Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2013 - VIII ZR 308/12

published on 17/07/2013 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2013 - VIII ZR 308/12
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Landgericht Dresden, 10 O 991/11, 02/03/2012
Oberlandesgericht Dresden, 9 U 572/12, 04/09/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 308/12 Verkündet am:
17. Juli 2013
Ring
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. September 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Zahlungsklage abgewiesen worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 2. März 2012 wird zurückgewiesen. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass die Anschlussberufung der Klägerin, soweit sie auf Feststellung einer Zahlungspflicht der Beklagten für die von ihr bis zum Jahre 2031 abgenommene Energiemenge gerichtet ist, als unzulässig verworfen wird. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Beklagte zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 95 Prozent und die Beklagte 5 Prozent zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Zahlung einer auf § 32 Abs. 1 und 2 EEG 2009 gestützten Einspeisevergütung für Strom aus einer von ihr betriebenen Photovoltaikanlage in das von der Beklagten betriebene Stromnetz in D. . Die ganz überwiegend im Jahre 2010 in Betrieb genommene Photovoltaikanlage befindet sich auf einer von der Klägerin angemieteten, knapp sechs Hektar großen Grünfläche im Innenbereich der im Jahre 1890 errichteten Galopprennbahn in D. . Auf diesem Teil des Innenbereichs waren ursprünglich Jagdrennen durchgeführt worden; die dazu benötigten Hindernisse sind in der Vergangenheit jedoch bis auf wenige Reste zurückgebaut worden. Eingefasst ist der Innenbereich, in dem sich - so die Behauptung der Klägerin - noch ein "Tummelplatz" für Pferde befindet, von den um ihn herum verlaufenden und jeweils eingezäunten Rennbahnen (Trainingsbahn, Flachbahn und Sandbahn). An einer Längsseite der Rennbahnen befinden sich Tribünen, Toilettenanlagen, weitere Funktionsgebäude und Parkflächen.
2
Der auf Zahlung von 26.515,64 € nebst Zinsen gerichteten Klage für den in der Zeit vom 7. Januar 2011 bis zum 14. Februar 2011 eingespeisten Strom hat das Landgericht (LG Dresden, REE 2012, 106) stattgegeben. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin nach Ablauf der bis zum 18. Juni 2012 verlängerten Frist zur Berufungserwiderung die Klage durch einen am 28. Juni 2012 bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz um einen - später wieder zurückgenommenen - Antrag auf Zahlung der Einspeisevergütung für den Zeitraum vom 15. Februar 2012 bis 31. Mai 2012 sowie um einen Antrag auf Feststellung einer in bestimmter Höhe bestehenden Vergütungspflicht der Beklagten für die anschließende Zeit bis einschließlich 2031 erweitert. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Re- vision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und verfolgt ihr Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat teilweise Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht (OLG Dresden, RdE 2013, 177) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Vergütung für den im Zeitraum vom 7. Januar 2011 bis 14. Februar 2011 eingespeisten Strom gemäß § 32 Abs. 1 EEG 2009 zu, weil die Photovoltaikanlage nicht auf einer baulichen Anlage im Sinne des § 32 Abs. 2 EEG 2009 errichtet worden sei. Aus dem gleichen Grunde sei auch das erhobene Feststellungsbegehren unbegründet.
6
Der auslegungsbedürftige Begriff der baulichen Anlage sei dem Bauordnungsrecht entlehnt, so dass - auch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des EEG - auf die Begriffsbestimmungen der Landesbauordnungen und der Musterbauordnung zurückgegriffen werden könne, wonach als bauliche Anlage jede mit dem Erdboden verbundene, aus Bauteilen und Baustoffen hergestellte Anlage anzusehen sei. Die Galopprennbahn stelle zwar als Spiel- und Sportfläche in ihrer Gesamtheit eine bauliche Anlage im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 SächsBauO dar. Insoweit sei aber zu berücksichtigen, dass diese mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Musterbauordnung 2002 übereinstimmende Regelung als bauliche Anlagen auch solche Flächen definiere, die entweder - wie etwa Abgrabungen - an sich keine baulichen Anlagen seien oder bei denen die Eigenschaft als bauliche Anlage zweifelhaft sei und die den baulichen Anlagen nur aus spezifisch bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten der Gefahrenabwehr und einer Beachtung nachbarrechtlicher Interessen gleichgestellt worden seien.
7
Diese Wertungen ließen sich nicht ohne weiteres auf § 32 EEG 2009 übertragen. Der Gesetzeszweck des EEG 2009 bestehe nach dessen § 1 Abs. 1 darin, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Diesem Zweck entspreche die in §§ 32, 33 EEG 2009 vorgesehene gestaffelte Vergütung von Solaranlagen. Diese Staffelung zeige, dass primär Gebäude zur Befestigung der Module genutzt werden sollten und sekundär die Anbringung auf sonstigen baulichen Anlagen erfolgen solle, soweit sie vorrangig anderer Nutzung dienten. Erst an dritter Stelle werde nur ausnahmsweise die Errichtung von Solaranlagen auf Flächen ohne bauliche Anlagen gefördert (Freiflächen), wenn sie einem Verfahren nach dem Baugesetzbuch unterworfen worden seien. Mit Hilfe dieses Systems sei es dem Gesetzgeber darum gegangen, eine sinnvolle Begrenzung der für Freiflächenanlagen in Anspruch zu nehmenden Flächen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zu gewährleisten.
8
Als Beispiele für bauliche Anlagen seien in der Gesetzesbegründung Straßen, Stellplätze, Deponieflächen, Aufschüttungen, Lager- und Abstellplätze genannt. Auch wenn diese Aufzählung nicht vollständig sei, belegten die in diesen Beispielen nicht erwähnten Sport- und Spielflächen oder Camping- und Wochenendplätze aber, dass letztgenannte Flächen nicht ohne Weiteres von § 32 Abs. 1 EEG 2009 mit umfasst sein sollten. Sie unterschieden sich von den Beispielsfällen dadurch, dass sie in erster Linie als Grünflächen ausgestaltet seien und bauliche Eingriffe und Veränderungen in den Hintergrund träten. Ihre Ausgrenzung lasse angesichts der Intentionen des Gesetzgebers, Freiflächenanlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie sinnvoll zu begrenzen, den Schluss zu, dass der Begriff der baulichen Anlage in § 32 EEG 2009 nicht alle fiktiven Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 SächsBauO, § 2 Abs. 1 Satz 2 Musterbauordnung 2002 habe erfassen sollen. Der von der Photovoltaikanlage in Anspruch genommenen Grünfläche komme mithin nicht schon wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Sportfläche die Bedeutung einer baulichen Anlage zu.
9
Daher sei ohne Bedeutung, ob die an die in Anspruch genommene Fläche angrenzende Grünfläche als "Tummelplatz" für Pferde genutzt werde. Die streitgegenständliche Fläche werde noch nicht einmal dann zur baulichen Anlage , wenn sie vorher selbst im Zusammenhang mit dem Pferdesport mitgenutzt worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass sich auf dem Gelände der Galopprennbahn Gebäude und andere bauliche Anlagen befänden. Schon wegen der räumlichen Distanz, aber auch wegen der Unterschiede in der konkreten lokalen Nutzung könne die streitige Grünfläche nicht als bauliche Anlage angesehen werden. Ebenso sei unerheblich, ob im Bereich der Photovoltaikanlage eine Drainage verlegt sei. Denn eine Drainage im Bodenbereich stelle weder für sich eine bauliche Anlage dar noch sei sie sonst geeignet, der Grünfläche eine prägende Bedeutung zu vermitteln. Gleiches gelte für die am Standort der Photovoltaikanlage angeblich früher einmal vorhandenen Wege und Wassergräben.
10
Dass die Photovoltaikanlage - wie von der Klägerin behauptet - sonst auf baulichen Anlagen wie Hürden errichtet worden sei, lasse sich weder den Licht- bildern noch den Feststellungen des Landgerichts entnehmen. Die vorgefundenen Reste seien jedenfalls schon aufgrund ihrer geringen Größe nicht geeignet, dem Innenbereich der Galopprennbahn ein Gepräge zu vermitteln. Im Übrigen setze die Anwendbarkeit von § 32 EEG zwar nicht voraus, dass die bauliche Anlage bis zur Errichtung einer Photovoltaikanlage noch nach der ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt worden sei. Seien bauliche Anlagen wie Hürden und Hindernisse aber - wie hier - seit den späten 1980er Jahren zurückgebaut oder aus anderen Gründen nicht mehr vorhanden, liege schon keine bauliche Anlage mehr vor.

II.

11
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
12
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Photovoltaikanlage der Klägerin nicht auf einer baulichen Anlage im Sinne von § 32 Abs. 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare -Energien-Gesetz - EEG) vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074; im Folgenden EEG 2009) angebracht worden ist, und hat deshalb für den Zeitraum vom 7. Januar 2011 bis 14. Februar 2011 einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der ansonsten in ihrer Höhe unstreitigen Einspeisevergütung zu Unrecht verneint. Hinsichtlich des im Berufungsrechtszug klageerweiternd erhobenen Feststellungsbegehrens ist die Revision hingegen unbegründet, weil die in dieser Klageerweiterung liegende Anschlussberufung unzulässig ist.
13
1. Die Beklagte, die als Netzbetreiberin (§ 3 Nr. 8 EEG 2009) verpflichtet ist, den von der Klägerin als Anlagenbetreiberin (§ 3 Nr. 2 EEG 2009) in der bezeichneten Photovoltaikanlage (§ 3 Nr. 1 EEG 2009) erzeugten Strom aus solarer Strahlungsenergie abzunehmen und zu übertragen (§ 8 Abs. 1 EEG 2009), hat diesen Strom gemäß § 32 Abs. 1 EEG 2009 zu vergüten. Denn die Photovoltaikanlage ist, wie von § 32 Abs. 2 EEG 2009 für das Bestehen einer Vergütungspflicht vorausgesetzt, auf einer baulichen Anlage angebracht, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden ist.
14
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend die - inzwischen wieder mehrfach geänderten - Vorschriften des EEG 2009 herangezogen. Denn auf Anlagen, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen worden sind, bleiben gemäß § 66 Abs. 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1634, im Folgenden EEG 2012) die hier interessierenden Regelungen des EEG 2009 weiterhin anwendbar (vgl. dazu auch Salje, EEG, 6. Aufl., § 32 Rn. 2).
15
b) Die Revision rügt allerdings mit Recht, dass das Berufungsgericht den Innenbereich der Galopprennbahn nicht als Teil dieser baulichen Gesamtanlage angesehen und der Klägerin deshalb einen Anspruch auf Einspeisevergütung versagt hat.
16
aa) Mit dem in § 32 EEG 2009 selbst nicht definierten Begriff der baulichen Anlage hat der Gesetzgeber unter nahezu wortgleicher Übernahme seiner Erwägungen zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 11 Abs. 3 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-GesetzEEG ) in der Fassung vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1918 - im Folgenden EEG 2004) nach den betreffenden Gesetzesbegründungen folgendes Verständnis verbunden (BT-Drucks. 16/8148, S. 60; 15/2864, S. 44; 15/2327, S. 34): "Bauliche Anlagen werden gemeinhin als jede mit dem Erdboden verbundene, aus Bauteilen und Baustoffen hergestellte Anlage begriffen. Diese Differenzierung entspricht dem Verständnis der Musterbauordnung und der Landesbauordnungen. Infolgedessen ist zwischen unterschiedlichen Vergütungssätzen für Anlagen an/auf Gebäuden und an/auf sonstigen baulichen Anlagen (etwa Straßen , Stellplätze, Deponieflächen, Aufschüttungen, Lager- und Abstellplätze) zu unterscheiden."
17
Dass der Gesetzgeber von diesem Begriffsverständnis, an das auch der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angeknüpft hat (Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 35/10, ZNER 2011, 184 Rn. 39), bei den späteren Gesetzesänderungen im Zuge der sogenannten Photovoltaiknovelle 2010 (Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes vom 11. August 2010, BGBl. I S. 1170) sowie der Neufassung des § 32 Abs. 1 EEG 2012 abgerückt wäre, ist nicht ersichtlich.
18
bb) Die in Bezug genommene Musterbauordnung 2002 definiert den Begriff der baulichen Anlage weitgehend übereinstimmend mit den Landesbauordnungen (vgl. etwa § 3 Abs. 1 SächsBauO; § 2 Abs. 1 HessBauO; § 2 Abs. 1 ThürBauO; § 2 Abs. 1 BauO NRW, § 2 Abs. 1 BadWürttBauO) wie folgt: "Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen; eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Bauliche Anlagen sind auch 1. Aufschüttungen und Abgrabungen, 2. Lagerplätze, Abstellplätze und Ausstellungsplätze, 3. Sport- und Spielflächen, 4. Campingplätze, Wochenendplätze und Zeltplätze, 5. Freizeit- und Vergnügungsparks, 6. Stellplätze für Kraftfahrzeuge…"
19
Durch die mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Musterbauordnung 2002 verbundene funktions- und zweckbezogene Erweiterung der in deren § 2 Abs. 1 Satz 1 enthaltenen Begriffsbestimmung gelten - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - etwa auch Sportanlagen in ihrer Gesamtheit bauordnungsrechtlich als bauliche Anlage, soweit die Flächen von der Umgebung abgegrenzt und entsprechend den Zwecken der jeweiligen Sportart hergerichtet sind (HessVGH, Beschluss vom 19. Februar 1991 - 4 TH 1130/89, juris Rn. 25; OVG Münster, Urteil vom 14. Juni 2010 - 7 A 2836/08, juris Rn. 29 ff.; Gädtke/Johlen, BauO NRW, 12. Aufl., § 2 Rn. 79 ff.; jeweils mwN).
20
cc) Diese funktions- und zweckbezogene bauordnungsrechtliche Sichtweise liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch dem in § 32 Abs. 2 EEG 2009 verwendeten Begriff der baulichen Anlage zugrunde. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass nach der Gesetzesbegründung (aaO) etwa auch Stellplätze, Aufschüttungen, Lager- und Abstellplätze sowie Deponieflächen (zu Letzteren Simon/Busse/Lechner, Bayerische Bauordnung, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 2 Rn. 344; Gädtke/Johlen, aaO Rn. 57) vergütungsrechtlich bauliche Anlagen darstellen sollen, obgleich sich dies nicht notwendig aus der baulichen Beschaffenheit, sondern aus der Zweckbestimmung der genannten Flächen ergibt.
21
Das Berufungsgericht weist zwar zu Recht darauf hin, dass trotz Anlehnung an die Begrifflichkeiten des Bauordnungsrechts die Auslegung bei Berücksichtigung der mit dem EEG verfolgten Zwecke nicht zwingend deckungsgleich sein muss. Anders als das Berufungsgericht meint, bieten die Gesetzesmaterialien jedoch keinen Anhalt, dass der Gesetzgeber des EEG den bauordnungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage von vornherein einschränkend hätte dahin verstanden wissen wollen, dass bereits die Begriffsbestimmung und ihre Abgrenzung von den nach § 32 Abs. 2 EEG förderfähigen Freiflächenanla- gen unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den Zielsetzungen des EEG im Einzelfall stehen sollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung (aaO) mit dem Hinweis darauf, was entsprechend dem bauordnungsrechtlichen Verständnis "gemeinhin als (bauliche Anlage) begriffen" wird, sowie durch seine beispielhafte Umschreibung der "sonstigen baulichen Anlagen" verdeutlicht, dass er sich die bauordnungsrechtliche Begriffsbestimmung grundsätzlich uneingeschränkt zu eigen machen wollte. Dass er die in der Begründung nicht ausdrücklich erwähnten Sport- und Spielflächen von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 32 Abs. 2 EEG 2009 hätte herausnehmen wollen, lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Dazu besteht auch kein Anlass.
22
dd) Nach diesen Maßstäben ist eine Förderfähigkeit des von der Klägerin im Innenbereich der Galopprennbahn erzeugten Stroms zu bejahen. Unabhängig davon, dass Teile der Innenflächen in der Vergangenheit noch zusätzlich als Jagdrennbahn genutzt worden sind, handelt es sich bei dem Innenbereich um einen sportartbedingt unabdingbaren Flächenbestandteil der Gesamtanlage der Galopprennbahn. Denn dieser - hier zudem durch besondere Barrieren abgegrenzte - Innenbereich ist bei Anlage der Rennbahn nicht etwa als naturbelassener Teil ausgespart, sondern künstlich hergerichtet und dem durch die ovalförmige Führung der einzelnen Rennbahnen und deren weitgehender Einsehbarkeit geprägten Zweck der Gesamtanlage untergeordnet worden. Er war deshalb von Anfang an ein funktionstypisch angelegter integraler Bestandteil der baulichen Anlage Galopprennbahn und hat diese Eigenschaft nicht nachträglich dadurch verloren, dass seine teilweise Zusatznutzung als Jagdrennbahn später wieder aufgegeben wurde. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers des EEG kommt es für die Einordnung einer Anlage als bauliche Anlage maßgeblich auf den Zeitpunkt der Errichtung an und "nicht darauf (…), ob die bauliche Anlage zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme tatsächlich (…) entsprechend der Funktion ihres abstrakten, rechtlich qualifizierten Nutzungszwecks (…) genutzt wird. Eine vor oder nach Inbetriebnahme der Anlage tatsächlich erfolgte Aufgabe der ur- sprünglichen anderweitigen Hauptnutzung bleibt (…) bedeutungslos" (BT- Drucks. 16/8148, aaO). Für die hier unter Beibehaltung der Hauptnutzung der baulichen Anlage als Galopprennbahn in Fortfall gekommene Zusatznutzung kann nichts anderes gelten.
23
Ebenso wenig steht der Einordnung des Innenbereichs als baulicher Anlage entgegen, dass die Fläche nicht versiegelt wurde. Zwar gehen bauliche Anlagen häufig mit Versiegelungen einher. Allerdings gibt es - wie hier - auch Anlagen ohne vollständige Bodenversiegelung, wie es umgekehrt - etwa in Form von Bodenverdichtungen - auch Versiegelungen geben kann, die keine baulichen Anlagen sind (Clearingstelle EEG, Votum 2010/6 Rn. 55, abrufbar unter www.clearingstelle-eeg.de/votv/2010/6 mwN).
24
Die Förderung der Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen ist maßgeblich von dem Gedanken getragen, die Versiegelung von Flächen zu diesem Zweck in Grenzen zu halten und ökologisch sensible Flächen nach Möglichkeit überhaupt nicht oder zumindest nur planerisch kontrolliert zu überbauen sowie die Errichtung solcher Anlagen dorthin zu lenken, wo der Flächenverbrauch durch Errichtung einer zu einem vorrangigen anderen Zweck bestimmten baulichen Anlage nach Maßgabe der hierfür bestehenden bauplanungsrechtlichen Anforderungen ohnehin stattfindet oder bereits stattgefunden hat (Senatsurteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311 Rn. 32 mwN). Ein solcher Flächenverbrauch war hier bereits mit der ursprünglichen Anlage der Galopprennbahn und der in diesem Zuge vorgenommenen Gestaltung ihres Innenbereichs erfolgt.
25
ee) Nach den durch Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil und das Ergebnis des dort eingenommenen richterlichen Augenscheins getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Solarmodule auf dem dafür vorgesehenen Teil der Innenraumfläche angebracht, also fest montiert. Das genügt für die zu einer Anbringung auf der baulichen Anlage erforderliche baulichkonstruktive Verbindung der Module mit der darunter liegenden, vorrangig zu Rennsportzwecken errichteten Fläche (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 35/10, aaO Rn. 40).
26
2. Hinsichtlich des im Berufungsrechtszug zusätzlich erhobenen Feststellungsbegehrens hat - was vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist - das Berufungsgericht übersehen, dass es sich bei der Klageerweiterung um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätete und damit unzulässige Anschlussberufung handelt, die zu verwerfen war. Danach war im Berufungsverfahren kein Raum für eine Entscheidung über die Sachdienlichkeit der Klageerweiterung und über die materielle Berechtigung des neu geltend gemachten Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07, NJW-RR 2008, 221 Rn. 7 mwN). Denn die in erster Instanz siegreiche Klägerin konnte die Klage in zweiter Instanz nur im Wege der Anschlussberufung erweitern. Dementsprechend ist der neue Antrag im Schriftsatz vom 27. Juni 2012 als Anschlussberufung auszulegen, weil die Klägerin damit ihren Willen zum Ausdruck gebracht hat, zu ihren Gunsten eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07, aaO Rn. 9). Die mit der Berufungserwiderungsfrist grundsätzlich übereinstimmende Frist zur Einlegung einer Anschlussberufung hat die Klägerin hier aber versäumt.

III.

27
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit die Zahlungsklage abgewiesen worden ist; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dementsprechend ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Hinsichtlich des durch Klageerweiterung geltend gemachten Feststellungsantrages ist die Revision dagegen mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die unselbstständige Anschlussberufung der Klägerin als unzulässig verworfen wird. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 02.03.2012 - 10 O 991/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.09.2012 - 9 U 572/12 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung
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Annotations

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.