Bundessozialgericht Urteil, 20. Mai 2014 - B 1 KR 18/14 R

bei uns veröffentlicht am20.05.2014

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2012.

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Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte KKn-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen KKn. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den KKn nur nach Maßgabe des sich anschließenden RSA zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst vorläufig als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Sie stehen einer Korrektur lediglich in Folgejahren anlässlich eines Jahresausgleichsbescheids offen. Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds berücksichtigt die jeweilige Risikostruktur der KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Infolge dieses morbiditätsorientierten RSA stellen kranke Versicherte nicht zwangsläufig im versicherungsmathematischen Sinne "schlechte Risiken" dar. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich in "Festlegungen", handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA). Die Beklagte erläutert hierzu jeweils den Entwurf zu den Festlegungen für den RSA, die sie zu treffen hat (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV), hört hierzu die Betroffenen an, entscheidet über die Festlegungen und veröffentlicht sie.

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Die Beklagte ermittelt die dem RSA dienenden Zu- und Abschläge für alle Risikogruppen im Rahmen der Festlegungen durch Regressionsverfahren. Mittels dieses statistischen Verfahrens wird der quantitative Zusammenhang zwischen einer oder mehreren unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen ermittelt. Die Ausgaben je Versichertem bilden die abhängige Variable, während die Zuordnungen der Versicherten zu den Risikogruppen die unabhängige Variablen darstellen. Die sich ergebenden Regressionskoeffizienten sind als Anteile an den Ausgaben eines Versicherten zu verstehen, die der jeweiligen Risikogruppe zugerechnet werden können. Sie werden als Jahreswerte ermittelt; da Zuweisungen taggenau (je Versichertentag) zugewiesen werden, werden die ermittelten Regressionskoeffizienten durch 365 geteilt. Da im Regressionsverfahren jeder Versicherte unabhängig von der Dauer der Versicherung gleichwertig berücksichtigt wird, also die Ausgaben für einen Versicherten, der nur einen Tag versichert war, ebenso in die "Durchschnittsbildung" eingehen wie die Ausgaben für einen ganzjährig Versicherten, wird in der internationalen Gesundheitsökonomie empfohlen, zur Vermeidung einer Unterschätzung der Ausgaben die Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden vor Durchführung der Regression auf das Gesamtjahr hochzurechnen (annualisieren) und im Gegenzug bei der Durchführung des Regressionsverfahrens mit dem Kehrwert des Hochrechnungsfaktors der Annualisierung zu gewichten.

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Die Beklagte wandte in den Festlegungen vom 3.7.2008 für das Ausgleichsjahr 2009 dieses Verfahren grundsätzlich auf die Versicherten an, nicht jedoch auf die im Ausgleichsjahr Verstorbenen. Sie annualisierte deren Ausgaben nicht, sodass diese auch nicht abgewichtet in die Regression eingingen. Vielmehr erhielten diese Ausgaben das Gewicht 1, wurden also so behandelt, als seien sie im Gesamtjahr angefallen. Auf diese Weise gehen die Ausgaben der im Ausgleichsjahr Verstorbenen nur zur Hälfte in die Berechnung der Zu- und Abschläge für die jeweilige Risikogruppe ein, da solche Versicherte statistisch gesehen im Durchschnitt in der Jahresmitte verstorben sind. Die Beklagte hob in den Festlegungen die Zuschläge aller Risikogruppen zum Ausgleich über einen Korrekturfaktor proportional an.

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Zur Begründung führte das BVA in den "Erläuterungen" zum Entwurf aus, hinsichtlich der Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden seien verschiedene Varianten im Hinblick auf die Prognosegüte des Modells verglichen worden. Dabei sei man zu dem Ergebnis gelangt, die Ausgaben der unterjährig Versicherten mit Ausnahme der Verstorbenen auf das Jahr hochzurechnen und die Versicherten in der Regression durch ein Gewicht, das dem Kehrwert des Annualisierungsfaktors entspreche, zu gewichten. Die Ausgaben Verstorbener würden nicht annualisiert, da es ansonsten zu einer Überschätzung der Ausgaben käme. In der Anhörung habe keine der sich äußernden KKn und keiner ihrer Verbände diesem Vorgehen widersprochen.

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In den Folgejahren hielt die Beklagte an dem Berechnungsverfahren fest, obwohl ein Teil der KKn die Annualisierung auch der Ausgaben der Verstorbenen forderte und sich auch der mit einer Überprüfung der Wirkungen des RSA beauftragte Wissenschaftliche Beirat in seinem Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im RSA (Endfassung vom 22.6.2011, veröffentlicht am 26.9.2011) für eine entsprechende Änderung des Verfahrens aussprach. Die Beklagte meinte hierzu, die Frage solle im größeren Kontext der Weiterentwicklung des RSA diskutiert werden. Die Beklagte traf die Festlegungen ua für 2012 in diesem Sinne im dargelegten Verfahren (ua Anhörungsschreiben vom 5.8.2011, Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 vom 30.9.2011, Änderungsbekanntgabe vom 26.9.2012). Die Beklagte setzte zunächst vorläufige Zuweisungen fest, die die Klägerin im Klagewege angriff. Gegenstand dieses Klageverfahrens ist zuletzt noch der Grundlagenbescheid IV/2012 (28.3.2013) und der Korrekturbescheid III/2012 (15.4.2013) gewesen. Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.7.2013 - L 16 KR 646/12 KL -; anhängig gewesen beim BSG unter dem Az B 1 KR 10/14 R).

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Danach stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin auf der Grundlage der Festlegungen für 2012 den Jahresausgleich fest (Jahresausgleichsbescheid für 2012 vom 15.11.2013; Teil 1: Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Ausgleichsjahr 2012 für standardisierte Leistungsausgaben einschließlich Krankengeld 6 371 469 093,75 Euro; Teil 2: Korrekturbetrag für Zuweisungen 2011, Ausgleichsbetrag in Höhe von 82 029,53 Euro; Teil 3: Gesamt-Ausgleichsverpflichtungen in Höhe vom 15 808 733,94 Euro). Die Klägerin hat dagegen Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, die Höhe der Zuweisungen für das Jahr 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des LSG neu zu ermitteln. Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.2.2014).

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Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung der Rechtsgrundlagen des RSA (§ 266 Abs 1 S 2, § 268 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V iVm § 31 RSAV, § 266 Abs 6 SGB V),des Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1 und Art 19 Abs 4 GG und die Verletzung der Rechtsgrundlage der Beweiswürdigung (§ 128 SGG).

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2014 und den Bescheid vom 15. November 2013 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, höhere Zuweisungen für das Jahr 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Revision der klagenden KK ist nicht begründet. Die Klage ist allerdings zulässig.

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a) Die Entscheidung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, über den Jahresausgleich 2012 (Bescheid vom 15.11.2013 auf der Grundlage der Festlegungen 2012) galt als beim LSG angefochten (vgl § 171 SGG und hierzu sinngemäß BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 19). Sie ersetzte die Entscheidung über vorläufige Zuweisungen für 2012 (Grundlagenbescheid IV/2012 vom 28.3.2013 und Korrekturbescheid III/2012 vom 15.4.2013) vollständig (vgl entsprechend zur früheren Rechtslage BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 7 ff; BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/02 R - Juris RdNr 14 ff; s auch BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 10 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

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b) Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ohne Vorverfahren zulässig (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 9, für BSGE und SozR vorgesehen). Gegenstand der Klage ist das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2012 (Teilregelung im Jahresausgleichsbescheid 2012 vom 15.11.2013) aufzuheben und höhere Zuweisungen für 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Die Klägerin greift nur einen abtrennbaren Teil der Ablehnung höherer Zuweisungen an, nämlich die Ablehnung eines höheren Zahlbetrags wegen vermeintlich gebotener Annualisierung der Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden in der Zuweisung für 2012 (vgl zu den Verfügungssätzen des Jahresausgleichsbescheids und zu ihrer Teilbarkeit BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 18 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

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c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2012 zugrundeliegenden Festlegungen - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung, wie mit den Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden zu verfahren ist, vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf. Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen Festlegungen sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die Grundlagenbescheide Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; siehe näher unten, II.2. b cc und 2. d aa) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzidenter mit zu überprüfen.

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Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems. Nach § 266 Abs 6 S 7 SGB V haben Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten keine aufschiebende Wirkung. Die Norm trifft in der Sache damit zwei Regelungen: 1. Den KKn stehen nur Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA offen. 2. Diese Klagen haben keine aufschiebende Wirkung.

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Der aufgezeigte Regelungsgehalt erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund der Funktion der Zuweisungen: Sie bilden die wesentliche Finanz- und damit auch Handlungsgrundlage der KKn. Der im Gesetz vorgesehene Zahlungsfluss darf nicht durch die gerichtliche Kontrolle verhindert werden. In diesem Sinne wirkt der zwingend vorgesehene Korrekturmechanismus: Unterlaufen bei der Mittelzuweisung im Jahresausgleichsbescheid Fehler - und sei es erst auf der letzten Stufe der Rechtsanwendung oder etwa schon bei den Festlegungen, sind diese erst in einem späteren Ausgleichsverfahren zu berücksichtigen, sei es im Folgejahr oder noch später. In diesem Sinne bestimmt § 266 Abs 6 S 3 SGB V: Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das BVA diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen(vgl auch Begründung des Entwurfs eines GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes , BT-Drucks 16/3100 S 168, zu Art 1 Nr 178 <§ 266> Buchst g). Rückwirkende Korrekturen sind ausgeschlossen (vgl entsprechend zur Fehlerkorrektur bei strukturierten Behandlungsprogrammen BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 18 mwN).

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d) Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Es bedarf insbesondere keiner Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG(vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen).

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2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin für 2012 mehr als zuerkannt zuzuweisen. Entgegen der Auffassung der Klägerin legte die Beklagte rechtmäßig fest, wie die Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden vor Durchführung der Regression auf das Gesamtjahr hochzurechnen sind. Die Beklagte sah rechtmäßig davon ab, die Ausgaben Verstorbener bis zum Abschluss des Rechnungsjahres 2012 zu annualisieren. Es ist nicht Aufgabe des erkennenden Senats, darüber hinaus - gleichsam ungefragt - beim Jahresausgleichsbescheid 2012 auf Fehlersuche hinsichtlich von der Klägerin nicht angegriffener Mängel zu gehen. Die Beklagte durfte - wie erfolgt - aufgrund wirksamer Rechtsgrundlage (dazu a und b) die erforderlichen Festlegungen in einer formell rechtmäßigen (dazu c) Allgemeinverfügung treffen. Ihre Festlegung zur Berücksichtigung der Ausgaben Verstorbener beim RSA 2012 war auch inhaltlich rechtmäßig (dazu d).

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a) Rechtsgrundlage der Festlegung der Berücksichtigung der Ausgaben Verstorbener beim RSA 2012 ist § 31 Abs 4 RSAV iVm § 29 und § 31 Abs 1 RSAV. Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 Nr 2 und 3 RSAV die nach Abs 1 S 2 zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt. Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 S 1 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach Satz 1 festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen. Abs 1 S 1 gilt entsprechend. Morbiditätsgruppen für Erwerbsminderungsrentner werden für Versicherte gebildet, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten haben. Bei der Bildung von Altersgruppen kann das BVA im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn von § 2 Abs 3 S 1 RSAV abweichende Altersabstände bestimmen. Das BVA kann nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der KKn die Festlegungen nach Satz 1 unterjährig anpassen, wenn die allgemein gültige Kodierung der Diagnosen oder die Arzneimittelklassifikation aktualisiert wird. Die Anpassungen nach Satz 6 sind in geeigneter Weise bekannt zu geben. Die Datenmeldungen nach § 30 Abs 1 RSAV für Versicherte im Sinne des Abs 5 S 1 bleiben beim Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und dem Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge nach Satz 1 unberücksichtigt. Im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn kann das BVA die Mitgliedergruppen nach § 29 Nr 4 RSAV abweichend abgrenzen. Für die Ermittlung der Zuweisungen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der KKn für den Bereich der Schutzimpfungen nach der Verordnung über die Leistungspflicht der GKV bei Schutzimpfungen gegen die neue Influenza A(H1N1) vom 19.8.2009 (BAnz 2009 Nr 124, S 2889) ist § 37 Abs 4 RSAV entsprechend anzuwenden.

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b) Die Regelungen des § 31 Abs 4 S 1 RSAV iVm § 29 und § 31 Abs 1 RSAV sind wirksam, denn sie sind rechtmäßig. Sie beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage (dazu aa) und sind formell (dazu bb) sowie materiell rechtmäßig (dazu cc). Der Verordnungsgeber durfte insbesondere dem BVA die Befugnis erteilen, in Form sachbezogener Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X)auf einer ersten Stufe des Verwaltungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen (dazu unten 2. d aa) Festlegungen (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV)zu treffen.

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aa) Rechtsgrundlage für den Erlass der hier maßgeblichen Fassung der RSAV ist die sich aus dem GKV-WSG ergebende, mWv 1.1.2009 in Kraft getretene Fassung der Regelung des § 268 SGB V. Nach Abs 2 S 1 regelt das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31.12.2009 durch Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben nach Abs 1. In der Verordnung ist auch zu bestimmen, ob einzelne oder mehrere der bis zum 31.12.2008 geltenden Kriterien zur Bestimmung der Versichertengruppen neben den in Abs 1 S 1 genannten Vorgaben weitergelten; § 266 Abs 7 Nr 3 gilt. Nach § 268 Abs 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) sind die Versichertengruppen nach § 266 Abs 1 S 2 und 3 SGB V und die Gewichtungsfaktoren nach § 266 Abs 2 S 2 SGB V vom 1.1.2009 an abweichend von § 266 SGB V nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden (Morbiditätsgruppen), die zugleich 1. die Morbidität der Versicherten auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigen, 2. an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der zugeordneten Versicherten orientiert sind, 3. Anreize zu Risikoselektion verringern, 4. keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen und 5. 50 bis 80 insbesondere kostenintensive chronische Krankheiten und Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf der Auswahl der Morbiditätsgruppen zugrunde legen. Im Übrigen gilt § 266 SGB V.

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Die Regelung des § 268 Abs 2 S 1 SGB V iVm § 268 Abs 1 SGB V genügt den verfassungs-rechtlichen Anforderungen(Art 80 Abs 1 S 2 GG; vgl im Übrigen BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 5/14 R - RdNr 43 ff, für BSGE und SozR vorgesehen). Die Verordnungsermächtigung bestimmt nämlich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung hinreichend genau. Das BVerfG bejahte dies bereits für die weniger präzise gefasste, früher geltende Gesamtregelung (§ 268 Abs 1 und 2 SGB V aF = idF durch Art 1 Nr 4 RSA-ReformG vom 10.12.2001, BGBl I 3465, vgl BVerfGE 113, 167, 268 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 232 ff). Sie unterschied sich von der hier maßgeblichen Fassung dadurch, dass der Verordnungsgeber eine Frist spätestens bis zum 30.6.2004 - und nicht erst bis zum 31.12.2009 hatte, um das nach Morbiditätsgruppen gebildete Versichertenklassifikationsmodell zu erlassen (vgl § 268 Abs 2 S 1 SGB V aF gegenüber der Fassung durch Art 1 Nr 16 VÄndG vom 22.12.2006, BGBl I 3439, mWv 1.1.2007). Zudem lauteten die Anforderungen an die Bildung von Versichertengruppen und Gewichtungsfaktoren nach Klassifikationsmerkmalen, dass sie ua "Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung fördern und (…) praktikabel und kontrollierbar sind". Demgegenüber fordert die neuere Regelung, dass die Rechtsverordnung "keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen und (…) 50 bis 80 insbesondere kostenintensive chronische Krankheiten und Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf der Auswahl der Morbiditätsgruppen zugrunde legen" muss (vgl § 268 Abs 1 S 1 Nr 4 und 5 SGB V aF gegenüber § 268 Abs 1 S 1 Nr 4 und 5 SGB V idF durch Art 1 Nr 180 GKV-WSG). Die neuere, präzisere Regelung rechtfertigt keine andere verfassungsrechtliche Bewertung (vgl auch Huber, Unger, Die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung durch das GKV-WSG, 2011, RdNr 34 ff).

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bb) Die Regelungen der RSAV, die das BVA ermächtigen, die Festlegungen zu treffen (§ 31 Abs 4 S 1 iVm § 29 S 1 und § 31 Abs 1 und 2 RSAV idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378), kamen formell ordnungsgemäß zustande. Der parlamentarische Gesetzgeber durfte sie ändern. Er verletzte hierbei nicht das Zitiergebot (Art 80 Abs 1 S 3 GG).

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Der parlamentarische Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zur Änderung einer Rechtsverordnung in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren berechtigt, wenn bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen ist. Ändert das Parlament wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens bestehende Rechtsverordnungen oder fügt es in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normengebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren (vgl BVerfGE 114, 196, 234 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 93 ff). Der Gesetzgeber des GKV-WSG musste in diesem Sinne bei Einführung des Gesundheitsfonds zur Finanzierung der KKn das komplexe, ineinander verschränkte Regelungsgefüge des Gesetzesrechts des SGB V und der RSAV ändern und hierbei auch das Recht der RSAV anpassen.

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Der parlamentarische Gesetzgeber verletzte bei seinen Änderungen der RSAV nicht das verfassungsrechtliche Zitiergebot (Art 80 Abs 1 S 3 GG). Danach ist in der Verordnung die Rechtsgrundlage anzugeben. Die Regelung statuiert ein rechtsstaatliches Formerfordernis. Die hierzu ermächtigte Exekutive muss sich selbst durch Angabe der von ihr in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Das Erfordernis soll zugleich die Prüfung erleichtern, ob sich der Verordnungsgeber beim Erlass der Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung gehalten hat (vgl BVerfGE 101, 1, 42). Das Zitiergebot gilt indes nach seinem Sinn und Zweck nicht, wenn der parlamentarische Gesetzgeber selbst eine Rechtsverordnung erlässt oder ändert. Der parlamentarische Gesetzgeber kennt nämlich die von ihm geschaffenen Ermächtigungsgrundlagen. Das BVerfG beanstandet die dem entsprechende ständige Praxis des Parlamentsgesetzgebers (vgl Seiler, ZG 16, 2001, 50, 60) nicht (vgl BVerfGE 114, 196, 239 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 109, 113, zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung durch Art 4 Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.12.2002, BGBl I 4637; im Ergebnis zustimmend BFHE 235, 452 RdNr 30 - 35; ebenso Huber, Unger, Die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung durch das GKV-WSG, 2011, RdNr 49 ff, 56; aA Sondervotum in BVerfGE 114, 196, 250, unter 3.b aE, insoweit in SozR 4-2500 § 266 Nr 9 nicht abgedruckt).

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cc) Der Gesetzgeber des GKV-WSG beachtete als Verordnungsgeber die von ihm selbst gesetzten und von ihm zu beachtenden Grenzen der gesetzlichen Verordnungsermächtigung (§ 266 Abs 7, § 268 Abs 2 S 1 SGB V). Der Verordnungsgeber durfte das BVA ermächtigen, in Form einer sachbezogenen Allgemeinverfügung (§ 31 S 2 SGB X)nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl unten 2. d aa) auf einer ersten Stufe des Verwaltungsverfahrens Festlegungen (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV)zu treffen. Sie betreffen die nach § 31 Abs 1 S 2 RSAV zu berücksichtigenden Krankheiten einschließlich der ihnen zugeordneten DxGruppen und ICD-10-Kodierungen, die Morbiditätsgruppen und ihre Hierarchisierung, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge(§ 31 Abs 4 S 1 RSAV). Es ist dem Gesetzgeber durch das Grundgesetz nicht verwehrt, für den Vollzug hinreichend bestimmter gesetzlicher Vorschriften die Form einer Allgemeinverfügung vorzusehen, wenn er die Maßstäbe und das Verfahren der Entscheidungsfindung mit einer dem Sachbereich angemessenen Genauigkeit regelt (vgl zB BVerfGE 106, 275, 307 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 24; BVerwGE 70, 77, 82; BGH NVwZ 2009, 195 RdNr 11).

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Die Festlegungen sind in diesem Sinne als zulässige sachbezogene Allgemeinverfügungen zu qualifizieren. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der ua die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft (§ 31 S 2 SGB X). Auch Sachgesamtheiten wie eine (unselbstständige) Anstalt (ein Bestand von sächlichen und persönlichen Mitteln, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind, vgl O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl 1924, Bd 2, S 268) oder ein verwaltetes Sondervermögen können hierbei "eine Sache" sein (hM: vgl U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 35 RdNr 316 mwN). Das BVA regelt mit den Festlegungen das Nähere aus dem Normprogramm des § 31 Abs 4 S 1 RSAV für die Zuweisungen an die KKn aus dem Gesundheitsfonds(§ 271 SGB V) als einem öffentlich-rechtlich organisierten Zweckvermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit.

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Gleiches gilt - hierauf weist der erkennende Senat nur ergänzend hin - für die Befugnis des BVA, Grundlagenbescheide zu erlassen (vgl § 39 Abs 2 S 1 RSAV; vgl zur früheren Regelung von Grundlagenbescheiden nach § 266 Abs 6 SGB V iVm § 17 RSAV bereits Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 12/2013, K § 31 RdNr 66; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 31 RdNr 74). Der Verordnungsgeber - insoweit der Gesetzgeber des GKV-OrgWG (Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426) - durfte das BVA dementsprechend ermächtigen, in Form einer sachbezogenen Allgemeinverfügung (§ 31 S 2 SGB X)auf einer zweiten Stufe des Verwaltungsverfahrens Grundlagenbescheide zu erlassen.

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c) Die in Gestalt des BVA zuständige Beklagte beachtete das für die Festlegungen vorgesehene Verfahren. Sie informierte zeitgerecht über die beabsichtigten Änderungen, erläuterte ihren Hintergrund, nahm die eingegangenen Stellungnahmen zur Kenntnis, bezog sie in ihren Entscheidungsprozess ein, entschied über die Festlegungen und veröffentlichte am 30.9.2011 die Entscheidung im Rahmen des Üblichen auf ihrer Homepage.

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d) Die Beklagte behielt inhaltlich rechtmäßig auch noch für das Jahr 2012 das Berechnungsverfahren für die Berücksichtigung der Ausgaben unterjährig verstorbener Versicherter bei, das sie seit 2009 verwendete. Sie entschied fehlerfrei nach pflichtgemäßem Ermessen.

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aa) Die Festlegung des Regressionsverfahrens zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und des Berechnungsverfahrens zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr ist eine Ermessensentscheidung. Die Festlegungen erfolgen nämlich nicht in der Weise, dass das Ergebnis strikt eindeutig vorgegeben ist. Vielmehr bedarf es ihrer jährlich neu, weil sie dem schrittweise erfolgenden Erkenntnisfortschritt Rechnung tragen und hierbei die gesetzlichen Ziele besser erreichen sollen, ohne dass kurzfristig ein dauerhaftes Optimum zu erwarten ist. Dies beruht ua darauf, dass sich die Qualität der Datengrundlagen nur sukzessive verbessert und die verwendeten statistischen Verfahren die Realität bloß vergröbernd abzubilden vermögen. Der Gesetzgeber hat gerade aufgrund des Fehlens fertig ausgestalteter, wissenschaftlich fundierter, unmittelbar auf die GKV übertragbarer Klassifizierungs- und Verfahrensmodelle die Notwendigkeit gesehen, das BVA mit dieser Normkonkretisierung zu betrauen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 205, zu § 31 Abs 4 RSAV). Zu Recht weist das LSG darauf hin, dass der RSA für die Sachgerechtigkeit der Krankheitsauswahl, der Bildung der Morbiditätsgruppen und des Berechnungsverfahrens auf wissenschaftlichen Sachverstand, empirische Forschung und Statistik angewiesen ist (vgl Schmehl in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, § 39 RdNr 72). Deren Erkenntnisse führen regelmäßig im hier betroffenen Anwendungsbereich zu einer Bandbreite vertretbarer Ergebnisse. Das Klassifikationsmodell des BVA hat in diesem Sinne auf Klassifikationsmodellen aufzubauen, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist (vgl § 29 S 1 Nr 1 RSAV in den seit 1.1.2009 geltenden Fassungen). Das BVA berücksichtigt zudem die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats (vgl zum Beirat § 31 Abs 2 S 1 RSAV).

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bb) Bei einem Streit über solche Ermessensentscheidungen hat das Gericht zu prüfen, ob das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise oder sonst erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch die Klägerin in ihren Rechten verletzt worden ist (vgl § 54 Abs 2 SGG). Daran fehlt es.

34

cc) Das BVA hielt sich zunächst im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, als es in den Festlegungen ab dem Ausgleichsjahr 2009 die Ausgaben unterjährig verstorbener Versicherter nicht annualisierte. Es beachtete, dass - entsprechend der Einschätzung des vom LSG gehörten Sachverständigen - es bei statistischen Berechnungsmethoden - wie hier - häufig nach den statistischen Kennziffern Zielkonflikte geben kann, die aufgelöst werden müssen. Hierzu ließ es acht Modellvarianten mit den Daten aus dem Jahr 2005 durchrechnen. Da es das Modell mit dem besten Wert für das statistische Bestimmtheitsmaß R² (keine Annualisierung, aber Ganzjahreszuweisung) aus rechtlichen Gründen verwarf, wählte es von den verbliebenen Modellen die Variante ohne Annualisierung, da hier der Wert R² - wenn auch nur vergleichsweise geringfügig - am besten war. Zudem wies es bei der Anhörung zu den Festlegungen hierauf hin, ohne Widerspruch zu ernten.

35

Die kontroversen Stellungnahmen in der Folgezeit zwangen das BVA nicht dazu, von dem bisher gewählten Verfahren Abstand zu nehmen. Sie beleuchten vielmehr eindrucksvoll die oben erwähnten Zielkonflikte bei der Wahl unterschiedlicher statistischer Methoden. So führte das vom AOK-Bundesverband für die Festlegungen für 2010 vorgeschlagene Verfahren nach Modellberechnungen dazu, dass sich die Vorhersagegenauigkeit für die Gruppe der Verstorbenen auf 33 % erhöhte, die Überdeckungen für Überlebende aber von 103 % auf 106 % anstiegen. Die vom BVA vorgeschlagene Variante, bei der unter Beibehaltung der übrigen Parameter auf der Ebene der Zuweisungen keine Umrechnung auf Versichertentage erfolgen sollte, erreichte empirisch eine Vorhersagegenauigkeit im Hinblick auf Verstorbene von 62 % und auf Überlebende von 103 %. Der Wissenschaftliche Beirat empfahl diesen Vorschlag aber nicht, da er zu einer erhöhten Zuweisung an alle übrigen Versicherten führe. Er sah es als vorzugswürdig an, bei der bestehenden Regelung hinsichtlich Annualisierung und Verwendung der entsprechenden Regressionsgewichtung zu bleiben, dafür aber die Zuweisung an Verstorbene unabhängig vom Todeszeitpunkt in voller Höhe zu leisten. Nachdem einige KKn und der GKV-Spitzenverband weitere Bedenken gegen eine Änderung äußerten und das BVA beschloss, die Bedenken ausführlicher zu prüfen und eine entsprechende Anpassung zurückzustellen, änderte der Wissenschaftliche Beirat ohne neue Erkenntnisse seine gegebene Empfehlung und schlug nun als etabliertes Standardverfahren vor, bei den Verstorbenen - wie bei den lebenden Versicherten auch - die unterjährigen Versicherungszeiten im RSA zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ging es bei alledem nicht um die Vermeidung von "Rechenfehlern", sondern um verschiedene Wege, auf begrenzter Datengrundlage näherungsweise Realität abzubilden.

36

Bei dieser Ausgangslage war es gut vertretbar und zweckgerecht, dass das BVA der neuen Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats nicht folgte, sondern von der Annualisierung der Ausgaben für unterjährig verstorbene Versicherte zunächst absah, um die vorgetragenen Argumente intensiv zu prüfen. Eine fundiertere Erkenntnisbasis bot erst der am 26.9.2011 veröffentlichte Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Beirats zum Jahresausgleich 2009 vom 22.6.2011, wie auch die Beteiligten nicht in Zweifel ziehen. Das BVA konnte den Evaluationsbericht für den Jahresausgleich 2012 - ungeachtet seines überzeugenden, ab dem Folgejahr nach dem gesetzlich vorgegebenen Korrekturmodus (vgl oben, II.1. c) zu beachtenden Sachgehalts - indes nicht mehr zugrunde legen, ohne die Vorgaben des § 31 Abs 4 S 1 RSAV zu verletzen: Eine rechtzeitige Anhörung des GKV-Spitzenverbandes und eine hierauf gestützte Entscheidung über die Festlegungen bis zum 30.9.2011 war bei dieser Ausgangslage ausgeschlossen.

37

Der ordnungsgemäßen Anhörung kommt bei der Ermessensentscheidung über die Festlegungen besondere Bedeutung zu: Regelmäßig geht die Auswahl zB statistischer Ansätze nämlich mit Vor- und Nachteilen für unterschiedliche Gruppen von KKn einher. Die Ausgestaltung der Festlegungen als "lernendes System" mildert zugleich die Folgen einer Verschiebung von Änderungen ab, da sie im Folgejahr Berücksichtigung finden können. Für die rechtliche Bewertung der Anhörung ist der Zeitpunkt der vom Auftraggeber des Evaluationsberichts verantworteten Veröffentlichung maßgeblich. Dies entspricht wissenschaftlichem Standard, zumal es nicht im Rechtssinne um Entdeckungen, sondern um statistische Bewertungen geht. Schließlich bedarf es keiner Vertiefung, dass der in § 31 Abs 4 S 1 RSAV benannte Zeitpunkt der Entscheidung über die Festlegungen der letzte zulässige ist, um ein zeitgerechtes Funktionieren des RSA zu gewährleisten.

38

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Mai 2014 - B 1 KR 18/14 R zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 75


(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze


Bundespflegesatzverordnung - BPflV

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 266 Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (Risikostrukturausgleich), Verordnungsermächtigung


(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige A

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 271 Gesundheitsfonds


(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung verwaltet als Sondervermögen (Gesundheitsfonds) die eingehenden Beträge aus:1.den von den Einzugsstellen nach § 28k Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches und nach § 252 Abs. 2 Satz 3 eingezogenen Beiträgen für die g

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 268 Risikopool


(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Ver

Risikostruktur-Ausgleichsverordnung - RSAV | § 2 Risikogruppen


(1) Die Zuordnung der Versicherten zu den Risikogruppen nach § 266 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 269 Absatz 3 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfolgt mittels eines vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Versi

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 171


Wird während des Revisionsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so gilt der neue Verwaltungsakt als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten, es sei denn, daß der Kläger durch den neuen Verwaltungsa

Risikostruktur-Ausgleichsverordnung - RSAV | § 17 Mitgliederbezogene Veränderung der Zuweisungen


(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse im Voraus für ein Ausgleichsjahr den Betrag, um den die monatlichen Zuweisungen für jede Krankenkasse zu verändern sind. Das Bundesamt für Soziale Sicherung zieht dazu von dem Zu

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Mai 2014 - B 1 KR 18/14 R zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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bei uns veröffentlicht am 20.05.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 20. Mai 2014 - B 1 KR 18/14 R.

Landessozialgericht NRW Urteil, 29. Okt. 2015 - L 5 KR 745/14 KL

bei uns veröffentlicht am 29.10.2015

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 14.11.2014 wird hinsichtlich der Zuweisungen für Auslandsversicherte aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu bescheiden. Die Bekl

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(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Wird während des Revisionsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so gilt der neue Verwaltungsakt als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten, es sei denn, daß der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebegehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009.

2

Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte KKn-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen KKn. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den KKn nur nach Maßgabe des sich anschließenden RSA zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond berücksichtigt die Risikostruktur der jeweiligen KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Infolge dieses morbiditätsorientierten RSA stellen kranke Versicherte nicht zwangsläufig im versicherungsmathematischen Sinne "schlechte Risiken" dar. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich, handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA).

3

Die Beklagte regelte für die Klägerin die monatliche Abschlagszahlung aus dem Gesundheitsfonds (Grundlagenbescheid I/2009, 1.1.2009; Zuweisungsbescheid 1/2009, 1.1.2009). Hiergegen hat die Klägerin beim LSG Klage erhoben. Die Beklagte hat die Höhe weiterer Abschlagszahlungen bestimmt (Grundlagenbescheide II - IV/2009; Zuweisungsbescheide 2 - 12/2009; Korrekturbescheide I - III), die Zuweisungen für das Jahr 2009 endgültig festgesetzt (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: insgesamt 14 262 682 856,51 Euro, davon 14 065 927 867,09 Euro für das Ausgleichsjahr 2009) und zugleich die Klägerin verpflichtet, einen Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro in zwölf gleichen Monatsraten im Jahr 2011 zu zahlen. Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Aufhebung ihrer Zahlungsverpflichtung und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 begehrt: Schon die Gesetzesgrundlage sei verfassungswidrig. Die Einteilung der Versicherten in Morbiditätsgruppen sei fehlerhaft zustande gekommen und mangels valider Daten nicht willkürfrei umsetzbar. Die Beklagte hätte die ihr nach dem 15.6.2010 zugegangene Korrekturmeldung (Krankenhausdaten, Satzart 500) berücksichtigen müssen. Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.6.2013).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 20 Abs 3 GG, des § 268 SGB V und der § 30 Abs 4 S 2, § 31 Abs 4 S 1 RSAV. Sie hält § 268 SGB V für verfassungswidrig und wendet sich weiterhin gegen die morbiditätsgruppenbezogenen Festlegungen des BVA iVm § 31 Abs 4 RSAV sowie gegen die Nichtberücksichtigung der dem BVA nach dem 15.6.2010 zugegangenen Korrekturmeldung zur Satzart 500.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 aufzuheben, den Bescheid vom 16. November 2010 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Zuweisungen für 2009. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest; die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung der den Morbiditätsgruppen zuzuordnenden Morbiditätsdaten und ihr Verwaltungsvollzug sind willkürfrei (dazu 2.). Die Beklagte berechnete - hierauf gestützt - die Zuweisungen rechtmäßig (dazu 3.). Sie lehnte es rechtmäßig ab, den Korrekturdatensatz der Satzart 500 zu berücksichtigen (dazu 4.) und forderte den gezahlten Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro rechtmäßig zurück (dazu 5.).

9

1. Die Klage ist ohne Vorverfahren (§ 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und als Anfechtungsklage zulässig. Gegenstand ist zum einen das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2009 (Teilregelung im Jahresausgleichbescheid 2009 vom 16.11.2010) aufzuheben und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Gegenstand der reinen Anfechtungsklage ist die Festsetzung der Rückzahlungsverpflichtung. Allein der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010) regelt die maßgebliche, nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 und die Verpflichtung zur Rückzahlung von 67 640 492,77 Euro. Er ist Klagegegenstand, denn er hat die vorangegangenen, vorläufigen Regelungen ersetzt (dazu a). Die Klägerin greift dabei mit ihrer Klage in zulässiger Weise nur einen abtrennbaren Teil der Zuweisungsregelung an (dazu b). Die Festlegungen des BVA sind demgegenüber kein eigenständiger Klagegegenstand, sondern inzident zu überprüfen (dazu c). Die Klägerin ist auch klagebefugt (dazu d). Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (dazu e).

10

a) Gegenstand der Anfechtung ist nur noch der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010; § 96 Abs 1 SGG). Er hat sämtliche vorausgegangenen Zuweisungs-, Grundlagen- und Korrekturbescheide, insbesondere auch den mit der Klage ursprünglich angegriffenen Grundlagenbescheid (1.1.2009) und den Zuweisungsbescheid für den Monat Januar 2009 (1.1.2009) ersetzt. Denn er tritt an die Stelle der in diesen früheren Bescheiden geregelten nur vorläufigen (dazu aa) Zuweisungen für 2009 nebst ihren Grundlagen (Grundlagenbescheide vom 1.1.2009; 31.3.2009; 30.9.2009; 31.3.2010; Zuweisungsbescheide vom 1.1.2009; 26.1.2009; 25.2.2009; 31.3.2009; 27.4.2009; 25.5.2009; 30.6.2009; 30.7.2009; 31.8.2009; 30.9.2009; 30.10.2009; 30.11.2009; Korrekturbescheide vom 3.4.2009; 15.10.2009; 14.4.2010). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 setzt die nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 fest (dazu bb). Zusätzlich regelt er die Rückforderung (dazu cc).

11

aa) Bei den dem Jahresausgleichsbescheid vorausgehenden Grund-, Zuweisungs- und Korrekturbescheiden handelt es sich um vorläufige Verwaltungsakte, die sich mit dem Erlass des Bescheides über den Jahresausgleich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigen(vgl zB zur endgültigen Regelung des Ausgleichsanspruchs für das Jahr 1994 BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 7 ff; s ferner BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/02 R - Juris RdNr 14 ff = USK 2003-22). Der vorläufige Regelungscharakter ergibt sich für Zuweisungs- und Grundlagenbescheide unmittelbar aus den Regelungen des SGB V und der RSAV, für Korrekturbescheide aus ihrer Regelungsfunktion. Sie sind allesamt von dem gesetzgeberischen Zweck getragen, den KKn fortlaufend eine ausreichende und verlässliche Finanzierung ihrer Ausgaben mit dem Ziel einer schon vorab möglichst großen Annäherung an die endgültig festzusetzenden Zuweisungen zu ermöglichen.

12

Die Vorläufigkeit der Zuweisungen folgt für die monatlich ergehenden Zuweisungsbescheide aus dem Gesetz (§ 266 Abs 6 S 4 und 5 SGB V). Hiernach gelten die monatlichen Zuweisungen als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach § 266 Abs 6 S 3 SGB V auszugleichen. Entsprechendes gilt für die Vorläufigkeit der die Berechnungsgrundlagen regelnden Grundlagenbescheide (siehe § 266 Abs 6 S 1 SGB V). Danach stellt das BVA im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach § 266 Abs 5 S 2 Nr 1 und 2 SGB V vorläufig fest, die es entsprechend dem durch neue Daten begründeten Erkenntnisfortschritt regelmäßig entsprechend § 39 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst c Neunzehnte Verordnung zur Änderung der RSAV <19. RSA-ÄndV> vom 11.3.2009, BGBl I 497) aktualisiert. Nach dieser Regelung berechnet das BVA für das jeweilige Ausgleichsjahr für alle KKn jeweils bis zum 31. März des Ausgleichsjahres, bis zum 30. September des Ausgleichsjahres sowie bis zum 31. März des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres die vorläufige Höhe der Zuweisungen nach § 39 Abs 2 RSAV neu unter Berücksichtigung der aktuellen Datenmeldung nach § 32 RSAV und teilt diese den KKn mit. Hierzu erlässt es korrigierende weitere Grundlagenbescheide.

13

Die auf dieser Grundlage für das Geschäftsjahr ergehenden Korrekturbescheide der Zuweisungsbescheide treffen ebenfalls nur vorläufige Regelungen. Denn sie ändern vorausgegangene monatliche Zuweisungsbescheide ab. Hierfür sieht § 39 Abs 3a RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst d 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497) vor, dass Über- und Unterzahlungen bereits vor dem endgültigen Jahresausgleich entsprechend den korrigierten Grundlagenbescheiden vorläufig auszugleichen sind.

14

Die Vorläufigkeit der Regelungen ergibt sich als umfassendes Regelungskonzept für diese Verwaltungsakte im Übrigen mittelbar aus § 266 Abs 6 S 3 SGB V iVm § 41 RSAV. Das BVA ermittelt nach Maßgabe des § 41 RSAV(idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; zur Einfügung des § 41 RSAV aufgrund der Ausschussempfehlung im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426, vgl BT-Drucks 16/10609 S 72, dort als Schlussausgleich bezeichnet) für das jeweilige abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) den Jahresausgleich und führt ihn bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durch. Diese Regelung konkretisiert S 3 des § 266 Abs 6 SGB V(idF des Art 1 Nr 178 Buchst g Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.1.2009). S 3 bestimmt, dass nach Ablauf des Kalenderjahres die Höhe der Zuweisung für jede KK vom BVA aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den zum 1. Oktober dieses Jahres erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten KKn zu ermitteln ist.

15

Nach diesen Grundsätzen treffen Korrekturen von Zuweisungsbescheiden nur vorläufige Regelungen (hier: Korrekturbescheide I/2009 vom 3.4.2009 und II/2009 vom 15.10.2009). Gleiches gilt für den Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010), der das gesamte Geschäftsjahr 2009 erfasst. Denn er setzt nur die vom vorläufigen Grundlagenbescheid IV/2009 neu vorgegebenen Berechnungsgrundlagen um, ohne damit schon den endgültigen Jahresausgleich nach § 41 RSAV vorwegzunehmen. Der Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010) stützt sich zudem ausdrücklich nur auf § 39 Abs 3a S 2 und 3 iVm Abs 3 RSAV. Bei der Klägerin als Adressatin des Bescheides konnte kein Zweifel über dessen vorläufigen Regelungscharakter entstehen (zu Korrekturen früherer Geschäftsjahre im Jahresausgleichsbescheid eines nachfolgenden Geschäftsjahres vgl BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 32).

16

bb) Die Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin ist nicht mehr vorläufig und macht die genannten vorläufigen Regelungen obsolet (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: 14 262 682 856,51 Euro). Die Festsetzung setzt sich aus den Zuweisungen für standardisierte Leistungsausgaben einschließlich Krankengeld, dem Konvergenzbetrag (Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V), den Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270 Abs 1 SGB V), der mitgliederbezogenen Veränderung der Zuweisung (§ 41 Abs 2 RSAV), dem Korrekturbetrag im RSA bis 2008 und dem Korrekturbetrag im Risikopool bis 2008 zusammen.

17

cc) Eine weitere eigenständige Regelung (§ 31 S 1 SGB X) ist die Anordnung ratenweiser Erstattung von 67 640 492,77 Euro (Zuweisungen nach § 272 SGB V für das Jahr 2009; Teil 4 des Bescheides vom 16.11.2010). Die Klägerin hat sie mit ihrem Begehren auf höhere Zuweisungen inzident angegriffen.

18

b) Die Klägerin darf sich auf eine kombinierte Teilanfechtung und -verpflichtung hinsichtlich der Gesamtzuweisung 2009 beschränken. Die Klägerin greift zulässig die Zuweisungsverfügung nur hinsichtlich der Teilbeträge an, die auf der Einführung des RSA zum 1.1.2009 beruhen und das Ausgleichsjahr 2009 erfassen (Teil 1 des Bescheides vom 16.11.2010; Zuweisung von 14 065 927 867,09 Euro).

19

Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das vom Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhalts an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie den Klagegrund, aus dem die Rechtsfolge sich ergeben soll (vgl BSG SozR 4-2600 § 237 Nr 2, dort hinsichtlich der Verfügung betreffend den Zugangsfaktor bei einer Altersrente; ebenso BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R - RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 2 Nr 4 vorgesehen). Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 S 1 iVm § 131 Abs 1 S 1 SGG und BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 43; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, § 131 Anm 3 mwN; s ferner BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07 - BFH/NV 2009, 1142). Teilbar ist ein Verwaltungsakt nach § 31 S 1 SGB X jedenfalls schon dann, wenn eine betragsmäßige Aufteilung möglich ist und den klageweise geltend gemachten Teilbeträgen Rechnungsposten zugrunde liegen, die sich - insbesondere unter dem zeitlichen Gesichtspunkt - aus jeweils eigenen Sachverhalten ableiten und insoweit auch gegenständlich abgegrenzt werden können. So verhält es sich hier.

20

Der angefochtene Teil der Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin betrifft die Zuweisungen aus dem ab 1.1.2009 geltenden RSA und den Ausgleichsbetrag für Zuweisungen für das Geschäftsjahr 2009. Er lässt sich sowohl zeitlich als auch gegenständlich eindeutig gegenüber Rechnungsposten abgrenzen, die davor liegenden Geschäftsjahren mit jeweils eigenständigen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zuzuordnen sind (RSA-Korrekturen bis einschließlich 2008: 193 722 497,76 Euro; Risikopool-Korrekturen bis einschließlich 2008: 3 032 491,66 Euro).

21

c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2009 zugrunde liegenden "Festlegungen" - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung über die nähere Ausgestaltung des Ausgleichsverfahrens vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf (Bekanntgabe der Krankheiten vom 13.5.2008 mit Dokumentation der Festlegung und Anhänge 1 - 4 idF der Änderungsbekanntgabe vom 2.3.2009 mWv 1.4.2009 mit Anlagen, Erläuterungen, Listen und der Änderungsbekanntgabe vom 8.3.2010 mWv 31.3.2010 und Erläuterungen, Listen , berichtigt durch Bescheid vom 18.3.2010 betreffend Anhang Ä2 Liste ICD DxG HMG; sonstige Festlegungen - Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren, Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge mit Anlagen 1 - 3, Hierarchien, Erläuterung der Festlegungen, Auswertung der Stellungnahmen, übersandt an GKV-Spitzenverband mit Schreiben vom 3.7.2008). Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen "Festlegungen" sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die "Grundlagenbescheide" Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 15 und 29, für BSGE und SozR vorgesehen ) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzident mit zu überprüfen. Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems(vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 16 f, für BSGE und SozR vorgesehen).

22

d) Die Klägerin ist klagebefugt. Neben - hier von der Klägerin auch geltend gemachten - Mängeln des einfachen Rechts und seiner Anwendung (zur dadurch möglichen Verletzung des Selbstverwaltungsrechts sowie der Haushalts- und Finanzhoheit vgl auch BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 30) kann ein Träger mittelbarer Staatsverwaltung ihn betreffende Vorschriften des einfachen Gesetzesrechts nicht nur wegen Verstoßes gegen formelles Verfassungsrecht, sondern auch wegen Verletzung des Willkürverbots mit Erfolg angreifen. Denn das Willkürverbot gilt innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus, in dem grundsätzlich kein Grundrechtsschutz besteht, jedenfalls aufgrund des immer zu beachtenden Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5, zur Konkursausfallgeld-Umlage; s ferner BVerfGE 86, 148, 251, zum Länderfinanzausgleich; BVerfGE 21, 362, 372, zum Übergang von Ersatzansprüchen aus fahrlässiger Amtspflichtverletzung). Dieser Klagebefugnis steht nicht entgegen, dass die Klägerin als Trägerin mittelbarer Staatsverwaltung nicht nach Art 19 Abs 3 GG grundrechtsfähig ist (stRspr: BVerfGE 21, 362, 368 ff; BVerfGE 39, 302, 312 ff; s ferner BVerfGE 77, 340, 344; BVerfGK 13, 276 = SozR 4-2500 § 4 Nr 1; vgl BSGE 90, 231, 264 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 99 ff).

23

e) Einer notwendigen Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG bedurfte es nicht, wie das LSG zutreffend gesehen hat(den Beiladungsantrag der AOK Rheinland/Hamburg ablehnender Beschluss vom 20.8.2012). Die anderen KKn sind an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nur der Fall, wenn die Entscheidung aus Rechtsgründen nur einheitlich ergehen kann. Es genügt weder, dass die Entscheidung logisch notwendig einheitlich ergehen muss, weil in beiden Rechtsverhältnissen über dieselben Vorfragen zu entscheiden ist, noch dass die tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern. Die Beiladung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 7 S 17; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71 S 83). Die gegenüber den anderen KKn ergangenen Bescheide über den Jahresausgleich 2009 bleiben von einer Entscheidung über den Jahresausgleich 2009 zwischen der Klägerin und der Beklagten auch dann unberührt, wenn die Klägerin obsiegen würde. Ein möglicher höherer Zuweisungsanspruch für das Jahr 2009 kann im Wege eines Korrekturbescheides nur in einem späteren Ausgleichsjahr wirksam werden. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin angeregten Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG, die nur eine Vorfrage im oben dargelegten Sinn zum Gegenstand haben könnte.

24

2. Die Beklagte legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest. Die Beklagte durfte - wie erfolgt - aufgrund wirksamer Rechtsgrundlage die erforderlichen "Festlegungen" in einer formell rechtmäßigen Allgemeinverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen treffen; die in Gestalt des BVA zuständige Beklagte beachtete auch das für die "Festlegungen" vorgesehene Verfahren. Dem steht nicht die sich aus § 29 S 2 RSAV (idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006) ergebende, bis zum 17.3.2009 geltende Verordnungsermächtigung entgegen (dazu a). Die Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen, die das zentrale Element des Schlüssels zur jährlichen Verteilung der im Gesundheitsfonds nach Maßgabe des § 271 S 1 SGB V eingehenden Beträge regeln, sind auch materiell rechtmäßig(dazu b). Die sie tragenden Rechtsgrundlagen begegnen - auch im Hinblick auf den sie steuernden Verwaltungsvollzug - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu c).

25

a) Rechtsgrundlage der Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen beim RSA 2009 ist § 31 Abs 4 RSAV(idF durch Art 17 Nr 1 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 1.8.2009) iVm § 29 Nr 1(idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) und § 31 Abs 1 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 S 1 Nr 2 und 3 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) die nach Abs 1 S 2 zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt. Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach § 31 Abs 4 S 1 RSAV festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen. § 31 Abs 1 S 1 RSAV gilt entsprechend. Morbiditätsgruppen für Erwerbsminderungsrentner werden für Versicherte gebildet, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten haben. Bei der Bildung von Altersgruppen kann das BVA im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn von § 2 Abs 3 S 1 RSAV abweichende Altersabstände bestimmen.

26

Diese verordnungsrechtlichen Vorschriften beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage und sind formell rechtmäßig. Der Verordnungsgeber durfte dem BVA auch materiell-rechtlich die Befugnis erteilen, in Form sachbezogener Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X) auf einer ersten Stufe des Verwaltungsverfahrens Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 21 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

27

§ 29 S 2 RSAV sah allerdings zeitgleich mit § 31 Abs 4 S 1 RSAV bis zum 17.3.2009 vor, dass das Nähere über die Bestimmung und Anpassung des Klassifikationsmodells nach § 29 S 1 Nr 1 RSAV durch gesonderte Rechtsverordnung zu erfolgen hatte. Das BVA war aber nicht in der Lage, Festlegungen nach § 31 Abs 4 S 1 iVm Abs 1 RSAV zu treffen, ohne zugleich den Inhalt des § 29 S 1 Nr 1 RSAV mit zu konkretisieren. Der Verordnungsgeber hob § 29 S 2 RSAV durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009 (BGBl I 497) mWv 18.3.2009 mit dem Willen auf, diesen Regelungswiderspruch zu beseitigen (vgl Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit zum 19. RSA-ÄndV-Entwurf, BR-Drucks 86/09 S 6).

28

b) Das BVA bestimmte für das Ausgleichsjahr 2009 die Einzelheiten des in § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) angeordneten Versichertenklassifikationsmodells nach Morbiditätsgruppen rechtmäßig nach pflichtgemäßem Ermessen.

29

Die Festlegung des Versichertenklassifikationsmodells ist - entsprechend der Festlegung des Regressionsverfahrens - eine Ermessensentscheidung. Die "Festlegungen" erfolgen nämlich nicht in der Weise, dass das Ergebnis strikt eindeutig vorgegeben ist. Vielmehr bedarf es ihrer jährlich neu, weil sie dem schrittweise erfolgenden Erkenntnisfortschritt Rechnung tragen und hierbei die gesetzlichen Ziele besser erreichen sollen, ohne dass kurzfristig ein dauerhaftes Optimum zu erwarten ist (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 32, für BSGE und SozR vorgesehen). Der Gesetzgeber hat gerade aufgrund des Fehlens fertig ausgestalteter, wissenschaftlich fundierter, unmittelbar auf die GKV übertragbarer Klassifizierungs- und Verfahrensmodelle die Notwendigkeit gesehen, das BVA mit dieser Normkonkretisierung zu betrauen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 205, zu § 31 Abs 4 RSAV). Der RSA ist für die Sachgerechtigkeit der Krankheitsauswahl, der Bildung der Morbiditätsgruppen und des Berechnungsverfahrens auf wissenschaftlichen Sachverstand, empirische Forschung und Statistik angewiesen (vgl Schmehl in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, § 39 RdNr 72). Deren Erkenntnisse führen regelmäßig im hier betroffenen Anwendungsbereich zu einer Bandbreite vertretbarer Ergebnisse. Das Klassifikationsmodell des BVA hat in diesem Sinne auf Klassifikationsmodellen aufzubauen, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist (vgl § 29 S 1 Nr 1 RSAV in den seit 1.1.2009 geltenden Fassungen). Das BVA berücksichtigt zudem die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats (vgl zum Beirat § 31 Abs 2 S 1 RSAV).

30

Bei einem Streit über solche Ermessensentscheidungen hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise oder sonst erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl § 54 Abs 2 SGG). Daran fehlt es.

31

Die vom BVA getroffenen Festlegungen der Grundsätze der Morbiditätsgruppenbildung (dazu aa) stehen in Einklang mit den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlagen (dazu bb). Das BVA setzte hierbei auch ermessensfehlerfrei 80 zuschlagsrelevante Krankheiten fest (dazu cc).

32

aa) Das BVA legte die vorzunehmende Berücksichtigung morbiditätsabhängiger Risikozuschläge bei der Ermittlung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Ausgleichsjahr 2009 wie folgt fest: Alle Versicherten sind, soweit Morbiditätsdaten über sie im Berichtsjahr (2008) vorliegen (vgl § 31 Abs 1 S 2 RSAV; prospektives Modell: Ungleichzeitigkeit von Versichertenklassifikation und Leistungsausgabenerhebung), den Morbiditätsgruppen anhand von stationären und ambulanten Diagnosen zuzuordnen (Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 3). Krankenhausdiagnosen führen unmittelbar zu einer Zuordnung, vertragsärztliche Diagnosen hingegen nur dann, wenn es sich um gesicherte ambulante Diagnosen (mit Qualifizierungsmerkmal "G") handelt und eine weitere, derselben Krankheit zugeordnete gesicherte Diagnose in einem anderen Quartal dokumentiert wurde (M2Q-Kriterium; Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 2 und a 3). Die ICD-10-Diagnosen weisen die Versicherten einer Morbiditätsgruppe des Klassifikationsmodells zu. Dieses unterscheidet 106 zuschlagsfähige, nach dem Schweregrad der Krankheit hierarchisierte Morbiditätsgruppen (HMG; vgl Festlegungen, Modell, Anlage 1), die in 25 Hierarchien eingeordnet sind. Innerhalb einer Hierarchie ist nur eine Morbiditätsgruppe relevant. Erfüllt ein Versicherter die Voraussetzungen für mehrere Gruppen innerhalb der Hierarchie, ist nur die ranghöchste Gruppe beim Versicherten zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um die jeweils schwerwiegendste Krankheitsmanifestation. Zum Teil schließt die Anwendbarkeit einer Hierarchiegruppe die Berücksichtigung eines Versicherten in anderen Hierarchiegruppen aus (Dominanzverhältnis; vgl Festlegungen, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu dem Morbiditätsgruppen, 4. Hierarchisierung der Morbiditätsgruppen), zum Teil kann ein Versicherter jeweils einer Gruppe bei zwei oder mehr Hierarchiegruppen zugeordnet werden.

33

Das BVA hat zur Ansteuerung der HMG für die Zwecke des RSA 366 Krankheiten definiert (Bekanntgabe Anhang 1 Krankheitsbildung) und hieraus 80 Krankheiten als zuschlagsrelevant ausgewählt (Bekanntgabe Krankheiten), denen jeweils sachlich zusammenhängende ICD-10-Diagnosen zugewiesen sind (Bekanntgabe und Anhang 4, ICD-Liste). Der Zusammenhang zwischen den vom BVA festgelegten 80 RSA-relevanten Krankheiten und den HMG ergibt sich daraus, dass das BVA aus den ICD-10-Diagnosen einer Krankheit Diagnosegruppen (DxGruppen) ableitet. Eine Morbiditätsgruppe besteht mindestens aus einer DxGruppe, kann aber auch mehrere DxGruppen aus verschiedenen Krankheiten umfassen. Damit ist eine RSA-relevante Krankheit eine für die Zwecke des RSA geschaffene Entität, deren jeweilige Bestandteile der Algorithmus ganz oder teilweise, allein oder in Verbindung mit Bestandteilen anderer RSA-relevanter Krankheiten zu Funktionseinheiten, den DxGruppen, verbindet, die ihrerseits die für die Risikozuschläge maßgeblichen hierarchisierten Morbiditätsgruppen bilden. So sind zB der Krankheit 6 mit ihrem ICD-10-Katalog (Bösartige Neubildungen der Verdauungsorgane) die HMG011 (Bösartige Neubildungen des Dünndarms, Peritoneums, Gallenblase, Leber, Pankreas) vollständig sowie Teile der HMG012 (Andere schwerwiegende bösartige Neubildungen) und der HMG013 (Sonstige ernste bösartige Neubildungen) zugeordnet.

34

bb) Mit diesem grundsätzlichen Vorgehen beachtete das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Nach § 268 Abs 2 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 16 Buchst b Doppelb aa Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006, BGBl I 3439, mWv 1.1.2007) regelt das BMG bis zum 31.12.2009 durch Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben nach § 268 Abs 1 SGB V(zur Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen). Bei der Gruppenbildung sind auch internationale Erfahrungen mit Klassifikationsmodellen direkter Morbiditätsorientierung zu berücksichtigen (§ 268 Abs 2 S 3 SGB V). Dabei konnte der Gesetzgeber des GKV-WSG anstelle des BMG selbst als Verordnungsgeber § 29 S 1 Nr 1 und § 31 Abs 1 RSAV erlassen(vgl dazu BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 25, für BSGE und SozR vorgesehen).

35

In der Sache gibt § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) vor, dass die Versichertengruppen nach § 266 Abs 1 S 2 und 3 SGB V und die Gewichtungsfaktoren nach § 266 Abs 2 S 2 SGB V vom 1.1.2009 an abweichend von § 266 SGB V nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden sind (Morbiditätsgruppen), die zugleich 1. die Morbidität der Versicherten auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigen, 2. an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der zugeordneten Versicherten orientiert sind, 3. Anreize zu Risikoselektion verringern, 4. keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen und 5. 50 bis 80 insbesondere kostenintensive chronische Krankheiten und Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf der Auswahl der Morbiditätsgruppen zugrunde legen. Dem entsprechend bestimmt § 29 Nr 1 RSAV, dass vom Berichtsjahr 2009 an abweichend von § 2 Abs 1 und 2 RSAV folgende Risikomerkmale der Versichertengruppenabgrenzung zu Grunde zu legen sind: die Morbiditätsgruppen eines vom BVA festgelegten Versichertenklassifikationsmodells, das auf der Grundlage von Diagnosen und Arzneimittelwirkstoffen Risikozuschläge ermittelt und das auf Klassifikationsmodellen aufbaut, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist. § 31 Abs 1 RSAV konkretisiert dies dahingehend, dass die nach § 29 Nr 1 RSAV vorzunehmende Auswahl des Versichertenklassifikationsmodells und seine Anpassung an die Gegebenheiten der GKV so zu erfolgen haben, dass keine Anreize für medizinisch nicht gerechtfertigte Leistungsausweitungen geschaffen und Anreize zur Risikoselektion vermieden werden. Das nach S 1 an die GKV angepasste Versichertenklassifikationsmodell ist anhand von 50 bis 80 Krankheiten zu filtern und prospektiv auszugestalten. Bei der Auswahl der in S 2 genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden. Die Krankheiten sollen eng abgrenzbar sein.

36

cc) Das BVA wählte innerhalb seines vorgegebenen Regelungsrahmens ermessensfehlerfrei 80 Krankheiten aus. Hierbei musste es sich nicht auf besonders teure und zugleich singuläre Erkrankungsfälle beschränken, sondern durfte auch - wie geschehen - sog "Volkskrankheiten" einbeziehen (dazu aaa). Das komplexe Versichertenklassifikationsmodell des BVA baut auf wissenschaftlich fundierten Klassifikationsmodellen auf (dazu bbb). Das BVA durfte hierbei von den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats abweichen (dazu ccc).

37

aaa) Die vom BVA getroffenen Festlegungen der 80 Krankheiten, die Zuschläge auslösen (vgl Bekanntgabe vom 13.5.2008; Änderungsbekanntgaben vom 2.3.2009 und vom 8.3.2010; Berichtigung vom 18.3.2010), beachten die spezifischen Vorgaben der Regelungen des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und des § 31 Abs 1 S 2 bis 4 RSAV. Wortlaut und Binnensystematik dieser Regelungen sind für die getroffene Auswahl offen (dazu 1). Die betroffenen Festlegungen entsprechen in besonderer Weise der Entstehungsgeschichte, dem Regelungssystem und dem Reglungszweck des RSA (dazu 2).

38

(1) Dem oben dargelegten Wortlaut des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und den Worten des § 31 Abs 1 S 2 und 3 RSAV ist zu entnehmen, dass es bei Konkretisierung der "Krankheiten" als Krankheitsentitäten, die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nach Maßgabe standardisierter, auf Morbiditätsgruppen bezogener Leistungsausgaben zur Folge haben, um behandlungsbedürftige Zustände Versicherter gehen muss, die einen herausgehobenen Behandlungsbedarf auslösen(vgl auch Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 Nr 6). Bei der "Auswahl" der "genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden" (§ 31 Abs 1 S 3 RSAV). Das Kriterium der Mindestüberschreitung macht die Umschreibung der Fälle mit zu erwartenden hohen Leistungsausgaben handhabbar. "Die Krankheiten sollen" zudem "eng abgrenzbar sein" (§ 31 Abs 1 S 4 RSAV). Dies erfordert nicht, dass jede Krankheit im RSA-Sinn ganz oder teilweise durch ICD-10-Diagnosen definiert ist, die im einzelnen Behandlungsfall typischerweise einen schwerwiegenden Verlauf oder Chronizität beinhalten (zulässig deshalb zB Krankheit Nr 58 - Hypertonie).

39

(2) Der zum 1.1.2009 eingeführte RSA verfolgt das Ziel, in der Versichertenstruktur liegende Risiken in breitem Umfang zu erfassen (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines RSA-ReformG, BT-Drucks 14/6432 S 10). Es sind grundsätzlich alle von den KKn nicht steuerbaren Morbiditätsrisiken auszugleichen, um eine Vergleichbarkeit der Effizienz und Effektivität der KKn untereinander trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen und Risikostrukturen zu gewährleisten. Die Festlegungen des BVA werden dem in besonderer Weise gerecht. Das gewählte Modell des BVA ließ erwarten, dass der RSA mehr als 50 vom Hundert der Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds steuert und rund 40 vom Hundert der Versicherten erfasst (vgl Glaeske in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 7, 28). Die Auswahl erstreckt sich - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 zu Nr 6 Abs 1 - § 31 Abs 1 RSAV) - auf Krankheiten, die für das Versorgungsgeschehen von besonderer Bedeutung sind und wesentlichen Einfluss auf die Kostenbelastung der KKn haben. Weil ein solches Modell verspricht, die Risikoselektion wirksam einzuschränken, hob der Gesetzgeber die zuvor geltenden, für diesen Zweck nur einen unwesentlichen Beitrag leistenden, aber verwaltungsaufwändigen Regelungen eines Risiko- oder Hochrisikopools (§ 269 SGB V aF) mit dem GKV-WSG auf (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 169 zu Art 1 Nr 181, zu Buchst c, unter Hinweis auf Endbericht Klassifikationsmodelle 2004, S 219 f). Die (vorläufige) Beschränkung auf 50 bis 80 Krankheiten sollte bloß dazu dienen, "nicht vorhersehbare Verwerfungen in der Übergangsphase zu vermeiden" (vgl Begründung zu Art 38 Nr 6 GKV-WSG-Entwurf BT-Drucks 16/3100 S 204).

40

bbb) Das vom BVA festgelegte, vorstehend beschriebene Versichertenklassifikationsverfahren erfüllt die Voraussetzungen des § 29 Nr 1 RSAV. Es handelt sich um ein HCC(Hierarchical Coexisting Conditions)-Modell. HCC-Modelle sind wissenschaftlich untersucht und nach dem Untersuchungsergebnis bei der dargelegten zutreffenden Sicht des rechtlichen Gestaltungsrahmens in der GKV einsatzfähig (vgl Busse/Drösler/Glaeske/Greiner/Schäfer/Schrappe, Wissenschaftliches Gutachten für die Auswahl von 50 bis 80 Krankheiten zur Berücksichtigung im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich , S 14 ff; s ferner zur Bestandsaufnahme der Modelle zur morbiditätsorientierten Gruppierung: Reschke/Sehlen/Schiffhorst/Schräder/Lauterbach/Wasem, Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich, Endbericht 2004, 2005, , S 49 ff, insbesondere S 71 ff; zur Bewertung der Klassifikationsmodelle im Einzelnen: S 130 ff, insbesondere S 135). Seine Einsatzfähigkeit in der GKV ist in diesem Sinne wissenschaftlich bestätigt.

41

ccc) Das BVA war nicht an die Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des HCC-Modells und der Prävalenzbewertung gebunden. Das BVA hat die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats lediglich bei seinem Gestaltungsermessen zu berücksichtigen. Nicht der Beirat, sondern das BVA hat die Entscheidungskompetenz. Der Wissenschaftliche Beirat wird nur gutachtlich beratend tätig. Das BVA kann aus sachgerechten Gründen von den Empfehlungen abweichen. Dementsprechend hat der Wissenschaftliche Beirat lediglich einen Vorschlag für die Anpassung des Klassifikationsmodells an die GKV zu unterbreiten und ein Verfahren zu seiner laufenden Pflege vorzuschlagen, bis zum 31.10.2007 ein Gutachten zu erstatten, in dem die hier relevanten Krankheiten ausgewählt werden und die Auswahl dieser Krankheiten in regelmäßigen Abständen zu überprüfen (§ 31 Abs 2 S 1 RSAV). Das BVA hat dagegen auf der Grundlage der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats - hier: Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - die Festlegungen zu treffen (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV).

42

Die "Festlegungen" genügen diesen Anforderungen. Das BVA berücksichtigte - abweichend vom Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - in erster Linie zur Plausibilisierung vertragsärztlicher Diagnosen und in zweiter Linie zur Separierung bestimmter Krankheitsverläufe (vgl Erläuterungen zur Festlegung von Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren und Berechnungsverfahren durch das BVA, S 3 und 5) auch Arzneimittelwirkstoffe in seinem Klassifikationsmodell. Es folgte auch aus Sachgründen nicht der im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 vorgeschlagenen Abschwächung des Einflusses der Krankheitshäufigkeit durch eine nur logarithmische Gewichtung der Prävalenz. Es durfte den wertungsoffenen Zielkonflikt zwischen Kosten der Krankheit je Behandlungsfall und Kosten der Krankheit für das GKV-System zugunsten des letzteren auflösen, indem es mathematisch die Logarithmusfunktion durch die Wurzelfunktion ersetzte. Die von ihm ausgewählten Krankheiten erfüllen die ansonsten im Gutachten operationalisierten Kriterien für "schwerwiegend" und "kostenintensiv chronisch" und die 150 %-Grenze weiterhin (vgl Göpffarth in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 101, 108).

43

c) Die aufgezeigten Rechtsgrundlagen des ab 2009 anzuwendenden RSA sind verfassungsgemäß. Zu Recht ziehen die Beteiligten ihre formelle Verfassungsmäßigkeit nicht in Zweifel. Die Rechtsgrundlagen verstoßen aber auch nicht gegen das Willkürverbot als objektives, bei der Ausgestaltung des RSA zu beachtendes Rechtsprinzip (BVerfGE 113, 167, 262 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 211). Es ist erst verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt erst vor, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5 mwN). Bei der Beurteilung künftiger Sachverhalte und Entwicklungen steht dem Gesetzgeber grundsätzlich eine Einschätzungsprärogative zu (vgl BVerfGE 68, 193, 220 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 4; BVerfG SozR 3-2500 § 311 Nr 1 S 5). Der Gesetzgeber überschritt seinen Prognose- und Beurteilungsspielraum vorliegend nicht.

44

Das BVerfG hat sogar unter Anlegung eines weitergehenden Prüfmaßstabs die neuen Regelungen zum Versichertenklassifikationssystem nach Morbiditätsgruppen - ebenso wie die ursprünglichen RSA-Regelungen - in Würdigung sowohl ihrer Zielsetzung als auch ihrer Mittel als verfassungskonform angesehen (BVerfG Beschluss vom 18.7.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167, 231 ff, 263 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 122 ff, 216; vgl zur Nichtanwendbarkeit der Art 104a ff GG und zur Vereinbarkeit mit Art 120 Abs 1 S 4 GG BVerfGE 113, 167, 195 ff, 199 ff, 207 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 39 ff, 49 ff, 62 ff).

45

Der Gesetzgeber beachtete entgegen der Auffassung der Klägerin insbesondere das Ziel, für die zum 1.1.2009 in Kraft tretenden Regelungen des RSA im Interesse der Gleichbehandlung aller Systembeteiligten auf valide Daten zurückzugreifen, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen. Der Gesetzgeber war bei der konkreten Auswahl der Ausgleichsfaktoren und der Ausgleichstechnik für den RSA berechtigt, lediglich solche Faktoren zu berücksichtigen, von denen er prognostizieren konnte, dass sie eine quantitativ gewichtige Auswirkung auf die Leistungsausgaben haben (ähnlich BVerfGE 113, 167, 234 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 133 f unter der hier nicht relevanten beitragsrechtlichen Perspektive). Er durfte - wie geschehen - in den Blick nehmen, dass die ausgleichsrelevanten Daten überhaupt verfügbar sind oder mit vertretbarem Aufwand beschafft werden können. Der sachliche Gesichtspunkt der praktischen Machbarkeit eines Finanzausgleichs innerhalb der GKV rechtfertigte Regelungen, die sicherstellen, dass ein solcher Finanzausgleich überhaupt mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann (vgl BVerfGE 113, 167, 236 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 136 f).

46

Zudem durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass § 268 SGB V in ein normatives Umfeld eingebettet ist, welches die Gleichheit auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges der Datenerhebung im Verwaltungsvollzug prinzipiell gewährleistet. Er konnte sachgerecht in Rechnung stellen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften, die zudem der Rechtsaufsicht unterliegen, für eine rechtmäßige Datenerhebung Sorge tragen, soweit sie hiermit betraut sind. Ebenso konnte er davon ausgehen, dass die Leistungserbringer unter Berücksichtigung ihrer sanktionsbewehrten Pflichten grundsätzlich zutreffende Daten zur Verfügung stellen und Fehler typischerweise nicht systematisch zum Nachteil einer einzelnen KK oder einer KK-Gruppe auftreten. Beispielsweise haben Vertragsärzte regelmäßig kein gesteigertes ökonomisches Interesse daran, unter Verletzung ua vertragsärztlicher Pflichten wissentlich falsche Diagnosen zu kodieren, obwohl sie sich damit strafbar machen können. Es wäre schlechthin absurd, dem Gesetzgeber die Unterstellung abzuverlangen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften rechtswidrig (vgl dazu Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 189 f) systematisch versuchen, zunächst erhobene Diagnosedaten in ihrem Sinne nachträglich ändern zu lassen, um Vorteile im RSA zu erlangen (so auch Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich vom 22.6.2011 - Endfassung - S 173 unter Hinweis auf Glaeske/Göpffarth/Otto, Gesundheits- und Sozialpolitik 60 <5-6>, 59).

47

Der Gesetzgeber hat entgegen der Auffassung der Klägerin auf gleichwohl zutage getretene Missstände mit § 268 Abs 3 S 2 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11a Buchst a und e Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 23.7.2009) rechtzeitig reagiert. Danach dürfen, sofern die Erhebung nach S 1 Nr 1 bis 7 Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen beinhaltet, ausschließlich solche verarbeitet oder genutzt werden, die von den KKn nach den §§ 294 bis 303 SGB V erhoben wurden(vgl Begründung in Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94). Eine nachträgliche Datenbearbeitung - insbesondere im Zusammenwirken von KKn und Ärzten, die die Diagnosen ursprünglich kodierten - ist seither ausgeschlossen. Die Beachtung dieser Vorgaben wird durch die Neufassung des § 273 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990) flankiert, der dem BVA ein bei ihm zentralisiertes, dort näher ausgestaltetes Überprüfungsrecht einräumt (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94 f), das in der Sache eine "erweiterte Plausibilitätsprüfung" ist (Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 190).

48

Soweit die Klägerin demgegenüber auf einzelne abweichende Beispiele verweist, ist dies schon im Ansatz ungeeignet, unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers eine evidente Unsachlichkeit der Datenerhebungsregelung zu belegen. Das betrifft etwa das Vorbringen, dass einzelne KKn auf unterschiedliche Weise versucht haben (vgl dazu Göpffarth/Sichert, KrV 2009, 186 f mwN in Fn 4 bis 8 und 10; s ferner Evaluationsbericht, S 173), gezielt in ihrem Sinne auf das Kodierverhalten von Vertragsärzten Einfluss zu nehmen. Vergleichbar ist der Aufruf des Bayerischen Hausärzteverbandes (Rundfax vom 16.12.2008), im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit der AOK Bayern nur die kodierten Diagnosen der Versicherten dieser KK zu überprüfen, um den Zuweisungsanteil der KK durch RSA-relevante Diagnosen zu erhöhen, ein Einzelfall geblieben.

49

Die Klägerin kann im Ergebnis auch nichts für sich daraus ableiten, dass die Bewertung der in anderem Zusammenhang erfolgten Kodierpraxis (morbiditätsorientierte Gesamtvergütung, § 87a Abs 3 SGB V) erhebliche Zweifel daran aufgeworfen hat, dass dort die vertragsärztlichen Diagnosen ein vollständig zutreffendes Bild von der tatsächlichen oder tatsächlich behandelten Morbidität geben (vgl IGES Institut, Bewertung der Kodierqualität von vertragsärztlichen Diagnosen - Eine Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbands in Kooperation mit der BARMER GEK - vom 3.12.2012; im Folgenden IGES-Studie). Die Studie behauptet selbst keine RSA-relevante systematische Verzerrung, zumal sie die RSA-spezifischen Gesamtauswirkungen festgestellter gleichzeitiger "Über-" und "Unterkodierung" nicht in den Blick nimmt. So bleibt unklar, ob und inwieweit RSA-relevante falsch-positive und falsch-negative Effekte durch Kodierungsmängel - bezogen auf die einzelne KK - sich gegenseitig aufheben. Obendrein besteht nicht einmal auf fachwissenschaftlicher Ebene Konsens über gravierende Kodierungsmängel. So bestätigt die differenzierte, vorsichtigere Bewertung im Evaluationsbericht (S 174 ff) das in der IGES-Studie gefundene Ergebnis nicht.

50

Der Gesetzgeber hat im Übrigen bei der Einführung der Änderungen des RSA zum 1.1.2009 übersehene, gemessen am gesamten Leistungsaufkommen kaum ins Gewicht fallende Datenübermittlungslücken umgehend geschlossen. So schuf er für Abrechnungen der Hochschulambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren, der Fach- und Spezialambulanzen der Kinderkliniken und der Krankenhäuser mit Kinderabteilungen, die unmittelbar mit den KKn durchgeführt werden, Grundlagen, um sie in die elektronische Datenübertragung oder den maschinell verwertbaren Datenträgeraustausch einzubeziehen (Verweisung auf § 295 Abs 1b S 1 SGB V im Rahmen der Änderung des § 120 Abs 1a S 3 und 4 und Abs 3 S 3 und 4 SGB V idF durch Art 15 Nr 6a Buchst a und Buchst b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Zwar trat die Regelung erst zum 1.1.2010 in Kraft. Dies beruht aber auf dem sachlichen Grund, dass die Verpflichtung zur Übermittlung der Daten per Datenträgeraustausch nicht sofort realisierbar war und der Gesetzgeber den Beteiligten Vorbereitungen für die Datenübermittlung per Datenträgeraustausch ermöglichen musste (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 91).

51

Der Gesetzgeber konnte bei dieser Gesamtlage im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auch davon absehen, zunächst eingeleitete weitere Schritte zur Verbesserung der Datenqualität fortzusetzen. So konnte er die Vorgaben des § 295 Abs 3 SGB V(zunächst S 2 und S 3 idF durch Art 1 Nr 167 Buchst f Doppelb bb Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, GKV-Modernisierungsgesetz - GMG, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004; sodann geändert idF durch Art 1 Nr 198 Buchst d Doppelb bb GKV-WSG) später ersatzlos streichen (vgl Art 1 Nr 80 Buchst d Doppelb bb Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG, BGBl I 2983) mit dem Ziel, Überregulierungen im vertragsärztlichen Vergütungssystem abzubauen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 98).

52

3. Die Beklagte wendete die Festlegungen des BVA rechtmäßig an (zur Nichtberücksichtigung des Korrekturdatensatzes der Satzart 500 unten 4.). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 begegnet auch in seinen tatsächlichen Grundlagen und den darauf gestützten Berechnungen keinen durchgreifenden Bedenken. Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren von der Richtigkeit der im Jahresausgleichsbescheid genannten und vom LSG zugrunde gelegten Zahlen sowie der sie abbildenden Rechenvorgänge ausgehen. Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen, Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der Amtsermittlungsgrundsatz keine Pflicht der Gerichte, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten (vgl BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 24; BSG Urteil vom 7.5.1998 - B 11 AL 81/97 R - Juris RdNr 20; vgl auch Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, Vor § 103 Anm 1. A. II.; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2013, § 103 RdNr 19; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 103 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Januar 2013, § 103 Anm 2 c). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - beide Beteiligten, die Klägerin als eine der größten KKn Deutschlands und die Beklagte in Gestalt des BVA, die ihrerseits dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet sind, eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen (vgl zu Rechenzentren von Apothekenverbänden und KKn BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17).

53

4. Die Beklagte lehnte es auch rechtmäßig ab, den nach dem 15.6.2010 übermittelten Korrekturdatensatz (Satzart 500, Daten der Krankenhausversorgung) für das Berichtsjahr 2008 zu berücksichtigen und insoweit der Klägerin höhere Zuweisungen zuzuerkennen (nach deren Berechnungen rund 3,9 Mio Euro). Der GKV-Spitzenverband ließ ermächtigungskonform in seiner Satzung die Möglichkeit zur Abgabe von korrigierten Datenmeldungen nur bis zum 15. Juni des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres zu. Die Beklagte durfte die nach dem 15.6.2010 und vor dem 16.8.2010 ihr zugegangene Korrekturmeldung der Klägerin für das Berichtsjahr 2008 nicht berücksichtigen. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte gewährt § 30 Abs 4 S 2 RSAV den KKn keinen Anspruch auf Korrekturmeldungen bis einschließlich zum 15. August des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres (dazu a), sondern eröffnet nur einen äußersten zeitlichen Endpunkt für Datenberichtigungen, wie sich aus Entstehungsgeschichte und Regelungszweck des § 30 Abs 3 RSAV ergibt(dazu b). Der Spitzenverband Bund der KKn (§ 217a SGB V; Aufgabenzuständigkeit seit 1.7.2008, § 217f Abs 1 SGB V; Name im Rechts- und Geschäftsverkehr laut § 1 Abs 1 S 2 Satzung: GKV-Spitzenverband) konnte danach auch im Einvernehmen mit dem BVA wirksam nach § 27 Abs 2 Bestimmung des GKV-Spitzenverbandes nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V(idF vom 29.3.2010; im Folgenden: RSA-SpiBu-Bestimmung) verbindlich gegenüber den KKn anordnen, dass die Korrekturmeldung gemäß § 30 Abs 4 S 2 RSAV bis zum 15. Juni des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres an das BVA zu erfolgen hat (dazu c). Die Beklagte war - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht befugt, Ermessen auszuüben und den Korrekturdatensatz gleichwohl beim Jahresausgleichsbescheid 2009 mit der Rechtsfolge einer höheren Zuweisung zu berücksichtigen. Ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs liegt nicht vor (dazu d).

54

a) Nach § 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495, mWv 30.10.2007 bis 11.6.2010, und idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 21. RSA-ÄndV vom 4.6.2010, BGBl I 753 - Mitaufnahme der Nr 8 und 9 des § 30 Abs 1 RSAV) werden die Datenmeldungen nach § 30 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 6 sowie 8 und 9 beginnend mit dem Berichtsjahr 2006 bis zum 15. August des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres durch eine neue Meldung korrigiert. Nr 5 des § 30 Abs 1 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) erfasst die bei Krankenhausentlassung maßgeblichen Haupt- und Nebendiagnosen nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 7 in der Verschlüsselung nach § 301 Abs 2 S 1 SGB V. Datentechnisch handelt es sich dabei um die Satzart 500. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers, eine derartige Regelung zu treffen, ergibt sich aus § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V. Hiernach regelt das BMG ua das Nähere über das Verfahren des RSA sowie die Festsetzung der Stichtage und Fristen nach § 267 SGB V. Es hat seinen Regelungsauftrag in ausreichendem Umfang wahrgenommen, indem es in § 30 Abs 4 S 2 RSAV einen zeitlichen Endpunkt - den 15. August - für Korrekturmeldungen festgelegt hat.

55

§ 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) sah nur einmalig, nämlich für das Berichtsjahr 2006, einen Korrekturanspruch bis 15.8.2008 vor, um es den KKn trotz etwaiger Schwierigkeiten in der Startphase der Datenerhebung leichter zu machen, einen korrekten Datensatz zu übermitteln (vgl auch Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8). Art 1 Nr 9 15. RSA-ÄndV hat aus dieser als Übergangsregelung geschaffenen Vorschrift eine Dauerregelung gemacht (§ 30 Abs 4 S 2 RSAV). Allerdings hat sich der Sinn der Regelung dadurch verschoben, dass die Regelung den KKn nicht länger eine Option eröffnet, eine Austauschmeldung (Korrekturmeldung) abzugeben. Vielmehr handelt es sich um "eine neue Informationspflicht der Verwaltung. Durch die regelmäßige Austauschmeldung in dem zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahr können noch etwaige Korrekturen berücksichtigt und somit die Datengrundlage und die Datenqualität für den Jahresausgleich insgesamt verbessert werden" (Begründung des BMG zum Entwurf einer 15. RSA-ÄndV, BR-Drucks 603/07 S 22 f). Hiernach hat die Regelung im Interesse eines korrekten Jahresausgleichs einen nur objektiv-rechtlichen Gehalt.

56

b) § 30 Abs 4 S 2 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495) ist im Verhältnis zu dem ebenfalls auf der Grundlage des § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V ergangenen § 30 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) nicht die speziellere, abschließende Regelung. § 30 Abs 3 S 1 RSAV sieht vor, dass die Spitzenverbände der KKn im Einvernehmen mit dem BVA in der Vereinbarung nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V das Nähere über die Erhebung nach § 30 Abs 1 S 1 RSAV vereinbaren; ua betrifft das die Satzart 500. Der Vorrang des § 30 Abs 3 S 1 RSAV folgt wiederum aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Die Begründung des 14. RSA-ÄndV-Entwurfs macht deutlich, dass der Verordnungsgeber Regelungen nach § 30 Abs 3 RSAV für effektiver ("gezielter und zeitnäher") hält, als die Änderung der RSAV, um den sich im Zeitablauf verändernden spezifischen technischen Gegebenheiten der KKn bestmöglich Rechnung tragen zu können. Eingeschlossen in die Regelungsbefugnis soll nicht nur die Festlegung der näheren technischen, sondern auch der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben für Datenerhebungen durch die Spitzenverbände der KKn sein (vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8).

57

c) Die aufgrund § 30 Abs 3 S 1 RSAV getroffene RSA-SpiBu-Bestimmung ist als vom GKV-Spitzenverband erlassene Satzung auch für die KKn nach § 217e Abs 2 SGB V verbindlich. Hiernach sind Regelungen (Verträge und sonstige Entscheidungen), die der GKV-Spitzenverband in seinem Kompetenzbereich (hier § 217f Abs 1 SGB V iVm § 30 Abs 3 RSAV) trifft, gegenüber allen KKn verbindlich (zum Satzungsrecht als von staatlicher Ermächtigung abgeleitete Rechtsquelle vgl Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S 196 ff; zu der weiteren - hier vorliegenden - Voraussetzung, dass Normunterworfene grundsätzlich verbandsangehörige Personen - hier die KKn - sein müssen, vgl BVerfGE 10, 20, 49 f; BVerfGE 33, 125, 156 f).

58

d) Die Beklagte durfte vor Erlass des Jahresausgleichsbescheids 2009 nicht nach eigenem Ermessen zugunsten der Klägerin von § 27 Abs 2 RSA-SpiBu-Bestimmung abweichen. § 30 Abs 4 S 4 RSAV(idF durch Art 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006; der spätere Halbs 1) eröffnete der Beklagten kein Ermessen. Die Regelung bestimmt strikt, dass Daten, die dem BVA nicht termingerecht übermittelt werden, bei der Ermittlung der Risikomerkmale und Risikozuschläge nach § 29 Nr 1 und 2 RSAV nicht berücksichtigt werden. Zwar hat Art 1 Nr 2 Buchst b 19. RSA-ÄndV (vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) § 30 Abs 4 S 4 RSAV um einen weiteren Halbs ergänzt, wonach bei den Risikogruppen nach § 29 Nr 3 RSAV (Alters- und Geschlechtsgruppen) die Versicherungszeiten des Vorjahres unter Berücksichtigung der Mitgliederentwicklung und eines angemessenen Sicherheitsabzugs zugrunde gelegt werden können. Aus der Begründung des 19. RSA-ÄndV-Entwurfs (vgl Begründung des BMG, BR-Drucks 86/09 S 6) geht jedoch hervor, dass fehlerhafte oder nicht termingerecht von den KKn übermittelte Daten bei der Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen und zu dem Merkmal der Erwerbsminderung nicht zu berücksichtigen sind. Das BVA erhielt die Befugnis zu einer Ermessenentscheidung, verspätet gelieferte Daten zu berücksichtigen, erst ab 26.10.2012 (Änderung des bisherigen § 30 Abs 4 S 4 RSAV durch Art 1 Nr 2 Buchst c Doppelb bb 24. RSA-ÄndV vom 12.10.2012, BGBl I 2228).

59

5. Die Verpflichtung der Klägerin, 67 640 492,77 Euro in gleichmäßigen monatlichen Raten ab Januar 2011 zurückzuzahlen, ist rechtmäßig (§ 272 SGB V idF durch Art 1 Nr 14b Buchst b GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426, mWv 1.1.2009, iVm § 41 Abs 4a RSAV idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 22. RSA-ÄndV, BR-Drucks 578/10 S 2 ff; umfassend zu § 272 SGB V und den §§ 33 ff RSAV BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - RdNr 20 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

60

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009.

2

Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte KKn-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen KKn. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den KKn nur nach Maßgabe des sich anschließenden RSA zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond berücksichtigt die Risikostruktur der jeweiligen KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Infolge dieses morbiditätsorientierten RSA stellen kranke Versicherte nicht zwangsläufig im versicherungsmathematischen Sinne "schlechte Risiken" dar. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich, handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA).

3

Die Beklagte regelte für die Klägerin die monatliche Abschlagszahlung aus dem Gesundheitsfonds (Grundlagenbescheid I/2009, 1.1.2009; Zuweisungsbescheid 1/2009, 1.1.2009). Hiergegen hat die Klägerin beim LSG Klage erhoben. Die Beklagte hat die Höhe weiterer Abschlagszahlungen bestimmt (Grundlagenbescheide II - IV/2009; Zuweisungsbescheide 2 - 12/2009; Korrekturbescheide I - III), die Zuweisungen für das Jahr 2009 endgültig festgesetzt (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: insgesamt 14 262 682 856,51 Euro, davon 14 065 927 867,09 Euro für das Ausgleichsjahr 2009) und zugleich die Klägerin verpflichtet, einen Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro in zwölf gleichen Monatsraten im Jahr 2011 zu zahlen. Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Aufhebung ihrer Zahlungsverpflichtung und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 begehrt: Schon die Gesetzesgrundlage sei verfassungswidrig. Die Einteilung der Versicherten in Morbiditätsgruppen sei fehlerhaft zustande gekommen und mangels valider Daten nicht willkürfrei umsetzbar. Die Beklagte hätte die ihr nach dem 15.6.2010 zugegangene Korrekturmeldung (Krankenhausdaten, Satzart 500) berücksichtigen müssen. Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.6.2013).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 20 Abs 3 GG, des § 268 SGB V und der § 30 Abs 4 S 2, § 31 Abs 4 S 1 RSAV. Sie hält § 268 SGB V für verfassungswidrig und wendet sich weiterhin gegen die morbiditätsgruppenbezogenen Festlegungen des BVA iVm § 31 Abs 4 RSAV sowie gegen die Nichtberücksichtigung der dem BVA nach dem 15.6.2010 zugegangenen Korrekturmeldung zur Satzart 500.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 aufzuheben, den Bescheid vom 16. November 2010 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Zuweisungen für 2009. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest; die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung der den Morbiditätsgruppen zuzuordnenden Morbiditätsdaten und ihr Verwaltungsvollzug sind willkürfrei (dazu 2.). Die Beklagte berechnete - hierauf gestützt - die Zuweisungen rechtmäßig (dazu 3.). Sie lehnte es rechtmäßig ab, den Korrekturdatensatz der Satzart 500 zu berücksichtigen (dazu 4.) und forderte den gezahlten Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro rechtmäßig zurück (dazu 5.).

9

1. Die Klage ist ohne Vorverfahren (§ 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und als Anfechtungsklage zulässig. Gegenstand ist zum einen das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2009 (Teilregelung im Jahresausgleichbescheid 2009 vom 16.11.2010) aufzuheben und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Gegenstand der reinen Anfechtungsklage ist die Festsetzung der Rückzahlungsverpflichtung. Allein der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010) regelt die maßgebliche, nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 und die Verpflichtung zur Rückzahlung von 67 640 492,77 Euro. Er ist Klagegegenstand, denn er hat die vorangegangenen, vorläufigen Regelungen ersetzt (dazu a). Die Klägerin greift dabei mit ihrer Klage in zulässiger Weise nur einen abtrennbaren Teil der Zuweisungsregelung an (dazu b). Die Festlegungen des BVA sind demgegenüber kein eigenständiger Klagegegenstand, sondern inzident zu überprüfen (dazu c). Die Klägerin ist auch klagebefugt (dazu d). Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (dazu e).

10

a) Gegenstand der Anfechtung ist nur noch der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010; § 96 Abs 1 SGG). Er hat sämtliche vorausgegangenen Zuweisungs-, Grundlagen- und Korrekturbescheide, insbesondere auch den mit der Klage ursprünglich angegriffenen Grundlagenbescheid (1.1.2009) und den Zuweisungsbescheid für den Monat Januar 2009 (1.1.2009) ersetzt. Denn er tritt an die Stelle der in diesen früheren Bescheiden geregelten nur vorläufigen (dazu aa) Zuweisungen für 2009 nebst ihren Grundlagen (Grundlagenbescheide vom 1.1.2009; 31.3.2009; 30.9.2009; 31.3.2010; Zuweisungsbescheide vom 1.1.2009; 26.1.2009; 25.2.2009; 31.3.2009; 27.4.2009; 25.5.2009; 30.6.2009; 30.7.2009; 31.8.2009; 30.9.2009; 30.10.2009; 30.11.2009; Korrekturbescheide vom 3.4.2009; 15.10.2009; 14.4.2010). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 setzt die nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 fest (dazu bb). Zusätzlich regelt er die Rückforderung (dazu cc).

11

aa) Bei den dem Jahresausgleichsbescheid vorausgehenden Grund-, Zuweisungs- und Korrekturbescheiden handelt es sich um vorläufige Verwaltungsakte, die sich mit dem Erlass des Bescheides über den Jahresausgleich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigen(vgl zB zur endgültigen Regelung des Ausgleichsanspruchs für das Jahr 1994 BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 7 ff; s ferner BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/02 R - Juris RdNr 14 ff = USK 2003-22). Der vorläufige Regelungscharakter ergibt sich für Zuweisungs- und Grundlagenbescheide unmittelbar aus den Regelungen des SGB V und der RSAV, für Korrekturbescheide aus ihrer Regelungsfunktion. Sie sind allesamt von dem gesetzgeberischen Zweck getragen, den KKn fortlaufend eine ausreichende und verlässliche Finanzierung ihrer Ausgaben mit dem Ziel einer schon vorab möglichst großen Annäherung an die endgültig festzusetzenden Zuweisungen zu ermöglichen.

12

Die Vorläufigkeit der Zuweisungen folgt für die monatlich ergehenden Zuweisungsbescheide aus dem Gesetz (§ 266 Abs 6 S 4 und 5 SGB V). Hiernach gelten die monatlichen Zuweisungen als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach § 266 Abs 6 S 3 SGB V auszugleichen. Entsprechendes gilt für die Vorläufigkeit der die Berechnungsgrundlagen regelnden Grundlagenbescheide (siehe § 266 Abs 6 S 1 SGB V). Danach stellt das BVA im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach § 266 Abs 5 S 2 Nr 1 und 2 SGB V vorläufig fest, die es entsprechend dem durch neue Daten begründeten Erkenntnisfortschritt regelmäßig entsprechend § 39 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst c Neunzehnte Verordnung zur Änderung der RSAV <19. RSA-ÄndV> vom 11.3.2009, BGBl I 497) aktualisiert. Nach dieser Regelung berechnet das BVA für das jeweilige Ausgleichsjahr für alle KKn jeweils bis zum 31. März des Ausgleichsjahres, bis zum 30. September des Ausgleichsjahres sowie bis zum 31. März des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres die vorläufige Höhe der Zuweisungen nach § 39 Abs 2 RSAV neu unter Berücksichtigung der aktuellen Datenmeldung nach § 32 RSAV und teilt diese den KKn mit. Hierzu erlässt es korrigierende weitere Grundlagenbescheide.

13

Die auf dieser Grundlage für das Geschäftsjahr ergehenden Korrekturbescheide der Zuweisungsbescheide treffen ebenfalls nur vorläufige Regelungen. Denn sie ändern vorausgegangene monatliche Zuweisungsbescheide ab. Hierfür sieht § 39 Abs 3a RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst d 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497) vor, dass Über- und Unterzahlungen bereits vor dem endgültigen Jahresausgleich entsprechend den korrigierten Grundlagenbescheiden vorläufig auszugleichen sind.

14

Die Vorläufigkeit der Regelungen ergibt sich als umfassendes Regelungskonzept für diese Verwaltungsakte im Übrigen mittelbar aus § 266 Abs 6 S 3 SGB V iVm § 41 RSAV. Das BVA ermittelt nach Maßgabe des § 41 RSAV(idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; zur Einfügung des § 41 RSAV aufgrund der Ausschussempfehlung im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426, vgl BT-Drucks 16/10609 S 72, dort als Schlussausgleich bezeichnet) für das jeweilige abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) den Jahresausgleich und führt ihn bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durch. Diese Regelung konkretisiert S 3 des § 266 Abs 6 SGB V(idF des Art 1 Nr 178 Buchst g Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.1.2009). S 3 bestimmt, dass nach Ablauf des Kalenderjahres die Höhe der Zuweisung für jede KK vom BVA aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den zum 1. Oktober dieses Jahres erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten KKn zu ermitteln ist.

15

Nach diesen Grundsätzen treffen Korrekturen von Zuweisungsbescheiden nur vorläufige Regelungen (hier: Korrekturbescheide I/2009 vom 3.4.2009 und II/2009 vom 15.10.2009). Gleiches gilt für den Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010), der das gesamte Geschäftsjahr 2009 erfasst. Denn er setzt nur die vom vorläufigen Grundlagenbescheid IV/2009 neu vorgegebenen Berechnungsgrundlagen um, ohne damit schon den endgültigen Jahresausgleich nach § 41 RSAV vorwegzunehmen. Der Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010) stützt sich zudem ausdrücklich nur auf § 39 Abs 3a S 2 und 3 iVm Abs 3 RSAV. Bei der Klägerin als Adressatin des Bescheides konnte kein Zweifel über dessen vorläufigen Regelungscharakter entstehen (zu Korrekturen früherer Geschäftsjahre im Jahresausgleichsbescheid eines nachfolgenden Geschäftsjahres vgl BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 32).

16

bb) Die Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin ist nicht mehr vorläufig und macht die genannten vorläufigen Regelungen obsolet (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: 14 262 682 856,51 Euro). Die Festsetzung setzt sich aus den Zuweisungen für standardisierte Leistungsausgaben einschließlich Krankengeld, dem Konvergenzbetrag (Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V), den Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270 Abs 1 SGB V), der mitgliederbezogenen Veränderung der Zuweisung (§ 41 Abs 2 RSAV), dem Korrekturbetrag im RSA bis 2008 und dem Korrekturbetrag im Risikopool bis 2008 zusammen.

17

cc) Eine weitere eigenständige Regelung (§ 31 S 1 SGB X) ist die Anordnung ratenweiser Erstattung von 67 640 492,77 Euro (Zuweisungen nach § 272 SGB V für das Jahr 2009; Teil 4 des Bescheides vom 16.11.2010). Die Klägerin hat sie mit ihrem Begehren auf höhere Zuweisungen inzident angegriffen.

18

b) Die Klägerin darf sich auf eine kombinierte Teilanfechtung und -verpflichtung hinsichtlich der Gesamtzuweisung 2009 beschränken. Die Klägerin greift zulässig die Zuweisungsverfügung nur hinsichtlich der Teilbeträge an, die auf der Einführung des RSA zum 1.1.2009 beruhen und das Ausgleichsjahr 2009 erfassen (Teil 1 des Bescheides vom 16.11.2010; Zuweisung von 14 065 927 867,09 Euro).

19

Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das vom Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhalts an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie den Klagegrund, aus dem die Rechtsfolge sich ergeben soll (vgl BSG SozR 4-2600 § 237 Nr 2, dort hinsichtlich der Verfügung betreffend den Zugangsfaktor bei einer Altersrente; ebenso BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R - RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 2 Nr 4 vorgesehen). Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 S 1 iVm § 131 Abs 1 S 1 SGG und BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 43; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, § 131 Anm 3 mwN; s ferner BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07 - BFH/NV 2009, 1142). Teilbar ist ein Verwaltungsakt nach § 31 S 1 SGB X jedenfalls schon dann, wenn eine betragsmäßige Aufteilung möglich ist und den klageweise geltend gemachten Teilbeträgen Rechnungsposten zugrunde liegen, die sich - insbesondere unter dem zeitlichen Gesichtspunkt - aus jeweils eigenen Sachverhalten ableiten und insoweit auch gegenständlich abgegrenzt werden können. So verhält es sich hier.

20

Der angefochtene Teil der Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin betrifft die Zuweisungen aus dem ab 1.1.2009 geltenden RSA und den Ausgleichsbetrag für Zuweisungen für das Geschäftsjahr 2009. Er lässt sich sowohl zeitlich als auch gegenständlich eindeutig gegenüber Rechnungsposten abgrenzen, die davor liegenden Geschäftsjahren mit jeweils eigenständigen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zuzuordnen sind (RSA-Korrekturen bis einschließlich 2008: 193 722 497,76 Euro; Risikopool-Korrekturen bis einschließlich 2008: 3 032 491,66 Euro).

21

c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2009 zugrunde liegenden "Festlegungen" - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung über die nähere Ausgestaltung des Ausgleichsverfahrens vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf (Bekanntgabe der Krankheiten vom 13.5.2008 mit Dokumentation der Festlegung und Anhänge 1 - 4 idF der Änderungsbekanntgabe vom 2.3.2009 mWv 1.4.2009 mit Anlagen, Erläuterungen, Listen und der Änderungsbekanntgabe vom 8.3.2010 mWv 31.3.2010 und Erläuterungen, Listen , berichtigt durch Bescheid vom 18.3.2010 betreffend Anhang Ä2 Liste ICD DxG HMG; sonstige Festlegungen - Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren, Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge mit Anlagen 1 - 3, Hierarchien, Erläuterung der Festlegungen, Auswertung der Stellungnahmen, übersandt an GKV-Spitzenverband mit Schreiben vom 3.7.2008). Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen "Festlegungen" sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die "Grundlagenbescheide" Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 15 und 29, für BSGE und SozR vorgesehen ) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzident mit zu überprüfen. Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems(vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 16 f, für BSGE und SozR vorgesehen).

22

d) Die Klägerin ist klagebefugt. Neben - hier von der Klägerin auch geltend gemachten - Mängeln des einfachen Rechts und seiner Anwendung (zur dadurch möglichen Verletzung des Selbstverwaltungsrechts sowie der Haushalts- und Finanzhoheit vgl auch BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 30) kann ein Träger mittelbarer Staatsverwaltung ihn betreffende Vorschriften des einfachen Gesetzesrechts nicht nur wegen Verstoßes gegen formelles Verfassungsrecht, sondern auch wegen Verletzung des Willkürverbots mit Erfolg angreifen. Denn das Willkürverbot gilt innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus, in dem grundsätzlich kein Grundrechtsschutz besteht, jedenfalls aufgrund des immer zu beachtenden Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5, zur Konkursausfallgeld-Umlage; s ferner BVerfGE 86, 148, 251, zum Länderfinanzausgleich; BVerfGE 21, 362, 372, zum Übergang von Ersatzansprüchen aus fahrlässiger Amtspflichtverletzung). Dieser Klagebefugnis steht nicht entgegen, dass die Klägerin als Trägerin mittelbarer Staatsverwaltung nicht nach Art 19 Abs 3 GG grundrechtsfähig ist (stRspr: BVerfGE 21, 362, 368 ff; BVerfGE 39, 302, 312 ff; s ferner BVerfGE 77, 340, 344; BVerfGK 13, 276 = SozR 4-2500 § 4 Nr 1; vgl BSGE 90, 231, 264 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 99 ff).

23

e) Einer notwendigen Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG bedurfte es nicht, wie das LSG zutreffend gesehen hat(den Beiladungsantrag der AOK Rheinland/Hamburg ablehnender Beschluss vom 20.8.2012). Die anderen KKn sind an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nur der Fall, wenn die Entscheidung aus Rechtsgründen nur einheitlich ergehen kann. Es genügt weder, dass die Entscheidung logisch notwendig einheitlich ergehen muss, weil in beiden Rechtsverhältnissen über dieselben Vorfragen zu entscheiden ist, noch dass die tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern. Die Beiladung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 7 S 17; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71 S 83). Die gegenüber den anderen KKn ergangenen Bescheide über den Jahresausgleich 2009 bleiben von einer Entscheidung über den Jahresausgleich 2009 zwischen der Klägerin und der Beklagten auch dann unberührt, wenn die Klägerin obsiegen würde. Ein möglicher höherer Zuweisungsanspruch für das Jahr 2009 kann im Wege eines Korrekturbescheides nur in einem späteren Ausgleichsjahr wirksam werden. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin angeregten Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG, die nur eine Vorfrage im oben dargelegten Sinn zum Gegenstand haben könnte.

24

2. Die Beklagte legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest. Die Beklagte durfte - wie erfolgt - aufgrund wirksamer Rechtsgrundlage die erforderlichen "Festlegungen" in einer formell rechtmäßigen Allgemeinverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen treffen; die in Gestalt des BVA zuständige Beklagte beachtete auch das für die "Festlegungen" vorgesehene Verfahren. Dem steht nicht die sich aus § 29 S 2 RSAV (idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006) ergebende, bis zum 17.3.2009 geltende Verordnungsermächtigung entgegen (dazu a). Die Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen, die das zentrale Element des Schlüssels zur jährlichen Verteilung der im Gesundheitsfonds nach Maßgabe des § 271 S 1 SGB V eingehenden Beträge regeln, sind auch materiell rechtmäßig(dazu b). Die sie tragenden Rechtsgrundlagen begegnen - auch im Hinblick auf den sie steuernden Verwaltungsvollzug - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu c).

25

a) Rechtsgrundlage der Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen beim RSA 2009 ist § 31 Abs 4 RSAV(idF durch Art 17 Nr 1 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 1.8.2009) iVm § 29 Nr 1(idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) und § 31 Abs 1 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 S 1 Nr 2 und 3 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) die nach Abs 1 S 2 zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt. Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach § 31 Abs 4 S 1 RSAV festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen. § 31 Abs 1 S 1 RSAV gilt entsprechend. Morbiditätsgruppen für Erwerbsminderungsrentner werden für Versicherte gebildet, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten haben. Bei der Bildung von Altersgruppen kann das BVA im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn von § 2 Abs 3 S 1 RSAV abweichende Altersabstände bestimmen.

26

Diese verordnungsrechtlichen Vorschriften beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage und sind formell rechtmäßig. Der Verordnungsgeber durfte dem BVA auch materiell-rechtlich die Befugnis erteilen, in Form sachbezogener Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X) auf einer ersten Stufe des Verwaltungsverfahrens Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 21 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

27

§ 29 S 2 RSAV sah allerdings zeitgleich mit § 31 Abs 4 S 1 RSAV bis zum 17.3.2009 vor, dass das Nähere über die Bestimmung und Anpassung des Klassifikationsmodells nach § 29 S 1 Nr 1 RSAV durch gesonderte Rechtsverordnung zu erfolgen hatte. Das BVA war aber nicht in der Lage, Festlegungen nach § 31 Abs 4 S 1 iVm Abs 1 RSAV zu treffen, ohne zugleich den Inhalt des § 29 S 1 Nr 1 RSAV mit zu konkretisieren. Der Verordnungsgeber hob § 29 S 2 RSAV durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009 (BGBl I 497) mWv 18.3.2009 mit dem Willen auf, diesen Regelungswiderspruch zu beseitigen (vgl Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit zum 19. RSA-ÄndV-Entwurf, BR-Drucks 86/09 S 6).

28

b) Das BVA bestimmte für das Ausgleichsjahr 2009 die Einzelheiten des in § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) angeordneten Versichertenklassifikationsmodells nach Morbiditätsgruppen rechtmäßig nach pflichtgemäßem Ermessen.

29

Die Festlegung des Versichertenklassifikationsmodells ist - entsprechend der Festlegung des Regressionsverfahrens - eine Ermessensentscheidung. Die "Festlegungen" erfolgen nämlich nicht in der Weise, dass das Ergebnis strikt eindeutig vorgegeben ist. Vielmehr bedarf es ihrer jährlich neu, weil sie dem schrittweise erfolgenden Erkenntnisfortschritt Rechnung tragen und hierbei die gesetzlichen Ziele besser erreichen sollen, ohne dass kurzfristig ein dauerhaftes Optimum zu erwarten ist (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 32, für BSGE und SozR vorgesehen). Der Gesetzgeber hat gerade aufgrund des Fehlens fertig ausgestalteter, wissenschaftlich fundierter, unmittelbar auf die GKV übertragbarer Klassifizierungs- und Verfahrensmodelle die Notwendigkeit gesehen, das BVA mit dieser Normkonkretisierung zu betrauen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 205, zu § 31 Abs 4 RSAV). Der RSA ist für die Sachgerechtigkeit der Krankheitsauswahl, der Bildung der Morbiditätsgruppen und des Berechnungsverfahrens auf wissenschaftlichen Sachverstand, empirische Forschung und Statistik angewiesen (vgl Schmehl in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, § 39 RdNr 72). Deren Erkenntnisse führen regelmäßig im hier betroffenen Anwendungsbereich zu einer Bandbreite vertretbarer Ergebnisse. Das Klassifikationsmodell des BVA hat in diesem Sinne auf Klassifikationsmodellen aufzubauen, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist (vgl § 29 S 1 Nr 1 RSAV in den seit 1.1.2009 geltenden Fassungen). Das BVA berücksichtigt zudem die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats (vgl zum Beirat § 31 Abs 2 S 1 RSAV).

30

Bei einem Streit über solche Ermessensentscheidungen hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise oder sonst erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl § 54 Abs 2 SGG). Daran fehlt es.

31

Die vom BVA getroffenen Festlegungen der Grundsätze der Morbiditätsgruppenbildung (dazu aa) stehen in Einklang mit den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlagen (dazu bb). Das BVA setzte hierbei auch ermessensfehlerfrei 80 zuschlagsrelevante Krankheiten fest (dazu cc).

32

aa) Das BVA legte die vorzunehmende Berücksichtigung morbiditätsabhängiger Risikozuschläge bei der Ermittlung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Ausgleichsjahr 2009 wie folgt fest: Alle Versicherten sind, soweit Morbiditätsdaten über sie im Berichtsjahr (2008) vorliegen (vgl § 31 Abs 1 S 2 RSAV; prospektives Modell: Ungleichzeitigkeit von Versichertenklassifikation und Leistungsausgabenerhebung), den Morbiditätsgruppen anhand von stationären und ambulanten Diagnosen zuzuordnen (Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 3). Krankenhausdiagnosen führen unmittelbar zu einer Zuordnung, vertragsärztliche Diagnosen hingegen nur dann, wenn es sich um gesicherte ambulante Diagnosen (mit Qualifizierungsmerkmal "G") handelt und eine weitere, derselben Krankheit zugeordnete gesicherte Diagnose in einem anderen Quartal dokumentiert wurde (M2Q-Kriterium; Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 2 und a 3). Die ICD-10-Diagnosen weisen die Versicherten einer Morbiditätsgruppe des Klassifikationsmodells zu. Dieses unterscheidet 106 zuschlagsfähige, nach dem Schweregrad der Krankheit hierarchisierte Morbiditätsgruppen (HMG; vgl Festlegungen, Modell, Anlage 1), die in 25 Hierarchien eingeordnet sind. Innerhalb einer Hierarchie ist nur eine Morbiditätsgruppe relevant. Erfüllt ein Versicherter die Voraussetzungen für mehrere Gruppen innerhalb der Hierarchie, ist nur die ranghöchste Gruppe beim Versicherten zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um die jeweils schwerwiegendste Krankheitsmanifestation. Zum Teil schließt die Anwendbarkeit einer Hierarchiegruppe die Berücksichtigung eines Versicherten in anderen Hierarchiegruppen aus (Dominanzverhältnis; vgl Festlegungen, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu dem Morbiditätsgruppen, 4. Hierarchisierung der Morbiditätsgruppen), zum Teil kann ein Versicherter jeweils einer Gruppe bei zwei oder mehr Hierarchiegruppen zugeordnet werden.

33

Das BVA hat zur Ansteuerung der HMG für die Zwecke des RSA 366 Krankheiten definiert (Bekanntgabe Anhang 1 Krankheitsbildung) und hieraus 80 Krankheiten als zuschlagsrelevant ausgewählt (Bekanntgabe Krankheiten), denen jeweils sachlich zusammenhängende ICD-10-Diagnosen zugewiesen sind (Bekanntgabe und Anhang 4, ICD-Liste). Der Zusammenhang zwischen den vom BVA festgelegten 80 RSA-relevanten Krankheiten und den HMG ergibt sich daraus, dass das BVA aus den ICD-10-Diagnosen einer Krankheit Diagnosegruppen (DxGruppen) ableitet. Eine Morbiditätsgruppe besteht mindestens aus einer DxGruppe, kann aber auch mehrere DxGruppen aus verschiedenen Krankheiten umfassen. Damit ist eine RSA-relevante Krankheit eine für die Zwecke des RSA geschaffene Entität, deren jeweilige Bestandteile der Algorithmus ganz oder teilweise, allein oder in Verbindung mit Bestandteilen anderer RSA-relevanter Krankheiten zu Funktionseinheiten, den DxGruppen, verbindet, die ihrerseits die für die Risikozuschläge maßgeblichen hierarchisierten Morbiditätsgruppen bilden. So sind zB der Krankheit 6 mit ihrem ICD-10-Katalog (Bösartige Neubildungen der Verdauungsorgane) die HMG011 (Bösartige Neubildungen des Dünndarms, Peritoneums, Gallenblase, Leber, Pankreas) vollständig sowie Teile der HMG012 (Andere schwerwiegende bösartige Neubildungen) und der HMG013 (Sonstige ernste bösartige Neubildungen) zugeordnet.

34

bb) Mit diesem grundsätzlichen Vorgehen beachtete das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Nach § 268 Abs 2 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 16 Buchst b Doppelb aa Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006, BGBl I 3439, mWv 1.1.2007) regelt das BMG bis zum 31.12.2009 durch Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben nach § 268 Abs 1 SGB V(zur Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen). Bei der Gruppenbildung sind auch internationale Erfahrungen mit Klassifikationsmodellen direkter Morbiditätsorientierung zu berücksichtigen (§ 268 Abs 2 S 3 SGB V). Dabei konnte der Gesetzgeber des GKV-WSG anstelle des BMG selbst als Verordnungsgeber § 29 S 1 Nr 1 und § 31 Abs 1 RSAV erlassen(vgl dazu BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 25, für BSGE und SozR vorgesehen).

35

In der Sache gibt § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) vor, dass die Versichertengruppen nach § 266 Abs 1 S 2 und 3 SGB V und die Gewichtungsfaktoren nach § 266 Abs 2 S 2 SGB V vom 1.1.2009 an abweichend von § 266 SGB V nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden sind (Morbiditätsgruppen), die zugleich 1. die Morbidität der Versicherten auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigen, 2. an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der zugeordneten Versicherten orientiert sind, 3. Anreize zu Risikoselektion verringern, 4. keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen und 5. 50 bis 80 insbesondere kostenintensive chronische Krankheiten und Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf der Auswahl der Morbiditätsgruppen zugrunde legen. Dem entsprechend bestimmt § 29 Nr 1 RSAV, dass vom Berichtsjahr 2009 an abweichend von § 2 Abs 1 und 2 RSAV folgende Risikomerkmale der Versichertengruppenabgrenzung zu Grunde zu legen sind: die Morbiditätsgruppen eines vom BVA festgelegten Versichertenklassifikationsmodells, das auf der Grundlage von Diagnosen und Arzneimittelwirkstoffen Risikozuschläge ermittelt und das auf Klassifikationsmodellen aufbaut, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist. § 31 Abs 1 RSAV konkretisiert dies dahingehend, dass die nach § 29 Nr 1 RSAV vorzunehmende Auswahl des Versichertenklassifikationsmodells und seine Anpassung an die Gegebenheiten der GKV so zu erfolgen haben, dass keine Anreize für medizinisch nicht gerechtfertigte Leistungsausweitungen geschaffen und Anreize zur Risikoselektion vermieden werden. Das nach S 1 an die GKV angepasste Versichertenklassifikationsmodell ist anhand von 50 bis 80 Krankheiten zu filtern und prospektiv auszugestalten. Bei der Auswahl der in S 2 genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden. Die Krankheiten sollen eng abgrenzbar sein.

36

cc) Das BVA wählte innerhalb seines vorgegebenen Regelungsrahmens ermessensfehlerfrei 80 Krankheiten aus. Hierbei musste es sich nicht auf besonders teure und zugleich singuläre Erkrankungsfälle beschränken, sondern durfte auch - wie geschehen - sog "Volkskrankheiten" einbeziehen (dazu aaa). Das komplexe Versichertenklassifikationsmodell des BVA baut auf wissenschaftlich fundierten Klassifikationsmodellen auf (dazu bbb). Das BVA durfte hierbei von den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats abweichen (dazu ccc).

37

aaa) Die vom BVA getroffenen Festlegungen der 80 Krankheiten, die Zuschläge auslösen (vgl Bekanntgabe vom 13.5.2008; Änderungsbekanntgaben vom 2.3.2009 und vom 8.3.2010; Berichtigung vom 18.3.2010), beachten die spezifischen Vorgaben der Regelungen des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und des § 31 Abs 1 S 2 bis 4 RSAV. Wortlaut und Binnensystematik dieser Regelungen sind für die getroffene Auswahl offen (dazu 1). Die betroffenen Festlegungen entsprechen in besonderer Weise der Entstehungsgeschichte, dem Regelungssystem und dem Reglungszweck des RSA (dazu 2).

38

(1) Dem oben dargelegten Wortlaut des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und den Worten des § 31 Abs 1 S 2 und 3 RSAV ist zu entnehmen, dass es bei Konkretisierung der "Krankheiten" als Krankheitsentitäten, die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nach Maßgabe standardisierter, auf Morbiditätsgruppen bezogener Leistungsausgaben zur Folge haben, um behandlungsbedürftige Zustände Versicherter gehen muss, die einen herausgehobenen Behandlungsbedarf auslösen(vgl auch Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 Nr 6). Bei der "Auswahl" der "genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden" (§ 31 Abs 1 S 3 RSAV). Das Kriterium der Mindestüberschreitung macht die Umschreibung der Fälle mit zu erwartenden hohen Leistungsausgaben handhabbar. "Die Krankheiten sollen" zudem "eng abgrenzbar sein" (§ 31 Abs 1 S 4 RSAV). Dies erfordert nicht, dass jede Krankheit im RSA-Sinn ganz oder teilweise durch ICD-10-Diagnosen definiert ist, die im einzelnen Behandlungsfall typischerweise einen schwerwiegenden Verlauf oder Chronizität beinhalten (zulässig deshalb zB Krankheit Nr 58 - Hypertonie).

39

(2) Der zum 1.1.2009 eingeführte RSA verfolgt das Ziel, in der Versichertenstruktur liegende Risiken in breitem Umfang zu erfassen (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines RSA-ReformG, BT-Drucks 14/6432 S 10). Es sind grundsätzlich alle von den KKn nicht steuerbaren Morbiditätsrisiken auszugleichen, um eine Vergleichbarkeit der Effizienz und Effektivität der KKn untereinander trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen und Risikostrukturen zu gewährleisten. Die Festlegungen des BVA werden dem in besonderer Weise gerecht. Das gewählte Modell des BVA ließ erwarten, dass der RSA mehr als 50 vom Hundert der Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds steuert und rund 40 vom Hundert der Versicherten erfasst (vgl Glaeske in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 7, 28). Die Auswahl erstreckt sich - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 zu Nr 6 Abs 1 - § 31 Abs 1 RSAV) - auf Krankheiten, die für das Versorgungsgeschehen von besonderer Bedeutung sind und wesentlichen Einfluss auf die Kostenbelastung der KKn haben. Weil ein solches Modell verspricht, die Risikoselektion wirksam einzuschränken, hob der Gesetzgeber die zuvor geltenden, für diesen Zweck nur einen unwesentlichen Beitrag leistenden, aber verwaltungsaufwändigen Regelungen eines Risiko- oder Hochrisikopools (§ 269 SGB V aF) mit dem GKV-WSG auf (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 169 zu Art 1 Nr 181, zu Buchst c, unter Hinweis auf Endbericht Klassifikationsmodelle 2004, S 219 f). Die (vorläufige) Beschränkung auf 50 bis 80 Krankheiten sollte bloß dazu dienen, "nicht vorhersehbare Verwerfungen in der Übergangsphase zu vermeiden" (vgl Begründung zu Art 38 Nr 6 GKV-WSG-Entwurf BT-Drucks 16/3100 S 204).

40

bbb) Das vom BVA festgelegte, vorstehend beschriebene Versichertenklassifikationsverfahren erfüllt die Voraussetzungen des § 29 Nr 1 RSAV. Es handelt sich um ein HCC(Hierarchical Coexisting Conditions)-Modell. HCC-Modelle sind wissenschaftlich untersucht und nach dem Untersuchungsergebnis bei der dargelegten zutreffenden Sicht des rechtlichen Gestaltungsrahmens in der GKV einsatzfähig (vgl Busse/Drösler/Glaeske/Greiner/Schäfer/Schrappe, Wissenschaftliches Gutachten für die Auswahl von 50 bis 80 Krankheiten zur Berücksichtigung im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich , S 14 ff; s ferner zur Bestandsaufnahme der Modelle zur morbiditätsorientierten Gruppierung: Reschke/Sehlen/Schiffhorst/Schräder/Lauterbach/Wasem, Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich, Endbericht 2004, 2005, , S 49 ff, insbesondere S 71 ff; zur Bewertung der Klassifikationsmodelle im Einzelnen: S 130 ff, insbesondere S 135). Seine Einsatzfähigkeit in der GKV ist in diesem Sinne wissenschaftlich bestätigt.

41

ccc) Das BVA war nicht an die Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des HCC-Modells und der Prävalenzbewertung gebunden. Das BVA hat die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats lediglich bei seinem Gestaltungsermessen zu berücksichtigen. Nicht der Beirat, sondern das BVA hat die Entscheidungskompetenz. Der Wissenschaftliche Beirat wird nur gutachtlich beratend tätig. Das BVA kann aus sachgerechten Gründen von den Empfehlungen abweichen. Dementsprechend hat der Wissenschaftliche Beirat lediglich einen Vorschlag für die Anpassung des Klassifikationsmodells an die GKV zu unterbreiten und ein Verfahren zu seiner laufenden Pflege vorzuschlagen, bis zum 31.10.2007 ein Gutachten zu erstatten, in dem die hier relevanten Krankheiten ausgewählt werden und die Auswahl dieser Krankheiten in regelmäßigen Abständen zu überprüfen (§ 31 Abs 2 S 1 RSAV). Das BVA hat dagegen auf der Grundlage der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats - hier: Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - die Festlegungen zu treffen (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV).

42

Die "Festlegungen" genügen diesen Anforderungen. Das BVA berücksichtigte - abweichend vom Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - in erster Linie zur Plausibilisierung vertragsärztlicher Diagnosen und in zweiter Linie zur Separierung bestimmter Krankheitsverläufe (vgl Erläuterungen zur Festlegung von Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren und Berechnungsverfahren durch das BVA, S 3 und 5) auch Arzneimittelwirkstoffe in seinem Klassifikationsmodell. Es folgte auch aus Sachgründen nicht der im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 vorgeschlagenen Abschwächung des Einflusses der Krankheitshäufigkeit durch eine nur logarithmische Gewichtung der Prävalenz. Es durfte den wertungsoffenen Zielkonflikt zwischen Kosten der Krankheit je Behandlungsfall und Kosten der Krankheit für das GKV-System zugunsten des letzteren auflösen, indem es mathematisch die Logarithmusfunktion durch die Wurzelfunktion ersetzte. Die von ihm ausgewählten Krankheiten erfüllen die ansonsten im Gutachten operationalisierten Kriterien für "schwerwiegend" und "kostenintensiv chronisch" und die 150 %-Grenze weiterhin (vgl Göpffarth in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 101, 108).

43

c) Die aufgezeigten Rechtsgrundlagen des ab 2009 anzuwendenden RSA sind verfassungsgemäß. Zu Recht ziehen die Beteiligten ihre formelle Verfassungsmäßigkeit nicht in Zweifel. Die Rechtsgrundlagen verstoßen aber auch nicht gegen das Willkürverbot als objektives, bei der Ausgestaltung des RSA zu beachtendes Rechtsprinzip (BVerfGE 113, 167, 262 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 211). Es ist erst verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt erst vor, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5 mwN). Bei der Beurteilung künftiger Sachverhalte und Entwicklungen steht dem Gesetzgeber grundsätzlich eine Einschätzungsprärogative zu (vgl BVerfGE 68, 193, 220 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 4; BVerfG SozR 3-2500 § 311 Nr 1 S 5). Der Gesetzgeber überschritt seinen Prognose- und Beurteilungsspielraum vorliegend nicht.

44

Das BVerfG hat sogar unter Anlegung eines weitergehenden Prüfmaßstabs die neuen Regelungen zum Versichertenklassifikationssystem nach Morbiditätsgruppen - ebenso wie die ursprünglichen RSA-Regelungen - in Würdigung sowohl ihrer Zielsetzung als auch ihrer Mittel als verfassungskonform angesehen (BVerfG Beschluss vom 18.7.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167, 231 ff, 263 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 122 ff, 216; vgl zur Nichtanwendbarkeit der Art 104a ff GG und zur Vereinbarkeit mit Art 120 Abs 1 S 4 GG BVerfGE 113, 167, 195 ff, 199 ff, 207 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 39 ff, 49 ff, 62 ff).

45

Der Gesetzgeber beachtete entgegen der Auffassung der Klägerin insbesondere das Ziel, für die zum 1.1.2009 in Kraft tretenden Regelungen des RSA im Interesse der Gleichbehandlung aller Systembeteiligten auf valide Daten zurückzugreifen, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen. Der Gesetzgeber war bei der konkreten Auswahl der Ausgleichsfaktoren und der Ausgleichstechnik für den RSA berechtigt, lediglich solche Faktoren zu berücksichtigen, von denen er prognostizieren konnte, dass sie eine quantitativ gewichtige Auswirkung auf die Leistungsausgaben haben (ähnlich BVerfGE 113, 167, 234 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 133 f unter der hier nicht relevanten beitragsrechtlichen Perspektive). Er durfte - wie geschehen - in den Blick nehmen, dass die ausgleichsrelevanten Daten überhaupt verfügbar sind oder mit vertretbarem Aufwand beschafft werden können. Der sachliche Gesichtspunkt der praktischen Machbarkeit eines Finanzausgleichs innerhalb der GKV rechtfertigte Regelungen, die sicherstellen, dass ein solcher Finanzausgleich überhaupt mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann (vgl BVerfGE 113, 167, 236 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 136 f).

46

Zudem durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass § 268 SGB V in ein normatives Umfeld eingebettet ist, welches die Gleichheit auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges der Datenerhebung im Verwaltungsvollzug prinzipiell gewährleistet. Er konnte sachgerecht in Rechnung stellen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften, die zudem der Rechtsaufsicht unterliegen, für eine rechtmäßige Datenerhebung Sorge tragen, soweit sie hiermit betraut sind. Ebenso konnte er davon ausgehen, dass die Leistungserbringer unter Berücksichtigung ihrer sanktionsbewehrten Pflichten grundsätzlich zutreffende Daten zur Verfügung stellen und Fehler typischerweise nicht systematisch zum Nachteil einer einzelnen KK oder einer KK-Gruppe auftreten. Beispielsweise haben Vertragsärzte regelmäßig kein gesteigertes ökonomisches Interesse daran, unter Verletzung ua vertragsärztlicher Pflichten wissentlich falsche Diagnosen zu kodieren, obwohl sie sich damit strafbar machen können. Es wäre schlechthin absurd, dem Gesetzgeber die Unterstellung abzuverlangen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften rechtswidrig (vgl dazu Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 189 f) systematisch versuchen, zunächst erhobene Diagnosedaten in ihrem Sinne nachträglich ändern zu lassen, um Vorteile im RSA zu erlangen (so auch Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich vom 22.6.2011 - Endfassung - S 173 unter Hinweis auf Glaeske/Göpffarth/Otto, Gesundheits- und Sozialpolitik 60 <5-6>, 59).

47

Der Gesetzgeber hat entgegen der Auffassung der Klägerin auf gleichwohl zutage getretene Missstände mit § 268 Abs 3 S 2 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11a Buchst a und e Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 23.7.2009) rechtzeitig reagiert. Danach dürfen, sofern die Erhebung nach S 1 Nr 1 bis 7 Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen beinhaltet, ausschließlich solche verarbeitet oder genutzt werden, die von den KKn nach den §§ 294 bis 303 SGB V erhoben wurden(vgl Begründung in Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94). Eine nachträgliche Datenbearbeitung - insbesondere im Zusammenwirken von KKn und Ärzten, die die Diagnosen ursprünglich kodierten - ist seither ausgeschlossen. Die Beachtung dieser Vorgaben wird durch die Neufassung des § 273 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990) flankiert, der dem BVA ein bei ihm zentralisiertes, dort näher ausgestaltetes Überprüfungsrecht einräumt (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94 f), das in der Sache eine "erweiterte Plausibilitätsprüfung" ist (Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 190).

48

Soweit die Klägerin demgegenüber auf einzelne abweichende Beispiele verweist, ist dies schon im Ansatz ungeeignet, unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers eine evidente Unsachlichkeit der Datenerhebungsregelung zu belegen. Das betrifft etwa das Vorbringen, dass einzelne KKn auf unterschiedliche Weise versucht haben (vgl dazu Göpffarth/Sichert, KrV 2009, 186 f mwN in Fn 4 bis 8 und 10; s ferner Evaluationsbericht, S 173), gezielt in ihrem Sinne auf das Kodierverhalten von Vertragsärzten Einfluss zu nehmen. Vergleichbar ist der Aufruf des Bayerischen Hausärzteverbandes (Rundfax vom 16.12.2008), im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit der AOK Bayern nur die kodierten Diagnosen der Versicherten dieser KK zu überprüfen, um den Zuweisungsanteil der KK durch RSA-relevante Diagnosen zu erhöhen, ein Einzelfall geblieben.

49

Die Klägerin kann im Ergebnis auch nichts für sich daraus ableiten, dass die Bewertung der in anderem Zusammenhang erfolgten Kodierpraxis (morbiditätsorientierte Gesamtvergütung, § 87a Abs 3 SGB V) erhebliche Zweifel daran aufgeworfen hat, dass dort die vertragsärztlichen Diagnosen ein vollständig zutreffendes Bild von der tatsächlichen oder tatsächlich behandelten Morbidität geben (vgl IGES Institut, Bewertung der Kodierqualität von vertragsärztlichen Diagnosen - Eine Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbands in Kooperation mit der BARMER GEK - vom 3.12.2012; im Folgenden IGES-Studie). Die Studie behauptet selbst keine RSA-relevante systematische Verzerrung, zumal sie die RSA-spezifischen Gesamtauswirkungen festgestellter gleichzeitiger "Über-" und "Unterkodierung" nicht in den Blick nimmt. So bleibt unklar, ob und inwieweit RSA-relevante falsch-positive und falsch-negative Effekte durch Kodierungsmängel - bezogen auf die einzelne KK - sich gegenseitig aufheben. Obendrein besteht nicht einmal auf fachwissenschaftlicher Ebene Konsens über gravierende Kodierungsmängel. So bestätigt die differenzierte, vorsichtigere Bewertung im Evaluationsbericht (S 174 ff) das in der IGES-Studie gefundene Ergebnis nicht.

50

Der Gesetzgeber hat im Übrigen bei der Einführung der Änderungen des RSA zum 1.1.2009 übersehene, gemessen am gesamten Leistungsaufkommen kaum ins Gewicht fallende Datenübermittlungslücken umgehend geschlossen. So schuf er für Abrechnungen der Hochschulambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren, der Fach- und Spezialambulanzen der Kinderkliniken und der Krankenhäuser mit Kinderabteilungen, die unmittelbar mit den KKn durchgeführt werden, Grundlagen, um sie in die elektronische Datenübertragung oder den maschinell verwertbaren Datenträgeraustausch einzubeziehen (Verweisung auf § 295 Abs 1b S 1 SGB V im Rahmen der Änderung des § 120 Abs 1a S 3 und 4 und Abs 3 S 3 und 4 SGB V idF durch Art 15 Nr 6a Buchst a und Buchst b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Zwar trat die Regelung erst zum 1.1.2010 in Kraft. Dies beruht aber auf dem sachlichen Grund, dass die Verpflichtung zur Übermittlung der Daten per Datenträgeraustausch nicht sofort realisierbar war und der Gesetzgeber den Beteiligten Vorbereitungen für die Datenübermittlung per Datenträgeraustausch ermöglichen musste (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 91).

51

Der Gesetzgeber konnte bei dieser Gesamtlage im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auch davon absehen, zunächst eingeleitete weitere Schritte zur Verbesserung der Datenqualität fortzusetzen. So konnte er die Vorgaben des § 295 Abs 3 SGB V(zunächst S 2 und S 3 idF durch Art 1 Nr 167 Buchst f Doppelb bb Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, GKV-Modernisierungsgesetz - GMG, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004; sodann geändert idF durch Art 1 Nr 198 Buchst d Doppelb bb GKV-WSG) später ersatzlos streichen (vgl Art 1 Nr 80 Buchst d Doppelb bb Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG, BGBl I 2983) mit dem Ziel, Überregulierungen im vertragsärztlichen Vergütungssystem abzubauen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 98).

52

3. Die Beklagte wendete die Festlegungen des BVA rechtmäßig an (zur Nichtberücksichtigung des Korrekturdatensatzes der Satzart 500 unten 4.). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 begegnet auch in seinen tatsächlichen Grundlagen und den darauf gestützten Berechnungen keinen durchgreifenden Bedenken. Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren von der Richtigkeit der im Jahresausgleichsbescheid genannten und vom LSG zugrunde gelegten Zahlen sowie der sie abbildenden Rechenvorgänge ausgehen. Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen, Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der Amtsermittlungsgrundsatz keine Pflicht der Gerichte, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten (vgl BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 24; BSG Urteil vom 7.5.1998 - B 11 AL 81/97 R - Juris RdNr 20; vgl auch Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, Vor § 103 Anm 1. A. II.; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2013, § 103 RdNr 19; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 103 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Januar 2013, § 103 Anm 2 c). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - beide Beteiligten, die Klägerin als eine der größten KKn Deutschlands und die Beklagte in Gestalt des BVA, die ihrerseits dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet sind, eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen (vgl zu Rechenzentren von Apothekenverbänden und KKn BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17).

53

4. Die Beklagte lehnte es auch rechtmäßig ab, den nach dem 15.6.2010 übermittelten Korrekturdatensatz (Satzart 500, Daten der Krankenhausversorgung) für das Berichtsjahr 2008 zu berücksichtigen und insoweit der Klägerin höhere Zuweisungen zuzuerkennen (nach deren Berechnungen rund 3,9 Mio Euro). Der GKV-Spitzenverband ließ ermächtigungskonform in seiner Satzung die Möglichkeit zur Abgabe von korrigierten Datenmeldungen nur bis zum 15. Juni des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres zu. Die Beklagte durfte die nach dem 15.6.2010 und vor dem 16.8.2010 ihr zugegangene Korrekturmeldung der Klägerin für das Berichtsjahr 2008 nicht berücksichtigen. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte gewährt § 30 Abs 4 S 2 RSAV den KKn keinen Anspruch auf Korrekturmeldungen bis einschließlich zum 15. August des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres (dazu a), sondern eröffnet nur einen äußersten zeitlichen Endpunkt für Datenberichtigungen, wie sich aus Entstehungsgeschichte und Regelungszweck des § 30 Abs 3 RSAV ergibt(dazu b). Der Spitzenverband Bund der KKn (§ 217a SGB V; Aufgabenzuständigkeit seit 1.7.2008, § 217f Abs 1 SGB V; Name im Rechts- und Geschäftsverkehr laut § 1 Abs 1 S 2 Satzung: GKV-Spitzenverband) konnte danach auch im Einvernehmen mit dem BVA wirksam nach § 27 Abs 2 Bestimmung des GKV-Spitzenverbandes nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V(idF vom 29.3.2010; im Folgenden: RSA-SpiBu-Bestimmung) verbindlich gegenüber den KKn anordnen, dass die Korrekturmeldung gemäß § 30 Abs 4 S 2 RSAV bis zum 15. Juni des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres an das BVA zu erfolgen hat (dazu c). Die Beklagte war - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht befugt, Ermessen auszuüben und den Korrekturdatensatz gleichwohl beim Jahresausgleichsbescheid 2009 mit der Rechtsfolge einer höheren Zuweisung zu berücksichtigen. Ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs liegt nicht vor (dazu d).

54

a) Nach § 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495, mWv 30.10.2007 bis 11.6.2010, und idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 21. RSA-ÄndV vom 4.6.2010, BGBl I 753 - Mitaufnahme der Nr 8 und 9 des § 30 Abs 1 RSAV) werden die Datenmeldungen nach § 30 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 6 sowie 8 und 9 beginnend mit dem Berichtsjahr 2006 bis zum 15. August des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres durch eine neue Meldung korrigiert. Nr 5 des § 30 Abs 1 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) erfasst die bei Krankenhausentlassung maßgeblichen Haupt- und Nebendiagnosen nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 7 in der Verschlüsselung nach § 301 Abs 2 S 1 SGB V. Datentechnisch handelt es sich dabei um die Satzart 500. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers, eine derartige Regelung zu treffen, ergibt sich aus § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V. Hiernach regelt das BMG ua das Nähere über das Verfahren des RSA sowie die Festsetzung der Stichtage und Fristen nach § 267 SGB V. Es hat seinen Regelungsauftrag in ausreichendem Umfang wahrgenommen, indem es in § 30 Abs 4 S 2 RSAV einen zeitlichen Endpunkt - den 15. August - für Korrekturmeldungen festgelegt hat.

55

§ 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) sah nur einmalig, nämlich für das Berichtsjahr 2006, einen Korrekturanspruch bis 15.8.2008 vor, um es den KKn trotz etwaiger Schwierigkeiten in der Startphase der Datenerhebung leichter zu machen, einen korrekten Datensatz zu übermitteln (vgl auch Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8). Art 1 Nr 9 15. RSA-ÄndV hat aus dieser als Übergangsregelung geschaffenen Vorschrift eine Dauerregelung gemacht (§ 30 Abs 4 S 2 RSAV). Allerdings hat sich der Sinn der Regelung dadurch verschoben, dass die Regelung den KKn nicht länger eine Option eröffnet, eine Austauschmeldung (Korrekturmeldung) abzugeben. Vielmehr handelt es sich um "eine neue Informationspflicht der Verwaltung. Durch die regelmäßige Austauschmeldung in dem zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahr können noch etwaige Korrekturen berücksichtigt und somit die Datengrundlage und die Datenqualität für den Jahresausgleich insgesamt verbessert werden" (Begründung des BMG zum Entwurf einer 15. RSA-ÄndV, BR-Drucks 603/07 S 22 f). Hiernach hat die Regelung im Interesse eines korrekten Jahresausgleichs einen nur objektiv-rechtlichen Gehalt.

56

b) § 30 Abs 4 S 2 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495) ist im Verhältnis zu dem ebenfalls auf der Grundlage des § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V ergangenen § 30 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) nicht die speziellere, abschließende Regelung. § 30 Abs 3 S 1 RSAV sieht vor, dass die Spitzenverbände der KKn im Einvernehmen mit dem BVA in der Vereinbarung nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V das Nähere über die Erhebung nach § 30 Abs 1 S 1 RSAV vereinbaren; ua betrifft das die Satzart 500. Der Vorrang des § 30 Abs 3 S 1 RSAV folgt wiederum aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Die Begründung des 14. RSA-ÄndV-Entwurfs macht deutlich, dass der Verordnungsgeber Regelungen nach § 30 Abs 3 RSAV für effektiver ("gezielter und zeitnäher") hält, als die Änderung der RSAV, um den sich im Zeitablauf verändernden spezifischen technischen Gegebenheiten der KKn bestmöglich Rechnung tragen zu können. Eingeschlossen in die Regelungsbefugnis soll nicht nur die Festlegung der näheren technischen, sondern auch der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben für Datenerhebungen durch die Spitzenverbände der KKn sein (vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8).

57

c) Die aufgrund § 30 Abs 3 S 1 RSAV getroffene RSA-SpiBu-Bestimmung ist als vom GKV-Spitzenverband erlassene Satzung auch für die KKn nach § 217e Abs 2 SGB V verbindlich. Hiernach sind Regelungen (Verträge und sonstige Entscheidungen), die der GKV-Spitzenverband in seinem Kompetenzbereich (hier § 217f Abs 1 SGB V iVm § 30 Abs 3 RSAV) trifft, gegenüber allen KKn verbindlich (zum Satzungsrecht als von staatlicher Ermächtigung abgeleitete Rechtsquelle vgl Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S 196 ff; zu der weiteren - hier vorliegenden - Voraussetzung, dass Normunterworfene grundsätzlich verbandsangehörige Personen - hier die KKn - sein müssen, vgl BVerfGE 10, 20, 49 f; BVerfGE 33, 125, 156 f).

58

d) Die Beklagte durfte vor Erlass des Jahresausgleichsbescheids 2009 nicht nach eigenem Ermessen zugunsten der Klägerin von § 27 Abs 2 RSA-SpiBu-Bestimmung abweichen. § 30 Abs 4 S 4 RSAV(idF durch Art 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006; der spätere Halbs 1) eröffnete der Beklagten kein Ermessen. Die Regelung bestimmt strikt, dass Daten, die dem BVA nicht termingerecht übermittelt werden, bei der Ermittlung der Risikomerkmale und Risikozuschläge nach § 29 Nr 1 und 2 RSAV nicht berücksichtigt werden. Zwar hat Art 1 Nr 2 Buchst b 19. RSA-ÄndV (vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) § 30 Abs 4 S 4 RSAV um einen weiteren Halbs ergänzt, wonach bei den Risikogruppen nach § 29 Nr 3 RSAV (Alters- und Geschlechtsgruppen) die Versicherungszeiten des Vorjahres unter Berücksichtigung der Mitgliederentwicklung und eines angemessenen Sicherheitsabzugs zugrunde gelegt werden können. Aus der Begründung des 19. RSA-ÄndV-Entwurfs (vgl Begründung des BMG, BR-Drucks 86/09 S 6) geht jedoch hervor, dass fehlerhafte oder nicht termingerecht von den KKn übermittelte Daten bei der Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen und zu dem Merkmal der Erwerbsminderung nicht zu berücksichtigen sind. Das BVA erhielt die Befugnis zu einer Ermessenentscheidung, verspätet gelieferte Daten zu berücksichtigen, erst ab 26.10.2012 (Änderung des bisherigen § 30 Abs 4 S 4 RSAV durch Art 1 Nr 2 Buchst c Doppelb bb 24. RSA-ÄndV vom 12.10.2012, BGBl I 2228).

59

5. Die Verpflichtung der Klägerin, 67 640 492,77 Euro in gleichmäßigen monatlichen Raten ab Januar 2011 zurückzuzahlen, ist rechtmäßig (§ 272 SGB V idF durch Art 1 Nr 14b Buchst b GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426, mWv 1.1.2009, iVm § 41 Abs 4a RSAV idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 22. RSA-ÄndV, BR-Drucks 578/10 S 2 ff; umfassend zu § 272 SGB V und den §§ 33 ff RSAV BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - RdNr 20 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

60

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.

(1) Die Zuordnung der Versicherten zu den Risikogruppen nach § 266 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 269 Absatz 3 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfolgt mittels eines vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Versichertenklassifikationsmodells, das auf Klassifikationsmodellen aufbaut, deren Einsatzfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist. Der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen sind folgende Risikomerkmale zu Grunde zu legen:

1.
das Alter und das Geschlecht der Versicherten,
2.
die Morbidität der Versicherten auf der Grundlage von Diagnosen und Arzneimittelwirkstoffen,
3.
das Vorliegen eines Anspruchs auf Krankengeld nach § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, differenziert nach Alter und Geschlecht,
4.
regionale Merkmale, die insbesondere die regionale Morbiditäts- und Mortalitätsstruktur, die demografische Struktur, die Sozialstruktur, die Markt- und Wirtschaftsstruktur oder die Siedlungsstruktur am Wohnort des Versicherten abbilden,
5.
der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt der Versicherten außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres.

(2) Die Altersabstände nach Absatz 1 Satz 2 betragen ein Jahr. Dabei sind Versicherte dem vollendeten Lebensjahr zuzuordnen, das sich aus der Differenz zwischen Erhebungs- und Geburtsjahr errechnet. Versicherte mit einem Alter unter einem Jahr sind dem Alter null und Versicherte mit einem Alter über 90 Jahre dem Alter 90 Jahre zuzuordnen.

(3) Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Altersabstände und Altersgrenzen abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 3 bestimmen.

(4) Für die Zuordnung der Versicherten zu den Risikogruppen ist das Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch auch dann maßgebend, wenn rückwirkend Rente zugebilligt wird.

(5) In den Risikogruppen nach Absatz 1 sind nicht enthalten:

1.
Versicherte, deren Leistungsansprüche nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ruhen,
2.
Mitglieder, für deren Beitragsbemessung § 240 Absatz 4b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gilt, und ihre nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch versicherten Angehörigen sowie
3.
Mitglieder, deren Leistungsansprüche nach § 256a Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ruhen.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009.

2

Um Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erhöhen, begründete der Gesetzgeber für Versicherte KKn-Wahlrechte in Abkehr von dem zuvor geltenden Prinzip der festen Zuordnung Versicherter zu den einzelnen KKn. Im Interesse der Chancengleichheit bei der Gewinnung von Versicherten und um möglichst dauerhaft Anreizen zu einer Risikoselektion entgegenzuwirken, die sonst aus einer einkommensbezogenen Beitragsgestaltung ohne Anknüpfung an das Risiko "Gesundheitszustand" entstehen, führte der Gesetzgeber 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er bewirkte, dass die kassenindividuell kraft Satzung der Höhe nach festgelegten und erhobenen Beitragseinnahmen den KKn nur nach Maßgabe des sich anschließenden RSA zur Verfügung standen. Der Gesetzgeber änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus diesem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond berücksichtigt die Risikostruktur der jeweiligen KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern. Infolge dieses morbiditätsorientierten RSA stellen kranke Versicherte nicht zwangsläufig im versicherungsmathematischen Sinne "schlechte Risiken" dar. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich, handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA).

3

Die Beklagte regelte für die Klägerin die monatliche Abschlagszahlung aus dem Gesundheitsfonds (Grundlagenbescheid I/2009, 1.1.2009; Zuweisungsbescheid 1/2009, 1.1.2009). Hiergegen hat die Klägerin beim LSG Klage erhoben. Die Beklagte hat die Höhe weiterer Abschlagszahlungen bestimmt (Grundlagenbescheide II - IV/2009; Zuweisungsbescheide 2 - 12/2009; Korrekturbescheide I - III), die Zuweisungen für das Jahr 2009 endgültig festgesetzt (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: insgesamt 14 262 682 856,51 Euro, davon 14 065 927 867,09 Euro für das Ausgleichsjahr 2009) und zugleich die Klägerin verpflichtet, einen Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro in zwölf gleichen Monatsraten im Jahr 2011 zu zahlen. Die Klägerin hat mit ihrer Klage demgegenüber die Aufhebung ihrer Zahlungsverpflichtung und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 begehrt: Schon die Gesetzesgrundlage sei verfassungswidrig. Die Einteilung der Versicherten in Morbiditätsgruppen sei fehlerhaft zustande gekommen und mangels valider Daten nicht willkürfrei umsetzbar. Die Beklagte hätte die ihr nach dem 15.6.2010 zugegangene Korrekturmeldung (Krankenhausdaten, Satzart 500) berücksichtigen müssen. Das LSG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.6.2013).

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 20 Abs 3 GG, des § 268 SGB V und der § 30 Abs 4 S 2, § 31 Abs 4 S 1 RSAV. Sie hält § 268 SGB V für verfassungswidrig und wendet sich weiterhin gegen die morbiditätsgruppenbezogenen Festlegungen des BVA iVm § 31 Abs 4 RSAV sowie gegen die Nichtberücksichtigung der dem BVA nach dem 15.6.2010 zugegangenen Korrekturmeldung zur Satzart 500.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2013 aufzuheben, den Bescheid vom 16. November 2010 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts festzusetzen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Zuweisungen für 2009. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest; die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung der den Morbiditätsgruppen zuzuordnenden Morbiditätsdaten und ihr Verwaltungsvollzug sind willkürfrei (dazu 2.). Die Beklagte berechnete - hierauf gestützt - die Zuweisungen rechtmäßig (dazu 3.). Sie lehnte es rechtmäßig ab, den Korrekturdatensatz der Satzart 500 zu berücksichtigen (dazu 4.) und forderte den gezahlten Ausgleichsbetrag von 67 640 492,77 Euro rechtmäßig zurück (dazu 5.).

9

1. Die Klage ist ohne Vorverfahren (§ 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und als Anfechtungsklage zulässig. Gegenstand ist zum einen das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2009 (Teilregelung im Jahresausgleichbescheid 2009 vom 16.11.2010) aufzuheben und höhere Zuweisungen für das Jahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Gegenstand der reinen Anfechtungsklage ist die Festsetzung der Rückzahlungsverpflichtung. Allein der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010) regelt die maßgebliche, nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 und die Verpflichtung zur Rückzahlung von 67 640 492,77 Euro. Er ist Klagegegenstand, denn er hat die vorangegangenen, vorläufigen Regelungen ersetzt (dazu a). Die Klägerin greift dabei mit ihrer Klage in zulässiger Weise nur einen abtrennbaren Teil der Zuweisungsregelung an (dazu b). Die Festlegungen des BVA sind demgegenüber kein eigenständiger Klagegegenstand, sondern inzident zu überprüfen (dazu c). Die Klägerin ist auch klagebefugt (dazu d). Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor (dazu e).

10

a) Gegenstand der Anfechtung ist nur noch der während des Klageverfahrens ergangene Jahresausgleichsbescheid 2009 (16.11.2010; § 96 Abs 1 SGG). Er hat sämtliche vorausgegangenen Zuweisungs-, Grundlagen- und Korrekturbescheide, insbesondere auch den mit der Klage ursprünglich angegriffenen Grundlagenbescheid (1.1.2009) und den Zuweisungsbescheid für den Monat Januar 2009 (1.1.2009) ersetzt. Denn er tritt an die Stelle der in diesen früheren Bescheiden geregelten nur vorläufigen (dazu aa) Zuweisungen für 2009 nebst ihren Grundlagen (Grundlagenbescheide vom 1.1.2009; 31.3.2009; 30.9.2009; 31.3.2010; Zuweisungsbescheide vom 1.1.2009; 26.1.2009; 25.2.2009; 31.3.2009; 27.4.2009; 25.5.2009; 30.6.2009; 30.7.2009; 31.8.2009; 30.9.2009; 30.10.2009; 30.11.2009; Korrekturbescheide vom 3.4.2009; 15.10.2009; 14.4.2010). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 setzt die nicht nur vorläufige Zuweisung für 2009 fest (dazu bb). Zusätzlich regelt er die Rückforderung (dazu cc).

11

aa) Bei den dem Jahresausgleichsbescheid vorausgehenden Grund-, Zuweisungs- und Korrekturbescheiden handelt es sich um vorläufige Verwaltungsakte, die sich mit dem Erlass des Bescheides über den Jahresausgleich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigen(vgl zB zur endgültigen Regelung des Ausgleichsanspruchs für das Jahr 1994 BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 2 RdNr 7 ff; s ferner BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 19/02 R - Juris RdNr 14 ff = USK 2003-22). Der vorläufige Regelungscharakter ergibt sich für Zuweisungs- und Grundlagenbescheide unmittelbar aus den Regelungen des SGB V und der RSAV, für Korrekturbescheide aus ihrer Regelungsfunktion. Sie sind allesamt von dem gesetzgeberischen Zweck getragen, den KKn fortlaufend eine ausreichende und verlässliche Finanzierung ihrer Ausgaben mit dem Ziel einer schon vorab möglichst großen Annäherung an die endgültig festzusetzenden Zuweisungen zu ermöglichen.

12

Die Vorläufigkeit der Zuweisungen folgt für die monatlich ergehenden Zuweisungsbescheide aus dem Gesetz (§ 266 Abs 6 S 4 und 5 SGB V). Hiernach gelten die monatlichen Zuweisungen als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach § 266 Abs 6 S 3 SGB V auszugleichen. Entsprechendes gilt für die Vorläufigkeit der die Berechnungsgrundlagen regelnden Grundlagenbescheide (siehe § 266 Abs 6 S 1 SGB V). Danach stellt das BVA im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach § 266 Abs 5 S 2 Nr 1 und 2 SGB V vorläufig fest, die es entsprechend dem durch neue Daten begründeten Erkenntnisfortschritt regelmäßig entsprechend § 39 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst c Neunzehnte Verordnung zur Änderung der RSAV <19. RSA-ÄndV> vom 11.3.2009, BGBl I 497) aktualisiert. Nach dieser Regelung berechnet das BVA für das jeweilige Ausgleichsjahr für alle KKn jeweils bis zum 31. März des Ausgleichsjahres, bis zum 30. September des Ausgleichsjahres sowie bis zum 31. März des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres die vorläufige Höhe der Zuweisungen nach § 39 Abs 2 RSAV neu unter Berücksichtigung der aktuellen Datenmeldung nach § 32 RSAV und teilt diese den KKn mit. Hierzu erlässt es korrigierende weitere Grundlagenbescheide.

13

Die auf dieser Grundlage für das Geschäftsjahr ergehenden Korrekturbescheide der Zuweisungsbescheide treffen ebenfalls nur vorläufige Regelungen. Denn sie ändern vorausgegangene monatliche Zuweisungsbescheide ab. Hierfür sieht § 39 Abs 3a RSAV(idF durch Art 1 Nr 6 Buchst d 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497) vor, dass Über- und Unterzahlungen bereits vor dem endgültigen Jahresausgleich entsprechend den korrigierten Grundlagenbescheiden vorläufig auszugleichen sind.

14

Die Vorläufigkeit der Regelungen ergibt sich als umfassendes Regelungskonzept für diese Verwaltungsakte im Übrigen mittelbar aus § 266 Abs 6 S 3 SGB V iVm § 41 RSAV. Das BVA ermittelt nach Maßgabe des § 41 RSAV(idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; zur Einfügung des § 41 RSAV aufgrund der Ausschussempfehlung im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426, vgl BT-Drucks 16/10609 S 72, dort als Schlussausgleich bezeichnet) für das jeweilige abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) den Jahresausgleich und führt ihn bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durch. Diese Regelung konkretisiert S 3 des § 266 Abs 6 SGB V(idF des Art 1 Nr 178 Buchst g Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.1.2009). S 3 bestimmt, dass nach Ablauf des Kalenderjahres die Höhe der Zuweisung für jede KK vom BVA aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den zum 1. Oktober dieses Jahres erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten KKn zu ermitteln ist.

15

Nach diesen Grundsätzen treffen Korrekturen von Zuweisungsbescheiden nur vorläufige Regelungen (hier: Korrekturbescheide I/2009 vom 3.4.2009 und II/2009 vom 15.10.2009). Gleiches gilt für den Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010), der das gesamte Geschäftsjahr 2009 erfasst. Denn er setzt nur die vom vorläufigen Grundlagenbescheid IV/2009 neu vorgegebenen Berechnungsgrundlagen um, ohne damit schon den endgültigen Jahresausgleich nach § 41 RSAV vorwegzunehmen. Der Korrekturbescheid III/2009 (14.4.2010) stützt sich zudem ausdrücklich nur auf § 39 Abs 3a S 2 und 3 iVm Abs 3 RSAV. Bei der Klägerin als Adressatin des Bescheides konnte kein Zweifel über dessen vorläufigen Regelungscharakter entstehen (zu Korrekturen früherer Geschäftsjahre im Jahresausgleichsbescheid eines nachfolgenden Geschäftsjahres vgl BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 32).

16

bb) Die Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin ist nicht mehr vorläufig und macht die genannten vorläufigen Regelungen obsolet (Jahresausgleichsbescheid 2009 vom 16.11.2010: 14 262 682 856,51 Euro). Die Festsetzung setzt sich aus den Zuweisungen für standardisierte Leistungsausgaben einschließlich Krankengeld, dem Konvergenzbetrag (Anpassungsbetrag nach § 272 SGB V), den Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270 Abs 1 SGB V), der mitgliederbezogenen Veränderung der Zuweisung (§ 41 Abs 2 RSAV), dem Korrekturbetrag im RSA bis 2008 und dem Korrekturbetrag im Risikopool bis 2008 zusammen.

17

cc) Eine weitere eigenständige Regelung (§ 31 S 1 SGB X) ist die Anordnung ratenweiser Erstattung von 67 640 492,77 Euro (Zuweisungen nach § 272 SGB V für das Jahr 2009; Teil 4 des Bescheides vom 16.11.2010). Die Klägerin hat sie mit ihrem Begehren auf höhere Zuweisungen inzident angegriffen.

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b) Die Klägerin darf sich auf eine kombinierte Teilanfechtung und -verpflichtung hinsichtlich der Gesamtzuweisung 2009 beschränken. Die Klägerin greift zulässig die Zuweisungsverfügung nur hinsichtlich der Teilbeträge an, die auf der Einführung des RSA zum 1.1.2009 beruhen und das Ausgleichsjahr 2009 erfassen (Teil 1 des Bescheides vom 16.11.2010; Zuweisung von 14 065 927 867,09 Euro).

19

Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das vom Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhalts an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie den Klagegrund, aus dem die Rechtsfolge sich ergeben soll (vgl BSG SozR 4-2600 § 237 Nr 2, dort hinsichtlich der Verfügung betreffend den Zugangsfaktor bei einer Altersrente; ebenso BSG Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 R - RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 2 Nr 4 vorgesehen). Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 S 1 iVm § 131 Abs 1 S 1 SGG und BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 43; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, § 131 Anm 3 mwN; s ferner BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07 - BFH/NV 2009, 1142). Teilbar ist ein Verwaltungsakt nach § 31 S 1 SGB X jedenfalls schon dann, wenn eine betragsmäßige Aufteilung möglich ist und den klageweise geltend gemachten Teilbeträgen Rechnungsposten zugrunde liegen, die sich - insbesondere unter dem zeitlichen Gesichtspunkt - aus jeweils eigenen Sachverhalten ableiten und insoweit auch gegenständlich abgegrenzt werden können. So verhält es sich hier.

20

Der angefochtene Teil der Festsetzung des Gesamtbetrages der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2009 für die Klägerin betrifft die Zuweisungen aus dem ab 1.1.2009 geltenden RSA und den Ausgleichsbetrag für Zuweisungen für das Geschäftsjahr 2009. Er lässt sich sowohl zeitlich als auch gegenständlich eindeutig gegenüber Rechnungsposten abgrenzen, die davor liegenden Geschäftsjahren mit jeweils eigenständigen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zuzuordnen sind (RSA-Korrekturen bis einschließlich 2008: 193 722 497,76 Euro; Risikopool-Korrekturen bis einschließlich 2008: 3 032 491,66 Euro).

21

c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2009 zugrunde liegenden "Festlegungen" - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung über die nähere Ausgestaltung des Ausgleichsverfahrens vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf (Bekanntgabe der Krankheiten vom 13.5.2008 mit Dokumentation der Festlegung und Anhänge 1 - 4 idF der Änderungsbekanntgabe vom 2.3.2009 mWv 1.4.2009 mit Anlagen, Erläuterungen, Listen und der Änderungsbekanntgabe vom 8.3.2010 mWv 31.3.2010 und Erläuterungen, Listen , berichtigt durch Bescheid vom 18.3.2010 betreffend Anhang Ä2 Liste ICD DxG HMG; sonstige Festlegungen - Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren, Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge mit Anlagen 1 - 3, Hierarchien, Erläuterung der Festlegungen, Auswertung der Stellungnahmen, übersandt an GKV-Spitzenverband mit Schreiben vom 3.7.2008). Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen "Festlegungen" sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die "Grundlagenbescheide" Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 15 und 29, für BSGE und SozR vorgesehen ) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzident mit zu überprüfen. Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems(vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 16 f, für BSGE und SozR vorgesehen).

22

d) Die Klägerin ist klagebefugt. Neben - hier von der Klägerin auch geltend gemachten - Mängeln des einfachen Rechts und seiner Anwendung (zur dadurch möglichen Verletzung des Selbstverwaltungsrechts sowie der Haushalts- und Finanzhoheit vgl auch BSGE 90, 231, 240 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 30) kann ein Träger mittelbarer Staatsverwaltung ihn betreffende Vorschriften des einfachen Gesetzesrechts nicht nur wegen Verstoßes gegen formelles Verfassungsrecht, sondern auch wegen Verletzung des Willkürverbots mit Erfolg angreifen. Denn das Willkürverbot gilt innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus, in dem grundsätzlich kein Grundrechtsschutz besteht, jedenfalls aufgrund des immer zu beachtenden Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5, zur Konkursausfallgeld-Umlage; s ferner BVerfGE 86, 148, 251, zum Länderfinanzausgleich; BVerfGE 21, 362, 372, zum Übergang von Ersatzansprüchen aus fahrlässiger Amtspflichtverletzung). Dieser Klagebefugnis steht nicht entgegen, dass die Klägerin als Trägerin mittelbarer Staatsverwaltung nicht nach Art 19 Abs 3 GG grundrechtsfähig ist (stRspr: BVerfGE 21, 362, 368 ff; BVerfGE 39, 302, 312 ff; s ferner BVerfGE 77, 340, 344; BVerfGK 13, 276 = SozR 4-2500 § 4 Nr 1; vgl BSGE 90, 231, 264 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 99 ff).

23

e) Einer notwendigen Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG bedurfte es nicht, wie das LSG zutreffend gesehen hat(den Beiladungsantrag der AOK Rheinland/Hamburg ablehnender Beschluss vom 20.8.2012). Die anderen KKn sind an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nur der Fall, wenn die Entscheidung aus Rechtsgründen nur einheitlich ergehen kann. Es genügt weder, dass die Entscheidung logisch notwendig einheitlich ergehen muss, weil in beiden Rechtsverhältnissen über dieselben Vorfragen zu entscheiden ist, noch dass die tatsächlichen Verhältnisse eine einheitliche Entscheidung erfordern. Die Beiladung ist aus Rechtsgründen notwendig, wenn die vom Kläger begehrte Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 7 S 17; BSG SozR 1500 § 75 Nr 71 S 83). Die gegenüber den anderen KKn ergangenen Bescheide über den Jahresausgleich 2009 bleiben von einer Entscheidung über den Jahresausgleich 2009 zwischen der Klägerin und der Beklagten auch dann unberührt, wenn die Klägerin obsiegen würde. Ein möglicher höherer Zuweisungsanspruch für das Jahr 2009 kann im Wege eines Korrekturbescheides nur in einem späteren Ausgleichsjahr wirksam werden. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin angeregten Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG, die nur eine Vorfrage im oben dargelegten Sinn zum Gegenstand haben könnte.

24

2. Die Beklagte legte die Morbiditätsgruppen rechtmäßig fest. Die Beklagte durfte - wie erfolgt - aufgrund wirksamer Rechtsgrundlage die erforderlichen "Festlegungen" in einer formell rechtmäßigen Allgemeinverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen treffen; die in Gestalt des BVA zuständige Beklagte beachtete auch das für die "Festlegungen" vorgesehene Verfahren. Dem steht nicht die sich aus § 29 S 2 RSAV (idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006) ergebende, bis zum 17.3.2009 geltende Verordnungsermächtigung entgegen (dazu a). Die Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen, die das zentrale Element des Schlüssels zur jährlichen Verteilung der im Gesundheitsfonds nach Maßgabe des § 271 S 1 SGB V eingehenden Beträge regeln, sind auch materiell rechtmäßig(dazu b). Die sie tragenden Rechtsgrundlagen begegnen - auch im Hinblick auf den sie steuernden Verwaltungsvollzug - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu c).

25

a) Rechtsgrundlage der Festlegungen zum Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen beim RSA 2009 ist § 31 Abs 4 RSAV(idF durch Art 17 Nr 1 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 1.8.2009) iVm § 29 Nr 1(idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) und § 31 Abs 1 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007). Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 S 1 Nr 2 und 3 RSAV(idF durch Art 38 Nr 6 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) die nach Abs 1 S 2 zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt. Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach § 31 Abs 4 S 1 RSAV festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen. § 31 Abs 1 S 1 RSAV gilt entsprechend. Morbiditätsgruppen für Erwerbsminderungsrentner werden für Versicherte gebildet, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten haben. Bei der Bildung von Altersgruppen kann das BVA im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn von § 2 Abs 3 S 1 RSAV abweichende Altersabstände bestimmen.

26

Diese verordnungsrechtlichen Vorschriften beruhen auf einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage und sind formell rechtmäßig. Der Verordnungsgeber durfte dem BVA auch materiell-rechtlich die Befugnis erteilen, in Form sachbezogener Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X) auf einer ersten Stufe des Verwaltungsverfahrens Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 21 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

27

§ 29 S 2 RSAV sah allerdings zeitgleich mit § 31 Abs 4 S 1 RSAV bis zum 17.3.2009 vor, dass das Nähere über die Bestimmung und Anpassung des Klassifikationsmodells nach § 29 S 1 Nr 1 RSAV durch gesonderte Rechtsverordnung zu erfolgen hatte. Das BVA war aber nicht in der Lage, Festlegungen nach § 31 Abs 4 S 1 iVm Abs 1 RSAV zu treffen, ohne zugleich den Inhalt des § 29 S 1 Nr 1 RSAV mit zu konkretisieren. Der Verordnungsgeber hob § 29 S 2 RSAV durch Art 1 Nr 1 Buchst b 19. RSA-ÄndV vom 11.3.2009 (BGBl I 497) mWv 18.3.2009 mit dem Willen auf, diesen Regelungswiderspruch zu beseitigen (vgl Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit zum 19. RSA-ÄndV-Entwurf, BR-Drucks 86/09 S 6).

28

b) Das BVA bestimmte für das Ausgleichsjahr 2009 die Einzelheiten des in § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) angeordneten Versichertenklassifikationsmodells nach Morbiditätsgruppen rechtmäßig nach pflichtgemäßem Ermessen.

29

Die Festlegung des Versichertenklassifikationsmodells ist - entsprechend der Festlegung des Regressionsverfahrens - eine Ermessensentscheidung. Die "Festlegungen" erfolgen nämlich nicht in der Weise, dass das Ergebnis strikt eindeutig vorgegeben ist. Vielmehr bedarf es ihrer jährlich neu, weil sie dem schrittweise erfolgenden Erkenntnisfortschritt Rechnung tragen und hierbei die gesetzlichen Ziele besser erreichen sollen, ohne dass kurzfristig ein dauerhaftes Optimum zu erwarten ist (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 32, für BSGE und SozR vorgesehen). Der Gesetzgeber hat gerade aufgrund des Fehlens fertig ausgestalteter, wissenschaftlich fundierter, unmittelbar auf die GKV übertragbarer Klassifizierungs- und Verfahrensmodelle die Notwendigkeit gesehen, das BVA mit dieser Normkonkretisierung zu betrauen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 205, zu § 31 Abs 4 RSAV). Der RSA ist für die Sachgerechtigkeit der Krankheitsauswahl, der Bildung der Morbiditätsgruppen und des Berechnungsverfahrens auf wissenschaftlichen Sachverstand, empirische Forschung und Statistik angewiesen (vgl Schmehl in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, § 39 RdNr 72). Deren Erkenntnisse führen regelmäßig im hier betroffenen Anwendungsbereich zu einer Bandbreite vertretbarer Ergebnisse. Das Klassifikationsmodell des BVA hat in diesem Sinne auf Klassifikationsmodellen aufzubauen, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist (vgl § 29 S 1 Nr 1 RSAV in den seit 1.1.2009 geltenden Fassungen). Das BVA berücksichtigt zudem die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats (vgl zum Beirat § 31 Abs 2 S 1 RSAV).

30

Bei einem Streit über solche Ermessensentscheidungen hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise oder sonst erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, und ob dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl § 54 Abs 2 SGG). Daran fehlt es.

31

Die vom BVA getroffenen Festlegungen der Grundsätze der Morbiditätsgruppenbildung (dazu aa) stehen in Einklang mit den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlagen (dazu bb). Das BVA setzte hierbei auch ermessensfehlerfrei 80 zuschlagsrelevante Krankheiten fest (dazu cc).

32

aa) Das BVA legte die vorzunehmende Berücksichtigung morbiditätsabhängiger Risikozuschläge bei der Ermittlung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Ausgleichsjahr 2009 wie folgt fest: Alle Versicherten sind, soweit Morbiditätsdaten über sie im Berichtsjahr (2008) vorliegen (vgl § 31 Abs 1 S 2 RSAV; prospektives Modell: Ungleichzeitigkeit von Versichertenklassifikation und Leistungsausgabenerhebung), den Morbiditätsgruppen anhand von stationären und ambulanten Diagnosen zuzuordnen (Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 3). Krankenhausdiagnosen führen unmittelbar zu einer Zuordnung, vertragsärztliche Diagnosen hingegen nur dann, wenn es sich um gesicherte ambulante Diagnosen (mit Qualifizierungsmerkmal "G") handelt und eine weitere, derselben Krankheit zugeordnete gesicherte Diagnose in einem anderen Quartal dokumentiert wurde (M2Q-Kriterium; Festlegung, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, a 2 und a 3). Die ICD-10-Diagnosen weisen die Versicherten einer Morbiditätsgruppe des Klassifikationsmodells zu. Dieses unterscheidet 106 zuschlagsfähige, nach dem Schweregrad der Krankheit hierarchisierte Morbiditätsgruppen (HMG; vgl Festlegungen, Modell, Anlage 1), die in 25 Hierarchien eingeordnet sind. Innerhalb einer Hierarchie ist nur eine Morbiditätsgruppe relevant. Erfüllt ein Versicherter die Voraussetzungen für mehrere Gruppen innerhalb der Hierarchie, ist nur die ranghöchste Gruppe beim Versicherten zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um die jeweils schwerwiegendste Krankheitsmanifestation. Zum Teil schließt die Anwendbarkeit einer Hierarchiegruppe die Berücksichtigung eines Versicherten in anderen Hierarchiegruppen aus (Dominanzverhältnis; vgl Festlegungen, Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu dem Morbiditätsgruppen, 4. Hierarchisierung der Morbiditätsgruppen), zum Teil kann ein Versicherter jeweils einer Gruppe bei zwei oder mehr Hierarchiegruppen zugeordnet werden.

33

Das BVA hat zur Ansteuerung der HMG für die Zwecke des RSA 366 Krankheiten definiert (Bekanntgabe Anhang 1 Krankheitsbildung) und hieraus 80 Krankheiten als zuschlagsrelevant ausgewählt (Bekanntgabe Krankheiten), denen jeweils sachlich zusammenhängende ICD-10-Diagnosen zugewiesen sind (Bekanntgabe und Anhang 4, ICD-Liste). Der Zusammenhang zwischen den vom BVA festgelegten 80 RSA-relevanten Krankheiten und den HMG ergibt sich daraus, dass das BVA aus den ICD-10-Diagnosen einer Krankheit Diagnosegruppen (DxGruppen) ableitet. Eine Morbiditätsgruppe besteht mindestens aus einer DxGruppe, kann aber auch mehrere DxGruppen aus verschiedenen Krankheiten umfassen. Damit ist eine RSA-relevante Krankheit eine für die Zwecke des RSA geschaffene Entität, deren jeweilige Bestandteile der Algorithmus ganz oder teilweise, allein oder in Verbindung mit Bestandteilen anderer RSA-relevanter Krankheiten zu Funktionseinheiten, den DxGruppen, verbindet, die ihrerseits die für die Risikozuschläge maßgeblichen hierarchisierten Morbiditätsgruppen bilden. So sind zB der Krankheit 6 mit ihrem ICD-10-Katalog (Bösartige Neubildungen der Verdauungsorgane) die HMG011 (Bösartige Neubildungen des Dünndarms, Peritoneums, Gallenblase, Leber, Pankreas) vollständig sowie Teile der HMG012 (Andere schwerwiegende bösartige Neubildungen) und der HMG013 (Sonstige ernste bösartige Neubildungen) zugeordnet.

34

bb) Mit diesem grundsätzlichen Vorgehen beachtete das BVA die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Nach § 268 Abs 2 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 16 Buchst b Doppelb aa Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006, BGBl I 3439, mWv 1.1.2007) regelt das BMG bis zum 31.12.2009 durch Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 SGB V mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Umsetzung der Vorgaben nach § 268 Abs 1 SGB V(zur Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 23, für BSGE und SozR vorgesehen). Bei der Gruppenbildung sind auch internationale Erfahrungen mit Klassifikationsmodellen direkter Morbiditätsorientierung zu berücksichtigen (§ 268 Abs 2 S 3 SGB V). Dabei konnte der Gesetzgeber des GKV-WSG anstelle des BMG selbst als Verordnungsgeber § 29 S 1 Nr 1 und § 31 Abs 1 RSAV erlassen(vgl dazu BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 16/14 R - RdNr 25, für BSGE und SozR vorgesehen).

35

In der Sache gibt § 268 Abs 1 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 180 Buchst a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.1.2009) vor, dass die Versichertengruppen nach § 266 Abs 1 S 2 und 3 SGB V und die Gewichtungsfaktoren nach § 266 Abs 2 S 2 SGB V vom 1.1.2009 an abweichend von § 266 SGB V nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden sind (Morbiditätsgruppen), die zugleich 1. die Morbidität der Versicherten auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigen, 2. an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der zugeordneten Versicherten orientiert sind, 3. Anreize zu Risikoselektion verringern, 4. keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen und 5. 50 bis 80 insbesondere kostenintensive chronische Krankheiten und Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf der Auswahl der Morbiditätsgruppen zugrunde legen. Dem entsprechend bestimmt § 29 Nr 1 RSAV, dass vom Berichtsjahr 2009 an abweichend von § 2 Abs 1 und 2 RSAV folgende Risikomerkmale der Versichertengruppenabgrenzung zu Grunde zu legen sind: die Morbiditätsgruppen eines vom BVA festgelegten Versichertenklassifikationsmodells, das auf der Grundlage von Diagnosen und Arzneimittelwirkstoffen Risikozuschläge ermittelt und das auf Klassifikationsmodellen aufbaut, deren Einsatzfähigkeit in der GKV wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden ist. § 31 Abs 1 RSAV konkretisiert dies dahingehend, dass die nach § 29 Nr 1 RSAV vorzunehmende Auswahl des Versichertenklassifikationsmodells und seine Anpassung an die Gegebenheiten der GKV so zu erfolgen haben, dass keine Anreize für medizinisch nicht gerechtfertigte Leistungsausweitungen geschaffen und Anreize zur Risikoselektion vermieden werden. Das nach S 1 an die GKV angepasste Versichertenklassifikationsmodell ist anhand von 50 bis 80 Krankheiten zu filtern und prospektiv auszugestalten. Bei der Auswahl der in S 2 genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden. Die Krankheiten sollen eng abgrenzbar sein.

36

cc) Das BVA wählte innerhalb seines vorgegebenen Regelungsrahmens ermessensfehlerfrei 80 Krankheiten aus. Hierbei musste es sich nicht auf besonders teure und zugleich singuläre Erkrankungsfälle beschränken, sondern durfte auch - wie geschehen - sog "Volkskrankheiten" einbeziehen (dazu aaa). Das komplexe Versichertenklassifikationsmodell des BVA baut auf wissenschaftlich fundierten Klassifikationsmodellen auf (dazu bbb). Das BVA durfte hierbei von den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats abweichen (dazu ccc).

37

aaa) Die vom BVA getroffenen Festlegungen der 80 Krankheiten, die Zuschläge auslösen (vgl Bekanntgabe vom 13.5.2008; Änderungsbekanntgaben vom 2.3.2009 und vom 8.3.2010; Berichtigung vom 18.3.2010), beachten die spezifischen Vorgaben der Regelungen des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und des § 31 Abs 1 S 2 bis 4 RSAV. Wortlaut und Binnensystematik dieser Regelungen sind für die getroffene Auswahl offen (dazu 1). Die betroffenen Festlegungen entsprechen in besonderer Weise der Entstehungsgeschichte, dem Regelungssystem und dem Reglungszweck des RSA (dazu 2).

38

(1) Dem oben dargelegten Wortlaut des § 268 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V und den Worten des § 31 Abs 1 S 2 und 3 RSAV ist zu entnehmen, dass es bei Konkretisierung der "Krankheiten" als Krankheitsentitäten, die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nach Maßgabe standardisierter, auf Morbiditätsgruppen bezogener Leistungsausgaben zur Folge haben, um behandlungsbedürftige Zustände Versicherter gehen muss, die einen herausgehobenen Behandlungsbedarf auslösen(vgl auch Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 Nr 6). Bei der "Auswahl" der "genannten Krankheiten sollen insbesondere Krankheiten mit schwerwiegendem Verlauf und kostenintensive chronische Krankheiten, bei denen die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versicherten die durchschnittlichen Leistungsausgaben aller Versicherten um mindestens 50 vom Hundert übersteigen, berücksichtigt werden" (§ 31 Abs 1 S 3 RSAV). Das Kriterium der Mindestüberschreitung macht die Umschreibung der Fälle mit zu erwartenden hohen Leistungsausgaben handhabbar. "Die Krankheiten sollen" zudem "eng abgrenzbar sein" (§ 31 Abs 1 S 4 RSAV). Dies erfordert nicht, dass jede Krankheit im RSA-Sinn ganz oder teilweise durch ICD-10-Diagnosen definiert ist, die im einzelnen Behandlungsfall typischerweise einen schwerwiegenden Verlauf oder Chronizität beinhalten (zulässig deshalb zB Krankheit Nr 58 - Hypertonie).

39

(2) Der zum 1.1.2009 eingeführte RSA verfolgt das Ziel, in der Versichertenstruktur liegende Risiken in breitem Umfang zu erfassen (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines RSA-ReformG, BT-Drucks 14/6432 S 10). Es sind grundsätzlich alle von den KKn nicht steuerbaren Morbiditätsrisiken auszugleichen, um eine Vergleichbarkeit der Effizienz und Effektivität der KKn untereinander trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen und Risikostrukturen zu gewährleisten. Die Festlegungen des BVA werden dem in besonderer Weise gerecht. Das gewählte Modell des BVA ließ erwarten, dass der RSA mehr als 50 vom Hundert der Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds steuert und rund 40 vom Hundert der Versicherten erfasst (vgl Glaeske in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 7, 28). Die Auswahl erstreckt sich - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 204 zu Art 38 zu Nr 6 Abs 1 - § 31 Abs 1 RSAV) - auf Krankheiten, die für das Versorgungsgeschehen von besonderer Bedeutung sind und wesentlichen Einfluss auf die Kostenbelastung der KKn haben. Weil ein solches Modell verspricht, die Risikoselektion wirksam einzuschränken, hob der Gesetzgeber die zuvor geltenden, für diesen Zweck nur einen unwesentlichen Beitrag leistenden, aber verwaltungsaufwändigen Regelungen eines Risiko- oder Hochrisikopools (§ 269 SGB V aF) mit dem GKV-WSG auf (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 169 zu Art 1 Nr 181, zu Buchst c, unter Hinweis auf Endbericht Klassifikationsmodelle 2004, S 219 f). Die (vorläufige) Beschränkung auf 50 bis 80 Krankheiten sollte bloß dazu dienen, "nicht vorhersehbare Verwerfungen in der Übergangsphase zu vermeiden" (vgl Begründung zu Art 38 Nr 6 GKV-WSG-Entwurf BT-Drucks 16/3100 S 204).

40

bbb) Das vom BVA festgelegte, vorstehend beschriebene Versichertenklassifikationsverfahren erfüllt die Voraussetzungen des § 29 Nr 1 RSAV. Es handelt sich um ein HCC(Hierarchical Coexisting Conditions)-Modell. HCC-Modelle sind wissenschaftlich untersucht und nach dem Untersuchungsergebnis bei der dargelegten zutreffenden Sicht des rechtlichen Gestaltungsrahmens in der GKV einsatzfähig (vgl Busse/Drösler/Glaeske/Greiner/Schäfer/Schrappe, Wissenschaftliches Gutachten für die Auswahl von 50 bis 80 Krankheiten zur Berücksichtigung im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich , S 14 ff; s ferner zur Bestandsaufnahme der Modelle zur morbiditätsorientierten Gruppierung: Reschke/Sehlen/Schiffhorst/Schräder/Lauterbach/Wasem, Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich, Endbericht 2004, 2005, , S 49 ff, insbesondere S 71 ff; zur Bewertung der Klassifikationsmodelle im Einzelnen: S 130 ff, insbesondere S 135). Seine Einsatzfähigkeit in der GKV ist in diesem Sinne wissenschaftlich bestätigt.

41

ccc) Das BVA war nicht an die Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des HCC-Modells und der Prävalenzbewertung gebunden. Das BVA hat die Empfehlungen seines Wissenschaftlichen Beirats lediglich bei seinem Gestaltungsermessen zu berücksichtigen. Nicht der Beirat, sondern das BVA hat die Entscheidungskompetenz. Der Wissenschaftliche Beirat wird nur gutachtlich beratend tätig. Das BVA kann aus sachgerechten Gründen von den Empfehlungen abweichen. Dementsprechend hat der Wissenschaftliche Beirat lediglich einen Vorschlag für die Anpassung des Klassifikationsmodells an die GKV zu unterbreiten und ein Verfahren zu seiner laufenden Pflege vorzuschlagen, bis zum 31.10.2007 ein Gutachten zu erstatten, in dem die hier relevanten Krankheiten ausgewählt werden und die Auswahl dieser Krankheiten in regelmäßigen Abständen zu überprüfen (§ 31 Abs 2 S 1 RSAV). Das BVA hat dagegen auf der Grundlage der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats - hier: Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - die Festlegungen zu treffen (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV).

42

Die "Festlegungen" genügen diesen Anforderungen. Das BVA berücksichtigte - abweichend vom Gutachten Krankheitsauswahl 2007 - in erster Linie zur Plausibilisierung vertragsärztlicher Diagnosen und in zweiter Linie zur Separierung bestimmter Krankheitsverläufe (vgl Erläuterungen zur Festlegung von Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus, Regressionsverfahren und Berechnungsverfahren durch das BVA, S 3 und 5) auch Arzneimittelwirkstoffe in seinem Klassifikationsmodell. Es folgte auch aus Sachgründen nicht der im Gutachten Krankheitsauswahl 2007 vorgeschlagenen Abschwächung des Einflusses der Krankheitshäufigkeit durch eine nur logarithmische Gewichtung der Prävalenz. Es durfte den wertungsoffenen Zielkonflikt zwischen Kosten der Krankheit je Behandlungsfall und Kosten der Krankheit für das GKV-System zugunsten des letzteren auflösen, indem es mathematisch die Logarithmusfunktion durch die Wurzelfunktion ersetzte. Die von ihm ausgewählten Krankheiten erfüllen die ansonsten im Gutachten operationalisierten Kriterien für "schwerwiegend" und "kostenintensiv chronisch" und die 150 %-Grenze weiterhin (vgl Göpffarth in Jahrbuch Risikostrukturausgleich 2008, 2009, S 101, 108).

43

c) Die aufgezeigten Rechtsgrundlagen des ab 2009 anzuwendenden RSA sind verfassungsgemäß. Zu Recht ziehen die Beteiligten ihre formelle Verfassungsmäßigkeit nicht in Zweifel. Die Rechtsgrundlagen verstoßen aber auch nicht gegen das Willkürverbot als objektives, bei der Ausgestaltung des RSA zu beachtendes Rechtsprinzip (BVerfGE 113, 167, 262 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 211). Es ist erst verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt erst vor, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl BVerfGE 89, 132, 141 = SozR 3-4100 § 186c Nr 1 S 5 mwN). Bei der Beurteilung künftiger Sachverhalte und Entwicklungen steht dem Gesetzgeber grundsätzlich eine Einschätzungsprärogative zu (vgl BVerfGE 68, 193, 220 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 4; BVerfG SozR 3-2500 § 311 Nr 1 S 5). Der Gesetzgeber überschritt seinen Prognose- und Beurteilungsspielraum vorliegend nicht.

44

Das BVerfG hat sogar unter Anlegung eines weitergehenden Prüfmaßstabs die neuen Regelungen zum Versichertenklassifikationssystem nach Morbiditätsgruppen - ebenso wie die ursprünglichen RSA-Regelungen - in Würdigung sowohl ihrer Zielsetzung als auch ihrer Mittel als verfassungskonform angesehen (BVerfG Beschluss vom 18.7.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167, 231 ff, 263 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 122 ff, 216; vgl zur Nichtanwendbarkeit der Art 104a ff GG und zur Vereinbarkeit mit Art 120 Abs 1 S 4 GG BVerfGE 113, 167, 195 ff, 199 ff, 207 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 39 ff, 49 ff, 62 ff).

45

Der Gesetzgeber beachtete entgegen der Auffassung der Klägerin insbesondere das Ziel, für die zum 1.1.2009 in Kraft tretenden Regelungen des RSA im Interesse der Gleichbehandlung aller Systembeteiligten auf valide Daten zurückzugreifen, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen. Der Gesetzgeber war bei der konkreten Auswahl der Ausgleichsfaktoren und der Ausgleichstechnik für den RSA berechtigt, lediglich solche Faktoren zu berücksichtigen, von denen er prognostizieren konnte, dass sie eine quantitativ gewichtige Auswirkung auf die Leistungsausgaben haben (ähnlich BVerfGE 113, 167, 234 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 133 f unter der hier nicht relevanten beitragsrechtlichen Perspektive). Er durfte - wie geschehen - in den Blick nehmen, dass die ausgleichsrelevanten Daten überhaupt verfügbar sind oder mit vertretbarem Aufwand beschafft werden können. Der sachliche Gesichtspunkt der praktischen Machbarkeit eines Finanzausgleichs innerhalb der GKV rechtfertigte Regelungen, die sicherstellen, dass ein solcher Finanzausgleich überhaupt mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann (vgl BVerfGE 113, 167, 236 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 136 f).

46

Zudem durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass § 268 SGB V in ein normatives Umfeld eingebettet ist, welches die Gleichheit auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges der Datenerhebung im Verwaltungsvollzug prinzipiell gewährleistet. Er konnte sachgerecht in Rechnung stellen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften, die zudem der Rechtsaufsicht unterliegen, für eine rechtmäßige Datenerhebung Sorge tragen, soweit sie hiermit betraut sind. Ebenso konnte er davon ausgehen, dass die Leistungserbringer unter Berücksichtigung ihrer sanktionsbewehrten Pflichten grundsätzlich zutreffende Daten zur Verfügung stellen und Fehler typischerweise nicht systematisch zum Nachteil einer einzelnen KK oder einer KK-Gruppe auftreten. Beispielsweise haben Vertragsärzte regelmäßig kein gesteigertes ökonomisches Interesse daran, unter Verletzung ua vertragsärztlicher Pflichten wissentlich falsche Diagnosen zu kodieren, obwohl sie sich damit strafbar machen können. Es wäre schlechthin absurd, dem Gesetzgeber die Unterstellung abzuverlangen, dass KKn als öffentlich-rechtliche Körperschaften rechtswidrig (vgl dazu Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 189 f) systematisch versuchen, zunächst erhobene Diagnosedaten in ihrem Sinne nachträglich ändern zu lassen, um Vorteile im RSA zu erlangen (so auch Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich vom 22.6.2011 - Endfassung - S 173 unter Hinweis auf Glaeske/Göpffarth/Otto, Gesundheits- und Sozialpolitik 60 <5-6>, 59).

47

Der Gesetzgeber hat entgegen der Auffassung der Klägerin auf gleichwohl zutage getretene Missstände mit § 268 Abs 3 S 2 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11a Buchst a und e Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990, mWv 23.7.2009) rechtzeitig reagiert. Danach dürfen, sofern die Erhebung nach S 1 Nr 1 bis 7 Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen beinhaltet, ausschließlich solche verarbeitet oder genutzt werden, die von den KKn nach den §§ 294 bis 303 SGB V erhoben wurden(vgl Begründung in Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94). Eine nachträgliche Datenbearbeitung - insbesondere im Zusammenwirken von KKn und Ärzten, die die Diagnosen ursprünglich kodierten - ist seither ausgeschlossen. Die Beachtung dieser Vorgaben wird durch die Neufassung des § 273 SGB V(idF durch Art 15 Nr 11b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990) flankiert, der dem BVA ein bei ihm zentralisiertes, dort näher ausgestaltetes Überprüfungsrecht einräumt (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 94 f), das in der Sache eine "erweiterte Plausibilitätsprüfung" ist (Göpffahrt/Sichert, KrV 2009, 186, 190).

48

Soweit die Klägerin demgegenüber auf einzelne abweichende Beispiele verweist, ist dies schon im Ansatz ungeeignet, unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers eine evidente Unsachlichkeit der Datenerhebungsregelung zu belegen. Das betrifft etwa das Vorbringen, dass einzelne KKn auf unterschiedliche Weise versucht haben (vgl dazu Göpffarth/Sichert, KrV 2009, 186 f mwN in Fn 4 bis 8 und 10; s ferner Evaluationsbericht, S 173), gezielt in ihrem Sinne auf das Kodierverhalten von Vertragsärzten Einfluss zu nehmen. Vergleichbar ist der Aufruf des Bayerischen Hausärzteverbandes (Rundfax vom 16.12.2008), im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit der AOK Bayern nur die kodierten Diagnosen der Versicherten dieser KK zu überprüfen, um den Zuweisungsanteil der KK durch RSA-relevante Diagnosen zu erhöhen, ein Einzelfall geblieben.

49

Die Klägerin kann im Ergebnis auch nichts für sich daraus ableiten, dass die Bewertung der in anderem Zusammenhang erfolgten Kodierpraxis (morbiditätsorientierte Gesamtvergütung, § 87a Abs 3 SGB V) erhebliche Zweifel daran aufgeworfen hat, dass dort die vertragsärztlichen Diagnosen ein vollständig zutreffendes Bild von der tatsächlichen oder tatsächlich behandelten Morbidität geben (vgl IGES Institut, Bewertung der Kodierqualität von vertragsärztlichen Diagnosen - Eine Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbands in Kooperation mit der BARMER GEK - vom 3.12.2012; im Folgenden IGES-Studie). Die Studie behauptet selbst keine RSA-relevante systematische Verzerrung, zumal sie die RSA-spezifischen Gesamtauswirkungen festgestellter gleichzeitiger "Über-" und "Unterkodierung" nicht in den Blick nimmt. So bleibt unklar, ob und inwieweit RSA-relevante falsch-positive und falsch-negative Effekte durch Kodierungsmängel - bezogen auf die einzelne KK - sich gegenseitig aufheben. Obendrein besteht nicht einmal auf fachwissenschaftlicher Ebene Konsens über gravierende Kodierungsmängel. So bestätigt die differenzierte, vorsichtigere Bewertung im Evaluationsbericht (S 174 ff) das in der IGES-Studie gefundene Ergebnis nicht.

50

Der Gesetzgeber hat im Übrigen bei der Einführung der Änderungen des RSA zum 1.1.2009 übersehene, gemessen am gesamten Leistungsaufkommen kaum ins Gewicht fallende Datenübermittlungslücken umgehend geschlossen. So schuf er für Abrechnungen der Hochschulambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren, der Fach- und Spezialambulanzen der Kinderkliniken und der Krankenhäuser mit Kinderabteilungen, die unmittelbar mit den KKn durchgeführt werden, Grundlagen, um sie in die elektronische Datenübertragung oder den maschinell verwertbaren Datenträgeraustausch einzubeziehen (Verweisung auf § 295 Abs 1b S 1 SGB V im Rahmen der Änderung des § 120 Abs 1a S 3 und 4 und Abs 3 S 3 und 4 SGB V idF durch Art 15 Nr 6a Buchst a und Buchst b Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Zwar trat die Regelung erst zum 1.1.2010 in Kraft. Dies beruht aber auf dem sachlichen Grund, dass die Verpflichtung zur Übermittlung der Daten per Datenträgeraustausch nicht sofort realisierbar war und der Gesetzgeber den Beteiligten Vorbereitungen für die Datenübermittlung per Datenträgeraustausch ermöglichen musste (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/13428 S 91).

51

Der Gesetzgeber konnte bei dieser Gesamtlage im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auch davon absehen, zunächst eingeleitete weitere Schritte zur Verbesserung der Datenqualität fortzusetzen. So konnte er die Vorgaben des § 295 Abs 3 SGB V(zunächst S 2 und S 3 idF durch Art 1 Nr 167 Buchst f Doppelb bb Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, GKV-Modernisierungsgesetz - GMG, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004; sodann geändert idF durch Art 1 Nr 198 Buchst d Doppelb bb GKV-WSG) später ersatzlos streichen (vgl Art 1 Nr 80 Buchst d Doppelb bb Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG, BGBl I 2983) mit dem Ziel, Überregulierungen im vertragsärztlichen Vergütungssystem abzubauen (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 98).

52

3. Die Beklagte wendete die Festlegungen des BVA rechtmäßig an (zur Nichtberücksichtigung des Korrekturdatensatzes der Satzart 500 unten 4.). Der Jahresausgleichsbescheid 2009 begegnet auch in seinen tatsächlichen Grundlagen und den darauf gestützten Berechnungen keinen durchgreifenden Bedenken. Der erkennende Senat kann im Revisionsverfahren von der Richtigkeit der im Jahresausgleichsbescheid genannten und vom LSG zugrunde gelegten Zahlen sowie der sie abbildenden Rechenvorgänge ausgehen. Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachenbehauptungen, Beweisanregungen, Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der Amtsermittlungsgrundsatz keine Pflicht der Gerichte, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht ihre Grenze an der Mitwirkungslast der Verfahrensbeteiligten (vgl BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 24; BSG Urteil vom 7.5.1998 - B 11 AL 81/97 R - Juris RdNr 20; vgl auch Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2012, Vor § 103 Anm 1. A. II.; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2013, § 103 RdNr 19; Roller in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 103 RdNr 8; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Januar 2013, § 103 Anm 2 c). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - beide Beteiligten, die Klägerin als eine der größten KKn Deutschlands und die Beklagte in Gestalt des BVA, die ihrerseits dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet sind, eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen (vgl zu Rechenzentren von Apothekenverbänden und KKn BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 17).

53

4. Die Beklagte lehnte es auch rechtmäßig ab, den nach dem 15.6.2010 übermittelten Korrekturdatensatz (Satzart 500, Daten der Krankenhausversorgung) für das Berichtsjahr 2008 zu berücksichtigen und insoweit der Klägerin höhere Zuweisungen zuzuerkennen (nach deren Berechnungen rund 3,9 Mio Euro). Der GKV-Spitzenverband ließ ermächtigungskonform in seiner Satzung die Möglichkeit zur Abgabe von korrigierten Datenmeldungen nur bis zum 15. Juni des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres zu. Die Beklagte durfte die nach dem 15.6.2010 und vor dem 16.8.2010 ihr zugegangene Korrekturmeldung der Klägerin für das Berichtsjahr 2008 nicht berücksichtigen. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte gewährt § 30 Abs 4 S 2 RSAV den KKn keinen Anspruch auf Korrekturmeldungen bis einschließlich zum 15. August des dem Berichtsjahr folgenden zweiten Jahres (dazu a), sondern eröffnet nur einen äußersten zeitlichen Endpunkt für Datenberichtigungen, wie sich aus Entstehungsgeschichte und Regelungszweck des § 30 Abs 3 RSAV ergibt(dazu b). Der Spitzenverband Bund der KKn (§ 217a SGB V; Aufgabenzuständigkeit seit 1.7.2008, § 217f Abs 1 SGB V; Name im Rechts- und Geschäftsverkehr laut § 1 Abs 1 S 2 Satzung: GKV-Spitzenverband) konnte danach auch im Einvernehmen mit dem BVA wirksam nach § 27 Abs 2 Bestimmung des GKV-Spitzenverbandes nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V(idF vom 29.3.2010; im Folgenden: RSA-SpiBu-Bestimmung) verbindlich gegenüber den KKn anordnen, dass die Korrekturmeldung gemäß § 30 Abs 4 S 2 RSAV bis zum 15. Juni des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres an das BVA zu erfolgen hat (dazu c). Die Beklagte war - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht befugt, Ermessen auszuüben und den Korrekturdatensatz gleichwohl beim Jahresausgleichsbescheid 2009 mit der Rechtsfolge einer höheren Zuweisung zu berücksichtigen. Ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs liegt nicht vor (dazu d).

54

a) Nach § 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495, mWv 30.10.2007 bis 11.6.2010, und idF durch Art 1 Nr 1 Buchst b 21. RSA-ÄndV vom 4.6.2010, BGBl I 753 - Mitaufnahme der Nr 8 und 9 des § 30 Abs 1 RSAV) werden die Datenmeldungen nach § 30 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 6 sowie 8 und 9 beginnend mit dem Berichtsjahr 2006 bis zum 15. August des zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahres durch eine neue Meldung korrigiert. Nr 5 des § 30 Abs 1 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) erfasst die bei Krankenhausentlassung maßgeblichen Haupt- und Nebendiagnosen nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 7 in der Verschlüsselung nach § 301 Abs 2 S 1 SGB V. Datentechnisch handelt es sich dabei um die Satzart 500. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers, eine derartige Regelung zu treffen, ergibt sich aus § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V. Hiernach regelt das BMG ua das Nähere über das Verfahren des RSA sowie die Festsetzung der Stichtage und Fristen nach § 267 SGB V. Es hat seinen Regelungsauftrag in ausreichendem Umfang wahrgenommen, indem es in § 30 Abs 4 S 2 RSAV einen zeitlichen Endpunkt - den 15. August - für Korrekturmeldungen festgelegt hat.

55

§ 30 Abs 4 S 3 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) sah nur einmalig, nämlich für das Berichtsjahr 2006, einen Korrekturanspruch bis 15.8.2008 vor, um es den KKn trotz etwaiger Schwierigkeiten in der Startphase der Datenerhebung leichter zu machen, einen korrekten Datensatz zu übermitteln (vgl auch Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8). Art 1 Nr 9 15. RSA-ÄndV hat aus dieser als Übergangsregelung geschaffenen Vorschrift eine Dauerregelung gemacht (§ 30 Abs 4 S 2 RSAV). Allerdings hat sich der Sinn der Regelung dadurch verschoben, dass die Regelung den KKn nicht länger eine Option eröffnet, eine Austauschmeldung (Korrekturmeldung) abzugeben. Vielmehr handelt es sich um "eine neue Informationspflicht der Verwaltung. Durch die regelmäßige Austauschmeldung in dem zweiten auf das Berichtsjahr folgenden Jahr können noch etwaige Korrekturen berücksichtigt und somit die Datengrundlage und die Datenqualität für den Jahresausgleich insgesamt verbessert werden" (Begründung des BMG zum Entwurf einer 15. RSA-ÄndV, BR-Drucks 603/07 S 22 f). Hiernach hat die Regelung im Interesse eines korrekten Jahresausgleichs einen nur objektiv-rechtlichen Gehalt.

56

b) § 30 Abs 4 S 2 RSAV(idF durch Art 1 Nr 9 Buchst a 15. RSA-ÄndV vom 23.10.2007, BGBl I 2495) ist im Verhältnis zu dem ebenfalls auf der Grundlage des § 266 Abs 7 S 1 Nr 6 und 7 SGB V ergangenen § 30 Abs 3 S 1 RSAV(idF durch Art 1 Nr 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224) nicht die speziellere, abschließende Regelung. § 30 Abs 3 S 1 RSAV sieht vor, dass die Spitzenverbände der KKn im Einvernehmen mit dem BVA in der Vereinbarung nach § 267 Abs 7 Nr 1 und 2 SGB V das Nähere über die Erhebung nach § 30 Abs 1 S 1 RSAV vereinbaren; ua betrifft das die Satzart 500. Der Vorrang des § 30 Abs 3 S 1 RSAV folgt wiederum aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Die Begründung des 14. RSA-ÄndV-Entwurfs macht deutlich, dass der Verordnungsgeber Regelungen nach § 30 Abs 3 RSAV für effektiver ("gezielter und zeitnäher") hält, als die Änderung der RSAV, um den sich im Zeitablauf verändernden spezifischen technischen Gegebenheiten der KKn bestmöglich Rechnung tragen zu können. Eingeschlossen in die Regelungsbefugnis soll nicht nur die Festlegung der näheren technischen, sondern auch der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben für Datenerhebungen durch die Spitzenverbände der KKn sein (vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 14. RSA-ÄndV, BR-Drucks 716/06 S 8).

57

c) Die aufgrund § 30 Abs 3 S 1 RSAV getroffene RSA-SpiBu-Bestimmung ist als vom GKV-Spitzenverband erlassene Satzung auch für die KKn nach § 217e Abs 2 SGB V verbindlich. Hiernach sind Regelungen (Verträge und sonstige Entscheidungen), die der GKV-Spitzenverband in seinem Kompetenzbereich (hier § 217f Abs 1 SGB V iVm § 30 Abs 3 RSAV) trifft, gegenüber allen KKn verbindlich (zum Satzungsrecht als von staatlicher Ermächtigung abgeleitete Rechtsquelle vgl Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S 196 ff; zu der weiteren - hier vorliegenden - Voraussetzung, dass Normunterworfene grundsätzlich verbandsangehörige Personen - hier die KKn - sein müssen, vgl BVerfGE 10, 20, 49 f; BVerfGE 33, 125, 156 f).

58

d) Die Beklagte durfte vor Erlass des Jahresausgleichsbescheids 2009 nicht nach eigenem Ermessen zugunsten der Klägerin von § 27 Abs 2 RSA-SpiBu-Bestimmung abweichen. § 30 Abs 4 S 4 RSAV(idF durch Art 1 14. RSA-ÄndV vom 18.12.2006, BGBl I 3224, mWv 22.12.2006; der spätere Halbs 1) eröffnete der Beklagten kein Ermessen. Die Regelung bestimmt strikt, dass Daten, die dem BVA nicht termingerecht übermittelt werden, bei der Ermittlung der Risikomerkmale und Risikozuschläge nach § 29 Nr 1 und 2 RSAV nicht berücksichtigt werden. Zwar hat Art 1 Nr 2 Buchst b 19. RSA-ÄndV (vom 11.3.2009, BGBl I 497, mWv 18.3.2009) § 30 Abs 4 S 4 RSAV um einen weiteren Halbs ergänzt, wonach bei den Risikogruppen nach § 29 Nr 3 RSAV (Alters- und Geschlechtsgruppen) die Versicherungszeiten des Vorjahres unter Berücksichtigung der Mitgliederentwicklung und eines angemessenen Sicherheitsabzugs zugrunde gelegt werden können. Aus der Begründung des 19. RSA-ÄndV-Entwurfs (vgl Begründung des BMG, BR-Drucks 86/09 S 6) geht jedoch hervor, dass fehlerhafte oder nicht termingerecht von den KKn übermittelte Daten bei der Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen und zu dem Merkmal der Erwerbsminderung nicht zu berücksichtigen sind. Das BVA erhielt die Befugnis zu einer Ermessenentscheidung, verspätet gelieferte Daten zu berücksichtigen, erst ab 26.10.2012 (Änderung des bisherigen § 30 Abs 4 S 4 RSAV durch Art 1 Nr 2 Buchst c Doppelb bb 24. RSA-ÄndV vom 12.10.2012, BGBl I 2228).

59

5. Die Verpflichtung der Klägerin, 67 640 492,77 Euro in gleichmäßigen monatlichen Raten ab Januar 2011 zurückzuzahlen, ist rechtmäßig (§ 272 SGB V idF durch Art 1 Nr 14b Buchst b GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426, mWv 1.1.2009, iVm § 41 Abs 4a RSAV idF durch Art 1 22. RSA-ÄndV vom 8.11.2010, BGBl I 1497, mWv 12.11.2010; vgl Begründung des BMG zum Entwurf einer 22. RSA-ÄndV, BR-Drucks 578/10 S 2 ff; umfassend zu § 272 SGB V und den §§ 33 ff RSAV BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 3/14 R - RdNr 20 ff, für BSGE und SozR vorgesehen).

60

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Ergänzend zum Risikostrukturausgleich gemäß § 266 werden die finanziellen Belastungen für aufwendige Leistungsfälle teilweise über einen Risikopool ausgeglichen. Übersteigt die Summe der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Versicherten bei einer Krankenkasse innerhalb eines Ausgleichsjahres den Schwellenwert nach Satz 3, werden 80 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags über den Risikopool ausgeglichen. Der Schwellenwert beträgt 100 000 Euro und ist in den Folgejahren anhand der jährlichen Veränderungsrate der im Risikopool ausgleichsfähigen Leistungsausgaben je Versicherten anzupassen.

(2) Im Risikopool sind die Leistungsausgaben ausgleichsfähig, die bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen sind, abzüglich der Aufwendungen für Krankengeld nach den §§ 44 und 45.

(3) Bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 und 6 sind die Leistungsausgaben, die im Risikopool ausgeglichen werden, nicht bei der Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 zu berücksichtigen.

(4) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse den Ausgleichsbetrag nach Absatz 1 Satz 2 und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. § 266 Absatz 6 Satz 3, Absatz 7 Satz 3, 6 und 7 sowie Absatz 9 gilt für den Risikopool entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 das Nähere über

1.
die jährliche Anpassung des Schwellenwertes,
2.
die Berechnung und die Durchführung des Risikopoolverfahrens sowie
3.
die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikopoolverfahrens erforderlichen Rechenwerte.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung verwaltet als Sondervermögen (Gesundheitsfonds) die eingehenden Beträge aus:

1.
den von den Einzugsstellen nach § 28k Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches und nach § 252 Abs. 2 Satz 3 eingezogenen Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung,
2.
den Beiträgen aus Rentenzahlungen nach § 255,
3.
den Beiträgen nach § 28k Abs. 2 des Vierten Buches,
4.
der Beitragszahlung nach § 252 Abs. 2 und
5.
den Bundesmitteln nach § 221.
Die Mittel des Gesundheitsfonds sind so anzulegen, dass sie für den in den §§ 266, 268 und 270 bis 271 genannten Zweck verfügbar sind. Die im Laufe eines Jahres entstehenden Kapitalerträge werden dem Sondervermögen gutgeschrieben.

(1a) Die eingehenden Beträge nach Absatz 1 Satz 1 sind, soweit es sich dabei um Zusatzbeiträge nach § 242 handelt, für die Durchführung des Einkommensausgleichs nach § 270a zu verwenden. Sie sind dem Bundesamt für Soziale Sicherung als Verwalter der eingehenden Beträge aus den Zusatzbeiträgen nachzuweisen.

(2) Der Gesundheitsfonds hat liquide Mittel als Liquiditätsreserve vorzuhalten. Aus der Liquiditätsreserve sind unterjährige Schwankungen in den Einnahmen, nicht berücksichtigte Einnahmeausfälle in den nach § 242a Absatz 1 zugrunde gelegten voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds und die erforderlichen Aufwendungen für die Durchführung des Einkommensausgleichs nach § 270a zu decken. Die Höhe der Liquiditätsreserve muss nach Ablauf eines Geschäftsjahres mindestens 20 Prozent der durchschnittlich auf den Monat entfallenden Ausgaben des Gesundheitsfonds auf Grundlage der für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a maßgeblichen Werte für dieses Geschäftsjahr betragen. Sie darf nach Ablauf eines Geschäftsjahres einen Betrag von 25 Prozent der durchschnittlich auf den Monat entfallenden Ausgaben des Gesundheitsfonds auf Grundlage der für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a maßgeblichen Werte für dieses Geschäftsjahr nicht überschreiten. Überschreitet die erwartete Höhe der Liquiditätsreserve abzüglich der gesetzlich vorgesehenen Entnahmen aus der Liquiditätsreserve für das Folgejahr den Betrag nach Satz 4, sind die überschüssigen Mittel in die Einnahmen des Gesundheitsfonds im Folgejahr zu überführen.

(2a) Bei Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse kann das Bundesamt für Soziale Sicherung einer leistungsaushelfenden Krankenkasse auf Antrag ein Darlehen aus der Liquiditätsreserve gewähren, wenn dies erforderlich ist, um Leistungsansprüche von Versicherten zu finanzieren, deren Mitgliedschaftsverhältnisse noch nicht geklärt sind. Das Darlehen ist innerhalb von sechs Monaten zurückzuzahlen. Das Nähere zur Darlehensgewährung, Verzinsung und Rückzahlung regelt das Bundesamt für Soziale Sicherung im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(3) Reicht die Liquiditätsreserve nicht aus, um alle Zuweisungen nach den §§ 266, 268, 270 und 270a zu erfüllen, leistet der Bund dem Gesundheitsfonds ein nicht zu verzinsendes Liquiditätsdarlehen in Höhe der fehlenden Mittel. Das Darlehen ist im Haushaltsjahr zurückzuzahlen. Die jahresendliche Rückzahlung ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.

(4) Den Einnahmen des Gesundheitsfonds nach Absatz 1 Satz 1 werden im Jahr 2020 225 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve zugeführt. Den Einnahmen des Gesundheitsfonds nach Absatz 1 Satz 1 werden im Jahr 2021 900 Millionen Euro, im Jahr 2022 600 Millionen Euro und im Jahr 2023 300 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve zugeführt, um die Mindereinnahmen, die sich aus der Anwendung von § 226 Absatz 2 Satz 2 ergeben, zu kompensieren. Aus der Liquiditätsreserve werden im Jahr 2023 378 Millionen Euro entnommen; bei der Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach § 266 Absatz 7 Satz 3 für das Ausgleichsjahr 2022 ist das sich nach § 17 Absatz 2 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ergebende Zuweisungsvolumen für das Ausgleichsjahr um diesen Betrag zu erhöhen. Den Einnahmen des Gesundheitsfonds nach Absatz 1 Satz 1 werden im Jahr 2024 378 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve zugeführt.

(5) Zur Finanzierung der Fördermittel nach § 92a Absatz 3 und 4 werden dem Innovationsfonds aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds in den Jahren 2016 bis 2019 jährlich 150 Millionen Euro und in den Jahren 2020 bis 2024 jährlich 100 Millionen Euro, jeweils abzüglich der Hälfte des anteiligen Betrages der landwirtschaftlichen Krankenkasse gemäß § 221 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 zugeführt; Finanzmittel aus der Liquiditätsreserve werden nach § 92a Absatz 3 Satz 4 und 6 anteilig an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zurückgeführt.

(6) Zur Finanzierung der Fördermittel nach den §§ 12 und 12a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes werden dem Strukturfonds aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ab dem Jahr 2016 Finanzmittel in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro und in den Jahren 2019 bis 2024 Finanzmittel in Höhe von insgesamt bis zu 2 Milliarden Euro, jeweils abzüglich des anteiligen Betrags der landwirtschaftlichen Krankenkasse gemäß § 221 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und Satz 5 und 6 zugeführt, soweit die Fördermittel von den Ländern nach Maßgabe der §§ 12 bis 14 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes abgerufen werden.

(7) Die dem Bundesamt für Soziale Sicherung bei der Verwaltung des Fonds entstehenden Ausgaben einschließlich der Ausgaben für die Durchführung und Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs werden aus den Einnahmen des Gesundheitsfonds gedeckt.

(8) Der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds werden im Jahr 2023 25 Millionen Euro zugeführt, indem das Zuweisungsvolumen gemäß § 17 Absatz 2 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung für das Ausgleichsjahr 2023 um 25 Millionen Euro bereinigt wird. Das Bundesamt für Soziale Sicherung berücksichtigt diese Bereinigung bei der Berechnung der Zuweisungen nach § 270 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3.

(1) Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.

(2) Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.

(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.

(4) Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. Dabei bleiben außer Betracht

1.
die von Dritten erstatteten Ausgaben,
2.
Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.

(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich

1.
Anreize zu Risikoselektion verringern und
2.
keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt

1.
die Höhe der standardisierten Leistungsausgaben aller am Ausgleich beteiligten Krankenkassen je Versicherten, getrennt nach Risikogruppen nach Absatz 2, und
2.
die Höhe der risikoadjustierten Zu- und Abschläge.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.

(7) Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte,
2.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden,
2a.
die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten,
2b.
die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale,
3.
die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten,
4.
die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs,
5.
die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen,
6.
das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten,
7.
die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12,
8.
die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10,
9.
die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274.
Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.

(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.

(10) Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.

(11) Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.

(12) Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.

(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt für jede Krankenkasse im Voraus für ein Ausgleichsjahr den Betrag, um den die monatlichen Zuweisungen für jede Krankenkasse zu verändern sind. Das Bundesamt für Soziale Sicherung zieht dazu von dem Zuweisungsvolumen nach Absatz 2 die Ausgaben nach Absatz 3 ab und teilt das Ergebnis durch die voraussichtliche jahresdurchschnittliche Zahl der Mitglieder aller Krankenkassen und durch die Zahl 12. Das Ergebnis nach Satz 2 wird für jede Krankenkasse mit der Zahl ihrer Mitglieder, die zum Ersten eines Monats in der Monatsstatistik des Vorvormonats gemeldet ist, vervielfacht.

(2) Das Zuweisungsvolumen für das Ausgleichsjahr ergibt sich aus der Höhe der voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds auf Grundlage der für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags nach § 242a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Werte für das Ausgleichsjahr. Diese werden um die für den Aufbau der Liquiditätsreserve nach § 271 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgesehenen Einnahmen, die Ausgaben nach § 8 Absatz 3 Satz 4 und nach § 16 Absatz 6, die Kosten nach § 28q Absatz 1a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sowie die nach § 137g Absatz 1 Satz 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für die Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme entstehenden Vorhaltekosten bereinigt.

(3) Die maßgeblichen Ausgaben ergeben sich aus der Höhe der voraussichtlichen standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zuzüglich der Höhe der voraussichtlichen standardisierten sonstigen Ausgaben nach § 270 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aller Krankenkassen.

(4) Die Bekanntmachung der vom Bundesamt für Soziale Sicherung für das Folgejahr ermittelten Beträge erfolgt jährlich bis zum 15. November.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.