Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - XII ZR 74/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte - seine geschiedene Ehefrau - auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
- 2
- Ausweislich eines auf den 16. Februar 1997 datierten und die Unterschrift der Beklagten tragenden Darlehensvertrags wurde der Beklagten von dem Kläger ein zeitlich unbefristetes und mit 8,5 % p.a. verzinsliches Darlehen über 50.000 DM (entspricht 25.564,59 €) gewährt. Nach den Bestimmungen des Darlehensvertrags sollten die aufgelaufenen Darlehenszinsen bei Rückgabe des Darlehens "in Ansatz gebracht" werden. Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 forderte der Kläger die Rückzahlung des Darlehenskapitals. Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Juni 2009 kündigte der Kläger das Darlehen nochmals vorsorglich und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 19. Juni 2009 erfolglos zur Rückzahlung des Darlehenskapitals in Höhe von 25.564,59 € und zur Zahlung von ausgerechneten Darlehenszinsen in Höhe von 26.814,10 € (entspricht 8,5 % auf 25.564,59 € vom 16. Februar 1997 bis zum 19. Juni 2009) auf.
- 3
- Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten unter anderem die Zahlung von 52.378,69 € nebst 8,5 % Zinsen aus 25.564,59 € seit dem 20. Juni 2009 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 26.714,10 € seit dem 20. Juni 2009 verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt; die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
- 4
- Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision teilweise zugelassen, soweit die Beklagte ihrer Verurteilung zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 26.714,10 € entgegentritt. Im Umfang der Revisionszulassung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision führt im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat dem Kläger gemäß §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf ausgerechnete Zinsen zugesprochen. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Bereits der Bestimmung des Zinsrückstandes von 26.814,10 € liegt keine vollständig zutreffende Berechnung zugrunde, weil der Kläger jedenfalls nicht durchgehend bis zum 19. Juni 2009 den vertraglich vereinbarten Darlehenszins von 8,5 % von der Beklagten verlangen konnte.
- 8
- Nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung des Darlehensvertrages - zu dem das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - kann der vertraglich vereinbarte Zins auf das Darlehenskapital nicht mehr verlangt werden (BGHZ 104, 337, 338 f. = NJW 1988, 1967, 1968; BGH Urteil vom 26. Januar 1999 - XI ZR 83/98 - BeckRS 1999 30044005; BeckOK-BGB/ Rohe [Stand: 1. August 2015] § 488 Rn. 65). Zur Begründung eines den gesetz- lichen Verzugszins - seinerzeit 6,62 % - übersteigenden Zinssatzes hat der Kläger nichts vorgetragen.
- 9
- Da indessen eine Kündigung des Darlehens frühestens durch das Schreiben des Klägers vom 8. Mai 2009 erfolgt ist, ergeben sich für den kurzen Zeitraum bis zum 19. Juni 2009 nur sehr geringe Änderungen bei der Zinsberechnung , die sich im vorliegenden Revisionsverfahren deshalb nicht auswirken , weil der Kläger - wohl aufgrund eines Versehens - Verzugszinsen nur auf ausgerechnete Zinsen in Höhe von 26.714,10 € (statt 26.814,10 €) verlangt.
- 10
- 2. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger auf die ausgerechneten Zinsen den gesetzlichen Verzugszins (§ 288 Abs. 1 BGB) zugesprochen hat, rügt die Revision zu Recht einen Verstoß gegen § 289 BGB.
- 11
- Nach § 289 Satz 1 BGB sind von Zinsen - seien sie gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Zinsen - Verzugszinsen nicht zu entrichten. Nach § 289 Satz 2 BGB bleibt der Anspruch auf Ersatz eines nachgewiesenen Verzugsschadens unberührt. Der Ersatz eines solchen Schadens, der aus der verspäteten Zahlung von Zinsen entsteht, setzt voraus, dass der Schuldner auch wegen der Zinsrückstände in Verzug gesetzt wird. Dies ist hier zwar der Fall. Der Verzugsschaden muss indessen wegen des allgemeinen Zinseszinsverbotes nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von dem Gläubiger auch dann konkret dargelegt werden, wenn er nur den gesetzlichen Zins als Mindestschaden verlangt (vgl. BGHZ 111, 324, 329 = NJW 1990, 2380, 2381; BGH Urteile vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - NJW 2010, 1077 Rn. 30; vom 9. Februar 1993 - XI ZR 88/92 - NJW 1993, 1260, 1261; vom 16. November 1990 - V ZR 217/89 - NJW 1991, 843, 844 und vom 23. Februar 1979 - V ZR 106/76 - NJW 1979, 1545). Fehlt es - wie hier - an solchen Darlegungen, ist eine auf Verzugszinsen von Zinsrückständen gerichtete Klage unschlüssig (BGH Urteil vom 23. Februar 1979 - V ZR 106/76 - NJW 1979, 1545).
II.
- 12
- Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.
- 13
- Die Sache ist noch nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil dem Kläger gemäß §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO Gelegenheit gegeben werden muss, zu der in den Vorinstanzen nicht erörterten Frage der Entstehungeines konkreten Verzugsschadens vorzutragen (vgl. BGH Urteil vom 25. November 1994 - V ZR 24/93 - MittBayNot 1995, 38, 39; MünchKomm-ZPO/Krüger 4. Aufl. § 563 Rn. 20). Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
LG Köln, Entscheidung vom 31.10.2012 - 12 O 81/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.06.2014 - 4 U 20/12 -
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.