Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B

bei uns veröffentlicht am26.03.2014

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. November 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger stand zuletzt von Januar 2000 bis Ende Oktober 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis als Baufacharbeiter. Aufgrund eines am 23.5.2003 erlittenen Arbeitsunfalls bezog er ab 5.7.2003 von der Berufsgenossenschaft Verletztengeld. Antragsgemäß bewilligte ihm die Beklagte ab 1.11.2005 Arbeitslosengeld (Alg) nach § 132 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung (SGB III aF; fiktive Bemessung), weil der Kläger in dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 1.11.2003 bis 31.10.2005 nur an 75 Kalendertagen Arbeitsentgelt erzielt habe. Bei der Bemessung legte sie die Qualifikationsgruppe 3 (abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf) und - ausgehend von einem Tagespendelbereich Ost - die Bezugsgröße Ost zugrunde.

2

Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des Sozialgerichts insoweit geändert, als das Alg unter Heranziehung der Bezugsgröße West zu ermitteln sei; im Übrigen hat es die Berufung des Klägers, mit der dieser eine Bemessung des Alg nach dem gezahlten Verletztengeld begehrt hat, zurückgewiesen und ausgeführt, dass es für dieses Begehren an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehle. Die Berechnungsmethode des § 132 SGB III aF begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die Frage, ob das Vorliegen eines - Verletztengeldzahlungen auslösenden - Arbeitsunfalls der Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts entgegenstehe, sei vom Bundessozialgericht (BSG) noch nicht entschieden. Das LSG negiere seine Rechtsauffassung, dass § 131 Abs 1 S 1 SGB III aF dahingehend auszulegen sei, dass die Tage mit Bezug von Verletztengeld als Tage mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt zu gelten hätten. Bei der Frage, was Arbeitseinkommen "im Sinne der maßgeblichen Norm" sei, sei sein grundgesetzlicher Anspruch auf Gleichbehandlung zu beachten.

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 17.3.2014 nicht.

6

Offenbleiben kann, ob sich dem Vorbringen des Klägers eine grundsätzlich klärungsfähige abstrakte Rechtsfrage entnehmen lässt. Denn jedenfalls hat er die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dargetan.

7

Der Kläger beschränkt sich insoweit einerseits auf die Behauptung, das BSG habe sich mit der Streit entscheidenden Frage bisher nicht befasst, führt andererseits aber - auch vom LSG zitierte - Rechtsprechung des BSG dazu an, dass ua Erziehungsgeld und Rente wegen Erwerbsminderung dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt iS des § 131 Abs 1 S 1 SGB III aF nicht gleichstünden(B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1; B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3 und - B 11 AL 19/10 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 7). Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage aber auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden Begriffs - hier: des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts - aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 8; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; Senatsbeschlüsse vom 7.12.2010 - B 11 AL 74/10 B - Juris RdNr 8 und vom 18.6.2013 - B 11 AL 41/13 B - Juris RdNr 5; stRspr; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314 mwN).

8

Das BSG hat in seinem Urteil vom 21.7.2009 (B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3)zur fiktiven Bemessung in einem Fall Stellung genommen, in dem der Arbeitslose im Bemessungszeitraum Krankengeld (und Rente) bezogen und deshalb nicht an mindestens 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte. Das BSG hat dort keine Veranlassung gesehen, Tage des Bezugs von Krankengeld Tagen mit Bezug von Arbeitsentgelt gleichzustellen und weiter ausgeführt, das Alg solle als existenzsichernde Leistung dem Arbeitslosen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten, den er dadurch erleide, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz finde. Da sich der durch die Arbeitslosigkeit individuell eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lasse, sei es unter den genannten Voraussetzungen unvermeidlich, die Höhe des Alg nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen zu bestimmen. Dabei könne dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt - an dem es im entschiedenen Fall fehlte - grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeige, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte. Das werde in der Regel der Konzeption gerecht, das Alg als Entgeltersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Niveau auszurichten, das den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen vor Entstehung des Anspruchs repräsentiere, sodass vor dem Bemessungszeitraum erzielte höhere Verdienste des Arbeitslosen, für die entsprechende Beiträge entrichtet worden seien, regelmäßig keine Berücksichtigung mehr fänden. Obwohl es deswegen prinzipiell sachgerecht sei, wenn die Bemessung des Alg wegen der genannten Indizwirkung an das Nettoentgelt anknüpfe, das der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im (ggf erweiterten) Bemessungszeitraum bezogen habe, versage diese Bemessungsmethode naturgemäß in den Fällen, in denen es - wie im entschiedenen - an einem vor der Arbeitslosigkeit erzielten Arbeitslohn mangele, sodass der Lohnausfall infolge der Arbeitslosigkeit und der deswegen zu erbringenden Lohnersatzleistung mit einer anderen Methode bemessen werden müsse. Das Gesetz bezwecke nur, dass das Alg seiner Entgeltersatzfunktion auch in Sonderfällen gerecht werde, und müsse nicht zwangsläufig zu einem niedrigeren Alg führen, als es sich nach dem in der Vergangenheit zuletzt erzielten Lohn ergäbe. Das Abstellen auf das pauschalierte Arbeitsentgelt nach Qualifikationsgruppen könne auch vorteilhaft sein. Dies gelte etwa in den Fällen, in denen vor Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen damals bestehender Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bzw -bereitschaft oder aus Arbeitsmarktgründen nur eine unterqualifizierte und daher schlechter bezahlte Beschäftigung ausgeübt worden sei, oder bei zwischenzeitlich erworbenen (zusätzlichen) Qualifikationen.

9

Die Beschwerde setzt sich mit dieser Entscheidung nicht auseinander, obgleich das Verletztengeld (vgl § 47 SGB VII) im Wesentlichen den Regeln des Krankengelds (§ 47 SGB V) folgt. Ebenso wenig erfolgt eine Auseinandersetzung mit den übrigen vom LSG zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Entscheidungen des BSG.

10

Da es der Kläger versäumt aufzuzeigen, dass sich den zitierten Entscheidungen des BSG nicht hinreichende Anhaltspunkte für eine Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage entnehmen lassen, genügt die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG an die Darlegung nicht.

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 47 Höhe und Berechnung des Krankengeldes


(1) Das Krankengeld beträgt 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 vom Hundert des bei ent

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 47 Höhe des Verletztengeldes


(1) Versicherte, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, erhalten Verletztengeld entsprechend § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches mit der Maßgabe, daß1.das Regelentgelt aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Ar

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundessozialgericht Beschluss, 26. März 2014 - B 11 AL 14/14 B zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 18. Juni 2013 - B 11 AL 41/13 B

bei uns veröffentlicht am 18.06.2013

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Urteil, 25. Aug. 2011 - B 11 AL 19/10 R

bei uns veröffentlicht am 25.08.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2010 - B 11 AL 74/10 B

bei uns veröffentlicht am 07.12.2010

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).

2

Die Klägerin, staatlich geprüfte Betriebswirtin, war seit 1996 im Hotel- und Gaststättengewerbe bei einem Getränkeunternehmen als Gebietsleiterin beschäftigt. Vom 8.4. bis 26.7.2001 bezog sie im Zusammenhang mit der Geburt ihres ersten Kindes am 31.5.2001 Mutterschaftsgeld. Die anschließende Elternzeit mit zeitweisem Bezug von Erziehungsgeld verlängerte sich nach der Geburt des zweiten Kindes am 16.8.2002 bis zum 15.8.2005. Der Arbeitgeber der Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2005 und beschäftigte die Klägerin nur noch vom 16.8. bis 30.11.2005.

3

Mit Wirkung zum 1.12.2005 meldete sich die Klägerin arbeitslos. Die Beklagte bewilligte das beantragte Alg ab 1.12.2005 in Höhe von 29,05 Euro täglich auf der Grundlage eines fiktiven Bemessungsentgelts von 64,40 Euro entsprechend der Qualifikationsgruppe 3 (Bescheid vom 19.12.2005). Der Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die Elternzeit sei bei der Bemessung außer Betracht zu lassen, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.2.2006). Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ein von der Klägerin angenommenes Teilanerkenntnis abgegeben, mit dem sie der Bemessung des Alg ein Bemessungsentgelt von 80,50 Euro entsprechend der Qualifikationsgruppe 2 zugrunde gelegt hat. Dementsprechend wurde der Klägerin Alg in Höhe von 34,41 Euro täglich bewilligt (Änderungsbescheid vom 14.8.2006).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1.12.2005 Alg auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 135,13 Euro zu gewähren (Urteil vom 29.5.2006).

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.10.2007). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Da bei der Klägerin innerhalb eines auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens gemäß § 130 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar seien, müsse eine fiktive Bemessung nach § 132 SGB III erfolgen. Entgegen der Auffassung des SG führten Erziehungszeiten nicht zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens. Gegen die gesetzlichen Regelungen bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Art 6 Abs 4 Grundgesetz (GG) verlange zwar vom Gesetzgeber, den bei Schwangerschaft und Mutterschaft entstehenden Belastungen entgegenzuwirken, verpflichte aber nicht zu einem Ausgleich jeder mit der Elternschaft zusammenhängenden wirtschaftlichen Belastung. Dass bei längerer Unterbrechung der Beschäftigung für die Höhe des Alg nicht mehr auf vorheriges Arbeitseinkommen Bezug genommen werde, sei eine durch sachliche Gründe zu rechtfertigende Regelung. Es sei auch nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei der Zuordnung fiktiver Entgelte an die Berufsausbildung anknüpfe; das Zurückbleiben fiktiv ermittelter Arbeitsentgelte hinter dem tatsächlichen Durchschnittsentgelt der jeweiligen Gruppe sei nicht willkürlich, sondern lasse sich dadurch rechtfertigen, dass Rückkehrer in den Beruf betroffen seien, welche in der Realität des Arbeitsmarktes typischerweise für die erste Zeit Lohnabschläge hinnehmen müssten. Auch gelte es zu verhindern, dass hohe Entgeltersatzleistungen das Interesse an der Aufnahme einer neuen Beschäftigung verringerten. Auch der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit führe nicht zu einer Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, bei der Bemessung des Alg sei das vor der Kindererziehung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Die Einbeziehung von Erziehungszeiten in den Bemessungsrahmen sei ebenso verfassungswidrig wie die Festsetzung fiktiver, weit unterhalb der tatsächlichen Löhne liegender Arbeitsentgelte. Denn dadurch führe die Elternzeit zum Verlust von mit hohen Beitragsleistungen erdienten Leistungsansprüchen, was eine Diskriminierung von Frauen darstelle.

7

Auf Antrag der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 29.10.2008 das Ruhen des Verfahrens (B 11 AL 1/08 R) bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2909/08 angeordnet. Nachdem das BVerfG mit Kammer-Beschluss vom 11.3.2010 entschieden hatte, hat die Klägerin das Verfahren erneut angerufen.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 16. Oktober 2007 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 29. Mai 2006 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Recht der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg ab 1.12.2005.

12

1. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg dem Grunde nach (§ 117 Abs 1 Nr 1, § 118 SGB III), ohne deren Vorliegen eine Klage auf höhere Leistungen keinen Erfolg haben kann, sind gegeben.

13

Den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist zu entnehmen, dass sich die Klägerin mit Wirkung zum 1.12.2005 arbeitslos gemeldet hat (§ 118 Abs 1 Nr 2 und Abs 2, § 122 Abs 1 SGB III) und dass sie ab diesem Zeitpunkt arbeitslos iS der §§ 118 Abs 1 Nr 1, 119 bis 121 SGB III gewesen ist.

14

Die Klägerin hat auch, wovon das LSG im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist, die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III). Maßgebend sind insoweit die §§ 123, 124 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (aF), die nach der durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) eingefügten Übergangsregelung in § 434j Abs 3 SGB III weiter anzuwenden ist, wenn der Anspruch auf Alg bis zum 31.1.2006 entstanden ist. Danach hat die Anwartschaftszeit - soweit hier von Bedeutung - erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr 1 SGB III aF). Nach § 124 Abs 1 SGB III aF beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.

15

Da sich die Klägerin zum 1.12.2005 arbeitslos gemeldet hat und sie seit diesem Tag arbeitslos gewesen ist, beginnt die reguläre Rahmenfrist von drei Jahren am 30.11.2005 und reicht bis zum 1.12.2002 zurück. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall von einer verlängerten Rahmenfrist auszugehen ist (vgl dazu Urteile des Senats vom 19.1.2005 - B 11a/11 AL 35/04 R - SozR 4-4300 § 147 Nr 3, RdNr 19 und vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 13 ff), hat die Klägerin innerhalb der regulären Rahmenfrist in der Zeit bis 15.8.2005, dem Tag vor der Vollendung des dritten Lebensjahrs ihres zweiten Kindes, während der Erziehung des Kindes in einem Versicherungsverhältnis aus sonstigen Gründen gestanden (§ 24 Abs 1 SGB III iVm § 26 Abs 2a SGB III, eingeführt mit Wirkung ab 1.1.2003 durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001, BGBl I 3443). Die Klägerin hat somit durch ab 1.1.2003 bis 15.8.2005 vorliegende Zeiten der Kindererziehung die Anwartschaftszeit gemäß § 123 Satz 1 Nr 1 SGB III aF erfüllt(vgl auch Urteil des Senats vom 29.5.2008, aaO, RdNr 16).

16

Ohne die Zeiten der Versicherungspflicht gemäß § 26 Abs 2a SGB III hätte die Klägerin die Anwartschaftszeit allerdings nicht erfüllt, und zwar weder durch Beschäftigungszeiten noch wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld. Soweit vor dem 1.1.2003 liegende Zeiten der Kindererziehung gemäß § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung - anwendbar über § 434d Abs 2 SGB III - nicht in die Rahmenfrist einzurechnen sind, erstreckt sich die Rahmenfrist für die Klägerin, deren erstes Kind am 31.5.2001 geboren ist, allenfalls zurück bis Mai 2001 mit der Folge, dass die bis April 2001 vorliegenden Beschäftigungszeiten unberücksichtigt bleiben müssen und die spätere Beschäftigung vom 16.8. bis 30.11.2005 für die Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht ausreicht. Nicht ausreichend für zwölf Monate der Versicherungspflicht sind auch die Zeiten, in denen die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen hat, soweit diese gemäß § 427a SGB III iVm § 107 Satz 1 Nr 5 Buchst b des Arbeitsförderungsgesetzes in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung einbezogen werden können (vgl Senatsurteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 13, 16).

17

2. Zur Höhe des Anspruchs hat das LSG zu Recht entschieden, dass der Klägerin Alg ab 1.12.2005 nach einem Bemessungsentgelt von 80,50 Euro zusteht.

18

a) Die Bemessung des der Klägerin zustehenden Alg richtet sich nach § 129 SGB III in der seit 1.8.2001 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 16.2.2001 (BGBl I 266) sowie nach §§ 130 bis 132 SGB III, die durch das Gesetz vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) mit Wirkung ab 1.1.2005 neu gefasst worden sind. Eine Übergangsregelung im Hinblick auf die Leistungsbemessung hat der Gesetzgeber nur getroffen, soweit es um die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts bei vor dem 1.1.2005 entstandenen Ansprüchen auf Alg geht (§ 434j Abs 5 SGB III). Für den am 1.12.2005 entstandenen Anspruch der Klägerin auf Alg spielt diese Übergangsregelung keine Rolle.

19

Nach § 129 Nr 1 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 1.1.2005 geltenden Fassung umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs 2 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht.

20

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs 1 SGB III in der seit 1.1.2005 geltenden Fassung).

21

b) In Anwendung der genannten Bestimmungen ist das LSG zu Recht von einem zugrunde zu legenden zweijährigen Bemessungsrahmen vom 1.12.2003 bis 30.11.2005 ausgegangen. Das Ende des Bemessungsrahmens bildet der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB III). Für die Klägerin maßgebend ist deshalb der 30.11.2005, weil sie noch vom 16.8.2005 bis 30.11.2005 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) gestanden hat. Hieraus ergibt sich ein regulärer Bemessungsrahmen vom 1.12.2004 bis 30.11.2005 bzw ein gemäß § 130 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III erweiterter Bemessungsrahmen vom 1.12.2003 bis 30.11.2005. Auch unter Zugrundelegung des erweiterten Bemessungsrahmens liegen die Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin bis zum 7.4.2001 außerhalb des Bemessungsrahmens. Wie sich aus § 130 Abs 3, § 132 Abs 1 SGB III ergibt, sieht das Gesetz eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vor.

22

Eine Veränderung des Bemessungsrahmens kann, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, nicht deswegen angenommen werden, weil nach § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes außer Betracht bleiben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Diese Regelung soll - wie der Senat bereits entschieden hat (ua Urteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 23 ff) - nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs 1 iVm § 130 Abs 1 SGB III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war(vgl BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - Juris RdNr 16; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 60 f und 67 ff). Dagegen trifft § 130 Abs 2 Nr 3 SGB III keine Sonderregelung zu den Voraussetzungen, von denen es nach § 130 Abs 1 und Abs 3 iVm § 132 Abs 1 SGB III abhängt, inwieweit das vor dem Beginn der Kindererziehung erzielte Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt herangezogen werden kann(vgl Urteil vom 29.5.2008, aaO, RdNr 23).

23

c) Da innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht mindestens 150 Kalendertage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden können, ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist (§ 132 Abs 1 SGB III). Das von der Beklagten im Änderungsbescheid vom 14.8.2006 angesetzte Bemessungsentgelt von 80,50 Euro täglich ist zutreffend berechnet. Die Klägerin war - wie auch sie nicht bezweifelt - aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen; der Betrag von 80,50 ergibt sich aus der Bezugsgröße für 2005 von 28 980 Euro (vgl § 2 Abs 1 der Verordnung vom 29.11.2004, BGBl I 3098) geteilt durch 360 (§ 132 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III). Auch die weiteren Berechnungen der Beklagten zur Höhe des täglichen Leistungssatzes von 34,41 Euro entsprechen den Bestimmungen des § 133 SGB III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung, wonach zur Ermittlung des Leistungsentgelts iS des § 129 SGB III eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 vH des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war, und der Solidaritätszuschlag vom Bemessungsentgelt abzuziehen sind. Insoweit erhebt auch die Revision keine Einwände.

24

3. Es verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin länger als drei Jahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalls erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden kann. Der Senat hält nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (ua Urteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1; vgl auch Urteil des 7. Senats vom 21.7.2008 - B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3). Er weist ergänzend darauf hin, dass das BVerfG die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Senats vom 29.5.2008 (aaO) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08) und darüber hinaus zur streitgegenständlichen Problematik Vorlagen des SG Dresden und des SG Aachen als unzulässig angesehen hat (Beschlüsse vom 10.3.2010 - 1 BvL 11/07 - und vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07).

25

Der Senat sieht weiterhin keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art 6 Abs 1 GG, bei Eltern bzw Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Alg nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Art 6 Abs 1 GG folgt nicht, der Staat müsse jegliche die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern (vgl auch Beschluss des BVerfG vom 10.3.2010 - 1 BvL 11/07 - RdNr 45 mwN). Aus Art 6 Abs 4 GG kann die Klägerin nach der Überzeugung des Senats ebenfalls nicht die Verfassungswidrigkeit des geltenden Alg-Bemessungsrechts ableiten, da aus Art 6 Abs 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl auch Beschluss des BVerfG vom 11.3.2010 - 1 BvR 2909/08 - Juris RdNr 6, mit Hinweisen auf BVerfGE 87, 1, 42 und BVerfGE 94, 241, 259 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; vgl ferner Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - Juris RdNr 9, zur Berechnung der Höhe des Elterngelds). Der Gesetzgeber ist aufgrund von Art 6 Abs 4 GG auch nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl hierzu ua Beschluss des BVerfG vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - Juris RdNr 64 mwN). Der Senat hält auch weiter daran fest, dass sich die Auffassung der Klägerin nicht auf Art 3 Abs 1 GG stützen lässt, da es nicht als sachwidrig angesehen werden kann, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

26

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu beachten, dass - wie bereits unter 1. dargestellt - die Klägerin ohne die mit Wirkung ab 1.1.2003 eingeführte Versicherungspflicht für Erziehende gemäß § 26 Abs 2a SGB III bereits dem Grunde nach mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinen Anspruch auf Alg gehabt hätte und dass für den Personenkreis der Erziehenden der Versicherungsschutz nicht mit eigenen finanziellen Aufwendungen verbunden ist(vgl § 347 Nr 9 SGB III in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung; BT-Drucks 16/7263 S 5 ff). Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern es verfassungsrechtlich geboten sein könnte, den von der Klägerin vor der Kindererziehung erzielten Lohn zur Bemessungsgrundlage zu machen. Denn unabhängig davon, dass das Alg nicht in voller Äquivalenz zu geleisteten Beiträgen festgesetzt werden und dem Arbeitslosen nicht die volle Aufrechterhaltung eines früheren Lebensstandards ermöglichen muss (vgl BVerfGE 90, 226 = SozR 3-4100 § 111 Nr 6, Juris RdNr 55 mwN), können Anwartschaften auf Sozialleistungen Eigentumsschutz nur genießen, wenn sie (auch) auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen (vgl ua BVerfGE 53, 257, 290 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfG, Beschluss vom 7.11.2007 - 1 BvR 1840/07, NZS 2008, 530; vgl auch Urteil des Senats vom 21.3.2007 - B 11a AL 43/06 R, Juris RdNr 15). Es kann deshalb nicht als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden, wenn der Gesetzgeber für die Personen, die durch die Einführung der Versicherungspflicht gemäß § 26 Abs 2a SGB III die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg auch ohne Erwerbstätigkeit und ohne eigene Beiträge erfüllen, eine fiktive Bemessung wie für sonstige Versicherte vorsieht(vgl hierzu Urteil des Senats vom 29.5.2008 - B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 46).

27

4. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist der Senat weiterhin davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Bemessungsvorschriften und ihre Anwendung im vorliegenden Fall nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen. Es besteht deshalb kein Anlass, eine diesbezügliche Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorzulegen.

28

Der Senat hält daran fest, dass das im vorliegenden Fall einschlägige deutsche Recht insbesondere nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG des Rats vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl L 6 S 24) und auch nicht gegen sonstige europäische Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung (vgl Husmann NZA-Beilage 2008, 94 ff) verstößt. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, dass die Regelungen zur fiktiven Bemessung des Alg, die wegen ihrer Geltung für alle Versicherten jedenfalls keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beinhalten, in der Praxis vorwiegend bei Frauen zur Anwendung kommen. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anschein einer Diskriminierung widerlegt, wenn die in Rede stehenden Regelungen durch Faktoren sachlich gerechtfertigt sind, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betreffenden Mitgliedstaats dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind (vgl ua EuGHE I 1995, 4741 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 12 mwN; EuGHE I 1995, 4625 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 11; EuGHE I 1996, 179 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 13; EuGH NJW 2008, 499, 501 mwN). Von einer solchen sachlichen Rechtfertigung bzw der Geeignetheit und Erforderlichkeit der gewählten Mittel im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist auszugehen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin unter den gegebenen Umständen einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach nur durch die sie begünstigende Einführung einer Versicherungspflicht für Erziehende erworben hat; dann kann es nicht als sachwidrig angesehen werden, sie bei der Bemessung unter Heranziehung eines fiktiven Arbeitsentgelts genau so zu behandeln wie andere Versicherte ohne hinreichend zeitnah erzieltes Arbeitsentgelt.

29

5. Der Senat hält schließlich ebenfalls an seiner Rechtsprechung fest, wonach auch die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung durch § 132 Abs 2 SGB III nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom 29.5.2008, B 11a AL 23/07 R (BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 49 ff), Bezug genommen. Die von der Revision als unbillig empfundene Abkehr von der individuellen Ermittlung des tariflich erzielbaren Arbeitsentgelts begegnet weder als solche durchgreifenden Bedenken noch führt sie im Fall der Klägerin - auch unter Berücksichtigung der erheblichen Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt und dem fiktiven Bemessungsentgelt - zu einem sachlich unvertretbaren Ergebnis.

30

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer aufsichtsrechtlichen Weisung.

2

Die Beklagte wies mit aufsichtsrechtlicher Anordnung vom 15.10.2007 die Klägerin an, Abrechnungen von Trägern anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen für Tätigkeiten im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich zu begleichen. Gestützt war die Anordnung auf § 179 Abs 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Danach erstattet der Bund den Trägern der Einrichtung die Beiträge, die auf den Betrag zwischen dem tatsächlich erzielten monatlichen Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert (vH) der monatlichen Bezugsgröße entfallen, wenn das tatsächlich erzielte monatliche Arbeitsentgelt 80 vH der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt. Im Übrigen erstatten die Kostenträger den Trägern der Einrichtung die von diesen getragenen Beiträge für behinderte Menschen.

3

Das Landessozialgericht (LSG) hat der Aufsichtsklage der Klägerin trotz nachträglicher Ermessenserwägungen der Beklagten in einem Schreiben vom 23.2.2010 entsprochen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Beklagte mit der Beschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung der Sache und Divergenz geltend.

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz sind nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise bezeichnet.

5

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auch auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

6

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung vom 21.7.2010 nicht. Die Beklagte formuliert zwar drei Rechtsfragen, nämlich:

a) Ist § 179 Abs 1 Satz 1 SGB VI dahin auszulegen, dass eine Erstattungspflicht des Bundes auch für Leistungen der Einrichtungsträger für behinderte Menschen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich besteht?

b) Darf eine Behörde Ermessen, das sie in einem Verwaltungsakt fehlerhaft nicht ausgeübt hat, dadurch nachholen, dass sie während eines sozialgerichtlichen Verfahrens die ursprünglich nicht angestellten Ermessenserwägungen durch einfaches Schreiben nachschiebt?

c) Ist § 96 Abs 1 SGG dahin auszulegen, dass eine Behörde das Ermessen, das sie in einem Verwaltungsakt fehlerhaft nicht ausgeübt hat, nicht schon dadurch nachholen kann, dass sie während eines sozialgerichtlichen Verfahrens die ursprünglich nicht angestellten Ermessenserwägungen durch einfaches Schreiben nachschiebt?

7

Die Beklagte versäumt aber jedenfalls, zur ersten Frage die Klärungsfähigkeit und zu den weiteren Fragen den Klärungsbedarf hinreichend konkret aufzuzeigen. Denn nach dem Vortrag in der Beschwerdebegründung hat die Vorinstanz ihre Entscheidung nicht nur damit begründet, dass die Erstattungspflicht des Bundes die Beiträge zur Rentenversicherung auch in den Fällen umfasse, in denen sich behinderte Menschen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen befinden. Vielmehr hat sie ihre Entscheidung nach dem Vortrag der Beklagten selbständig tragend auch darauf gestützt, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen gar nicht ausgeübt habe und insoweit ein Nachschieben auch im gerichtlichen Verfahren nicht zulässig sei. Ist eine Entscheidung des Berufungsgerichtes mehrfach begründet, so kann die Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Klärungsfähigkeit und Zulassung der Revision führen, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund erfolgreich geltend gemacht wird (vgl BSG, Beschluss vom 27.7.2006 - B 7a AL 52/06 B; Beschluss vom 5.12.2007 - B 11a AL 112/07 B; Beschluss vom 22.4.2010 - B 1 KR 145/09 B; vgl auch Becker SGb 2007, 261, 267). Dies ist nicht geschehen.

8

Hinsichtlich der beiden zuletzt angeführten Fragen zur Möglichkeit des Nachschiebens von Ermessen im sozialgerichtlichen Verfahren für den Fall des Ermessensnichtgebrauchs wird indessen der Klärungsbedarf nicht substanziiert aufgezeigt. Zwar leitet die Beklagte Klärungsbedarf daraus ab, dass das Bundessozialgericht (BSG) in diesen Fragen noch nicht entschieden, sondern insoweit nur die Frage beantwortet habe, dass die Befugnis der Verwaltung bestehe, Ermessen durch ausdrückliche Aufhebung des bisherigen Verwaltungsakts und dessen Ersetzung iS des § 96 SGG durch einen neuen Verwaltungsakt nachzuholen(vgl BSGE 75, 159 = SozR 3-1300 § 41 Nr 7). Das ändert aber nichts daran, dass sich die Beklagte nicht mit der vom BSG in der zitierten Entscheidung (aaO) erörterten Vorschrift des § 41 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und der inzwischen in Kraft getretenen Neuregelung idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I 1977) sowie des weiteren mit der die Rechtswidrigkeit von Ermessensentscheidungen betreffenden Vorschrift des § 54 Abs 2 Satz 2 SGG auseinandersetzt. Die zuerst genannte Norm ermöglicht nunmehr in Anlehnung an § 45 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz die Heilung von Begründungsmängeln bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz. Die zuletzt genannte Vorschrift regelt den gerichtlichen Prüfumfang von Ermessensentscheidungen unter Einschluss von Ermessensnichtgebrauch (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 27). Indessen gibt es - worauf das LSG bereits hingewiesen hat - in § 54 SGG keine dem § 114 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vergleichbare Regelung, wonach die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann. Schon diese vom Wortlaut weiter reichende Vorschrift des § 114 Satz 2 VwGO umfasst in ihrem Anwendungsbereich nicht die nachträglich erstmalige Ausübung von Ermessen während des gerichtlichen Verfahrens(vgl BVerwG Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr 115 = NVwZ 2007, 470; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.10.2009 - L 7 KA 119/07; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, § 114 RdNr 50). Es hätte deshalb nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf die vom LSG zitierte und in der Beschwerdebegründung erwähnte neuere Rechtsprechung des BSG (BSGE 89, 227 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1) einer näheren Begründung bedurft, wieso trotz Fehlens einer entsprechend weit reichenden Vorschrift im sozialgerichtlichen Verfahren Zweifel bestehen, die eine (zusätzliche) höchstrichterliche Entscheidung erforderlich machen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 313 ff). Eine Rechtsfrage ist etwa auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfragen geben (vgl BSG, Beschluss vom 11.5.2010 - B 13 R 589/09 B mwN). Dies gilt bei Normen, deren Bedeutungsgehalt sich wesentlich aus dem Gesamtzusammenhang mit Vorschriften anderer Rechtsgebiete erschließt, auch für die Rechtsprechung der insoweit zuständigen anderen obersten Bundesgerichte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21; BSG, Beschluss vom 21.2.2008 - B 11a AL 91/07 B).

9

2. Um eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu bezeichnen, hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung zB des BSG andererseits aufzuzeigen(BSG SozR 1500 § 160a Nr 67) und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt ist und nicht nur etwa ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (stRspr, ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; BSG, Beschluss vom 27.6.2002 - B 11 AL 87/02 B).

10

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht. Es fehlt bereits an einer Gegenüberstellung hinreichend präzise formulierter Rechtssätze des LSG und des BSG, die als tragend angesehen werden können. Der angeführte Rechtssatz der Vorinstanz, ein (formloses) Nachschieben von Ermessensgründen sei unzulässig und eine Nachholung von Ermessenserwägungen allein durch einen den ursprünglichen (ermessensfehlerhaften) Verwaltungsakt ausdrücklich ersetzenden Verwaltungsakt möglich, deckt sich schon nicht mit den an anderer Stelle vorgetragenen Entscheidungsgründen des vorinstanzlichen Urteils, wonach (lediglich) ein Nachschieben von Ermessensgründen im Klageverfahren unzulässig sei (S 3 der Begründung). Er kann im Übrigen in der beschriebenen Ausformung auch nicht als tragend behauptet werden, nachdem das LSG die Frage der Heilung durch Erlass eines neuen Bescheides ausdrücklich offengelassen hat (S 14 des Urteils). Soweit die Beklagte überdies eine Abweichung von der Entscheidung des Großen Senats (BSGE 75, 159 = SozR 3-1300 § 41 Nr 7) für den Fall annimmt, dass dessen tragende Annahme, wonach ein Nachholen von Ermessenserwägungen durch ersetzenden Bescheid zulässig sei, auch die Änderung des Bescheids durch Auswechseln oder Nachschieben der Entscheidungsgründe einschließe, weil in diesen Fällen in Wirklichkeit auch ein ersetzender Verwaltungsakt ergehe, räumt sie selbst ein, dass ein derartiger Rechtssatz der zitierten Entscheidung jedenfalls nicht entscheidungserheblich zugrunde liegt.

11

Dass demgegenüber das LSG dem Schreiben vom 23.2.2010 gerade keinen Verwaltungsaktcharakter beigemessen hat, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit, welche nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; stRspr).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs 1 und 4 Gerichtskostengesetz.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein vorgebrachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.

2

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Darzustellen ist insbesondere der Schritt, den das Bundessozialgericht (BSG) zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vorzunehmen hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 24.5.2013 nicht.

3

Die Beklagte wirft folgende Frage auf:
"Sind Arbeitnehmer i.S.d. § 216b Abs. 4 Nr. 1 SGB III 'von Arbeitslosigkeit bedroht', wenn die ernste Absicht des Arbeitgebers gegeben ist, die betroffenen Arbeitnehmer zu entlassen, diese Entlassung jedoch rechtswidrig wäre, weil diese Arbeitnehmer nach den einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen nicht mehr ordentlich betriebsbedingt kündbar sind?"

4

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte damit eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt hat. Jedenfalls zeigt sie die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend auf.

5

Die Beklagte macht zwar geltend, dass sich die aufgeworfene Frage unmittelbar aus § 216b Abs 4 Nr 1 iVm § 17 Nr 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und auch aus dem Urteil des BSG vom 29.1.2008 (B 7/7a AL 20/06 R - SozR 4-4300 § 175 Nr 1) nicht beantworten lasse. Indes muss eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden gesetzlichen Begriffs aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl ua BSG SozR 1500 § 160 Nr 8; SozR 3-1500 § 146 Nr 2; Beschluss des Senats vom 7.12.2010 - B 11 AL 74/10 B - Juris RdNr 8; stRspr). Wie die Beklagte in ihrem Beschwerdevorbringen selbst einräumt, hat die genannte Entscheidung vom 29.1.2008 sich keineswegs nur zu der damals streitigen Vorgängervorschrift des § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB III in der bis 31.3.2003 gültigen Fassung geäußert, sondern auch zu § 17 SGB III und der vorliegenden Literatur zur Nachfolgervorschrift des § 216b Abs 4 Nr 1 SGB III aF(ab 1.4.2012 § 111 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB III) Stellung genommen. Danach rechtfertigt ua auch eine zu erwartende rechtswidrige Kündigung den Schluss auf eine drohende Arbeitslosigkeit. Allein der Hinweis auf ein hiervon abweichendes Urteil des Sozialgerichts (SG) München vom 18.10.2011 (S 5 AL 1152/08) vermag diese Aussage in der genannten BSG-Entscheidung nicht in Frage zu stellen, zumal - wie dem vorgelegten SG-Urteil zu entnehmen ist - die Besonderheit der dortigen Sachverhaltsgestaltung darin lag, dass keine Entlassung der betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen war (aaO RdNr 16).

6

Darüber hinaus fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem - vom LSG unter Verweisung auf die Entscheidung des SG (§ 153 Abs 2 SGG) - zitierten Senats-Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 89/01 R (BSGE 89, 250 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24)zum allgemeinen Sperrzeitrecht, wonach die bloße Hinnahme einer auch rechtswidrigen Kündigung nicht sperrzeitauslösend ist. Dass und weshalb diese Aussage - entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen - nicht auf § 216b Abs 4 Nr 1 SGB III aF und auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar sein soll(vgl ua Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 111 SGB III RdNr 74, Stand 10/2012), hätte daher von der Beklagten in ihrer Beschwerdebegründung ebenfalls dargelegt werden müssen.

7

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

8

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Versicherte, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, erhalten Verletztengeld entsprechend § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches mit der Maßgabe, daß

1.
das Regelentgelt aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens zu berechnen und bis zu einem Betrag in Höhe des 360. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist,
2.
das Verletztengeld 80 vom Hundert des Regelentgelts beträgt und das bei Anwendung des § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigt.
Arbeitseinkommen ist bei der Ermittlung des Regelentgelts mit dem 360. Teil des im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahmen der Heilbehandlung erzielten Arbeitseinkommens zugrunde zu legen. Die Satzung hat bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Verletztengeldes vorzusehen, die sicherstellen, daß das Verletztengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllt.

(1a) Für Ansprüche auf Verletztengeld, die vor dem 1. Januar 2001 entstanden sind, ist § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches in der vor dem 22. Juni 2000 jeweils geltenden Fassung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1996 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass sich das Regelentgelt um 10 vom Hundert, höchstens aber bis zu einem Betrag in Höhe des dreihundertsechzigsten Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes erhöht. Das regelmäßige Nettoarbeitsentgelt ist um denselben Vomhundertsatz zu erhöhen. Satz 1 und 2 gilt für Ansprüche, über die vor dem 22. Juni 2000 bereits unanfechtbar entschieden war, nur für Zeiten vom 22. Juni 2000 an bis zum Ende der Leistungsdauer. Entscheidungen über die Ansprüche, die vor dem 22. Juni 2000 unanfechtbar geworden sind, sind nicht nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches zurückzunehmen.

(2) Versicherte, die Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe des Krankengeldes nach § 47b des Fünften Buches. Versicherte, die nicht nur darlehensweise gewährtes Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe des Betrages des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches.

(3) Versicherte, die als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe dieses Betrages.

(4) Bei Versicherten, die unmittelbar vor dem Versicherungsfall Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen haben, wird bei der Berechnung des Verletztengeldes von dem bisher zugrunde gelegten Regelentgelt ausgegangen.

(5) Abweichend von Absatz 1 erhalten Versicherte, die den Versicherungsfall infolge einer Tätigkeit als Unternehmer, mitarbeitende Ehegatten oder Lebenspartner oder den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte erlitten haben, Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des Jahresarbeitsverdienstes. Ist das Verletztengeld für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen.

(6) Hat sich der Versicherungsfall während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung ereignet, gilt für die Berechnung des Verletztengeldes Absatz 1 entsprechend; nach der Entlassung erhalten die Versicherten Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des Jahresarbeitsverdienstes, wenn dies für die Versicherten günstiger ist.

(7) (weggefallen)

(8) Die Regelungen der §§ 90 und 91 über die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes nach Altersstufen oder nach der Schul- oder Berufsausbildung gelten für das Verletztengeld entsprechend.

(1) Das Krankengeld beträgt 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Für die Berechnung des Nettoarbeitsentgelts nach Satz 2 ist der sich aus dem kalendertäglichen Hinzurechnungsbetrag nach Absatz 2 Satz 6 ergebende Anteil am Nettoarbeitsentgelt mit dem Vomhundertsatz anzusetzen, der sich aus dem Verhältnis des kalendertäglichen Regelentgeltbetrages nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 zu dem sich aus diesem Regelentgeltbetrag ergebenden Nettoarbeitsentgelt ergibt. Das nach Satz 1 bis 3 berechnete kalendertägliche Krankengeld darf das sich aus dem Arbeitsentgelt nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 ergebende kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Das Regelentgelt wird nach den Absätzen 2, 4 und 6 berechnet. Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig Tagen anzusetzen. Bei der Berechnung des Regelentgelts nach Satz 1 und des Nettoarbeitsentgelts nach den Sätzen 2 und 4 sind die für die jeweilige Beitragsbemessung und Beitragstragung geltenden Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Abs. 2 des Vierten Buches nicht zu berücksichtigen.

(2) Für die Berechnung des Regelentgelts ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen. Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen oder ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich, gilt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt. Wenn mit einer Arbeitsleistung Arbeitsentgelt erzielt wird, das für Zeiten einer Freistellung vor oder nach dieser Arbeitsleistung fällig wird (Wertguthaben nach § 7b des Vierten Buches), ist für die Berechnung des Regelentgelts das im Bemessungszeitraum der Beitragsberechnung zugrundeliegende und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt maßgebend; Wertguthaben, die nicht gemäß einer Vereinbarung über flexible Arbeitszeitregelungen verwendet werden (§ 23b Abs. 2 des Vierten Buches), bleiben außer Betracht. Bei der Anwendung des Satzes 1 gilt als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Arbeitszeit, die dem gezahlten Arbeitsentgelt entspricht. Für die Berechnung des Regelentgelts ist der dreihundertsechzigste Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, das in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 23a des Vierten Buches der Beitragsberechnung zugrunde gelegen hat, dem nach Satz 1 bis 5 berechneten Arbeitsentgelt hinzuzurechnen.

(3) Die Satzung kann bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Krankengeldes vorsehen, die sicherstellen, daß das Krankengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllt.

(4) Für Seeleute gelten als Regelentgelt die beitragspflichtigen Einnahmen nach § 233 Abs. 1. Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. Für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherte ist das Regelentgelt aus dem Arbeitseinkommen zu berechnen, das der Beitragsbemessung für die letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegen hat; dabei ist für den Kalendertag der dreihundertsechzigste Teil dieses Betrages anzusetzen. Die Zahl dreihundertsechzig ist um die Zahl der Kalendertage zu vermindern, in denen eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht bestand oder für die nach § 234 Absatz 1 Satz 2 Arbeitseinkommen nicht zugrunde zu legen ist. Die Beträge nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 bleiben außer Betracht.

(5) (weggefallen)

(6) Das Regelentgelt wird bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.