vorgehend
Bundespatentgericht, 2 Ni 20/13, 23.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 137/15
Verkündet am:
4. Juli 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2017:040717UXZR137.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 23. Juli 2015 abgeändert. Das europäische Patent 757 530 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über eine Fassung hinausgeht, in der in Patentanspruch 1 zwischen den Wörtern "ein" und "Aufsatz (22)" die Wörter "mittels eines Deckels (23) abgedeckter" eingefügt sind und sich die folgenden Ansprüche auf diese Fassung des Patentanspruchs 1 rückbeziehen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 28. April 1995 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 28. April 1994 international angemeldeten (WO 95/29615 [NK3]), inzwischen wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschenen europäischen Patents 757 530 (im Folgenden: Streitpatent), das 10 Ansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: "1. Küchenmaschine (1) mit einem Rührgefäß (6) und einem Antrieb (8) für ein Rührwerk (10) in dem Rührgefäß (6), wobei das Rührgefäß (6) in seinem unteren Bereich aufheizbar ist, wobei das Rührgefäß (6) durch einen Einsatzdeckel (14) abgedeckt ist, dadurch gekennzeichnet, dass auf dem Einsatzdeckel (14) ein Aufsatz (22) angeordnet ist, der einen durchbrochenen Boden (29) aufweist zum Zubereiten durch Dünsten von Lebensmitteln (38), wobei die Durchbrüche (31) in einer Gargut-Auflage des Aufsatzbodens (29) ausgebildet sind und Kondensat oder entstehende Feuchtigkeit in das Rührgefäß (6) zurückgeleitet wird."
2
Wegen der auf diesen Anspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 und des nebengeordneten Verfahrensanspruchs 10 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
3
Die Klägerin, deren Abnehmerin m. -S. GmbH & Co KG aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat dieses mit ihrer Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen und geltend gemacht, seine Gegenstände seien nicht patentfähig; zudem gehe der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 über den Inhalt der Anmeldungsunterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten (NK3 entsprechenden) Fassung hinaus.
4
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent nur noch in beschränkter Fassung und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Streitpatent betrifft eine Küchenmaschine mit einem Rührgefäß und einem darin befindlichen, angetriebenen Rührwerk.
6
Der Beschreibung des Streitpatents zufolge waren im Stand der Technik Küchenmaschinen mit einem angetriebenen Rührwerk bekannt, mit dem die in das Rührgefäß gegebenen Zutaten verrührt oder zu einem Teig verknetet werden konnten. Aus der deutschen Offenlegungsschrift 35 07 276 sei überdies bekannt gewesen, solche Küchenmaschinen zur Herstellung beispielsweise von Suppen, Soßen oder Ähnlichem mit einer bevorzugt im unteren Bereich des Rührgefäßes wirkenden Heizung auszustatten. Darin befindliche Suppe oder Soßen würden während der Heizphase verrührt, was zu einer optimalen Vermengung und zu einer verbesserten Aromatisierung der Speise führe.
7
Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Funktionen einer gattungsgemäßen Küchenmaschine in einfacher Weise zu erweitern. Dazu stellt Patentanspruch 1, merkmalsmäßig gegliedert, in der zuletzt verteidigten Fassung, die die erteilte um Merkmal 5b ergänzt, unter Schutz: 1. Eine Küchenmaschine 1 mit einem Rührgefäß 6 2. und einem Antrieb 8 für ein Rührwerk 10 in dem Rührgefäß 6. 3. Das Rührgefäß 6 ist in seinem unteren Bereich aufheizbar 4. und durch einen Einsatzdeckel 14 abgedeckt. 5. Auf dem Einsatzdeckel 14 ist ein Aufsatz 22 angeordnet, der
a) zum Zubereiten durch Dünsten von Lebensmitteln 38 einen durchbrochenen Boden 29 aufweist und
b) mittels eines Deckels 23 abgedeckt ist, 6. wobei die Durchbrüche in einer Gargut-Auflage des Aufsatzbodens 29 ausgebildet sind und Kondensat oder entstehende Feuchtigkeit in das Rührgefäß 6 zurückgeleitet werden.
8
3. Die zusätzliche Funktion der streitpatentgemäßen Küchenmaschine, Speisen zu garen oder Aromastoffe aus Gewürzen zu extrahieren, kommt in der Weise zum Einsatz, dass die Dämpfe, die aus der im Rührgefäß erhitzten Flüssigkeit aufsteigen, durch die Durchbrüche im Boden des Aufsatzes 22 (Merkmal 5a) hindurchtreten können und das in den Aufsatz gegebene, zu dünstende Gargut oder die dort hineingelegten Gewürze umströmen.
9
Das Streitpatent sieht dabei einen zusätzlichen Einsatzdeckel 14 vor, der einerseits das Rührgefäß abdeckt (Merkmal 4) und auf dem andererseits der Aufsatz 22 angeordnet ist (Merkmal 5). Dieser Einsatzdeckel, der das Rührgefäß zur Ermöglichung der Zirkulation von Dämpfen und Kondensat nicht vollständig verschließen darf, und der nach der zuletzt verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 seinerseits mit einem Deckel 23 versehene Aufsatz (Merkmal 5b) wirken bei der patentgemäßen Lösung zusammen. Die beim Garen entstehenden Dämpfe kondensieren (auch) am Aufsatzdeckel 23 und fließen, gegebenenfalls mit Gewürzextrakten oder Saft des Garguts angereichert, über den Einsatzdeckel 14 zurück in das Rührgefäß (Merkmal 5).
10
Vorzugsweise ist der Einsatzdeckel mit einer im Wesentlichen zentralen Großöffnung ausgestattet, und in der Beschreibung wird mit Blick auf den Rückfluss des Kondensats empfohlen, den Einsatz mit einem Gefälle zur zentralen Großöffnung hin auszustatten (Spalte 3 Zeile 14 ff.). Die Konjunktion "auf" in Merkmal 5 wird aus fachmännischer Sicht vor diesem Hintergrund in räumlicher Hinsicht dahin verstanden, dass der Aufsatz oberhalb des Einsatzdeckels angeordnet ist (vgl. Beschreibung Spalte 3 Zeilen 8 f.) und jedenfalls in Teilbereichen auf dem Einsatzdeckel aufliegen kann (vgl. Beschreibung Spalte 13 Zeile 4 ff.). In einer Ausführungsform wird dies, wie aus der nachfolgend eingefügten Figur 2 des Streitpatents ersichtlich, konstruktiv dadurch gewährleistet, dass die Auflagefläche 25 des Aufsatzbodens 29 horizontal ausgerichtet ist, während die Wandung des darunter befindlichen Einsatzdeckels 14 trichterförmig gestaltet ist (Beschreibung Spalte 12 Zeile 8 ff., Zeile 18 ff.).
11
II. Das Patentgericht hat zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage angenommen , die Klägerin habe mit Blick auf den gegen eine Abnehmerin geführten Verletzungsprozess auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents ein eigenes rechtliches Interesse an der rückwirkenden Vernichtung des Streitpatents.
12
In der Sache hat das Patentgericht eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands von Patentanspruch 1 mit der Begründung verneint, der Einsatzdeckel müsse nach dem Inhalt der Anmeldung nicht zwingend eine zentrale Großöffnung aufweisen.
13
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei auch patentfähig. Er werde durch die Küchenmaschine Thermomix TM 3300 nicht vorweggenommen, weil die Zweck- oder Funktionsbestimmung des auf diese Maschine aufsetzbaren Saftsiebs als Auflage zum Garen nicht offenbart sei, und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit, weil der entgegengehaltene Stand der Technik keine Anregungen vermittelt habe, den erfindungsgemäßen Lösungsweg zu beschreiten.
14
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Berufung haben nur im Umfang der in der Berufungsverhandlung vorgenommenen Beschränkung des Gegenstands des Streitpatents Erfolg.
15
1. Die Annahme des Patentgerichts, für die Nichtigkeitsklage sei ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin anzuerkennen, wird von der Berufungserwiderung nicht beanstandet und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
16
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist, wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, nicht dadurch unzulässig erweitert, dass die Küchenmaschine in Merkmal 4 nur als allgemein mit einem Einsatzdeckel 14 versehen beansprucht ist und dieser nicht zusätzlich eine im Wesentlichen zentrale Großöffnung aufweisen muss, wie die in den Anmeldungsunterlagen beschriebenen Ausführungsbeispiele dies vorsehen und wie dies in den dort entworfenen Patentanspruch 3 Eingang gefunden hat.
17
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt es, wenn Merkmale eines in der Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispiels den durch die Erfindung erstrebten Erfolg sowohl für sich, als auch zusammen fördern können, grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Patentinhabers , ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränken will (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123 - Spleißkammer und ständig). Erforderlich ist insoweit lediglich, dass auch der auf diese Weise beschränkte Gegenstand aus fachmännischer Sicht den Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist.
18
Für die Beurteilung der hierauf zu untersuchenden Ursprungsoffenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung. Daher muss der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen "unmittelbar und eindeutig" als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen können (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63, Rn. 21 mwN - Kommunikationskanal).
19
Im Streitfall sieht das einschlägige Ausführungsbeispiel in Übereinstimmung mit dem hierzu formulierten Patentanspruch 3 der Anmeldung als fakultative Ergänzung der Küchenmaschine zwischen Rührgefäß und Aufsatz einen Einsatzdeckel vor, der das Rührgefäß abdeckt und mit einer im Wesentlichen zentralen Großöffnung versehen ist. Für den Fachmann ist offensichtlich, dass ein solcher Einsatzdeckel das Rührgefäß nicht vollständig oder nahezu vollständig verschließen darf, weil sonst weder der im Rührgefäß erzeugte Dampf in den Aufsatz aufsteigen noch Kondensat in das Rührgefäß zurückfließen könnte. Er muss daher notwendig Öffnungen oder zumindest eine (größere) Öffnung aufweisen. Für den Fachmann ist damit aber auch offensichtlich, dass mit der Entscheidung für einen solchen Einsatzdeckel weder Anzahl noch Ort der Öffnungen vorgegeben sind und der Einsatzdeckel weder zwingend eine Großöffnung aufweisen noch eine solche Großöffnung zwingend (im Wesentlichen ) zentral angeordnet sein muss. Ebenso wie bei der in der Beschreibung unmittelbar anschließend empfohlenen trichterförmigen Ausgestaltung handelt es sich vielmehr lediglich um vorteilhafte, aber nicht zwingende Ausführungsformen eines für Dampf und Kondensat durchlässigen Einsatzdeckels.
20
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Patentgericht den Gegenstand von Patentanspruch 1 für patentfähig erachtet.
21
a) Die Neuheit von Patentanspruch 1 steht nach Aufnahme von Merkmal 5b in Patentanspruch 1 zwischen den Parteien zu Recht nicht mehr in Streit.
22
b) Ohne Erfolg greift die Berufung die Wertung des Patentgerichts an, der Gegenstand von Patentanspruch 1 gelte als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
23
aa) Die Annahme des Patentgerichts, der Fachmann verfüge über einen Abschluss als (Fach-)Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder eine vergleichbare Qualifikation und mehrjährige Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Küchengeräten, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit die Klägerin meint, als Fachmann müsse ein Team angesehen werden, zu dem auch ein Koch gehöre, kann dem jedenfalls für die hier interessierende Weiterentwicklung von Küchenmaschinen nicht beigetreten werden. Die mehrjährige praktische Erfahrung des Fachmanns schließt den Erwerb grundlegender Kenntnisse über die Modalitäten der Zubereitung von Speisen zum Verzehr ein; die Hinzuziehung eines Kochs in das Team von Fachleuten mag für Geräte in Betracht kommen, die für den Einsatz durch professionelle Köche - etwa in Großküchen oder in Bereichen der Gastronomie - konzipiert werden sollen. Dass Küchenmaschinen der hier interessierenden Art dazu gehören , ist weder dargelegt noch ersichtlich.
24
bb) Das Patentgericht hat zu Recht angenommen, dass die Überlegungen des Fachmanns zur Weiterentwicklung einer Küchenmaschine ihren Ausgangspunkt bei dem Gerät Thermomix TM 3300 und den diesbezüglich zugänglichen Handbüchern und Bedienungsanleitungen sowie bei dem Gegenstand des deutschen Gebrauchsmusters 75 31 236 (D1) nehmen konnten. Daraus ergibt sich indes keine hinreichende Anregung zur Auffindung des Gegenstands von Patentanspruch 1.
25
(1) Auf Seite 11 des als D5b eingereichten Anleitungsbuchs für den TM 3300 wird zwar als eine Einsatzmöglichkeit des Saftsiebs gezeigt, dieses erforderlichenfalls anstelle des dafür in erster Linie gedachten Messbechers als eine Art Diffusor auf die - dem Einsatzdeckel des Streitpatents entsprechende - mit einer zentralen Großöffnung versehene Abdeckung des Mixbechers zu setzen , damit durch die darin erhitzte Flüssigkeit erzeugter Dampf an dessen Oberseite, aber auch durch die Schlitze im Siebkörper austreten kann. Die Demonstration dieser "Verteilerfunktion" des Saftsiebs beim Thermomix TM 3300 gab dem Fachmann aber nicht deshalb Anlass, bei einem Kombinationsgerät wie einer Küchenmaschine mit Heizfunktion einen Aufsatz zum Garen über dem dabei als Kochgefäß fungierenden Mixbecher vorzusehen, weil zum fachmännischen Wissen gehörte, dass Speisen mittels Wasserdampf gegart (gedünstet) werden können. Dieser Umstand rechtfertigt ohne rückschauende Betrachtung nicht die Annahme, dass es für den Fachmann nahegelegen hätte, eine gedankliche Verknüpfung zwischen der demonstrierten Benutzung des Saftsiebs als - für Wasserdampf durchlässige - Abdeckung der Küchenmaschine und der Möglichkeit herzustellen, diese Abdeckung zu einem weiteren Kochgefäß für das Dünsten von Speisen umzufunktionieren.
26
(2) D1 gibt eine entsprechende Anregung ebenfalls nicht. Mit dem dort gezeigten Metalleinsatz 2 für den Metallbecher 1 des Küchenmixgeräts soll in Weiterentwicklung des Standes der Technik ermöglicht werden, Lebensmittel wie Kartoffeln oder Teigwaren oberhalb der Reichweite der Schlagmesser und damit unzerkleinert zuzubereiten. Das Dokument zeigt und beschreibt die Zubereitung des Garguts aber durchweg durch Kochen, also in der im Mixbecher erhitzten Flüssigkeit schwimmend, wobei als zusätzlicher Vorteil herausgestellt wird, dass ständig bewegte Flüssigkeiten in kürzerer Zeit kochten als stehende.
27
(3) Der Klägerin kann auch nicht in der Einschätzung gefolgt werden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 dem Fachmann in der Zusammenschau mit dem weiteren in das Verfahren eingeführten Stand der Technik nahegelegt gewesen wäre.
28
(a) Die europäische Patentanmeldung 326 105 (D3) zeigt ein rohrförmiges Kochgerät zum Dampfgaren von Lebensmitteln in etagenförmig übereinander gestapelten Einsätzen mit perforierten Böden, um mit einer geringeren Zahl an Kochplatten auszukommen oder Energie einzusparen. Verschiedene Lebensmittel mit unterschiedlichen Garzeiten sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Einsätze gegeben werden können; außerdem wird die zusätzliche Möglichkeit erwähnt, den als Basisteil fungierenden Topf selbst zum Kochen etwa von Reis zu benutzen.
29
Es liegt ebenso wenig nahe, den in D3 gezeigten zylindrischen Rohrabschnitt für die Dünsteinsätze konstruktiv vom Basisteil abzutrennen und mit dem Mixbecher des Thermomix 3300 oder von D1 zu kombinieren, wie umgekehrt das Kochen von Reis im Rührbecher einer Küchenmaschine, in dem ein Rührwerk rotiert. Die abstrakte Übertragung des in D3 vorgestellten Konzepts eines Kochgeräts mit mehreren übereinander gestapelten Einsätzen zum Dünsten verschiedener Speisen mit unterschiedlichen Garzeiten und gegebenenfalls gleichzeitigem Kochen eines anderen Lebensmittels im Basisbereich auf eine Küchenmaschine ist mit so erheblichem konstruktivem Anpassungsaufwand verbunden, dass dies ebenfalls nicht als dem Fachmann nahegelegt bewertet werden kann. Der Stand der Technik hat zwar die Kochfunktion für primär zur Teigherstellung oder zum Verkleinern und Mischen von Zutaten konzipierte Küchenmaschinen erschlossen, jedoch gehen die bekannten Lösungen nicht über die Nutzung der im Mixbecher erhitzten Flüssigkeit zum Garen hinaus.
30
(b) Die schweizerische Patentschrift 17 12 98 (D8) aus dem Jahr 1934 zeigt einen Aufsatz für Töpfe oder Pfannen, bei dem der aus Letzteren aufsteigende Dampf durch Perforierungen in der Unterseite des Aufsatzes zum Garen von darin befindlichen Lebensmitteln verwendet werden kann. Die gleichzeitige Zubereitung von Lebensmitteln ist zwar angesprochen; dass der sich Fachmann aus diesem sehr altem Stand der Technik Aufschluss für eine Fortentwicklung versprochen hätte, ist aber nicht zu erwarten, weil er keine hinreichende sachliche Nähe zur erfindungsgemäßen Lösung aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14, GRUR 2017, 498 - Gestricktes Schuhoberteil ). Für das wesentliche Element der Erfindung, Lebensmittel unter Einsatz einer Küchenmaschine durch Dünsten zu garen, bietet er keine Anregung.
31
Entsprechendes gilt für die US-Patentschrift 345 307 aus dem Jahr 1886 (D7).
32
(c) Der übrige Stand der Technik liegt noch weiter vom Gegenstand von Patentanspruch 1 ab. Die schweizerische Patentschrift 36 76 03 (D4) etwa zeigt eine Zusatzvorrichtung für Kochtöpfe, die im Wesentlichen aus einem mittels Henkelgriffen in Töpfe einzusetzenden Behälter mit Siebboden und einem mittig angeordneten Steigrohr sowie einem als Stufenring bezeichneten Aufsatz besteht. Sinn der Erfindung ist, dass kochendes Wasser im Steigrohr aufsteigt und das Kochgut, namentliche Reis, zirkulierend benetzt und so gleichmäßig gegart wird. Die Übereinstimmungen mit dem Streitpatent reduzieren sich darauf, dass der Behälter nach dem Garvorgang auf dem auf dem Rand des verwendeten Kochtopfes aufgesetzten Stufenring abgestellt werden kann.
33
IV. Die Unteransprüche haben in Rückbezug auf den beschränkten Patentanspruch 1 Bestand; für die Patentfähigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 10 gelten die Ausführungen zu Anspruch 1 sinngemäß.
34
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Bacher
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 23.07.2015 - 2 Ni 20/13 (EP) -

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2017 - X ZR 137/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2014 - X ZR 107/12

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/12 Verkündet am: 11. Februar 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2017 - X ZR 119/14

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 119/14 Verkündet am: 31. Januar 2017 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

21
wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 388 - Luftverteiler; Urteil vom 30. Januar 2008 - X ZR 107/04, GRUR 2008, 597, 599 - Betonstraßenfertiger). Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muss im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muss sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK, Beschluss vom 31. Mai 2001 - G2/98, GRUR Int. 2002, 80; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit ). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstands der ersten Anmeldung nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt, vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen zu ermitteln.
b) Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 119/14 Verkündet am:
31. Januar 2017
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gestricktes Schuhoberteil
EPÜ Art. 56
Dass für den Fachmann eine bestimmte Entgegenhaltung als möglicher Ausgangspunkt
von Bemühungen um eine Fortentwicklung in Betracht kam, darf
insbesondere bei im Prioritätszeitpunkt sehr altem Stand der Technik nicht allein
aus der sachlichen Nähe zur erfindungsgemäßen Lösung gefolgert werden.
Enthält jedoch eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung bereits alle
wesentlichen Elemente der Erfindung, bedarf die Annahme, die ältere Lösung
liege außerhalb desjenigen Bereichs, in dem sich am Prioritätstag aus fachmännischer
Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Problems
finden ließen, einer besonders sorgfältigen Prüfung.
BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14 - Bundespatentgericht
ECLI:DE:BGH:2017:310117UXZR119.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Dr. Bacher sowie die Richterinnen Schuster und Dr. KoberDehm

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 13. November 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des am 15. Dezember 2003 unter Inanspruch1 nahme einer Priorität vom 18. Dezember 2002 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 571 938 (Streitpatents). Nach Durchführung eines Beschränkungsverfahrens nach Art. 105a EPÜ umfasst das Streitpatent 30 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 bis 13 und 30 auf einen Fußbekleidungsartikel gerichtet sind und die nebengeordneten Ansprüche 14 und 26, jeweils mit Unteransprüchen, Herstellungsverfahren betreffen. Patentanspruch 1 der beschränkten Fassung lautet in der Verfahrenssprache:
"An article of footwear (100) having a sole structure (110) and a knit upper (120) secured to said sole structure, said knit upper being substantially formed of a textile forming at least an outer portion of the knit upper , the textile comprising: a fused area (132-136) of said textile (130), said fused area being at least partially formed from a plurality of first strands and a plurality of second strands, said first strands being formed of a first thermoplastic polymer material, and said first strands being fused to said second strands in said fused area; and an unfused area (131) of said textile, said first strands being unfused to said second strands in said unfused area, wherein said textile (130) is formed from mechanically manipulated yarns (146), said yarns incorporating said first strands and said second strands, and wherein said first thermoplastic polymer material (144) has a first melting temperature; and wherein said textile (130) includes a second thermoplastic material (145) having a second melting temperature, in order to impart stability to the upper by the fused areas of the textile without the necessity of incorporating additional components."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
2
auch in der beschränkten Fassung unzulässig erweitert; er sei nicht neu und beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Beklagte hat das Streitpatent in der geltenden Fassung und mit zahlreichen Hilfsanträgen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streit3 patent in einer weiter beschränkten Fassung, die dem erstinstanzlichen Hilfsantrag I entspricht, und hilfsweise mit acht weiteren Anspruchsfassungen vertei- digt. Die Patentansprüche 1, 14 und 26 lauten in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung wie folgt: "1. Fußbekleidungsartikel (100), mit einer Sohlenstruktur (110) und einem an der Sohlenstruktur befestigten gestrickten Oberteil (120), wobei das gestrickte Oberteil im Wesentlichen aus einer Textilie gebildet ist, die zumindest einen äußeren Bereich des gestrickten Oberteils bildet, wobei die Textile Folgendes aufweist: einen verklebten Bereich (132-136) der Textilie (130), wobei der verklebte Bereich zumindest teilweise aus mehreren ersten Strängen und mehreren zweiten Strängen gebildet ist, wobei die ersten Stränge aus einem ersten thermoplastischen Polymermaterial gebildet und die ersten Stränge in dem verklebten Bereich mit den zweiten Strängen verklebt sind, sowie einen nicht verklebten Bereich (131) der Textilie, wobei die ersten Stränge in dem nicht verklebten Bereich nicht mit den zweiten Strängen verklebt sind, bei dem die Textilie (130) aus maschinell verarbeiteten Garnen (146) gebildet ist, wobei die ersten Stränge und die zweiten Stränge in den Garnen aufgenommen sind, und bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial (144) eine erste Schmelztemperatur hat und bei dem die ersten Stränge der Textilie (130) ein zweites thermoplastisches Material (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur umfassen, so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten eingearbeitet werden müssen. 14. Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils (120) für einen Fußbekleidungsartikel (100), wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst: Vorsehen mehrerer Stränge, wobei zumindest ein erster Anteil der Stränge mindestens ein erstes thermoplastisches Polymermaterial umfasst; Einarbeiten der Stränge in eine Textilie (130), die im Wesentlichen das gestrickte Oberteil bildet; und Ausbilden eines verklebten Bereichs (132-136) der Textilie, indem zumindest der erste Anteil der Stränge lediglich an ausgewählten Stellen des gestrickten Oberteils mit einem zweiten Anteil der Stränge verklebt wird, während der erste Anteil und der zweite Anteil an anderen, nicht ausgewählten Stellen des Oberteils nicht verklebt werden, bei dem der Schritt des Einarbeitens das Ausbilden zumindest eines äußeren Bereichs des gestrickten Oberteils (120) aus der Textilie (130) umfasst und bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial (144) eine erste Schmelztemperatur hat; und Einarbeiten eines zweiten thermoplastischen Materials (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur in die Textilie (130), wobei das zweite thermoplastische Material in dem ersten Anteil der Stränge umfasst ist, so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten eingearbeitet werden müssen. 26. Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils (120) für einen Fußbekleidungsartikel (100), wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst: Ausbilden zumindest eines äußeren Bereichs des Oberteils (120) aus einer Textilie (130), Einarbeiten eines Garns (146) mit mindestens einem schmelzbaren Strang in separate und getrennte Bereiche des gestrickten Oberteils ; Erwärmen im Wesentlichen des gesamten Oberteils, um den mindestens einen schmelzbaren Strang mit einem angrenzenden Strang zu verkleben und die separaten und getrennten verklebten Bereiche des Oberteils zu bilden, bei dem der Schritt des Einarbeitens das Ausbilden der Textilie (130) durch maschinelles Verarbeiten von Garn (146) umfasst, welches den mindestens einen schmelzbaren Strang aufweist, und Anordnen des mindestens einen schmelzbaren Strangs lediglich in ausgewählten Bereichen des gestrickten Oberteils, so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten eingearbeitet werden müssen." Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
4

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
6
I. Das Streitpatent betrifft einen Schuh ("Fußbekleidungsartikel") mit einer Sohle und einem an der Sohle befestigten gestrickten Oberteil sowie Verfahren zur Herstellung des gestrickten Oberteils.
7
1. Nach der Patentbeschreibung sind die für das Oberteil ausgewählten Materialien je nach Art des Fußbekleidungsartikels unterschiedlich, umfassen (include) jedoch im Allgemeinen ein Textilmaterial. Sportschuhe beispielsweise enthielten oft textiles Obermaterial, das mit einer duroplastischen Schaumstoffschicht vernäht oder verklebt sei (Abs. 2). Das textile Material könne mit Hilfe verschiedener Techniken zum ma8 schinellen Verarbeiten von Garn wie Weben (interweaving), Verflechten (inter- twining) und Verdrillen (twisting) sowie Verschlingen (interlooping) hergestellt werden. Verflechten und Verdrillen umfassten Herstellungsverfahren wie Flechten und Knüpfen, Verschlingen beinhalte die Bildung einer Vielzahl von Reihen aus Maschen, wobei Stricken (knitting) das verbreitetste Verfahren zur Herstellung von Maschenware sei (Abs. 5 und 6). Mit den bei Schuhoberteilen verwendeten Textilien werde im Allgemei9 nen eine leichtgewichtige, luftdurchlässige und flexible Struktur erzielt, die den Fuß komfortabel halte. Um dem Schuh Strapazierfähigkeit und Dehnfestigkeit zu verleihen, würden üblicherweise zusätzliche Materialien wie Leder, synthetisches Leder oder Gummi mit dem Textil kombiniert (Abs. 8). Dabei sei der Einsatz mehrerer Materialien zur Realisierung unterschiedlicher Eigenschaften aus der Fertigungsperspektive häufig ineffizient. Die Verwendung zusätzlicher Materialien neben Textilien könne zudem Temperatur und Feuchte im Schuh erhöhen und seine Atmungsfähigkeit verringern (Abs. 9 und 10).
10
2. Das Streitpatent betrifft danach das - in der Patentschrift nicht ausdrücklich angesprochene - technische Problem, mit effizienten Mitteln Strapazierfähigkeit und Festigkeit von textilem Schuhwerk bei Erhaltung des Tragekomforts zu erhöhen.
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3. Als Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 in der in zweiter Instanz verteidigten Fassung einen Schuh mit folgenden Merkmalen vor (Merkmale des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Der Schuh (100) weist auf 1.1 eine Sohle (110) und 1.2 ein an der Sohle befestigtes gestricktes Oberteil (knit up- per 120) [1.1]. 2. Das Oberteil besteht im Wesentlichen aus einer Textilie (130), die zumindest einen äußeren Bereich des Oberteils bildet [1.1]. 3. Die Textilie besteht aus Garnen, die 3.1 maschinell verarbeitet sind und 3.2 erste und zweite Fasern (strands) enthalten [1.7]. 4. Die ersten Fasern sind gebildet aus 4.1 einem ersten thermoplastischen Polymermaterial mit einer ersten Schmelztemperatur und 4.2 einem zweiten thermoplastischen Material (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur [1.8]. 5. Die Textilie weist auf: 5.1 einen verklebten (fused) Bereich (132-136) [1.2], 5.1.1 der zumindest teilweise aus einer Vielzahl erster und zweiter Fasern gebildet ist [1.3], 5.1.2 in dem die ersten Fasern mit den zweiten Fasern verklebt sind [1.4, 1.5], und 5.2 einen nicht verklebten (unfused) Bereich (131), in dem die ersten Fasern nicht mit den zweiten Fasern verklebt sind [1.6].
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Hierdurch soll, wie es am Ende des Patentanspruchs 1 ausdrücklich heißt, erreicht werden, dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Materialkomponenten eingearbeitet werden müssen.
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4. Zum Verständnis der durch diese Merkmale beschriebenen technischen Lehre, die durch das in der nachfolgend eingefügten Figur 1 des Streitpatents dargestellte Ausführungsbeispiel veranschaulicht wird, ist zu erläutern:
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a) Das Oberteil des erfindungsgemäßen Schuhs ist gestrickt oder gewirkt. Die Übersetzung des Verbs "to knit" mit "stricken" oder "wirken", die das Patentgericht seinem Anspruchsverständnis zugrunde gelegt hat, entspricht, wie dem Senat bekannt ist, dem allgemeinen Sprachgebrauch. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus der Patentbeschreibung keine Anhaltspunkte für ein hiervon abweichendes Verständnis. Das Argument, Figur 3D des Streitpatents zeige ein gestricktes Gewebe sowie der Hinweis auf den Unterschied zwischen weft knitting (Stricken) und warp knitting (Wirken) verfangen nicht. Das Streitpatent trifft eine solche Unterscheidung nicht, und ob die in Figur 3D dargestellte Maschenware als gestrickt und nicht als gewirkt erkennbar ist, ist unerheblich, da sich hieraus nicht mehr ableiten lässt, alsdass das erfindungsgemäße Oberteil jedenfalls auch gestrickt sein kann.
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b) Das patentgemäße textile Oberteil besteht aus maschinell verarbeiteten Garnen, die erste und zweite Fasern (fibers) oder Filamente enthalten (Merkmal 3), die mit dem Oberbegriff strands (nachfolgend zur Vereinfachung als Fasern) bezeichnet werden (Abs. 28) und in einem verklebten Bereich (fu- sed area) durch Ausnutzung der thermoplastischen Eigenschaften der für die erste Faser verwendeten Polymere (Merkmal 4) miteinander verklebt werden (Merkmal 5.1). Die ersten Fasern weisen dabei zwei unterschiedliche thermoplastische Materialien auf, die unterschiedliche Schmelztemperaturen haben (Merkmale 4.1 und 4.2); sie können als Faserkern und -hülle ausgebildetsein. Je nach gewünschter Ausgestaltung des textilen Oberteils kann dabei das Schmelzen nur des äußeren Materials oder, wenn ein höherer Verklebungsgrad erforderlich ist, auch beider Polymermaterialien angezeigt sein. Demnach können im Rahmen der Erfindung Fasern mit verschiedenen Kombinationen von thermoplastischen Polymermaterialien genutzt werden (Abs. 45). Im Vergleich zu nicht verklebten Bereichen weisen verklebte Bereiche größere Steifheit, Dehnfestigkeit, Abriebfestigkeit und Strapazierfähigkeit auf und können deshalb für verbesserten Halt und bessere Stabilität des Schuhs sorgen (Abs. 35, 42).
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II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei durch die deutsche Ausle17 geschrift 1 084 173 (K11) nahegelegt. Der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Lederverarbeitung und Schuhtechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung und Entwicklung von Schuhen, der gegebenenfalls einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Textiltechnik zu Rate ziehe, werde die K11 trotz des Alters der Druckschrift heranziehen. Auch wenn bei der Herstellung von Schuhen kurze Entwicklungszeiten die Regel seien, habe die Entwicklung in diesem Bereich nicht lange Zeit stagniert. Das Bedürfnis, andere Materialien als Leder für das Obermaterial einzusetzen, sei nicht nur auf eine auf Mangel an Leder in der Nachkriegszeit beschränkte Entwicklung zurückzuführen. Vielmehr sei gerade bei Sportschuhen in den letzten Jahrzehnten ein Trend zu textilen Obermaterialien zu erkennen; beispielsweise bei Joggingschuhen sei eine Nachfrage nach stabilen und trotzdem leichten Schuhen vorhanden. Für den Fachmann habe deshalb hinreichend Anlass bestanden, sich im älteren Stand der Technik umzusehen. Ihm seien zum Prioritätszeitpunkt die verschiedenen, zur Fertigung von Schuhoberteilen verwendbaren Textilien und deren Eigenschaften bekannt gewesen. Bei der Entscheidung, ein geeignetes, beispielsweise gestricktes textiles Material zu verwenden, weil es besonders stabil oder besonders elastisch sei, handele es sich demnach um eine fachmännische Auswahl. Das textile Oberteil der K11 werde durch Weben oder Wirken aus ma18 schinell verarbeiteten Garnen gebildet (Sp. 1, Z. 20). Dabei handele es sich um ein Mischgewebe aus Textil- und PVC-Fasern. Das Schuhoberteil weise einen verklebten Bereich auf; an Teilen, die etwa für die Fersen- oder Zehenkappe verwendet würden, werde es an örtlich begrenzten Stellen einer Warmbehandlung unterzogen, womit eine entsprechende Härtung erreicht werde (Sp. 1, Z. 11-17). Danach verschmölzen Schuss- und Kettfäden thermoplastisch miteinander , wobei es möglich sei, dass sowohl der Schuss- als auch der Kettfaden oder nur einer der beiden Fäden thermoplastisch sei und durch Verschmelzung und anschließende Härtung mit den anderen Fäden ein festes Gewebe entstehe. Dies entspreche den Merkmalen des Streitpatents, wonach der verklebte Bereich zumindest teilweise aus ersten und zweiten miteinander verklebten Fasern gebildet sei. Da nur bestimmte Teile oder Bereiche verklebt würden, werde zwangsläufig auch ein nicht verklebter Bereich erzeugt. Der in der Schrift (Sp. 1, Z. 18-24) aufgezeigte Nachteil des Standes der Technik, dass die klebenden Fäden aufwändig an bestimmten Stellen im Textil eingebracht werden müssten, lege es nahe, die beschriebenen Fäden auch an nicht zu verstärkenden Stellen einzusetzen und die Fasern nur an den zu verstärkenden Stellen zu verkleben. Aus der Entgegenhaltung ergebe sich schließlich der Hinweis (Sp. 1, Z. 49-55), das textile Material zuerst zuzuschneiden und sodann festzulegen, welche Bereiche verfestigt werden müssten, weil sie beispielsweise als Fersenoder Zehenteil dienen sollten.
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Der erfindungsgemäße Schuh unterscheide sich nach alledem von dem Gegenstand der K11 nur durch die Verwendung eines zweiten thermoplastischen Materials mit einer zweiten Schmelztemperatur. Da die K11 indessen offenbare, das Schuhoberteil aus Mischgarnen mit PVC-Fasern und textilen Fasern herzustellen, und der Fachmann die verschiedenen Textilfasern und deren Vor- und Nachteile kenne, könne es nicht als erfinderisch angesehen werden, hieraus geeignete thermoplastische Fasern auszuwählen. Da die PVCFasern als Schmelzklebefasern wirken und die restlichen Fasern üblicherweise ihre vorhandene Struktur erhalten sollten, liege es nahe, das zweite thermoplastische Material mit einer zweiten, höheren Schmelztemperatur auszuwählen. Auch dessen Verwendung für die ersten Fasern führe angesichts der bekannten Mischfäden nicht zu einem patentfähigen Gegenstand. Der Gegenstand der Patentansprüche 14 und 26 sei ebenfalls durch
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K11 in Verbindung mit dem US-amerikanischen Patent 2 314 098 (K16) nahegelegt. Der Fachmann erkenne, dass zur Verklebung bestimmter festgelegter Bereiche nur drei Möglichkeiten zur Verfügung stünden, nämlich das gesamte Oberteil mit schmelzbaren Fasern zu versehen und dann die festgelegten Bereiche einer Wärmebehandlung zu unterziehen oder nur die festgelegten Bereiche mit schmelzbaren Fasern zu versehen und sodann das gesamte Oberteil oder nur die festgelegten Bereiche einer Wärmebehandlung zu unterziehen. Die ersten beiden Methoden beschreibe K11, die dritte Methode sei in K16 offenbart (K16, S. 1 re. Sp., Z. 40-49 i.V.m. S. 2 li. Sp., Z. 10-17). Der Entgegenhaltung sei zu entnehmen, dass nur bestimmte Bereiche des Oberteils erwärmt würden, um zu vermeiden, dass die Flexibilität und Weichheit der übrigen Teile verloren gehe. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Oberteil zum Teil aus elastischen Fasern bestehe, deren Elastizität durch die Wärmebehandlung litte. Der Fachmann erkenne ohne weiteres, dass eine Wärmebehandlung des gesamten Oberteils möglich sei, wenn es aus Fasermaterial gefertigt sei, welches bei einer Wärmebehandlung nicht geschädigt werde. Die Wärmebehandlung des gesamten Oberteils zum Verkleben bestimmter Bereiche sei zudem weniger aufwändig, da für die gezielte Erwärmung von bestimmten Bereichen ein an diese Bereiche angepasstes Werkzeug benötigt werde. Aus den drei genannten Möglichkeiten auszuwählen, sei rein fachmännisches Handeln. Die mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen des Streitpatents be21 ruhten ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. 1. Der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents
23
ist dem Fachmann durch die Entgegenhaltung K11 und das US-amerikanische Patent 2 440 393 (K17) nahegelegt (Art. 56 EPÜ).
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a) Ohne Erfolg rügt die Berufung die Definition des Fachmanns durch das Patentgericht als fehlerhaft.
25
Das Patentgericht hat den Fachmann als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Lederverarbeitung und Schuhtechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung und Entwicklung von Schuhen definiert. Dagegen wendet sich die Berufung zu Recht nicht.
26
Soweit das Patentgericht angenommen hat, dieser Fachmann ziehe gegebenenfalls einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Textiltechnik zu Rate, ist dies ebenso wenig zu beanstanden. Denn das Patentgericht hat damit nicht in Zweifel gezogen, dass die Hinzuziehung dieses zweiten Fachmanns nicht ohne weiteres angenommen werden kann, sondern im Einzelfall der Rechtfertigung bedarf. Da - wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht - im Prioritätszeitpunkt für Schuhobermaterialien Textilien vielfach verwendet wur- den, kann indessen eine solche Rechtfertigung nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
27
b) Zu Recht hat das Patentgericht K11 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte der Fachmann Anlass, diese Entgegenhaltung zu berücksichtigen. Der zum Prioritätszeitpunkt fast fünfzig Jahre zurückliegende Anmeldetag der Entgegenhaltung steht dem nicht entgegen.
28
aa) Ob sich dem Fachmann ein bestimmter Stand der Technik als möglicher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht davon ab, ob es sich hierbei um den nächstliegenden Stand der Technik handelt. Die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als - aus Ex-post-Sicht - nächstkommender Stand der Technik ist weder ausreichend (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 Rn. 51 - Olanzapin) noch erforderlich (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05, GRUR 2009, 1039 Rn. 20 - Fischbissanzeiger). Die Wahl des Ausgangspunkts bedarf daher der Rechtfertigung , die in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGHZ 179, 168 - Olanzapin; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14, GRUR 2017, 148 Rn. 42 f. - Opto-Bauelement).
29
bb) Dabei bildet das Alter einer bestimmten Entgegenhaltung nur eines von mehreren als relevant in Frage kommenden Kriterien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es eine Frage des Einzelfalls, dessen Umstände umfassend zu würdigen sind, ob ein Stagnieren des Stands der Technik über lange Zeit darauf hindeutet, dass die neue Erfindung dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt war (BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - X ZR 49/09, GRUR 2010, 992 Rn. 28 - Ziehmaschinenzugeinheit II). Ebenso ist es eine Frage des Einzelfalls, ob außer aktuellen technischen Lösungen , die der Fachmann in der Regel ohne weiteres auf ihre Eignung als Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung prüfen wird, hierfür auch ältere Lösungen in Betracht zu ziehen sind. Zu den zu würdigenden Umständen können die Entwicklungszyklen auf dem in Rede stehenden Gebiet ebenso gehören wie die Abhängigkeit der Produktentwicklung von außertechnischen Faktoren wie etwa in der Bekleidungs- und Schuhindustrie zu berücksichtigenden jeweils aktuellen modischen Trends. Es kann aber auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zur Rechtfertigung des vom Fachmann gewählten Ausgangspunkts anzustellenden Überlegungen nur ein Hilfskriterium bei der Beurteilung der Frage betreffen, ob die technische Lehre der Erfindung auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Bliebe eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung, die die wesentlichen Elemente der Erfindung bereits enthält, mit der Begründung unbeachtet , der Fachmann hätte den Lösungsansatz wegen des zeitlichen Abstands nicht in Betracht gezogen, würde nicht ein neuer und erfinderischer Beitrag zum Stand der Technik mit einem Schutzrecht gewürdigt, sondern die bloße "Wiederentdeckung" eines bekannten technischen Konzepts prämiert. Es bedarf daher in derartigen Fällen einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob die ältere Lösung tatsächlich außerhalb desjenigen Bereichs liegt, in dem sich am Prioritätstag aus fachmännischer Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Problems finden ließen.
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cc) Im Streitfall bildete die K11 einen solchen möglichen Ansatzpunkt.
31
(1) Beide auf dem Gebiet der Sportartikelherstellung tätigen Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Entwicklungszyklen bei Schuhen, insbesondere Sportschuhen, relativ kurz sind und es sich bei der Schuhentwicklung und -herstellung um einen schnelllebigen Wirtschaftssektor handelt. Ent- gegen der Auffassung der Beklagten bedeutet dies aber nicht, dass die Weiterentwicklung stetig, schnell und in nur eine technische Richtung erfolgt und für den Fachmann ein Rückgriff auf eine ältere oder längere Zeit nicht mehr angewandte Technik grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Dagegen spricht zunächst die nicht substantiiert angegriffene und im Grundsatz mit der Beschreibung des Streitpatents übereinstimmende Feststellung des Patentgerichts, dass gerade bei Sportschuhen in den letzten Jahrzehnten ein Trend zu stabilen und trotzdem leichten Schuhen mit textilen Obermaterialien zu erkennen ist. Darüber hinaus unterliegen, wie die Klägerin zutreffend ausführt, Schuhe und Sportartikel modischen Trends, weswegen Neuerungen nur zum Teil allein technischen Entwicklungen geschuldet sind. So stellt die Beklagte nicht in Abrede , dass Sportartikelhersteller, um einen "Retrolook" zu schaffen, gegebenenfalls auf optische Stilmittel aus der Vergangenheit zurückgreifen. Dementsprechend hat der Fachmann Anlass, bei der "Wiederkehr" einer bestimmten Gestaltung oder eines bestimmten Materials auch ältere Lösungen zu deren technischer Realisierung in Betracht zu ziehen.
32
(2) Wie auch die Streitpatentschrift angibt, stellte sich dem Fachmann die im Prioritätszeitpunkt verbreitete Anbringung von Verstärkungs- und Versteifungselementen aus anderem Material als dem für das Schuhoberteil verwendeten Textil als herstellungstechnisch aufwändig und demgemäß nachteilig dar. Es mag sein, dass der Fachmann in erster Linie bestrebt war, innerhalb dieser Entwicklungslinie nach weniger aufwändigen Lösungen zu suchen. Der Fachmann hatte aber auch Anlass zu der Prüfung, ob sich im Stand der Schuhherstellungstechnik andere Ansätze zu einer Verringerung dieses Aufwands fanden. Einen solchen Ansatz fand der Fachmann in der K11, die die Verstärkung und Versteifung eines textilen Schuhoberteils durch Versteifung des Textils selbst lehrt.
33
(3) Auf den von der Berufung betonten Gesichtspunkt, es habe im Prioritätszeitpunkt nicht nahegelegen, ein gestricktes Oberteil für hinreichend fest ausführbar und damit für die Schuh- und insbesondere Sportschuhherstellung geeignet zu halten, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Um die Entgegenhaltung K11 in Betracht zu ziehen, musste der Fachmann nicht von einem gestrickten Oberteil ausgehen, sondern konnte ein Textilgewebe zugrundelegen , wie es im Prioritätszeitpunkt verbreitet verwendet wurde.
34
c) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen Merkmale mit Ausnahme des Merkmals 4.2 [1.8] in K11 offenbart sind, ist durch die Entgegenhaltung nahegelegt.
35
aa) K11 bezieht sich auf ein Schuhoberteil, das aus einem Mischgewebe oder Mischgewirk mit Fäden aus Textil- und Polyvinylchloridfasern hergestellt und an wählbaren Stellen durch Warmbehandlung versteift ist. Die Schrift erläutert , dass und auf welche Weise thermoplastische Fäden zu einer Härtung des Gewebes oder Gewirks beitragen, nämlich durch Verschmelzung von Schussund Kettfaden und anschließende Härtung (Sp. 1, Z. 11-17). Den Nachteil dieser schon damals bekannten Technik sieht die Schrift darin, dass der Anteil der PVC-Fasern an den zu härtenden Stellen berücksichtigt werden müsse. Es wird deshalb vorgeschlagen, nicht unterschiedlich zusammengesetzte Fäden zu verwenden, sondern die Mischung im Faden selbst vorzunehmen und erst nach dem Zuschnitt des Gewebes den PVC-Anteil zur Warmbehandlung an den gewünschten Stellen auszunutzen (Sp. 1, Z. 32-54).
36
bb) Damit ist ein Verkleben im Sinne des Streitpatents offenbart, denn durch das Verschmelzen wird, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, eine Verbindung zwischen den Fasern hergestellt, die zu einer Härtung und Verfestigung der so behandelten Bereiche des textilen Materials führt. Die Här- tung wird dadurch erreicht, dass "an örtlich begrenzten Stellen eine an sich bekannte Warmbehandlung durchgeführt wird" (Sp. 1, Z. 51-54). Auch bei der Darstellung einer Ausführungsform, bei der ein Baumwollgewebe an der Innenseite des Fersenteils angeordnet wird, werden "Warmbehandlung" und "thermoplastische Befestigung" gleichgesetzt (Sp. 2, Z. 18-25). Damit unterscheidet die Schrift entgegen der Meinung der Berufung nicht zwischen einer Erwärmung auf eine Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes (= Warmbehandlung) und einem Verschmelzen im engeren Sinne. Sie offenbart gleichzeitig eine Verklebung nur bestimmter Teile oder Bereiche des textilen Oberteils. Dies hat zur Folge, dass auch nicht verklebte Bereiche, in denen die Fasern nicht (teilweise) aufgeschmolzen und folglich nicht miteinander verklebt sind, vorhanden sind. Die durch die Warmbehandlung herbeigeführte Härtung wird insbesondere zur Verfestigung des Zehen- und Fersenbereichs des Schuhs eingesetzt und soll dem Schuhoberteil Stabilität verleihen, ohne dass möglicherweise zusätzliche Verstärkungskomponenten eingearbeitet werden müssen (Sp. 1, Z. 49-54). Die Annahme der Berufung, die Warmbehandlung beziehe sich stets auf das gesamte Schuhoberteil, findet in der Entgegenhaltung keine Grundlage.
37
cc) Nach dem in der Entgegenhaltung nicht offenbarten Merkmal 4.2 [1.8] sind die ersten Fasern nicht nur aus einem, sondern aus einem ersten und einem zweiten thermoplastischen Material mit jeweils unterschiedlichen Schmelztemperaturen gebildet. Nach der Entgegenhaltung K11 waren allerdings bereits Mischfäden, bestehend aus Textilfäden und Polyvinylchloridfasern bekannt. In der Schrift ist hierzu ausgeführt, dass die Mischung mit dem thermoplastischen Werkstoff erfindungsgemäß nicht im Gewebe oder Gewirk, sondern im Faden selbst stattfinde (Sp. 1, Z. 38-42). Damit lehrt K11 grundsätzlich das Mischen "in der Faser" (so ausdrücklich Sp. 1, Z. 42). Wie das Patentgericht unangegriffen festgestellt hat, waren dem Fachmann die Eigenschaften von Textilfasern und thermoplastischen Fasern grundsätzlich geläufig. Er hatte zudem Anlass, einen besser qualifizierten Fachmann für die Verarbeitung von Kunstfasern hinzuzuziehen, wenn er die Möglichkeiten der Ausgestaltung thermoplastischer Fasern nicht hinreichend überblickte. Da die K11 ihn lehrt, den Faden so zusammenzusetzen, dass ihm an unterschiedlichen Stellen durch die Warmbehandlung unterschiedliche Eigenschaften verliehen werden, war ihm damit grundsätzlich der Weg dazu gewiesen, die Möglichkeit der Differenzierung durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Thermoplaste für einen Faden noch zu erhöhen, wenn ihm dies zur Verbesserung der Eigenschaften des Schuhs oder im Hinblick auf ein zweckmäßiges Herstellungsverfahren sinnvoll erschien. Dieser Annahme steht das Argument der Beklagten, die K11 strebe - vor allem für den Einsatz für medizinische Zwecke (Sp. 3, Z. 1-4) - eine erhöhte Elastizität an, nicht entgegen. Denn da die Warmbehandlung ohnehin an wählbaren (Sp. 1, Z. 35) und örtlich begrenzten Stellen (Sp. 1, Z. 51, 52) durchgeführt wird, so dass auch nicht thermoplastisch verschmolzene oder nicht versteifte Bereiche an dem Schuhoberteil vorhanden sind, die die notwendige Elastizität gewährleisten, verbessert sich im Gegenteil durch zwei Thermoplaste erkennbar die Möglichkeit, bei der Versteifung nicht weiter zu gehen als notwendig. Dabei ist die vom Patentgericht erörterte Frage, ob es für den Fachmann nahegelegen hat, das Mischgewebe der K11 durch zwei thermoplastische Materialien zu ersetzen, ohne Belang, da der Patentanspruch keine Aussage zum Material der zweiten Fasern enthält.
38
dd) Für den Einsatz von versteiftem Gewebe mit zwei unterschiedlichen thermoplastischen Fasern, das auch zur Herstellung von Schuhen verwendet wird, ergibt sich darüber hinaus ein Vorbild aus der deutschen Offenlegungsschrift 2 018 762 (K22). Dort ist ein Gewebe beschrieben, bei dem die oder eine beträchtliche Anzahl der Fäden des Gewebes aus einem ersten filmbildenden Polymer und einem darin eingearbeiteten zweiten Polymer bestehen und bei dem das erste Polymer einen niedrigeren Schmelzpunkt als das zweite hat (K22, S. 2, 2. Abs.; S. 8, 3. Abs. und S. 12, 1. Abs. zur Anwendung bei Schuhen

).

39
d) Der verteidigte Patentanspruch 14 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Fußbekleidungsartikels nach dem Sachanspruch 1. Für die Patentfähigkeit gilt insoweit nichts anderes.
40
e) Das Verfahren nach Patentanspruch 26 ist aus den vom Patentgericht angegebenen Gründen, aber auch durch die Entgegenhaltungen K11 und K17 nahegelegt.
41
aa) Der Gegenstand von Patentanspruch 26 unterscheidet sich, wie das Patentgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet angenommen hat, von dem Gegenstand der K11 durch die Lehre, eine schmelzbare Faser lediglich in ausgewählten Bereichen des gestrickten Oberteils anzuordnen und das gesamte Oberteil zu erwärmen, um die schmelzbare Faser in den ausgewählten Bereichen mit einer angrenzenden Faser zu verkleben.
42
bb) Wie die Entgegenhaltung K11 erwähnt, war es bereits bekannt, thermoplastische Fäden in ein Gewebe oder Gewirk für ein Schuhoberteil einzuarbeiten (Sp. 1, Z. 11-17), wobei die Einarbeitung an genau bestimmten Stellen , die anschließend gehärtet werden (Sp. 1, Z. 21, 22), erfolgt. Es ist dann lediglich eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob nur diese Stellen erwärmt werden oder aus praktischen Gründen das gesamte Oberteil, bei dem diese Erwärmung in den Bereichen ohne thermoplastisches Material keine unerwünschten Folgen hat. Die Berufung weist zwar zutreffend darauf hin, dass die K11 die Einarbeitung thermoplastischen Materials nur an bestimmten Stellen des Schuhoberteils als nachteilig ansieht. Des ungeachtet führt sie dem Fachmann jedoch diese Alternative vor Augen.
43
cc) Ein solches Verfahren ist im Übrigen auch durch K17 nahegelegt. Die Entgegenhaltung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines leistenangepassten Schuhoberteils aus einem textilen Material, das belastbar ist und die Kontur des Leistens während des Tragens erhält oder beibehält (Sp. 1, Z. 1-7). In das Schuhoberteil wird ein Garn mit einem thermoplastischen Material aufgenommen (Sp. 2, Z. 18-21). In dem Schuhoberteil gibt es auch nicht verstärkte Abschnitte, die keine thermoplastische Faser enthalten (Sp. 4, Z. 43-48). Das gesamte Oberteil wird einer Hitzebehandlung unterzogen, z. B. in ein Dampfbad gegeben, um die thermoplastischen Elemente zu erweichen und sich dann zusammenziehen zu lassen (Sp. 4, Z. 4-11). Die transversalen Fasern schmelzen oder haften an den longitudinalen PVC-Fasern an und verankern diese in dem Stoff (Sp. 2, Z. 26-29). Das gegen die Heranziehung der K17 gerichtete Argument der Berufung, der K17 gehe es allein um die Formerhaltung des Schuhs, verfängt nicht. Die Erhaltung der Form eines Schuhs bedeutet nichts anderes als die Erhaltung dessen Stabilität. Die Bewahrung und Erhöhung der Stabilität wird zusammen mit dem Erreichen eines erhöhten Halts als Vorteil der Erfindung nach dem Streitpatent bezeichnet (Abs. 11).
44
2. Der mit den Hilfsanträgen I bis VIII jeweils verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist durch den Stand der Technik ebenfalls nahegelegt.
45
a) Dies gilt zunächst für Hilfsantrag I.
46
aa) Die Patentansprüche 1, 2 und 3 des Hilfsantrags I sind an die Ansprüche 1, 14 und 26 der beschränkten Fassung angelehnt. Patentanspruch 1 soll in dieser Fassung wie folgt lauten (zusätzlich eingefügte Merkmale sind unterstrichen ): "1. Sportfußbekleidungsartikel (100), mit einer Sohlenstruktur (110) und einem an der Sohlenstruktur befestigten gestrickten Oberteil (120), wobei das gestrickte Oberteil im Wesentlichen aus einer Textilie gebildet ist, die zumindest einen äußeren Bereich des gestrickten Oberteils bildet, wobei die Textilie Folgendes aufweist: verklebte Bereiche (132-136) der Textilie (130), wobei die verklebten Bereiche zumindest teilweise aus mehreren ersten Strängen und mehreren zweiten Strängen gebildet sind, wobei die ersten Stränge aus einem ersten thermoplastischen Polymermaterial gebildet und die ersten Stränge in dem verklebten Bereich mit den zweiten Strängen verklebt sind, sowie eine Mehrzahl nicht verklebter Bereiche (131) der Textilie, wobei die ersten Stränge in dem nicht verklebten Bereich nicht mit den zweiten Strängen verklebt sind, bei dem ein verklebter Bereich (133) an einem Fersenabschnitt des Oberteils (120) so angeordnet ist, dass er um den Fersenabschnitt herum verläuft, um die Ferse des Trägers wirksam zu umfassen und ein verklebter Bereich (134) auf einer Seite des Oberteils (120) als längliche Streifen so angeordnet ist, dass der verklebte Bereich horizontal oder longitudinal auf der lateralen Seite des Oberteils (120) verläuft und ein verklebter Bereich (136) an einem Spannabschnitt des Oberteils (120) so angeordnet ist, dass er am medialen Rand (124a) und dem lateralen Rand (124b) verläuft und Öffnungen (123) umfasst und ein verklebter Bereich (135) an einem Zehenabschnitt des Oberteils (120) angeordnet ist, bei dem die Textilie ein Schnürsystem mit Schnürsenkel (122) umfasst und der Schnürsenkel (122) durch die Öffnungen (123) und über einen Abstand, der zwischen dem medialen Rand (123a) und dem lateralen Rand (124b) gebildet ist, gefädelt ist, bei dem die Textilie (130) aus maschinell verarbeiteten Garnen (146) gebildet ist, wobei die ersten Stränge und die zweiten Stränge in den Garnen aufgenommen sind, und bei dem das erste thermoplastische Polymermaterial (144) eine erste Schmelztemperatur hat und bei dem die ersten Stränge der Textilie (130) ein zweites thermoplastisches Material (145) mit einer zweiten Schmelztemperatur umfassen, so dass dem Oberteil durch die verklebten Bereiche der Textilie Stabilität verliehen wird, ohne dass zusätzliche Komponenten eingearbeitet werden müssen."
47
bb) Die in die Ansprüche nach Hilfsantrag I aufgenommenen Merkmale begründen keine erfinderische Tätigkeit.
48
(1) Dies gilt zunächst, soweit sie den Gegenstand der Erfindung auf einen Sportschuh beschränken. Das Streitpatent geht davon aus, dass die Verwendung textiler Materialien insbesondere auch bei Sportschuhen üblich war. Soweit die Berufung geltend macht, die Erfindung ermögliche es erstmalig, gestrickte Oberteile sogar im Hochleistungssegment einzusetzen, kommt dies weder in dem verteidigten Patentanspruch 1 zum Ausdruck, noch ist erkennbar, wie eine solche Abgrenzung formuliert werden könnte. Die Anwendung des nahegelegten textilen Oberteils und des Verfahrens zu seiner Herstellung bei einem Sportschuh kann eine erfinderische Tätigkeit mithin nicht begründen.
49
(2) Zum anderen geben die zusätzlichen Merkmale vor, an welchen Stellen und auf welche Art bestimmte verklebte textile Bereiche an dem (Sport-)Schuhoberteil angeordnet oder anzuordnen sind, z. B. um die Ferse und den Zehenbereich herum, als Horizontal- und Longitudinalstreifen an der Seite des Oberteils oder auf dem Spannabschnitt des Oberteils. Dabei handelt es sich um verschiedene Bereiche eines Schuhoberteils, die üblicherweise verstärkt werden und auch in demjenigen Stand der Technik, von dem das Streitpatent ausgeht, - durch andere Materialien - verstärkt worden sind. Wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, entspricht es ausgehend von K11 fachmännischem Handeln, das Schuhoberteil an denjenigen Bereichen zu verstärken , in denen eine besondere Festigkeit des Materials und eine damit einhergehende höhere Stabilität des Schuhs erforderlich oder gewünscht ist. Darüber hinaus ist, wie die Klägerin richtig ausführt, die Anordnung verklebter Bereiche im Zehen- und Fersenbereich eines Schuhoberteils aus K11 bekannt (Sp. 1, Z. 49-54 und Anspruch 3), ebenso die Versteifung von Rändern und die Ausbildung von Ösen, die nach üblichem Verständnis zur Aufnahme eines Schnürsenkels geeignet sein sollen. Das Anbringen eines verklebten Bereichs auf einer Seite eines Schuhoberteils ist, wie die Klägerin vorbringt, in den USamerikanischen Patentschriften P3 (Sp. 2, Z. 12-18) und K8 (Sp. 4, Z. 48-54) offenbart.
50
(3) Was das in Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag I unter Schutz gestellte Verfahren zur Herstellung eines gestrickten Oberteils für einen Sportschuh betrifft, sind die hinsichtlich der Anordnung von verklebten Bereichen hinzugefügten Merkmale aus den Entgegenhaltungen K16 (Sp. 1, Z. 55 - Sp. 2, Z. 8 - Verstärkung des Fersenbereichs) und der US-amerikanischen Patentschrift 2 343 390 (K12), die die Herstellung von Schuhen und insbesondere Methoden zur Versteifung ausgewählter Teile von Schuhen betrifft (Sp. 1, Z. 1-3, Figur 4 - Verstärkung im Fersen- und Zehenbereich, Vorsehen eines Schnürsystems mit Ösen) bekannt.
51
(4) Soweit die Beklagte meint, die verklebten Bereiche an verschiedenen Stellen des Sportschuhoberteils stünden in einem Wirkzusammenhang und bildeten eine in ihrer Kombination nicht angeregte technische Einheit, kann dem nicht beigetreten werden. Es mag zwar sein, dass, wie die Berufung ausführt, die Kombination der verklebten Stellen und insbesondere deren Anordnung an der Seite des Schuhs sowie im Bereich des Spanns für den Einsatz als Sportschuh von besonderer Bedeutung sind, weil die seitlichen Verklebungen zusätzlichen Halt geben und die verklebten Bereiche am Spann eine optimale Kraftverteilung des Schnürsystems ermöglichen, wobei die seitlichen Verklebungen wiederum die Verteilung der Zugkräfte begünstigen. Gleichwohl handelt es sich aber um fachmännische Ableitungen aus der Anforderung, einen Schuh mit einem textilen Oberteil an denjenigen Stellen zu versteifen, die für die Stabilität bei gleichzeitig möglichst hohem Tragekomfort von Bedeutung sind; Versteifungen an diesen Stellen waren dem Fachmann demgemäß als solche bekannt (siehe nur die entsprechenden Materialverstärkungen in der Entgegenhaltung P3).
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b) Auch aus den Hilfsanträgen II bis VIII ergibt sich kein patentfähiger Gegenstand.
53
Der Anspruch nach Hilfsantrag II ist identisch mit Patentanspruch 26 des Hauptantrags.
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Der einzige (Verfahrens)Anspruch nach Hilfsantrag III schränkt den Anspruch nach Hilfsantrag II dahingehend ein, dass verklebte Bereiche an einem Fersenabschnitt auf einer Seite und an einem Zehenabschnitt des Oberteils angeordnet sind. Auch diese Gestaltung, die im Wesentlichen derjenigen nach Anspruch 3 des Hilfsantrags I entspricht, beruht aus den dargelegten Gründen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag IV entspricht dem Verfahrensanspruch 26 nach dem Hauptantrag mit dem - wie ausgeführt nahegelegten - zusätzlichen Merkmal, dass eine erste schmelzbare Faser ein erstes thermoplastisches Polymer mit einer ersten Schmelztemperatur und ein zweites thermoplastisches Polymer mit einer zweiten Schmelztemperatur umfasst.
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Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag V entspricht dem Patentanspruch nach Hilfsantrag IV mit der bereits erörterten Einschränkung auf einen Sportschuh.
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Der Anspruch nach Hilfsantrag VI entspricht dem Patentanspruch nach Hilfsantrag III mit dem zusätzlichen Merkmal, dass unterschiedliche Temperaturen angewendet werden, um unterschiedliche Verklebungsgrade der verklebten Bereiche zu erhalten. Wie das Patentgericht zutreffend und von der Beklagten unbeanstandet festgestellt hat, ist dem Fachmann bekannt, dass durch die Anwendung unterschiedlicher Temperaturen unterschiedliche Verklebungsgrade und damit verbunden unterschiedliche Festigkeiten erzielt werden, da die Festigkeit mit dem Anteil des geschmolzenen Materials und der damit verbundenen Zunahme der verklebten Fläche steigt. Sollen zwei Polymere mit unterschiedlichen Schmelzpunkten jedenfalls teilweise erweichen, ist ohnehin die Anwendung unterschiedlicher Temperaturen geboten.
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Der Patentanspruch nach Hilfsantrag VII stimmt mit dem Anspruch nach Hilfsantrag III mit der Beschränkung auf einen Sportschuh überein. Der Anspruch nach Hilfsantrag VIII ist identisch mit Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag

I.


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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Richter am Bundesgerichtshof Gröning kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Meier-Beck Meier-Beck Bacher
Schuster Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 13.11.2014 - 2 Ni 45/12 (EP) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)