Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2015 - VI ZR 27/14

bei uns veröffentlicht am20.01.2015
vorgehend
Amtsgericht Mettmann, 25 C 140/12, 09.07.2013
Landgericht Wuppertal, 8 S 43/13, 18.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR27/14 Verkündet am:
20. Januar 2015
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Rechtskraftwirkung eines im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen
Urteils über einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14 - LG Wuppertal
AG Mettmann
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Stöhr sowie die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 18. Dezember 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € wegen einer tätlichen Auseinandersetzung am 28. Mai 2011. Der Kläger erstattete danach gegen den Beklagten Strafanzeige und stellte im Ermittlungsverfahren mittels eines von der Landesjustizverwaltung Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Vordrucks "2 in 1 - Schadensersatz im Strafprozess" unbezifferte Anträge auf Ersatz seines finanziellen Schadens und Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Außerdem beantragte er die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, ihm "weitere materielle und immaterielle Schäden" zu ersetzen. Auf Nachfrage hielt der Kläger im anschließenden Strafverfahren gegen den Beklagten diese Anträge in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht (Strafrichter) aufrecht. Mit Urteil des Amtsgerichts wurde der Beklagte der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ferner wurde er verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € zu zahlen. Darüber hinaus wurde festgestellt , dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den aus der Tat vom 28. Mai 2011 entstandenen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen. Hinsichtlich des Antrags auf Ersatz des materiellen Schadens sah das Gericht von einer Entscheidung ab. Der Angeklagte (jetzige Beklagte) legte gegen dieses Urteil Berufung ein, die er in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts auf die Feststellungsentscheidung beschränkte. Das Landgericht sah durch Beschluss von einer Entscheidung über den Feststellungsantrag des Klägers ab. Im Übrigen wurde das Urteil des Amtsgerichts im Strafverfahren rechtskräftig.
2
Im vorliegenden Zivilrechtsstreit macht der Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil durch die rechtskräftige Entscheidung im Adhäsionsverfahren abschließend über den Schmerzensgeldanspruch des Klägers entschieden worden sei. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da im Adhäsionsverfahren zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegen- stand bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Im hiesigen Verfahren verlange der Kläger aufgrund einer behaupteten Körperverletzung des Beklagten immateriellen Schadensersatz in Höhe von 5.000 €, obwohl ihm bereits im Strafurteil auf seinen unbezifferten Antrag ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € zugesprochen worden sei. Dem habe derselbe Sachverhalt zugrunde gelegen, auf den sich der Kläger auch mit der vorliegenden Klage stütze. Eine Entscheidung über einen Adhäsionsantrag stehe einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Werde aber in einem Zivilurteil über einen unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes befunden, sei dies in der Regel abschließend.

II.

4
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
5
Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Verurteilung des Beklagten, an den Kläger aufgrund des Schadensereignisses vom 28. Mai 2011 ein Schmerzensgeld von 1.500 € zu zahlen, eine erneute Klage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand gemäß § 322 ZPO unzulässig ist.
6
1. Der Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes im Adhäsionsverfahren hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer entsprechenden Klage im bürgerlichen Rechtsstreit (vgl. § 404 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die in einem Strafverfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung über den Antrag, durch den der Verletzte den ihm aus einer Straftat des Beschuldigten erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (§§ 403 f. StPO) geltend macht, steht gemäß § 406 Abs. 3 Satz 1 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen rechtskräftigen Urteil gleich (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 Rn. 8). Nur soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er nach § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO anderweit geltend gemacht werden. Eine solche Ausnahme liegt im Streitfall nicht vor.
7
2. Streitgegenstand des Adhäsionsverfahrens war hier ein (einheitlicher) Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 28. Mai 2011. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955, GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151 ff.; Senatsurteile vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60, VersR 1961, 164 f. und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99, VersR 2001, 876).
8
a) Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen - wie im Streitfall - uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.: vgl. Senatsurteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62, VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79, VersR 1980, 975 f.; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87, VersR 1988, 929 f.; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94, VersR 1995, 471, 472; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99, aaO; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334 und vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04, VersR 2006, 1090 Rn. 7, jeweils mwN). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmer- zensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04, aaO mwN). Lediglich solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Folge nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04, aaO mwN).
9
b) Solche Spätfolgen macht der Kläger im Streitfall jedoch nicht geltend. Er ist vielmehr lediglich der Auffassung, dass ihm das Amtsgericht (Strafrichter) im Adhäsionsverfahren ein zu geringes Schmerzensgeld zuerkannt hat. Damit kann er jedoch im vorliegenden Rechtsstreit kein Gehör finden. Denn an einer erneuten Beurteilung dieser Frage ist das Zivilgericht aufgrund der Rechtskraft des im Adhäsionsverfahren ergangenen Urteils gehindert (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87, aaO, 930 mwN; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. vor § 322 Rn. 49 mwN). Der Kläger hat ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts im Adhäsionsverfahren einen unbestimmten Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt. Hierüber hat der Strafrichter uneingeschränkt entschieden.
10
c) Wie bereits ausgeführt kann nach § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO ein Anspruch nur anderweit geltend gemacht werden, soweit er im Adhäsionsverfahren nicht zuerkannt worden ist. In diesem Fall muss das Strafgericht von einer Entscheidung absehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3). Dies ist im Streitfall hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nicht erfolgt. Da der Kläger im Strafverfahren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich einen unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes gestellt, also weder einen die zuer- kannten 1.500 € übersteigenden Mindestbetrag noch eine den zuerkannten Be- trag übersteigende Größenordnung angegeben hatte, bestand für den Strafrichter keine Veranlassung, von einer diesbezüglichen Entscheidung teilweise abzusehen (vgl. § 406 Abs. 1 Sätze 3 und 6 StPO) und dem Kläger damit die Möglichkeit zu eröffnen, den nicht entschiedenen Teil gemäß § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO weiter zu verfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2003 - 1 StR 529/02, NStZ 2003, 565, 566).
11
d) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die Strafkammer des Landgerichts aufgrund eines vermeintlichen "Deals" von einer Entscheidung über den Feststellungsantrag des Klägers hinsichtlich des weiteren immateriellen Schadens abgesehen hat. Offengeblieben ist dadurch lediglich eine Entscheidung über Spätfolgen, die im Adhäsionsver- fahren noch nicht voraussehbar waren. Solche Spätfolgen macht der Kläger - wie oben bereits ausgeführt - im Streitfall aber gar nicht geltend. Galke Wellner Stöhr von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
AG Mettmann, Entscheidung vom 09.07.2013 - 25 C 140/12 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 18.12.2013 - 8 S 43/13 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Strafprozeßordnung - StPO | § 406 Entscheidung über den Antrag im Strafurteil; Absehen von einer Entscheidung


(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des

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(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 322/04 Verkündet am:
14. Februar 2006
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Rechtskraft von Urteilen, die einer Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld
stattgeben und eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz
künftiger immaterieller Schäden (sog. immaterieller Vorbehalt) abweisen.
BGH, Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. November 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin streitet mit der beklagten Haftpflichtversicherung um weiteren immateriellen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 14. Februar 1982. In einem Vorprozess hat ihr das Landgericht R. nach außergerichtlicher Zahlung von 40.000 DM weitere 30.000 DM Schmerzensgeld zuerkannt, aber ihren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämtlicher weiterer immaterieller Schäden mit Urteil vom 28. Januar 1993 abgewiesen , weil mit einer Verschlimmerung der unfallbedingten Armschädigung nicht zu rechnen sei. Die Klägerin hat dieses Urteil zwar zur Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldbetrages erfolgreich angegriffen; die Abweisung des Feststellungsantrags war jedoch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
2
Im vorliegenden (Folge-) Rechtsstreit hat das Landgericht die Beklagte mit Versäumnisurteil zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldbetrags von 50.000 € verurteilt, auf den Einspruch der Beklagten dieses Versäumnisurteil aber aufgehoben und die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen. Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes stehe die Rechtskraft der die Feststellungsklage abweisenden Entscheidung vom 28. Januar 1993 entgegen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr unter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung ein weiteres Schmerzensgeld von 20.000 € zugesprochen. Daneben hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit in deren Gesundheitszustand seit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine wesentliche Verschlechterung eintrete und insoweit eine wesentliche Erhöhung des Schmerzensgeldes gerechtfertigt sei. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht beschränkt auf die Entscheidung über den Schmerzensgeldanspruch zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne wegen seit Dezember 1997 erstmals offenbar gewordener und seit Sommer 1998 verstärkt aufgetretener Spätfolgen des Unfalls ein weiteres Schmerzensgeld verlangen. Die Rechtskraft des die Klage auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für sämt- liche zukünftigen immateriellen Schäden abweisenden Urteils des Landgerichts R. und des allein eine Schmerzensgeldzahlung zuerkennenden Urteils des Oberlandesgerichts stehe dem nicht entgegen. Die Spätfolgen seien für einen medizinischen Sachverständigen zum Zeitpunkt der rechtskräftig gewordenen Entscheidungen nicht vorhersehbar gewesen.

II.

4
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
5
1. Die Revision ist nach Zulassung durch das Berufungsgericht wirksam auf den Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres immateriellen Schadens als rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt, über den gesondert hätte entschieden werden können (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 38/03 - VersR 2004, 388 und vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381).
6
2. Frei von Rechtsfehlern ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld mit Urteil des Landgerichts R. vom 28. Januar 1993 und des Oberlandesgerichts S. vom 13. Juli 1993 die Klägerin nicht daran hindert, für damals nicht vorhersehbare Spätfolgen des Unfalls ein weiteres Schmerzensgeld zu verlangen.
7
a) Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (ständige Rechtsprechung, vgl. Senat, Urteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62 - VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 - VersR 1980, 975 f.; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - VersR 1988, 929 f.; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - VersR 1995, 471, 472; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - VersR 2004, 1334, 1335; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - VersR 1976, 440, 441; vgl. auch Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 253 Rdn. 50; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 322 Rdn. 161; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 322 Rdn. 13; Diederichsen, VersR 2005, 433, 439; von Gerlach, VersR 2000, 525, 530; Heß, ZfS 2001, 532, 534; kritisch MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., § 322 Rdn. 126). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (Senat, Urteile vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60 - VersR 1961, 164 f.; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - aaO; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - aaO; Diederichsen, aaO, 439 f.; von Gerlach, aaO). Solche Verletzungsfolgen , die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und können deshalb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (vgl. Senat , Urteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62 -; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 -; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 -; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 -; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 -; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - alle aaO; BGH(GS)Z 18, 149, 167; MünchKommZPO /Gottwald, aaO, Rdn. 135, 143; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 161; Thomas /Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 322 Rdn. 23 a.E.; Zöller/Vollkommer, aaO, Rdn. 13 und Vor § 322 Rdn. 49; Diederichsen, aaO, 440; Prütting/Gielen, NZV 1989, 329, 330).
8
Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien oder der Vollständigkeit der Erfassung des Streitstoffes durch das Gericht, sondern nach objektiven Gesichtspunkten, das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines insoweit Sachkundigen (vgl. Senat, Urteile vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 - und vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - beide aaO; OLG Köln, ZfS 1992, 82; OLG Oldenburg, VersR 1997, 1541; OLG Köln, VersR 1997, 1551, OLG Düsseldorf, OLGZ 1994, 546, 548 f.; OLG Koblenz, OLGR 2005, 120, 121; Musielak/Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 322 Rdn. 52). Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte (vgl. Senat, Urteile vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79 -; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87 -; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94 - alle aaO; siehe auch BGH, Urteil vom 4. Dezember 1975 - III ZR 41/74 - aaO; OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, 1590, 1591; Kreft in BGBRGRK , 12. Aufl., § 847 Rdn. 51).
9
b) Nach diesen Grundsätzen, die die Revision nicht in Zweifel zieht, hat das Berufungsgericht im Streitfall zu Recht den Eintritt nicht vorhersehbarer Spätschäden bei der Klägerin bejaht mit der Folge, dass die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld im Vorprozess die nunmehr eingeklagten Spätschäden nicht umfasst.
10
aa) Das Berufungsgericht führt hierzu aus, den Entscheidungen von 1993 hätten ärztliche Beurteilungen und vor allem ein vom Landgericht R. eingeholtes Gutachten des Prof. F. zugrunde gelegen, in denen die aufgrund eines Nervengefäßabrisses am rechten Arm aufgetretene Armplexuslähmung und der Beinaheverlust der Funktion des rechten Armes sowie der rechten Hand als wesentliche Unfallverletzungen hervorgehoben worden seien. Demgegenüber sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die bei der Klägerin durch neue physiologische Entwicklungen verursachten Spätfolgen des Nervenwurzelabrisses im Bereich des Rückenmarks erheblich schwerwiegender. Ursache seien mit Liquorflüssigkeit gefüllte Zysten bzw. Wurzeltaschen, die sich als Folge der Nervenwurzelausrisse nachträglich gebildet hätten. Die Zysten schafften eine Verbindung des Myelons (Rückenmark) zur Pleurakuppel. Bei Auslenkungen der Pleurakuppel insbesondere beim Husten, Niesen oder sogar bei tiefem Ein- und Ausatmen könne es zu einer Reizung und auch Verziehung des Myelons mit attackeartigen Schmerzzuständen kommen, die ab Ende 1998 bei der Klägerin zur völligen Erwerbsunfähigkeit geführt hätten. Eine solche Spätfolge sei 1993 für einen Sachkundigen nicht vorhersehbar gewesen. Bei gezieltem Nachforschen habe der gerichtliche Sachverständige zwar Literaturstellen aus den Jahren 1973, 1985, 1990 gefunden, die auf eine Myelopathie als Spätfolge eines Nervenwurzelausrisses hingewiesen hätten. Auf diese Literaturstellen habe er aber nur deshalb stoßen können, weil er gezielt nach einer Myelopathie als Folge eines Nervenwurzelausrisses befragt worden sei.
11
bb) Die auf diesen Feststellungen beruhende Beurteilung des Berufungsgerichts , die eingetretenen Spätfolgen seien 1993 aus objektiver Sicht eines Sachkundigen nicht so nahe liegend gewesen, dass sie bei den damaligen Schmerzensgeldentscheidungen hätten berücksichtigt werden können, ist nicht zu beanstanden. Die von der Revision angeführte Passage aus dem Gutachten F. im Vorprozess, "Die Gesamtfolgen dieses Unfallereignisses lassen aber sicher bei dieser jungen Frau komplexe Folgen zurück, die nicht mehr reparabel sind", weist entgegen der Auffassung der Revision schon sprachlich nicht auf objektiv erkennbare und im Einzelnen zu berücksichtigende künftige Spätfolgen, sondern allenfalls auf die zum damaligen Zeitpunkt bereits eingetretenen und als irreparabel angesehenen Körperschäden hin und rechtfertigt schon wegen der allgemein gehaltenen Formulierungen keine abweichende Beurteilung.
12
3. Das Berufungsgericht war unter den Umständen des Streitfalls auch durch die Abweisung der Feststellungsklage im Vorprozess nicht an einer stattgebenden Entscheidung über die Anträge der Klägerin auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes und auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für künftige immaterielle Schädigungsfolgen gehindert.
13
a) Grundsätzlich ist eine erneute Klage unzulässig, wenn ihr Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (vgl. Senat, Urteil vom 22. November 1988 - VI ZR 341/87 - NJW 1989, 393, 394; BGH, BGHZ 157, 47, 50, 53 f.; Urteile vom 17. Februar 1983 - III ZR 174/81 - NJW 1983, 2032; vom 9. April 1986 - IV b ZR 14/85 - NJW 1986, 2508; vom 17. März 1995 - V ZR 178/93 - NJW 1995, 1757; Baumbach/Lauterbach /Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Einf. § 322 Rdn. 12; MünchKommZPO/Gottwald , aaO, Rdn. 10, 36 f.; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 9; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 22, 39, 199; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, Rdn. 11; Zöller/Vollkommer , aaO Vor § 322 Rdn. 19 und 21).
14
Ein Urteil auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schädigungsfolgen schließt daher grundsätzlich (vgl. aber Senat, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - VersR 1999, 1555) eine weitere derartige Feststellungsklage aus, die auf den Lebenssachverhalt gestützt wird, über den bereits entschieden worden ist (vgl. MünchKommZPO/Gottwald, aaO, Rdn. 38).
15
Wenn eine im Vorprozess entschiedene Rechtsfrage Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, so besteht die Rechtskraft- wirkung in einer Bindung des Gerichts an die Entscheidung im Vorprozess (vgl. Senat, Urteil vom 22. November 1988 - VI ZR 341/87 - aaO; BGH, BGHZ 157, 47, 55; Urteile vom 17. Februar 1983 - III ZR 174/81 - und vom 17. März 1995 - V ZR 178/93 - alle aaO; MünchKommZPO/Lüke, 2. Aufl., § 256 Rdn. 73; MünchKommZPO/Gottwald, aaO, Rdn. 11, 13, 46 ff.; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 10; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 204 f.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, Rdn. 9 f.; Zöller/Vollkommer, aaO, Rdn. 19; vgl. auch Zeuner, 50 Jahre Bundesgerichtshof Bd. III, 337, 341 f., alle m.w.N.). Im Verhältnis eines vorausgegangenen Feststellungsurteils zu einer nachfolgenden Leistungsklage bedeutet dies, dass die Abweisung einer auf Feststellung einer Forderung erhobenen Klage in der Sache insoweit Rechtskraft für eine später auf dieselbe Forderung gestützte Leistungsklage schafft, als das mit ihr erstrebte Prozessziel unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr aus demselben Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann, der der Feststellungsklage zugrunde gelegen hat (vgl. Senat , Urteile vom 24. Juni 1969 - VI ZR 48/67 - NJW 1969, 2014, 2015; vom 22. November 1988 - VI ZR 341/87 - aaO; BGH, BGHZ 157, 47, 54 f.; MünchKommZPO /Lüke, aaO, Rdn. 73; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 58; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 205; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, Rdn. 20; Zöller/Vollkommer, aaO, Rdn. 41). Die rechtskräftige Abweisung der auf Feststellung eines Anspruchs gerichteten Klage stellt grundsätzlich das Nichtbestehen dieses Anspruchs rechtskräftig fest (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1993 - VIII ZR 41/93 - VersR 1994, 422, 424; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO, § 322 Rdn. 39; MünchKommZPO/Gottwald, aaO, Rdn. 171; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 58; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 116; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 256 Rdn. 167; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 256 Rdn. 24; Zöller/Vollkommer, aaO, § 322 Rdn. 12).
16
b) Diese Grundsätze erfahren jedoch eine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht. Die Entscheidung des Gerichts stellt die Rechtslage im Regelfall nur für den Zeitpunkt zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung fest. Einigkeit besteht deshalb darüber, dass die Rechtskraft nicht daran hindert, sich zur Begründung einer neuen Klage auf Tatsachen zu berufen, die erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind (BGH, BGHZ 37, 375, 380 f.; 83, 278, 280; 117, 1, 5; 157, 47, 51 f.; Urteile vom 11. März 1983 - V ZR 287/81 - NJW 1984, 126, 127; vom 28. Mai 1986 - IV a ZR 197/84 - VersR 1986, 756, 757; vom 26. April 1990 - I ZR 99/88 - NJW 1990, 2469, 2470; vom 17. März 1995 - V ZR 178/93 - aaO, 1758; vom 14. Juli 1995 - V ZR 171/94 - ZZP 109, 395, 397; vom 13. November 1998 - V ZR 29/98 - NJW-RR 1999, 376, 377; vom 2. März 2000 - IX ZR 285/99 - NJW 2000, 2022, 2023; vgl. auch Senat, Urteile vom 15. Juni 1982 - VI ZR 179/80 - VersR 1982, 877, 878; vom 14. Juni 1988 - VI ZR 279/87 - VersR 1988, 1139; vom 28. Juni 2005 - VI ZR 108/04 - VersR 2005, 1159, 1160 m.w.N.; MünchKommZPO/Gottwald, aaO, Rdn. 140; Musielak /Musielak, aaO, Rdn. 28; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 236 ff.; Leipold, Festschrift für Mitsopoulos, 1993, 797, 798; Würthwein, ZZP 112, 447, 464). Es kann insbesondere geltend gemacht werden, der in dem Vorprozess als nach dem damaligen Sachstand nicht begründet abgewiesene Anspruch sei inzwischen begründet geworden (BGH, BGHZ 37, 375; 82, 246, 252; Urteile vom 3. Februar 1982 - IV b ZR 601/80 - NJW 1982, 1284, 1285; vom 28. Mai 1986 - IV a ZR 197/84; vom 14. Juli 1995 - V ZR 171/94 - beide aaO; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rdn. 240; Zöller/Vollkommer, aaO, Vor § 322 Rdn. 53, 55 f.). Allerdings kann der Geltendmachung nachträglich eingetretener und nicht vorhersehbarer Spätschäden die Rechtskraft des Feststellungsurteils vom 28. Januar 1993 entgegenstehen, wenn dieses auf einer Prognose beruht. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich danach, über welchen Klagegrund im Erstprozess entschieden wurde. Die Entscheidung über einen Feststellungsantrag im Schmerzensgeldprozess kann auch nicht vorhersehbare Spätschäden umfassen. Der Senat hat bereits entschieden, dass solche Spätschäden Ge- genstand einer Feststellungsklage sein können (vgl. Senat, Urteile vom 11. Juli 1989 - VI ZR 234/88 - VersR 1989, 1055, 1056; vom 15. Juli 1997 - VI ZR 184/96 - VersR 1997, 1508, 1509; vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874, 875). Dies setzt allerdings voraus, dass entsprechend vorgetragen wird. Zum Klagegrund rechnen nicht Tatsachen, die im Vortrag des Klägers nicht einmal angedeutet sind, von seinem Standpunkt aus nicht vorgetragen werden mussten und auch bei natürlicher Anschauung nicht zu dem angesprochenen Lebenssachverhalt gehörten (vgl. BGHZ 117, 1, 6). Das gilt erst recht, wenn sie nicht vorgetragen werden konnten, weil sie auch sachkundigen Personen objektiv (noch) nicht bekannt waren.
17
c) Nach den dargelegten Grundsätzen waren hier die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Vorprozesses auch in Fachkreisen unbekannten künftigen Folgeschäden vom Streitgegenstand der Feststellungsklage nicht umfasst.
18
Die Klägerin hatte im Vorprozess beantragt, "festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin … sämtliche weiteren … immateriellen Schäden zu ersetzen haben, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 14. Februar 1982 stehen, … ." Das Landgericht hat auf der Grundlage dieses Vortrags die Klage abgewiesen, weil aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten und der Anhörung der Klägerin von einem Endzustand der Armschädigung auszugehen sei. Eine Besserung werde wahrscheinlich nicht eintreten , mit einer Verschlimmerung sei nicht zu rechnen. Dabei hat es andere Folgeschäden als die Armschädigung nicht in den Blick genommen und infolgedessen nicht über die später aufgetretenen, als Unfallfolge damals auch Sachkundigen objektiv nicht bekannten und von diesen nicht zu erwartenden Pseudomeningocelen entschieden. Es hat mithin die Feststellungsklage für unbegründet gehalten, weil es die Möglichkeit künftiger Verletzungsfolgen verneint hat. Von dieser Klageabweisung wird jedoch der nunmehr geltend gemachte Sachverhalt nicht erfasst, wonach solche für einen Sachkundigen nicht vorhersehbare unfallbedingte Verletzungsfolgen tatsächlich eingetreten sind. Deshalb sind solche für Fachkreise unbekannte und deshalb nicht voraussehbare Spätfolgen von der Abweisung der damaligen Feststellungsklage nicht umfasst. Dem steht die Entscheidung des erkennenden Senats vom 22. November 1988 (- VI ZR 341/87 - NJW 1989, 393) nicht entgegen. Diese befasst sich lediglich mit für Fachkreise vorhersehbaren künftigen Schadensfolgen.
19
Bei dieser Sachlage war die Klägerin nicht gehindert, im vorliegenden Verfahren geltend zu machen, dass entgegen der im Vorprozess gestellten Prognose damals sogar für Sachkundige nicht vorhersehbare Spätschäden tatsächlich entstanden und durch den Unfall verursacht sind.
20
4. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 26.04.2004 - 3 O 336/01 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.11.2004 - 10 U 121/04 -

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 529/02
vom
13. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Mai 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- für den Angeklagten K. -
Rechtsanwalt
- für die Angeklagte T. -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26. Juli 2002 werden verworfen. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel sowie die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Die Formel des landgerichtlichen Urteils wird in III. wie folgt ergänzt : "Hinsichtlich der weitergehenden Schmerzensgeld- und Zinsforderung des Nebenklägers wird von einer Entscheidung abgesehen." Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten A. K. - unter Freisprechung im übrigen - wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in drei Fällen und wegen Körperverletzung in fünf Fällen, in zwei der Fälle in Tateinheit mit Freiheitsberaubung , zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Angeklagte S. T. hat das Landgericht wegen schweren se- xuellen Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen sowie wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auch sie wurde im übrigen freigesprochen.
Außerdem wurden die Angeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,-- nsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2002 zu bezahlen.
Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat festgestellt:
Der im Januar 1993 geborene Nebenkläger J. K. ist Sohn des seit 1998 von der Mutter des Kindes geschiedenen Angeklagten A. K. . Seit Mai 2000 lebte dieser mit der Angeklagten S. T. zusammen und zwar vom 16. Juli 2000 bis 24. Juni 2001 in einer Wohnung in E. . J. K. besuchte seinen damals gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vater regelmäßig in der Wohnung der Angeklagten. Dort wurde das Kind in der Zeit von Sommer 2000 bis Ende Juni 2001 von den Angeklagten körperlich mißhandelt und sexuell mißbraucht. An im einzelnen nicht mehr genau feststellbaren Tagen - "die letzte solche Handlung geschah in den bayerischen Pfingstferien 2001" - ereignete sich zumindest folgendes:
Zweimal steckte der Angeklagte A. K. einen Finger in den Anus seines Sohnes, der hierzu von der - insoweit nicht angeklagten - S. T. auf dem Bett der Angeklagten festgehalten wurde, und "popelte darin herum". Ein weiteres Mal machte dies der Angeklagte A. K. in Abwesenheit der Angeklagten. Einmal geschah dies durch die Angeklagte S. T. , während A. K. Zigaretten holte. An zwei anderen Tagen nahm die Angeklagte S. T. den Penis des Kindes in den Mund und lutsche daran, während der insoweit nicht angeklagte A. K. diesem die Augen zuhielt. Außerdem fesselten die Angeklagten J. K. mindestens zwei Mal mit Ketten - sie hingen an der Wand des Schlafzimmers - an Armen und Füßen sowie über den Bauch an einen Stuhl, verbanden ihm mit einem Tuch die Augen und ließen ihn so jeweils etwa eine Stunde lang alleine sitzen. J. verspürte Angst und Schmerzen. An drei weiteren Tagen schlug der Angeklagte A. K. dem Kind in der Küche mit einer stets auf dem Eßtisch bereit liegenden Schöpfkelle - Gedächtniskeule genannt - kräftig schmerzhaft auf den Kopf.
Mit Ausnahme eines vom Angeklagten A. K. eingeräumten Schlages mit der Schöpfkelle bestreiten die Angeklagten die Tatvorwürfe. Insbesondere stellen sie jeglichen sexuellen Mißbrauch in Abrede. Die Strafkammer stützt sich bei Ihren Feststellungen zum Tatgeschehen im wesentlichen auf die "glaubhaften und unbefangenen" Angaben von J. K. .

II.


1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen erfolglos.

2. Auch die Überprüfung des Urteils des Landgerichts aufgrund der Sachrüge deckt bei beiden Angeklagten keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu deren Nachteil auf. Insbesondere genügt die Beweiswürdigung den Anforderungen , die an die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage eines Hauptbelastungszeugen zu stellen sind, wenn im wesentlichen Aussage gegen Aussage steht, objektive Beweisanzeichen fehlen und die Strafkammer im Hinblick auf ihre Aufklärungspflicht die Zuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen für geboten erachtet hat (vgl. dazu BGHSt 45, 164; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 274/02). Die Strafkammer würdigt - wenn auch knapp - alle hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte, die gegen einen fehlenden Erlebnishintergrund der Angaben des Kindes sprechen (Unwahrhypothese ). Sie setzt sich ebenso mit der Aussagegenese auseinander, wie mit wechselnden Darstellungen, Fehlerinnerungen und Widersprüchen in den Angaben des kindlichen Zeugen. Dabei stützt sich die Strafkammer nicht nur auf das Sachverständigengutachten - deren Anknüpfungstatsachen und sonstige zum Verständnis und zur Beurteilung der Schlüssigkeit notwendigen Aspekte sie im hier gebotenen Umfang mitteilt - einer Psychologin sowie ergänzend auf die sachverständigen Darlegungen eines Kinderarztes und Psychologen , sondern auch auf die Beobachtungen des behandelnden Kinderarztes und der Lehrerin des Kindes sowie weiterer sachkundiger Zeugen, die dieses betreuten oder behandelten. Die Strafkammer erkennt in J. K. schließlich "ein aufgewecktes, frisches und auch kontaktfreudiges, örtlich und zeitlich orientiertes, aussagetüchtiges" - und schon gar nicht geisteskrankes - Kind, das sich in der Hauptverhandlung ohne Scheu zunächst spontan, bei Rückfragen überlegt äußerte und dessen Aussage im Kernbereich von Kon-
stanz und Detailreichtum geprägt ist und insoweit tatsächlich Erlebtes wiedergibt.
Rechtsfehlerfrei gelangt die Strafkammer schließlich zu folgender Bewertung : "Die Entstehung der Aussage von J. K. deutet nicht darauf hin, daß das Kind von seiner Mutter zu einer Belastung der beiden Angeklagten beeinflußt worden wäre." Die Angaben des aussagetüchtigen Zeugen J. K. "gegenüber der Kriminalpolizei, der Sachverständigen und dem Gericht sind im Kernbereich konstant geblieben. Gegenstand der Aussage waren jeweils Schläge seines Vaters mit der Schöpfkelle, das gemeinschaftliche Fesseln im Schlafzimmer sowie der sexuelle Mißbrauch durch Oralverkehr seitens der Angeklagten T. und das Eindringen in seines Anus durch einen Finger seines Vaters." Die detailreichen Schilderungen des Jungen weisen signifikante Realkennzeichen auf mit raum-zeitlichen Verknüpfungen sowie Interaktionsschilderungen. Vor diesem Hintergrund wird - wie die Strafkammer im einzelnen überzeugend darlegt - die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht dadurch erschüttert, daß er sich hinsichtlich der Anzahl der Tathandlungen nicht genau erinnerte, sich bei der Anordnung der Möblierung teilweise irrte, sich bezüglich des Ortes der Fesselung im Schlafzimmer und der Anzahl sowie der Länge der dabei verwendeten Ketten korrigierte, sich über die Beschädigungen an der Schlafzimmertür bei seinem - im übrigen besonders plastisch und überzeugend geschilderten - Versuch, seine Schwester, zu befreien, falsche Vorstellungen machte, und er die weitere Tathandlung der Angeklagten S. T. erst in der Hauptverhandlung benannte. Erinnerungsdefizite zu verschleiern oder zu beschönigen, versuchte er nie.
Der mangelnden Erinnerung des geschädigten Kindes an die genaue Zahl der Übergriffe der Angeklagten hat die Strafkammer in der Konsequenz zutreffend dadurch Rechnung getragen, daß sie die Verurteilung auf die zweifelsfrei sicher feststellbare Mindestzahl von Taten beschränkte und die Angeklagten im übrigen freisprach, beziehungsweise - hinsichtlich des auch bei S. T. angeklagten Vorwurf des Schlagens mit der Schöpfkelle - das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt hat.

III.


Die Verurteilung der Angeklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld ist frei von Rechtsfehlern. Beide haften als Gesamtschuldner. Die Strafkammer hat zwar zur Begründung des Anspruchs auch auf den durch die einzelnen Tathandlungen - etwa die Schläge mit der Schöpfkelle allein durch den Angeklagten A. K. - unmittelbar verursachten Schmerz abgestellt. Ausschlaggebend waren jedoch die infolge aller Taten - insbesondere derjenigen des sexuellen Mißbrauchs - und deren unmittelbare Auswirkungen insgesamt verursachten länger andauernden körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen , wie Angstzustände, Alpträume, erhöhte Aggressivität und Einkoten. Dies haben beide Angeklagte gemeinsam verursacht. Für die Entschädigung hierfür (§ 847 Abs. 1 BGB) haften sie deshalb als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB) und zwar - zumindest - in den beiden Fällen der Fesselung an den Stuhl als Mittäter (§ 830 Abs. 1 BGB), im übrigen als Nebentäter (vgl. Palandt - Thomas BGB 61. Aufl. § 840 Rdn. 2).
Das Landgericht hat der bezifferten Schmerzensgeldforderung ("minde- ! " $# %'&' ( ) * # + ', -/. %'&1032 4 %'&5 6 * stens 12.500,-- 7 8 9 * )&4 -3# . vollem Umfang, sondern nur in Höhe von 10.000,-- entsprochen. Zutreffend hat die Strafkammer davon abgesehen, die weitergehende Klage in der Urteilsformel abzuweisen, sie hat vielmehr - im Ergebnis - von einem Ausspruch über den weitergehenden Antrag abgesehen (§ 405 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StPO). Denn im Adhäsionsverfahren kommt - entgegen den mißverständlichen Ausführungen des Landgerichts in den Urteilsgründen - eine Klageabweisung nicht in Betracht. Der Nebenkläger kann, soweit seinem Antrag nicht entsprochen wurde, sein Ziel anderweitig weiter verfolgen (§ 406 Abs. 3 Satz 2 StPO). Der Sache nach handelt es sich hier bei der Entscheidung der Strafkammer im Adhäsionsverfahren um ein Teilendurteil (vgl. LRHilger StPO 25. Aufl. § 406 Rdn. 8; Rieß, Das neue Strafverfahrensrecht, NStZ 1987, 145 [156]). Das - auch teilweise - Absehen von einer Entscheidung ist im Hinblick auf § 406 Abs. 3 Satz 2 StPO zur Verdeutlichung ausdrücklich zu tenorieren. Denn dieser Ausspruch - Absehen von einer Entscheidung - beendet die Rechtshängigkeit des vermögensrechtlichen Anspruchs (LR-Hilger StPO 25. Aufl. § 405 Rdn. 15). Der Senat hat deshalb die Formel des landgerichtlichen Urteils entsprechend ergänzt.
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