherungsnummer in der Unterstützerliste (Anlage 4 SVWO) mit den bei einem Rentenversicherungsträger gespeicherten Versichertendaten ohne Einwilligung des Versicherten mangels gesetzlicher Grundlage und Verstoß gegen Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG unzulässig und daher ein genereller Wahlfehler, der sich mandatsrelevant auswirkt?"

        

4.    

"Liegt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des Vorsitzenden des Wahlausschusses gem. § 22 Abs. 3 SVWO vor, wenn nach Vorliegen des Ergebnisses eines Datenabgleichs zur Prüfung der Unterzeichnungsberechtigung der Unterzeichner von Unterstützerlisten dem Listenvertreter der Vorschlagsliste dieses Ergebnis nicht unverzüglich mitgeteilt wird?"

        

5.    

"Ist § 22 Abs. 4 Satz 1 SVWO ergänzend so auszulegen, dass der Wahlausschuss dem Listenträger zur Einreichung weiterer Unterstützerlisten eine angemessene Nachfrist einzuräumen hat, wenn der Listenträger erst aufgrund eines Abgleichs der Versicherungsnummern der Unterzeichner mit den beim Rentenversicherungsträger gespeicherten Versichertendaten erfahren, welchen Unterzeichnern der Unterstützerlisten die Unterzeichnungsbefugnis gem. §§ 48 Abs. 3, 50 Abs. 1 Satz 3 SGB IV fehlt?"

        

6.    

"Ist das Fehlen der Rückseite/Seite 2 der Unterstützerliste (Anlage 4 SVWO) ein wesentlicher Formmangel iSd §§ 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 15 Abs. 1 Satz 2 SVWO mit der Folge der Nichtanrechenbarkeit der Unterstützerunterschriften?"

7

a) Es begegnet bereits erheblichen Zweifeln, ob die Kläger die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der aufgeworfenen Fragen dargetan haben. Denn nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Beklagten vom 20.1.2017 hat deren Wahlausschuss die Vorschlagsliste der Kläger für die Sozialversicherungswahlen 2017 zugelassen, weil ua - anders als vorliegend - auch das Unterschriftenquorum erreicht wurde. Klärungsfähigkeit setzt indessen voraus, dass die bezeichneten Rechtsfragen in dem von den Klägern angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein könnten. Die Wahlanfechtungsklage der Kläger bezogen auf die Sozialversicherungswahlen bei der Beklagten aus dem Jahr 2011 würde sich jedoch durch die demnächst anstehende Neuwahl (Wahltag: 31.5.2017) erledigen. Zwar sind die Regelungen über die Fortsetzungsfeststellungsklage für die Wahlanfechtungsklage entsprechend anzuwenden. Voraussetzung für eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber ua ein berechtigtes Feststellungsinteresse, das typischerweise gegeben ist bei Wiederholungsgefahr oder absehbaren Folgewirkungen der angefochtenen Wahl (BSG Urteil vom 13.9.2005 - B 2 U 21/04 R - SozR 4-2400 § 57 Nr 2 RdNr 18). Den Klägern war es aber offenbar für die Sozialversicherungswahlen 2017 ohne Weiteres möglich, die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für das Erreichen des Unterschriftenquorums sowohl hinsichtlich der in dem Fragenkatalog problematisierten Notwendigkeit als auch der Modalitäten für das Sammeln der Unterschriften auf der Unterstützerliste zu erfüllen. Ob und inwieweit insoweit konkrete Wiederholungsgefahr für künftige Sozialversicherungswahlen oder absehbare Folgewirkungen der angefochtenen Wahl aus dem Jahr 2011 noch bestehen, erschließt sich aus dem im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde berücksichtigungsfähigen Beschwerdevortrag der Kläger aber nicht. Näherer Darlegungen hätte es insoweit bereits bedurft, weil die konkrete Wiederholungsgefahr zweifelhaft ist, da nicht von vornherein angenommen werden kann, die Kläger reichten auch bei zukünftigen Sozialversicherungswahlen Unterlagen von Unterstützern ein, deren Versicherungskonten nicht bei dem Versicherungsträger geführt werden, zu dessen Wahlen die Kläger antreten. Dasselbe gilt im Hinblick auf das Versäumnis der Übergabe von vollständig ausgefüllten Unterstützerlisten nach Maßgabe des Musterformulars nach Anlage 4 der SVWO.

8

Überdies haben die Kläger auch im Hinblick auf die unter 3. aufgeworfene Fragestellung deren Klärungsfähigkeit nicht im gebotenen Maße aufgezeigt. Sie tragen selbst vor, dass nach Auffassung des LSG das aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung "bei einer Wahlanfechtung nicht relevant" sei, weil mit dem Hinweis auf einen Verstoß gegen dieses Recht vor allem individuelle Rechte der Unterschriftsleistenden geltend gemacht würden, die jedoch nicht Gegenstand einer Wahlanfechtungsklage sein könnten. Mit einer solchen Klage könnten lediglich die Einhaltung von Wahlvorschriften überprüft, nicht aber subjektive Rechte geltend gemacht werden. Nach Ansicht der Kläger habe sich das Berufungsgericht hierbei zu Unrecht auf Entscheidungen des BSG (Urteil vom 23.9.1982 - 8 RK 19/82 - BSGE 54, 104 = SozR 2100 § 57 Nr 1) und des BVerfG (Beschluss vom 18.9.1952 - 1 BvC 5/52 - BVerfGE 1, 430) berufen, weil diese andere Sachverhaltskonstellationen beträfen.

9

Wenn das Wahlanfechtungsklageverfahren nach diesen höchstrichterlichen Entscheidungen aber nicht den Schutz subjektiver Rechte, sondern ausschließlich die Einhaltung des objektiven Wahlrechts zum Ziel hat (vgl auch BVerfG Beschluss vom 20.6.1973 - 2 BvC 1/73 - BVerfGE 35, 300, 301; BVerfG Beschluss vom 2.4.1974 - 2 BvP 1/71, 2 BvP 2/71 - BVerfGE 37, 84, 89), hätten die Kläger im Einzelnen darlegen müssen, ob und inwieweit der von ihnen geltend gemachte Verstoß gegen individuelle Rechte der Unterschriftsleistenden (…"ohne Einwilligung des Versicherten"…) im Rahmen eines Wahlanfechtungsklageverfahrens überprüft werden könnte und damit im Rahmen des angestrebten Revisionsverfahrens überhaupt klärungsfähig sei. Hieran fehlt es. Ob sie darüber hinaus die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage in gebotenem Maße aufgezeigt haben, bedarf daher keiner Erörterung mehr.

10

b) Im Übrigen haben die Kläger jedoch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellungen auch nicht hinreichend dargetan.

11

Hinsichtlich der unter 1. gestellten Frage ist schon zweifelhaft, ob die Kläger eine hinreichend konkrete Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet haben. Sie rügen zwar die "Verfassungswidrigkeit" des § 48 Abs 4 S 2 SGB IV, benennen aber keine Vorschrift des GG, gegen die § 48 Abs 4 S 2 SGB IV verstoßen soll. Sofern die Kläger sich insoweit auf den "Grundsatz der Wahlgleichheit" berufen wollen (S 5 der Beschwerdebegründung vom 4.10.2016), reicht es allerdings nicht aus, die "Verfassungswidrigkeit" lediglich zu behaupten. Vielmehr darf derjenige, der einen Verfassungsverstoß geltend macht oder sich auf die Verfassungswidrigkeit der höchstrichterlichen Auslegung einer Vorschrift beruft, sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den (konkret) gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (stRspr, zB bereits BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 f = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 13 f). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG im Einzelnen dargelegt werden (stRspr, zB BSG Beschluss vom 12.7.2013 - B 1 KR 123/12 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6).

12

Diese Darlegungsanforderungen erfüllt der Vortrag der Kläger nicht. Vielmehr tragen sie selbst vor, dass die bereits in der Entscheidung des BVerfG vom 24.2.1971 (1 BvR 438/68 ua - BVerfGE 30, 227) "entwickelten Rechtsgrundsätze" (…) "sich auf die Anwendung des Gesetzes in der jetzigen Fassung übertragen" ließen. Warum dennoch weiterer höchstrichterlicher Klärungsbedarf bestehen soll, zeigen die Kläger jedoch nicht hinreichend auf. Sie verkennen, dass als höchstrichterlich geklärt eine Rechtsfrage auch schon dann anzusehen ist, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden Rechts aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Klärung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB BSG Beschluss vom 25.5.2011 - B 4 AS 29/11 B - Juris RdNr 7). Sofern sie meinen, die Auffassung des LSG zu den "Ausnahmeregelungen zu § 48 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB IV" (…) "widerspreche" der vorgenannten Entscheidung des BVerfG, rügen sie im Kern die inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen LSG-Urteils. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

13

Soweit die Kläger mit der zweiten Frage einen Verstoß der Regelungen in § 48 Abs 3 S 1 iVm § 50 Abs 1 S 3 SGB IV "gegen die Wahl- und Chancengleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG" rügen, versäumen sie es bereits, die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze und Prüfungsmaßstäbe des von ihnen geltend gemachten Rechts auf Wahl- und Chancengleichheit aufzuzeigen und diese im Kontext zu dem Regelungs- und Sinngehalt der insoweit als verfassungswidrig gerügten Normen zu setzen. Allein die bloßen Hinweise auf die Schlussberichte der Wahlbeauftragten zu den Sozialversicherungswahlen 2005 und 2011 reichen nicht aus. Im Übrigen legen die Kläger nicht dar, warum es eine unangemessene Benachteiligung für sie darstellen solle, im Vorfeld der Erstellung ihrer Unterstützerlisten, die Unterschriftsleistenden hinsichtlich des für sie zuständigen RV-Trägers zu befragen. Dass es für die Unterstützer unzumutbar oder gar unmöglich sei, den für sie jeweils zuständigen (kontoführenden) RV-Träger zum maßgeblichen Stichtag in Erfahrung zu bringen, behaupten die Kläger nicht.

14

Zu der unter 4. formulierten Frage fehlt es ebenfalls an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit, aber auch zu deren Klärungsfähigkeit. In der bezeichneten Fragestellung wird von den Klägern unterstellt, dass vom Vorsitzenden des Wahlausschusses nach Vorliegen des Ergebnisses eines Datenabgleichs zur Prüfung der Unterschriftsberechtigung der Unterstützer der Unterstützerlisten dem Listenvertreter dieses Ergebnis "nicht unverzüglich" mitgeteilt worden sei. Sie versäumen es jedoch, sich mit dem Rechtsbegriff "unverzüglich" (vgl § 121 Abs 1 S 1 BGB) auseinanderzusetzen. Anlass hierfür hätte allein schon deshalb bestanden, weil das LSG ausgehend von den von ihm getroffenen und für den Senat bindenden Feststellungen (vgl § 163 SGG)eine "unverzügliche" Mitteilung des Vorsitzenden des Wahlausschusses bejaht hatte. Im Kern ihres diesbezüglichen Vortrags rügen die Kläger die Verkennung der diesbezüglichen Maßstäbe durch das Berufungsgericht und damit wiederum die inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Hierauf kann jedoch - wie oben schon erwähnt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

15

Mit der unter 5. bezeichneten Fragestellung problematisieren die Kläger, ob für den dort bezeichneten Fall die Einräumung einer Nachfrist durch den Wahlausschuss geboten sei. Das LSG habe die Einräumung einer Nachfrist/Verlängerung der Einreichungsfrist abgelehnt, weil es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Gerade deshalb stelle sich die Frage, ob dies eine "gesetzliche Lücke" sei, die durch eine "ergänzende Auslegung" zu füllen sei. Die Kläger versäumen es jedoch, sich mit dem einfach- und verfassungsrechtlichen Maßstäben einer ergänzenden Auslegung bei Vorliegen einer von ihnen behaupteten - vermeintlichen - gesetzlichen Regelungslücke sowie den möglichen Grenzen einer solchen richterlichen Rechtsfortbildung auseinanderzusetzen (vgl hierzu allgemein BVerfG Beschluss vom 19.5.2015 - 2 BvR 1170/14 - Juris RdNr 51 mwN). Sie erläutern insbesondere nicht, ob ausgehend von dem Regelungs- und Sinngehalt der in der Fragestellung genannten Normen die Voraussetzungen für eine ergänzende richterliche Rechtsfortbildung überhaupt gegeben sind.

16

Schließlich haben die Kläger auch die Klärungsbedürftigkeit der unter 6. formulierten Frage nicht in dem gebotenen Umfang dargetan. Sie halten die der Fragestellung zugrunde liegende Auffassung des LSG für unrichtig, dass Unterstützerunterschriften, die auf einer Unterstützerliste ohne die Rückseite der Anlage 4 zur SVWO geleistet worden seien, nicht der vorgeschriebenen Form des § 15 Abs 1 S 2 SVWO entsprächen und diese nicht formgerecht erstellten Seiten mit den darauf befindlichen Unterschriften nach § 23 Abs 2 S 2 SVWO ungültig seien. Sie weisen in diesem Zusammenhang jedoch selbst auf das Urteil des BSG vom 16.12.2003 (B 1 KR 26/02 R - BSGE 92, 59 = SozR 4-2400 § 48 Nr 1)hin. In diesem Urteil hat das BSG bereits entschieden, dass die Vorschlagsliste nach § 23 Abs 2 S 2 SVWO ungültig ist, wenn die in § 15 Abs 1 S 2 SVWO vorgeschriebene Form nicht gewahrt sei. Die Kläger erwähnen zwar, dass dieser Rechtsprechung in der Literatur vereinzelt widersprochen worden sei. Sie versäumen es jedoch, sich mit deren (ausführlichen) Begründung insbesondere im Hinblick auf den vom BSG in dieser Entscheidung postulierten Grundsatz der "Formstrenge bei der Wahlprüfung" auch in Bezug auf die Musterformulare nach § 15 Abs 1 S 2 SVWO im Einzelnen auseinanderzusetzen. Sofern die Kläger darauf hinweisen, dass das vorgenannte BSG-Urteil noch auf einer alten Fassung der Anlage 4 zur SVWO beruhe, die inzwischen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Wahlordnung für die Sozialversicherung vom 10.11.2003 (BGBl I 2274) geändert worden sei, versäumen sie es, die im Hinblick auf die Begründung des BSG - gegebenenfalls - relevanten Änderungen in den Musterformularen alter und neuer Fassung dar- bzw gegenüberzustellen und hiervon ausgehend aufzuzeigen, warum an dem Grundsatz der Formstrenge bei der Wahlprüfung in der vom BSG judizierten Form in Bezug auf die (neuen) Musterformulare nach § 15 Abs 1 S 2 SVWO nicht mehr festgehalten werden könne. Eine nähere Erläuterung wäre überdies schon deshalb geboten gewesen, weil sich das LSG in dem angefochtenen Urteil (ergänzend) ausdrücklich auch auf die "Bekanntmachung Nr 5 des Bundeswahlbeauftragten" beruft, in der unter dem Stichwort "Unterstützerunterschriften" besonders darauf hingewiesen worden sei, dass "eine Vorschlagsliste nur dann den Anforderungen der Wahlordnung für die Sozialversicherung entspricht, wenn sie aus beiden Seiten des Musterformulars der Anlage 4 zur SVWO besteht".

17

2. Auch die gerügte Divergenz haben die Kläger nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.

18

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 4.10.2016 nicht gerecht.

19

Die Kläger meinen, das LSG habe einen seiner Entscheidung zugrunde liegenden tragenden Rechtssatz aufgestellt, indem es ausgeführt habe: "Soweit die Kläger geltend machen, dass sie bereits in Vertreterversammlungen anderer Sozialversicherungsträger vertreten sind, macht dies ein Unterschriftenquorum hier nicht entbehrlich, da sich aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 4 S. 2 Nrn 1 - 3 SGB IV und aus Gesetzeszweck und Gesetzessystematik ergibt, dass sich die in dieser Vorschrift normierten Ausnahmen vom Erfordernis eines Unterschriftenquorums stets auf die jeweilige Vertreterversammlung ('… der Vertreterversammlung …') bezieht, zu der eine Vorschlagsliste eingereicht wird." Hiermit widerspreche es dem Beschluss des BVerfG vom 24.2.1971 (1 BvR 438/68 ua - BVerfGE 30, 227). Das BVerfG halte dies gerade nicht für entscheidend, "wenn sich die Ernsthaftigkeit des Wahlvorschlags und Dauerhaftigkeit der Interessenwahrnehmung aus den genannten Umständen der jahrelangen Vertretung in anderen Vertreterversammlungen" ergebe.

20

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Kläger damit jeweils einen abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des LSG und dem in Bezug genommenen Beschluss des BVerfG in der gebotenen Klarheit herausgearbeitet und bezeichnet haben. Denn mit ihrem weiteren Vorbringen haben sie keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG aufgezeigt. Die Kläger versäumen es darzulegen, inwieweit der dem Beschluss des BVerfG zugrunde liegende Sachverhalt insbesondere auch im Hinblick auf die jeweils geltende Rechtslage mit dem vom LSG hier konkret festgestellten Sachverhalt vergleichbar ist bzw übereinstimmt. Ausführungen hätten sich schon deshalb aufgedrängt, weil sich das LSG neben Gesetzeszweck und Gesetzessystematik ausdrücklich auf den Wortlaut der seiner Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsnormen berufen hat. Überdies sei darauf hingewiesen, dass selbst wenn das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missverstanden oder gar übersehen und deshalb das Recht fehlerhaft angewendet haben sollte, daraus nicht ohne Weiteres schon geschlossen werden kann, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung in dem angefochtenen Urteil infrage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN).

21

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

22

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

23

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 159 S 2 VwGO.

24

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2 und § 47 Abs 1 S 1 und 3 GKG(vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 28/14 R - BSGE 119, 286 = SozR 4-2400 § 48 Nr 2, Juris RdNr 29).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. März 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte bei ihrer Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zuerkennung einer Erhöhung des Regelleistungsvolumens (RLV) für die Quartale II/2005 bis I/2007.

2

Die Klägerin ist eine aus zwei Fachärzten für Chirurgie/Gefäßchirurgie bestehende Gemeinschaftspraxis mit Sitz in F. Beide Ärzte verfügen über Genehmigungen zur Sonographie in der Gefäßdiagnostik sowie zum ambulanten Operieren. Nach dem Honorarverteilungsvertrag (HVV), den die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit den Krankenkassen geschlossen hatte, war die Klägerin der Honoraruntergruppe der Fachärzte für Chirurgie (B 2.3) zugeordnet. Mit Wirkung zum 1.4.2007 ist die Gemeinschaftspraxis aufgelöst.

3

Am 16.2.2006 beantragte die Klägerin, ihr das RLV für fachärztlich-invasiv tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie zuzuerkennen. Mit Einführung des neuen EBM und eines geänderten HVV sei es bei den angiologisch tätigen Gefäßchirurgen zu einem dramatischen Einbruch der abrechenbaren Fallpunktzahl gekommen. Nach Rückführung von Stützungsmaßnahmen werde dies zur Existenzvernichtung führen. Während internistisch tätige Angiologen 1665 Punkte pro Fall abrechnen könnten, seien bei den Chirurgen für die identische Diagnostik nur 900 Punkte abrechenbar. Der Schwerpunkt ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit liege in der Diagnostik und Therapie der arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen. Ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik sei die Durchführung der Duplexsonographie. Aufgrund ihrer besonderen Praxisausrichtung sei sie mit der Fachgruppe der Chirurgen nicht vergleichbar. Von den im Quartal II/2005 angeforderten 3 045 200 Punkten würden ihr lediglich 1 437 129,90 Punkte zum oberen Punktwert vergütet. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.4.2006 ab.

4

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.2.2007 zurück. Nach dem HVV seien für die Praxis einschließlich des Gemeinschaftspraxis-Zuschlages folgende fachgruppenspezifische Fallpunktzahlen festgelegt worden:

        

Primärkassen:

Ersatzkassen:

Altersgruppe

0 - 56 - 59> 60

0 - 56 - 59> 60

Fallpunktzahl

6679261187

6048311033

5

Im Quartal II/2005 seien 1452 Fälle mit einem Punktwert von 997,1 Punkten zugrunde gelegt worden, woraus sich ein praxisbezogenes RLV von 1 447 789,2 Punkten ergeben habe. Mit ihrer Anforderung von 3 040 200,0 Punkten habe die Klägerin dieses Volumen um 1 592 410,8 Punkte überschritten. Im Quartal III/2005 betrage das Regelleistungsvolumen bei 1277 Fällen und einem Fallpunktwert von 1003,9 Punkten 1 281 980,3 Punkte. Tatsächlich abgerechnet habe sie 2 186 195,0 Punkte. Eine Analyse der Abrechnungsunterlagen habe ergeben, dass die Klägerin Leistungen nach den Nrn 33060, 33061, 33070, 33072, 33073, 33075 und 33076 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä 2005) in größerem Umfang abgerechnet habe. Eine Ausnahmeregelung könne aber nur aus Gründen der Sicherstellung erfolgen. Eine Überprüfung der Versorgungssituation habe ergeben, dass weitere Ärzte im Planungsbereich F. über die Genehmigung zur Abrechnung der streitigen Leistungen verfügten und die Leistungen auch tatsächlich abrechneten. Ferner habe die Klägerin, da ihr Fallwert in den Quartalen II und III/2005 mehr als 5 % von den Referenzquartalen 2004 nach unten abgewichen sei, erhebliche Ausgleichszahlungen erhalten, die einer Ausnahmeregelung entgegenstünden.

6

Das SG hat mit Urteil vom 30.1.2008 die Klage abgewiesen. Ein zu berücksichtigender Ausnahmefall liege nicht vor. Bei der Begrenzung auf ein enges diagnostisches Leistungsspektrum, das im Wesentlichen von anderen Fachgruppen erbracht werde, sei eine Ausnahmeregelung nicht erforderlich, weil es hierdurch zu einer Verschiebung zwischen den Honoraruntergruppen käme. Der Zubilligung eines RLV in Höhe desjenigen für fachärztlich-invasiv tätige Internisten mit Schwerpunkt Angiologie stehe ferner entgegen, dass diese Gruppe auf ein anderes Leistungsspektrum als die Klägerin beschränkt sei.

7

Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 17.3.2010 das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Die Voraussetzungen der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV lägen nicht vor, weil eine Sicherstellungsproblematik nicht gegeben sei. Es sei nicht ersichtlich, dass ohne ihr Leistungsangebot die angiologische Versorgung der Versicherten in der Region der Praxis der Klägerin nicht mehr gewährleistet sei. Der HVV sei jedoch deshalb rechtswidrig, weil es an einer allgemeinen Härtefallregelung fehle. Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG fordere eine Ausnahme vom RLV auch dort, wo sich innerhalb einer Arztgruppe bereits vor Inkrafttreten der Regelung über die RLV Ärzte mit Leistungen in zulässiger Weise spezialisiert hätten und dieses spezifische Leistungsangebot durch das RLV der Fachgruppe nicht leistungsangemessen abgedeckt werde. Für die Frage, wann eine solche Spezialisierung vorliege, könne an die Rechtsprechung des BSG zu ähnlichen Problemlagen angeknüpft werden. Zum Merkmal der Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs als Voraussetzung für die Erweiterung eines Zusatzbudgets nach dem EBM-Ä 1997 habe das BSG ausgeführt, dies setze eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung, einen besonderen Behandlungsschwerpunkt bzw eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebiets voraus, für das der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Indizien für eine solche Spezialisierung seien ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen in der Vergangenheit sowie eine im Leistungsangebot bzw in der Behandlungsausrichtung der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung. Im Fall der Klägerin liege ein Härtefall vor, weil das ihr zuerkannte RLV ihre besondere, vom Durchschnitt der Arztgruppe deutlich abweichende Praxisstruktur nicht berücksichtige. Bei ihr bestehe eine eindeutige Spezialisierung auf sonographische Untersuchungen zur Abklärung bestimmter Gefäßerkrankungen. Allein die sonographischen Leistungen nach den Nrn 33061 bis 33078 EBM-Ä 2005 hätten in den Quartalen II und III/2005 43,14 % bzw 38,9 % der Gesamtpunktzahl ausgemacht. Das Leistungsspektrum führe regelhaft zu einer deutlichen Überschreitung des RLV um durchschnittlich 1000 Punkte pro Fall. Das Fehlen einer Härtefallregelung werde auch nicht durch die unter zahlreichen Vorbehalten stehende Ziffer 7.5 HVV ausgeglichen, die Fallwertminderungen um mehr als 5 % im Vergleich zum Referenzquartal verhindern solle. Schließlich sei das Fehlen einer Härteregelung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung unbeachtlich.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Bei der Feststellung der Sicherstellungsgründe iS der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV sei nicht auf alle atypischen Sonderfälle abzustellen, zu berücksichtigen sei vielmehr nur die konkrete Versorgungssituation im Umkreis der Praxis. Es könne nur darauf abgehoben werden, ob auch ohne das schwerpunktmäßige Leistungsangebot der zu beurteilenden Praxis die zu dem Versorgungsschwerpunkt gehörenden und prägenden Leistungen weiterhin erbracht werden könnten. Die Überprüfung der Versorgungssituation im Planungsbereich habe ergeben, dass in F.-Stadt vier Fachärzte für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Gefäßchirurgie niedergelassen seien. Darüber hinaus seien dort acht Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie tätig, sodass eine Sicherstellungsproblematik nicht bestehe. Der HVV enthalte mit Ziffer 6.3 letzter Absatz und Ziffer 7.5 bereits Härtefallregelungen. Allein in den Quartalen II/2005 bis IV/2006 habe die Klägerin Ausgleichszahlungen nach Ziffer 7.5 HVV in Höhe von insgesamt 190 538,67 Euro erhalten. Ihr Honorar habe in den streitigen Quartalen auch deutlich über dem der Fachgruppe gelegen. Eine weitergehende Härtefallklausel sei von den gesetzlichen Vorgaben und den Vorgaben des Bewertungsausschusses nicht gedeckt. Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 in Teil III Nr 3.1 könnten Anpassungen des RLV nur zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung vorgenommen werden. Die Rechtsprechung des BSG zum Erfordernis einer allgemeinen Härteregelung sei vor der Einführung von RLV ergangen. Sie könne nur insoweit gelten, als sie nicht im Widerspruch zu den Vorgaben des Bewertungsausschusses stehe. Zwar sehe § 87b Abs 3 Satz 3 SGB V und in Umsetzung dieser Vorgaben der Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009 in Teil F Nr 3.6 vor, dass auch Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen seien. Diese Regelung entfalte aber keine Rückwirkung, sodass sich aus ihr für den streitigen Zeitraum nichts herleiten lasse. Das Fehlen einer Härteregelung sei schließlich auch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung unbeachtlich.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17.3.2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Marburg vom 30.1.2008 zurückzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend. Allerdings komme auch Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV als Rechtsgrundlage in Betracht. Art 12 iVm Art 3 GG gebiete eine Ausnahmeregelung, wenn sich innerhalb einer Arztgruppe bereits vor Inkrafttreten der Regelungen über die RLV Ärzte in zulässiger Weise spezialisiert hätten und dieses Leistungsangebot durch das RLV der Fachgruppe nicht leistungsangemessen abgedeckt werde. Bei beiden Ärzten seien mittlerweile ab dem Quartal I/2009 Praxisbesonderheiten anerkannt und die RLV entsprechend geändert worden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt. Da der Senat diese Verpflichtung der beklagten KÄV aber aus anderen Gründen als das LSG bejaht, weist er die Revision mit der Maßgabe zurück, dass die Beklagte bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

13

1. Die Klägerin ist als Gemeinschaftspraxis auch nach ihrer Auflösung weiterhin beteiligtenfähig. Diese gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten als fortbestehend (vgl BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 11; zuletzt Urteil des Senats vom 23.3.2011 - B 6 KA 11/10 R - RdNr 33 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

14

Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass eine Beiladung der Krankenkassenverbände als Vertragspartner im Rahmen der Honorarverteilung nicht notwendig gewesen ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass es sich bei der Beiladung der Krankenkassenverbände als Vertragspartner im Rahmen der Honorarverteilung um einen Fall der einfachen Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG handelt, die im Ermessen des Gerichts steht(stRspr, vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12). Allein der Gesichtspunkt, dass es in einem Rechtsstreit auf den Inhalt, die Auslegung oder die Wirksamkeit einer (Honorarverteilungs-)Regelung ankommt, führt nicht dazu, dass die Entscheidung gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nur einheitlich ergehen kann und deren Beiladung in jedem Vergütungsrechtsstreit deshalb notwendig wird (vgl BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 3 für die Gesamtvertragspartner; BSGE 78, 98, 99 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 35 für die Bundesmantelvertragspartner; ebenso BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 6 für den EKV-Z; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 2/10 R - RdNr 11 für die Vertragspartner des EBM-Ä, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die vom Gesetzgeber mit der Neufassung des § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V durch Art 1 Nr 64 Buchst h des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) beabsichtigte Einbindung der Verbände der Krankenkassen in die Mitverantwortung für eine leistungsgerechte Honorarverteilung (BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h <§ 85>) ändert nichts daran, dass im Honorarstreitverfahren primär über den Anspruch eines Leistungserbringers auf vertragsärztliches Honorar und nur inzident (auch) über die Geltung von Vorschriften des HVV gestritten wird. Das Unterlassen auch einer sachgerechten und naheliegenden einfachen Beiladung ist kein sachentscheidungshindernder Verfahrensmangel (vgl BSGE 95, 141 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 14; BSG Urteil vom 23.3.2011 - B 6 KA 8/10 R - RdNr 11 -, insoweit nicht in SozR abgedruckt), und eine solche Beiladung kann gemäß § 168 Satz 1 SGG in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 13; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 2/10 R - RdNr 11 mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

15

2. Der in den streitbefangenen Quartalen geltende HVV entsprach mit der Einführung von RLV den Vorgaben des Bewertungsausschusses, die dieser - gemäß der ihm nach § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V übertragenen Aufgabe - am 29.10.2004 mit Wirkung für die Zeit ab 1.1.2005 beschlossen hatte (DÄ 2004, A 3129). Gemäß Teil III Nr 2.1 iVm Nr 3 dieses Beschlusses waren die KÄVen verpflichtet, in der Honorarverteilung RLV in der Weise festzulegen, dass arztgruppeneinheitliche Fallpunktzahlen vorzusehen waren, aus denen durch Multiplikation mit individuellen Behandlungsfallzahlen praxisindividuelle Grenzwerte zu errechnen waren, in deren Rahmen die Vergütung nach einem festen Punktwert (sogenannter Regelleistungspunktwert) zu erfolgen hatte. In der Anlage 1 zum Teil III des Beschlusses waren tabellarisch die erfassten Arztgruppen aufgeführt, die dem RLV unterlagen. Hierzu zählen auch die Fachärzte für Chirurgie.

16

Kernpunkte der gesetzlichen Neuregelung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14 ff) dargelegt hat, nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(in der Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190) zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte, sowie - gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V - für darüber hinausgehende Leistungen abgestaffelte Punktwerte. Dementsprechend sahen die hier maßgeblichen HVV, die die Beklagte und die Krankenkassen zum 1.4.2005 und für die Folgezeit bis zum 31.3.2007 geschlossen hatten, in Ziffer 6.3 HVV die Bildung fallzahlabhängiger praxisindividueller RLV auf der Grundlage arztgruppenspezifischer Fallpunktzahlen sowie in Ziffer 6.4 HVV die Bewertung der innerhalb des RLV liegenden Honorarforderungen mit einem festen Punktwert von 4,0 Cent vor. Der Senat hat bereits entschieden, dass dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügt, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgibt, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsieht und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führt (so im Übrigen die Regelung in Teil III Nr 3 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004; vgl BSG aaO, RdNr 15) . Der Punktwert unterlag nach Punkt 2.2 der Anlage zu Ziffer 6.3 HVV einer Quotierung, soweit der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht ausreichte. Die über das praxisindividuelle RLV hinausgehenden Honorarforderungen waren nach Ziffer 6.4 HVV mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Cent zu bewerten.

17

3. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Erhöhung ihres RLV verurteilt. Entgegen der Auffassung des LSG kommt als Rechtsgrundlage für eine Erhöhung des RLV aber Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV in Betracht.

18

a. Dem LSG ist allerdings zuzustimmen, dass die Regelung keinen allgemeinen (Auffang-) Tatbestand für alle denkbaren Ausnahmefälle enthält, sondern Anpassungen nur zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung zulässt. Das ergibt sich bereits hinreichend deutlich aus dem Wortlaut der Bestimmung (vgl zur Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen im EBM-Ä BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 10), wonach der Vorstand ermächtigt ist, "aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen". Nur für eine Anpassung unter Sicherstellungsgesichtspunkten findet sich im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 eine Ermächtigungsgrundlage. Nach Ziffer 3.1 dieses Beschlusses können im HVV "zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung und zur Zielerreichung einer Maßnahme in 1. Anpassungen des Regelleistungsvolumens vorgenommen werden". Diese Ermächtigung richtet sich an die Vertragspartner des HVV, die im HVV abstrakt-generelle Voraussetzungen für Abweichungen vom RLV statuieren können. Da abstrakt-generell nicht alle Fälle erfasst werden können, die eine Anpassung erfordern, ist nicht zu beanstanden, dass der HVV den Vorstand der Beklagten aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung zu Anpassungen des RLV im Einzelfall ermächtigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vorstand der KÄV zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 240 f mwN) .

19

b. Die Beklagte hat aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Erhöhung der RLV der Klägerin zu eng ausgelegt, indem sie sich allein darauf berufen hat, dass weitere Ärzte im Planungsbereich der Praxis der Klägerin sonographische Leistungen erbringen. Das allein reicht zur Verneinung eines Sicherstellungsbedarfs iS der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV nicht aus. Das Merkmal der Sicherstellung ist in diesem Zusammenhang nicht so eng zu verstehen, dass es nur darauf ankommt, ob ohne die Antragstellerin die qualifizierte Leistung im Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht. Abgesehen davon, dass die Beklagte diesen Aspekt nicht näher geprüft, sondern allein auf die Anzahl der die Leistungen abrechnenden Ärzte abgestellt hat, greift diese Sichtweise zu kurz. Sie erlaubt bereits deswegen keine Beurteilung der Versorgungssituation, weil damit bei allen Vertragsärzten, die spezielle Leistungen anbieten, auf die jeweils anderen in der gleichen Situation verwiesen werden kann (vgl BSGE 87, 112, 119 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 139). Diese Herangehensweise eignet sich für die Beurteilung des Bedarfs für einen potentiell neu hinzutretenden Leistungserbringer, nicht aber für die Beurteilung der Versorgung durch die bereits vertragsärztlich tätigen Ärzte.

20

Die Formulierung "aus Gründen der Sicherstellung" ist auch nicht notwendig so zu verstehen, dass - wie etwa bei einer Zulassung wegen Sonderbedarfs - ein Versorgungsdefizit in einem bestimmten regionalen Bereich festgestellt werden muss. Zwar spricht viel dafür, einen eingeführten Begriff in verschiedenen Regelungsbereichen gleichförmig auszulegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 16). Das muss indes nicht zwingend so sein. Im Hinblick auf unterschiedliche Zielrichtungen in verschiedenen Regelungsbereichen kann vielmehr ein jeweils eigenes Verständnis eines Begriffes angezeigt sein. So hat der Senat etwa den Praxisbesonderheiten im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine andere Bedeutung beigemessen als im Bereich der Honorarverteilung, weil sie in beiden Bereichen grundlegend unterschiedliche Funktionen erfüllen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35). Dies trifft auch für den Gesichtspunkt der Sicherstellung der Versorgung im Zulassungsrecht einerseits, an dem die Beklagte sich orientiert, und für die Ausnahmeregelung der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV andererseits zu. Im Bereich der Honorarverteilung sind der Beklagten schon aus verwaltungspraktischen Gründen bei der Ermittlung des Versorgungsbedarfs Grenzen gesetzt. Detaillierte Feststellungen, wie sie für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zu treffen sind (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 19 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen), können von der Beklagten im Rahmen einer Entscheidung nach Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV schon wegen der Vielzahl der zu treffenden Entscheidungen nicht gefordert werden. Andererseits kann der Sicherstellungsaspekt aber auch nicht darauf reduziert werden, dass nur ein solches Leistungsangebot unberücksichtigt bleibt, das für die Sicherstellung generell nicht sinnvoll ist. In diesem Sinn hat der Senat das Tatbestandsmerkmal der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Zusammenhang mit der Ausnahme von der sog Teilbudgetierung im Hinblick auf einen Versorgungsschwerpunkt gemäß dem EBM-Ä 1996 ausgelegt (BSGE 87, 112, 119 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 139 f), weil durch die Versagung von Teilbudget-Aussetzungen keine spezifische Praxisausrichtung blockiert werden könne. Die von vornherein nur für einen kurzen Zeitraum eingeführten Teilbudgets könnten ihrer Natur nach kein Mittel zu einer langfristig angelegten Steuerung der Versorgungsstruktur und zur Verlagerung von Behandlungsschwerpunkten sein. Bei den RLV handelt es sich hingegen nicht um ein nur für einen kurzen Zeitraum eingeführtes Instrumentarium. Sie zielen zwar ebenfalls nicht auf eine Steuerung der Versorgungsstruktur, sondern in erster Linie auf die Gewährleistung von Kalkulationssicherheit (vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Wenn das Gesetz aber jedenfalls in den hier streitbefangenen Quartalen keine Ausnahmen zulässt, spricht das für eine restriktivere Auslegung des Merkmals der Sicherstellung der Versorgung.

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Sachgerecht ist es, für die Auslegung der Nr 3.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 sowie der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV die Rechtsprechung des Senats zum "besonderen Versorgungsbedarf" als Voraussetzung für eine Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets, die ebenfalls im Grundsatz auf eine arztgruppeneinheitliche Festlegung angelegt waren (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 17 RdNr 32), heranzuziehen und weiterzuentwickeln. Zwar fassen die RLV alle Leistungen zusammen, die als typische dem Praxis- und als spezielle den Zusatzbudgets zugewiesen waren (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 12 ff). Vergleichbar mit der Regelung in Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV ist jedoch die unter der Geltung der Praxis- und Zusatzbudgets im EBM-Ä vorgesehene Möglichkeit, im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Budgeterweiterung vorzunehmen. Zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" hat der Senat mehrfach ausgeführt, dass eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung vorliegen müssten, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl hätten (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 15 f; Nr 17 RdNr 36). Dabei hat er als mögliches Indiz für die Atypik im Vergleich zur Fachgruppe angesehen, dass im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet vorliegt. Zusätzlich sei erforderlich, dass die Honorierungsquote für die speziellen Leistungen überdurchschnittlich gering gewesen sei, was voraussetze, dass das Gesamtleistungsvolumen insgesamt signifikant überdurchschnittlich hoch gewesen sei. Erhebliches Gewicht kann nach dieser Rechtsprechung dem Gesichtspunkt zukommen, dass das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem Spezialisierungsbereich die Budgetgrenze übersteigt. Aus einer derartig dokumentierten Spezialisierung können Rückschlüsse auf die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs gezogen werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 178).

22

Diese Kriterien sind auch unter Geltung der RLV geeignet, das Merkmal der Sicherstellung der Versorgung zu konkretisieren. Eine vom Durchschnitt abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen Versorgungsbedarf erlaubt, kann sich auch hier in einem besonders hohen Anteil der in einem speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl zeigen. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es allerdings nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen (vgl dazu Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 20/10 R -). Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV muss vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM-Ä. Dort sind auch die sonographischen Leistungen als arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen aufgeführt. Soweit die Beklagte ausführt, auch diese speziellen Leistungen seien in die Berechnung der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen eingeflossen, ist dies zwar zutreffend. Sie finden sich in den Fallpunktzahlen für Chirurgen aber nur in sehr begrenztem Umfang wieder. Sonographische Leistungen werden in erster Linie von Internisten mit Schwerpunkt Angiologie und nur von wenigen Chirurgen erbracht. Im Fall der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der die Klägerin angehört, kommt noch hinzu, dass sie auch die Fachärzte für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie und für Neurochirurgie und damit ein breites Leistungsspektrum umfasst. Sonographische Leistungen haben daher nur in einem Umfang Niederschlag in den Fallpunktzahlen gefunden, der einer auf diese Leistungen spezialisierten Praxis nicht gerecht werden kann.

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Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den RLV im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Senats zur Anerkennung eines Versorgungsschwerpunktes jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen (vgl BSGE 87, 112, 117 = SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 137; SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 178 f; SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 17). Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 35 zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von SSB-Verordnungen).

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Es spricht viel dafür, dass diese Voraussetzungen in den hier streitbefangenen Quartalen bei der Klägerin vorlagen. Das LSG hat für die Quartale II und III/2005 festgestellt, dass die sonographischen Leistungen einen Anteil von ca 43 % und 38 % an der Gesamtpunktzahl ausmachten. Im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt war die Leistungshäufigkeit im Spezialgebiet signifikant überdurchschnittlich. Das Leistungsspektrum der Klägerin führte zu einer deutlichen Überschreitung der durchschnittlichen Fallpunktzahl. Der Umstand, dass für beide Ärzte, die mittlerweile in Einzelpraxis tätig sind, ab 2009 eine Erhöhung der RLV-Fallwerte vorgenommen wurde, kann als Indiz für das Vorliegen von Besonderheiten auch bereits im streitigen Zeitraum gewertet werden. Die Beklagte wird hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

25

Bei der Prüfung, ob eine Praxis in dem beschriebenen Sinne Besonderheiten aufweist, steht der Beklagten kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Einen solchen billigt der Senat in ständiger Rechtsprechung den Zulassungsgremien bei der Entscheidung über die Zulassung wegen Sonderbedarfs, der Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis und bei der Erteilung einer Ermächtigung zu (vgl aus jüngster Zeit etwa BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Für diese Entscheidungen ist eine Bewertung der vertragsärztlichen Versorgung in einem regionalen Bereich vorzunehmen, wobei eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen ist, die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Eine solche Bewertung ist aber, wie oben dargelegt, hier gerade nicht vorzunehmen. Da es vielmehr auf die ermittel- und nachvollziehbaren besonderen Verhältnisse der einzelnen Praxis im Vergleich zur Fachgruppe ankommt, besteht kein Erkenntnis- oder Einschätzungsvorrang der KÄV. Ein Beurteilungsspielraum steht der Beklagten daher insoweit nicht zu (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 19 RdNr 16 mit Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 26 S 136; Nr 31 S 176).

26

Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von den RLV vorliegen, hat die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, in welchem Umfang eine Erhöhung der RLV vorzunehmen ist. Ziffer 6.3 HVV letzter Absatz begründet beim Vorliegen der in der Norm geregelten Voraussetzungen ein subjektives Recht des betroffenen Arztes bzw hier der Gemeinschaftspraxis auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der KÄV über die Änderung der RLV (vgl zur Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31 S 175).

27

c. Einer möglichen Erhöhung der RLV steht nicht entgegen, dass die Klägerin Ausgleichszahlungen nach Ziffer 7.5 HVV erhalten hat. Nach dieser Regelung wurde zur Vermeidung von Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM-Ä 2005 eine Minderung des Fallwertes im Abrechnungsquartal gegenüber dem entsprechenden Abrechnungsquartal des Vorjahres um mehr als 5 % ausgeglichen (vgl zur Unzulässigkeit der entsprechenden Begrenzung der Fallwerterhöhung BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 38 ff). Derartige Zahlungen waren, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, von zahlreichen Voraussetzungen abhängig, ua auch von einem ausreichenden Honorarvolumen für diese Maßnahme. Sie sollten ohne Bezug zu einer Spezialisierung Verluste gegenüber den Referenzquartalen ausgleichen. Gegenüber der speziellen Vorschrift der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV ist die allgemeine Ausgleichsregelung der Ziffer 7.5 HVV nachrangig. Berücksichtigung finden die nach Ziffer 7.5 HVV geleisteten Zahlungen aber im Verrechnungswege bei einer etwaigen Honorarnachzahlung, wenn sich eine Erhöhung des RLV ergibt. Insofern ist auch möglich, dass im Hinblick auf bereits gewährte Ausgleichszahlungen eine Erhöhung der Fallpunktzahl ins Leere geht.

28

4. Sollten trotz der oben genannten Indizien die Voraussetzungen der Ziffer 6.3 letzter Absatz HVV nicht vorliegen, wäre grundsätzlich von der Beklagten weiter das Vorliegen eines Härtefalles zu prüfen. Entgegen der Auffassung des LSG ist der HVV nicht wegen Fehlens einer allgemeinen Härteklausel rechtswidrig. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung (vgl BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 38; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 42 mwN) ausgeführt, dass im Hinblick auf den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit im Wege der ergänzenden gesetzeskonformen Auslegung eine ungeschriebene generelle Härteklausel in die Honorarverteilungsbestimmungen hineinzuinterpretieren ist, wenn ein Honorarverteilungsmaßstab (HVM) keine oder eine zu eng gefasste Härteklausel enthält. Es besteht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Als maßgeblichen Gesichtspunkt für die Notwendigkeit einer Härtefallregelung hat der Senat angesehen, dass der Normgeber des HVM nicht alle denkbaren besonderen Konstellationen vorhersehen kann (vgl SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 196; BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210: Honorarbegrenzung auf individueller Bemessungsgrundlage). Das gilt in gleicher Weise für die Vertragspartner des HVV. Da die generellen Vorgaben des Bewertungsausschusses damit auch nicht in Frage gestellt werden, steht die Vorrangigkeit der von ihm aufgestellten Regelungen einer ungeschriebenen Härteklausel nicht grundsätzlich entgegen.

29

Eine allgemeine Härteklausel ist auch unter Geltung der RLV erforderlich. Der Beklagten ist zwar zuzustimmen, dass die Rechtsprechung des Senats zum Erfordernis einer generellen Härteregelung überwiegend Vergütungssysteme betraf, bei denen die Honorierung nach einer individuellen, am Abrechnungsvolumen von Vorquartalen ausgerichteten Bemessungsgrundlage erfolgte (vgl etwa BSG aaO; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10). Auch und gerade bei einem Honorarsystem, das sich in seinen Grundlagen am Durchschnitt orientiert und damit notwendig nivelliert, ist aber zu berücksichtigen, dass in besonderen Einzelfällen Härtesituationen entstehen können. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalles hier eng zu ziehen, weil der HVV bereits in Ziffer 6.3 und Ziffer 7.5 Regelungen enthält, mit denen einerseits besondere Versorgungsstrukturen und andererseits existenzbedrohende Honorarminderungen berücksichtigt werden. Ein Härtefall kann daher nur noch im seltenen Ausnahmefall in Betracht kommen, wenn trotz dieser Mechanismen im HVV durch Umstände, die der Vertragsarzt nicht zu vertreten hat, ein unabweisbarer Stützungsbedarf entsteht. Es müssten hier sowohl die wirtschaftliche Existenz der Praxis gefährdet sein als auch ein spezifischer Sicherstellungsbedarf bestehen (vgl BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 40; BSG, Beschlüsse vom 28.10.2009 - B 6 KA 50/08 B - RdNr 11 und vom 8.12.2010 - B 6 KA 32/10 B - RdNr 17 f). Ansonsten könnten allenfalls noch gravierende Verwerfungen der regionalen Versorgungsstruktur zur Anerkennung einer Härte führen (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 148 f: Einziger auch konventionell arbeitender Radiologe im Landkreis).

30

Gemessen hieran ist für die Annahme eines Härtefalls nach den bisherigen Feststellungen kein Raum. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin ist nicht ersichtlich. Zwar hat sie in ihrem Antragsschreiben eine Existenzvernichtung angekündigt. Allein die Höhe der ihr gewährten Ausgleichszahlungen nach Ziffer 7.5 HVV lassen aber eine Existenzgefährdung nahezu ausgeschlossen erscheinen. Die der Klägerin für die streitigen Quartale zugeflossenen Ausgleichszahlungen dürften zwar ihre Verluste gegenüber den Referenzquartalen nicht vollständig ausgeglichen, wohl aber deutlich abgefedert haben. Dass sie sich für die Quartale II/2006 bis IV/2006 Rückforderungen ausgesetzt sieht, weil nach Auffassung der Beklagten im Hinblick auf einen Wegfall der im Referenzquartal erbrachten stationären Leistungen die Voraussetzungen für Ausgleichszahlungen insoweit nicht vorlagen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch die bestehende Versorgungsstruktur bietet keinen Anhaltspunkt für eine Härtesituation begründende spezielle Umstände.

31

5. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 87b Abs 3 Satz 3 SGB V hier keine Bedeutung hat, weil sie keine Rückwirkung entfaltet. Danach sind nunmehr bei der Honorarverteilung seit dem 1.1.2009 Praxisbesonderheiten und damit atypische Umstände, die eine Abweichung von den generellen Verteilungsregelungen auslösen können, zu berücksichtigen (zum Begriff "Praxisbesonderheit" im Rahmen der Honorarverteilung BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35). Dass es sich dabei lediglich um eine Klarstellung handeln soll, ist nicht ersichtlich. Nach dem Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008 (Teil F Nr 3.6, DÄ 2008, A-1993; vgl dazu auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2011, K § 87b RdNr 52 f) können sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben. Dass der Gesetzgeber sich - ex nunc - zu einer ausdrücklichen Berücksichtigung atypischer Umstände veranlasst gesehen hat, bestätigt die oben dargelegte Auslegung dieser Ausnahmeregelung.

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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.