Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2015 - VIII ZR 300/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist seit Anfang April 2013 Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung der Schuldnerin in Z. , die diese durch Mietvertrag vom 18. Dezember 2012 an die Eheleute L. vermietet hatte. Die Beklagte ist die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage. Die Mieter entrichteten ihr die bei Ab- schluss des Mietvertrags vereinbarte Kaution von 750 €. Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Juli 2013 verlangte der Kläger von der Beklagten Zahlung von 750 € nebst Verzugszinsen.
- 2
- Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 5
- Der Kläger könne gemäß § 152 Abs. 2, § 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG aufgrund seiner Stellung als Zwangsverwalter Herausgabe der Mietkaution von der Beklagten verlangen. Zwar wirke der Hausverwaltervertrag der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Beklagten ausschließlich für und gegen die Schuldnerin, ohne den Kläger, der nicht deren Rechtsnachfolger sei, zu binden. § 152 Abs. 2 ZVG sehe aber vor, dass der Mietvertrag gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam sei und behandle ihn in Bezug auf die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis wie den Vermieter. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Grundbesitzes erfordere, dass der Zwangsverwalter (anstelle des Zwangsverwaltungsschuldners) in die Lage versetzt werde, auf die Kaution zuzugreifen, um Ansprüche gegen den Mieter zu decken oder diesem die Kaution nach Wegfall des Sicherungszwecks herauszugeben. Aus § 152 Abs. 2 ZVG folge deshalb ein Anspruch des Zwangsverwalters auf Herausgabe der Mietkaution an sich.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
- 7
- Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Recht des Klägers, Rückzahlung der Mietkaution von der Beklagten zu verlangen, seine Grundlage in § 152 Abs. 1, 2 ZVG findet.
- 8
- 1. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist der Zwangsverwalter befugt, von dem Schuldner (Vermieter und Wohnungseigentümer) die Überlassung einer vor der Beschlagnahme von einem Wohnungsmieter geleisteten Mietkaution zu verlangen. Wurde das beschlagnahmte Objekt vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam (§ 152 Abs. 2 ZVG). Davon ist die Kautionsabrede als Bestandteil des Mietverhältnisses erfasst (Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342 unter II 2). Die Kaution sichert die Mietansprüche, auf die sich die Beschlagnahme nach § 148 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 ZVG erstreckt. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Grundbesitzes (§ 152 Abs. 1 ZVG) erfordert daher, dass der Zwangsverwalter anstelle des Schuldners, dem die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch die Beschlagnahme entzogen wird (§ 148 Abs. 2 ZVG), in die Lage versetzt wird, erforderlichenfalls auf die Kaution zuzugreifen, um gegen den Wohnungsmieter gerichtete Ansprüche abzudecken. Der Zugriff auf die Kaution muss dem Zwangsverwalter zudem auch deshalb ermöglicht werden , weil er dem Mieter gegenüber zur Herausgabe der Kaution nach Wegfall des Sicherungszwecks verpflichtet ist (BGH, Beschluss vom 14. April 2005 - V ZB 6/05, NZM 2006, 71 unter II 2 b cc), selbst wenn der Schuldner dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgehändigt hat (Senatsurteile vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 11/03 aaO, unter II 2 b, 3; vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03 aaO, unter II 3; vom 11. März 2009 - VIII ZR 184/08, NJW 2009, 1673 Rn. 8).
- 10
- a) Zwar tritt der Zwangsverwalter nicht in einen von der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage geschlossenen Vertrag ein (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596 unter II 3 a). Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass nur der Schuldner berechtigt sei, die Auszahlung der Kaution von dem Verwalter des Wohnungseigentums zu verlangen. Vielmehr obliegt dem Zwangsverwalter nach § 152 Abs. 1 ZVG die Aufgabe, das verwaltete Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2014 - VIII ZR 391/12, NJW 2014, 1951 Rn. 16) und ordnungsgemäß zu verwalten (BGH, Beschluss vom 14. April 2005 - V ZB 6/05, aaO). Hieraus folgt als Teil des Rechts zur Verwaltung und Benutzung des Grundstücks (§ 148 Abs. 2 ZVG) die Befugnis, eine Schmälerung der nach § 155 ZVG zu verteilenden Nutzungen abzuwenden und wegen anderer als Miet- oder Pachtforderungen Klage - auch gegen Dritte - zu erheben (BGH, Urteil vom 24. September 2009 - IX ZR 149/08, NJW-RR 2010, 17 Rn. 14 mwN).
- 11
- Vor diesem Hintergrund macht es keinen Unterschied, ob sich die vom Mieter entrichtete Kaution in den Händen des Schuldners oder bei einer Hausverwaltung befindet, die sie für den Schuldner eingezogen, aber noch nicht an diesen ausgekehrt hat. Um der Verpflichtung des Zwangsverwalters Rechnung zu tragen, den Gläubigern den möglichst ungeschmälerten Erhalt der Haf- tungsmasse zu gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, aaO unter II 4 b), ist es vielmehr geboten, dass der Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung die Mietkaution in diesen Fällen auch von dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage herausverlangen kann. Beachtliche Eigeninteressen des Verwalters der Wohnungseigentumsanlage sind dabei nicht berührt, weil dieser bei der Entgegennahme der Kaution für den Vermieter nur als dessen Zahlstelle fungiert. Ihm kommt kein größeres Schutzbedürfnis zu als dem Schuldner selbst, für den er tätig geworden ist.
- 12
- b) Der Auffassung der Revision, die die Rückforderung der Kaution in der gegebenen Fallgestaltung dem Schuldner vorbehalten möchte, ist entgegenzuhalten , dass dieser regelmäßig kein Interesse haben wird, die Rückzahlung der Kaution von dem Wohnungseigentumsverwalter zu verlangen (vgl. Schmidtberger , Rpfleger 2005, 464), zumal der Schuldner verpflichtet ist, sie seinerseits an den Zwangsverwalter weiterzureichen.
- 13
- Soweit die Revision meint, der Mieter sei zwar berechtigt, die Herausgabe der Kaution vom Vermieter zu verlangen, nicht aber vom Verwalter der Wohnungseigentumsanlage, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn der Zwangsverwalter wird in allen Fällen, in denen Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis berührt sind, wie ein Vermieter behandelt (Senatsurteile vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, aaO unter II 3 b; vom 11. März 2009 - VIII ZR 184/08, aaO; vom 23. September 2009 - VIII ZR 336/08, NJW 2009, 3505 Rn. 11). Dr. Fetzer Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
AG Leipzig, Entscheidung vom 27.03.2014 - 110 C 7156/13 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 16.10.2014 - 8 S 189/14 -
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(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen.
(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen.
(1) Die Beschlagnahme umfaßt land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks sowie die Forderung aus einer Versicherung solcher Erzeugnisse nur, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind.
(2) Die Beschlagnahme umfaßt nicht die Miet- und Pachtforderungen sowie die Ansprüche aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen.
(3) Das Recht eines Pächters auf den Fruchtgenuß wird von der Beschlagnahme nicht berührt.
(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen.
(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, welches Gericht zuständig ist, so hat das zunächst höhere Gericht eines der Amtsgerichte zum Vollstreckungsgericht zu bestellen; § 36 Abs. 2 und 3 und § 37 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.
(2) Die gleiche Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren zulässig ist und die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen sind. Von der Anordnung soll das zum Vollstreckungsgericht bestellte Gericht die übrigen Gerichte in Kenntnis setzen.
(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.
(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.
(1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen.
(1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten.
(2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen.
(3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst.
(4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind.