Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung zurückgewiesen worden ist, und das Urteil des Amtsgerichts Langenfeld vom 29. Mai 2013 geändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als die Beklagten verurteilt worden sind, an die Klägerin 10.807,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. November 2012 zu zahlen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Zu der Anlage der klagenden Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft gehören mehrere Gebäude, nämlich die Häuser S.         Straße 1, 3 und 5, die Hochhäuser P.        Straße 4 und 6 und schließlich eine zwischen den beiden Gebäudekomplexen gelegene Parkgarage. Gemäß § 15 Nr. 3 der Gemeinschaftsordnung (im Folgenden: GO) kann die Gemeinschaftsordnung durch eine Mehrheit von 3/4 aller vorhandenen Stimmen geändert werden.

2

§ 5 Nr. 7 GO lautet wie folgt:

„Die Eigentümergemeinschaft ist zur Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet.

(…)

Aus diesen Rücklagen werden die Kosten für größere Reparaturen und sonstige Instandhaltungsarbeiten bestritten. Falls die vorhandenen Rücklagen nicht ausreichen, die Kosten für beschlossene oder dringend notwendig gewordene Arbeiten zu decken, sind die Sondereigentümer verpflichtet, Nachschüsse im Verhältnis ihrer Beiträge zur Instandhaltungsrücklage zu leisten.

3

§ 16 GO enthält unter der Überschrift „Gesonderte Gemeinschaften“ folgende Regelung:

1. Soweit gesetzlich zulässig und wirtschaftlich tatsächlich ausscheidbar, sind

a) Wohngebäude und

b) Parkhaus

je als selbständige Einheit anzusehen und zu behandeln. Dies gilt insbesondere für Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dieser Anlagen. Es gilt ferner für die Wiederaufbauverpflichtung, Ermittlung und Verteilung der laufenden Kosten, Instandhaltungsrücklage, Eigentümerversammlung. (…)

2. (…) c) bei Beschlüssen, die nur das Parkhaus betreffen, haben nur die Sondereigentümer und Sondernutzungsberechtigten des Parkhauses Stimmrecht. Für Beschlüsse, die das Wohngebäude betreffen, haben nur die Sondereigentümer des Wohngebäudes ein Stimmrecht.

4

In der Eigentümerversammlung vom 7. Dezember 2004 wurde mit einer Mehrheit von mehr als 80 % aller vorhandenen Stimmen folgender Beschluss gefasst:

„Die Instandhaltungsrücklage der Objekte S.    Straße 1, 3 und 5 wird von den Objekten P.     Straße 4 und 6 getrennt. Die zurzeit angesammelte Instandhaltungsrücklage wird ausschließlich den Wohnungen der Häuser P.     Straße 4 und 6 zugerechnet. Die Eigentümer des Objekts S.      Straße 1, 3 und 5 verzichten auf alle Rechte hinsichtlich der bislang gebildeten Instandhaltungsrücklage. Die Eigentümer der Wohnungen S.     Straße 1, 3 und 5 werden zukünftig eine eigene Instandhaltungsrücklage i. H. von 4,50 € pro Quadratmeter im Jahr ansparen. Aufwendungen an gemeinsamen Gebäudeteilen werden gemäß den Bestimmungen der Teilungserklärung von den Häusern S.      Straße 1, 3 und 5 und P.       Straße 4 und 6 anteilig getragen. Der Wirtschaftsplan ist ab dem 1. Januar 2004 entsprechend abzuändern.“

5

In der Folgezeit wurden die Rücklagen gesondert ausgewiesen. Von 2006 bis 2011 wurden für die Einheiten der Häuser S.     Straße 1, 3 und 5 eine Instandhaltungsrücklage von 88.084 €, für die Einheiten P.    Straße 4 und 6 von 468.984,84 € angesammelt.

6

Seit dem Jahr 2010 sind die beiden Beklagten gemeinschaftliche Eigentümer aller in den Häusern S.    Straße 1, 3 und 5 belegenen Einheiten. In der Eigentümerversammlung vom 11. Oktober 2012 vertrat der Verwalter die Auffassung, dass der Beschluss vom 7. Dezember 2004 nichtig sei und die getrennten Instandhaltungsrücklagen daher zusammengeführt werden müssten. Zu TOP 6 wurde mit einfacher Mehrheit folgender Beschluss gefasst, der bestandskräftig geworden ist:

„Zur Gleichstellung der Anteilsansprüche an einer gemeinschaftlichen Instandhaltungsrücklage zum 1. Januar 2012 ist von den Eigentümern der Wohnungen 229 – 265 in der S.    Straße 1, 3 und 5 eine Zahlung von insgesamt 49.280,19 € zu erbringen und zusätzlich bis zum Inkrafttreten eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsplanes – wie unter TOP 7 vorgeschlagen – monatlich ein Betrag von 1.080,75 € insgesamt für die Wohnungen 229 – 265 auszugleichen. Die Zahlungen sind fällig am 1. November 2012.“

7

Mit der Klage verlangt die Wohnungseigentümergemeinschaft Zahlung in Höhe von 60.087,69 € nebst Zinsen (49.280,19 € zuzüglich jeweils 1.080,75 € für die Monate Januar bis Oktober 2012) von den Beklagten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat das Urteil geändert und die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 10.807,50 € nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen wenden sich die Parteien jeweils mit der zugelassenen Revision. Die Klägerin will die Zurückweisung der Berufung erreichen, während die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage insgesamt weiterverfolgen. Die Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

8

Das Berufungsgericht sieht den Beschluss vom 11. Oktober 2012 als nichtig an, soweit er die Pflicht der Beklagten begründet, für die Jahre 2006 bis 2011 Beiträge zu der Instandhaltungsrücklage nachzuzahlen. Es fehle an der erforderlichen Beschlusskompetenz. Die Höhe der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage sei durch den Beschluss vom 7. Dezember 2004 festgesetzt worden. Dieser sei wirksam, da § 16 GO dahingehend auszulegen sei, dass für die Wohngebäude und das Parkhaus Untergemeinschaften und für diese jeweils getrennte Instandhaltungsrücklagen zu bilden seien. Zwar sehe § 5 Nr. 7 GO die Ansammlung einer einheitlichen Instandhaltungsrücklage vor. Diese Bestimmung sei aber durch den Beschluss vom 7. Dezember 2004 aufgrund der Öffnungsklausel des § 15 Nr. 3 GO mit der erforderlichen Mehrheit geändert worden. Nachdem die Jahre 2006 bis 2011 verbindlich abgerechnet worden seien, könne eine Sonderumlage insoweit nicht mehr erhoben werden. Es handele sich auch nicht um einen grundsätzlich zulässigen Zweitbeschluss, weil nicht die Jahresabrechnungen abgeändert, sondern allein die Einheiten 229 bis 264 treffende Zahlungsverpflichtungen in Bezug auf bereits abgerechnete Jahre geschaffen worden seien.

9

Für die Monate Januar bis Oktober 2012 bestehe dagegen die erforderliche Beschlusskompetenz. Insoweit sei eine Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplans für das Jahr 2011/12 beabsichtigt gewesen. Dieser Teil des Beschlusses vom 11. Oktober 2012 könne gemäß § 139 BGB aufrechterhalten werden.

II.

10

Die Revision der Beklagten ist begründet, die der Klägerin dagegen unbegründet. Die Beklagten sind zur Zahlung des geforderten Betrags nicht verpflichtet, weil der Beschluss vom 11. Oktober 2012 nichtig ist und keine Verpflichtung zur Zahlung einer Sonderumlage entstehen ließ. Der Zweck der den Wirtschaftsplan ergänzenden Sonderumlage, nämlich die Schaffung einer einheitlichen, nach Miteigentumsanteilen aufgebrachten Instandhaltungsrücklage für alle Wohngebäude, ist von der Gemeinschaftsordnung nicht gedeckt. Diese sieht die Bildung getrennter Instandhaltungsrücklagen für die Gebäudekomplexe S.      Straße 1, 3 und 5 einerseits sowie P.      Straße 4 und 6 andererseits vor.

11

1. Allerdings sollte nach den vor dem 7. Dezember 2004 geltenden Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für die Wohngebäude gebildet werden.

12

a) Aufgrund der Bezugnahme im Grundbuch unterliegt die Auslegung der Gemeinschaftsordnung vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2012– V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rn. 8; Beschluss vom 29. Januar 1993– V ZB 24/92, BGHZ 121, 236, 239 mwN).

13

b) Die Auslegung der Gemeinschaftsordnung in ihrer vor dem 7. Dezember 2004 geltenden Fassung ergibt, dass für die Wohngebäude eine einheitliche Instandhaltungsrücklage zu bilden war. Dies folgt aus § 5 Nr. 7 GO. Zwar ermöglicht § 16 GO hiervon abweichend als speziellere Regelung die Bildung getrennter Instandhaltungsrücklagen, aber nur für die Wohngebäude insgesamt einerseits und für das Parkgebäude andererseits. Insoweit sollten Untergemeinschaften errichtet werden. Der Begriff „Wohngebäude“ bezeichnet in diesem Zusammenhang beide Wohngebäudekomplexe bzw. die einzelnen Wohngebäude, aus denen erstere bestehen; er wird nämlich durchgängig im Singular und ausschließlich zur Abgrenzung von dem Parkgebäude verwendet, insbesondere in § 16 Nr. 2c) GO hinsichtlich des Stimmrechtsausschlusses. Dass weitere Untergemeinschaften hinsichtlich der Wohngebäude errichtet werden sollten, lässt sich der Gemeinschaftsordnung dagegen, anders als das Berufungsgericht offenbar meint, nicht entnehmen; unter anderem fehlt es schon an einer Regelung dazu, ob nur die beiden Gebäudekomplexe oder alle einzelnen Wohngebäude als „selbständige Einheit“ im Sinne von § 16 GO anzusehen sein sollten.

14

c) Für die Wohngebäude musste folglich eine einheitliche Instandhaltungsrücklage gebildet werden. Aus dieser waren die Kosten für Reparaturen zu bestreiten, über die alle Eigentümer der in den Wohngebäuden belegenen Einheiten zu entscheiden hatten. Eine Unterscheidung danach, welchen Gebäudekomplex etwaige Kosten betrafen, sah die Gemeinschaftsordnung vor dem 7. Dezember 2004 nicht vor.

15

2. Durch den Beschluss vom 7. Dezember 2004 ist die Regelung des § 5 Nr. 7 GO geändert worden.

16

a) Hiernach waren getrennte Instandhaltungsrücklagen für die Häuser S.          Straße 1, 3 und 5 einerseits sowie P.      Straße 4 und 6 andererseits zu bilden. Weil der Beschluss keine andere Regelung trifft, ist er nächstliegend so zu verstehen, dass im Übrigen § 5 Nr. 7 GO für die beiden nunmehr getrennten Rücklagen fortgelten sollte. Infolgedessen veränderte sich die Kostentragungspflicht. Denn die ursprüngliche Fassung der Gemeinschaftsordnung regelt die Kostentragungspflicht für „größere Reparaturen und sonstige Instandhaltungsarbeiten“ ausschließlich in § 5 Nr. 7 GO im Zusammenhang mit der Instandhaltungsrücklage; ergänzend ergibt sich aus § 16 Abs. 2 WEG, dass die Beiträge nach Miteigentumsanteilen aufzubringen sind. Folglich sollten nunmehr – anders als zuvor – nur noch die jeweiligen Sondereigentümer über die gebildeten Rücklagen solche Kosten im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile jeweils für „ihren“ Gebäudekomplex tragen. Diese Auslegung des Beschlusses bestätigt sich im Umkehrschluss daraus, dass (nur noch) „Aufwendungen an gemeinsamen Gebäudeteilen anteilig“ (also von sämtlichen Sondereigentümern aller Wohngebäude) getragen werden sollten.

17

b) Der Beschluss ist wirksam.

18

aa) Die formelle Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Änderung der bisherigen Regelung des § 5 Nr. 7 GO ergibt sich aus der in § 15 Nr. 3 enthaltenen Öffnungsklausel. Diese erlaubt es den Wohnungseigentümern, die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung im Beschlusswege mit – hier erreichter – qualifizierter Mehrheit zu ändern. Dass der Gegenstand der Beschlussfassung hierunter fällt, unterliegt keinem Zweifel.

19

bb) Der Beschluss ist auch in materieller Hinsicht wirksam (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Urteil vom 10. Oktober 2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rn. 14).

20

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Regelung des § 16 allerdings unverändert geblieben. Dass weitere Untergemeinschaften mit eigener Verwaltungszuständigkeit und selbständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder (hierzu Senat, Urteil vom 20. Juli 2012 – V ZR 231/11, NJW-RR 2012, 1291 Rn. 10) errichtet werden sollten, lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen. Ebenso wenig enthält er Anhaltspunkte dafür, dass die Bestimmung des § 13 Nr. 1 GO geändert werden sollte, wonach die Sondereigentümer – also gemäß § 16 Nr. 2 c) GO alle Sondereigentümer der Wohngebäude – über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entscheiden. Ob aus einer „Gruppenbetroffenheit“ folgen kann, dass auch ohne ausdrückliche Regelung nur die Sondereigentümer des jeweils betroffenen Gebäudekomplexes hinsichtlich solcher Maßnahmen stimmberechtigt sind, die „ihre“ Rücklage betreffen (in diesem Sinne etwa BayObLGZ 1983, 320, 323 und 2003, 254, 257; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 23 Rn. 35; dagegen Eichhorn, ZfIR 2015, 8, 9; PWW/Riecke/Elzer, BGB, 9. Aufl., § 23 WEG Rn. 6), kann dahinstehen. Da die hiesige Gemeinschaftsordnung in § 16 ausdrücklich die Errichtung von Untergemeinschaften vorsah, hiervon aber nicht Gebrauch gemacht wurde, verbleibt es im Zweifel bei der gemeinschaftlichen Verwaltung durch alle Sondereigentümer der Wohngebäude (vgl. § 13 Nr. 1, § 16 Nr. 2c GO).

21

(2) Danach beschränkte sich der Beschluss auf die Regelung der Instandhaltungsrücklage und – hiermit verbunden – der Kostentragungspflicht. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

22

(a) Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude oder – wie hier – Gebäudekomplexe ist (Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 60; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 21 Rn. 123; Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 354; Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 21 Rn. 18 aE; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 21 Rn. 211). Ungeachtet einer solchen Zweckbindung gehören die getrennten Instandhaltungsrücklagen gemäß § 10 Abs. 7 Satz 3 WEG zu dem Verwaltungsvermögen des Verbands (vgl. nur Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO). Um eine solche Mehrhausanlage handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts. Die Gebäudekomplexe S.     Straße 1, 3 und 5 einerseits sowie P.     Straße 4 und 6 andererseits bestehen aus getrennten Baukörpern; dies erlaubt eine eindeutige Kostenzuordnung (vgl. hierzu Jennißen in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 16 Rn. 26a).

23

(b) Dass der Beschluss das Stimmrecht nicht regelte, ist unschädlich. Ein Stimmrechtsausschluss für die dem jeweils anderen Gebäudekomplex zugehörigen Eigentümer musste nicht zwingend vorgesehen werden. Es ist nämlich anerkannt, dass einzelnen Gruppen von Sondereigentümern auch dann die alleinige Kostentragungspflicht hinsichtlich bestimmter Teile des gemeinschaftlichen Eigentums auferlegt werden kann, wenn die Verwaltung allen Sondereigentümern obliegt (vgl. nur Senat, Urteil vom 16. November 2012 – V ZR 9/12, NJW 2013, 681 f.).

24

(c) Schließlich bedurfte es auch keiner ausdrücklichen Regelung der Nachschusspflicht. Der Beschluss ist - wie ausgeführt - dahingehend auszulegen, dass abgesehen von der Trennung der Rücklagen § 5 Nr. 7 GO weitergalt. Folglich sollten die Sondereigentümer im Bedarfsfall jeweils (nur) „ihre“ Rücklage für „ihren“ Gebäudekomplex auffüllen. So ist § 5 Nr. 7 GO auch hinsichtlich der für Park- und Wohngebäude zu bildenden Instandhaltungsrücklagen und der insoweit erforderlichen Nachschüsse zu verstehen.

25

3. Der am 11. Oktober 2012 zu TOP 6 gefasste Beschluss, auf den die Klägerin ihre Zahlungsklage stützt, ist nichtig. Die den Beklagten auferlegten Zahlungen sollten einer einheitlichen Instandhaltungsrücklage zufließen, die die Gemeinschaftsordnung nicht (mehr) vorsieht.

26

a) Durch den mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss ist die Gemeinschaftsordnung nicht erneut geändert worden. Ein Beschluss, der eine zulässigerweise im Beschlusswege erfolgte Änderung der Gemeinschaftsordnung erneut ändern oder wieder aufheben soll, muss mit der nach der Öffnungsklausel erforderlichen – hier qualifizierten – Mehrheit gefasst werden. Ob das Verfehlen des Quorums die Nichtigkeit oder lediglich die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses zur Folge hätte (vgl. nur Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 249 einerseits, Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 17 andererseits, offengelassen durch Senatsurteil vom 12. Dezember 2014 – V ZR 53/14, WuM 2015, 182 Rn. 16), bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Denn dem Beschluss kann ohnehin nicht entnommen werden, dass die am 7. Dezember 2004 beschlossene Änderung von § 5 Nr. 7 GO rückgängig gemacht worden ist.

27

aa) Bei der gebotenen nächstliegenden und objektiven Auslegung seines Wortlauts (grundlegend hierzu Senat, Beschluss vom 10. September 1998– V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 ff., st. Rspr.) regelt der Beschluss vom 11. Oktober 2012 eine Änderung der Gemeinschaftsordnung nicht. Er erschöpft sich in der Begründung von Zahlungspflichten. Nichts anderes ergibt sich aus dem Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung. Dieses nahm Bezug auf ein Informationsschreiben des Verwalters, in dem dargelegt wurde, dass der Beschluss vom 7. Dezember 2004 nichtig sei. Dementsprechend gingen die Wohnungseigentümer davon aus, dass die Gemeinschaftsordnung nach wie vor eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für die Wohngebäude vorsah und diese wiederherzustellen war. Folgerichtig ist der Beschluss mit „Anpassung der Instandhaltungsrücklagen (…) wegen Wiedervereinigung der getrennt geführten Instandhaltungsrücklagen“ überschrieben. Ein solcher Beschluss konnte aus Sicht der Wohnungseigentümer – wie geschehen – mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

28

bb) Eine ergänzende Auslegung des Beschlusses, die dazu führte, dass zugleich die Gemeinschaftsordnung geändert worden ist, kommt nicht in Betracht. Ob und inwieweit der ergänzenden Auslegung eines die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer Öffnungsklausel ändernden Beschlusses im Hinblick auf den Erwerberschutz Grenzen gesetzt sind, bedarf keiner Entscheidung, da die Voraussetzungen hierfür ohnehin nicht vorliegen. Zwar ist die erforderliche Änderung der Gemeinschaftsordnung bei der Beschlussfassung nicht bedacht worden. Neben einer solchen Regelungslücke setzt eine ergänzende Auslegung aber voraus, dass die Wohnungseigentümer die Gemeinschaftsordnung geändert hätten, wenn ihnen dieses Erfordernis bekannt gewesen wäre (vgl. Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 63). Hieran fehlt es schon deshalb, weil nicht angenommen werden kann, dass die Gemeinschaftsordnung ohne die erforderliche Mehrheit geändert werden sollte. Die zu einer gesetzmäßigen Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer wollen nämlich im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen (Senat, Beschluss vom 23. September 1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 298; LG München, ZWE 2011, 233; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 62).

29

b) Da die Gemeinschaftsordnung getrennte Instandhaltungsrücklagen vorsieht, entbehrt die den Beklagten auferlegte Zahlungspflicht der erforderlichen Grundlage. Der Beschluss ist nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig. Denn die einheitliche Instandhaltungsrücklage, deren Auffüllung die Zahlung der Beklagten dienen soll, gibt es nicht; mit anderen Worten sind im Vermögen des Verbands Gelder mit einer solchen Zweckbestimmung nicht vorgesehen.

III.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                       Czub                        Roth

                     Brückner                  Weinland

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b) Eine solche abweichende Regelung der Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und der damit verbundenen Kosten enthält § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung. Die Auslegung einer derartigen, in dem Grundbuch in Bezug genommenen Bestimmung unterliegt vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteil vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 ff.).

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

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a) Die Öffnungsklausel hat lediglich die Funktion, zukünftige Mehrheitsentscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie materiell zu rechtfertigen (Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 147; Elzer in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 23 Rn. 11; Wenzel, ZNotP 2004, 170, 171; Becker, ZWE 2002, 341, 343; Hagen in Festschrift Wenzel, 2005, S. 201, 217). Deshalb ist ein Ände- rungsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt. Vielmehr sind insbesondere zum Schutz der Minderheit bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten (Köhler/Becker, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht , 3. Aufl., Teil 4 Rn. 172; vgl. auch Becker/Strecker, ZWE 2001, 569, 572). Erst bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter – lediglich durch das Willkürverbot beschränkter – Gestaltungsspielraum eingeräumt (zu Letzterem Senat, Urteil vom 1. April 2011 – V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 8; vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 – V ZR 2/10, ZWE 2011, 327, 328; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 20; Elzer in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 23 Rn. 13; Köhler/Becker, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht , 3. Aufl., Teil 4 Rn. 179; Armbrüster, ZWE 2013, 242, 244).
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aa) Das trifft nicht zu, weil die Bestimmung in § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG, nach der die Wohnungseigentümer auch von den Vorschriften des Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen können, es ermöglicht, in einer Gemeinschaftsordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander Untergemeinschaften mit eigener Verwaltungszuständigkeit und selbständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder zu errichten (vgl. Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 85; Hügel, NZM 2010, 8, 13; Wenzel, NZM 2006, 311, 314; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 23 Rn. 5). Zulässig sind danach von § 21 Abs. 1 und Abs. 3, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 5 WEG abweichende Stimmrechtsregelungen für die Beschlüsse über Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse, nach der allein die Mitglieder der Untergemeinschaft anstelle aller Wohnungseigentümer über die auf das jeweilige Haus entfallenden Kostenpositionen zu entscheiden haben (vgl. Hügel, aaO, 13, 14; Vandenhouten in Köhler/Bassenge, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Teil 4 Rn. 103). Ist in der Gemeinschaftsordnung - wie hier - ausdrücklich bestimmt, dass die Kosten und Lasten für die Untergemeinschaften nicht nur getrennt zu ermitteln und abzurechnen sind, sondern für jede Untergemeinschaft - soweit rechtlich zulässig - selbständig verwaltet werden sollen, hat der Verwalter hausbezogene Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen aufzustellen und den Untergemeinschaften zur Beschlussfassung vorzulegen (BayObLG, ZWE 2001, 269, 270; NJOZ 2004, 636, 641); die gegen diese Beschlüsse erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen sind nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG alleerdings gegen alle übrigen Wohnungseigentümer zu richten.

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 9/12
Verkündet am:
16. November 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die
zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt
sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht
einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind,
die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen.
BGH, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 9/12 - LG Koblenz
AG Idar-Oberstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth sowie die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 13. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft. Einige der Eigentumswohnungen verfügen über Balkone. In der Teilungserklärung heißt es in § 5.2.: „Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten.“
2
Auf der Eigentümerversammlung vom 10. März 2010 beschlossen die Wohnungseigentümer zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 4, dass „die Kosten der Rechnung der Fa. M. vom 23. November 2009“ anteilsmäßig auf sämtliche Eigentümer umgelegt, und zu TOP 8, dass die (anstehenden) Kosten für die Sanierung der Balkone der Beklagten zu 1 und 2 von der Gemeinschaft übernommen werden. Die Rechnung der Fa. M. betrifft eine sog. Ursachenanalyse , in der von einer schadhaften Balkon- und Fugenabdichtung sowie von einem größtenteils losen und starke Rissbildungen aufweisenden Fliesenbelag die Rede ist.
Die gegen die Beschlüsse zu TOP 4 und 8 erhobene Anfechtungsklage
3
ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der zugelassenen Revision möchte der Beklagte zu 1 die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die gefassten Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie gegen § 5.2. der Teilungserklärung verstießen. Die Regelung sei nächstliegend dahin auszulegen, dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einem Balkon ausgestattet seien, für sämtliche diesbezüglich entstehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten aufkommen müssten. Der Wortlaut enthalte keine Einschränkung und biete keine Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete - im Übrigen auch nur zu Abgrenzungsschwierigkeiten führende - Unterscheidung. Damit seien die Kosten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse von den betroffenen Wohnungseigentümern zu tragen. Sie dürften nicht auf sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft umgelegt werden.

II.

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
5
6
1. Das Berufungsgericht beanstandet die angefochtenen Beschlüsse zu Recht. Diese verstoßen gegen § 5.2. der Teilungserklärung.
7
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung einer Teilungserklärung maßgebend auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, NJW 2004, 3413 mwN; ebenso für Beschlüsse Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291 f.; vgl. auch Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 1).

b) Die auf dieser Grundlage vorgenommene, ausführlich und überzeu8 gend begründete Auslegung macht sich der Senat zu Eigen. Insbesondere hebt das Berufungsgericht zu Recht hervor, dass die Überbürdung der gesamten Kostenlast schon nach der sprachlichen Fassung von § 5.2. der Teilungserklärung daran anknüpft, dass der Balkon zum „ausschließlichen Gebrauch“ durch den jeweiligen Wohnungseigentümer bestimmt ist, die übrigen Wohnungseigentümer mithin von der Nutzung ausgeschlossen sind.
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Entgegen der Auffassung der Revision, die sich auf zu „vergleichbaren Fällen“ ergangene Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 515 f., OLG Schleswig, ZMR 2006, 963 f.) beruft, ist der Teilungserklärung auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck, wie er sich bei nächstliegendem Verständnis einem unbefangenen Betrachter erschließt, keine Einschränkung zu entnehmen. Danach ist nicht ersichtlich, dass die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungskosten nicht von dem jeweiligen Wohnungseigentümer getragen werden sollen (gegen eine solche Einschränkung auch BayObLG, ZMR 1999, 56, 58 f.; OLG Braunschweig, ZMR 2006, 395, 396). Es ist zwar richtig, dass den Eintritt von Feuchtigkeit verhindernde Maßnahmen auch der Erhaltung des gesamten Gebäudes zugutekommen (können). Nur knüpft die Regelung hieran nicht an. In Übereinstimmung mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut, dem insbesondere keine Differenzierung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu entnehmen ist, besteht der Sinn der Regelung vielmehr darin, dass die übrigen - von der Nutzung der Balkone ausgeschlossenen - Wohnungseigentümer deshalb von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollten, weil diese Lasten bei einer Bauweise ohne Balkone nicht angefallen wären. Eine solche Regelung zu treffen, liegt im privatautonomen Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer bzw. des teilenden Eigentümers. Das Wohnungseigentumsrecht lässt den Wohnungseigentümern weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, WM 2006, 2374, 2376 mwN).
2. Ob der in dem Verstoß gegen § 5.2 der Teilungserklärung liegende
10
Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu deren Nichtigkeit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 225/11, NJW 2012, 2578, 2579), bedarf hier keiner Klärung, weil der Rechtsfehler innerhalb der Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geltend gemacht worden ist (dazu und zur Frage der Tenorierung Senat, Urteil vom 2. Oktober 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.; vgl. auch Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 175/10, NJW-RR 2011, 1232).

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 09.05.2011 - 300 C 10/10 WEG -
LG Koblenz, Entscheidung vom 13.12.2011 - 2 S 31/11 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)