Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2012 - X ZR 3/10

bei uns veröffentlicht am14.08.2012
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 24/08, 10.12.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 3/10 Verkündet am:
14. August 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
UV-unempfindliche Druckplatte
EPÜ Art. 87 Abs. 1, 4, Art. 88 Abs. 4, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6

a) Die Inanspruchnahme der Priorität einer früheren Anmeldung setzt voraus, dass die
Prioritätsunterlagen die Gesamtheit der Merkmale der durch den Patentanspruch
umschriebenen technischen Lehre deutlich offenbaren. Wird die erfindungsgemäße
Lehre durch eine im Prioritätsdokument nicht (deutlich) offenbarte Eigenschaft eines
ihrer Bestandteile charakterisiert, die dem Fachmann eine zielgerichtete Auswahl
geeigneter Ausführungsformen erlaubt (hier: fehlende Fotoempfindlichkeit gegenüber
ultraviolettem Licht), fehlt es an einer Offenbarung im Prioritätsdokument, wenn
die Eigenschaft objektiv auch einem dort offenbarten Ausführungsbeispiel zukommt,
sie für den Fachmann aber jedenfalls nicht ohne Weiteres zu erkennen ist.

b) Entsprechendes gilt für den Nichtigkeitsgrund des Hinausgehens über den Inhalt der
Anmeldung (unzulässige Erweiterung: vgl. Senat, Urteil vom 17. Juli 2012
- X ZR 117/11 - Polymerschaum, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 14. August 2012 - X ZR 3/10 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den Richter Dr. Grabinski und
die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Dezember 2009 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, die auf Grund einverständlichen Parteiwechsels nach erfolgter Umschreibung des Patents in das Verfahren eingetreten ist, ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 823 327 (Streitpatents), das am 5. August 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität dreier Voranmeldungen in Japan vom 6. August 1996, 14. November 1996 und 22. Januar 1997 angemeldet worden ist, ein Verfahren zur Herstellung einer positiv arbeitenden lithographischen Druckplatte betrifft und zehn Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1, auf den die übrigen Patentansprüche unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung in der Verfahrenssprache Englisch: "A method for making a lithographic printing plate, which comprises a step of scanning and exposing a positive photosensitive lithographic printing plate having a positive photosensitive composition having no photosensitivity to ultraviolet light and showing a difference in solubility in an alkali developer as between an exposed portion and a nonexposed portion, which comprises, as components inducing the difference in solubility,
a) a light-absorbing dye having an absorption band covering a part or whole of a wavelength region of from 650 to 1300 nm as a photothermal conversion material, and
b) a high molecular compound, of which the solubility in an alkali developer is changeable mainly by a change other than a chemical change, formed on a support, by means of a light ray belonging to a wavelength region of from 650 to 1300 nm and having a light intensity of at least 2 x 106 mJ/s cm² which is sufficient to let the high molecular compound form an image."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass der Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit zwei Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die Fassung nach Hilfsantrag II hinausgeht. Nach diesem hat Patentanspruch 1 folgende Fassung in deutscher Sprache erhalten: "Verfahren zur Herstellung einer lithographischen Druckplatte, welches einen Schritt des Scannens und Belichtens einer positiven fotoempfindlichen lithographischen Druckplatte mit einer positiven fotoempfindlichen Zusammensetzung mit keiner Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht, welche einen Löslichkeitsunterschied in einem alkalischen Entwickler zwischen einem belichteten und einem unbelichteten Teil aufweist, umfasst, welche als Komponenten zum Hervorrufen des Löslichkeitsunterschieds umfasst (a) einen lichtabsorbierenden Farbstoff mit einem Absorptionsfrequenzbereich , welcher einen Teil oder die Gesamtheit des Wellenlängenbereichs von 650 bis 1.300 nm abdeckt, als fotothermisches Umwandlungsmaterial , und (b) eine hochmolekulare Verbindung, deren Löslichkeit in einem alkalischen Entwickler hauptsächlich durch eine Änderung, die sich von einer chemischen Änderung unterscheidet, veränderbar ist, welche auf einem Träger ausgebildet ist, mittels einer Lichtstrahlung, welche zu einem Wellenlängenbereich von 650 bis 1.300 nm gehört und welche eine Lichtintensität von mindestens 2 x 106 mJ/s cm² aufweist, die zur Ausbildung eines Bildes durch die hochmolekulare Verbindung ausreicht , worin die fotoempfindliche Zusammensetzung weiterhin enthält (c) ein löslichkeitsunterdrückendes Mittel, welches zum Senken der Auflösungsrate der Mischung, umfassend einen lichtabsorbierenden Farbstoff der Komponente (a) und eine hochmolekulare Verbindung der Komponente (b), in dem alkalischen Entwickler in der Lage ist, worin das löslichkeitsunterdrückende Mittel (c) mindestens einen Bestandteil , ausgewählt aus Sulfonsäureestern, Phosphorsäureestern, aromatischen Carbonsäureestern, Carbonsäureanhydriden, aromatischen Ketonen, aromatischen Aldehyden, aromatischen Aminen und aromatischen Ethern, darstellt."
4
Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent in seiner erteilten Fassung verteidigt.
5
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
6
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dipl.-Phys. A. W. , , Hochschule , S. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


7
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
8
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer lithographischen Druckplatte, die Träger der Druckinformationen für das Druckverfahren des lithographischen Offsetdrucks (eines indirekten Flachdruckverfahrens) ist. Die druckenden Partien der Druckplatte zeigen dabei ein wasserabstoßendes (hydrophobes) und fettfreundliches (oleophiles) Verhalten. Beim Druck wird die Druckplatte mit einer dünnen Farbschicht beaufschlagt, die nur die oleophilen Bereiche benetzt und sich dort in einem dünnen Film anlagert. Sie wird von dort auf einem Gummizylinder abgenommen, auf dem ein spiegelverkehrtes Bild entsteht, das mit Druck auf das Papier übertragen wird.
9
Nach dem Streitpatent wird eine positive lichtempfindliche Zusammensetzung als oleophile Beschichtung für die (normalerweise aus Aluminiumblech bestehende, infolge elektrochemischer Aufrauung stark hydrophile) Druckplatte verwendet, die gegenüber Lichtstrahlen in einem Wellenlängenbereich von 650 bis 1.300 nm empfindlich ist. Durch den Belichtungs- und anschließenden Entwicklungsprozess wird der Bereich entfernt, der mit Licht beaufschlagt wurde; es bleiben mithin die nicht belichteten Stellen der Beschichtung erhalten.
10
Zusammen mit dem Fortschritt in der Bildbearbeitungstechnologie durch Computer wurde die Aufmerksamkeit auf ein fotoempfindliches oder wärmeempfindliches direktes Plattenherstellungssystem gerichtet, bei dem ein (Foto-) Resist-Bild direkt aus digitaler Bildinformation durch einen Laserstrahl (mit dem ein Negativbild geschrieben wird) oder einen Thermoschreibkopf ohne Verwendung einer Silbersalzmaskierungsschicht gebildet wird ("Computer-to-PlateTechnologie" ; CtP-Technologie). Das Bild wird dabei auf der mit dem fotoempfindlichen Material beschichteten Druckplatte im Wesentlichen durch einen Löslichkeitsunterschied in einem Entwickler zwischen einem belichteten und einem nicht belichteten Teil der Druckplatte erzeugt (Beschr. Abs. 9).
11
Je nachdem, in welchem Bereich des Spektrums die Absorptionsfrequenz des Farbstoffs liegt, muss zusätzlich eine Wärmebehandlung der belichteten Platte erfolgen und/oder es muss unter Gelblicht gearbeitet werden, um UVempfindliches Beschichtungsmaterial vor unerwünschter Belichtung mit dem UV-Anteil zu schützen (Beschr. Abs. 6).
12
Durch das Streitpatent soll ein Verfahren zur Herstellung einer positiven fotoempfindlichen lithografischen Druckplatte zur Verfügung gestellt werden, das eine einfache Konstruktion der benötigten Vorrichtung ermöglicht, die mit hoher Empfindlichkeit arbeitet und bei der die Druckplatte eine hervorragende Aufbewahrungsstabilität besitzt; eine Nachbelichtungswärmebehandlung soll nicht erforderlich, die Belichtung bei gewöhnlichem weißen Licht möglich sein und die Druckplatte soll ausgezeichnete Brenneigenschaften aufweisen und bei hoher Empfindlichkeit belichtet werden (Beschr. Abs. 19 bis 23).
13
Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung ein Verfahren zur Herstellung einer Druckplatte vor, das 1. einen Schritt des Scannens und Belichtens einer fotoempfindlichen lithographischen Druckplatte umfasst (BPatG: M1) 1.1 mit einer positiven fotoempfindlichen Zusammensetzung (BPatG: M2), 1.2 die keine Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht (BPatG: M3) aufweist und 1.3 einen Löslichkeitsunterschied in einem alkalischen Entwickler zwischen einem belichteten und einem unbelichteten Teil aufweist (BPatG: M4). 2. Der Löslichkeitsunterschied wird durch folgende Komponenten hervorgerufen (BPatG: M5): 2.1 einen lichtabsorbierenden Farbstoff als Material zur fotothermischen Umwandlung mit einem Absorptionsfrequenzbereich, der den Wellenlängenbereich von 650 bis 1.300 nm ganz oder zum Teil abdeckt, und 2.2 eine hochmolekulare Verbindung (BPatG: M6), 2.2.1 deren Löslichkeit in einem alkalischen Entwickler hauptsächlich durch eine sich von einer chemischen Änderung unterscheidende Änderung veränderbar ist und 2.2.2 die auf einem Träger ausgebildet ist (BPatG: M8, M9a, M9b). 3. Die Belichtung erfolgt mittels einer Lichtstrahlung (3.1) in einem Wellenlängenbereich von 650 bis 1.300 nm und (3.2) mit einer Lichtintensität von mindestens 2 x 106 mJ/s cm² (die zur Ausbildung des Bilds durch die hochmolekulare Verbindung ausreicht).
14
Einige Merkmale bedürfen besonderer Erläuterung.
15
Da der Anteil von UV-Strahlung im Tageslicht und bei vielen Leuchtstofflampen zu ungewollter Anbelichtung der Druckplatten führen und dies bei Posi tivplatten zu Farbannahmeschwierigkeiten und/oder zur Verringerung der Auflagenstabilität führen kann (Lehrbuch der Druckindustrie, 1990, S. 95; B13), verwendet das Streitpatent eine gegenüber ultraviolettem Licht unempfindliche Zusammensetzung (Merkmal 1.2). Die UV-Unempfindlichkeit der Zusammensetzung muss dabei dergestalt sein, dass sie eine Bearbeitung ohne Einhaltung besonderer Schutztechniken ermöglicht (vgl. Beschr. Abs. 21: "A further object of the present invention is to provide a method for making a positive photosensitive lithographic printing plate, which does not require an operation under yellow light and whereby the operation can be carried out under usual white light containing ultraviolet light", sowie Abs. 6, in dem als Nachteil des Stands der Tech- nik dargestellt wird, dass das fotoempfindliche Material gegenüber ultraviolettem Licht empfindlich und es daher notwendig sei, das Verfahren unter Gelblicht auszuführen, das kein ultraviolettes Licht enthalte, was unter dem Gesichtspunkt der Betriebseffizienz problematisch sei).
16
Der Löslichkeitsunterschied zwischen einem belichteten Teil und einem unbelichteten Teil (Merkmal 1.3), der darauf beruht, dass durch die Belichtung, insbesondere deren thermische Wirkung, die fotoempfindliche Schicht so verändert wird, dass ihre Löslichkeit in einem alkalischen Entwickler deutlich größer ist als ohne diese Einwirkung (Merkmal 2.2.1), muss folglich so beschaffen sein, dass er durch eine Lichtstrahlung außerhalb des UV-Bereichs aktiviert wird (Merkmal 3.1).
17
Dazu besteht die lichtabsorbierende Schicht nach Merkmal 2.1 aus einem organischen Stoff, der in der Lage ist, elektromagnetische Strahlung im Bereich des tiefen Rots und des nahen Infrarots (650 – 1.300 nm) oder mindestens in einem Teilbereich davon zu absorbieren, sowie einer hochmolekularen Verbindung (Merkmal 2.2), d.h. einem Stoff mit einem hohen Molekulargewicht, der in seiner Löslichkeit in einer alkalischen Lösung durch eine reversible physikalische Reaktion "geschaltet" wird; er geht bei Einwirkung der alkalischen Lösung im einen Zustand schnell und im anderen Zustand erheblich langsamer in Lösung (Merkmal 2.2.1). Die hochmolekulare Verbindung bildet auf der Druckplatte die oleophile Schicht, die entsprechend dem zu druckenden Bild bestehen bleibt, an den nichtdruckenden Stellen aber aufgelöst wird.
18
Die Lichtintensität von mindestens 2 x 106 mJ/s cm² (Merkmal 3.2) besagt, dass die Beleuchtungsquelle so leistungsfähig sein muss, dass sie umgerechnet auf einen Quadratzentimeter 2.000 Watt abgibt. Die Anwendung der Lichtquelle erfolgt scannend, d.h. ein kleiner Lichtpunkt (Spot) von typischerweise 10 µm – 20 µm wird in x- und y-Richtung über die Fläche geführt.
19
II. Das Patentgericht hat angenommen, dass die Erfindung für den Fachmann ausführbar offenbart sei. Es ist jedoch der Ansicht, dass Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung durch die erst nach dem Anmeldetag des Streitpatents erfolgte Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 97-39894 (D1) als Anmeldung mit älterem Zeitrang neuheitsschädlich getroffen werde. Es hat, soweit es das Patent teilweise für nichtig erklärt hat, seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
20
Die D1 nehme wirksam die Priorität der britischen Patentanmeldungen 9608394.4 (D1.1) und 9614693.1 (D1.2) in Anspruch und stelle deshalb das prioritätsältere Recht dar. Dass die D1 alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung mit Ausnahme der Angaben zur Lichtintensität vorwegnehme, stehe außer Streit. Aber auch die Lichtintensität sei entgegen der Auffassung der Beklagten vorweggenommen. Sie sei zwar nicht ausdrücklich vorbeschrieben, die nach der D1 verwendeten Halblaserdioden hätten jedoch eine Leistung von 200 mW, emittierten Licht einer Wellenlänge zwischen 600 und 1.100 nm und seien auf einen Strahlendurchmesser von 10 µm fokussiert. Daraus errechne sich im Idealfall eine Lichtintensität von 2,55 x 108 mJ/s cm².
21
Der Gegenstand der D1 sei den Prioritätsanmeldungen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Nach den anzuwendenden Grundsätzen der Neuheitsprüfung sei über das explizit Beschriebene hinaus auch das als offenbart anzusehen, was zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich sei und vom Fachmann mitgelesen werde und daher keiner besonde- ren Offenbarung bedürfe. Das „Mitlesen“ von Selbstverständlichem sei deshalb auch bei der Ermittlung des Inhalts einer für die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts maßgeblichen ursprünglichen Anmeldung einzubeziehen mit der einschränkenden Maßgabe, dass es auch darauf ankomme, ob der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets eine solche selbstverständliche Ergänzung der Anmeldung als zur Erfindung gehörend entnehmen könne.
22
Nach diesen Grundsätzen sei von der Identität der Verfahren gemäß den prioritätsbegründenden Anmeldungen D1.1 und D1.2 mit den in den Patentansprüchen der D1 beschriebenen Gegenständen auszugehen. Das insoweit allein strittige Merkmal, nach dem die Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung in einem wässrigen alkalischen Entwickler durch einfallende UVStrahlung nicht erhöht werde (the aqueous developer solubility of the composi- tion is not increased by incident UV radiation), sei zwar in D1.1 und D1.2 nicht ausdrücklich erwähnt. Der Fachmann, ein Diplomchemiker oder Diplomphysiker , der mit der Herstellung von Materialien für die Fotografie vertraut sei und über Kenntnisse und Erfahrungen verfüge, wie sich diese Materialien auf die Herstellung von Vervielfältigungsformen oder Druckplatten übertragen ließen, lese dieses Merkmal beim Studium der D1.1 und D1.2 jedoch mit. Er stelle nämlich sofort fest, dass die Durchführung der in D1.1 und D1.2 beschriebenen Verfahren kein Schutzlicht erfordere. Denn es sei D1.1 und D1.2 kein Hinweis auf die zwingende Einhaltung einer solchen Maßnahme zu entnehmen. Vielmehr werde das Verfahren als sehr einfach durchführbar beschrieben. Das sei dem Fachmann im Umgang mit fotothermisch direkt bebilderbaren Druckplatten ohnehin geläufig. Das Fehlen einer solchen Angabe sei für den Fachmann daher ein klarer Hinweis, dass einfallende UV-Strahlung, die sowohl Bestandteil des Sonnenlichts als auch künstlicher Lichtquellen sein könne und mithin im Weißlicht vorkomme, die Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung nicht beeinflusse. Führte einfallendes UV-Licht nämlich zu einer Veränderung der Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung, wäre eine zufriedenstellende Bebilderung nicht möglich, da kein klares Bild entstehe. Der Fachmann entnehme dem Offenbarungsgehalt dieser Anmeldungen auch ohne ausdrückliche Erwähnung als selbstverständlich, dass bei der durch einen Wärmeeintrag erfolgenden Belichtung der Druckplatten die Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung durch einfallendes UV-Licht nicht beeinflusst werde. Nichts anderes folge aus der Veröffentlichung der japanischen Patentanmeldung Sho 56-69192 (D4); der Umgang mit fotothermisch direkt bebilderbaren Druckplatten sei dem Fachmann ohnehin geläufig gewesen.
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III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung nicht in vollem Umfang stand.
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1. Die am 22. April 1997 angemeldete, aber erst am 30. Oktober 1997 und damit nach dem Anmeldedatum des Streitpatents veröffentlichte D1 ist als ältere, nachveröffentlichte Patentanmeldung nur bei der Neuheitsprüfung heranzuziehen (Art. 54 Abs. 3 EPÜ). Da ihr Anmeldedatum nach den Prioritätsdaten des Streitpatents liegt, ist sie aber nur insoweit zu berücksichtigen, als sie die Priorität der in ihr beanspruchten Prioritätsanmeldungen D1.1 und/oder D1.2 wirksam in Anspruch nimmt (Art. 87, 88 Abs. 3, 4, Art. 89 EPÜ). Dabei ist nur das zu berücksichtigen, was den Prioritätsunterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist (BGH, Urt. vom 11. September 2001 – X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 = GRUR 2002, 146 – Luftverteiler).
25
2. Davon kann bei dem Merkmal 1.2 des Streitpatents entsprechenden Merkmal der in der D1 gegebenen technischen Lehre, die Bestandteile der fotoempfindlichen Zusammensetzung so zu wählen, dass die Löslichkeit in einem wässrigen Entwickler durch einfallende UV-Strahlung nicht erhöht wird, entgegen der Auffassung des Patentgerichts keine Rede sein. Dies hat auch die Technische Beschwerdekammer 3.2.5 des Europäischen Patentamts in ihrer Entscheidung vom 12. August 2004 (T 888/02; B2) so gesehen. Die Beschwerdekammer hat sich dabei darauf gestützt, dass die D1.2 keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung der Unempfindlichkeit der Zusammensetzung für UVLicht enthalte. Dass die Zusammensetzung hitzeempfindlich sei und eine Druckplatte durch Hitzebeaufschlagung geschaffen werde, setze nicht notwendig voraus, dass die Zusammensetzung unempfindlich für UV-Licht sei. Zwar sei es möglich, dass die in der D1.2 beschriebenen Zusammensetzungen un- empfindlich für UV-Licht seien, jedoch führe dies nicht zu einer impliziten Offenbarung dieses Merkmals. Zudem beziehe sich die D1 auf sechs Tests für die Bestimmung, ob eine Zusammensetzung für die Erfindung geeignet sei. Nur Test 6 betreffe die UV-Empfindlichkeit; er sei aber in der D1.2 nicht offenbart. Die Priorität werde damit zu Unrecht beansprucht.
26
Der Senat tritt im Ergebnis der Auffassung der Technischen Beschwerdekammer bei. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, differenzieren die D1.1 und die D1.2 anders als die D1 nicht zwischen UV-empfindlichen und UVunempfindlichen Beschichtungen. Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede.
27
Die Annahme des Patentgerichts, dass das Merkmal gleichwohl aus fachmännischer Sicht mitzulesen sei, ist nicht gerechtfertigt. Sie beruht im Wesentlichen auf der Erwägung, dass den Veröffentlichungen kein Hinweis auf die Notwendigkeit zu entnehmen sei, unter Schutzlicht zu arbeiten. Das Fehlen eines solchen Hinweises ist jedoch in seiner Bedeutung für den Fachmann am Anmeldetag der D1.1 und D1.2 zumindest ambivalent. Denn wie die Beklagte unwiderlegt vorgetragen und der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich bestätigt hat, war zu diesem Zeitpunkt das Arbeiten unter Schutzlicht durchwegs üblich und wurde, wie sich aus der als Anlage B14 überreichten Kodak-Veröffentlichung ergibt, von Eastman Kodak auch für die als DITP (Direct Image Thermal Plates) bezeichneten Platten empfohlen , von denen die Klägerin geltend gemacht hat, dass sie (im Wesentlichen) tageslichtunempfindlich gewesen seien. Es lässt sich daher aus fachmännischer Sicht mit mindestens gleicher Berechtigung annehmen, dass in der D1.1 und der D1.2 ein entsprechender Hinweis zu erwarten gewesen wäre, wenn ein Verfahren beschrieben werden sollte, das wegen der UV-Unempfindlichkeit der beschriebenen fotoempfindlichen Zusammensetzungen kein Schutzlicht erforderte. Auch der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Fachwelt zum Prioritätszeitpunkt einen solchen Hinweis erwartet hätte und dass aus seinem Fehlen der Schluss gezogen werden musste, es seien Schutzmaßnahmen erforderlich. Die UV-Unempfindlichkeit hätte sich demnach erst im Weg eines Austestens ergeben. Von einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des Merkmals 2.1 kann mithin nicht gesprochen werden.
28
Auch von einer impliziten Offenbarung kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ausgegangen werden, ungeachtet dessen, dass wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, in den Beispielen der D1.1 und der D1.2 Zusammensetzungen beschrieben werden, die objektiv gegenüber ultraviolettem Licht unempfindlich sind.
29
Wie der Senat erst kürzlich in Fortführung seiner älteren Rechtsprechung (Beschluss vom 17. Januar 1980 – X ZB 4/79, BGHZ 76, 97 – Terephthalsäure) bestätigt hat, genügt die Vorbekanntheit einer Verfahrensanweisung, deren Befolgung zwangsläufig eine Sache oder einen Zustand zur Folge hat, die objektiv die von der Erfindung gelehrte Beschaffenheit aufweist, für die Vorwegnahme der erfindungsgemäßen Lehre im Sinn der Neuheitsprüfung (Urteil vom 24. Juli 2012 – X ZR 126/09 – Leflunomid, zur Veröffentlichung vorgesehen). Darauf, ob der Fachmann Anlass hatte, die Sache auf das Vorhandensein der erfindungsgemäßen Eigenschaften zu analysieren, kommt es dabei nicht an. Wäre daher die D1.1 oder die D1.2 gegenüber dem Streitpatent als für die Neuheitsprüfung relevanter Stand der Technik zu berücksichtigen, spräche mithin einiges dafür, dass ein (auch im Übrigen erfindungsgemäßes) Verfahren als bekannt anzusehen wäre, bei dem eine Zusammensetzung verwendet wird, die – objektiv – keine Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht aufweist.
30
Indessen kommen die D1.1 und D1.2 nicht selbst als ältere Anmeldungen in Betracht, sondern sind nur für die Frage relevant, ob die D1 ihre Priorität wirksam in Anspruch nehmen kann. Dafür muss das Merkmal, nach dem die Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung in einem wässrigen alkalischen Entwickler durch einfallende UV-Strahlung nicht erhöht wird, nicht nur im Sinn des Art. 88 Abs. 4 EPÜ (entsprechend Art. 4 H PVÜ) in der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen deutlich offenbart, sondern auch der D1.1 oder der D1.2 als zur Erfindung gehörend zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 – Spleißkammer; Urteil vom 11. September 2001 – X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 388 – Luftverteiler). Dies ist jedoch nicht der Fall.
31
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist hierfür erforderlich, dass der Fachmann die im Patentanspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen – "unmittelbar und eindeutig" (BGHZ 148, 383, 389 – Luftverteiler; Urteil vom 16. Dezember 2008 – X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 – Olanzapin; Urteil vom 8. Juli 2010 – Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910, Rn. 62 – fälschungssicheres Dokument) – als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (Urteil vom 21. September 1993 – X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 – Spielfahrbahn 03; Beschluss vom 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 – Drehmomentübertragungseinrichtung; Urteil vom 18. Februar 2010 – Xa ZR 52/08, GRUR 2010, 599, Rn. 22, 24 – Formteil). Wird ein Bestandteil der Lehre einer Entgegenhaltung (hier: der D1) durch eine im Prioritätsdokument (hier: D1.1, D1.2) nicht deutlich offenbarte Eigenschaft charakterisiert, die dem Fachmann eine zielgerichtete Auswahl geeigneter Ausführungsformen erlaubt (hier: fehlende Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht), fehlt es an einer Offenbarung in der Nachanmeldung, wenn die Eigenschaft objektiv auch einem offenbarten Ausführungsbeispiel des Prioritätsdokuments zukommt, sie für den Fachmann aber jedenfalls nicht ohne Weiteres zu erkennen ist.
32
Der Senat hat allerdings zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen. Er hat einen "breit" formulierten Anspruch unter dem Gesichtspunkt derunzulässigen Erweiterung jedenfalls dann für unbedenklich erachtet, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren techni- schen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, GRUR 2002, 49, 51 – Drehmomentübertragungseinrichtung). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Patentanspruch aufgenommen werden (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 110, 123, 126 – Spleißkammer; zuletzt Urteil vom 30. August 2011 – X ZR 12/10, juris, Rn. 30). Als zulässig ist jedoch – jedenfalls in der älteren Rechtsprechung – auch die Verallgemeinerung einer chemischen Verbindung angesehen worden (Urteil vom 18. Dezember 1975 – X ZR 51/72, BGHZ 66, 17, 30 – Alkylendiamine I). Die Grenze des Zulässigen ist jedoch überschritten, wenn mit der Abstraktion auf eine als solche nicht genannte oder für den Fachmann ohne Weiteres erkennbare Eigenschaft abgehoben wird. Für die Prioritätsbeanspruchung gilt jedenfalls kein weiterer Maßstab. Hierfür reicht daher nicht schon der Umstand aus, dass sich beim Nacharbeiten der Offenbarung eines Ausführungsbeispiels dieses Merkmal ergibt.
33
So liegt der Fall hier. Die UV-Unempfindlichkeit ist in der D1.1 und in der D1.2 nicht genannt, und sie war auch nicht ohne Weiteres zu erkennen. Damit kann die D1 nicht in prioritätsbegründender Weise auf diese Eigenschaft und damit auf ein Unterscheidungskriterium für die Auswahl zur Erzielung des erfindungsgemäßen Erfolgs geeigneter Zusammensetzungen abstellen, das die Prioritätsunterlagen nicht offenbaren, geschweige denn als zur Erfindung gehörend benennen.
34
Somit ist die Priorität der D1.1 und der D1.2 nicht wirksam in Anspruch genommen und der D1 kommt nur der Zeitrang ihres Anmeldetags zu, der nach dem für das Streitpatent wirksam in Anspruch genommenen Prioritätstag liegt. Die D1 ist damit nicht als ältere, nachveröffentlichte Anmeldung bei der Neu- heitsprüfung zu berücksichtigen und rechnet nicht nach Art. 54 Abs. 3 EPÜ zum Stand der Technik.
35
3. Schließlich wird Patentanspruch 1 des Streitpatents auch nicht durch die Kodak-Veröffentlichung "DITP Gold – Thermal Plates" vorweggenommen oder nahegelegt. Diese beschreibt zwar Druckplatten, deren UV-Empfindlichkeit in gewissem Umfang herabgesetzt sein mag, wie auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat. Jedoch erreichte die Unempfindlichkeit nicht ein derartiges Ausmaß, dass ein Einsatz zum Beispiel unter Tageslichteinwirkung und ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen möglich gewesen wäre. Das kommt auch in der Spezifikation zum Ausdruck, in der es heißt: "For manual handling and platesetter loading, operate in yellow safelight."
36
4. Der weitere Stand der Technik kommt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht näher. Die D4 betrifft nicht die Beschichtung von Druckplatten , sondern Filme für die Druckplattenkopie. Der Einsatz des dort beschriebenen Systems unterscheidet sich grundlegend vom Einsatz als lithographische Druckplatte. Es ist nicht ersichtlich, was die Übertragung der Lehre der D4 auf lithographische Druckplatten nahegelegt haben sollte. Im Übrigen trifft die Begründung, die das Patentgericht für die Rechtsbeständigkeit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag II gegeben hat, auch für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung zu.
37
IV. Wenn der Kläger mit einem der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe Erfolg hatte, sind auf die Berufung des Beklagten auch die weiteren, in erster Instanz vom Kläger geltend gemachten, vom Patentgericht aber nicht für durchgreifend erachteten Angriffsmittel Verfahrensgegenstand, ohne dass es deren ausdrücklicher erneuter Geltendmachung, etwa im Weg der Anschlussberufung , bedarf (vgl. zum Berufungsverfahren früheren Rechts nach der Zivilprozessordnung BGH, Urteil vom 25. November 2003 – X ZR 159/00, GRUR 2004, 532 – Nassreinigung). Dies gilt auch für weitere Nichtigkeitsgründe, hier den Nichtigkeitsgrund der mangelhaften Offenbarung. Insoweit haben sich jedoch im Berufungsverfahren keine Gesichtspunkte ergeben, die das vom Patentgericht hierzu gefundene Ergebnis in Frage stellen könnten.
38
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster

Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 10.12.2009 - 3 Ni 24/08 (EU) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 22


(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist. (2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

Gesetz über internationale Patentübereinkommen - IntPatÜbkG | § 6 Das Deutsche Patent- und Markenamt als ausgewähltes Amt


(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2012 - X ZR 3/10 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2012 - X ZR 3/10 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Aug. 2011 - X ZR 12/10

bei uns veröffentlicht am 30.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 12/10 Verkündet am: 30. August 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichts

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2012 - X ZR 126/09

bei uns veröffentlicht am 24.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 126/09 Verkündet am: 24. Juli 2012 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2003 - X ZR 159/00

bei uns veröffentlicht am 25.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL X ZR 159/00 Verkündet am: 25. November 2003 Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2001 - X ZR 168/98

bei uns veröffentlicht am 11.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 168/98 Verkündet am: 11. September 2001 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2008 - X ZR 89/07

bei uns veröffentlicht am 16.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 89/07 Verkündetam: 16. Dezember 2008 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2012 - X ZR 3/10.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - X ZR 107/12

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - X ZR 146/12

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 146/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgericht

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Sept. 2013 - X ZR 16/11

bei uns veröffentlicht am 03.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 16/11 Verkündet am: 3. September 2013 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13

bei uns veröffentlicht am 08.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 1 3 / 1 3 Verkündet am: 8. September 2015 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk:

Referenzen

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 168/98 Verkündet am:
11. September 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Luftverteiler
EPÜ Art. 87, 88; PVÜ Art. 4
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft nur dann im Sinne
des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung, wenn
die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombinati-
on dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten
Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein
und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander
kombiniert werden (im Anschluß an die Stellungnahme G 2/98 der Großen Beschwerdekammer
des Europäischen Patentamts).
BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 10. März 1998 abgeändert : Das europäische Patent 359 698 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig erklärt, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Teils des am 27. April 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 88 07 929 vom 20. Juni 1988 angemeldeten europäischen Patents 359 698 (Streitpatents). Anspruch 1 des Streitpatents, das am 22. Dezember 1993 veröffentlicht worden ist, lautet:
"Gasverteiler, insbesondere Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser, mit
- einem festen, platten Grundelement (1);
- einer über dem Grundelement (1) angeordneten Membrane (2) (= gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteiler-Folie oder -Platte);
- einer Verbindungsvorrichtung (4) zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen der Grundelemente (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des

2

Grundelements (1) satt aufliegt;
- über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, angeordneten , niederhaltenden im wesentlichen stegförmigen
Elementen, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr verhindern;

2


- wobei die Verbindungsvorrichtung (4) wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2) umfaût , in welchem die Membrane (2) entweder einen Randbereich des plattenartigen Grundelements (1) umgreift oder etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des plattenartigen Grundelements (1) einliegt sowie ein KlemmsitzProfildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19', 20') vorgesehen ist, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt."
Wegen des Wortlauts der weiteren, unmittelbar oder mittelbar auf diesen Anspruch rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen die nachstehend wiedergegebenen Figuren 12 und 13 der Streitpatentschrift.
Fig. 12
Fig. 13
Mit der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, das Streitpatent beruhe gegenüber dem Stand der Technik vor dem Prioritätstag sowie gegenüber dem Gebrauchsmuster 88 07 929, dessen Priorität es nicht in Anspruch nehmen könne, nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sei durch eine offenkundige Vorbenutzung im Prioritätsintervall vorweggenommen. Sie hat beantragt ,
das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, daû Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung und in den Patentansprüchen 2, 6, 7, 25 und 30 die Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung entfalle.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen; sein Urteil ist in Mitt. 1998, 430 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie sinngemäû beantragt,
das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig zu erklären, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Dipl.-Ing. B. B., K., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist begründet. Das Streitpatent erweist sich in dem mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Umfang als nicht patentfähig und ist daher insoweit für nichtig zu erklären (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft einen Gasverteiler, insbesondere einen Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser. Wie sich aus dem Zusammenhang der Beschreibung ergibt, geht die Erfindung, die auf einen Gasverteiler "mit den Merkmalen des" (tatsächlich einteilig aufgebauten) "Oberbegriffs des Patentanspruchs 1" Bezug nimmt, von einem Gasverteiler aus, der ein festes , plattenartiges Grundelement aufweist, über dem eine gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte als Membrane angeordnet ist. Zur lösbaren, gasdichten Verbindung von Randbereichen der Membrane mit entsprechenden Randbereichen des Grundelements dient eine vom Streitpatent näher ausgestaltete Verbindungsvorrichtung. Die Membrane liegt bei fehlender Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements satt auf. Bei Gaszufuhr verhindern über der Membrane, insbesondere auf deren Oberfläche , angeordnete, im wesentlichen stegförmige niederhaltende Elemente ein Aufwölben der Membrane.
Einen solchen Gasverteiler beschreibt die in der Streitpatentschrift genannte europäische Patentanmeldung 171 452, wobei die Membrane an ihren Rändern mittels Randleisten derart mit dem Grundelement verbunden wird, daû die Randleisten mit der unter ihnen liegenden Membrane und dem Grun-
delement verschraubt oder vernietet werden. Alternativ erwähnt die Vorveröffentlichung eine Verbindung durch Klammern, die in Abständen den Rand des Grundelements mit der darüber angeordneten Randleiste und dem dazwischen liegenden Randbereich der Membrane umgreifen und gegebenenfalls zusätzlich mit dem Grundelement verschraubt oder vernietet sein können.
Als nachteilig sieht die Streitpatentschrift an, daû die Verbindung zwischen Grundelement, Membrane und als Dichtung dienender Randleiste verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig sei.
Daraus ergibt sich das technische Problem, einen Gasverteiler mit einer zuverlässig gasdichten Verbindungsvorrichtung zu schaffen, die kostengünstig herzustellen ist und eine einfache Montage sowie Demontage beim Austausch der Membran gestattet.
Die Lösung des Streitpatents besteht aus einem Gasverteiler mit folgenden Merkmalen:
1. Der Gasverteiler weist auf
1.1 ein festes, plattenartiges Grundelement (1),
1.2 eine über dem Grundelement (1) als Membrane angeordnete gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte.
2. Eine Verbindungsvorrichtung (4) dient zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen des Grundelementes (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements (1) satt aufliegt.
3. Die Verbindungsvorrichtung (4)
3.1 umfaût wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2), in welchem diese
3.1.1 entweder einen Randbereich des Grundelements (1) umgreift oder
3.1.2 etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des Grundelements (1) einliegt,
3.2 weist ein Klemmsitz-Profildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19©, 20©) auf, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt.
4. Über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, sind niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente
angeordnet, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gaszufuhr verhindern.
II. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist (Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ). Es kann daher dahinstehen, ob ihm gegenüber einem nach der Behauptung der Klägerin offenkundig vorbenutzten Gasverteiler bereits die Neuheit fehlt.
Für den angesprochenen Fachmann, als der ein auf dem Gebiet der Belüftungseinrichtungen tätiger Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, aber auch, wie der Sachverständige ausgeführt hat, ein erfahrener Techniker in Betracht kommt, der sich aufgrund seiner Kenntnis vorhandener Bauformen mit herstellungs- und montagetechnischen Problemen dieser Vorrichtungen beschäftigt , ergab sich die Erfindung in naheliegender Weise aus einer Kombination der in dem Gebrauchsmuster 88 07 929 und in der europäischen Patentanmeldung 171 452 beschriebenen Gasverteiler.
1. Das Gebrauchsmuster, das am 18. August 1988 eingetragen worden ist, ist als Stand der Technik zu berücksichtigen, da die Priorität der betreffenden Anmeldung vom Streitpatent nicht wirksam in Anspruch genommen worden ist.

a) Der in Anspruch 1 des Streitpatents mit den Merkmalsgruppen 1 bis 4 umschriebene Gegenstand ist, wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, in der Gebrauchsmusteranmeldung nicht als zur angemeldeten Erfindung gehörig offenbart. In diesem Sinne offenbart ist dort
vielmehr nur ein Gasverteiler mit den Merkmalen 1 bis 3, nicht hingegen ein solcher, bei dem auûerdem über der Membrane niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente angeordnet sind, die ein Aufwölben der Membrane bei Gaszufuhr verhindern.
Die Beschreibung des Gebrauchsmusters erläutert, ein Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser sei bereits aus der europäischen Patentanmeldung 171 452 bekannt, wobei dieser Luftverteiler eine über einer festen Platte angeordnete, gelochte Luftverteilerfolie aufweise, die an ihren Rändern mittels Randleisten dicht mit der festen Platte verbunden sei, und wobei ferner über der Luftverteilerfolie Stegleisten angeordnet seien, welche direkt mit der festen Platte verbunden seien. Zum gasdichten Verbinden der Luftverteilerfolie an ihren Rändern mit der festen Platte seien die als Dichtungselemente fungierenden Randleisten erforderlich, wobei die Verbindung zwischen diesen Randleisten, der Luftverteilerfolie und gegebenenfalls auch der Stegleisten mit der festen Platte durch selbstschneidende Schrauben oder durch Nieten erfolge , unter Umständen aber auch dadurch, daû Klammern vorgesehen seien, welche in Abständen den Rand der festen Platte mit der zugehörigen Randleiste und dem dazwischenliegenden Randbereich der Luftverteilerfolie umgriffen (S. 2 Z. 7 - 19). Die in der europäischen Patentanmeldung vorgesehene Verbindung zwischen fester Platte, Luftverteilerfolie und Randleisten wird als verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig bezeichnet (S. 2 Z. 27 - S. 3 Z. 4) und hieraus die Aufgabe abgeleitet, eine Verbindungsvorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Schutzanspruchs 1 zu schaffen und diese so auszubilden, daû sie bei sehr guter gasabdichtender Funktion verhältnismäûig geringen Konstruktions- und Fertigungsaufwand erfordert und Montage
bzw. Demontage sowie Wartung rasch und einfach erfolgen können (S. 3 Z. 9 - 19). Das soll dadurch erreicht werden, daû die Verbindungsvorrichtung aus wenigstens einem Klemmsitz-Profildichtungselement pro Randbereich besteht, dessen Profilform in der Weise ausgebildet ist, daû sich eine sowohl festklemmende als auch abdichtende Verbindung zwischen dem jeweiligen Randbereich der Luftverteilerfolie und dem zugeordneten Randbereich der festen Platte ergibt.
Stegleisten, die wie bei dem Gasverteiler nach der europäischen Patentanmeldung über der Luftverteilerfolie angeordnet wären oder angeordnet werden könnten, werden in der weiteren Beschreibung der Erfindung nicht erwähnt und sind auch in den Zeichnungen nicht dargestellt. Eine ausdrückliche Offenbarung, daû der erfindungsgemäûe Luftverteiler mit solchen Leisten versehen werden könne, fehlt daher. Daran ändert auch ihre Erwähnung in der Einleitung der Beschreibung nichts, da sie sich allein auf den vorbekannten Luftverteiler bezieht. In den im übrigen nach der europäischen Patentanmeldung gebildeten Gattungsbegriff des Schutzanspruchs sind die Stegleisten gerade nicht aufgenommen worden; die Erörterung ihrer Verbindung mit der festen Platte erfolgt vielmehr im Zusammenhang mit der Erörterung der als nachteilig angesehenen und vom Gebrauchsmuster zu verbessernden Randverbindungsvorrichtung des Standes der Technik (S. 2 Z. 7 - 19).
Der Fachmann entnimmt den Gebrauchsmusterunterlagen auch nicht als selbstverständlich die Möglichkeit, den zum Gebrauchsmusterschutz angemeldeten Luftverteiler mit Stegleisten zu versehen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings über das Beschriebene hinaus durch eine zum Stand der Technik gehörende Schrift i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG und des Art. 54 Abs. 2
EPÜ alles als offenbart und damit als vorweggenommen anzusehen, was für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerläûlich zu ergänzen ist oder was er bei aufmerksamer Lektüre der Schrift ohne weiteres erkennt und in Gedanken gleich mitliest (BGHZ 128, 270, 276 f. - elektrische Steckverbindung ; Sen.Urt. v. 30.9.1999 - X ZR 168/96, GRUR 2000, 296, 297 - Schmierfettzusammensetzung ). Das gilt auch für die Ermittlung des Inhalts einer für die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts oder die Prüfung einer unzulässigen Erweiterung maûgeblichen ursprünglichen Anmeldung mit der Maûgabe, daû es darauf ankommt, ob der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik eine solche selbstverständliche Ergänzung der Anmeldung als zur angemeldeten Erfindung gehörend entnehmen kann. Denn eine Lehre zum technischen Handeln geht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, wenn die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht erkennen läût, daû sie als Gegenstand von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn ; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm). Daû indessen Gasverteiler mit Stegleisten nach dem Vorbild der europäischen Patentanmeldung 171 452 von dem mit der Gebrauchsmusteranmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein sollten, ist den Unterlagen dieser Anmeldung nicht zu entnehmen.
Die Anmeldung befaût sich nämlich nur mit der Randverbindung zwischen Folie und fester Platte, auf die auch sämtliche Schutzansprüche gerichtet sind, und nimmt die Oberseite der Folie und dort etwa anzubringende Stegleisten nicht in den Blick. Erwähnt ist lediglich, daû sich im Falle zuneh-
mender Zugbeanspruchung der erfindungsgemäûen Klemmverbindung beispielsweise aufgrund der sich aufwölbenden elastischen Folie bei zunehmendem Gasdruck die Klemmwirkung sogar noch in vorteilhafter Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Das ist jedenfalls kein die Anbringung von Stegleisten erfordernder Effekt. Denn wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, ging der Fachmann im Prioritätszeitpunkt nicht etwa als selbstverständlich davon aus, bei Gasverteilern der gattungsgemäûen Art eine übermäûige Aufwölbung durch Stegleisten verhindern zu müssen. Vielmehr stand ihm die Möglichkeit zu Gebote, je nach Gröûe der in Richtung der Aufwölbung wirkenden Kraft die Klemmverbindung entsprechend stärker auszubilden. Die angemeldete Erfindung umfaûte somit die Ausstattung des Gasverteilers mit Stegleisten nicht.

b) Danach ist die wirksame Inanspruchnahme der Priorität des Gebrauchsmusters für das Streitpatent nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ nicht möglich, da das Streitpatent nicht dieselbe Erfindung betrifft wie die Gebrauchsmusteranmeldung.
Der Senat schlieût sich der Stellungnahme vom 31. Mai 2001 (G 2/98) an, in der die Groûe Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Erfordernis derselben Erfindung i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EPÜ dahin ausgelegt hat, daû die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäû Art. 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Maûgeblich dafür sind folgende Erwägungen:
Nach Art. 4 F PVÜ, gegenüber deren Prioritätsgrundsätzen das EPÜ den Anmelder nicht schlechter stellen darf (Sen., BGHZ 82, 88, 97 - Roll- und Wippbrett), kann zwar die Anerkennung einer Priorität nicht deswegen verweigert werden, weil eine Patentanmeldung ein oder mehrere Merkmale (französische Fassung: éléments; englische Fassung: elements) enthält, die in der Anmeldung , deren Priorität beansprucht wird, nicht enthalten waren, sofern Erfindungseinheit im Sinne des Landesgesetzes vorliegt. Ein élément im Sinne des Art. 4 F PVÜ ist jedoch nicht im Sinne eines Anspruchsmerkmals zu verstehen, sondern meint einen Erfindungsgegenstand, der explizit oder implizit in den Ursprungsunterlagen offenbart ist, aber nach Art. 4 H PVÜ nicht notwendigerweise in einem Anspruch definiert sein muû. Das stimmt mit der Schranke der Einheitlichkeit überein, die Art. 4 F PVÜ der Zusammenfassung mehrerer éléments in einer Nachanmeldung setzt, und entspricht dem verfahrensrechtlichen Zweck der Vorschrift, dem Anmelder eine Mehrzahl von Nachanmeldungen im Ausland zu ersparen (vgl. Lins, Das Prioritätsrecht für inhaltlich geänderte Nachmeldungen, S. 27). Eine Auslegung des Begriffs derselben Erfindung in Art. 87 Abs. 1 EPÜ, die diesen mit dem Begriff desselben Gegenstandes in Art. 87 Abs. 4 EPÜ gleichsetzt, steht danach nicht in Widerspruch zur PVÜ.
Allerdings bestimmt Art. 88 Abs. 2 Satz 2 EPÜ, daû für einen Anspruch mehrere Prioritäten in Anspruch genommen werden können. Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift war jedoch, wie in der Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer dargelegt, nicht beabsichtigt, für Teile ein und desselben Patentanspruchs unterschiedliche Prioritäten zuzulassen. Vielmehr sollte lediglich der Fall geregelt werden, daû alternative Ausführungsformen
einer Erfindung ("Oder-Ansprüche") jeweils in unterschiedlichen Voranmeldungen offenbart sind.
Der - auch für die Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer - entscheidende Gesichtspunkt liegt schlieûlich in der Wirkung des Prioritätsrechts nach Art. 89 EPÜ, die darin besteht, daû der Prioritätstag für die Anwendung des Art. 54 Abs. 2, 3 sowie des Art. 60 Abs. 2 als Tag der europäischen Patentanmeldung gilt. Es wäre eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders, wenn diese Wirkung auch bei einer Weiterentwicklung der Erfindung (durch Hinzufügung eines weiteren Merkmals bei der Nachanmeldung ) dem Gegenstand der Nachanmeldung in seiner Gesamtheit zugebilligt würde. Das widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Anmeldern und Dritten durch einen einheitlichen Offenbarungsbegriff ebenso wie dem Zweck des Art. 54 Abs. 3 EPÜ, im Falle zweier europäischer Anmeldungen , die auf denselben Gegenstand gerichtet sind, das Recht auf das Patent (nur) demjenigen Anmelder zu geben, der den beanspruchten Gegenstand in seiner Gesamtheit zuerst offenbart hat.
Eine solche sachlich ungerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders lieûe sich jedoch allenfalls dann vermeiden, wenn es möglich wäre, hinsichtlich bei der Nachanmeldung hinzugefügten Merkmalen danach zu unterscheiden , ob sie Funktion und Wirkung der Erfindung (im Sinne des technischen Sinngehalts der ursprünglich offenbarten Merkmalskombination) beeinflussen oder nicht. Dafür stehen jedoch praktisch brauchbare Kriterien nicht zur Verfügung. Die von den Technischen Beschwerdekammern zum Teil praktizierte Unterscheidung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Zusatzmerkmalen hat die Groûe Beschwerdekammer zu Recht für aus Gründen der
Rechtssicherheit nicht angängig gehalten. Die vom Bundespatentgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretene Konzeption, in der der Nachanmeldung - nur im Umfang der in der Erstanmeldung offenbarten Merkmalskombination - deren Priorität zugebilligt wird, wenn die Nachanmeldung den ursprünglichen Erfindungsgedanken im Sinne einer weiteren Ausgestaltung ergänze, wie dies in der Regel die Merkmale eines echten Unteranspruchs täten, zwänge dazu, dem ursprünglichen Erfindungsgedanken eine Ausgestaltung zuzurechnen, die als solche in der Erstanmeldung gerade nicht offenbart ist, und damit zur Aufgabe des einheitlichen Begriffs der zum Patentschutz angemeldeten Erfindung, der diese allein aus der Anmeldung selbst danach bestimmt, was in ihr als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Ferner könnte die Abgrenzung zwischen einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der das Merkmal 4 die Merkmale 1 bis 3 lediglich ergänzt, und einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der auch die Merkmale 1 bis 3 im Rahmen der Gesamtkombination eine andere technische Bedeutung gewinnen, im Einzelfall Probleme bereiten, deren Inkaufnahme der Rechtssicherheit bei der Beurteilung der wirksamen Prioritätsinanspruchnahme abträglich wäre. Schlieûlich ergäbe sich die für den Anmelder gefährliche Konsequenz, daû ihm bei der Nachanmeldung der Gesamtkombination 1 bis 4 die Zubilligung des Prioritätsrechts für die Merkmalskombination 1 bis 3 nicht hülfe, wenn im Prioritätsintervall die Gesamtkombination 1 bis 4 von einem Dritten angemeldet oder - wie im Streitfall von der Klägerin behauptet - offenkundig würde, weil die Gesamtkombination lediglich die Priorität des Anmeldetages genösse (vgl. Sen., BGHZ 63, 150, 154 - Allopurinol; Lins/Gramm, GRUR Int. 1983, 634/635; v. Hellfeld, Mitt. 1997, 294, 296/297; Tönnies, GRUR Int. 1998, 451, 453). Insbesondere auf sich schnell entwikkelnden Gebieten der Technik wäre ein so verstandenes Prioritätsrecht daher
letztlich unzureichend (Joos, GRUR Int. 1998, 456, 459 f.) und geeignet, dem Anmelder die trügerische Sicherheit zu vermitteln, die Nachanmeldung der Erfindung in weiterentwickelter Form sei prioritätsunschädlich.
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft hiernach nur dann im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung , wenn die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander kombiniert werden.
Für den Streitfall folgt hieraus, daû für das Streitpatent, zu dessen Gegenstand nach sämtlichen Patentansprüchen zwingend das Merkmal 4 gehört, die Priorität des Gebrauchsmusters 88 07 929 nicht in Anspruch genommen werden kann, das dieses Merkmal nicht als zur Erfindung gehörig offenbart.
2. Für den Fachmann, der sich Gedanken über die zweckmäûige Ausbildung eines Luftverteilers machte, wie er im Gebrauchsmuster 88 07 929 beschrieben ist, lag es ohne weiteres nahe, diesen mit Stegleisten zu versehen , wie sie die europäische Patentanmeldung 171 452 zeigt.
Sie dienen bei dem Luftverteiler nach der europäischen Patentanmeldung , wie dort auf S. 4 Z. 31 - 34 beschrieben, dazu, ein Aufwölben der gelochten Luftverteilerfolie bei Luftzufuhr zu verhindern. In dem Gebrauchsmuster ist zwar, wie erwähnt, die Aufwölbung als vorteilhaft beschrieben, weil sie die erwünschte Klemmwirkung der Randverbindungsvorrichtung in vorteilhafter
Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Ein Aufwölben der Folie findet jedoch stets statt, sei es hinsichtlich der Folie insgesamt, sei es hinsichtlich ihrer von den Stegleisten eingefaûten Teile, so daû der Hinweis im Gebrauchsmuster auf den hierin zu sehenden Vorteil den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, nicht von dem Einsatz von Stegleisten abhielt. Vielmehr erschien es dem Fachmann, wie der Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, am Anmeldetag gleichermaûen möglich, je nach Zweckmäûigkeit und Auslegung der Klemmkraft des Profildichtungselements den Luftverteiler so zu bauen, daû sich eine gröûere (ohne Stegleisten) oder kleinere Aufwölbung (mit Stegleisten) ergab. Mit der Wahl der zweiten Alternative gelangte er zum Gegenstand des Streitpatents.
III. Die weiterhin angegriffenen Unteransprüche des Streitpatents enthalten handwerkliche Ausgestaltungen der Lehre des Anspruchs 1 und können die Patentfähigkeit des Streitpatents gleichfalls nicht begründen. Der Beklagte hat hierfür auch nichts geltend gemacht.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 110 Abs. 3 Satz 2 PatG in der nach Art. 29 2. PatGÄndG weiter anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Rogge Jestaedt Melullis Scharen Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 126/09 Verkündet am:
24. Juli 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Leflunomid
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Eine die Kombination zweier Wirkstoffe (hier: Leflunomid und Teriflunomid) umfassende
Arzneimittelzubereitung ist durch den Stand der Technik nahegelegt,
wenn der Fachmann, der vor dem Prioritätstag nach einer durch den Stand der
Technik nahegelegten Verfahrensanweisung ein Monopräparat (hier: mit dem
Wirkstoff Leflunomid) hergestellt hätte, ein Erzeugnis erhalten hätte, das während
einer verkehrsüblichen Lagerungszeit durch eine chemische Reaktion in
die Kombination der beiden Wirkstoffe umgewandelt worden wäre.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 - X ZR 126/09 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Gröning und
Dr. Bacher

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. August 2009 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert. Das europäische Patent 896 537 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 7. März 1997 angemeldeten europäischen Patents 896 537 (Streitpatents), das die Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 20. März 1996 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft ein Kombinationspräparat enthaltend 5-Methylisoxazol4 -carbonsäure-(4-trifluormethyl)-anilid (Verbindung oder Komponente 1, im Folgenden auch: Leflunomid) und N-(4-Trifluormethylphenyl)-2-cyan-3-hydroxy- crotonsäureamid (Verbindung oder Komponente 2, im Folgenden auch: Teriflunomid ). Es umfasst in der erteilten Fassung elf Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache lautet: "1. Feste Zubereitung, enthaltend die Komponente 1 5-Methylisoxazol-4-carbonsäure-(4-trifluormethyl )-anilid, die Komponente 2, die Verbindung der Formel I und/oder eine stereoisomere Form der Verbindung der Formel I und/oder ein physiologisch verträgliches Salz der Verbindung der Formel I, und
3) einen pharmazeutisch verträglichen Träger, dadurch gekennzeichnet, dass der Gehalt der Komponente 1 von 2 bis 20 mg beträgt und der Gehalt der Komponente 2 von 0,3% bis 50% der Komponente 1 beträgt.
2
Wegen der Ansprüche 4 bis 11 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
3
Die Klägerin hat mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig; er sei nicht neu, ergebe sich für den Fachmann aber jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und das Streitpatent hilfsweise beschränkt verteidigt.
4
Durch das angefochtene Urteil hat das Patentgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
5
Die Beklagte verteidigt das Streitpatent nur noch in der Fassung von acht Verwendungsansprüchen. Danach sollen mit Patentanspruch 1 die Verwendung einer festen Zubereitung aus den Komponenten 1 und 2 und einem pharmazeutisch verträglichen Träger nach Maßgabe der erteilten Fassung, jedoch mit einem Gehalt der Komponente 2 (Teriflunomid) von 0,3% bis 10% der Komponente 1 (Leflunomid) zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis geschützt werden, der Gehalt der Komponente 2 in den Unteransprüchen 2 bis 5 zwischen 0,5% bis 10%, 0,8% bis 10%, 1% bis 10% und 1% bis 5% variieren und mit den Unteransprüchen 6 bis 8 zusätzlich bestimmte Darreichungsformen dieser Zubereitungen erfasst werden.
6
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. M. , Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität F. , ein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten und ein ergänzendes Gutachten vorgelegt, das Prof. Dr. S. , Universität B. , für sie erstellt hat.

Entscheidungsgründe:

7
Soweit die Beklagte das Streitpatent nicht mehr verteidigt, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 170, 215 - Carvedilol II). In den Grenzen der be- schränkten Fassungen führt die zulässige und begründete Berufung der Klägerin ebenfalls zu seiner Nichtigerklärung.
8
I. Das Streitpatent betrifft eine feste Arzneimittelzubereitung, die Leflunomid in bestimmten Mengen und prozentual darauf bezogene Anteile an Teriflunomid enthält. Der Streitpatentschrift zufolge war aus der europäischen Patentanmeldung 13 376 (NiK6) bekannt, dass Leflunomid antirheumatisch, antiphlogistisch, antipyretisch und analgetisch wirksam ist und gegen Multiple Sklerose eingesetzt werden kann. In der europäischen Patentanmeldung 217 206 (NiK2) werde beschrieben, dass Teriflunomid immunmodulierende Eigenschaft habe und sich zur Behandlung von chronischer Graft-versus-HostKrankheit und Autoimmunerkrankungen, insbesondere systemischem Lupus erythematodes, eigne und diesbezügliche pharmazeutische Präparate je nach Anwendungsform in unterschiedlichen Dosen verabreicht würden.
9
Ein konkretes zu lösendes Problem wird in der Beschreibung des Streitpatents nicht ausdrücklich formuliert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das von einer Schutzrechtslehre gelöste Problem danach , was die Erfindung objektiv leistet, was wiederum durch Auslegung der Patentansprüche, gegebenenfalls unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen, zu ermitteln ist (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 mwN - Gelenkanordnung).
10
Patentanspruch 1 des Streitpatents stellt in der zuletzt verteidigten Fassung (im Folgenden nur: Patentanspruch 1) die Verwendung einer festen Zubereitung unter Schutz, enthaltend 1. die Komponente 1 (Leflunomid), 1.1 mit einem Gehalt von 2 bis 20 mg, 2. die Komponente 2 (Teriflunomid), die Verbindung der Formel I und/oder eine stereoisomere Form der Verbindung der Formel I und/oder ein physiologisch verträgliches Salz der Verbindung dieser Formel, 2.1 mit einem Gehalt von 0,3% bis 10% der Komponente 1, 3. einen pharmazeutisch verträglichen Träger, 4. zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis.
11
Unter Berücksichtigung seiner Beschränkung ergibt sich als das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem, ein zur Behandlung von rheumatoider Arthritis verwendbares Arzneimittel mit besserem Wirkungsgrad zur Verfügung zu stellen.
12
II. Das Patentgericht die Patentfähigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung bejaht und dies im Wesentlichen wie folgt begründet.
13
Dieser Gegenstand sei neu. Soweit NiK2 zur Behandlung von chronischer Graft-versus-Host-Krankheit sowie von bestimmen Autoimmunkrankheiten auch die Verwendung von Leflunomid und Teriflunomid in Kombination vor- schlage, werde stets nur eine für alle Formulierungen gleichermaßen geltende Gesamtdosis angegeben, nicht aber, in welchem anteiligen Mengenverhältnis die beiden Stoffe im Falle ihrer Kombination vorzusehen seien, um die angestrebte Wirkung zu erzielen.
14
Die Neuheit der vorgeschlagenen Kombination könne auch nicht deshalb verneint werden, weil der Anteil des letzteren Stoffs im Verhältnis zum ersteren nur in einer extrem großen Bandbreite (330:1 bis 2:1) beziffert werde. Denn über die Abhängigkeitsrelation werde nicht nur der mögliche Gehalt von Teriflunomid an der gesamten Zubereitung definiert, sondern auch der Bereich für das Mischungsverhältnis selbst angegeben, wobei der Gehalt an Leflunomid als der Bezugsgröße selbst nicht uferlos weit, sondern auf den Bereich zwischen 2 und 20 mg eingegrenzt sei. Da NiK2 keine Angaben zum Mischungsverhältnis enthalte, werde die Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents insoweit nicht vorweggenommen.
15
Soweit die Klägerin sich dafür, dass bei der Synthese oder Lagerung von Leflunomid stets ein in die Bandbreite von Patentanspruch 1 fallender Anteil von Teriflunomid entstehe, auf die Nacharbeitung (NiK7) eines in NiK6 enthaltenen Vorschlags zur Synthese von Leflunomid stütze, sei dort mit 153,6° C ein anderer Schmelzpunkt ausgewiesen als in NiK6 (166,5° C). Außerdem sei der Synthesegegenstand ein Grobprodukt mit nicht unbeträchtlichen Verunreinigungen gewesen, das der Fachmann für die Arzneimittelherstellung nicht in Betracht ziehe. Dass Teriflunomid auch in einem zur Arzneimittelherstellung geeigneten, aufgereinigten Rohprodukt gemäß NiK7 mit einem Schmelzpunkt von 166,5° C in den erforderlichen Mengen nachweisbar sei, werde durch diesen Vergleichsversuch nicht belegt.
16
Auch die weiteren in das Verfahren eingeführten Schriften belegten nicht, dass Teriflunomid zwangsläufig und stetig in einer von Patentanspruch 1 beanspruchten Größenordnung in Leflunomid-Formulierungen enthalten sei.
17
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei dem Fachmann nicht durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen. NiK2 gebe keine konkreten Hinweise darauf, wie beide Stoffe kombiniert werden könnten. Es habe auch keine fachliche Veranlassung bestanden, Leflunomid und Teriflunomid in Kombination zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe aufzugreifen und eine pharmazeutische Zusammensetzung auf Basis dieser Komponenten für den Bereich der immunsuppressiven Therapie mit verbesserter Wirkung bei geringerer Dosis bereitzustellen. Aus fachmännischer Sicht sei vielmehr davon auszugehen gewesen, dass jede dieser beiden Verbindungen an sich zur Behandlung der für sie genannten immunologischen Erkrankungen geeignet sei. Es sei auch bekannt gewesen, dass in festen Formulierungen verabreichtes Leflunomid im Dünndarm fast vollständig zu Teriflunomid metabolisiert werde, dieser Stoff letztlich die pharmakologische Wirkung von Leflunomid ausmache und das aktive Prinzip darstelle, weshalb auch stets die gleiche biologische Wirkung zu erwarten gewesen sei, unabhängig davon, ob der Wirkstoff als Leflunomid oder als dessen Metabolit in festen Verbindungen verabreicht werde. Das gelte umso mehr, als die beiden Stoffe nach NiK2 zwar kombiniert angewendet werden könnten, dort für alle Anwendungsformen aber immer die gleich hohe Dosis empfohlen werde. Bei dieser Sachlage seien aus fachmännischer Sicht aus der Kombination von Leflunomid und Teriflunomid keine Vorteile in Gestalt einer verringerten Dosis und damit einhergehenden reduzierten Nebenwirkungen zu erwarten gewesen und noch weniger, dass die Einstellung der in Patentanspruch 1 angegebenen Mengenverhältnisse zu einer Wirkungsverbesserung führen würde. Der bei der dokumentierten Tierversuchs- reihe an der Abnahme des Rattenpfotenvolumens ablesbare synergistische Effekt sei für den Fachmann in keiner Weise vorhersehbar gewesen. Sei die Kombination zweier Wirkstoffe als solche nicht nahegelegt, könnten synergistische Effekte die erfinderische Tätigkeit begründen, wenn sie für den Fachmann, wie hier, unerwartet und überraschend seien.
18
III. Diese Beurteilung hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis nicht stand. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Patentgericht die Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung zu Recht bejaht hat. Auch in seiner zuletzt verteidigten Fassung erweist sich dieser Anspruch jedenfalls als nicht rechtsbeständig, weil sein Gegenstand dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. 138 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 56 EPÜ; Art. II § 6 Nr. 1 IntPatÜG); für die Unteransprüche gilt Entsprechendes.
19
1. Als Fachmann ist nach den zutreffenden und von den Parteien nicht beanstandeten Ausführungen des Patentgerichts ein promovierter Chemiker oder Pharmazeut mit mehrjähriger Industriepraxis und speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Arzneimittelentwicklung anzusehen, der mit einem in der Forschung tätigen Mediziner mit Erfahrung auf dem Gebiet der Immunologie in einem Team zusammenarbeitet.
20
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist als diesem Fachmann durch den Stand der Technik am Prioritätstag nahegelegt zu bewerten.
21
a) Leflunomid metabolisiert nicht nur, wie in der 1987 veröffentlichten NiK2 erwähnt, im basisch geprägten Milieu des menschlichen Dünndarms zu Teriflunomid, sondern dieselbe Umwandlung vollzieht sich, sofern keine - am Prioritätstag des Streitpatents nicht bekannten - Gegenmaßnahmen ergriffen werden, auch bei bloßer Lagerung des Stoffes. Dieser Prozess ist, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat und was von den Parteien nicht in Frage gestellt wird, in der chemischen Struktur der Gruppe der Isoxazole begründet, zu der Leflunomid gehört und derzufolge dessen heterozyklischer Teil durch Ringöffnung zu einem entsprechenden Teil zu Teriflunomid reagiert. Solche Ringöffnungen durch Basen sind, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, in der Fachliteratur seit über 100 Jahren beschrieben und auch das erfolgreiche Unterfangen der Beklagten, der Klägerin den Vertrieb eines Leflunomidpräparates gerichtlich zu untersagen, beruht auf dieser Erkenntnis (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. April 2011 - 4b O 29/11, Anlage E 2).
22
b) Im Verlaufe dieses Umwandlungsprozesses erreicht der Anteil, zu dem sich Leflunomid zu Teriflunomid umbildet, eine Größenordnung, die in die mit Patentanspruch 1 beanspruchte Spanne fällt.
23
aa) In der europäischen Patentanmeldung 797 895 (NiK5) wird erläutert, dass die Herstellung von festen, Leflunomid enthaltenden Arzneistoffzubereitungen beispielsweise in Tablettenform während der Lagerung zur Bildung von 6% bis 9% Teriflunomid führt. Nach einem von zwei in der Schrift dokumentierten Beispielen wiesen Leflunomidzubereitungen, die im Wesentlichen wasserfrei hergestellt worden waren, nach sechs Monaten Lagerung bei 40°C mit einer Luftfeuchtigkeit von 75% einen Teriflunomidgehalt in Höhe von 1,5%, bezogen auf den Gehalt an Leflunomid, auf. Eine ähnliche, aber zunächst in Wasser gelöste Zubereitung (zweites Beispiel) wies nach gleich langer Lagerung unter identischen Bedingungen einen Gehalt von 8,3% Teriflunomid auf.
24
Diese Angaben können bei der Entscheidung des Streitfalls unbeschadet des Umstands berücksichtigt werden, dass der für die Anmeldung maßgebliche Prioritätstag von NiK5 eine Woche nach dem für das Streitpatent in Anspruch genommenen liegt. Mit Art. 54 EPÜ unvereinbar wäre allerdings, die Neuheit der Lehre des Streitpatents an der später veröffentlichten, prioritätsjüngeren Schrift zu messen. Das geschieht aber nicht, wenn lediglich die in jener Patentanmeldung mitgeteilten Messergebnisse zur prozentualen Umwandlung von Leflunomid zu Teriflunomid verwertet werden. Diese Daten spiegeln lediglich die dem Wirkstoff Leflunomid immanente und, wie ausgeführt, in seiner chemischen Struktur begründete Eigenschaft wider, sich ohne Weiteres zu Teriflunomid umzuwandeln. Dieser Prozess vollzog sich vor dem Prioritätstag des Streitpatents nicht anders als danach, und auch wenn ein Beleg für konkrete Werte erst nach dem Prioritätstag des Streitpatents, in NiK5, veröffentlicht wurde, sieht der Senat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass diese Werte bei früherer Veröffentlichung entsprechend ausgefallen wären. Das gilt umso mehr, als die in NiK5 beschriebenen Versuche infolge der Lagerzeit von sechs Monaten ohnehin geraume Zeit vor dem Prioritätstag des Streitpatents angelegt waren.
25
bb) Eine weitere Bestätigung ergibt sich aus den von der Beklagten im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf vorgelegten Versuchsergebnissen. Sie hat sich dort auf Stabilitätsprüfungen ihres eigenen Präparats A. berufen , bei denen drei verschiedene Chargen von 20-mg-Filmtabletten über einen Zeitraum von 36 Monaten unter üblichen Laborbedingungen und gemäß etablierten Standardverfahren getestet wurden. Hierbei ergab sich, dass die Leflunomidtabletten unter Bedingungen der Klimazonen I und II nach 12 Monaten einen Teriflunomidgehalt von 0,3%, nach 18 Monaten einen Teriflunomidgehalt von 0,4 - 0,5% und nach 36 Monaten einen Teriflunomidgehalt von 0,8 - 1,1% aufwiesen. Unter Bedingungen der Klimazonen III und IV betrugen die Gehalte nach 12 Monaten 0,5 – 0,8, nach 18 Monaten 0,9 – 1,2 und nach 36 Monaten 1,7 - 2,1%. Sämtliche Werte lagen mithin in dem in Merkmal 2.1 angegebenen Gehaltsbereich.
26
c) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 war dem Fachmann hiernach nahegelegt, ohne dass es darauf ankäme, ob der Fachmann, was das Patentgericht verneint hat, Anlass hatte oder ob es eine Anregung dafür gab, zu einer Leflunomid enthaltenden Arzneimittelzubereitung Teriflunomid nach den Vorgaben von Patentanspruch 1 zuzugeben.
27
aa) Der am Prioritätstage mit der patentgemäßen Aufgabenstellung befasste Fachmann hätte mit einer solchen Maßnahme nichts anderes erreicht als dasjenige, was sich infolge der chemischen Struktur von Leflunomid von selbst einstellte. Der Fachmann wäre mithin schon dann zu einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung gelangt, wenn er vor dem Prioritätstag ein Leflunomidpräparat , wie es im druckschriftlichen Stand der Technik vorbeschrieben war, in der Weise formuliert hätte, wie es die Beklagte bei ihrem Erzeugnis A. und ihr folgend die Klägerin bei ihrem vor dem Landgericht Düsseldorf als das Streitpatent verletzend angegriffenen Erzeugnis getan hat. Zwar kann nicht festgestellt werden, dass die konkrete Formulierung im Stand der Technik bekannt war. Wie jedoch in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten S. im Einzelnen ausgeführt wird und die Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen bestätigt hat, enthält die Formulierung einschließlich der als Füllstoffe verwendeten Laktose und Maisstärke, des Bindemittels Povidon (Poly(1-vinyl-2pyrrolidon ), des Sprengmittels Crospovidon sowie der als Fließregulierungsund Schmiermittel verwendeten Komponenten Siliziumdioxid und Magenesiumstearat nichts, was am Prioritätstag nicht zu den üblichen und gängigen Maßnahmen der Galenik gehört hätte, und die Beklagte macht hierfür substanziiert auch nichts geltend.
28
bb) Das Naheliegen der erfindungsgemäßen Zubereitung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich aus dem naheliegenden Vorgehen des Fachmanns bei der Bereitstellung einer Leflunomidmonotablette eine Zusammensetzung aus Leflunomid und Teriflunomid erst nach einer Lagerung des Leflunomiderzeugnisses über eine gewisse Zeitspanne und damit sozusagen erst mit Verzögerung eingestellt hätte. Jedenfalls nach Anlauf dieser Zeitspanne hätte sich ein erfindungsgemäßes Kombinationspräparat ergeben, denn Patentanspruch 1 definiert keinen Zeitpunkt, namentlich nicht den der Herstellung der Zubereitung, zu dem beide Wirkstoffe in dem geforderten mengenmäßigen Verhältnis zueinander vorliegen müssten, sondern schützt die Kombination als solche ungeachtet des Zeitpunkts, zu dem und der Art und Weise, wie sie entstanden ist. Dies gilt auch nach dem Übergang zu einem Verwendungsanspruch , denn die Verwendungsangabe fügt nur die Indikation für die Gabe des Kombinationspräparats hinzu, ändert aber nichts an den Anforderungen an Beschaffenheit und Entstehung des arzneilichen Mittels.
29
cc) Unerheblich ist auch, dass es für den Fachmann nicht nahegelegen haben mag, ein Leflunomidpräparat mit der Intention zu formulieren, nach einer üblichen und zulässigen Lagerungsdauer eine Kombination von Leflunomid mit dem Metaboliten Teriflunomid zur Verfügung zu haben. Denn ebenso wie die Neuheit eines Gegenstands zu verneinen ist, der sich bei Befolgung eines bekannten Verfahrens zwangsläufig einstellt (Benkard/Melullis, EPÜ, 2. Aufl., Art. 54 Rn. 134; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. Januar 1980 - X ZB 4/79, BGHZ 76, 97 - Terephthalsäure - sowie US Court of Appeals for the Federal Circuit vom 8. Mai 2012, 11-1376 in re Montgomery), ist ein Gegenstand als nahegelegt anzusehen, den der Fachmann - und sei es mit gewisser Verzögerung - zwangsläufig erhält, wenn er ein durch den Stand der Technik nahegelegtes Verfahren anwendet. Denn ein derartiger Gegenstand, mag ihn zur Ver- fügung zu stellen auch als solches nicht nahegelegt gewesen sein, ist das Ergebnis naheliegenden fachmännischen Handels und kann mithin hervorgebracht werden, ohne dass es hierzu eines erfinderischen Bemühens bedürfte.
30
Die Patentfähigkeit der erfindungsgemäßen Lehre mit Blick auf die Vermeidung zeitlicher Verzögerungen im Aufbau eines bestimmten Anteils an Teriflunomid zu bejahen, würde im Übrigen zu dem nicht zu befürwortenden Ergebnis führen, dass sich die Befolgung von im Stand der Technik bekannten oder durch ihn nahegelegten Anweisungen zur Herstellung von Leflunomid nur infolge eines üblichen Lagerungsprozesses von einer gewissen Dauer als Verletzung des Streitpatents darstellen und mithin die Freiheit des Wettbewerbs zur Nutzung des Standes der Technik ungerechtfertigt beschränken würde.
31
d) Zur Patentfähigkeit verhilft dem Gegenstand von Patentanspruch 1 auch nicht der beanspruchte Verwendungszweck zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Bereits die NiK6 beschreibt, wie auch die Streitpatentschrift ausführt, Leflunomid als eine antirheumatisch und antiphlogistisch (entzündungshemmend ) wirkende Verbindung. Damit bestand für den Fachmann ein hinreichender Anlass, eine Verwendung auch bei einer entzündlichen Erkrankung der Gelenke in Erwägung zu ziehen.
32
e) Ferner war es auch nahegelegt, hierzu der festen Zubereitung einen Leflunomidgehalt von 2 bis 20 mg zu geben (Merkmal 1.1). Eine Aussage über die Tagesdosis ist hiermit nicht verbunden. Auch die Beschreibung des Streitpatents (Tz. 16) weist darauf hin, dass die anzuwendende Dosierung von einer Vielzahl von Faktoren abhänge, und bemerkt im Übrigen, dass die Dosierungen im Allgemeinen mehrfach pro Tag und vorzugsweise ein- bis dreimal täglich verabreicht würden. Die erfindungsgemäße Lehre entspricht oder überschneidet sich jedenfalls insoweit mit den Angaben in der NiK2, Leflunomid in Form von Tabletten oder Kapseln in einer Dosis von 10 bis 200 mg zur Verfügung zu stellen (S. 10 Z. 23-25) und bei einem Erwachsenen eine Tagesdosis von 50 bis 200 mg bei oraler und von 10 bis 30 mg bei rektaler Verabreichung vorzusehen.
33
3. Die zuletzt verteidigten Unteransprüche 2 bis 5 sind nicht anders zu beurteilen. Sie unterscheiden sich von Patentanspruch 1 lediglich dadurch, dass abweichende prozentuale Anteilsspannen von Teriflunomid beansprucht werden, die aber alle Werte einschließen, die bei einer Lagerung von Leflunomid auftreten können. Schließlich ist auch für eine abweichende Beurteilung des Gegenstands der Unteransprüche 6 bis 8 weder etwas ersichtlich noch geltend gemacht.
34
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. mit § 91 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck Gröning
Die Richter Keukenschrijver, Mühlens und Dr. Bacher können wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Meier-Beck
Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.08.2009 - 3 Ni 52/07 (EU) -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 168/98 Verkündet am:
11. September 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Luftverteiler
EPÜ Art. 87, 88; PVÜ Art. 4
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft nur dann im Sinne
des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung, wenn
die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombinati-
on dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten
Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein
und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander
kombiniert werden (im Anschluß an die Stellungnahme G 2/98 der Großen Beschwerdekammer
des Europäischen Patentamts).
BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 10. März 1998 abgeändert : Das europäische Patent 359 698 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig erklärt, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Teils des am 27. April 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 88 07 929 vom 20. Juni 1988 angemeldeten europäischen Patents 359 698 (Streitpatents). Anspruch 1 des Streitpatents, das am 22. Dezember 1993 veröffentlicht worden ist, lautet:
"Gasverteiler, insbesondere Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser, mit
- einem festen, platten Grundelement (1);
- einer über dem Grundelement (1) angeordneten Membrane (2) (= gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteiler-Folie oder -Platte);
- einer Verbindungsvorrichtung (4) zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen der Grundelemente (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des

2

Grundelements (1) satt aufliegt;
- über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, angeordneten , niederhaltenden im wesentlichen stegförmigen
Elementen, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr verhindern;

2


- wobei die Verbindungsvorrichtung (4) wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2) umfaût , in welchem die Membrane (2) entweder einen Randbereich des plattenartigen Grundelements (1) umgreift oder etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des plattenartigen Grundelements (1) einliegt sowie ein KlemmsitzProfildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19', 20') vorgesehen ist, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt."
Wegen des Wortlauts der weiteren, unmittelbar oder mittelbar auf diesen Anspruch rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen die nachstehend wiedergegebenen Figuren 12 und 13 der Streitpatentschrift.
Fig. 12
Fig. 13
Mit der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, das Streitpatent beruhe gegenüber dem Stand der Technik vor dem Prioritätstag sowie gegenüber dem Gebrauchsmuster 88 07 929, dessen Priorität es nicht in Anspruch nehmen könne, nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sei durch eine offenkundige Vorbenutzung im Prioritätsintervall vorweggenommen. Sie hat beantragt ,
das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, daû Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung und in den Patentansprüchen 2, 6, 7, 25 und 30 die Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung entfalle.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen; sein Urteil ist in Mitt. 1998, 430 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie sinngemäû beantragt,
das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig zu erklären, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Dipl.-Ing. B. B., K., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist begründet. Das Streitpatent erweist sich in dem mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Umfang als nicht patentfähig und ist daher insoweit für nichtig zu erklären (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft einen Gasverteiler, insbesondere einen Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser. Wie sich aus dem Zusammenhang der Beschreibung ergibt, geht die Erfindung, die auf einen Gasverteiler "mit den Merkmalen des" (tatsächlich einteilig aufgebauten) "Oberbegriffs des Patentanspruchs 1" Bezug nimmt, von einem Gasverteiler aus, der ein festes , plattenartiges Grundelement aufweist, über dem eine gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte als Membrane angeordnet ist. Zur lösbaren, gasdichten Verbindung von Randbereichen der Membrane mit entsprechenden Randbereichen des Grundelements dient eine vom Streitpatent näher ausgestaltete Verbindungsvorrichtung. Die Membrane liegt bei fehlender Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements satt auf. Bei Gaszufuhr verhindern über der Membrane, insbesondere auf deren Oberfläche , angeordnete, im wesentlichen stegförmige niederhaltende Elemente ein Aufwölben der Membrane.
Einen solchen Gasverteiler beschreibt die in der Streitpatentschrift genannte europäische Patentanmeldung 171 452, wobei die Membrane an ihren Rändern mittels Randleisten derart mit dem Grundelement verbunden wird, daû die Randleisten mit der unter ihnen liegenden Membrane und dem Grun-
delement verschraubt oder vernietet werden. Alternativ erwähnt die Vorveröffentlichung eine Verbindung durch Klammern, die in Abständen den Rand des Grundelements mit der darüber angeordneten Randleiste und dem dazwischen liegenden Randbereich der Membrane umgreifen und gegebenenfalls zusätzlich mit dem Grundelement verschraubt oder vernietet sein können.
Als nachteilig sieht die Streitpatentschrift an, daû die Verbindung zwischen Grundelement, Membrane und als Dichtung dienender Randleiste verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig sei.
Daraus ergibt sich das technische Problem, einen Gasverteiler mit einer zuverlässig gasdichten Verbindungsvorrichtung zu schaffen, die kostengünstig herzustellen ist und eine einfache Montage sowie Demontage beim Austausch der Membran gestattet.
Die Lösung des Streitpatents besteht aus einem Gasverteiler mit folgenden Merkmalen:
1. Der Gasverteiler weist auf
1.1 ein festes, plattenartiges Grundelement (1),
1.2 eine über dem Grundelement (1) als Membrane angeordnete gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte.
2. Eine Verbindungsvorrichtung (4) dient zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen des Grundelementes (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements (1) satt aufliegt.
3. Die Verbindungsvorrichtung (4)
3.1 umfaût wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2), in welchem diese
3.1.1 entweder einen Randbereich des Grundelements (1) umgreift oder
3.1.2 etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des Grundelements (1) einliegt,
3.2 weist ein Klemmsitz-Profildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19©, 20©) auf, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt.
4. Über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, sind niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente
angeordnet, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gaszufuhr verhindern.
II. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist (Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ). Es kann daher dahinstehen, ob ihm gegenüber einem nach der Behauptung der Klägerin offenkundig vorbenutzten Gasverteiler bereits die Neuheit fehlt.
Für den angesprochenen Fachmann, als der ein auf dem Gebiet der Belüftungseinrichtungen tätiger Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, aber auch, wie der Sachverständige ausgeführt hat, ein erfahrener Techniker in Betracht kommt, der sich aufgrund seiner Kenntnis vorhandener Bauformen mit herstellungs- und montagetechnischen Problemen dieser Vorrichtungen beschäftigt , ergab sich die Erfindung in naheliegender Weise aus einer Kombination der in dem Gebrauchsmuster 88 07 929 und in der europäischen Patentanmeldung 171 452 beschriebenen Gasverteiler.
1. Das Gebrauchsmuster, das am 18. August 1988 eingetragen worden ist, ist als Stand der Technik zu berücksichtigen, da die Priorität der betreffenden Anmeldung vom Streitpatent nicht wirksam in Anspruch genommen worden ist.

a) Der in Anspruch 1 des Streitpatents mit den Merkmalsgruppen 1 bis 4 umschriebene Gegenstand ist, wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, in der Gebrauchsmusteranmeldung nicht als zur angemeldeten Erfindung gehörig offenbart. In diesem Sinne offenbart ist dort
vielmehr nur ein Gasverteiler mit den Merkmalen 1 bis 3, nicht hingegen ein solcher, bei dem auûerdem über der Membrane niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente angeordnet sind, die ein Aufwölben der Membrane bei Gaszufuhr verhindern.
Die Beschreibung des Gebrauchsmusters erläutert, ein Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser sei bereits aus der europäischen Patentanmeldung 171 452 bekannt, wobei dieser Luftverteiler eine über einer festen Platte angeordnete, gelochte Luftverteilerfolie aufweise, die an ihren Rändern mittels Randleisten dicht mit der festen Platte verbunden sei, und wobei ferner über der Luftverteilerfolie Stegleisten angeordnet seien, welche direkt mit der festen Platte verbunden seien. Zum gasdichten Verbinden der Luftverteilerfolie an ihren Rändern mit der festen Platte seien die als Dichtungselemente fungierenden Randleisten erforderlich, wobei die Verbindung zwischen diesen Randleisten, der Luftverteilerfolie und gegebenenfalls auch der Stegleisten mit der festen Platte durch selbstschneidende Schrauben oder durch Nieten erfolge , unter Umständen aber auch dadurch, daû Klammern vorgesehen seien, welche in Abständen den Rand der festen Platte mit der zugehörigen Randleiste und dem dazwischenliegenden Randbereich der Luftverteilerfolie umgriffen (S. 2 Z. 7 - 19). Die in der europäischen Patentanmeldung vorgesehene Verbindung zwischen fester Platte, Luftverteilerfolie und Randleisten wird als verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig bezeichnet (S. 2 Z. 27 - S. 3 Z. 4) und hieraus die Aufgabe abgeleitet, eine Verbindungsvorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Schutzanspruchs 1 zu schaffen und diese so auszubilden, daû sie bei sehr guter gasabdichtender Funktion verhältnismäûig geringen Konstruktions- und Fertigungsaufwand erfordert und Montage
bzw. Demontage sowie Wartung rasch und einfach erfolgen können (S. 3 Z. 9 - 19). Das soll dadurch erreicht werden, daû die Verbindungsvorrichtung aus wenigstens einem Klemmsitz-Profildichtungselement pro Randbereich besteht, dessen Profilform in der Weise ausgebildet ist, daû sich eine sowohl festklemmende als auch abdichtende Verbindung zwischen dem jeweiligen Randbereich der Luftverteilerfolie und dem zugeordneten Randbereich der festen Platte ergibt.
Stegleisten, die wie bei dem Gasverteiler nach der europäischen Patentanmeldung über der Luftverteilerfolie angeordnet wären oder angeordnet werden könnten, werden in der weiteren Beschreibung der Erfindung nicht erwähnt und sind auch in den Zeichnungen nicht dargestellt. Eine ausdrückliche Offenbarung, daû der erfindungsgemäûe Luftverteiler mit solchen Leisten versehen werden könne, fehlt daher. Daran ändert auch ihre Erwähnung in der Einleitung der Beschreibung nichts, da sie sich allein auf den vorbekannten Luftverteiler bezieht. In den im übrigen nach der europäischen Patentanmeldung gebildeten Gattungsbegriff des Schutzanspruchs sind die Stegleisten gerade nicht aufgenommen worden; die Erörterung ihrer Verbindung mit der festen Platte erfolgt vielmehr im Zusammenhang mit der Erörterung der als nachteilig angesehenen und vom Gebrauchsmuster zu verbessernden Randverbindungsvorrichtung des Standes der Technik (S. 2 Z. 7 - 19).
Der Fachmann entnimmt den Gebrauchsmusterunterlagen auch nicht als selbstverständlich die Möglichkeit, den zum Gebrauchsmusterschutz angemeldeten Luftverteiler mit Stegleisten zu versehen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings über das Beschriebene hinaus durch eine zum Stand der Technik gehörende Schrift i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG und des Art. 54 Abs. 2
EPÜ alles als offenbart und damit als vorweggenommen anzusehen, was für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerläûlich zu ergänzen ist oder was er bei aufmerksamer Lektüre der Schrift ohne weiteres erkennt und in Gedanken gleich mitliest (BGHZ 128, 270, 276 f. - elektrische Steckverbindung ; Sen.Urt. v. 30.9.1999 - X ZR 168/96, GRUR 2000, 296, 297 - Schmierfettzusammensetzung ). Das gilt auch für die Ermittlung des Inhalts einer für die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts oder die Prüfung einer unzulässigen Erweiterung maûgeblichen ursprünglichen Anmeldung mit der Maûgabe, daû es darauf ankommt, ob der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik eine solche selbstverständliche Ergänzung der Anmeldung als zur angemeldeten Erfindung gehörend entnehmen kann. Denn eine Lehre zum technischen Handeln geht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, wenn die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht erkennen läût, daû sie als Gegenstand von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn ; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm). Daû indessen Gasverteiler mit Stegleisten nach dem Vorbild der europäischen Patentanmeldung 171 452 von dem mit der Gebrauchsmusteranmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein sollten, ist den Unterlagen dieser Anmeldung nicht zu entnehmen.
Die Anmeldung befaût sich nämlich nur mit der Randverbindung zwischen Folie und fester Platte, auf die auch sämtliche Schutzansprüche gerichtet sind, und nimmt die Oberseite der Folie und dort etwa anzubringende Stegleisten nicht in den Blick. Erwähnt ist lediglich, daû sich im Falle zuneh-
mender Zugbeanspruchung der erfindungsgemäûen Klemmverbindung beispielsweise aufgrund der sich aufwölbenden elastischen Folie bei zunehmendem Gasdruck die Klemmwirkung sogar noch in vorteilhafter Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Das ist jedenfalls kein die Anbringung von Stegleisten erfordernder Effekt. Denn wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, ging der Fachmann im Prioritätszeitpunkt nicht etwa als selbstverständlich davon aus, bei Gasverteilern der gattungsgemäûen Art eine übermäûige Aufwölbung durch Stegleisten verhindern zu müssen. Vielmehr stand ihm die Möglichkeit zu Gebote, je nach Gröûe der in Richtung der Aufwölbung wirkenden Kraft die Klemmverbindung entsprechend stärker auszubilden. Die angemeldete Erfindung umfaûte somit die Ausstattung des Gasverteilers mit Stegleisten nicht.

b) Danach ist die wirksame Inanspruchnahme der Priorität des Gebrauchsmusters für das Streitpatent nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ nicht möglich, da das Streitpatent nicht dieselbe Erfindung betrifft wie die Gebrauchsmusteranmeldung.
Der Senat schlieût sich der Stellungnahme vom 31. Mai 2001 (G 2/98) an, in der die Groûe Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Erfordernis derselben Erfindung i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EPÜ dahin ausgelegt hat, daû die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäû Art. 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Maûgeblich dafür sind folgende Erwägungen:
Nach Art. 4 F PVÜ, gegenüber deren Prioritätsgrundsätzen das EPÜ den Anmelder nicht schlechter stellen darf (Sen., BGHZ 82, 88, 97 - Roll- und Wippbrett), kann zwar die Anerkennung einer Priorität nicht deswegen verweigert werden, weil eine Patentanmeldung ein oder mehrere Merkmale (französische Fassung: éléments; englische Fassung: elements) enthält, die in der Anmeldung , deren Priorität beansprucht wird, nicht enthalten waren, sofern Erfindungseinheit im Sinne des Landesgesetzes vorliegt. Ein élément im Sinne des Art. 4 F PVÜ ist jedoch nicht im Sinne eines Anspruchsmerkmals zu verstehen, sondern meint einen Erfindungsgegenstand, der explizit oder implizit in den Ursprungsunterlagen offenbart ist, aber nach Art. 4 H PVÜ nicht notwendigerweise in einem Anspruch definiert sein muû. Das stimmt mit der Schranke der Einheitlichkeit überein, die Art. 4 F PVÜ der Zusammenfassung mehrerer éléments in einer Nachanmeldung setzt, und entspricht dem verfahrensrechtlichen Zweck der Vorschrift, dem Anmelder eine Mehrzahl von Nachanmeldungen im Ausland zu ersparen (vgl. Lins, Das Prioritätsrecht für inhaltlich geänderte Nachmeldungen, S. 27). Eine Auslegung des Begriffs derselben Erfindung in Art. 87 Abs. 1 EPÜ, die diesen mit dem Begriff desselben Gegenstandes in Art. 87 Abs. 4 EPÜ gleichsetzt, steht danach nicht in Widerspruch zur PVÜ.
Allerdings bestimmt Art. 88 Abs. 2 Satz 2 EPÜ, daû für einen Anspruch mehrere Prioritäten in Anspruch genommen werden können. Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift war jedoch, wie in der Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer dargelegt, nicht beabsichtigt, für Teile ein und desselben Patentanspruchs unterschiedliche Prioritäten zuzulassen. Vielmehr sollte lediglich der Fall geregelt werden, daû alternative Ausführungsformen
einer Erfindung ("Oder-Ansprüche") jeweils in unterschiedlichen Voranmeldungen offenbart sind.
Der - auch für die Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer - entscheidende Gesichtspunkt liegt schlieûlich in der Wirkung des Prioritätsrechts nach Art. 89 EPÜ, die darin besteht, daû der Prioritätstag für die Anwendung des Art. 54 Abs. 2, 3 sowie des Art. 60 Abs. 2 als Tag der europäischen Patentanmeldung gilt. Es wäre eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders, wenn diese Wirkung auch bei einer Weiterentwicklung der Erfindung (durch Hinzufügung eines weiteren Merkmals bei der Nachanmeldung ) dem Gegenstand der Nachanmeldung in seiner Gesamtheit zugebilligt würde. Das widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Anmeldern und Dritten durch einen einheitlichen Offenbarungsbegriff ebenso wie dem Zweck des Art. 54 Abs. 3 EPÜ, im Falle zweier europäischer Anmeldungen , die auf denselben Gegenstand gerichtet sind, das Recht auf das Patent (nur) demjenigen Anmelder zu geben, der den beanspruchten Gegenstand in seiner Gesamtheit zuerst offenbart hat.
Eine solche sachlich ungerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders lieûe sich jedoch allenfalls dann vermeiden, wenn es möglich wäre, hinsichtlich bei der Nachanmeldung hinzugefügten Merkmalen danach zu unterscheiden , ob sie Funktion und Wirkung der Erfindung (im Sinne des technischen Sinngehalts der ursprünglich offenbarten Merkmalskombination) beeinflussen oder nicht. Dafür stehen jedoch praktisch brauchbare Kriterien nicht zur Verfügung. Die von den Technischen Beschwerdekammern zum Teil praktizierte Unterscheidung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Zusatzmerkmalen hat die Groûe Beschwerdekammer zu Recht für aus Gründen der
Rechtssicherheit nicht angängig gehalten. Die vom Bundespatentgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretene Konzeption, in der der Nachanmeldung - nur im Umfang der in der Erstanmeldung offenbarten Merkmalskombination - deren Priorität zugebilligt wird, wenn die Nachanmeldung den ursprünglichen Erfindungsgedanken im Sinne einer weiteren Ausgestaltung ergänze, wie dies in der Regel die Merkmale eines echten Unteranspruchs täten, zwänge dazu, dem ursprünglichen Erfindungsgedanken eine Ausgestaltung zuzurechnen, die als solche in der Erstanmeldung gerade nicht offenbart ist, und damit zur Aufgabe des einheitlichen Begriffs der zum Patentschutz angemeldeten Erfindung, der diese allein aus der Anmeldung selbst danach bestimmt, was in ihr als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Ferner könnte die Abgrenzung zwischen einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der das Merkmal 4 die Merkmale 1 bis 3 lediglich ergänzt, und einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der auch die Merkmale 1 bis 3 im Rahmen der Gesamtkombination eine andere technische Bedeutung gewinnen, im Einzelfall Probleme bereiten, deren Inkaufnahme der Rechtssicherheit bei der Beurteilung der wirksamen Prioritätsinanspruchnahme abträglich wäre. Schlieûlich ergäbe sich die für den Anmelder gefährliche Konsequenz, daû ihm bei der Nachanmeldung der Gesamtkombination 1 bis 4 die Zubilligung des Prioritätsrechts für die Merkmalskombination 1 bis 3 nicht hülfe, wenn im Prioritätsintervall die Gesamtkombination 1 bis 4 von einem Dritten angemeldet oder - wie im Streitfall von der Klägerin behauptet - offenkundig würde, weil die Gesamtkombination lediglich die Priorität des Anmeldetages genösse (vgl. Sen., BGHZ 63, 150, 154 - Allopurinol; Lins/Gramm, GRUR Int. 1983, 634/635; v. Hellfeld, Mitt. 1997, 294, 296/297; Tönnies, GRUR Int. 1998, 451, 453). Insbesondere auf sich schnell entwikkelnden Gebieten der Technik wäre ein so verstandenes Prioritätsrecht daher
letztlich unzureichend (Joos, GRUR Int. 1998, 456, 459 f.) und geeignet, dem Anmelder die trügerische Sicherheit zu vermitteln, die Nachanmeldung der Erfindung in weiterentwickelter Form sei prioritätsunschädlich.
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft hiernach nur dann im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung , wenn die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander kombiniert werden.
Für den Streitfall folgt hieraus, daû für das Streitpatent, zu dessen Gegenstand nach sämtlichen Patentansprüchen zwingend das Merkmal 4 gehört, die Priorität des Gebrauchsmusters 88 07 929 nicht in Anspruch genommen werden kann, das dieses Merkmal nicht als zur Erfindung gehörig offenbart.
2. Für den Fachmann, der sich Gedanken über die zweckmäûige Ausbildung eines Luftverteilers machte, wie er im Gebrauchsmuster 88 07 929 beschrieben ist, lag es ohne weiteres nahe, diesen mit Stegleisten zu versehen , wie sie die europäische Patentanmeldung 171 452 zeigt.
Sie dienen bei dem Luftverteiler nach der europäischen Patentanmeldung , wie dort auf S. 4 Z. 31 - 34 beschrieben, dazu, ein Aufwölben der gelochten Luftverteilerfolie bei Luftzufuhr zu verhindern. In dem Gebrauchsmuster ist zwar, wie erwähnt, die Aufwölbung als vorteilhaft beschrieben, weil sie die erwünschte Klemmwirkung der Randverbindungsvorrichtung in vorteilhafter
Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Ein Aufwölben der Folie findet jedoch stets statt, sei es hinsichtlich der Folie insgesamt, sei es hinsichtlich ihrer von den Stegleisten eingefaûten Teile, so daû der Hinweis im Gebrauchsmuster auf den hierin zu sehenden Vorteil den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, nicht von dem Einsatz von Stegleisten abhielt. Vielmehr erschien es dem Fachmann, wie der Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, am Anmeldetag gleichermaûen möglich, je nach Zweckmäûigkeit und Auslegung der Klemmkraft des Profildichtungselements den Luftverteiler so zu bauen, daû sich eine gröûere (ohne Stegleisten) oder kleinere Aufwölbung (mit Stegleisten) ergab. Mit der Wahl der zweiten Alternative gelangte er zum Gegenstand des Streitpatents.
III. Die weiterhin angegriffenen Unteransprüche des Streitpatents enthalten handwerkliche Ausgestaltungen der Lehre des Anspruchs 1 und können die Patentfähigkeit des Streitpatents gleichfalls nicht begründen. Der Beklagte hat hierfür auch nichts geltend gemacht.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 110 Abs. 3 Satz 2 PatG in der nach Art. 29 2. PatGÄndG weiter anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Rogge Jestaedt Melullis Scharen Meier-Beck
25
2. Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der Offenbarungsbegriff ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird (Sen.Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 206/98, GRUR 2004, 407, 411 - Fahrzeugleitsystem; Benkard /Melullis, EPÜ, Art. 54 Rdn. 54; PatG, 10. Aufl., § 3 Rdn. 20 f.). Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre entnimmt. In der Rechtsprechung des Senats und der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts wird dies auch dahin ausgedrückt, dass maßgeblich ist, was aus fachmännischer Sicht einer Schrift "unmittelbar und eindeutig" zu entnehmen ist (BGHZ 148, 383, 389 - Luftverteiler; Sen.Urt. v. 14.10.2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit; Sen.Urt. v. 30.1.2008 - X ZR 107/04, GRUR 2008, 597 Tz. 17 - Betonstraßenfertiger; EPA (GrBK) Amtsbl. 2001, 413 = GRUR Int. 2002, 80; EPA GRUR Int. 2008, 511 - Traction sheave elevator/KONE; s. dazu auch Benkard/Melullis, EPÜ aaO Rdn. 59; Rogge, GRUR 1996, 931, 934).
30
Dem kann nicht beigetreten werden. Dienen in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale, die für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, dann hat es der Patentinhaber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Hand, sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale zu beschränken (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer ). Die Kombination muss lediglich in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Drehmomentübertragungseinrichtung ). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn aus fachmännischer Sicht ist erkennbar, dass die nähere Ausgestaltung der Tonnenrückwand und der Stütze lediglich ein Ausführungsbeispiel dafür darstellt, wie mit einer fast identischen Form von Stützelement und Tonnenbodenkontur die in der Beschreibung ausdrücklich angesprochene Wirkung der Beibehaltung der Konzentrizität des Stators erzielt werden kann. Würde der Beklagten verwehrt, die zur Erzielung dieser Wirkung erforderlichen Maßnahmen in allgemeiner Form zu beanspruchen, würde sie in unbilliger Weise in der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldung beschränkt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
X ZR 159/00 Verkündet am:
25. November 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Naßreinigung
Hat der Berufungskläger seinen Sachvortrag in der Berufungsinstanz nicht beschränkt
, so sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die in den Tatbestand des angefochtenen
Urteils eingegangen sind, durch die auch stillschweigend mögliche Bezugnahme
auf das erstinstanzliche Urteil vorgetragen; ihre ausdrückliche Wiederholung
ist entbehrlich.
BGH, Urt. v. 25. November 2003 - X ZR 159/00 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 18. Juli 2000 verkündete Endurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung eines Vertrags.
Die Parteien schlossen am 12. Dezember 1995 eine als Lizenzvertrag bezeichnete Vereinbarung, mit der der Beklagte der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an verschiedenen technischen Schutzrechten einräumte, deren Inhaber er ist. Der Klägerin wurde durch diesen Vertrag gestattet, unter Benutzung der Schutzrechte und des Know-how des Beklagten weltweit Vorrichtungen und Verfahren zur Naßreinigung von Gasen herzustellen und zu vertreiben.
In der Folgezeit veräußerte die Klägerin verschiedene Anlagen, die auf den vom Beklagten entwickelten Verfahren beruhten. Beim Betrieb der Anlagen kam es jedoch zu Schwierigkeiten, die dazu führten, daß diese Anlagen letztlich von den Kunden nicht abgenommen wurden. Die Klägerin sieht den Grund für die fehlende Funktionsfähigkeit der Reinigungsanlagen in der Mangelhaftigkeit des Reaktionsmittels, das nach dem Vertrag der Beklagte herzustellen hatte. Der Beklagte seinerseits wirft der Klägerin vor, daß sie bei verschiedenen Anlagen seine Konstruktionsanweisungen mißachtet und so die Schwierigkeiten verursacht habe.
Entgegen der im Vertrag vorgesehenen Regelung, wonach die Umsatzlizenzgebühren vierteljährlich abzurechnen waren, unterblieben solche Abrechnungen , was der Beklagte mehr als zwei Jahre nicht beanstandete.
Mit Schreiben seiner Patentanwältin vom 3. April 1998 kündigte der Beklagte den Lizenzvertrag fristlos. Begründet wurde diese Kündigungserklärung in einem Schreiben vom 27. Mai 1998 unter anderem damit, daß die Klägerin die Umsatzlizenzgebühren nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe, die Lizen-
zen in einer Reihe von Projekten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausge- führt worden seien sowie damit, daß die Klägerin zahlungsunfähig geworden sei.
Durch Umschreibungsverfügung des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. August 1999 wurde die Klägerin auf ihren Antrag anstelle des Beklagten als Inhaberin des Patents 592 08 995 eingetragen. Die Umschreibung wurde auf Grund eines Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 7. Februar 2002 rückgängig gemacht.
Die Klägerin hat am 12. Mai 1998 Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Vertrags vom 12. Dezember 1995 erhoben. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 2. November 1998 kündigte der Beklagte den Vertrag erneut und stützte dies auf weitere gegen die Klägerin gerichtete Vorwürfe , wonach diese den Vertrag schuldhaft verletzt habe.
Die Klägerin hält die angeführten Kündigungsgründe für unberechtigt und beansprucht mit ihrer Klage die Feststellung, daß beide Kündigungserklärungen unwirksam seien, und weiterhin die Feststellung, daß der Vertrag vom 12. Dezember 1995 fortbestehe.
Das Landgericht hat dieser Klage stattgegeben, die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben, wobei der Beklagte in der Berufungsinstanz nur noch auf einen Teil der in erster Instanz erhobenen Vorwürfe näher eingegangen ist. Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiterhin seinen Klageabweisungsantrag.

Über das Vermögen der Klägerin ist am 2. Oktober 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden; der Rechtsstreit ist vom Beklagten aufgenommen worden, nach dem der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt hatte und ihn an die Klägerin freigegeben hat. Die Klägerin ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


Da die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung in der Verhandlung über die Revision nicht vertreten war, ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil, jedoch aufgrund umfassender Sachprüfung, zu entscheiden (BGHZ 37, 79, 80).
Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Gegen die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten für das Revisionsverfahren bestehen keine Bedenken, da es, anders als dies der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2003 (II ZA 9/02, ZIP 2003, 2271) zugrunde lag, nicht um eine nur im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle weiter zu verfolgende Insolvenzforderung geht.
I. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Kündigungsgrund ergebe sich nicht daraus, daß die Klägerin es unterlassen habe, vierteljährlich über die vereinbarten Umsatzlizenzen abzurechnen. Hierin liege keine Vertragsverletzung. Die Abrechnungspflicht beziehe sich auf die vereinbarte Lizenzgebühr in Höhe von 10 % auf die Nettoverkaufspreise der Klägerin. Als Nettoverkaufspreis sei das Dritten in Rechnung gestellte Entgelt für den Erwerb der lizenzpflichtigen Gegenstände, nach Abzug unter anderem der Entgelte für Bauarbeiten, Montage und Inbetriebnahme beim Kunden, vereinbart worden. Daraus folge, daß nur diejenigen Nettoverkaufspreise der Lizenzzahlungspflicht unterlägen, die die Kunden der Klägerin letztlich nach Ausführung des Vertrages hätten zahlen müssen, denn vorher hätten die Entgelte für Bauarbeiten , Montage und Inbetriebnahme beim Kunden von den Nettoverkaufspreisen nicht abgezogen werden können. Daraus wiederum folge, daß die Klägerin nur zur Abrechnung für in Betrieb genommene Anlagen verpflichtet gewesen sei. Aus dem vom Beklagten vorgelegten Buchprüfungsbericht des Steuerberaters U. gehe aber hervor, daß die Anlagen betreffend die Aufträge D. II, L., M., V. A. und W.Chemie nicht funktionstüchtig gewesen und nicht abgenommen worden seien. Gehe man aber davon aus, daß zumindest einige der Anlagen nicht abrechnungspflichtig gewesen seien, dann spreche alles dafür, daß die von der Klägerin allenfalls abzurechnenden lizenzpflichtigen Einnahmen 500.000,-- DM nicht überstiegen hätten. Auch nach dem Beklagtenvortrag sei damit nicht anzunehmen, daß ihm eine 10 prozentige Umsatzgebühr zugestanden habe, die mehr als 50.000,-- DM ausgemacht habe. Unstreitig habe er aber bereits eine auf die Umsatzgebühr zu verrechnende Pauschallizenzgebühr in dieser Höhe erhalten. Aus diesen Gründen
könne die unterlassene vierteljährliche Abrechnung nicht als eine so gravierende Vertragsverletzung angesehen werden, als daß sie die ausgesprochenen Kündigungserklärungen rechtfertigen könnte.
Der Beklagte habe es mehr als zwei Jahre lang hingenommen, daß ihm Abrechnungen nicht erteilt worden seien. Auch wenn man unterstelle, daß die Klägerin durch die unterlassenen Abrechnungen den Vertrag verletzt habe, hätte der Beklagte vor Ausspruch der fristlosen Kündigung der Klägerin durch eine Abmahnung vor Augen führen müssen, daß er abweichend von seinem bisherigen Verhalten nicht mehr gewillt sei, dies hinzunehmen. Dies gelte auch für die Kündigungserklärung vom 2. November 1998, obwohl zwischenzeitlich der Beklagte der Klägerin eine Abmahnung erteilt habe. Die Klägerin habe nämlich zwischenzeitlich Abrechnungen über einige Projekte übermittelt, die der Beklagte allerdings deswegen für falsch halte, weil eine der Rechnungen nicht unterzeichnet sei, Unstimmigkeiten bestünden und noch weitere Anlagen der Abrechnungspflicht unterlägen.
2. Diese Würdigung hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

a) Die Revision beruft sich zu Unrecht darauf, daß das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt und die Regelung im Vertrag vom 12. Dezember 1995 übersehen habe, wonach ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung insbesondere dann vorliege, "wenn die andere Vertragspartei wesentliche Pflichten aus diesem Vertrag schuldhaft verletzt".
Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, nach der ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses gegeben ist, wenn Tatsachen vorliegen , aufgrund deren dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zu dessen vereinbarter Beendigung nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (Sen.Urt. v. 29.04.1997 - X ZR 127/95, GRUR 1997, 610, 611 - Tinnitus-Masker; BGH, Urt. v. 02.05.1991 - I ZR 184/89, GRUR 1992, 112, 114 - pulp wash; Urt. v. 17.12.1998 - I ZR 106/96, NJW 1999, 1177, 1178), und hat die im Vertrag getroffene Regelung nicht als Einschränkung oder Abbedingung dieses Grundsatzes verstanden. Diese Würdigung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Wenn die Parteien des Lizenzvertrags geregelt haben, daß ein wichtiger Grund insbesondere dann vorliege, wenn die andere Partei wesentliche Pflichten aus dem Vertrag schuldhaft verletze, so konnte das Berufungsgericht, ohne daß dies rechtlichen Bedenken begegnet, aus der Verwendung des Worts "insbesondere" entnehmen, daß die Parteien lediglich für die Fallgruppe des pflichtwidrigen Verhaltens eines Vertragsteils die Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes näher konkretisieren wollten, indem sie hervorgehoben haben, daß es sich um die Verletzung wesentlicher Pflichten handeln müsse und daß der Verstoß ein schuldhaftes Verhalten erfordere. Das Berufungsgericht konnte daher ohne Rechtsfehler annehmen, daß die Parteien damit kein vom Vorliegen eines wichtigen Grundes unabhängiges Kündigungsrecht vereinbart haben, das unter geringeren Voraussetzungen eingreifen würde als diese von der Rechtsprechung für Fälle des pflichtwidrigen Verhaltens eines Vertragsteils entwickelt worden sind, sondern daß die Parteien lediglich eine
Fallgruppe beispielhaft benannt haben, die den Tatbestand des wichtigen Grundes erfüllen sollte (vgl. auch Stumpf/Gross, Der Lizenzvertrag, 7. Aufl., M Rdn. 488).
Vor diesem Hintergrund ist die Verneinung eines Kündigungsgrundes aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg rügt die Revision insoweit das Unterbleiben von Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob die unterlassene Abrechnung einen Kündigungsgrund darstellt. Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht getroffen. Es hat jedoch die unterlassene Abrechnung als nicht so gravierende Vertragsverletzung gewürdigt, daß sie eine Kündigung rechtfertigen könnte. Es hat auch damit keinen von der vertraglichen Regelung der Parteien abweichenden Beurteilungsmaßstab verwendet, da nach seiner rechtsfehlerfreien Würdigung der vertraglichen Regelung der Parteien nur die Verletzung wesentlicher Vertragspflichten einen außerordentlichen Kündigungsgrund begründen sollte.
Allerdings ist beim Patentlizenzvertrag in der Regel die Abrechnungspflicht eine Hauptpflicht (vgl. Stumpf/Gross, aaO, C Rdn. 139; Gaul/Bartenbach, Handbuch des gewerblichen Rechtsschutzes, 5. Aufl., K Rdn. 713). Daraus folgt aber nicht, daß jede auch noch so geringfügige Verletzung der Abrechnungspflicht eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, daß die vertragliche Regelung der Parteien so zu verstehen sei, daß bei nicht abgenommenen Anlagen keine abzurechnenden lizenzpflichtigen Einnahmen vorlägen, greift die Revision ohne Erfolg an. Die Auslegung ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzlich oder allge-
mein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfah- rungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 25.02.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
Den Vertragspartnern steht es frei, Absprachen über die Voraussetzungen der Lizenzpflicht und den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Lizenzgebühren zu treffen (Sen.Urt. v. 02.12.1997 - X ZR 13/96, GRUR 1998, 561, 562 - Umsatzlizenz). Hier haben die Parteien keine ausdrückliche Regelung getroffen, zu welchem Zeitpunkt die Lizenzgebühr entstehen sollte. Als Zeitpunkt für die Entstehung des Anspruchs auf die Lizenzgebühr kommen in einem solchen Fall der Abschluß des Vertrags mit dem Kunden, die Fertigstellung oder die Lieferung der Maschinen, die Rechnungsstellung oder der Eingang der Zahlung des Kunden in Betracht (vgl. Stumpf/Gross, aaO, C Rdn. 110). Das Berufungsgericht hat die insoweit bestehende Unklarheit im Vertrag im Wege der Vertragsauslegung dahin aufgelöst, daß es aus der im Vertrag enthaltenen Definition des Nettoverkaufspreises abgeleitet hat, daß der Anspruch auf die Lizenzgebühr frühestens entstehen konnte, wenn feststand, in welcher Höhe bei der Inbetriebnahme Kosten angefallen waren, weil vorher diese abzuziehenden Kosten nicht berechnet werden konnten. Damit hat das Berufungsgericht in zulässiger Weise die im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen zum Ausgangspunkt seiner Vertragsauslegung gemacht. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Urteil des Senats vom 2. Dezember 1997 (aaO) steht dem nicht entgegen; es befaßt sich nur mit der Frage, ob für den Regelfall bei Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Absprache die schon entstandene Zahlungspflicht des Lizenznehmers
unter dem Vorbehalt der Abnahme steht und wieder entfällt, wenn die Abnahme der Ware verweigert, das Geschäft rückgängig gemacht oder der Kaufpreis nicht gezahlt wird; eine aus dem Vertrag herzuleitende abweichende Vereinbarung der Parteien geht dem grundsätzlich vor. Das Berufungsgericht ist demnach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß für die noch nicht abgenommenen Anlagen keine Umsatzlizenzgebühren zu zahlen waren. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das Berufungsgericht die Feststellung getroffen, daß auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht anzunehmen sei, daß diesem eine Umsatzlizenzgebühr zugestanden habe, die mehr als 50.000,-- DM ausgemacht habe. Dann aber ist die nur beschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung, daß das Unterlassen der Abrechnung keine so gravierende Vertragsverletzung sei, als daß darauf eine Kündigung gestützt werden könnte, nicht zu beanstanden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Erwägung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß die Hinnahme der Nichterteilung von Abrechnungen über einen Zeitraum von über zwei Jahren dafür spricht, daß auch der Beklagte dieses Verhalten als nicht so gravierend angesehen hat. Zwar hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 15. September 1998 zur Erstellung einer Abrechnung abgemahnt. Dies hat das Berufungsgericht jedoch berücksichtigt. Die Revision übersieht insoweit, daß zu diesem Zeitpunkt die Abrechnungen vom 26. Mai und 3. Juli 1998 bereits vorlagen, die allerdings der Beklagte als mangelhaft zurückgewiesen hatte. Hinsichtlich weiterer Anlagen gab es zu diesem Zeitpunkt ausgehend von der rechtsfehlerfrei getroffenen Vertragsauslegung des Berufungsgerichts nichts abzurechnen, weil die betreffenden Lieferungen noch zu keinen lizenzpflichtigen Einnahmen geführt hatten. Auch die Rügen
des Beklagten hinsichtlich der erteilten Abrechnung hat das Berufungsgericht nicht als so erheblich angesehen, daß allein darauf eine außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrags gestützt werden könne. Auch diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten gerügten Mängel dieser Abrechnung gewürdigt. Es hat die fehlende Unterzeichnung einer dieser Abrechnungen und die vorgetragenen , ganz geringfügigen Unstimmigkeiten nicht als ausreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung angesehen. Die unterschiedliche Auffassung der Parteien über die Frage, ob auch noch nicht in Betrieb genommene und abgenommene Anlagen abzurechnen seien, hat es ebenfalls vor dem Hintergrund seiner Auslegung des Vertrages rechtsfehlerfrei nicht als ausreichenden Kündigungsgrund gelten lassen. Die Revision setzt dem lediglich ihre eigene davon abweichende Würdigung des Vertragsinhalts und der daraus resultierenden beiderseitigen Pflichten entgegen.

b) Schließlich hat die Revision auch mit ihrem Einwand keinen Erfolg, daß der Beklagte nach § 326 BGB a.F. berechtigt gewesen sei, den Lizenzvertrag zu kündigen, ohne daß es auf eine Abwägung der gegenseitigen Interessen sowie die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ankomme.
Nach nur teilweiser Durchführung eines Lizenzvertrags über Patentrechte ist den Parteien ein Rücktritt grundsätzlich verwehrt; an seine Stelle tritt in der Regel die Kündigung aus wichtigem Grund (vgl. Sen.Urt. v. 19.02.2002 - X ZR 166/99, NJW 2002, 1870; Urt. v. 13.07.1982 - X ZR 50/81, unveröffentlicht, Umdr. S. 6, 7; BGH, Urt. v. 22.05.1959 - I ZR 46/58, GRUR
1959, 616, 617 - Metallabsatz; Busse, PatG, 6. Aufl., § 15 Rdn. 99). Das Vor- liegen der Voraussetzungen des § 326 BGB a.F. führt aber nicht dazu, daß die fristlose Kündigung dann ohne weiteres möglich ist, es kommt auch dann darauf an, ob unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigung nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist. Daran fehlt es hier wie unter 2. a) dargestellt hinsichtlich der vom Berufungsgericht bei seiner Prüfung zugrunde gelegten Umstände.
II. 1. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der Beklagte habe auch nicht ausreichend dargetan, daß die Klägerin unter Verstoß gegen den Lizenzvertrag ihre Ausübungspflicht so nachhaltig verletzt habe, daß bei Ausspruch der beiden Kündigungen eine Fortsetzung des Vertrags dem Beklagten nicht mehr zumutbar gewesen sei. Der Beklagte greife in diesem Zusammenhang nur die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils an, die sich auf die Projekte L., D., Sch., W.Chemie und M. A. bezögen. Insoweit sei im Berufungsverfahren eine Beschränkung des Streitstoffs auf diese Vorgänge eingetreten. Wie sich die Rechtslage hinsichtlich anderer Anlagen und Projekte darstelle, bei denen die Klägerin ebenfalls unberechtigterweise von Anweisungen oder von den Patentvorgaben abgewichen sein solle, sei deshalb nicht zu prüfen. Die bloße pauschale Bezugnahme auf seinen gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag auf S. 3 der Berufungsbegründung reiche nicht aus, um neben den im folgenden in der Berufungsbegründung angeführten Kündigungsgründen auch sämtliche sonstige zum Streitstoff des Berufungsverfahrens zu machen. Dies folge aus § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO
a.F., der vorsehe, daß die Berufungsbegründung unter anderem die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung zu bezeichnen habe.
2. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft den Streitstoff beschränkt hat. Das Landgericht hat sich in seinem Urteil mit weiteren im Tatbestand auch erwähnten Vorgängen und Vorwürfen befaßt. Der Beklagte ist auf diese Sachverhalte in seiner Berufungsbegründung nicht ausdrücklich zurückgekommen. Er hat jedoch im Berufungsbegründungsschriftsatz auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag pauschal Bezug genommen und diesen zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht. Er hat weiter gerügt, daß das erstinstanzliche Gericht die Gesamtheit der vorgetragenen Gründe dahingehend hätte würdigen müssen, ob ihm eine Fortsetzung des Vertrags für weitere elf Jahre zugemutet werden könne.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht nach dem für das vorliegende Verfahren noch maßgebenden Recht (§ 537 ZPO in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) den Prozeßstoff bei seiner Entscheidung selbständig und ohne an die rechtlichen Gesichtspunkte der Parteien oder des ersten Richters gebunden zu sein nach allen Richtungen von neuem zu prüfen (Sen.Urt. v. 18.03. 2003 - X ZR 209/00, BGHRep. 2003, 908; BGH, Urt. v. 10.07.1985 - IVa ZR 151/83, NJW 1985, 2828; vgl. auch Urt. v. 29.04.1986 - IX ZR 145/85, NJW-RR 1986, 991, 992; Urt. v. 15.12.1988 - IX ZR 33/88, NJW 1990, 326, 327; Urt. v. 07.05.1992
- IX ZR 151/91, BGHR ZPO § 537 - Streitpunkt 1). Allerdings kann der Beru- fungskläger seine Berufung auf bestimmte Streitpunkte beschränken. Er kann Tatsachenvortrag und die hierzu benannten Beweismittel fallenlassen. Angesichts der Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung kann dies hier jedoch nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht hätte daher nicht von einer Beschränkung des Streitstoffs ausgehen dürfen.
Dies ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Berufungsgericht Beweisangeboten, die im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich wiederholt worden sind, grundsätzlich nicht nachgehen muß (BGHZ 35, 103, 106). Zum einen gilt dies nicht uneingeschränkt. Hat das erstinstanzliche Gericht ein unter Beweis gestelltes Vorbringen für unerheblich erachtet, der Berufungskläger gerade diese Rechtsauffassung aber angegriffen und das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Sachverhalt als erheblich angesehen, so verletzt die Nichtberücksichtigung des Vorbringens des Berufungsklägers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG NJW-RR 1995, 828; BVerfGE 70, 288, 295; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.09.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501, 502; Urt. v. 04.04.1990 - IV ZR 69/89, NJW-RR 1990, 831; Urt. v. 03.06.1997 - VI ZR 133/96, NJW 1998, 155, 156). Zum anderen betrifft diese Rechtsprechung die Frage, welche Anforderungen an einen Beweisantritt in der Berufungsinstanz zu stellen sind, und nicht die hier entscheidende Frage, welcher Streitstoff nach § 537 ZPO a.F. der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen ist. Sind, wie hier, Angriffs- oder Verteidigungsmittel in den Tatbestand des angefochtenen Urteils eingegangen, ist eine ausdrückliche Wiederholung dieses Vortrags entbehrlich. Vorgetragen sind sie schon durch
die auch stillschweigend mögliche Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil (Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 525 Rdn. 2). Unter diesen Voraussetzungen wirken die erstinstanzlichen Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren fort (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 526 Rdn. 2 u. § 537 Rdn. 12; a.A. Rimmelspacher in MünchKomm. z. ZPO, 2. Aufl., § 525 Rdn. 3). Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Beklagte in der Berufungsinstanz ausdrücklich gerügt hatte, daß das Landgericht die Gesamtheit der vorgetragenen Kündigungsgründe dahingehend hätte würdigen müssen, ob ihm eine Fortsetzung des Vertrags für weitere elf Jahre zugemutet werden könne. Daß damit alle die Gründe gemeint waren, die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils genannt sind, kann nicht zweifelhaft sein. Der Inhalt der Berufungsbegründung macht vielmehr deutlich, daß jedenfalls alle im landgerichtlichen Urteil angeführten Kündigungsgründe in ihrer Gesamtheit auch zur Nachprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werden sollten.

b) Zu Unrecht rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht das Vorbringen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 6. September 1999 nicht berücksichtigt habe. Dieser Schriftsatz ist nach Schluß der mündlichen Verhandlung zu den Akten gelangt, ohne daß dem Beklagten nachgelassen worden wäre, gemäß § 283 ZPO a.F. einen Schriftsatz nachzureichen. Das Landgericht hat sich in seinem Urteil zwar kursorisch mit dem in diesem Schriftsatz enthaltenen Sachvortrag auseinandergesetzt, gleichwohl die mündliche Verhandlung aber nicht wiedereröffnet. Vorbringen, das nach § 296 a ZPO a.F. in erster Instanz unberücksichtigt geblieben ist, gilt als in erster Instanz nicht vorgebracht und ist deshalb in zweiter Instanz als neues Vorbringen gemäß § 528 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ZPO a.F. zu beurteilen (Prütting in MünchKomm. z. ZPO,
2. Aufl., § 296 a Rdn. 9 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 10.07.1979 - VI ZR 223/78, NJW 1979, 2109, 2110). Allerdings ist anerkannt, daß auf solches Vorbringen, das in erster Instanz keine prozessuale Wirksamkeit erlangt hat, in der Berufungsinstanz Bezug genommen werden kann (BGH, Urt. v. 03.06.1998 – VIII ZR 162/97, NJW-RR 1998, 1514. Vorliegend fehlt es aber insoweit, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, an einer wirksamen Bezugnahme. Im Berufungsbegründungsschriftsatz hat der Beklagte lediglich auf den ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10. September 1999 Bezug genommen.
III. 1. Das Berufungsgericht hat schließlich angenommen, daß die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Erwerb von Pfandrechten an den Patenten des Beklagten und deren Umschreibung auf die Klägerin diesen nicht dazu berechtigt hätten, den Lizenzvertrag am 2. November 1998 aus wichtigem Grunde zu kündigen. Die Umschreibung könne schon deshalb nicht herangezogen werden, weil der Antrag dazu erst am 13. März 1999 gestellt worden sei, also fast ein halbes Jahr nach Ausspruch der Kündigung. Es könne deshalb dahinstehen, ob dadurch der Lizenzvertrag verletzt worden sei. Im Abschluß des Kaufvertrags vom 14. Oktober 1998 liege eine Verletzung des Vertrags oder berechtigter Interessen des Beklagten nicht.
2. Auch dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die Würdigung der der Kündigung zugrundeliegenden Vorgänge in seine Gesamtwürdigung miteinzubeziehen. Zwar ist der Umschreibungsantrag erst am 13. März 1999 und somit nach der Erklärung der Kündigung am 2. November 1998 gestellt
worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt daraus jedoch nicht, daß die Umschreibung nicht zu berücksichtigen wäre. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die Berufung auf den neuen Kündigungsgrund, das "Nachschieben" des Grundes, in der Regel als neue Kündigung aus diesem Grunde aufzufassen sein wird (BGH, Urt. v. 28.04.1960 - VII ZR 218/59, LM § 626 BGB Nr. 10; Urt. v. 15.12.1960 - VII ZR 212/59, BB 1961, 498). Daher kann das Vorbringen im Schriftsatz des Beklagten vom 3. Mai 2000 als erneuter Ausspruch einer fristlosen Kündigung anzusehen sein. Hinzu kommt, daß der Beklagte mit Schreiben seiner Patentanwältin vom 8. November 1999 erneut außerordentlich gekündigt und hierbei den Vorgang der Umschreibung als Kündigungsgrund angeführt hat. Der Beklagte hat sich in seiner Berufungsbegründung auch auf diese Kündigungserklärung gestützt.
Diese Kündigungserklärungen sind nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil die Klägerin in ihren Klageanträgen sich nur auf die Kündigungserklärungen vom 3. April und 2. November 1998 bezieht und die Feststellung begehrt, daß diese unwirksam sind. Entscheidend ist vielmehr, daß die Klägerin weiterhin die Feststellung begehrt, daß der Lizenzvertrag nicht beendet ist, sondern fortbesteht, weshalb auch weitere Kündigungserklärungen in die Prüfung mit einzubeziehen sind. Das von der Klägerin betriebene Umschreibungsverfahren mit dem Ziel, sie als Patentinhaberin in die Patentrolle eintragen zu lassen, kann auch als schwerwiegender Vertrauensverstoß in Betracht kommen, der geeignet ist, die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien zu erschüttern. Das heimliche Vorgehen der Klägerin bei der Umschreibung der Schutzrechte und die nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts anzunehmende Rechtswidrigkeit der Umschreibung könnten jedenfalls
einen Vertrauensbruch darstellen, der zumindest im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung, ob das Verhalten der Klägerin einen wichtigen Grund zur Kündigung bildete, nicht außer Betracht bleiben kann.
IV. Da das Berufungsgericht mithin rechtsfehlerhaft nicht alle vom Beklagten angeführten Kündigungsgründe berücksichtigt hat, ist auch seine Gesamtwürdigung unvollständig und kann keinen Bestand haben. Da einerseits Feststellungen zu einem Teil der vorgetragenen Kündigungsgründe fehlen und andererseits auch die Gesamtwürdigung in erster Linie Aufgabe des Tatrichters ist, kam eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht in Betracht.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.