Bundessozialgericht Urteil, 13. Aug. 2014 - B 6 KA 41/13 R

bei uns veröffentlicht am13.08.2014

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. September 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen II/1998 bis II/1999.

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Der Kläger ist seit 1997 als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe niedergelassen. Er betreibt eine auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtungen spezialisierte Praxis, die in dem streitbefangenen Zeitraum als Gemeinschaftspraxis - bestehend aus ihm und dem Beigeladenen zu 7. - betrieben wurde. Auf Antrag der Krankenkassen prüfte der Prüfungsausschuss die Honorarabrechnungen für die Quartale II/1998 bis II/1999 im Wege der Prüfung nach Durchschnittswerten und nahm mit Bescheiden vom 18.11.1998, 1.3.1999, 20.5.1999, 20.7.1999 und 8.11.1999 Honorarkürzungen bei den nicht budgetrelevanten O III-​Leistungen sowie der Nr 4955 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-​Ä) vor. Die Widersprüche des Klägers waren nur teilweise erfolgreich (Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 16.3.2000); im anschließenden Klageverfahren hob das SG mit Urteil vom 25.6.2003 den Bescheid des Beklagten - insbesondere wegen der ungenauen Bestimmung der gewählten Vergleichsgruppe - auf und verpflichtete ihn zur Neubescheidung.

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Der Beklagte beschloss daraufhin die Durchführung einer eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung und forderte hierzu vom Kläger die Behandlungsunterlagen für insgesamt 830 Behandlungsfälle (jeden fünften Fall nach der auf den Datenträgern der Beigeladenen zu 1. - der Kassenärztlichen Vereinigung - gespeicherten Reihenfolge) an. In der Zeit von Juli 2006 bis Dezember 2007 legte der Kläger insgesamt 570 Behandlungsakten vor. Mit Schreiben vom 4.4.2008 teilte er mit, dass 260 Akten nicht auffindbar seien; er könne sich das Fehlen der Akten nur so erklären, dass diese in den Besitz des Beigeladenen zu 7. und möglicherweise auch von Herrn Dr. H gelangt sein könnten. Auf der Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. S K half der Beklagte mit Bescheid vom 21.7.2008 (aus der Sitzung vom 24.6.2008) den Widersprüchen teilweise ab. Es verblieben Honorarkürzungen hinsichtlich der Leistungen Labor O III von 23 % bis 41,1 %; im Quartal IV/1998 wurden zudem Leistungen nach der EBM-Ä Nr 4955 um 25 % gekürzt. Der Beklagte legte patientenbezogen die von ihm jeweils getroffenen Feststellungen dar und gab die als unwirtschaftlich erkannten Leistungen an. Die Honorarkürzungen in den einzelnen Quartalen errechnete er ausgehend von den abgerechneten einzelnen Leistungspositionen des Kapitels O III bzw der Nr 4955 EBM-​Ä unter Kürzung der als unwirtschaftlich festgestellten Leistungen (in Punkten) und nahm hiervon einen Abschlag von 25 % vor. Er berücksichtigte ferner, dass im Vergleich zu dem Bescheid vom 16.3.2000 eine Änderung zu Lasten des Klägers nicht vorgenommen werden dürfe.

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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.6.2011 abgewiesen. Vor dem Hintergrund des vorangegangenen Urteils vom 25.6.2003 sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Prüfung nach Durchschnittswerten bei der sehr kleinen, nicht homogenen Vergleichsgruppe der reproduktionsmedizinisch ausgerichteten Praxen als nicht durchführbar angesehen habe, und dass der Bescheid keine weiteren Ausführungen zur gewählten Prüfmethode enthalte. Auch die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (Urteil des LSG vom 4.9.2013). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, eine Prüfung nach Durchschnittswerten sei weder mit der Vergleichsgruppe der Gynäkologen noch mit der der endokrinologisch bzw reproduktionsmedizinisch tätigen Praxen in Betracht gekommen. Den an eine repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung zu stellenden Anforderungen werde der Bescheid des Beklagten vom 21.7.2008 gerecht. Mit der Anforderung der Behandlungsunterlagen durch den Beklagten sei es Sache des Klägers und seines Praxiskollegen, diesem die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen vollständig vorzulegen. Der abrechnende Arzt sei gemäß § 57 Abs 3 Bundesmantelvertrag-​Ärzte (BMV-Ä) verpflichtet, Behandlungsunterlagen mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Darüber hinaus sei mit Einleitung eines Prüfverfahrens die Erforderlichkeit der Aufbewahrung der Behandlungsunterlagen für den Vertragsarzt erkennbar. Bei einer Nachforderung von Unterlagen an Stelle der nicht mehr auffindbaren Akten würden die ursprünglichen Auswahlkriterien nicht eingehalten. Eine generelle Auswahl wäre unmöglich; eine Nachforderungskette käme einer individuellen Auswahl nahe. Zudem hätte es der Vertragsarzt dann in der Hand, die Auswahl der Prüffälle zu beeinflussen. Die geprüften 570 Fälle reichten zu einer statistisch verwertbaren Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers aus.

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Der Bescheid vom 21.7.2008 sei auch inhaltlich rechtmäßig. Der Beklagte habe nach gutachterlicher Beurteilung der vorgelegten Behandlungsunterlagen für jeden geprüften Behandlungsfall im Einzelnen dargestellt, welche Beanstandungen festgestellt und welche O III-​Leistungen unwirtschaftlich veranlasst worden seien, den Sicherheitsabschlag vom 25 % berücksichtigt und den ermittelten Wert auf die mit Bescheid vom 16.3.2000 erfolgten Kürzungen begrenzt. Der Kläger habe hinsichtlich der festgestellten Unwirtschaftlichkeit keine konkreten Einwände erhoben, sondern nur pauschal vorgetragen, dass die Leistungen in jedem Einzelfall im Rahmen der speziellen Behandlungsausrichtung der Praxis erforderlich gewesen seien. Die Ausschlussfrist von vier Jahren sei durch die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 18.11.1998, 1.3.1999, 20.5.1999, 20.7.1999 und 8.11.1999 gewahrt worden; eine gesonderte Ausschlussfrist für das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss bestehe nicht. Die lange Dauer des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss wirke sich auch nicht im Sinne einer Verwirkung aus, da der Beklagte gegenüber dem Kläger zu keinem Zeitpunkt Anlass zu der Annahme gegeben habe, er werde auf die Durchsetzung der Honorarkürzungen verzichten. Im Übrigen habe der Kläger durch die gestaffelte Vorlage der Patientenunterlagen maßgeblich zur Verzögerung des Verfahrens beigetragen.

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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Die gewählte Prüfmethode sei im vorliegenden Fall ungeeignet und damit unzulässig. Eine Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung sei mit erheblichen Nachteilen behaftet, weil sich Fehler schnell potenzierten. Vorliegend liege der Hochrechnung ein falscher Ausgangswert zugrunde, weil nicht mindestens 20 % der Behandlungsfälle je Quartal geprüft worden seien. Er habe nachweislich unverschuldet die geforderte Aktenzahl nicht erreichen können. Seine Behandlungsweise sei nicht unwirtschaftlich gewesen; über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe liegende Kosten seien durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt, da die spezielle Behandlungsausrichtung auf die Reproduktionsmedizin erhöhte Laborleistungen erforderlich gemacht habe. Das LSG habe auch die von ihm erhobene Einrede der Verjährung verkannt: Die für "die Berichtigung" der Honorarbescheide geltende Frist sei abgelaufen. Nach dem Aufhebungsurteil des SG sei keine Entscheidung in der Sache ergangen; damit sei die Hemmung der Verjährung mit dem Urteil beendet gewesen. Er habe deshalb auf den Bestand der ursprünglichen Honorarbescheide vertrauen dürfen.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 4.9.2013 und das Urteil des SG Berlin vom 29.6.2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.7.2008 aus der Sitzung vom 24.6.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 18.11.1998, 1.3.1999, 20.5.1999, 20.7.1999 und 8.11.1999 zu entscheiden.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Vorliegend sei eine statistische Vergleichsprüfung ausgeschieden, weil es an einer validen Vergleichsgruppe gefehlt habe. Da eine repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung durchgeführt worden sei, komme es weder auf die vermeintliche Heterogenität der Vergleichsgruppe noch auf das Vorliegen von Praxisbesonderheiten an. Die Prüfung des jeweiligen Einzelfalls sei auch unter dem Aspekt erfolgt, dass die Leistungen durch einen Reproduktionsmediziner abgerechnet worden seien. Es seien allein deswegen weniger als 20 % der Behandlungsfälle überprüft worden, weil der Kläger nicht sämtliche angeforderten Patientenakten habe liefern können.

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Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.7.2008, der an die Stelle des vom SG aufgehobenen Bescheides vom 16.3.2000 getreten ist, rechtmäßig ist. Der Beklagte durfte die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers insbesondere bei reproduktionsmedizinischen Behandlungen nach der Methode der eingeschränkten Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung prüfen (1.) und hat diese Methode korrekt angewandt (2.). Die für eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise maßgeblichen Fristen sind gewahrt (3.).

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1. Rechtsgrundlage der Honorarkürzung ist nach der Rechtsprechung des Senats § 106 Abs 2 SGB V in der im Prüfungszeitraum geltenden Fassung, vorliegend also in der vom 1.1.1993 bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes. Nach § 106 Abs 2 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößen(aaO Satz 1 Nr 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; zudem können die Prüfgremien unabhängig hiervon erforderlichenfalls andere Prüfmethoden entwickeln (stRspr, vgl BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 61; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 20).

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Nach diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers mittels der Methode der eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung geprüft hat:

a. Grundsätzlich steht den Prüfgremien bei der Auswahl der Prüfmethode ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (stRspr, zB BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16 mwN). Dieser Spielraum wird zwar (ua) dadurch eingeschränkt, dass in dem hier maßgeblichen Zeitraum die Prüfung nach Durchschnittswerten die "Regelprüfmethode" war (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 9; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; allgemein zur Einschränkung des Beurteilungsspielraums BSGE 77, 53, 56 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 186), von welcher die Prüfgremien nur abweichen durften, wenn sich die Prüfung nach Durchschnittswerten im Einzelfall als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erwies (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 10). Die Voraussetzungen für ein ausnahmsweises Abweichen von dieser Methode lagen jedoch vor.

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Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Beklagte an das rechtskräftige Urteil des SG vom 25.6.2003 gebunden war, das die Bestimmung der Vergleichsgruppe bei der zunächst durchgeführten statistischen Vergleichsprüfung beanstandet hatte. Damit war die Anwendung dieser, nach damaliger Rechtslage vom Senat in ständiger Rechtsprechung als vorzugswürdig angesehenen Methode erheblich erschwert. Im Hinblick darauf sowie wegen der Schwierigkeiten der statistischen Vergleichsprüfung bei der kleinen und inhomogenen Gruppe der reproduktionsmedizinisch tätigen Gynäkologen ist es nicht rechtswidrig, dass der Beklagte von seinem Beurteilungsspielraum bei der Auswahl der Prüfmethoden dahingehend Gebrauch gemacht hat, eine eingeschränkte Einzelfallprüfung mit Hochrechnung durchzuführen.

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Der vom Beklagten getroffenen Entscheidung zur Durchführung einer eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung steht auch nicht entgegen, dass der Senat in seiner älteren Rechtsprechung wiederholt der Anwendung anderer Prüfmethoden als der Prüfung nach Durchschnittswerten - namentlich der Einzelfallprüfung mit Hochrechnung - entgegengetreten ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 14). Dem lag jedoch, wie der Senat bereits im Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33)klargestellt hat, eine andere Konstellation zugrunde, da die Prüfgremien ihre Auswahl damit begründet hatten, die Einzelfallprüfung sei gegenüber einer Vergleichsprüfung die genauere und gerechtere Methode. Weiter hat der Senat dort unter Hinweis auf das Gebot effektiver Wirtschaftlichkeitsprüfungen klargestellt, dass er die Wahl einer anderen Prüfmethode billigt, soweit eine Prüfung anhand von Durchschnittswerten nicht effektiv ist (BSG aaO RdNr 27 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 14).

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b. Der Bescheid des Beklagten genügt auch den Begründungsanforderungen hinsichtlich der gewählten Prüfmethode. Nach der Senatsrechtsprechung bedarf die Wahl einer "nachrangigen" Prüfmethode einer ausreichenden Begründung (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 48). Vor dem Hintergrund der im vorangegangenen Verfahren vom SG erhobenen und allen Beteiligten bekannten Beanstandungen in Bezug auf die Durchführung einer Prüfung nach Durchschnittswerten genügen die Darlegungen des Beklagten im Bescheid, "aufgrund der statistischen Nichtvergleichbarkeit" eine eingeschränkte Einzelfallprüfung mit Hochrechnung als Prüfmethode gewählt zu haben, diesen Anforderungen.

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2. Der Beklagte hat auch den bei einer Anwendung der Methode "eingeschränkte Einzelfallprüfung mit Hochrechnung" zu beachtenden Vorgaben entsprochen.

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a. Die eingeschränkte Einzelfallprüfung mit Hochrechnung setzt voraus, dass sich bei der Überprüfung (der Behandlungsweise) eine ständige wiederkehrende Verhaltensweise des Arztes feststellen lässt, die von den Prüfgremien als unwirtschaftlich beurteilt wird (BSGE 70, 246, 255 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 53). Zudem ist es erforderlich, pro Quartal einen prozentualen Anteil von mindestens 20 % der abgerechneten Fälle - bezogen auf die Gesamtzahl der vom geprüften Arzt behandelten Patienten (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 45 S 245)- zu überprüfen, die zugleich mindestens 100 Behandlungsfälle umfassen müssen (BSGE 70, 246, 255 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 53; ebenso BSG Urteil vom 14.7.1993 - 6 RKa 13/91 - Juris RdNr 19 = USK 93115; s auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 16). Dabei ist sicherzustellen, dass die zu prüfenden Einzelfälle nach generellen Kriterien ermittelt werden (BSGE 70, 246, 255 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 53). Der bei dieser Prüfung ermittelte unwirtschaftliche Behandlungsumfang kann auf die Gesamtheit der Fälle hochgerechnet werden, doch ist wegen der mit dieser Methode einhergehenden Unsicherheiten bei der Bemessung des Kürzungsbetrages ein Sicherheitsabschlag von 25 % des danach als unwirtschaftlich ermittelten Gesamtbetrages vorzunehmen (BSGE 70, 246, 255 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 53; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 18).

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b. Diese Vorgaben für die Anwendung dieser Methode hat der Beklagte beachtet. Er hat ein weitgehend gleichförmiges Verhalten des Klägers bei den reproduktionsmedizinischen Behandlungen festgestellt, mindestens 100 Fälle geprüft und war bereit, 20 % der Fälle des Klägers in die Prüfung einzubeziehen. Dass diese Quote nicht erreicht worden ist, beruht allein darauf, dass der Kläger die Behandlungsunterlagen nur für 570 der 830 angeforderten, nach generellen Kriterien bestimmten Fälle vorlegen konnte. Dieser Umstand führt, wie das LSG richtig gesehen hat, nicht dazu, dass eine Prüfung nach der vom Beklagten ausgewählten Methode ausgeschlossen ist.

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Der Senat hat bislang nicht entschieden, ob die Vorgabe, dass 20 % der Fälle des Arztes zu prüfen sind, ausnahmslos gilt oder einen Grundsatz darstellt, von dem unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden kann. Nur die letztgenannte Sichtweise wird der großen Bedeutung der Wirtschaftlichkeitsprüfung gerecht und vermeidet, dass die Behandlungsweise eines Arztes in einem bestimmten Zeitraum überhaupt nicht auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden kann (tendenziell in diesem Sinne schon BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 16: "regelmäßige Voraussetzung"; eine Abweichung "in besonderen Fällen" bejahend: LSG Baden-Württemberg, MedR 1994, 499).

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Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, in welchen Konstellationen von der Vorgabe der 20 %-Quote abgewichen werden kann. Klar ist, dass eine solche Abweichung im Hinblick auf die Verlässlichkeit der Prüfungsergebnisse und damit auch auf den Schutz des Arztes vor ungerechtfertigten Kürzungen nur in Betracht kommt, wenn die Gründe für deren Unterschreitung zumindest auch in der Sphäre des Arztes liegen. Das ist hier der Fall, denn der Kläger konnte 260 der korrekt angeforderten Akten nicht mehr vorlegen, weil diese ihm abhanden gekommen waren. Damit hat der Kläger objektiv gegen seine Verpflichtung zur sicheren Aufbewahrung der Behandlungsunterlagen für 10 Jahre (§ 57 Abs 2 BMV-Ä in der Fassung vom 19.12.1994, DÄ 1995 S A-625, jetzt § 57 Abs 3 BMV-Ä) verstoßen.

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Darüber hinaus liegt eine Verletzung der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten vor. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V treffen den geprüften Arzt besondere Mitwirkungspflichten, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs 2 SGB X hinausgehen(BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 101; BSG Urteil vom 9.3.1994 - 6 RKa 16/92 - USK 94131; BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 - USK 95137 S 738; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40). Diese - von der Darlegungs- und Feststellungslast zu trennende - besondere Mitwirkungspflicht ergibt sich daraus, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte; es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (stRspr, vgl BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 101; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18). Die Vorlage der zur Prüfung benötigten Unterlagen gehört zu diesen besonderen Mitwirkungspflichten des Arztes (vgl BSGE 55, 150, 152 f = SozR 2200 § 368 Nr 8 S 21 f; BSGE 59, 172, 174 ff = SozR 2200 § 368 Nr 9 S 31 ff); dies gilt jedenfalls, solange die für den jeweiligen Prüfungszeitraum maßgeblichen Ausschlussfristen noch nicht abgelaufen sind.

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Auf ein Verschulden des Klägers kommt es hier nicht an, weil ihm wegen der Nichtauffindbarkeit der Behandlungsunterlagen in 260 Fällen kein - etwa disziplinarisch zu ahndender - Schuldvorwurf gemacht wird. Es geht allein darum, dass der Kläger (auch) im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Konsequenzen zu tragen hat, dass bestimmte Unterlagen, die 2008 noch hätten vorhanden sein müssen, tatsächlich nicht mehr auffindbar waren. Nichts anderes würde im Übrigen in einem Verfahren nach § 106a SGB V zur Abrechnungsprüfung gelten, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Kläger nicht korrekt abgerechnet hat: Wenn entsprechende Zweifel wegen des Fehlens der Behandlungsunterlagen nicht geklärt werden könnten, ginge das zu Lasten des Klägers, uU mit der Folge, dass ihm für die nicht aufklärbaren Fälle kein Honorar zustünde.

24

Auf das Angebot des Klägers, selbst 260 andere Fälle vorzulegen, zu denen die Unterlagen noch vorhanden waren, musste der Beklagte nicht eingehen. Die Aussagekraft der eingeschränkten Einzelfallprüfung beruht darauf, dass die zu prüfenden Fälle nach einem bestimmten, strikt anzuwendenden Prinzip ausgewählt werden: Die Auswahl der Fälle hat nach generellen Kriterien zu erfolgen; dies wäre bei einer Nachforderung von Akten nicht mehr gewährleistet. Je höher die Zahl der nachgeforderten Akten ist, desto weiter entfernt sich die Auswahl der zu prüfenden Einzelfälle von den ursprünglich bestimmten generellen Kriterien. Weder darf der Arzt die Fälle bestimmen, weil dann die Gefahr besteht, dass er vorrangig Fälle präsentiert, die ersichtlich unproblematisch sind, noch dürfen KÄV bzw Krankenkassen die Fälle vorgeben, weil dann zu befürchten ist, dass problematische Fälle die Auswahl dominieren.

25

Im Übrigen sind die Ergebnisse der Einzelfallprüfung nicht so unzuverlässig, dass aus ihnen nicht das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit hochgerechnet werden könnte. Dem steht entgegen, dass hier die Fallzahl relativ hoch war, immerhin ca 14 % der Fälle geprüft werden konnten und die geprüften Fälle aus dem reproduktionsmedizinischen Bereich eine gleichförmige Behandlungsweise des Klägers belegen.

26

c. Die (weiteren) Bedenken des Klägers gegen die Annahme von Unwirtschaftlichkeit greifen nicht durch; der Beklagte hat sich hinreichend mit der reproduktionsmedizinischen Ausrichtung seiner Praxis befasst und gerade bei den vom Kläger als Besonderheit angeführten Fällen erhebliche Unwirtschaftlichkeiten beobachtet. Die auf die Hochrechnung der geprüften Fälle gestützte Feststellung des Beklagten, dass der Kläger in dem angenommenen Umfang unwirtschaftlich behandelt hat, ist daher insgesamt nicht zu beanstanden.

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3. Auch die für eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise geltenden Fristen sind gewahrt worden.

28

a. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, unterliegt die Festsetzung von Honorarkürzungen und Regressen wegen unwirtschaftlicher Behandlungs- bzw Verordnungsweise keiner Verjährung, sondern einer Ausschlussfrist (zB BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 18; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 13/13 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 106 Nr 44 vorgesehen). Die Ausschlussfrist für auf der Grundlage des § 106 SGB V ergangene Bescheide beträgt vier Jahre(stRspr, zB BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 27); mit dieser Festlegung hat das BSG der Notwendigkeit zeitlicher Begrenzung von Prüfverfahren aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Rechtssicherheit Rechnung getragen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 27 mwN). Die Ausschlussfrist beginnt in Fällen, in denen die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise im Streit steht, mit dem Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides für das jeweils betroffene Quartal (vgl BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 17 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 30).

29

Vorliegend ist die Ausschlussfrist durch die jeweils zeitnah nach Ablauf des streitbefangenen Quartals ergangenen Bescheide des Prüfungsausschusses gewahrt worden. Dass der an die Stelle dieser Bescheide getretene Bescheid des Beklagten vom 16.3.2000 durch das SG aufgehoben wurde, ist insoweit ohne Bedeutung. Ein innerhalb der Ausschlussfrist ergangener Bescheid wahrt die Ausschlussfrist auch dann, wenn der (nachfolgende) Bescheid des Beschwerdeausschusses im gerichtlichen Verfahren aufgehoben und nach Fristablauf durch einen neuen, dasselbe Quartal betreffenden Bescheid ersetzt worden ist: Für den Fall gerichtlicher Aufhebung des Prüfbescheides und der Verpflichtung zur Neubescheidung wirkt die Fristwahrung im bisherigen Verfahren für das neue Verfahren weiter (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12, 23).

30

b. Eine Frist, bis zu der das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss beendet sein muss, ist gesetzlich nicht bestimmt und darf deshalb nicht allgemein von der Rechtsprechung vorgegeben werden (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 5/11 B - RdNr 9 - Juris; siehe hierzu auch BSG Beschlüsse vom 27.6.2012 - B 6 KA 99/11 B - RdNr 8 und vom 28.8.2013 - B 6 KA 11/13 B - RdNr 7). Insbesondere beginnt die vierjährige Ausschlussfrist nach der Entscheidung der Prüfungsstelle nicht erneut zu laufen. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 5/11 B - RdNr 8 f - Juris; BSG Beschluss vom 28.8.2013 - B 6 KA 11/13 B - RdNr 6), unterliegt das Verfahren vor dem Beklagten keiner eigenständigen Ausschlussfrist. Dessen bedarf es schon deshalb nicht, weil der Zustand des Nichtwissens für den Vertragsarzt mit dem vorangegangenen Bescheid der Prüfungsstelle beendet wurde (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 5/11 B - RdNr 8 - Juris; BSG Beschluss vom 28.8.2013 - B 6 KA 11/13 B - RdNr 6). Für das gerichtliche Verfahren gilt nichts anderes (BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 99/11 B - RdNr 8).

31

Deshalb ist es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten vom 21.7.2008 ohne Bedeutung, ob dieser sein Verfahren nach dem ersten Urteil des SG vom 25.6.2003 mit der gebotenen Beschleunigung geführt hat; auch die Dauer des (erneuten) Verfahrens in der ersten Instanz hat keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Beschlusses des Beklagten. Verzögerungen im Verfahrensablauf bei den Prüfgremien und/oder den Gerichten können grundsätzlich nicht dazu führen, dass ein - für sich genommen - rechtmäßiger Bescheid des Beschwerdeausschusses aufgehoben werden muss (so schon BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 99/11 B - RdNr 8). Aus einem Verstoß gegen die Verpflichtung, das Verfahren angemessen zu fördern, ist nicht abzuleiten, dass der Beschwerdeausschuss allein deswegen an der Festsetzung eines Regresses in Form der Bestätigung der Entscheidung des Prüfungsausschusses gehindert ist (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 5/11 B - RdNr 9 - Juris).

32

Soweit es das Gerichtsverfahren betrifft, hat der Gesetzgeber mit dem Erlass des "Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren" vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) zum Ausdruck gebracht, dass dem Ziel der Gewährung von zeitnahem Rechtsschutz durch verfahrensimmanente Rechtsbehelfe (Verzögerungsrüge) und einen Entschädigungsanspruch gegen die jeweilige für das betreffende Gericht zuständige Gebietskörperschaft (Bund/Land) Rechnung getragen werden soll; damit ist regelmäßig für Lösungen der Problematik einer unangemessen langen Verfahrensdauer zwischen den Verfahrensbeteiligten und mit Bezug auf den Streitgegenstand kein Raum mehr (BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 99/11 B - RdNr 9; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 28/12 B - RdNr 15; siehe hierzu auch BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 41).

33

c. Ob die Befugnis der Prüfgremien, gegen einen Vertragsarzt Honorarkürzungen oder Regresse festzusetzen, überhaupt verwirkt sein kann (zweifelnd bereits BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 5/11 B - RdNr 12 - Juris), kann dahingestellt bleiben: Wie das LSG zutreffend dargelegt hat, hat der Beklagte dem Kläger keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, er werde auf die Durchsetzung der Honorarkürzung verzichten.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO), mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (§ 162 Abs 3 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 21 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,2. Be

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Bundessozialgericht Urteil, 13. Aug. 2014 - B 6 KA 41/13 R zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 13. Aug. 2014 - B 6 KA 41/13 R zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Mai 2014 - B 6 KA 13/13 R

bei uns veröffentlicht am 14.05.2014

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2.

Bundessozialgericht Beschluss, 11. Mai 2011 - B 6 KA 5/11 B

bei uns veröffentlicht am 11.05.2011

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 13. Aug. 2014 - B 6 KA 41/13 R.

Landessozialgericht NRW Beschluss, 27. Juni 2016 - L 11 KA 7/16 B ER

bei uns veröffentlicht am 27.06.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2016 abgeändert. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 3.874,88 EUR festgesetzt

Referenzen

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2. März 2011 wird zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3 und der Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln für die Quartale I/2003 bis IV/2003 in Höhe von 17 085,66 Euro.

2

Der Kläger nahm bis zum 30.9.2006 als Arzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den streitgegenständlichen Quartalen überschritt die Verordnung von Heilmitteln den (nach dem Anteil der Rentner gewichteten) Durchschnitt der Fachgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin um 161 % (Quartal I/2003), 124 % (Quartal II/2003), 109 % (Quartal III/2003) und 150 % (Quartal IV/2003). Mit Schreiben vom 3.2.2005 teilte der Prüfungsausschuss (PA) dem Kläger mit, dass eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Heilmittelverordnungsweise nach Durchschnittswerten eingeleitet worden sei, da die Heilmittelkosten die Werte der Fachgruppe erheblich überstiegen. Gemäß § 106 Abs 2 SGB V sei jedoch vorrangig und jahresbezogen eine Richtgrößenprüfung durchzuführen. Eine solche könne erst eingeleitet werden, wenn alle richtgrößenrelevanten Verordnungsdaten für das gesamte Jahr 2003 vorlägen. Bis dies feststehe, werde die eingeleitete Prüfung nach Durchschnittswerten ausgesetzt, da die parallele Durchführung von Richtgrößenprüfung und Durchschnittswertprüfung nicht zulässig sei. Mit Prüfbescheid vom 2.4.2007, dem Kläger zugestellt am 3.4.2007, setzte der PA gegenüber dem Kläger einen Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln in Höhe von insgesamt 17 085,66 Euro für die streitgegenständlichen vier Quartale fest.

3

Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, wies der beklagte Beschwerdeausschuss mit Bescheid vom 18.11.2008 zurück und führte zur Begründung aus, dass die durchgeführte Überprüfung auf einem statistischen Vergleich nach dem arithmetischen Mittel basiere. Als Allgemeinarzt müsse sich der Kläger mit der Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte im Bezirk der damaligen KÄV Pfalz vergleichen lassen. Die Zahl der Behandlungsfälle des Klägers sei geringfügig niedriger als die der Fachgruppe, der Rentneranteil sei erhöht. Die Kosten der durch den Kläger verordneten Arzneimittel lägen in den streitgegenständlichen Quartalen jeweils deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt. Da der Kläger bereits seit April 1983 am gleichen Ort niedergelassen sei, könne davon ausgegangen werden, dass er eine weitgehend bekannte Klientel behandelt habe. Die Grenze zum Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, die bei einer Überschreitung des gewichteten Fachgruppendurchschnitts um 50 % angesetzt werde, werde vom Kläger überschritten. Eine für die Fachgruppe atypische Praxisausrichtung sei nicht erkennbar. Die überdurchschnittlich häufige Verordnung von Heilmitteln sei auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen. Es fänden sich zahlreiche Erstverordnungen mit Kombinationen von Massagen und Fango bzw Krankengymnastik und Fango. Durch den Verzicht auf Kombinationen und kürzere Behandlungsserien wären Einsparungen möglich gewesen. Außerdem sei zu beanstanden, dass die Behandlungsserien bei Patienten mit Zustand nach Apoplex, Demenz, Morbus Alzheimer, Hirnschädigungen, hirnorganischem Abbau und Hemiparese quartalsübergreifend kontinuierlich und häufig in Form von Kombinationstherapien weiterliefen. Hier hätten gelegentlich durchgeführte Therapiewiederholungen, zB zur Kontrakturprophylaxe ausreichen können. Weiterhin falle auf, dass bei den längeren Krankengymnastikserien vielfach nicht erkennbar sei, dass die Krankengymnastik als Anleitung zur Selbstübung diene. Kompensatorische Einsparungen seien nicht erkennbar. Dem Kläger werde eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei der Verordnung von Heilmitteln von plus 80 % zugestanden. Bezogen auf den darüber hinausgehenden Mehraufwand werde der Kläger in Regress genommen.

4

Das SG hat den Bescheid des Beklagten bezogen auf den für das Quartal I/2003 festgesetzten Regress in Höhe von 5302,73 Euro aufgehoben und die Klage im Übrigen - bezogen auf die Quartale II/2003 bis IV/2003 - abgewiesen. Der Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Verordnungsweise des Klägers im Bereich der Heilmittel für die Quartale I/2003 bis IV/2003 unwirtschaftlich gewesen sei. Gleichwohl sei der für das Quartal I/2003 festgesetzte Regress rechtswidrig, weil die vierjährige Ausschlussfrist versäumt worden sei.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Überschreitungen des Klägers bei der Verordnung von Heilmitteln bewegten sich im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Sie ließen sich nicht durch Praxisbesonderheiten rechtfertigen und auch kompensatorische Einsparungen seien nicht festzustellen. Die von dem Beklagten durchgeführte intellektuelle Prüfung habe bestätigt, dass die festgestellten Überschreitungen auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen seien. Bezogen auf das Quartal I/2003 sei die vierjährige Ausschlussfrist, die am 1.4.2003 begonnen habe, bei Erlass des Bescheides vom 2.4.2007 zwar bereits abgelaufen. Dies sei jedoch unbeachtlich, weil die Ausschlussfrist gehemmt worden sei. Der Beklagte sei aus Rechtsgründen an der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert gewesen, da für die Richtgrößenprüfung gemäß § 106 Abs 2 Satz 6 SGB V aF ein gesetzlicher Vorrang gegenüber der Prüfung nach Durchschnittswerten bestanden habe. Eine Entscheidung über die Durchführung der Richtgrößenprüfung habe wiederum wegen des Fehlens richtgrößenrelevanter Verordnungsdaten noch nicht getroffen werden können. Dieser Hemmungsgrund sei dem Kläger mit Schreiben vom 3.2.2005 auch mitgeteilt worden. Deshalb habe der Kläger kein Vertrauen dahin bilden können, dass das Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren nicht fortgesetzt werde.

6

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Der Ablauf der Ausschlussfrist für das Quartal I/2003 sei nicht gehemmt gewesen. Dass die Prüfung nach Durchschnittswerten ausgesetzt worden sei, habe seine Ursache nicht in seiner Sphäre. Zwar sei der Vorrang der Richtgrößenprüfung vor der Prüfung nach Durchschnittswerten zu beachten. Dass die Richtgrößenprüfung wegen des Fehlens richtgrößenrelevanter Verordnungsdaten nicht durchgeführt worden sei, könne ihm jedoch nicht zugerechnet werden. Wenn unter diesen Umständen eine Hemmung eintreten würde, wäre für ihn nicht voraussehbar, zu welchem Zeitpunkt die Frist für die gegen ihn eingeleitete Wirtschaftlichkeitsprüfung ablaufe. Für die Richtgrößenprüfung sei eine zweijährige Frist maßgeblich gewesen. Durch den nachträglichen Wechsel zu einer Prüfung nach Durchschnittswerten werde er unangemessen benachteiligt. Der Regress sei im Übrigen bezogen auf alle Quartale des Jahres 2003 rechtswidrig, weil versäumt worden sei, Vergleichsdaten über kostenintensive Krankenhauseinweisungen, sonstige veranlasste Leistungen, Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit etc zu berücksichtigen. Dies folge für die Zufälligkeitsprüfung aus § 106 Abs 2 Nr 2 SGB V. Für die Auffälligkeitsprüfung dürfe nichts anderes gelten. Im Übrigen sei der der Prüfung nach Durchschnittswerten zugrunde liegenden Annahme, dass das Verhalten von Vertragsärzten im Durchschnitt dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entspreche, aufgrund vielfältiger gesetzgeberischer Einwirkungen wie Budgetierung, Richtgrößenprüfung, Rabattverträge, etc die Grundlage entzogen. Es werde beantragt, dazu ein Gutachten einzuholen. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sich der Arzt mit der Übernahme der Behandlung verpflichte, die zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten. Ferner sei der Beklagte im angefochtenen Bescheid nicht auf § 72 Abs 2 SGB V eingegangen. Nach dieser Vorschrift habe nicht nur eine reine Kostenprüfung stattzufinden, sondern Vertragsärzte müssten bei der Behandlung von Kassenpatienten auch den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten. Insoweit liege zumindest ein Verstoß gegen das Begründungsgebot vor.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 aufzuheben, sowie auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2.3.2011 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen worden ist und den Bescheid des Beklagten vom 18.11.2008 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Zwar sei der für das Quartal I/2003 erlassene Prüfbescheid nach Ablauf von mehr als vier Jahren ergangen. Jedoch sei der Ablauf der Ausschlussfrist gehemmt gewesen. Der Kläger sei mit Schreiben vom 3.2.2005 darüber informiert worden, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten eingeleitet worden sei und dass diese derzeit ausgesetzt sei. Die Gründe der Aussetzung seien ihm hinreichend präzise bekanntgegeben worden. Die Prüfgremien seien wegen des Vorrangs der Richtgrößenprüfung zunächst an der Durchführung der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert gewesen. Der Fortgang sei vom vollständigen Vorliegen der richtgrößenrelevanten Verordnungsdaten abhängig gewesen. Da die gesamten Daten für das Jahr 2003 frühestens mit Ablauf des Jahres 2003 hätten vorliegen können, sei der Fristablauf mindestens bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt gewesen.

10

Die zu 1. beigeladene KÄV schließt sich bezogen auf die Frage des Ablaufs der Ausschlussfrist dem Kläger an und führt zur Begründung aus: Nach der Rechtsprechung des BSG könne dem Umstand, dass eine Prüfung aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden könne, unter bestimmten Voraussetzungen eine hemmende Wirkung beizumessen sein. Vorliegend lägen jedoch keine rechtlichen Gründe dafür vor, dass eine Richtgrößenprüfung nicht durchgeführt werden könne, sondern es hätten die tatsächlichen Voraussetzungen in Gestalt der Verordnungsdaten noch nicht vorgelegen. Die Zeit bis zur Vorlage der Verordnungsbelege gehe in der vierjährigen Ausschlussfrist auf und verlängere diese nicht. Zudem falle die Vorlage der Verordnungsbelege allein in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des LSG hätten es die Krankenkassen damit in der Hand, die Länge der Ausschlussfrist zu beeinflussen.

11

Dagegen ist das Urteil des LSG nach Auffassung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse nicht zu beanstanden. Zwar sei in dem Fehlen der Verordnungsdaten auch ein tatsächlicher Grund für die Nichtdurchführung der Richtgrößenprüfung zu sehen. Gleichwohl sei eine Hemmung der Ausschlussfrist eingetreten, da der Kläger darüber in Kenntnis gesetzt worden sei. Dass das Fehlen richtgrößenrelevanter Daten nicht in die Sphäre des Klägers falle, könne unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG nicht maßgebend sein. Auch ein Streit zwischen der KÄV und den Krankenkassenverbänden über die anzuwendende Prüfmethode könne die Hemmung der Ausschlussfrist bewirken. Obwohl der Arzt auch darauf keinen Einfluss habe, habe das BSG einen Hemmungstatbestand bejaht.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das LSG hat das sozialgerichtliche Urteil, mit dem seiner Klage bezogen auf den Regress für das Quartal I/2003 stattgegeben worden war, zu Unrecht geändert. Soweit der Beklagte gegen den Kläger einen Regress für die Quartale II/2003 bis IV/2003 festgesetzt hat, hat das LSG den angefochtenen Bescheid dagegen zutreffend als rechtmäßig beurteilt.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 18.11.2008, mit dem dieser den Regress, den der PA wegen der unwirtschaftlichen Verordnung von Heilmitteln für die Quartale I/2003, II/2003, III/2003 und IV/2003 festgesetzt hat, bestätigt hat (zur Anfechtung allein des Bescheides des Beschwerdeausschusses vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN). Umstritten ist, ob die Voraussetzungen für einen Regress vorliegen. Bezogen auf das Quartal I/2003 ist darüber hinaus im Streit, ob der Ablauf der Ausschlussfrist von vier Jahren dem Regress entgegensteht.

14

2. Rechtsgrundlage für einen Verordnungsregress ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, mit den Änderungen und Ergänzungen durch das Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets - ABAG vom 19.12.2001, BGBl I 3773). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Bei der Prüfung nach Durchschnittswerten wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 303; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 55 S 307 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14 f; SozR 4-2500 § 106 Nr 3 RdNr 14; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13). Entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Klägers wird diese Annahme durch Regelungen zur Budgetierung des ärztlichen Honorars nicht in Frage gestellt und auch ein Gutachten kann in diesem Zusammenhang keine relevanten Erkenntnisse liefern. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so kann von der Unwirtschaftlichkeit ausgegangen werden (stRspr, s dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 298 f mwN; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 30 mwN). Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl zB auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 277; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 295). Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf beanstandet werden können (vgl BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 22; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 18).

15

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe ist der angefochtene Regressbescheid nicht zu beanstanden, soweit Verordnungen aus den Quartalen II/2003 bis IV/2003 betroffen sind.

16

3. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen des Klägers durfte im Wege des Vergleichs mit den Durchschnittswerten der Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte erfolgen. Anhaltspunkte für eine besondere Praxisausrichtung des Klägers bestehen nicht. Dass die Vergleichsgruppe hinreichend groß und homogen ist, steht außer Zweifel und wird auch von dem Kläger nicht in Frage gestellt. Die Fallzahl des Klägers unterschreitet die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe nur geringfügig, sodass ein aussagekräftiger Vergleich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Frage gestellt wird (zur erforderlichen Fallzahl von mindestens 20 % der Vergleichsgruppe vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 21 mwN). Dass eine Unwirtschaftlichkeit auch dann gegeben sein kann, wenn ein Arzt bei jeder einzelnen Verordnung die Frequenzzahlen der Heilmittel-Richtlinie beachtet hat (vgl dazu im Einzelnen BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 30 ff), hat der Kläger im Revisionsverfahren zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen.

17

Die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführende sog intellektuelle Prüfung hat der Beklagte vorgenommen. Dabei hat sich bestätigt, dass die überdurchschnittlich hohen Kosten bei den veranlassten Heilmitteln auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen sind. So hat der Beklagte auffallend häufige Kombinationen von Massage und Fango bzw Krankengymnastik und Fango bereits bei Erstverordnungen sowie oftmals besonders lange Behandlungsserien festgestellt. Praxisbesonderheiten, die geeignet sein könnten, diese Verordnungsweise medizinisch zu erklären, hat der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren vorgetragen.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers bestand kein Anlass, im Rahmen der sog intellektuellen Prüfung auf die Verpflichtung zur Beachtung des zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstabs nach § 76 Abs 4 SGB V sowie auf § 72 Abs 2 SGB V einzugehen. Nach der letztgenannten Vorschrift ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄV mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Abgesehen davon, dass § 72 Abs 2 SGB V auch das Erfordernis der Wirtschaftlichkeit der Behandlung betont, kann den genannten Regelungen keine Begründung dafür entnommen werden, dass der Kläger Heilmittel in weit größerem Umfang verordnet als andere Ärzte, die ebenfalls die zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten und die die Versicherten lege artis zu behandeln haben.

19

Soweit der Kläger allgemein rügt, dass "Vergleichsdaten" über kostenintensive Krankenhauseinweisungen, sonstige veranlasste Leistungen, Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit etc, keinen Eingang in das Verfahren gefunden hätten, möchte er offenbar die Frage möglicher kompensatorischer Einsparungen ansprechen. Voraussetzung für deren Anerkennung wäre nach ständiger Rechtsprechung (vgl ua BSGE 55, 110, 113 = SozR 2200 § 368n Nr 27 S 84; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 231 ff; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 239; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325), dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen Seite und einem Minderaufwand auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang besteht. Dabei wäre es Sache des Klägers, substantiiert darzulegen, in welchen Leistungsbereichen Einsparungen zu verzeichnen sein sollen, die in kausalem Zusammenhang mit den Mehraufwendungen bei den verordneten Heilmitteln stehen (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 233 ff; BSG Beschluss vom 18.8.2010 - B 6 KA 21/10 B - Juris, mwN). Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen und Anhaltspunkte dafür, dass die Mehrverordnungen bei den Heilmitteln kausal für geringere Aufwendungen in anderen Bereichen gewesen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat der Kläger den Fachgruppendurchschnitt auch bezogen auf die Kosten der verordneten Arzneimittel überschritten.

20

Mit seinem Vorbringen, dass für die Stichprobenprüfung nach § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V die Erhebung von "Vergleichsdaten" über kostenintensive Krankenhauseinweisungen ua vorgeschrieben sei und dass diese Daten auch in die Prüfung nach Durchschnittswerten Eingang finden müsse, verkennt der Kläger ersichtlich den Inhalt des § 106 Abs 2 Satz 3 SGB V. Dieser Vorschrift ist keine Verpflichtung der Prüfgremien zu entnehmen, bei der Durchführung der Stichprobenprüfung (Zufälligkeitsprüfung) nach § 106 Abs 2 Nr 2 SGB V kompensatorische Einsparungen zu ermitteln. Vielmehr wird klargestellt, dass neben den abgerechneten ärztlichen Leistungen auch Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit sowie sonstige veranlasste Leistungen Gegenstand einer Stichprobenprüfung sein können. Obwohl für die Prüfung nach Durchschnittswerten eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht getroffen worden ist, kann die Prüfung nach dieser Methode ebenfalls auf die genannten Leistungsbereiche erstreckt werden (vgl Engelhard in Hauck/Noftz, § 106 SGB V RdNr 97). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, ohne entsprechende Anhaltspunkte mögliche kompensatorische Einsparungen zu ermitteln, folgt aus all dem jedoch nicht.

21

Mit der Festsetzung der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis auf einen Überschreitungsgrad von 50 % oberhalb des Durchschnitts der Fachgruppe hat der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13 mwN; Engelhard in Hauck/Noftz, § 106 SGB V RdNr 342 mwN) nicht überschritten. Die Festlegungen können je nach Art der Vergleichsprüfung und dem Maß der Homogenität auf Überschreitungen ab 30 % bis 60 % erfolgen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 41 mwN). Die Honorarkürzung muss nicht den gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwand erfassen. Damit übereinstimmend hat der Beklagte das ihm zustehende sog Kürzungsermessen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 3 RdNr 19 mwN) in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt und den Kläger mit den Kosten für Verordnungen von Heilmitteln in Anspruch genommen, die den Durchschnitt um mehr als 80 % überschreiten.

22

Der Rechtmäßigkeit des Regresses steht im Übrigen nicht entgegen, dass der Kläger nicht zuvor beraten worden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine vorangegangene Beratung nach § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V nicht erforderlich, wenn dem Arzt - wie vorliegend - ein Mehraufwand im Ausmaß eines offensichtlichen Missverhältnisses anzulasten ist(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 23 mwN). Auf den Vorrang der Beratung nach § 106 Abs 5e SGB V idF des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) sowie dessen Änderungen mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012 (BGBl I 2192) kommt es hier bereits deshalb nicht an, weil diese Regelungen allein die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreitung von Richtgrößenvolumina iS des § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V und damit nicht die streitgegenständliche Prüfung nach Durchschnittswerten betreffen(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12).

23

4. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist jedoch teilweise rechtswidrig, weil ein Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln im Quartal I/2003 aufgrund Zeitablaufs nicht mehr festgesetzt werden darf. Bezogen auf die übrigen streitgegenständlichen Quartale (II/2003 bis IV/2003) ist die Ausschlussfrist dagegen gewahrt.

24

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28 mwN) beträgt die Ausschlussfrist für Regressbescheide auf der Grundlage des § 106 SGB V in Anlehnung an die in den Büchern des Sozialgesetzbuchs für die Verjährung festgesetzte Frist grundsätzlich vier Jahre. Für den Beginn der Ausschlussfrist ist der Ablauf des Quartals maßgebend, dem die in Regress genommenen Verordnungen kostenmäßig zuzuordnen sind (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 28, 33 mwN). Dies gilt nicht nur für den Arzneimittelregress, sondern in gleicher Weise für den Heilmittelregress (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 16).

25

a. Der Bescheid des PA vom 2.4.2007 ist nicht innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Quartals I/2003 erlassen worden. Darüber besteht im Ergebnis auch zwischen den Beteiligten Einvernehmen. Für das Quartal I/2003 endete die Ausschlussfrist grundsätzlich am 31.3.2007. Da der 31.3.2007 ein Samstag ist, tritt an die Stelle dieses Tages gemäß § 26 Abs 1 SGB X iVm § 193 BGB bzw § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X der nachfolgende Werktag und damit Montag der 2.4.2007. Wie sich aus dem in der Verwaltungsakte enthaltenen Rückschein ergibt, ist dem Kläger der Bescheid des PA vom 2.4.2007 am 3.4.2007 entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (§ 65 Abs 2 SGB X, § 1 Abs 1 Landesverwaltungszustellungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 2.3.2006 iVm § 4 Abs 2 Satz 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 12.8.2005 ) zugestellt und damit bekanntgegeben (vgl § 37 Abs 5 SGB X) worden. Aus § 39 Abs 1 Satz 1, § 37 Abs 1 Satz 1 SGB X folgt, dass ein Verwaltungsakt nicht schon mit seiner Erstellung erlassen wird, sondern erst mit seiner Bekanntgabe(BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 37 RdNr 3 mwN).

26

b. Entgegen der Auffassung des LSG wurde der Lauf der Ausschlussfrist auch nicht gehemmt.

27

aa. In entsprechender Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB sowie des § 45 Abs 3 SGB I können Prüfanträge der Krankenkassen eine Hemmung der Ausschlussfrist bewirken(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 39 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 20). Voraussetzung ist, dass der Vertragsarzt von dem gestellten Prüfantrag Kenntnis erlangt hat (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 46). Im vorliegenden Fall gibt es weder Anhaltspunkte dafür, dass dem Heilmittelregress ein Antrag einer Krankenkasse zugrunde gelegen hat, noch für eine entsprechende Mitteilung an den Kläger. In dem Schreiben des PA vom 3.2.2005 wird dem Kläger lediglich mitgeteilt, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung "eingeleitet" worden sei. Bereits aus diesem Grund kann die Ausschlussfrist nicht durch einen Prüfantrag gehemmt sein. Zudem hat der Senat in zwei Entscheidungen vom 15.8.2012 (SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 22; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 23 ff) klargestellt, dass nicht jeder Prüfantrag einer Krankenkasse geeignet ist, die Ausschlussfrist zu hemmen. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Prüfantrag unverzichtbare Voraussetzung für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist. Mit der Änderung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) ist das antragsgebundene Prüfverfahren jedenfalls im Bereich der Prüfung nach Durchschnittswerten und der Richtgrößenprüfung durch ein grundsätzlich von Amts wegen durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt worden. Ein in diesem Bereich gleichwohl gestellter Prüfantrag der Krankenkassen bewirkt keine Hemmung der Ausschlussfrist. Auch die bloße Mitteilung, dass ein Prüfverfahren beabsichtigt oder bereits eingeleitet worden ist, hat keine Hemmung der Ausschlussfrist zur Folge (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 21 f, 27; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 21).

28

bb. Nach dem Urteil des Senats vom 15.8.2012 (B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37) kann die Ausschlussfrist gehemmt sein, wenn die Prüfung aus Rechtsgründen zunächst nicht durchgeführt werden kann und der in Regress genommene Arzt über den Hemmungsgrund rechtzeitig und hinreichend präzise informiert worden ist. Dabei hat der Senat im Hinblick auf die erforderliche Einigung der Gesamtvertragspartner zum Inhalt der Richtgrößenvereinbarung den Rechtsgedanken des § 203 BGB herangezogen, der die Hemmung der Verjährung vorsieht, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Mit Hinweis darauf ist der Senat von der Hemmung der Ausschlussfrist in einem Fall ausgegangen, in dem unklar war, ob eine gem § 106 Abs 2 Satz 6 SGB V aF vorrangig durchzuführende Richtgrößenprüfung umsetzbar sein würde. Der unmittelbaren Durchführung der Richtgrößenprüfung stand entgegen, dass die Verhandlungen zum Abschluss der erforderlichen Richtgrößenvereinbarung noch nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten. In dieser Konstellation ist der Senat davon ausgegangen, dass die Prüfgremien aus Rechtsgründen auch an der Durchführung der - gegenüber der Richtgrößenprüfung nachrangigen - Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert sind und dass die Ausschlussfrist auch für diese Prüfung gehemmt ist.

29

Die vorliegende Fallgestaltung ist damit nicht vergleichbar. Dies gilt unabhängig davon, ob in dem hier maßgebenden Prüfzeitraum des Jahres 2003 überhaupt ein Vorrang der Richtgrößenprüfung vor der Prüfung nach Durchschnittswerten galt oder ob nicht vielmehr aufgrund der in Art 3 § 2 Satz 3 ABAG für die Jahre 2002 und 2003 getroffenen Übergangsregelung(zu Art 3 § 2 Satz 4 ABAG vgl Beschluss vom 29.8.2011 - B 6 KA 18/11 R - SozR 4-1500 § 86a Nr 2 RdNr 3, 12) Verfahren nach beiden Prüfmethoden parallel durchgeführt werden konnten. Selbst wenn die Prüfung nach Durchschnittswerten gegenüber der Richtgrößenprüfung hier nachrangig wäre, könnte die Hemmung nicht unabhängig von den Gründen eintreten, die der Durchführung der Richtgrößenprüfung entgegengestanden haben. Der der og Entscheidung des Senats vom 15.8.2012 zugrunde liegende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass die Richtgrößenprüfung in Ermangelung der erforderlichen normativen Grundlage in Gestalt der Richtgrößenvereinbarung nach § 84 SGB V(zur Eigenschaft der Richtgrößenvereinbarung als Normsetzungsvertrag vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 18) nicht durchgeführt werden konnte. Nur vor diesem Hintergrund hat der Senat die hemmende Wirkung auch auf die Prüfung nach Durchschnittswerten übertragen, weil die Ungewissheit bezogen auf die Durchführbarkeit der Richtgrößenprüfung zur Folge hat, dass es auch an der erforderlichen rechtssicheren normativen Grundlage für die nachrangige Prüfung nach Durchschnittswerten fehlt und dass die Prüfgremien deshalb aus Rechtsgründen an der Durchführung der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert sind.

30

Demgegenüber stand der Durchführung der Richtgrößenprüfung vorliegend nicht das Fehlen der normativen Grundlage entgegen, sondern die Ungewissheit hatte ihre Ursachen im tatsächlichen Bereich. Der PA hat die Undurchführbarkeit einer Richtgrößenprüfung mit Schreiben vom 3.2.2005 gegenüber dem Kläger damit begründet, dass ihm die erforderlichen Verordnungsdaten noch nicht vorlägen. Da der PA dem Kläger keine weiteren Hindernisse, die der Durchführung der Richtgrößenprüfung entgegengestanden haben könnten, mitgeteilt hat, kommt für die Hemmung der Ausschlussfrist allein dieser mitgeteilte Grund in Betracht, selbst wenn tatsächlich auch andere Gründe von Bedeutung gewesen sein sollten (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 28). Für die hier zu beurteilende Frage einer möglichen Hemmung der Ausschlussfrist ist deshalb nach dem Inhalt des genannten Schreibens davon auszugehen, dass der Durchführung der Richtgrößenprüfung allein die noch nicht abgeschlossene Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts entgegenstand.

31

Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ist die Behörde gemäß § 20 Abs 1 Satz 1 SGB X von Amts wegen verpflichtet. Die Sachverhaltsermittlung ist Bestandteil des Verwaltungsverfahrens. Allein die Durchführung des Verwaltungsverfahrens kann die Hemmung der Ausschlussfrist nicht bewirken. Einer entsprechenden Anwendung des § 203 BGB stünde bereits entgegen, dass das dem Vertragsarzt "aufgezwungene" Verfahren vor den Prüfgremien nicht einer Verhandlung zwischen Schuldner und Gläubiger gleichgestellt werden kann(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 39). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit (Art 20 Abs 3 GG) folgt (BSGE 72, 271, 275 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 109 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28). Den Schutz des Arztes vor einer zeitlich unbegrenzten Inanspruchnahme durch ein "ewiges Prüfverfahren" soll die Ausschlussfrist gewährleisten (vgl BSGE 72, 271, 275 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 109 ff; SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 22). Die Frist liefe jedoch weitgehend leer, wenn sie über eine analoge Anwendung der zivilrechtlichen Hemmungsvorschriften auf alle Hindernisse, die einer zügigen Durchführung des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung entgegenstehen, ohne feste zeitliche Grenze verlängert werden könnte. Schließlich werden die internen Verwaltungsabläufe wesentlich von der Behörde gesteuert und können regelmäßig nicht von dem Arzt, der der Regressforderung ausgesetzt ist, beeinflusst oder nachvollzogen werden.

32

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Prüfgremien zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf Daten der zu 1. beigeladenen KÄV und - bezogen auf Verordnungsdaten - der Krankenkassen angewiesen sind. Dass der Zeitraum, der für die Ermittlung des Sachverhalts benötigt wird, nicht allein von der den Regressbescheid erlassenden Behörde, sondern auch von der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und der Mitwirkung Dritter abhängt, ist keine Besonderheit des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Welcher der Beteiligten für Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens in welchem Maße verantwortlich ist, wird regelmäßig nicht zuverlässig und mit vertretbarem Aufwand zu ermitteln sein. Bereits aus diesem Grund wäre es problematisch, den Eintritt der Hemmung der Ausschlussfrist von der Verantwortlichkeit der beteiligten Behörden für eingetretene Verzögerungen bei der Durchführung des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung abhängig zu machen. Bezogen auf die hier maßgebende Zusammenarbeit mit den Krankenkassen ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass diese gemäß § 106 Abs 1 Satz 1 SGB V gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit verantwortlich sind. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen sind gemäß § 106 Abs 4a Satz 3 SGB V auch in die Entscheidung über die Errichtung der Prüfungsstelle eingebunden. Damit sind sie in besonderem Maße zur Zusammenarbeit mit den Prüfgremien verpflichtet. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass den Prüfgremien die erforderlichen Daten bei einer diesen Anforderungen entsprechenden Zusammenarbeit regelmäßig rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist von vier Jahren zur Verfügung gestellt werden können. Dies wird auch durch die - den vorliegenden Prüfzeitraum noch nicht betreffende - Entscheidung des Gesetzgebers bestätigt, den Zeitraum bis zur Festsetzung eines Richtgrößenregresses mWv 1.1.2008 auf zwei Jahre gerechnet ab dem Ende des geprüften Verordnungszeitraums zu reduzieren (§ 106 Abs 2 Satz 7 SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Daher besteht auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung, ein effektives Prüfverfahren zu gewährleisten, kein Anlass, die Ausschlussfrist um den Zeitraum bis zur Übermittlung der Verordnungsdaten durch die Krankenkassen zu verlängern. Da das Fehlen der erforderlichen Verordnungsdaten für sich genommen den Ablauf der Ausschlussfrist für eine Richtgrößenprüfung nicht hemmt, kann für diesen Zeitraum auch nicht mittelbar eine Hemmung der Ausschlussfrist für die Durchführung einer - unterstellt nachrangigen - Prüfung nach Durchschnittswerten bewirkt werden.

33

c. Dem Regress bezogen auf die Quartale II/2003, III/2003 und IV/2003 steht dagegen der Ablauf der Ausschlussfrist nicht entgegen, weil der dem Kläger am 3.4.2007 zugestellte Prüfbescheid vom 2.4.2007 innerhalb von vier Jahren nach Ende der jeweiligen Quartale erlassen worden ist. Die Verkürzung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre nach § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V greift hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht ein, weil diese mit dem GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) eingeführte Regelung erst zum 1.1.2008 in Kraft getreten ist und nur für Prüfzeiträume nach ihrem Inkrafttreten gilt (zu der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgebenden Rechtslage vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 f). Im Übrigen bezieht sich die Verkürzung der Ausschlussfrist gemäß § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung allein auf "die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwands nach Abs 5a" und damit auf die Richtgrößenprüfung, nicht jedoch auf die streitgegenständliche Prüfung nach Durchschnittswerten(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 14 f).

34

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1896 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der als Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger wendet sich gegen einen Sprechstundenbedarfsregress für das Quartal IV/1994.

2

Der Kläger überschritt in diesem Quartal den Fachgruppendurchschnitt beim Sprechstundenbedarf (SSB) um 245 %. Nach Begutachtung der Verordnungsweise des Klägers durch den Prüfarzt und nach der Berücksichtigung von Quartalsschwankungen führte der Prüfungsausschuss die Überschreitung auf 100 % zurück und setzte entsprechend einen Regress in Höhe von 3709,78 DM fest (Beschluss vom 12.12.1995). Gegen diesen Bescheid (im Folgenden mit dem Beschlussdatum zitiert) legte der Kläger Widerspruch ein, begründete diesen gegenüber dem beklagten Beschwerdeausschuss aber nicht. Nachdem der Beklagte ihm Ende des Jahres 2003 sowie zu Beginn des Jahres 2004 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, berief sich der Kläger darauf, nach so langer Zeit besitze er keine Unterlagen aus dem maßgeblichen Quartal mehr, so dass es unzumutbar sei, dass dieser Fall wieder aufgenommen werde.

3

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 2.11.2005 zurück.

4

Klage- und Berufungsverfahren sind für den Kläger erfolglos geblieben. Das LSG ist seiner Auffassung, allein wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs dürfe kein Regress festgesetzt werden, nicht gefolgt. Zwar habe das Verfahren vor dem beklagten Beschwerdeausschuss zehn Jahre lang gedauert, doch ergebe sich daraus nicht, dass die Regressbescheide rechtswidrig seien. Verjährung komme nach der Rechtsprechung des BSG bei Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung von vornherein nicht in Betracht. Die vierjährige Ausschlussfrist für die Festsetzung von Regressen wegen unwirtschaftlicher Verordnungen sei entweder durch den Bescheid des Prüfungsausschusses gewahrt bzw zumindest durch diesen Bescheid gehemmt oder unterbrochen worden, so dass sie noch nicht abgelaufen sei, als der Beklagte den das Verwaltungsverfahren abschließenden Bescheid erlassen habe. Auf Verwirkung könne sich der Kläger nicht berufen, weil die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts für die Verwirkung in den nach § 78 SGG als Widerspruchsverfahren anzusehenden Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss nicht zur Anwendung kämen(Urteil vom 13.10.2010).

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, das berufungsgerichtliche Urteil weiche von der Rechtsprechung des BSG ab (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG), und im Übrigen seien Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ob die vom Kläger erhobene Divergenzrüge den Zulässigkeitsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG entspricht, kann offen bleiben. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

7

Der Kläger sieht in der Wendung des Berufungsgerichts, wonach die Entscheidung des Beschwerdeausschusses in einem Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit keine Ausübung eines Rechtes sei und deshalb nicht der Verwirkung unterliege, einen Widerspruch zu Ausführungen in Urteilen des früher zuständigen 14a Senats des BSG vom 16.6.1993 und des erkennenden Senats vom 5.5.2010. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, das Recht des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig und entsprechend dem Prüfergebnis anders als im Honorarbescheid festzusetzen bzw Verordnungsregresse zu verhängen, sei nicht auf ein Tun oder Unterlassen des Vertragsarztes gerichtet. Es sei jedenfalls kein Anspruch, sondern eher einem Gestaltungsrecht vergleichbar (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 18 ff mit Nachweisen zur älteren Rechtsprechung). Ob diese unterschiedlichen Akzentuierungen auf eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG überhaupt hindeuten und dies vom Kläger hinreichend bezeichnet worden ist, bedarf keiner Entscheidung. In der Sache liegt jedenfalls keine Divergenz vor. Der Senat steht in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt, dass das Recht der Prüfgremien, Prüfbescheide zu erlassen, nicht der Verjährung unterliegt, weil die Prüfungsausschüsse vom Arzt kein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangen und nur darauf gerichtete Ansprüche nach § 194 Abs 1 BGB verjähren können. Diesen Gedanken hat das Berufungsgericht auf das Rechtsinstitut der Verwirkung übertragen und ausgeführt, der Verwirkung unterlägen nur Rechte, und die Verpflichtung der Prüfgremien, die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes durch einen Vertragsarzt durchzusetzen, sei kein Recht in diesem Sinne. Das weicht erkennbar nicht von der Rechtsprechung des Senats ab, der formuliert hat, das "Recht" des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig festzusetzen, sei nicht auf ein Tun und Unterlassen des Vertragsarztes gerichtet, es sei jedenfalls kein Anspruch, sondern allenfalls einem Gestaltungsrecht vergleichbar. Insoweit liegt keine Divergenz in den entscheidungserheblichen Aussagen vor, auf denen das Berufungsurteil beruhen könnte.

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Soweit der Kläger für grundsätzlich bedeutsam hält, ob das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss einer eigenständigen vierjährigen Ausschlussfrist mit der Folge unterliegt, dass immer dann, wenn das Verfahren nach Anrufung des Beschwerdeausschusses von diesem nicht innerhalb von vier Jahren durch einen Bescheid abgeschlossen ist, eine Honorarkürzung bzw ein Regress nicht mehr festgesetzt werden kann, fehlt es jedenfalls an der Klärungsbedürftigkeit. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Durchführung von Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergibt sich, dass eine solche Ausschlussfrist für den Abschluss des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss nicht besteht. Der Senat hat seine Annahme, der das Prüfverfahren abschließende Bescheid der Wirtschaftlichkeitsprüfung müsse innerhalb von vier Jahren nach Festsetzung des von der Kürzungsmaßnahme betroffenen Honorars (bei Honorarkürzungen) bzw des geprüften Zeitraums (bei Verordnungsregressen) abgeschlossen werden, damit begründet, dass es für den Vertragsarzt unzumutbar sei, über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zu wissen, ob sein Behandlungs- bzw Verordnungsverhalten Gegenstand von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR aaO, RdNr 27 ff). Dieser Zustand des Nichtwissens ist hier durch den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 12.12.1995, der dem Kläger weniger als zwei Jahre nach dem der Prüfung unterliegenden Quartal (IV/1994) zugegangen ist, beendet worden. Ab der Kenntnis von diesem Bescheid war das Vertrauen des Klägers, wegen seiner Verordnungsweise im Quartal IV/1994 nicht mit Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen zu müssen, zerstört. Nach Anrufung des Beschwerdeausschusses war dieser für die Durchführung des Verfahrens zuständig.

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Der Beklagte hat allerdings seiner Verpflichtung, das Verfahren angemessen zu fördern und möglichst innerhalb der in § 88 Abs 2 SGG genannten Frist von drei Monaten abzuschließen, soweit dem keine Hinderungsgründe entgegenstehen, in keiner Weise entsprochen. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, dass er allein deshalb an der Festsetzung eines Regresses in Form der Bestätigung der Entscheidung des Prüfungsausschusses gehindert ist. Eine Frist, bis zu der ein Widerspruchsverfahren - das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gilt als Widerspruchsverfahren (§ 106 Abs 5 Satz 6 SGB V) - abgeschlossen sein muss, ist gesetzlich nicht bestimmt und darf dementsprechend nicht allgemein von der Rechtsprechung vorgegeben werden. Die Beteiligten an dem Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss - neben dem betroffenen Arzt die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) und die Verbände der Krankenkassen (§ 106 Abs 5 Satz 3 SGB V) - können bei nicht näher erklärten Verzögerungen im Verfahrensablauf jederzeit formlos um eine Entscheidung nachsuchen und - unter Beachtung der Maßgaben des § 88 SGG - Untätigkeitsklage erheben. Im Übrigen steht der Auffassung des Klägers, allein durch Zeitablauf und eigenes Stillhalten könne die Entscheidungsbefugnis des Beschwerdeausschusses entfallen, entgegen, dass dieses Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen nicht über eigene Ansprüche entscheidet, sondern über Ansprüche der KÄV (auf Rückzahlung von Honorar bei unwirtschaftlicher Behandlungsweise) und der Krankenkassen (auf Erstattung von Kosten für unwirtschaftlich verordnete Arzneimittel). Diese Institutionen haben grundsätzlich keine anderen Einflussmöglichkeiten auf den Verfahrensablauf bei dem Beschwerdeausschuss als der betroffene Arzt.

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Auch die vom Kläger im Zusammenhang mit einer möglichen Beendigung der Hemmung bzw Unterbrechung der Verjährung (§ 204 Abs 2 Satz 2 BGB) wegen des - unterstellten - Nichtbetreibens des Verfahrens durch den Beklagten aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Zum einen teilt der Senat bereits nicht die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Auffassung, dass es für die Wahrung der vierjährigen Ausschlussfrist für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Bescheid des Beklagten ankomme. Diese Funktion kommt vielmehr, wie ausgeführt, dem Bescheid des Prüfungsausschusses zu. Auf dieser Grundlage liegt von vornherein kein Fall der Unterbrechung bzw Hemmung der Ausschlussfrist vor, auf den der Beendigungstatbestand des Nichtbetreibens des Verfahrens Bezug nimmt. Im Übrigen hat der Senat entschieden, dass die Vorschriften des BGB über das Ende der Hemmung bzw Unterbrechung der Verjährung durch Nichtbetreiben des Verfahrens auf das von Amts wegen durchzuführende Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung keine Anwendung finden (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR aaO, RdNr 49 f). Selbst auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach der Bescheid des Prüfungsausschusses die Ausschlussfrist nicht wahrt, sondern nur unterbricht bzw hemmt, hätte also die lange Dauer des Verfahrens vor dem Beklagten ohne dessen erkennbare zügige Förderung nicht bewirkt, dass die nach Auffassung des LSG durch den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 12.12.1995 eingetretene Hemmung bzw Unterbrechung der Ausschlussfrist geendet hätte.

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Es kann hier offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen sich zu Gunsten des von einem Prüfungsverfahren betroffenen Arztes ergeben, wenn die dem Beschwerdeausschuss obliegende Sachaufklärung sowie die effektive Rechtsverfolgung des Arztes nach längerer Zeit des faktischen Ruhens des Verfahrens dadurch erschwert werden, dass bestimmte relevante Umstände aus weit zurückliegenden Quartalen nicht mehr aufgeklärt werden können. Darauf kommt es hier nämlich nicht an, weil sich der Kläger lediglich pauschal auf den Zeitablauf und die Unzumutbarkeit eines Verfahrensabschlusses nach sehr langer Zeit berufen hat. Welche konkreten fallspezifischen Aspekte der Kläger zu der auf statistischer Grundlage ermittelten fortwährenden Unwirtschaftlichkeit seines Behandlungs- bzw Verordnungsverhaltens über einen längeren Zeitraum hinweg allein wegen des Zeitablaufs nicht mehr einbringen konnte, hat er nicht substanziiert dargelegt. Die Daten über seine Leistungsabrechnung und seine Verordnung von Arzneimitteln und SSB in dem betreffenden Quartal sowie die entsprechenden Werte seiner Fachgruppe liegen vor, waren und sind dem Kläger bekannt und haben sich (auch) als Folge der kaum nachvollziehbaren Verzögerung des Verfahrens durch den Beklagten nicht geändert.

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Soweit der Kläger schließlich grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Verwirkung aufwirft, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf. Selbst auf der Grundlage der Annahme, dass die Befugnis der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung, gegen einen Vertragsarzt Regresse festzusetzen, unter bestimmten Voraussetzungen verwirkt sein könne - was nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats zumindest nicht naheliegt -, bedürfte es in diesem Zusammenhang keiner Grundsatzentscheidung. Die Verwirkung verlangt neben dem bloßen Zeitablauf immer auch ein Umstandselement in der Weise, dass derjenige, der sich auf Verwirkung beruft, über das bloße Verstreichen von Zeit hinaus aus dem Verhalten des anderen schließen kann, dieser wolle und werde seine Rechtsposition nicht weiter verfolgen (vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 70. Aufl 2011, § 242 RdNr 95). Daran fehlt es hier nach den Feststellungen des LSG, weil dem Beklagten außer dem für den Kläger erkennbaren Nichtbetreiben des Verfahrens keine Versäumnisse oder Äußerungen zuzurechnen sind, die der Kläger als Anhaltspunkt für einen Verzicht auf die Fortführung des Verfahrens deuten konnte.

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Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.