Bundessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2017 - B 5 R 176/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:071217BB5R17617B0
bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. April 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen ihr Schreiben vom 14.4.2015 als unzulässig zurückweisen durfte.

2

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 28.1.2015 rückwirkend eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.1.2012. Zugleich setzte sie einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 12 786,76 Euro fest, den sie unter Hinweis auf die Klärung von Ansprüchen anderer Stellen (zB Krankenkasse, Agentur für Arbeit, Träger der Sozialhilfe) vorläufig nicht auszahlte. In der Folge teilte die Beklagte mit Schreiben vom 14.4.2015 dem Kläger mit, das Jobcenter Landkreis Görlitz habe einen Erstattungsanspruch erhoben. Von der einbehaltenen Rentennachzahlung verbleibe ein Restbetrag in Höhe von 4,56 Euro. Dieser werde zuzüglich der Zinsen auf das Konto des Klägers überwiesen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4.5.2015 erhob der Kläger Widerspruch "gegen den Bescheid vom 14.4.2015". Dieser sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Es handele sich um einen Verwaltungsakt. Die Beklagte habe eine Regelung getroffen, indem einem Erstattungsanspruch eines Dritten stattgegeben wurde. Es fehle jedoch an der notwendigen Begründung des Verwaltungsakts. Weder sei ersichtlich, wie sich der vom Jobcenter geltend gemachte Anspruch im Einzelnen berechne noch für welchen Zeitraum Erstattungsansprüche erhoben wurden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Widerspruch sei nicht statthaft und deshalb unzulässig. Das Schreiben vom 14.4.2015 sei kein Verwaltungsakt (Widerspruchsbescheid vom 23.7.2015).

3

Im Klageverfahren hat das SG dem Antrag des Klägers entsprochen und den Widerspruchsbescheid vom 23.7.2015 aufgehoben. Das SG hat seine Entscheidung damit begründet, der Widerspruchsbescheid könne alleiniger Gegenstand einer isolierten Anfechtungsklage sein. Bei der Abrechnungsmitteilung vom 14.4.2015 handelte es sich nicht um ein schlichtes Verwaltungshandeln, sondern um einen Verwaltungsakt. Die Beklagte habe durch die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen. Sie hätte eine materiell-rechtliche Entscheidung im Widerspruchsverfahren treffen müssen (Gerichtsbescheid vom 22.8.2016).

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Nachzahlung von 12 782,20 Euro aus der rückwirkend bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung verneint, den Gerichtsbescheid des SG vom 22.8.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.4.2017). Das LSG hat dazu ausgeführt, es handele sich nicht um eine Anfechtungsklage, sondern um eine (echte) Leistungsklage. Das Begehren des Klägers sei auf die vollständige Auszahlung des im Bescheid vom 28.1.2015 ausgewiesenen Nachzahlungsbetrags gerichtet. Die Abrechnungsmitteilung der Beklagten vom 14.4.2015 sei weder ein Verwaltungsakt noch hätte ein solcher hinsichtlich der Abrechnung ergehen müssen. Der Einbehalt der Nachzahlung und die Auszahlung an das Jobcenter erfolgte unmittelbar aus dem Gesetz. Die Leistungsklage sei nicht begründet, da der Kläger wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 iVm § 104 SGB X keinen Anspruch auf Auszahlung der Rentennachzahlung habe. Der Erstattungsanspruch des Jobcenters sei in Art und Höhe nicht zu beanstanden. Gegenteiliges sei auch vom Kläger nicht vorgebracht worden. Zwar habe der Kläger nur anhand der Bescheide und Zahlungen des Jobcenters an ihn den Anspruch prüfen können. Dem hätte jedoch abgeholfen werden können, wenn die Aufstellung von der Beklagten angefordert oder Akteneinsicht genommen worden wäre. Auch vom Angebot in der mündlichen Verhandlung, die Aufstellung einzusehen, sei kein Gebrauch gemacht worden.

5

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und beruft sich neben einer Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG)auf verschiedene Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Kläger trägt dazu ua vor, während das SG von einer Anfechtungsklage ausgegangen sei und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben habe, sei das LSG ohne vorherigen Hinweis davon abgewichen und habe eine (echte) Leistungsklage angenommen. Nach Ansicht des LSG sei sein klägerisches Begehren auf die vollständige Auszahlung der Rentennachzahlung gerichtet gewesen. Dagegen sei zu keinem Zeitpunkt im gesamten Verfahrensgang - auch nicht vor dem SG - thematisiert worden, wie sich der Erstattungsanspruch im Einzelnen zusammensetze. Das SG sei "der diesseitigen Argumentation folgend" von einer Anfechtungsklage ausgegangen. Im Urteil des LSG finde sich hierzu ebenfalls nichts. Es werde nur ausgeführt, dass der Erstattungsanspruch des Jobcenters in Art und Höhe nicht zu beanstanden sei. Darüber hinaus macht der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens geltend, indem das LSG seinem Antrag auf Terminverlegung nicht stattgegeben und erst in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass eine "Aufstellung" der Beklagten eingesehen werden könne.

6

II. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.

7

Das LSG hat mit seiner Entscheidung, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Auszahlung der Nachzahlung in Höhe von 12 782,20 Euro zu, nicht über den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens entschieden und damit gegen den Grundsatz des "ne ultra petita" (§ 123 SGG) verstoßen. Gemäß § 160a Abs 5 SGG wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

8

1. Die Beschwerde ist zulässig. Der Kläger hat einen Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG hinreichend bezeichnet. Sein Vortrag genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG indem er in schlüssiger Weise aufzeigt, dass das LSG den Streitgegenstand des Verfahrens verkannt und deshalb § 123 SGG verletzt hat(zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels vgl BSG Beschluss vom 20.9.2016 - B 13 R 207/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Der Kläger schildert in seiner Beschwerdebegründung ausführlich den Verfahrensablauf vom Verwaltungsverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens einschließlich der in den verschiedenen Verfahrensabschnitten gestellten Anträge. Mit seinem Vorbringen, das LSG habe über eine (echte) Leistungsklage entschieden, während das SG "der diesseitigen Argumentation folgend" von einer Anfechtungsklage ausgegangen sei und sein klägerisches Begehren sei "nach Ansicht des LSG" auf die vollständige Auszahlung der Rentennachzahlung gerichtet gewesen, obwohl "zu keinem Zeitpunkt im gesamten Verfahrensgang" - auch nicht vor dem SG - thematisiert worden sei, wie sich der Erstattungsanspruch im Einzelnen zusammensetze, rügt der Kläger eine von seinem Klagebegehren abweichende Entscheidung des LSG. Damit sind diejenigen Tatsachen, aus denen sich der Mangel ergeben soll, substantiiert dargetan und es wurde ausreichend vorgetragen, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Mangel beruhen kann (vgl zu den Anforderungen im Einzelnen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 und 16c mwN).

9

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Das LSG hat gegen den Grundsatz des "ne ultra petita" (§ 123 SGG) verstoßen. Ob darüber hinaus - wie von dem Kläger gerügt - auch weitere Nichtzulassungsgründe vorliegen, kann dahingestellt bleiben.

10

a) Mit seiner zuletzt vor Erlass des Gerichtsbescheides verfolgten Anfechtungsklage (Schriftsatz vom 10.3.2016) begehrte der Kläger vor dem SG ausdrücklich und allein die Aufhebung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 23.7.2015, in dem der Widerspruch des Klägers als unzulässig zurückgewiesen wurde. Ein Hinweis auf ein weiteres Rechtsschutzziel dahingehend, dass auch eine echte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)auf Auszahlung der Rentennachzahlung erhoben wurde, ist dem Klagebegehren nicht zu entnehmen.

11

Der Kläger stellte bereits in seiner Klageschrift vom 19.8.2015 vor dem SG den Antrag: "Der Widerspruchsbescheid vom 23.7.2015 wird aufgehoben". Zur Verfolgung seines Rechtsschutzziels einer isolierten Anfechtungsklage nur gegen den Widerspruchsbescheid (zur Zulässigkeit in Ausnahmefällen vgl Keller und Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 54 RdNr 4b und § 95 RdNr 3 ff) begründete er seine Klage damit, die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig sei zu Unrecht erfolgt, weil es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 14.4.2015 um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. An seinem Begehren gerichtet auf Aufhebung des Widerspruchsbescheides hielt der Kläger auch nach einem Hinweisschreiben des SG vom 7.3.2016 ausdrücklich fest. Darin teilte die Richterin am SG den Beteiligten mit, die Abrechnung der Rentennachzahlung stelle einen Verwaltungsakt dar. Nach Auffassung des Gerichts müsste der Kläger "seinen Antrag im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage formulieren". Daraufhin führte der Kläger mit Schriftsatz an das SG aus, "allein eine reine Anfechtungsklage" dürfte sein Rechtsschutzziel tragen. Der Kläger formulierte die Rechtsauffassung, mit Aufhebung des Bescheides vom 14.4.2015 ergebe sich sein Leistungsanspruch bereits aus dem Rentenbescheid vom 28.1.2015. "Für den Fall", dass das Gericht das Rechtsschutzinteresse für eine isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides nicht für gegeben halte, stellte der Kläger einen Hilfsantrag: "Der Bescheid vom 14.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2015 wird aufgehoben" und machte nochmals geltend, es handele sich bei dem Bescheid vom 14.4.2015 um einen Verwaltungsakt (Schriftsatz vom 10.3.2016).

12

Das SG verstand das Begehren des Klägers (im Hauptantrag) ebenfalls in dem Sinne, dass er mit einer Anfechtungsklage allein die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 23.7.2015 verfolgte. Mit diesem Antrag hatte der Kläger auch Erfolg. Entsprechend führte das SG in den Entscheidungsgründen aus, der Widerspruchsbescheid könne alleiniger Gegenstand einer isolierten Anfechtungsklage sein. Das SG beschränkte sich auf die Prüfung der Verwerfung des Widerspruchs durch die Beklagte als unzulässig und begründete einen wesentlichen Verfahrensfehler der Beklagten mit der fehlenden materiell-rechtlichen Entscheidung im Widerspruchsverfahren. Eine Entscheidung über den Hilfsantrag erfolgte nicht.

13

Der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens ist unverändert vor das LSG gelangt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Vorbringen auch nicht geändert. Zur Erwiderung auf die von der Beklagten eingelegte Berufung führte der Kläger vielmehr ausdrücklich aus: "Es lag zudem keine Leistungsklage, sondern eine Anfechtungsklage vor. Ob klägerseitig ein Anspruch auf Auszahlung weiterer Geldleistungen besteht, kann bereits deshalb nicht beurteilt werden, weil die Beklagte der Auffassung ist, keine Entscheidung getroffen zu haben und daher auch keine Begründung tätigen möchte" (Schriftsatz vom 12.1.2017).

14

b) Mit der Entscheidung über eine echte Leistungsklage 54 Abs 5 SGG) erging das Urteil des LSG zu einem anderen als den vom Kläger bestimmten Streitgegenstand.

15

Dies zeigt bereits der Einleitungssatz im Tatbestand des Berufungsurteils, wonach die Beteiligten streiten "über die Auszahlung von Nachzahlungsbeträgen aus einer rückwirkend gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung". Den Entscheidungsgründen stellt das LSG dem entsprechend voran: "Die Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG den Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2015 aufgehoben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Auszahlung der Nachzahlung in Höhe von 12.782,20 € zu." Auch seine sich anschließenden Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage machen deutlich, von welchem Streitgegenstand das LSG ausging, indem es formulierte, es handele sich "nicht um eine Anfechtungsklage, sondern um eine (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" und das Begehren des Klägers sei "gerichtet auf die vollständige Auszahlung des im Bescheid vom 28.1.2015 ausgewiesenen Nachzahlungsbetrages". Zur Begründetheit der "Leistungsklage" verneint das LSG einen "Anspruch auf Auszahlung der Rentennachzahlung", weil der Erstattungsanspruch des Jobcenters in Art und Höhe nicht zu beanstanden sei.

16

Hierzu hat indessen weder der vom Kläger gestellte Antrag, die Berufung zurückzuweisen, noch das dahinter stehende, auch vor dem LSG unverändert verfolgte Begehren iS des § 123 SGG gerichtet auf die Aufhebung des Widerspruchsbescheides Anlass gegeben. Der Kläger hat am bisherigen Streitgegenstand festgehalten, indem er in seiner Erwiderung auf die von der Beklagten eingelegte Berufung ausführte, es habe "keine Leistungsklage, sondern eine Anfechtungsklage" vorgelegen (Schriftsatz vom 12.1.2017).

17

Offenbleiben kann vorliegend, warum sich das LSG ausgehend von seiner eigenen Rechtsauffassung, dass über eine allgemeine Leistungsklage zu entscheiden sei, berechtigt gesehen hat, ohne ersichtliche inhaltliche Prüfung den Anspruch des Klägers auf Auszahlung seiner Rentennachzahlung zu verneinen. Das LSG stellt lediglich fest, der Erstattungsanspruch des Jobcenters sei in Art und Höhe nicht zu beanstanden und verweist darauf, "Gegenteiliges" sei auch vom Kläger nicht vorgebracht worden. Auch die weiteren Ausführungen des LSG dazu, wie sich der Kläger das Wissen zur eigenen Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Erstattungsanspruchs hätte verschaffen sollen, erschließen sich schon im Hinblick auf § 103 SGG nicht. Eventuellen weiteren Mängeln kommen jedenfalls neben dem sich aus § 123 SGG ergebenden Verbot, über einen Leistungsanspruch des Klägers überhaupt zu entscheiden, keine gesonderte Bedeutung mehr zu.

18

3. Nach § 160a Abs 5 SGG wird im Falle des Vorliegens der - hier nach alledem gegebenen - Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

19

Nachdem das LSG ausschließlich über eine echte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) entschieden und eine Entscheidung über die isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.7.2015 überhaupt nicht getroffen hat, konnte der Senat auch nicht von einer Zurückverweisung absehen und sich auf eine (teilweise) Aufhebung des LSG-Urteils beschränken (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 13; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 160a RdNr 19e mwN).

20

Das LSG wird dabei ua darüber zu entscheiden haben, ob der Kläger das Schreiben der Beklagten vom 14.4.2015 als eine bloße Mitteilung oder nicht vielmehr nach dem von der Beklagten darin zum Ausdruck gebrachten Willen als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X verstehen musste. Erst aus der Beantwortung dieser Vorfrage ergibt sich, ob der angegriffene Widerspruchsbescheid eine zusätzliche eigenständige Beschwer enthält oder er ggf nur zusammen mit der Ausgangsentscheidung einer Überprüfung im Rahmen des Hilfsantrags unterliegt. Das LSG wird hierzu Form, Wortlaut und Inhalt des Schreibens vom 14.4.2015 aus dem "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten auszulegen haben (vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 47 RdNr 17). Angesichts der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Regelungscharakter von Verwaltungsentscheidungen über die Nichtauszahlung von Sozialversicherungsleistungen könnte die Annahme eines Verwaltungsakts nahe liegen (vgl BSG Urteil vom 22.5.2002 - B 8 KN 11/00 R - SozR 3-2600 § 93 Nr 12 S 111 f; BSG Urteil vom 3.4.2003 - B 13 RJ 39/02 R - BSGE 91, 68 = SozR 4-1300 § 31 Nr 1, RdNr 21 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 13.12.2001 - B 13 RJ 67/99 R - BSGE 89, 111 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 31/12 R - Juris RdNr 16). Jedenfalls der Hilfsantrag wirft schließlich die Frage nach der Zulässigkeit der isolierten Anfechtungsklage auf.

21

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

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Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

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(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt. (2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der

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(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann; Satz 3 gilt in diesen Fällen nicht.

(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind und ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Anspruch auf Sozialleistungen, auch auf besonders bezeichnete Leistungsteile, gegenüber einem vorrangig verpflichteten Leistungsträger hat oder hatte.

(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(4) Sind mehrere Leistungsträger vorrangig verpflichtet, kann der Leistungsträger, der die Sozialleistung erbracht hat, Erstattung nur von dem Leistungsträger verlangen, für den er nach § 107 Abs. 2 mit befreiender Wirkung geleistet hat.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Mai 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Das Hessische LSG hat im Beschluss vom 30.5.2016 einen Anspruch des Klägers auf höhere Altersrente (aufgrund Berücksichtigung sämtlicher von ihm in Polen zurückgelegter Beschäftigungszeiten als nachgewiesen, dh ohne Kürzung um ein Sechstel gemäß § 22 Abs 3 FRG) verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem LSG-Beschluss in erster Linie einen Verfahrensmangel, zudem aber auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Rechtsprechungsabweichung geltend.

3

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 15.9.2016 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat weder eine grundsätzliche Bedeutung ordnungsgemäß dargelegt noch eine Divergenz oder einen Verfahrensmangel formgerecht bezeichnet.

4

1. Ein Verfahrensmangel ist nicht ordnungsgemäß dargetan (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG)und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist(§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).

6

Das Vorbringen des Klägers wird den genannten Anforderungen nicht gerecht. Er rügt ausdrücklich "eine Verletzung des § 123 SGG" und trägt dazu vor, dass sein Rechtsschutzbegehren im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage unmittelbar auf die Gewährung einer höheren Rente gerichtet sei, wobei konkret allerdings nur noch streitig sei, ob die von ihm in Polen zurückgelegten Beitragszeiten um ein Sechstel gekürzt werden dürften. Eine Korrektur des Rentenbescheids vom 25.6.2008 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X sei dagegen ebenso entbehrlich wie eine Änderung des Kontenklärungsbescheids vom 26.10.1999. Mit diesem Gegenstand sei die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft. Entgegen der Auffassung des LSG lägen die Voraussetzungen für eine ungekürzte Anrechnung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten vor (vgl Beschwerdebegründung S 6 f). Das begründet der Kläger in weiteren Ausführungen damit, dass die Schlussfolgerungen, die das LSG aus den vorgelegten Bescheinigungen gezogen habe, "nicht nachvollziehbar" seien; man könne vielmehr auch mit einem Umkehrschluss zu dem entgegengesetzten Ergebnis gelangen (Beschwerdebegründung S 10 f).

7

Mit diesem Vortrag zeigt der Kläger nicht in schlüssiger Weise auf, dass das LSG den Streitgegenstand des Verfahrens verkannt und deshalb § 123 SGG verletzt habe(zu einem solchen Verfahrensmangel vgl BSG Beschluss vom 29.3.2001 - B 7 AL 214/00 B - SozR 3-1500 § 123 Nr 1; BSG Beschluss vom 13.6.2013 - B 13 R 454/12 B - Juris RdNr 13 ff). Denn er legt nicht dar, weshalb das LSG über einen anderen Streitgegenstand als den von ihm geltend gemachten entschieden habe. Hierzu hätte zumindest aufgezeigt werden müssen, welchen Antrag der anwaltlich vertretene Kläger zum Schluss des Berufungsverfahrens gestellt und inwiefern das LSG durch seine Entscheidung die von ihm geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise verfehlt hat. Entsprechendes lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Diese konzentriert sich vielmehr darauf, dass das LSG aufgrund einer nach Ansicht des Klägers unzutreffenden Würdigung des Inhalts vorgelegter polnischer Arbeitsbescheinigungen inhaltlich falsch entschieden habe. Damit macht er im Kern Fehler des LSG bei der Beweiswürdigung geltend. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann jedoch nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) gestützt werden.

8

2. Mit der abschließenden - nicht weiter ausgeführten - Behauptung, die Rechtssache habe "aus den vorgenannten Gründen" - dh den Darlegungen zum Verfahrensmangel - grundsätzliche Bedeutung, da sie auf einer Abweichung zu der Entscheidung des BSG vom 21.4.1982 (4 RJ 33/81 - DAngVers 1982, 355) beruhe, werden die Anforderungen an die Darlegung bzw Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrunds ebenfalls nicht erfüllt. Der Kläger benennt weder eine konkrete Rechtsfrage, die weiterer oberstgerichtlicher Klärung bedarf, noch zeigt er divergierende Rechtssätze auf (s insoweit zu den Darlegungsanforderungen Krasney in Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 180 ff, 196 ff).

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Die Revisionen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2013 werden zurückgewiesen.

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Rechtmäßigkeit von Arzneimittelregressen wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für die Quartale I/2002 bis II/2004.

2

Der Kläger ist Chefarzt der Frauenklinik W GmbH in K und nimmt seit 1993 aufgrund von Ermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) teil. Auf den Hinweis des Prüfungsausschusses an den Kläger, dass Wirtschaftlichkeitsprüfungen hinsichtlich der Arzneiverordnungsweise in den Quartalen I/2002 bis IV/2002 durchgeführt würden, trug er vor, die Frauenklinik als überregionales onkologisches Zentrum habe einen hohen Anteil an Mammakarzinom-Patientinnen; neben den kostspieligen Therapeutika für ca 1300 Chemotherapien pro Jahr müssten weitere teure Medikamente zur Knochenmarksstimulation eingesetzt werden. Mit Prüfbescheid vom 3.5.2005 erteilte der Prüfungsausschuss betreffend die Quartale I/2002 bis IV/2002 Hinweise hinsichtlich verschiedener kritisch zu bewertender Medikamente. Zusätzlich erging ein Hinweis an die Schlichtungsstelle der Beigeladenen zu 1. wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (verschiedene Unterschriften auf Arzneiverordnungen). Einen Regress setzte der Prüfungsausschuss nicht fest. Gegen diesen Bescheid legte die zu 2. beigeladene AOK Widerspruch ein.

3

Mit Prüfbescheid vom 19.7.2005 erteilte der Prüfungsausschuss für die Quartale I/2003 bis IV/2003 Hinweise bezüglich vereinzelter Arzneiverordnungen, zu denen kein Behandlungsschein existiere und folglich kein Leistungsanspruch nachgewiesen sei, und hinsichtlich verschiedener kritisch zu bewertender Medikamente. Zusätzlich erging auch für diese Quartale ein Hinweis an die Schlichtungsstelle der Beigeladenen zu 1. wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (verschiedene Unterschriften auf Arzneiverordnungen). Gegen diesen Bescheid legten die Beigeladenen zu 2. und 6. Widerspruch ein.

4

Mit Prüfbescheid vom 20.12.2005 beschloss der Prüfungsausschuss für die Quartale I/2004 und II/2004 keine Maßnahme im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Bezüglich der Verordnungsblätter, bei denen kein Behandlungsausweis vorlag, sah der Prüfungsausschuss Regelungsbedarf seitens der Vertragspartner und ggf der Schlichtungsstelle. Gegen die Ablehnung der Festsetzung eines Regresses in diesem Bescheid legte die Beigeladene zu 2. Widerspruch ein.

5

Der Kläger trug in den Widerspruchsverfahren ausführlich zur Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen bei Mammakarzinom-Patientinnen vor: Zur adjuvanten Hormontherapie prämenopausaler Patientinnen mit Mammakarzinom sei das Präparat Zoladex als Hormondepot zugelassen. Die Patientinnen benötigten hier eine Injektion pro Monat, ein Dreimonatsdepot sei nicht verfügbar gewesen. Die Injektionsnadel sei sehr lang und dick, wodurch die Injektionen mitunter für die Patientinnen sehr schmerzhaft seien. Er sei daher auf die Alternative von Profact 3-Monatsdepot ausgewichen, bei dem die Injektionsnadel dünner und die Prozedur nur alle drei Monate erforderlich sei. Im Unterschied zu Zoladex seien hier keine Durchbruchsblutungen zu beobachten. Auch hätten die geringeren Kosten für Profact Depot 3-Monatsspritzen gesprochen. Die Voraussetzungen eines zulässigen Off-Label-Use seien erfüllt gewesen. Schon Anfang der 1990er Jahre hätten mehrere Expertengruppen in internationalen und deutschen Studien die Überlegenheit von Buserelin (Wirkstoff in Profact 3-Monatsdepot) bei der Unterdrückung der Östrogenproduktion menopausaler Frauen mit Mammakarzinom belegt. Das Präparat werde im europäischen Ausland konsequent eingesetzt. Für die fehlende Zulassung in Deutschland gebe es nach Auskunft des Herstellers nur Marketinggründe. Unerwünschte Nebenwirkungen seien nicht zu beobachten.

6

In seiner Sitzung am 1.4.2009 beschloss der beklagte Beschwerdeausschuss hinsichtlich der Verordnungen ohne Behandlungsschein und des Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung einen Hinweis an die Vertragspartner. Außerdem hieß es in den Sitzungsprotokollen zu den einzelnen Quartalen, es ergehe hinsichtlich der im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung bewertbaren "AOK-Fälle" (aus den Quartalen I/2002 bis II/2004) bzw hinsichtlich der Quartale I bis IV/2003 auch der "VdAK-Fälle" ein vollumfänglicher Regress bezüglich der verordneten Mengen des Präparates Profact. Dem Regressbegehren der AOK Rheinland-Pfalz werde somit stattgegeben. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts werde für notwendig erachtet. Kosten seien nicht zu erstatten. Der Beklagte übersandte dem Kläger mit Datum vom 21.4.2009 folgendes Schreiben: "als Information über die in der o.g. Sitzung gefassten Beschlüsse übersenden wir Ihnen die Sitzungsprotokolle. Ihr Rechtsanwalt erhält ebenfalls eine Ausfertigung. Der Bescheid wird Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt." Dem waren die Protokolle über die Beschlüsse zu den einzelnen Quartalen beigefügt.

7

Mit Schreiben vom 27.5.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Beschlüsse vom 1.4.2009 im Hinblick auf die Regelung des § 27 Abs 1 Satz 2 der ab dem 1.3.2007 geltenden Prüfvereinbarung geändert werden sollen. In den Beschlüssen vom 1.4.2009 sei nicht berücksichtigt worden, dass der Widerspruch einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder eines Verbandes der Ersatzkassen gegen einen Prüfbescheid für alle am Verfahren beteiligten Krankenkassen bzw ihre Verbände gelte. Mit Bescheid vom 28.8.2009 (Beschluss vom 17.6.2009) änderte der Beklagte seinen Beschluss vom 1.4.2009 und setzte einen vollumfänglichen Regress bezüglich der zu Lasten aller beteiligter Krankenkassen verordneten Mengen des Präparats Profact in allen streitbefangenen Quartalen fest. Die Regresssumme betrug unter Abzug der Patientenzahlungen insgesamt 45 373,08 Euro (I/2002: 6480,60 Euro; II/2002: 6484,60 Euro; III/2002: 3238,30 Euro; IV/2002 5829,74 Euro; I/2003: 1940,58 Euro; II/2003: 5825,74 Euro; III/2003: 3885,16 Euro; IV/2003: 3889,16 Euro; I/2004: 3899,60 Euro; II/2004: 3899,60 Euro). Außerdem erteilte der Beklagte hinsichtlich der Verordnungen, zu denen kein Behandlungsschein vorlag, sowie bezüglich der Verordnungen mit verschiedenen Unterschriften anderer Ärzte und des daraus abzuleitenden Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung einen Hinweis an die Vertragspartner. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Eine statistische Vergleichsprüfung sei ausgeschlossen, weil es keine ausreichende Zahl vergleichbar tätiger Praxen gebe. Die Prüfmethode der repräsentativen Einzelfallprüfung sei mangels hinreichend repräsentativer Daten ebenfalls nicht in Betracht gekommen. Daher sei eine Überprüfung der bewertbaren Einzelfälle durchgeführt worden. Bei dem von dem Kläger in verschiedenen Einzelfällen verordneten Präparat Profact (Dreimonatsdepot) handele es sich um ein hormonantagonistisch wirkendes Arzneimittel mit dem Wirkstoff Buserelin, das laut Fachinformation zur Behandlung des fortgeschrittenen hormonempfindlichen Prostatakarzinoms indiziert sei. Da der Kläger das Medikament bei Patientinnen mit Mamma-Karzinom eingesetzt habe, liege ein Off-Label-Use vor. Dieser sei unzulässig gewesen. Es habe mit den Präparaten Zoladex (Einmonatsdepot) und Enantone Gyn eine andere Therapie zur Verfügung gestanden, die die Standardtherapie darstelle. Auf den Einwand, die durchgeführte Therapie sei kostengünstiger gewesen, komme es nach dem in der Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden normativen Schadensbegriff nicht an. Es habe auch keine begründete Aussicht bestanden, dass mit Profact ein Behandlungserfolg erzielt werden würde.

8

Das SG Mainz hat den Bescheid des Beklagten vom 28.8.2009 in vollem Umfang aufgehoben. Der Beklagte sei, nachdem er bereits mit Bescheiden vom 21.4.2009 über die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. entschieden gehabt habe, nicht mehr berechtigt gewesen, diese Entscheidungen zu ändern.

9

Das LSG hat mit Urteil vom 17.1.2013 das Urteil des SG geändert und die Bescheide des Beklagten vom 28.8.2009 insoweit aufgehoben, als gegen den Kläger ein höherer Regress als 23 810,41 Euro (Verordnungen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. im Zeitraum I/2002 bis II/2004 und für Versicherte von Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. in den Quartalen I bis IV/2003) ausgesprochen wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Die Bescheide des Beklagten seien hinsichtlich des Regresses in Höhe von 12 150,93 Euro wegen der Verordnungen für die Versicherten der Beigeladenen zu 2. und des Regresses in Höhe von 11 659,48 Euro wegen der Verordnungen für die Versicherten der Mitgliedskassen der Beigeladenen zu 6. im Zeitraum I bis IV/2003 rechtmäßig. Der Kläger habe Profact Depot 3-Monatsdepot für seine Brustkrebspatientinnen nicht verordnen dürfen, weil dieses Medikament zur Behandlung von Brustkrebs nicht zugelassen gewesen sei. Ein zulässiger Off-Label-Use habe nicht vorgelegen. Für den Einsatz des Arzneimittels bei Mamma-Karzinom habe es im maßgeblichen Zeitraum keine Phase III-Studie gegeben. Außerdem lägen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Einsatz der zugelassenen Arzneimittel - Zoladex (Einmonatsdepot) und Enantone Gyn - ausgeschlossen gewesen sei. Auf Kostengesichtspunkte komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die angefochtenen Bescheide seien hinsichtlich des Regresses wegen der Verordnungen für die Versicherten der Beigeladenen zu 2. und für die Versicherten der Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. im Zeitraum I bis IV/2003 auch nicht wegen Verstoßes gegen §§ 44 ff SGB X rechtswidrig, weil der Beklagte insoweit keine zuvor ergangenen Verwaltungsakte aufgehoben, sondern deren Verfügungssatz nur wiederholt habe.

10

Im Übrigen habe das SG der Klage zu Recht stattgegeben. Der Beklagte sei nicht befugt gewesen, in seinen Bescheiden vom 28.8.2009 ohne Beachtung der Bindungswirkung seiner zuvor am 1.4.2009 beschlossenen und unter dem 21.4.2009 dem Kläger mitgeteilten Entscheidungen erneut über die Sache zu befinden. Die Schreiben vom 21.4.2009 stellten Verwaltungsakte dar, da der Kläger sie nach seinem Empfängerhorizont als verbindliche Regelungen habe auffassen müssen. Unschädlich sei, dass sie den Vermerk enthielten, der jeweilige Bescheid werde zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt. Entscheidend sei vielmehr, dass aus den Schreiben vom 21.4.2009 der Wille des Beklagten deutlich geworden sei, dem Kläger zu diesem Zeitpunkt das endgültige Ergebnis seiner Entscheidungen bekanntzugeben. Da die Verwaltungsakte vom 28.8.2009 den Kläger im Verhältnis zu den zuvor ergangenen Verwaltungsakten schlechter gestellt haben, greife hier § 45 SGB X ein. Es fehle aber an der für eine Rücknahme nach § 45 SGB X erforderlichen Ermessensausübung. Für eine Ermessensreduzierung auf Null genüge die Drittwirkung der in den Schreiben vom 21.4.2009 enthaltenen Verwaltungsakte für die jeweils vom Arzneimittelregress begünstigten Krankenkassen nicht.

11

Dagegen richten sich die Revisionen des Beklagten sowie des Klägers. Der Beklagte trägt vor, bei der Entscheidung vom 1.4.2009 habe es sich um einen teilweise rechtswidrigen drittbelastenden Verwaltungsakt gehandelt, der noch keine Bestandskraft erlangt habe. Er habe unter den Voraussetzungen des § 45 iVm § 49 SGB X geändert werden können. Selbst wenn Ermessen auszuüben gewesen wäre, wäre dies wegen der Drittwirkung auf Null reduziert.

12

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 insoweit aufzuheben, als der Bescheid des Beklagten aufgehoben und die Berufung gegen das Urteil des SG Mainz vom 4.5.2011 zurückgewiesen worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Revision des Klägers zurückzuweisen.

13

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 insoweit aufzuheben, als das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen worden ist und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Mainz vom 4.5.2011 insgesamt zurückzuweisen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

14

Er trägt vor, Rechtsgrundlage für die Änderung des Verwaltungsaktes vom 21.4.2009 sei § 47 SGB X, dessen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Sehe man als Rechtsgrundlage § 45 SGB X an, fehle es an der erforderlichen Ermessensausübung. In der Sache habe das LSG zu Unrecht die Voraussetzungen für einen zulässigen Off-Label-Use verneint.

Entscheidungsgründe

15

Die Revisionen des Klägers und des Beklagten sind unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.8.2009 insoweit rechtswidrig ist, als gegen den Kläger ein Regress von mehr als 23 810,41 Euro festgesetzt wurde. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig.

16

1. Soweit der Beklagte gegen den Kläger einen Regress wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. bis 5. sowie der Mitgliedskassen der Beigeladenen zu 6. in den Quartalen I bis IV/2002 und II und III/2004 festgesetzt hat, ist der Bescheid vom 28.8.2009 rechtswidrig. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bescheides vom 21.4.2009 nicht vorlagen.

17

a) Das LSG hat in nicht zu beanstandender Weise das Schreiben vom 21.4.2009 als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X qualifiziert. Die Auslegung behördlicher Schreiben im Hinblick darauf, ob sie eine Regelung iS dieser Vorschrift enthalten, richtet sich nach denselben Grundsätzen wie die Auslegung eines Verwaltungsaktes. Maßgeblich ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl zu den Auslegungsgrundsätzen BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 14 RdNr 25; SozR 4-5868 § 3 Nr 3 RdNr 19; BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11; BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 26; Engelmann in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 25 mwN). Das Revisionsgericht überprüft die berufungsgerichtliche Auslegung einer konkreten Erklärung im Einzelfall anhand der allgemeinen Maßstäbe daraufhin, ob diese mit dem Wortlaut eindeutig unvereinbar ist, ob gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen wurde und ob die auslegungsrelevanten Sachverhaltsumstände vollständig ausgewertet worden sind (vgl BSG SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 63; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1 S 4 f; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 3b mwN). Gemessen hieran erweist sich die Entscheidung des LSG als rechtsfehlerfrei und zutreffend. Die Auslegung ist mit dem Wortlaut des Schreibens vereinbar. Zwar könnten die Verwendung des Begriffs "Information" sowie der Verweis auf die Zustellung eines Bescheides zu einem späteren Zeitpunkt auch dafür sprechen, dass es sich nach dem Willen des Beklagten noch nicht um die Bekanntgabe einer verbindlichen Regelung, sondern um eine unverbindliche "Vorabinformation" handeln sollte. Das LSG hat aber mit gut vertretbaren und nachvollziehbaren Erwägungen als entscheidend angesehen, dass für den objektiven Empfänger der Wille des Beklagten erkennbar geworden sei, dem Kläger das endgültige Ergebnis seiner Entscheidungen bekanntzugeben. Die sachliche Entscheidung über den Arzneimittelregress war am 1.4.2009 durch den Beschluss des nach § 106 Abs 5 Satz 3 SGB V zuständigen Beschwerdeausschusses als Gremium getroffen worden. Die Übersendung des Protokolls der Sitzung und der darin gefassten Beschlüsse - auch zu den Kosten - stellten aus der Sicht des Empfängers keine bloße Ankündigung einer Entscheidung, sondern die Bekanntgabe der Entscheidung selbst dar. Bei der Beschlussfassung handelt es sich um einen Vorgang der internen Willensbildung eines kollegial verfassten Entscheidungsgremiums, der aber mit der Abstimmung abgeschlossen ist. Die damit getroffene Regelung erlangt mit der Bekanntgabe die unmittelbare Rechtswirkung nach außen, auf die sie gerichtet ist. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Schreibens vom 21.4.2009 gingen sowohl der Kläger als Empfänger als auch der Beklagte als Absender davon aus, dass eine abschließende Entscheidung getroffen worden war, auf deren Bestand der Kläger - nicht zuletzt im Hinblick auf die möglicherweise erforderlichen wirtschaftlichen Dispositionen - vertrauen durfte. Lediglich die genaue Begründung, die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes nicht konstitutiv ist und nach § 41 Abs 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden kann, sollte in einem weiteren förmlichen Bescheid erfolgen. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung hatte lediglich die Folge des § 66 Abs 2 SGG. Dementsprechend werten auch die Beteiligten übereinstimmend das Schreiben vom 21.4.2009 als Verwaltungsakt.

18

Dieser Verwaltungsakt war nach § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe an den Kläger wirksam geworden. Wie sich aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB X ergibt, bleibt der Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

19

b) Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Entscheidung lagen nicht vor. Die Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 21.4.2009 war nur nach Maßgabe des § 45 SGB X möglich, dessen Anforderungen der angefochtene Bescheid nicht genügt.

20

aa) Die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften sind anwendbar, weil sie nicht gemäß § 37 SGB I durch Besonderheiten des Vertragsarztrechts verdrängt werden. Das Verfahren zur Verhängung eines Regresses ist zwar spezialgesetzlich durch § 106 Abs 5 SGB V geprägt. Für die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Prüfbescheiden finden sich indes keine besonderen Vorschriften für den vertragsärztlichen Bereich, sodass die Vorschriften der §§ 44 ff SGB X heranzuziehen sind. Wenn ein Prüfgremium in einem Einzelfall die maßgeblichen gesetzlichen und/oder untergesetzlichen Vorschriften, über deren generelle Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit kein Streit besteht, individuell fehlerhaft handhabt, bestehen keine relevanten Unterschiede zu der typischen Situation im Verwaltungsverfahrensrecht, dass nämlich eine Behörde bei Anwendung der maßgeblichen Vorschriften auf den Einzelfall fehlerhaft handelt. Die Besonderheiten von Honorarbescheiden bzw generell der vertragsärztlichen Honorierung, vor allem die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Vergütung von der Wirksamkeit zahlreicher untergesetzlicher Vorschriften und die vielfach bei Erlass des Honorarbescheides fehlende Gewissheit über die Höhe der insgesamt zur Verteilung stehenden Beträge, spielen insoweit keine Rolle. Die dazu vom Senat entwickelten Grundsätze sind nicht betroffen. Anders als bei einem Honorarbescheid, der stets unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Korrektur ergeht (stRspr vgl zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 106a Nr 11), ist beim Erlass eines Regressbescheides eine nachträgliche Überprüfung der Verordnungsweise erfolgt und abgeschlossen. Der Vertragsarzt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass es - vorbehaltlich einer Anfechtung durch Dritte - bei einem ihm mitgeteilten Ergebnis einer Überprüfung seiner Behandlungs- oder Verordnungsweise jedenfalls in dem Sinne verbleibt, dass der Regress nicht zu seinen Lasten verschärft wird. Dementsprechend schränkt der Senat auch die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ein, soweit die KÄV diese Befugnis bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung; Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 43/12 R - BSGE = SozR 4-2500 § 106a Nr 11). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen. Auch in der hier zu beurteilenden Situation besteht kein Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist.

21

bb) Die Rücknahme des Verwaltungsaktes richtet sich nach § 45 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

22

(a) Der Regressbescheid vom 21.4.2009 war von Anfang an rechtswidrig, weil er nicht berücksichtigt hat, dass im Hinblick auf die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. (für 2003) die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen umfassend für alle gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen war. Es kann offenbleiben, ob die am 1.3.2007 in Kraft getretene Regelung des § 27 der Prüfvereinbarung, wonach der Widerspruch einer Krankenkasse für alle am Verfahren beteiligten Krankenkassen und Verbände gilt, auf die hier zu einem früheren Zeitpunkt eingelegten Widersprüche Anwendung findet. Jedenfalls stellt nach der Rechtsprechung des Senats die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung einen einheitlichen Vorgang dar, an dem die Krankenkassen und ihre Verbände ein übergreifendes rechtlich geschütztes Interesse haben, weshalb der Widerspruch einer Krankenkasse auch für die übrigen beschwerten Krankenkassen bzw Verbände wirkt (vgl BSGE 60, 69, 71 = SozR 2200 § 368n Nr 42 S 137, 138 f; SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 61, 64; BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 21 zur notwendigen Beiladung; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 10). Der Beklagte hätte mithin, wie im Bescheid vom 28.8.2009 geschehen, umfassend über die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Klägers und nicht nur beschränkt auf die die Beigeladenen zu 2. und 6. betreffenden Fälle entscheiden müssen. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die statistischen Werte, die zur Einleitung des Prüfverfahrens führten, vom Beklagten im Hinblick auf das individuelle Leistungsspektrum des Klägers nicht als aussagekräftig angesehen wurden. Auch die Überprüfung anhand von Einzelfällen ist nur dann auf eine Krankenkasse beschränkt, wenn sich eine solche Beschränkung aus einem besonderen Antrag oder dem Widerspruch ergibt. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine Krankenkasse eine einzelfallbezogene Prüfung im Hinblick auf die Verordnung eines bestimmten Arzneimittels für einen konkreten Patienten beantragt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 23; so auch die Konstellation etwa in BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38). Wird hingegen, wie hier, eine generelle Überprüfung der Verordnungsweise in Form einer Einzelfallprüfung durchgeführt, weil eine ursprünglich vorgesehene statistische Durchschnittsprüfung wegen Besonderheiten ausscheidet, besteht grundsätzlich kein Anlass, die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht als einheitlichen Vorgang zu sehen. Die Widersprüche der Beigeladenen zu 2. und 6. enthielten insofern auch keinerlei Einschränkung.

23

(b) Der Bescheid vom 21.4.2009 hatte für den Kläger begünstigende Wirkung, soweit der Regress auf die die Beigeladenen zu 2. und 6. betreffenden Fälle beschränkt war. Es handelte sich um einen Verwaltungsakt, der sowohl belastende Elemente - den Regress bezüglich der Verordnung von Profact zu Lasten der Beigeladenen zu 2. und 6. - als auch begünstigende Elemente - das Absehen von einem weitergehenden Regress - enthielt. Ein Bescheid, in dem eine zu niedrige Verpflichtung ausgesprochen wird, beinhaltet zwar eine Belastung insofern, als überhaupt eine Verpflichtung festgelegt wird, gleichzeitig aber insoweit eine Begünstigung, als gemessen an den gesetzlichen Vorgaben eine Minderbelastung festgelegt wird. Soweit später die Begünstigung eingeschränkt oder beseitigt werden soll, beurteilt sich dies nach § 45 Abs 1 SGB X(vgl BSGE 70, 117, 120 = SozR 3-1300 § 45 Nr 11).

24

(c) Da die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgte, war sie nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X nur beschränkt auf die in § 45 Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB X näher geregelten Konstellationen möglich. Danach besteht Vertrauensschutz, soweit der Begünstigte den Verwaltungsakt nicht durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Einer dieser Fälle, die einen Vertrauensschutz ausschließen, lag nicht vor. Vertrauensschutz scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Bescheid vom 21.4.2009 noch von den betroffenen Krankenkassen bzw ihren Verbänden hätte angefochten werden können. In einem etwaigen Klageverfahren hätten sie zwar eine Änderung des Bescheides zu ihren Gunsten und zu Lasten des Klägers erreichen können. Dass insofern das Verbot der reformatio in peius, das grundsätzlich auch im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gilt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 34), im Fall der Drittbetroffenheit einer Verschlechterung der Rechtsposition nicht entgegensteht (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 42), lässt das schutzwürdige Vertrauen gegenüber der erlassenden Behörde darauf, dass der Bescheid nur noch mit den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen aufgehoben werden kann, aber nicht entfallen. Das Anfechtungsrecht Dritter erweitert nicht die Befugnisse der Behörde zur Aufhebung eines Bescheides von Amts wegen. Die nachträgliche Erkenntnis der Rechtswidrigkeit, die der Beklagte hier als Besonderheit anführt, ist gerade der typische Ausgangspunkt für eine Rücknahme nach § 45 SGB X. Tatsächlich ist der Bescheid von den Beigeladenen nicht angegriffen worden. Nur für den Fall der Anfechtung durch einen Dritten ist aber nach § 49 SGB X die Geltung des § 45 Abs 1 bis 4 SGB X suspendiert. Es reicht nicht aus, dass eine Anfechtungsmöglichkeit besteht, erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben hat (vgl Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Juni 2014, K § 49 RdNr 9; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 49 RdNr 6; Steinwedel in Kass Komm, Stand: Dezember 2013, SGB X § 49 RdNr 5). § 49 SGB X trägt nur der besonderen Interessenlage im Fall einer Drittanfechtung Rechnung, will aber nicht unabhängig davon der Behörde die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte erleichtern.

25

(d) Kommt demnach eine Rücknahme des Bescheides bereits wegen Vertrauensschutzes des Klägers nicht in Betracht, fehlt es darüber hinaus an der nach § 45 Abs 1 SGB X erforderlichen Ermessensausübung. Da § 49 SGB X nur nach Einleitung eines Anfechtungsverfahrens Anwendung findet und damit hier nicht heranzuziehen ist, kann offenbleiben, ob auch im Anwendungsbereich von § 49 SGB X Ermessen auszuüben ist(vgl LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 17.2.2011 - L 5 KR 9/10 - Juris RdNr 32; Merten aaO RdNr 14; Schütze aaO RdNr 2; Steinwedel aaO RdNr 8; offengelassen bei BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 60; BSG Urteil vom 3.7.2013 - B 12 KR 8/11 R -, BSGE , SozR 4-1500 § 66 Nr 4 RdNr 43)und ob in diesem Fall Vertrauensschutzgesichtspunkte im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sind (so Schütze aaO; vgl näher dazu Merten aaO mwN). Es besteht jedenfalls nicht allein wegen der Drittbetroffenheit eine Ermessensreduzierung auf Null. Die Interessen der Drittbetroffenen sind bereits durch die Möglichkeit der Anfechtung und die Befreiung von den Rücknahmebeschränkungen des § 45 Abs 1 bis 4 SGB X berücksichtigt. Lediglich in besonders gelagerten Fällen können möglicherweise spezifische Interessen Dritter eine solche Ermessensreduzierung bewirken. Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.

26

2. Soweit der Beklagte gegen den Kläger einen Regress in Höhe von 12 150,93 Euro wegen der Verordnung von Profact Depot 3-Monatsspritzen für Versicherte der Beigeladenen zu 2. sowie in Höhe von 11 659,48 Euro für Versicherte der Mitgliedskassen des Beigeladenen zu 6. festgesetzt hat, ist der Bescheid vom 28.9.2009 rechtmäßig.

27

a) Da der Bescheid vom 28.9.2009 insoweit lediglich den Verfügungssatz des früheren Bescheides wiederholt hat, beinhaltete er keine Aufhebung des Bescheides vom 21.4.2009. Inhaltlich hat er bezogen auf die Beigeladenen zu 2. und zu 6. nur den Verfügungssatz des Verwaltungsakts vom 21.4.2009 aufgenommen und eine ausführliche Begründung gegeben. Eine solche wiederholende Verfügung wird von der Rechtsprechung in der Regel nicht als Verwaltungsakt eingestuft (vgl BSGE 68, 228, 230 = SozR 3-2200 § 248 Nr 1 S 3 f; BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-5860 § 15 Nr 1 RdNr 25). Im Hinblick auf die Besonderheiten des Falles, insbesondere wegen der Umstände beim Erlass des Bescheides und des engen Zusammenhangs mit der weitergehenden Regressfestsetzung, ist hier ausnahmsweise eine andere Bewertung gerechtfertigt. Ansonsten müsste im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Klage auch den ursprünglichen Regressbescheid vom 21.4.2009 erfassen sollte.

28

b) Rechtsgrundlage des angefochtenen Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die auch in den weiteren Jahren 2002 bis 2004 galt). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (§ 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 16). Diese Prüfvereinbarungen - hier in § 8 Abs 3 - ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und die Wahl dieser Prüfmethode rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Behandlungs- oder Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 14) oder sich - wie hier wegen der speziellen Ausrichtung der Praxis - die Prüfung nach Durchschnittswerten im Einzelfall als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erweist (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 8 RdNr 10).

29

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass es sich bei Streitigkeiten über die vertragsarztrechtliche Zulässigkeit von Arzneiverordnungen um einen Fall des § 106 Abs 2 SGB V und nicht um einen Regress "wegen sonstigen Schadens" iS des § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte handelt. Der Beklagte ist selbst zutreffend davon ausgegangen, dass Verordnungen, die die Grenzen der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht eingehalten haben, keinen "sonstigen Schaden" der Krankenkasse darstellen, sondern ein Arzneikostenregress durchzuführen ist, dessen Rechtsgrundlage § 106 Abs 2 SGB V ist(vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 27/12 R - BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 14 mwN; SozR 4-2500 § 106 Nr 43 RdNr 10).

30

c) Die Voraussetzungen für einen Regress im Wege der Einzelfallprüfung gemäß § 106 Abs 2 SGB V waren erfüllt. Der Kläger durfte das Arzneimittel Profact Depot 3-Monatsspritzen nicht zur Behandlung des Mamma-Karzinoms verordnen. Dies folgt daraus, dass dessen Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nur für die Anwendung bei der Diagnose Prostatakrebs erfolgt war, sodass die Verordnung von Profact Depot bei anderen Krebsarten wie dem Mammakarzinom einen Off-Label-Use darstellte. Dessen Voraussetzungen lagen nicht vor.

31

Ein solcher Off-Label-Use von zugelassenen Arzneimitteln ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesen Fällen nicht das Verfahren nach dem AMG durchlaufen wurde, das mit der Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auf die Gewährleistung von Arzneimittelsicherheit angelegt ist. Wie vom 1. Senat des BSG in langjähriger Rechtsprechung wiederholt herausgestellt und vom 6. Senat weitergeführt worden ist, müssen für einen zulässigen Off-Label-Use - zum einen - eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen (dh eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung), und es darf - zum anderen - keine andere zugelassene Therapie verfügbar sein, und - zum dritten - aufgrund der Datenlage muss die begründete Aussicht bestehen, dass mit dem betroffenen Arzneimittel ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (stRspr; BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 51 f; zusammenfassend BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 16; SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 16; zuletzt BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40). Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen nur dann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse über Nutzen und Risiken des Mittels aufgrund von Phase III-Studien vorliegen, die eine erweiternde Zulassung ermöglichen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind (BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17). Ergänzend ist stets zu prüfen, ob ausnahmsweise eine Verordnung unter Zugrundelegung der vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) aufgestellten - und jetzt in § 2 Abs 1a SGB V nF normierten - Voraussetzungen zulässig und geboten ist bzw war.

32

aa) Dass es sich beim Mamma-Karzinom um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, liegt auf der Hand. Es stehen aber zur Hormontherapie von Patientinnen mit Mamma-Karzinom mit Zoladex und Enantone Gyn zugelassene Arzneimittel zur Verfügung. Der Kläger trägt selbst vor, er habe Profact 3-Monats-Depot als Alternative zu dem zugelassenen Arzneimittel Zoladex angewendet, das nur als Einmonatsdepot zur Verfügung gestanden habe. Dass Profact aus Sicht des Klägers wirksamer als die zugelassenen Arzneimittel und in der Anwendung weniger belastend ist, ändert nichts daran, dass es, was der Kläger auch grundsätzlich nicht bestreitet, in den hier zu beurteilenden Quartalen eine anerkannte Standardtherapie gab, der Off-Label-Use mithin nicht alternativlos ist. Für eine Abwägung des Für und Wider des für eine bestimmte Indikation zugelassenen Arzneimittels und des Arzneimittels im Off-Label-Use ist in diesem Zusammenhang kein Raum. Allein das zugelassene Arzneimittel ist bereits im Arzneimittelzulassungsverfahren auf seine therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für das im Zulassungsantrag benannte Anwendungsgebiet überprüft worden (vgl § 22 Abs 1 Nr 6 AMG und dazu BSGE 89, 184, 186 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 30 f). Das Fehlen eines Dreimonatsdepots von Zoladex führt keineswegs, wie der Kläger meint, zwingend zur Zulässigkeit der Anwendung des Dreimonatsdepots von Profact. Wie der Beklagte im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, handelt es sich um zwei verschiedene Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen und Wirkstoffmengen. Die Belastung der Patientinnen durch häufigere Injektionen stellt Zoladex und Enantone Gyn als Standardtherapie nicht in Frage.

33

bb) Darüber hinaus fehlt es auch an der dritten Voraussetzung für einen Off-Label-Use, nämlich an ausreichenden Belegen für eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg: Diese dritte Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn im Behandlungszeitpunkt entweder bereits eine klinische Prüfung mit Phase III-Studien veröffentlicht und ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt worden ist oder wenn sonstwie zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen, aufgrund derer sich in den einschlägigen Fachkreisen ein Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der angewendeten Methode gebildet hat. Außerhalb und während eines Zulassungsverfahrens muss die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachzuweisen ist, derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich entsprechen. Dies bedeutet, dass der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens erforderliche wissenschaftliche Nachweis durch Studien erbracht werden muss, die die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17; BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 33). Nach den Feststellungen des LSG gibt es Phase III-Studien für Profact in der Anwendung beim Mamma-Karzinom nicht. Eine entsprechende Zulassung ist nicht beantragt. Aus welchen Gründen der Hersteller die Zulassung von Profact 3-Monats-Depot für die Anwendung beim Mamma-Karzinom bislang nicht beantragt und damit eine arzneimittelrechtliche Überprüfung ermöglicht hat, ist unerheblich.

34

Die vom Kläger vor dem SG vorgelegten Studien und Stellungnahmen erlauben keine andere Beurteilung. Sie betreffen zunächst die Vorteile der zur Injektion verwendeten Nadel. Die Stellungnahme von Prof. Dr. S, auf die der Kläger explizit Bezug nimmt, beruht auf einer Reihe von Publikationen, die die Eignung des Dreimonatsdepots von Profact bei der Behandlung des Mammakarzinoms zum Gegenstand haben. Eine Phase III-Studie wird dabei nicht erwähnt. Auch die sonstige vom Kläger vorgelegte wissenschaftliche Literatur enthält allenfalls Phase I-II-Studien, randomisierte Studien werden nicht belegt. Teilweise betreffen die Veröffentlichungen bereits andere Krankheitsbilder wie etwa Male breast Cancer, in anderen Veröffentlichungen wurde die Wirksamkeit von Burserelin im Zusammenwirken mit anderen Arzneimitteln, etwa Tamoxifen, untersucht.

35

d) Schließlich lagen auch die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BVerfG der Einsatz eines Arzneimittels unter Außerachtlassung der Begrenzungen durch das AMG und durch § 135 Abs 1 SGB V zulässig sein kann, nicht vor. Das BVerfG hat - zunächst für nicht anerkannte Behandlungsmethoden - aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG iVm der sich daraus ergebenden Schutzpflicht abgeleitet, dass in Fällen, in denen eine lebensbedrohliche oder in der Regel tödlich verlaufende Krankheit vorliegt und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, der Versicherte nicht von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode ausgeschlossen werden darf, wenn diese eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bietet (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 33). Diese Grundsätze haben das BVerfG und das BSG auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln übertragen. Sofern eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt (oder - wie das BSG es formuliert - eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung, vgl dazu BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32) und eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, erstreckt sich der Versorgungsanspruch des Versicherten über die Beschränkungen der arzneimittelrechtlichen Zulassung hinaus auf die Versorgung mit solchen Arzneimitteln, die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bieten (s hierzu BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 30; SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 30 mwN). Diese Voraussetzungen für erweiterte Behandlungsmöglichkeiten ohne die Beschränkungen durch das AMG sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil es eine nach dem AMG und dem SGB V anerkannte Verordnungsalternative gab.

36

e) Das LSG hat schließlich zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei einem Arzneimittelregress nicht darauf ankommt, ob als Folge der Verordnungen des Arztes der Krankenkasse des Versicherten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wird der durch eine unrechtmäßige ärztliche Verordnung eingetretene Schaden nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Krankenkasse des Versicherten bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären. Diese Rechtsprechung berücksichtigt, dass es auf die Beachtung der für die vertragsarztrechtliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme, wenn die Kosten, die hypothetisch bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, schadensmindernd berücksichtigt würden (vgl BSG SozR 4-5540 § 48 Nr 2 RdNr 36 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 51 betr Verordnung von Sprechstundenbedarf; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 betr unzulässige faktisch-stationäre Behandlung; BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11 betr eine als Praxisgemeinschaft auftretende Gemeinschaftspraxis; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 7 RdNr 17 f betr zu lange stationäre Versorgung; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 betr Verordnung von autologen Tumorvakzinen; BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 46 betr Verordnung von Immunglobulin; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 44 betr Verordnung von Megastat).

37

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Danach tragen der Kläger und der Beklagte als unterlegene Rechtsmittelführer die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. April 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Auszahlung eines Rentenbetrags, den die Beklagte aufgrund einer formularmäßigen Abtretungserklärung an die beigeladene Bank ausgekehrt hat.

2

Die im Jahre 1949 geborene Klägerin stellte im Dezember 1998 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, der im Verwaltungsverfahren erfolglos blieb. Während des Gerichtsverfahrens unterzeichneten die Klägerin und die beigeladene Bank am 15.12.2000 ein Formular, in dem die Klägerin "ihren Anspruch auf Nachzahlung einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente in voller Höhe" an die Beigeladene abtrat zur Sicherung aller Ansprüche der Beigeladenen gegen die Klägerin und ihren Ehemann aus der bestehenden Geschäftsbeziehung. Am 19.12.2000 erhielt die Beklagte Kenntnis von der Abtretung und erwiderte der Beigeladenen mit Schreiben vom 27.12.2000, dass sie zwar deren Forderung anerkenne, aber keine Zahlungen leisten könne, weil der Klägerin bisher keine Leistungen gewährt worden seien.

3

Mit außergerichtlichem Vergleich vom September 2004 verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin aufgrund eines am 31.12.2000 eingetretenen Leistungsfalls Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.1.2001 zu gewähren. Im Ausführungsbescheid vom 2.11.2004 bestimmte sie den monatlichen Zahlbetrag der Rente ab 1.12.2004 auf 838,50 Euro und verfügte zugleich, dass sie die ab 1.1.2001 aufgelaufene Rentennachzahlung (iHv 38 792,44 Euro) vorläufig einbehalten werde.

4

In der Folgezeit befriedigte die Beklagte aus diesem Nachzahlbetrag vorrangige - unstreitige - Erstattungsansprüche anderer Leistungsträger (iHv 23 373,92 Euro). Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dass aus der laufenden monatlichen Rentenzahlung kein nach der Anlage 2 zu § 850c ZPO pfändbarer und insoweit abtretbarer Betrag zur Verfügung stehe(Schreiben vom 5.11.2004), verlangte die Klägerin die Auszahlung der restlichen Nachzahlung (iHv 15 418,52 Euro) an sich unter Hinweis auf die Nichtigkeit der Abtretung (Schreiben vom 10.11.2004). Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten im Frühjahr 2005 (Schreiben der Beklagten vom 2., 3.,17.2. und 19.4.2005) zahlte die Beklagte schließlich den streitigen Rentennachzahlbetrag aufgrund der Abtretungserklärung an die beigeladene Bank aus.

5

Mit der im August 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin die Auszahlung der Rentennachzahlung iHv 15 418,52 Euro an sich verlangt. Die Klage blieb erfolglos (Urteil SG Berlin vom 4.6.2010). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der mit Bescheid vom 2.11.2004 festgestellten Rentennachzahlung für die Zeit vom 1.1.2002 bis 30.11.2004 verurteilt, soweit nicht für diesen Zeitraum anderen Trägern Leistungen erstattet worden sind. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klage sei mit einem Grundurteil stattzugeben gewesen. Die Klägerin habe zutreffend eine allgemeine Leistungsklage erhoben, denn ein Verwaltungsakt (VA) habe in der vorliegenden Konstellation nicht ergehen müssen. Die Beklagte habe die Rentennachzahlung nicht mit befreiender Wirkung (§ 362 BGB) an die Beigeladene ausgekehrt. Denn die Abtretung sei unwirksam, da sie nicht den Voraussetzungen von § 53 SGB I entspreche. Sie könne weder auf § 53 Abs 3 SGB I gestützt werden, weil der Rentennachzahlbetrag bei monatlicher Berechnungsweise unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liege, noch sei § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I einschlägig, weil es an der Feststellung des wohlverstandenen Interesses des Berechtigten fehle. Schließlich liege auch keine Abtretung nach § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I vor, weil im Zeitpunkt ihrer Erklärung (am 15.12.2000) die Rentenleistung noch nicht fällig gewesen sei. Der Wortlaut der Norm setze aber "fällig gewordene Sozialleistungen" voraus. Der Rentenanspruch sei erst mit Wirkung vom 1.1.2001 fällig geworden. Auch das BSG gehe davon aus, dass unter § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I erst zukünftig entstehende, bestimmbare Forderungen nicht fielen(Hinweis auf BSG vom 7.9.1988 - 10 RKg 18/87 - SozR 1200 § 53 Nr 8 S 28).

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I. Sie hält die Abtretung für wirksam und meint, dass sie zur Auszahlung der Rentennachzahlung an die Beigeladene verpflichtet gewesen sei. Hinsichtlich der von der Klägerin vorgetragenen Einwände gegen die Abtretung beruft sie sich auf die Schuldnerschutzvorschrift von § 409 BGB. Entgegen der Ansicht des LSG sei es nach § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I unerheblich, ob der Abtretungsvertrag zeitlich vor Fälligkeit des Rentenanspruchs auf volle Erwerbsminderung geschlossen worden sei. Die in dieser Vorschrift enthaltene Formulierung "auf fällig gewordene Sozialleistungen" bedeute lediglich, dass die Vorleistung für einen Zeitraum erfolgt sein müsse, für den dem Berechtigten die Sozialleistung zugestanden habe. Die Vorschrift verfolge das Prinzip der zeitlichen Kongruenz von Vorleistung und Gewährung der Sozialleistung. Nur diese Betrachtungsweise lasse die Abtretung im Fall monatlich wiederkehrender Vorleistungen sinnvoll erscheinen.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. April 2012 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Berufungsurteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die Beklagte nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSGE 57, 211, 212 und Senatsurteil vom 23.5.1995 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7) über die Abtretung durch VA hätte entscheiden müssen. Daran fehle es hier.

10

Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Beklagten an und stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Einer Sachentscheidung steht entgegen, dass auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht beurteilt werden kann, ob die Klage zulässig ist.

12

1. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren beantragte (reine) Leistungsklage wäre nur dann die zutreffende Klageart, wenn mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, begehrt wird und ein VA nicht zu ergehen hätte (§ 54 Abs 5 SGG). Dies trifft für die vom LSG festgestellte Fallgestaltung nicht zu.

13

Die Klägerin begehrt als Versicherte die Auszahlung jenes Teils (iHv 15 418,52 Euro) des Nachzahlungsbetrags, der durch Bescheid vom 2.11.2004 festgestellt und vorläufig einbehalten worden war (iHv 38 792,44 Euro), der nicht bereits durch die Befriedigung von Erstattungsansprüchen anderer Leistungsträger aufgezehrt war und den die Beklagte an die Beigeladene als Abtretungsgläubigerin ausgekehrt hat.

14

In dieser Konstellation durfte die Beklagte im Verhältnis zur Versicherten nicht ohne den Erlass eines (weiteren) VA (§ 31 SGB X) entscheiden; dann aber ist auch die Durchführung des Vorverfahrens Prozessvoraussetzung (§ 78 SGG). Die Feststellungen des LSG erlauben hierzu keine abschließende Entscheidung.

15

Der vom LSG festgestellte Rentenbescheid vom 2.11.2004 enthält Regelungen über den Grund und die Höhe des monatlichen Zahlbetrags der Erwerbsminderungsrente sowie über den vorläufigen Einbehalt der aufgelaufenen Rentennachzahlung (zum VA-Erfordernis beim Einbehalt von laufenden Rentenbeträgen oder aufgelaufenen Nachzahlungen, vgl Senatsurteile vom 3.4.2003 - BSGE 91, 68 = SozR 4-1300 § 31 Nr 1, RdNr 9; vom 13.12.2001 - BSGE 89, 111, 113 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1 S 3).

16

Im Fall einer Abtretung der Sozialleistung hat der Sozialleistungsträger zudem im Verhältnis zum Sozialleistungsberechtigten (Versicherten) die Höhe des diesem (noch) auszuzahlenden Betrags durch VA zu regeln (vgl BSGE 57, 211, 212 = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr 1; BSGE 61, 100, 102 f = SozR 1200 § 54 Nr 11; BSG SozR 1300 § 63 Nr 10 S 34; Senatsurteil vom 23.5.1995 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7 S 39; BSGE 76, 184, 186 = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 48; BSG SozR 4-1200 § 53 Nr 1 RdNr 18). Ob die abgetretene Sozialleistung im Verhältnis zum Abtretungsempfänger (hier die beigeladene Bank) durch VA zuzuerkennen ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung (verneinend BSGE 70, 37, 40 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2 S 10; vgl aber BSGE 61, 100, 102 f = SozR 1200 § 54 Nr 11 S 28 f; offengelassen im Senatsurteil vom 23.5.1995 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7 S 39 und in BSGE 76, 184, 186 = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 48).

17

Die aufgezeigte Rechtsprechung steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des 2. Senats vom 15.6.2010 (BSG SozR 4-1200 § 53 Nr 3), wenn dort entschieden wurde, dass die Klägerin als Mitglied einer Erbengemeinschaft - und nicht als Versicherte - die Auszahlung einer an den Versicherten durch VA festgestellten Rentennachzahlung durch allgemeine (reine) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend machen durfte, ohne dass ein weiterer VA zu ergehen brauchte (BSG aaO, RdNr 15, 16).

18

Vorliegend hat das LSG aber keinen VA festgestellt, der den aufgezeigten Anforderungen entspricht. Weder aus seinem Tatbestand noch den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass die Beklagte im Anschluss an den Rentenbescheid vom 2.11.2004 gegenüber der Klägerin die endgültige Rentennachzahlung abgelehnt oder deren Auskehrung an die Beigeladene geregelt hat.

19

Aus der Notwendigkeit einer weiteren Regelung im Verhältnis der Versicherten folgt, dass es neben der hier erhobenen (reinen) Leistungsklage zusätzlich der Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG bedarf. Die hiernach zutreffende Klageart wäre mithin die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG; vgl dazu Senatsurteil vom 23.5.1995 - SozR 3-1200 § 53 Nr 7 S 39; BSGE 76, 184, 185 f = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 47; vgl aber BSGE 57, 211, 212 = SozR 1200 Art 2 § 18 Nr 1, für den Fall, dass der Träger einen VA "ausdrücklich verweigert", was dem Kläger bei seiner Rechtsverfolgung mittels Leistungsklage nicht zum Nachteil gereichen darf).

20

Vor Erhebung der Anfechtungsklage bedarf es nach § 78 Abs 1 S 1 SGG der Durchführung des Widerspruchsverfahrens. Feststellungen des LSG finden sich hierzu nicht. Sollte ein Widerspruchsbescheid bisher nicht ergangen sein, hätte das LSG das Berufungsverfahren bis zur Nachholung des Vorverfahrens auszusetzen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3a mwN). Nur dann, wenn die Beklagte es unterlassen hätte, den Antrag auf Vornahme eines VA innerhalb angemessener Frist sachlich zu bescheiden, käme die Untätigkeitsklage nach § 54 Abs 1 S 1 iVm § 88 SGG in Betracht.

21

Die fehlenden Feststellungen wird das LSG durch Auswertung der Akten der Beklagten nachzuholen haben.

22

2. Mangels Feststellbarkeit der Zulässigkeit der Klage kann der Senat offenlassen, ob er in materieller Hinsicht der Rechtsansicht des LSG folgt, nach der - unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 7.9.1988 (10 RKg 18/87 - SozR 1200 § 53 Nr 8 S 28) -die Abtretung nach § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I unwirksam sei, weil diese Norm voraussetze, dass die Sozialleistung im Zeitpunkt ihrer Abtretung bereits fällig gewesen sein müsse. Hierzu gibt der Senat zu bedenken, dass die in § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I enthaltene Formulierung "im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen" der Wirksamkeit der hier vor Fälligkeit der Sozialleistung (1.1.2001) vereinbarten Abtretung (15.12.2000) dann nicht entgegenstünde, wenn nach dieser Norm ausreichend wäre, dass die Sozialleistung im Zeitpunkt vor dem Erbringen der Vorleistung bereits fällig gewesen ist (vgl Seewald in Kasseler Komm, Stand Oktober 2010, § 53 SGB I RdNr 15, 16; Häusler in Hauck/Noftz, SGB I, Stand Dezember 2005, K § 53 RdNr 25; zum Streitstand der zeitlichen "Kongruenz" oder "Identität" zwischen privater Vorleistung und Fälligkeit der Sozialleistung vgl v. Maydell in Kretschmer/v. Maydell/Schellhorn, GemeinschaftsKomm zum SGB-AT, 3. Aufl 1996, § 53 RdNr 15; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 53 RdNr 26; Lilge, SGB I, 3. Aufl 2012, § 53 RdNr 30; Pflüger in Schlegel/Voelzke, Juris Praxiskommentar SGB I, Stand Oktober 2012, § 53 RdNr 59; Gutzler in Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand September 2013, SGB I, § 53 RdNr 13).

23

Dies dürfte nicht im Widerspruch zum notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten stehen und - wie hier im Fall monatlich wiederkehrender Sozialleistungen - auch den Rechtsverkehr nicht über Gebühr beschränken (vgl dazu BT-Drucks 7/868 S 32). Im Rechtsverkehr ist die sog Vorausabtretung anerkannt (vgl BSGE 86, 1, 5 = SozR 3-7610 § 683 Nr 4 S 13; BSGE 70, 37, 40 = SozR 3-1200 § 53 Nr 2 S 10).

24

Sollte das LSG zur Zulässigkeit der Abtretung künftig fälliger Sozialleistungen gelangen, wird es zu klären haben, ob sich die Beklagte auf die im Sozialrecht entsprechend anwendbare Schuldnerschutzvorschrift von § 409 Abs 1 S 2 BGB(vgl dazu BSGE 76, 184, 188 = SozR 3-1200 § 53 Nr 8 S 50) berufen darf. Insofern ist zu beachten, dass die sinngemäße Anwendung von § 409 Abs 1 S 2 BGB die Maßgeblichkeit zwingenden Sozialverwaltungsrechts nicht beeinträchtigen darf und nach § 17 Abs 1 Nr 1 SGB I die Beklagte verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, dass der "Berechtigte" die Leistung erhält(vgl BSG SozR 4-1200 § 53 Nr 3 RdNr 32). Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die in § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I genannten Voraussetzungen vorliegen. Insoweit wird es zu prüfen haben, ob und inwieweit die Klägerin Darlehen bzw Aufwendungen zu einer angemessenen Lebensführung erhalten hat. Dies ist nicht möglich, ohne die genaue Vertragsgestaltung zwischen der Klägerin, ihrem Ehemann und der beigeladenen Bank festzustellen. Das LSG wird klären müssen, ob die Vorleistung der Beigeladenen der Klägerin eine angemessene Lebensführung unter Berücksichtigung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse ermöglicht hat und ob Pfändungsschutzvorschriften (§ 53 Abs 3 SGB I)nicht unterlaufen wurden (vgl dazu Lilge, SGB I, 3. Aufl 2012, § 53 RdNr 28; Pflüger in juris-PK-SGB I, Stand Oktober 2012, § 53 RdNr 60).

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.