Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2008 - VI ZR 235/07

bei uns veröffentlicht am03.06.2008
vorgehend
Amtsgericht München, 331 C 14009/04, 09.02.2006
Landgericht München I, 19 S 4629/06, 06.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 235/07 Verkündet am:
3. Juni 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die beantragte Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens zum Beweis des Ursachenzusammenhangs
zwischen einem Unfall und vorhandenen Beschwerden ist
nur dann nicht erforderlich, wenn auszuschließen ist, dass die Partei damit den Beweis
der Unfallursächlichkeit führen kann.
BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 6. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 6. März 2003 gegen 9:30 Uhr ereignete. Als die Klägerin mit ihrem PKW VW Golf an einer Kreuzung vor einer Lichtzeichenanlage , die für sie Rotlicht zeigte, hielt, fuhr ein Mercedes Kombi, dessen Halterin die Beklagte zu 1 und dessen Haftpflichtversicherer die Beklagte zu 2 ist, von hinten auf ihr Fahrzeug auf. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. An dem PKW der Klägerin entstand ein Sachschaden von 786,04 €, an dem anderen Fahrzeug ein solcher von 1.810,35 €.
2
Die Klägerin behauptet, sie habe bei dem Unfall ein HWSSchleudertrauma und eine schwere Kniegelenksdistorsion rechts erlitten und sei deshalb vom 6. März bis 9. April 2003 arbeitsunfähig gewesen. Sie begehrt ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 2.000,00 €, Ersatz von Heilbehandlungskosten in Höhe von 646,19 € und Ausgleich eines Verdienstausfallschadens in Höhe von 2.208,64 €.
3
Das Amtsgericht hat ein biomechanisches Sachverständigengutachten des Diplom-Ingenieurs und Humanbiologen Dr. A. eingeholt und die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens und persönlicher Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Beklagtenfahrzeug mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von etwa 5 bis 8 km/h aufgefahren. Dadurch sei der PKW der Klägerin um ca. 5 bis 6 km/h beschleunigt worden. 6 km/h sei aufgrund des Schadensbildes an beiden Fahrzeugen die maximal mögliche Geschwindigkeitsänderung des klägerischen Fahrzeugs. Dieses sei mit einer Spitzenbeschleunigung von gerundet ca. 2,4 bis 3,5 g nach vorne beschleunigt worden. Wenn die Klägerin, die zum Unfallzeitpunkt mit beiden Füßen das Kupplungs- und das Bremspedal bedient habe, aufgrund der unfallbedingten Beschleunigung mit ihrem rechten Knie in der vom Sachverständigen beschriebenen dritten Bewegungsphase (sog. Rebound) die Lenkradsäule berührt haben sollte, hätte dies allenfalls mit einer Relativgeschwindigkeit von 2 bis maximal 3 km/h erfolgen können. Ein derart leichter Anstoß reiche nicht aus, um eine Kontusion oder gar eine Kniegelenksdistorsion herbeizuführen. Auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der HWS-Distorsion sei nicht mit hinreichender Sicherheit nachweisbar. Bei der von den behandelnden Ärzten gestellten Diagnose handele es sich um eine nicht objektivierbare Verdachtsdiagnose. Morphologisch fassbare Befunde lägen nicht vor. Die unfallbedingte Belastung der Halswirbelsäule habe für das Entstehen einer HWS-Distorsion nicht ausgereicht. Die im Bereich des Kopf-Hals-Systems aufgetretene maximale Spitzenbeschleunigung von 2,5 g habe dazu geführt, dass zwischen Kopf und Hals Spitzenkräfte der Größenordnung von 30 Newton und im Bereich zwischen Hals- und Brustwirbelsäule Spitzenkräfte von maximal 55 Newton eingewirkt hätten. Dies seien Belastungen des täglichen Lebens. Die Klägerin verfüge über eine normale Konstitution und eine normal ausgebildete Muskulatur im Halsbereich. Degenerative Vorschäden seien nicht vorhanden.
5
Der Sachverständige Dr. A. verfüge als Biomechaniker über die zur Beurteilung der maßgeblichen Fragen erforderliche Sachkunde. Wenn ein biomechanisches Gutachten - wie hier - zu dem Ergebnis komme, dass eine Kausalität zwischen den behaupteten Verletzungen und dem Unfallgeschehen nicht hinreichend nachweisbar oder gar auszuschließen sei, sei eine weitere Begutachtung nicht erforderlich. Insbesondere sei in einem solchen Fall kein fachmedizinisches Gutachten einzuholen. Ein solches könne im besten Fall vorhandene Beschwerden verifizieren, es könne aber nicht bewerten, ob diese auf dem Unfall beruhen. Die Unfallursächlichkeit könne vorliegend auch weder durch Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen noch durch Vernehmung des Ehemannes, von Arbeitskollegen und Freunden als Zeugen geklärt werden. Diesen Beweisanträgen der Klägerin sei deshalb ebenso wenig nachzugehen wie ihrem Antrag auf Parteivernehmung oder Anhörung.

II.

6
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Im Ansatz zutreffend legt das Berufungsgericht allerdings der von ihm vorgenommenen Prüfung, ob die von der Klägerin geklagten Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen sind, die strengen Anforderungen des Vollbeweises gemäß § 286 ZPO zugrunde, denn die Frage, ob sich die Klägerin überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, betrifft den nach dieser Vorschrift zu führenden Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität (BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 - VI ZR 116/67 - VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 - VI ZR 129/73 - VersR 1975, 540, 541 und vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310, jeweils m.w.N.).
8
Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit", sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr.; vgl. BGHZ 53, 245, 256; BGH, Urteil vom 18. April 1977 - VIII ZR 286/75 - VersR 1977, 721 und Senatsurteil vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88 - VersR 1989, 758, 759). Die Würdigung von Sachverständigengutachten ist als Bestandteil der Beweiswürdigung grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 160, 308, 317 m.w.N.; Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364).
9
2. Diese Grundsätze zieht die Revision nicht in Zweifel. Sie rügt jedoch eine unzureichende Sachaufklärung durch das Berufungsgericht und beanstandet , dass dieses seine Beurteilung, die Ursächlichkeit des Unfalls für die von der Klägerin geklagten Beschwerden sei nicht nachgewiesen, allein auf die Bewertung des Sachverständigen Dr. A. gestützt und von einer weiteren Sachaufklärung abgesehen hat.
10
a) Dabei wendet sich die Revision nicht dagegen, dass eine Vernehmung der behandelnden Ärzte in den Tatsacheninstanzen unterblieben ist. Sie rügt vielmehr, das Berufungsgericht habe die in den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten dokumentierten Diagnosen nicht in ausreichendem Maße gewürdigt.
11
aa) Welche Bedeutung der medizinischen Erstuntersuchung nach einem Verkehrsunfall zukommt, ist umstritten. So wird in der Rechtsprechung die Frage , inwieweit aus dem Ergebnis einer Erstuntersuchung - wie z.B. der hiernach erfolgten ärztlichen Verordnung einer so genannten Schanz’schen Krawatte - Schlüsse auf den damaligen Befund gezogen werden können, unterschiedlich beurteilt (vgl. OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511; OLG Hamm, VersR 2002, 992, 994; OLG München, r+s 2002, 370, 371; a.A. OLG Bamberg, NZV 2001, 470). Da der Arzt, der einen Unfallgeschädigten untersucht und behandelt, diesen nicht aus der Sicht eines Gutachters betrachtet, sondern ihn als Therapeut behandelt , steht für ihn die Notwendigkeit einer Therapie im Mittelpunkt, während die Benennung der Diagnose als solche für ihn zunächst von untergeordneter Bedeutung ist. Deshalb sind zeitnah nach einem Unfall erstellte ärztliche Atteste für den medizinischen Sachverständigen eher von untergeordneter Bedeutung (Mazzotti/Castro, NZV 2008, 113, 114). Eine ausschlaggebende Bedeutung wird solchen Diagnosen im Allgemeinen jedenfalls nicht beizumessen sein (so aber OLG Bamberg, aaO). Im Regelfall wird das Ergebnis einer solchen Untersuchung nur als eines unter mehreren Indizien für den Zustand des Geschädigten nach dem Unfall Berücksichtigung finden können (Müller, VersR 2003, 137, 146; ebenso v. Hadeln, NZV 2001, 457, 458 f.). Eine Vernehmung der behandelnden Ärzte als Zeugen oder sachverständige Zeugen ist zudem entbehrlich, wenn das Ergebnis ihrer Befundung schriftlich niedergelegt, vom Sachverständigen gewürdigt und in die Beweiswürdigung einbezogen worden ist, denn bei der Frage nach einem Zusammenhang der geltend gemachten Beschwerden mit dem Unfallgeschehen kommt es allein auf die Beurteilung durch Sachverständige und nicht auf die Aussagen von Zeugen an (Senatsurteile vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 - VersR 2000, 372, 373 und vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05 - VersR 2008, 235, 237 f.).
12
bb) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Atteste nicht verkannt. Dass es die dort dokumentierten Befunde wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Bewegungseinschränkungen , Druckschmerzhaftigkeit und Muskelverhärtungen als wenig aussagekräftig gewürdigt hat, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die genannten Befunde, die teilweise allein auf Schilderungen der Klägerin beruhen, sind im Wesentlichen unspezifisch, da sie sowohl bei un- fallunabhängigen als auch bei unfallabhängigen Beschwerdebildern insbesondere der Halswirbelsäule vorliegen können. Sie sind, wie klinische Erfahrungen und Studien ergeben haben, ebenso wenig verletzungstypisch wie etwa auch ein röntgenologischer Befund einer Steilstellung der Halswirbelsäule (Mazzotti/Castro, aaO m.w.N.).
13
b) Die Revision beanstandet jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Beweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Verkehrsunfall der Klägerin und den von ihr danach beschriebenen Beschwerden, deren Vorhandensein es für sein Urteil als wahr unterstellt hat, auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. A. als nicht geführt angesehen hat.
14
aa) Der gerichtliche Sachverständige verneint einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den geklagten Beschwerden im Halsbereich mit der Begründung, dass die im Streitfall anzunehmende kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von 5 bis 6 km/h zu einer Relativbewegung der Fahrzeuginsassin gegenüber der Fahrgastzelle geführt habe, dieser Bewegungsbeginn aber noch kein verletzungsmechanisch relevantes Potenzial gehabt haben könne, es sei denn, es hätten gravierende degenerative Veränderungen vorgelegen, was nach den ärztlichen Feststellungen aufgrund der durchgeführten Röntgenuntersuchung bei der Klägerin aber gerade nicht der Fall gewesen sei. Die Belastungen, denen diese ausgesetzt gewesen sei, hätten sich lediglich in einem Bereich bewegt, wie er auch im täglichen Leben vorkomme , so beispielsweise, wenn man sich in einen Stuhl hineinfallen lasse oder wenn man bei sportlicher Betätigung angerempelt werde. Diese biomechanisch ausgerichtete Betrachtungsweise wird den an die Beurteilung des Kausalitätszusammenhangs zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Das gilt auch für die Bewertung, wonach ein Anstoß des Knies mit einer Relativgeschwindigkeit von 2 bis 3 km/h nicht ausreiche, um eine Kontusion oder gar eine schwere Kniegelenksdistorsion herbeizuführen.
15
bb) Wie der Sachverständige Dr. A. bei der mündlichen Erläuterung seiner Gutachten selbst eingeräumt hat, gibt es auch unter biomechanischen Gesichtspunkten keine starre Grenze hinsichtlich der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für die Verursachung einer Verletzung an der Halswirbelsäule. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine solche Verletzung verursacht hat, sind vielmehr stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Gegen die schematische Annahme einer "Harmlosigkeitsgrenze" spricht, dass die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung , sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u.a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen Bedeutung beizumessen sein kann (Senatsurteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 475 m.w.N.). Die Klägerin hat zum Beweis der Ursächlichkeit des Unfalls für ihre Beschwerden die Einholung eines fachmedizinischen Sachverständigengutachtens beantragt. Diesem Beweisantrag hätte das Berufungsgericht unter den Umständen des Falles nachgehen müssen. Seine Erwägung , wonach ein medizinisches Gutachten im Streitfall keine weiteren Aufschlüsse liefern könne, beruht, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung.
16
cc) Die Einholung eines medizinischen Gutachtens wäre nur dann nicht erforderlich, wenn auszuschließen wäre, dass die Klägerin damit den Beweis der Unfallursächlichkeit führen könnte. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall und kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht im Hinblick auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. A. bejaht werden, denn nach den getroffenen Feststellungen verfügt dieser als Biomechaniker nicht über die erforderliche medizinische Fachkompetenz (vgl. hierzu Mazzotti/Castro, NZV 2008, 16 und 113, 114). Die Aussagekraft seiner Beurteilung leidet auch darunter , dass seine Begutachtung notgedrungen ohne eine eigene medizinische Untersuchung der Klägerin erfolgt ist, sodass sich seine Aussagen zur Konstitution der Klägerin und zur Belastbarkeit ihres Kopf-Hals-Bereichs als problematisch erweisen. Deshalb war die Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens im Streitfall auch nicht etwa mit Rücksicht darauf entbehrlich, dass sich Dr. A. als Biomechaniker auf Verletzungen aufgrund von Verkehrsunfällen spezialisiert und an der medizinischen Fakultät einer Hochschule über Toleranzgrößen von Schädel-Hirn-Traumen promoviert hat. Seine auf diesem Gebiet erworbenen Spezialkenntnisse lassen, wie die Revision mit Recht geltend macht, keinen Rückschluss darauf zu, ob er für die hier zu beurteilenden Fragen über den Kenntnisstand eines Fachmediziners verfügt. Das Berufungsgericht legt auch nicht dar, dass es selbst über ausreichende eigene Sachkunde verfügt und deshalb die Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens entbehrlich gewesen wäre.
17
3. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 09.02.2006 - 331 C 14009/04 -
LG München I, Entscheidung vom 06.09.2007 - 19 S 4629/06 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 254/05 Verkündet am:
20. März 2007
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigen der Parteien auf die Anordnung des schriftlichen Verfahrens "im
vermuteten Einverständnis der Parteien" bedeutet grundsätzlich keine Zustimmung
Das Gericht darf die beweisbelastete Partei nicht allein wegen einer nach Nichtzahlung
eines Auslagenvorschusses (§ 379 ZPO) oder nach Versäumung einer
Ausschlussfrist (§ 356 ZPO) fehlenden Möglichkeit des Sachverständigenbeweises
als beweisfällig ansehen, sondern muss versuchen, vor Erlass einer
Entscheidung zunächst die beweiserhebliche Frage in anderer Weise auf Grund
des Parteivortrags und der verfügbaren Beweismittel zu klären.
Es ist nicht Aufgabe eines Zeugen, auf Grund von Erfahrungssätzen oder besonderen
Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden
Sachverhalt zu ziehen oder dem Gericht allgemeine Erfahrungssätze oder be-
sondere Kenntnis in einem jeweiligen Wissensgebiet - wie hier in einem regionalen
Mietwagenmarkt - zu vermitteln (Anschluss an BGH, Urteil vom
23. November 1973 - I ZR 59/72 - MDR 1974, 382).
BGH, Urteil vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05 - LG Bochum
AG Herne-Wan
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. März 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 28. Oktober 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und ein Versicherungsnehmer der Beklagten waren an einem Verkehrsunfall vom 30. Juni 2001 beteiligt. Die Beklagte ist für die entstandenen Schäden in voller Höhe eintrittspflichtig. Die Parteien streiten ausschließlich noch um die Erstattung der Kosten für einen Mietwagen, den die Klägerin am Unfalltag, einem Samstag, um 12.15 Uhr zu einem so genannten Unfallersatztarif für elf Tage bei der B. Autovermietung GmbH angemietet hatte. Die Beklagte hat auf den ursprünglich verlangten Betrag von 1.789,52 € abzüglich ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % des reinen Mietzinses abzüglich hälftiger Vollkaskokosten in Höhe von 66,47 € insgesamt 848,74 € gezahlt. Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung des Restbetrages von 695,36 € nebst Zinsen geltend gemacht.
2
Das Amtsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zunächst am 8. Juli 2005 einen Beweisbeschluss erlassen, nach welchem ein Sachverständigengutachten zur betriebswirtschaftlichen Kalkulation des Unfallersatztarifs sowie zu den auf dem regionalen Markt im Unfallzeitpunkt angebotenen Normaltarifen eingeholt werden sollte. Die Einholung des Gutachtens hat es davon abhängig gemacht, dass die Klägerin binnen vier Wochen einen Auslagenvorschuss von vorläufig 7.000 € einzahle. Trotz nochmaliger Fristsetzung mit Beschluss vom 30. August 2005, mit dem zugleich im vermuteten Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet, eine Frist für die Einreichung von Schriftsätzen bestimmt und ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt worden ist, hat die Klägerin den verlangten Vorschuss nicht bezahlt. Darauf hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei den über den bereits bezahlten Betrag hinaus begehrten Mietwagenkosten um objektiv erforderliche Kosten und damit um einen erstattungsfähigen Schaden handele. Die Beklagte habe der Verwertung der von der Klägerin hierzu vorgelegten Privatgutachten widersprochen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei mit Beweisbeschluss von der Einzahlung eines Kostenvorschusses von 7.000 € abhängig gemacht worden. Diesen Vorschuss habe die Klägerin aber nicht innerhalb der mit Beschluss vom 30. August 2005 gesetzten Frist bezahlt und sei daher beweisfällig geblieben.
4
Es sei davon auszugehen, dass der Klägerin ein günstigerer Normaltarif ohne weiteres zugänglich gewesen sei. Der Klägerin sei durch die Erwähnung eines "Bartarifs" ihres Vermieters im Mietvertrag bekannt gewesen, dass es neben dem Unfallersatztarif noch andere Tarife gegeben habe. Der Klägerin habe sich die Frage nach einem günstigeren Tarif aufdrängen müssen. Der "Bartarif" sei, wie zugunsten der Klägerin zu unterstellen sei, bei der B. Autovermietung GmbH nur gegen Vorlage einer Kreditkarte oder gegen Vorauszahlung eines erheblichen, nahezu die gesamte Mietzeit umfassenden Betrages zu erhalten gewesen. Die Klägerin habe nach ihrem Vortrag nicht über eine Kreditkarte verfügt. Ob der Klägerin eine erhebliche Vorschusszahlung möglich oder zumutbar gewesen sei, könne offen bleiben. Ihr sei nämlich zumutbar gewesen, ein bis zwei Vergleichsangebote einzuholen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Klägerin bei anderen Vermietern eine Anmietung nur zu den genannten Bedingungen möglich gewesen wäre. Auch insoweit habe die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht, weil sie den insgesamt angeforderten Vorschuss nicht gezahlt habe. Hiernach könne nur eine Abrechnung auf der Grundlage eines Normaltarifs erfolgen. Dann aber sei davon auszugehen, dass die Beklagte mit ihrer Zahlung den erforderlichen Herstellungsaufwand ausgeglichen habe. Auf der Grundlage der SchwackeListe 2000 sei eine Anmietung zu dem gezahlten Gesamtbetrag möglich gewesen.

II.

5
Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
6
1. Das Berufungsurteil ist nicht aufgrund mündlicher Verhandlung, sondern im schriftlichen Verfahren (vgl. § 128 Abs. 2 ZPO) ergangen. Auf Verfahrensfehler in diesem Zusammenhang kann sich die Revision jedoch nicht mit Erfolg stützen.
7
Die Zustimmung zum schriftlichen Verfahren muss als einseitige, prozessgestaltende Erklärung klar, eindeutig und vorbehaltlos erfolgen (vgl. BAG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 5 AZR 248/92 - NZA 1994, 381, 382; BVerwGE 62, 6, 8 f.; BFH, BFHE 160, 405, 408; 166, 415, 417), unterliegt aber nicht der Schriftform (vgl. BAG aaO; BSG, Urteil vom 27. Oktober 1967 - 2 RU 54/64 - Die Kriegsopferversorgung 1968, 179; a.A. Musielak/Stadler, ZPO, 5. Aufl., § 128 Rn. 12; MünchKomm-ZPO/Peters, 2. Aufl., § 128 Rn. 24 f.).
8
Das Schweigen der Klägerin auf die Anordnung des schriftlichen Verfahrens im Beschluss vom 30. August 2005 durfte das Berufungsgericht dennoch nicht als Zustimmung deuten. Das Abweichen von dem Grundsatz, dass die Verhandlung mündlich ist (§ 128 Abs. 1 ZPO), kann nur durch eine zweifelsfreie Erklärung der Parteien gerechtfertigt werden, die in einem Schweigen dann nicht gesehen werden kann, wenn nicht besondere Umstände hierzu Anlass geben. Die Nichtbeantwortung einer gerichtlichen Anfrage kann nicht als solcher Umstand gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1961 - III ZR 174/59 - BB 1961, 494; OLG München NJW 1955, 995, 996¸ Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 128 Anm. J II c 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 128 Rn. 57; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 128 Rn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO, 65. Aufl., § 128 Rn. 19; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 128 Rn. 26). Die Klägerin hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2005 der Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht widersprochen, sondern sich sogar an die im Beschluss vom 30. August gesetzte Frist gehalten. Schweigen kann aber nur dann als Zustimmung gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO gewertet werden, wenn eine Pflicht zur Erklärung besteht. Eine solche Pflicht kann das Gericht den Parteien nicht dadurch auferlegen, dass es gegen ihren Willen eine Abweichung von dem Grundsatz mündlicher Verhandlung ankündigt, falls dem nicht binnen gesetzter Frist widersprochen werde. Das Gericht steht den Parteien auch nicht in einem Vertragsverhältnis gegenüber, das den Parteien nach Treu und Glauben eine Pflicht zur ausdrücklichen Ablehnung des gerichtlichen Vorschlags schriftlicher Entscheidung auferlegen könnte.
9
Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Verfahrensfehler. Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2005 den in der Anordnung des schriftlichen Verfahrens ohne Zustimmung der Parteien liegenden Verfahrensfehler nicht gerügt, obwohl ihr die fehlende Zustimmung beider Parteien bekannt war (vgl. auch BGH, BGHZ 102, 338, 340 f.). Angesichts der Einlassung der Klägerin zur Sache kann sich die Revision nicht mit Erfolg auf eine fehlende Zustimmung berufen und den Verfahrensfehler nicht mehr rügen (vgl.
§ 295 ZOP). Eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat insbesondere den genannten Schriftsatz der Klägerin nicht übergangen. Ein Verfahrensfehler wäre zudem nur beachtlich, wenn das Urteil auf ihm beruhen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1991 - III ZR 174/59 - aaO). Dass die Klägerin bei mündlicher Verhandlung weiteren Vortrag gehalten hätte, ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen.
10
2. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgerichts davon aus, dass der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand nur den Ersatz der erforderlichen Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger , wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und dass der Geschädigte dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (vgl. Senat, BGHZ 160, 377, 383; 163, 19, 22; Urteile vom 26. Oktober 2004 - VI ZR 300/03 - VersR 2005, 241, 242; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 160/04 - VersR 2005, 569 und VI ZR 74/04 - VersR 2005, 568; vom 25. Oktober 2005 - VI ZR 9/05 - VersR 2006, 133; vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - VersR 2006, 669, 670; und - VI ZR 32/05 - VersR 2006, 564, 565; vom 9. Mai 2006 - VI ZR 117/05 - VersR 2006, 986; vom 13. Juni 2006 - VI ZR 161/05 - VersR 2006, 1273; vom 4. Juli 2006 - VI ZR 237/05 - VersR 2006, 1425; vom 23. Januar 2007 - VI ZR 243/05 - und - VI ZR 18/06 -; vom 30. Januar 2007 - VI ZR 99/06 -; vom 13. Februar 2007 - VI ZR 105/06 -, jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). Die nach einem so genannten Unfallersatztarif geschuldeten Kosten sind grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als sie tatsächlich zur Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde.
11
Die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, kann dann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls ein günstigerer "Normaltarif" bekannt und in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine solche (kostengünstigere) Anmietung eines entsprechenden Fahrzeugs unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. Senat Urteile vom 14. Februar 2006 - VI ZR 32/05 -; vom 6. März 2007 - VI ZR 36/06 -, jeweils aaO m.w.N.). Ebenso kann diese Frage offen bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum "Normaltarif" nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den "Normaltarif" übersteigenden Betrag im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung (vgl. hierzu Senat BGHZ 132, 373, 376) auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre (vgl. Senat, Urteile vom 15. Februar 2005 - VI ZR 160/04 -; vom 19. April 2005 - VI ZR 37/04 -; vom 13. Juni 2006 - VI ZR 161/05 -; vom 4. Juli 2006 - VI ZR 237/05 -, jeweils aaO).
12
a) Für die Frage, ob dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif ohne weiteres zugänglich war, ist auf die konkreten Umstände des einzelfalles abzustellen. Nach den vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätzen (vgl. BGHZ 163, 19, 24 f.; Urteile vom 25. Oktober 2005 - VI ZR 9/05 - aaO; vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - aaO; vom 9. Mai 2006 - VI ZR 117/05 - aaO; vom 13. Juni 2006 - VI ZR 161/05 - aaO; vom 23. Januar 2007 - VI ZR 243/05 -; vom 30. Januar 2007 - VI ZR 99/96 - je zur Veröffentlichung bestimmt) kommt es insbesondere zur Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten darauf an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können. Dabei kann es je nach Lage des Einzelfalls auch erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen und gegebenenfalls ein oder zwei Konkurrenzangebote einzuholen. In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt. Eine besondere Eilbedürftigkeit kann jedoch auch bei einer Anmietung noch am Unfalltag fehlen. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, der ihm vom Autovermieter angebotene Tarif sei "auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten", rechtfertigt es dagegen nicht, zu Lasten des Schädigers und seines Haftpflichtversicherers ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren.
13
b) Die Revision macht insoweit geltend, die Klägerin habe vorgetragen, dass ihr am Unfalltag eine anderweitige Anmietung am Samstagnachmittag nicht möglich gewesen wäre, weil sie keine Kreditkarte besessen habe. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht diesen Vortrag umfassend in Betracht gezogen hat. Zum Vortrag vor dem Tatrichter wird lediglich ausgeführt, die Klägerin sei beweisfällig geblieben, weil sie den geforderten Auslagenvorschuss nicht entrichtet habe; sie habe den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht, dass alle anderen Autovermieter damals ein Ersatzfahrzeug zum Normaltarif nur gegen Vorlage einer Kreditkarte oder gegen eine erhebliche Vorschusszahlung vermietet hätten.
14
aa) Die Bedenken der Revision gegen die Höhe des im Beweisbeschluss verlangten Vorschusses (vgl. Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3; 103 Abs. 1 GG; BVerfGK 5, 60, 63) bedürfen im Hinblick auf die Entwicklung der Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von so genannten Unfallersatztarifen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 2007 - VI ZR 99/06 - zur Veröffentlichung bestimmt) keiner abschließenden Entscheidung.
15
Das Berufungsgericht durfte nämlich die Klägerin nicht allein wegen der nach Nichtzahlung des Auslagenvorschusses (§ 379 ZPO) oder nach Versäumung einer Ausschlussfrist (§ 356 ZPO) fehlenden Möglichkeit des Sachverständigenbeweises als beweisfällig ansehen. Vielmehr hätte es versuchen müssen, in anderer Weise auf Grund des bereits vorhandenen oder anzuregenden Parteivortrags und der verfügbaren Beweismittel zu klären (vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 2007 - VI ZR 99/06 - zur Veröffentlichung bestimmt; HkZPO /Saenger, § 286 Rn. 55; MünchKomm-ZPO/Prütting, 2. Aufl., § 286 Rn. 91; Gottwald, Jura 1990, 225, 226), ob der Klägerin tatsächlich kein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in ihrer Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt ohne weiteres zugänglich war.
16
bb) Soweit das Berufungsgericht meint, der Klägerin sei ein wesentlich günstigerer Tarif ohne weiteres zugänglich gewesen, beruht das auf unzureichenden tatsächlichen Feststellungen.
17
Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass im damaligen Zeitpunkt wesentlich günstigere Tarife existiert hätten, wie sich im Übrigen aus dem im Mietvertrag abgelehnten Angebot eines Bartarifs für dasselbe Ersatzfahrzeug und aus der von der Klägerin für ihren Postleitzahlenbereich vorgelegten Schwacke-Auto-Mietpreisliste 2000 ergibt. Sie hat aber geltend gemacht, dass diese wesentlich günstigeren Tarife ihr nicht ohne weiteres zugänglich gewesen seien. Letzteres unterliegt der Prüfung nach § 254 Abs. 2 BGB, wobei die Klägerin jedoch eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. Senat, BGHZ 163, 19, 26; Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 36/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
18
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie sei nicht im Besitz einer Kreditkarte gewesen, wäre es Sache der Beklagten gewesen, dies zu widerlegen (vgl. Senat, BGHZ 163, 19, 26; Urteile vom 9. Oktober 1991 - VI ZR 291/89 - VersR 1991, 437, 438; vom 29. September 1998 - VI ZR 296/97 - VersR 1998, 1428; vom 14. Februar 2006 - VI ZR 32/05 - VersR 2006, 564, 565). Ob der Klägerin eine erhebliche, nahezu die gesamte Mietzeit umfassende Vorauszahlung möglich gewesen wäre, hat das Berufungsgericht offen gelassen, weil es nicht feststellen könne, dass auch andere Anbieter dies verlangt hätten. Insoweit hat das Berufungsgericht lediglich Vermutungen geäußert.
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cc) Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Klägervortrags, insbesondere auch zur Anmietung an einem Samstag nach 12.15 Uhr in H., zu einer abweichenden Beurteilung gelangt wäre oder die Klägerin, unter Berücksichtigung von deren (lediglich sekundärer ) Darlegungslast zumindest - soweit diese einen dringenden Bedarf geltend machen will - zu näherem Vortrag zur Eilbedürftigkeit der Anmietung und/oder zur Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit einer angeblich verlangten Vorauszahlung oder Kaution (vgl. Senat, BGHZ 163, 19, 26; Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 32/05 - aaO), veranlasst hätte.
20
3. Soweit die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht die Zeugen D. und Dr. G. nicht vernommen hat, hat sie dagegen keinen Erfolg.
21
Die Begründung des Berufungsurteils, es handele sich um ungeeignete Beweismittel, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die im Beweisbeschluss genannten Beweisthemen betrafen Fragen zum regionalen Mietwagenmarkt im Juni 2001, deren Beantwortung sachkundige Wertungen und Tatsachenermittlungen erforderte; es waren damit Fragen an einen Sachverständigen , die nicht in die Kenntnis von Zeugen, auch nicht von sachverständigen Zeugen (vgl. § 414 ZPO; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 414 Rn. 2, § 402 Rn. 5) gestellt sind. Es ist nicht Aufgabe eines Zeugen, auf Grund von Erfahrungssätzen oder besonderen Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen oder dem Gericht allgemeine Erfahrungssätze oder besondere Kenntnisse in einem jeweiligen Wissensgebiet - wie hier in einem regionalen Mietwagenmarkt - zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1973 - I ZR 59/72 - MDR 1974, 382).
22
4. Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO). Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 17.09.2004 - 14 C 6/04 -
LG Bochum, Entscheidung vom 28.10.2005 - 5 S 271/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 139/02 Verkündet am:
28. Januar 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Allein der Umstand, daß sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung
("Harmlosigkeitsgrenze") ereignet hat, schließt die tatrichterliche
Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von seiner Ursächlichkeit für eine HWSVerletzung
nicht aus.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Am 25. März 1992 fuhr der Beklagte zu 1 gegen 9.30 Uhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf den von dem Kläger geführten , in einem Kreuzungsbereich verkehrsbedingt haltenden Pkw auf. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Der Kläger begab sich am Nachmittag des Unfalltages in ärztliche Behandlung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. S. diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma. Er legte eine Cervicalstütze an und verordnete Spasmolytika. Die Weiterbehandlung erfolgte durch Dr. R., der eine sogenannte Schanz’sche Krawatte anpaßte und schmerzlindernde Medikamente verordnete. In der Folgezeit litt der Kläger zunehmend unter einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie unter vegetativen Symptomen wie häufig auftretendem Schwindel, Sehstörungen in Form von Schleiersehen und plötzlichem Auftreten von Übelkeit. Am 6. Dezember 1993 erlitt er
einen weiteren Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Pkw frontal mit einem vor ihm ins Schleudern geratenen Fahrzeug kollidierte. Eine wegen anhaltender Beschwerden vorgenommene klinische und radiologische Untersuchung in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. ergab den Verdacht einer Ruptur der Ligamenta alaria im Bereich des Segments C1/C2. Dieser Verdacht wurde von dem Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. H. des Rehabilitationskrankenhauses K.-L. aufgrund einer am 4. Mai 1994 durchgeführten Untersuchung einschließlich Computer- und Kernspintomographie der Halswirbelsäule bestätigt. Aufgrund dieser Diagnose wurde am 13. Juni 1995 in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. eine dorsale Probefusion des Segments C1/C2 vorgenommen, die laut Behandlungsbericht zu einer Besserung der Beschwerden führte. Im Hinblick darauf erfolgte am 8. Mai 1996 im Rehabilitationskrankenhaus K.-L. die endgültige operative Fusion. Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 habe er nach wie vor Beschwerden, u.a. dauernde Spannungsschmerzen im Bereich von Nacken und Schulter, Kopfschmerzen, Mißempfindungen am linken Arm und Taubheitsgefühle am linken Oberschenkel. Zeitweilig trete ein Zittern auf. Die Sehkraft seines linken Auges habe nachgelassen. Darüber hinaus leide er unter Konzentrationsschwierigkeiten. Der Kläger hat – über den vorgerichtlich erhaltenen Betrag von 4.300 DM hinaus - ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung: weitere 30.000 DM) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden begehrt. Das Landgericht hat ihm ein weiteres Schmerzensgeld von 3.700 DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Feststellungsbegehren entsprochen und die Beklagten verurteilt, an den Kläger über den bereits gezahlten Betrag von !" # $% '& (*),+%-. 0/'12 3 4 57698 : 2 3 ; 2.198,56
DM) zu zahlen. Dagegen wenden die Beklagten sich mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Kläger habe bei dem Unfall am 25. März 1992 eine HWS-Distorsion nach Erdmann I erlitten. Zwar sei nicht bewiesen, daß hierbei das Ligamentum alare links gerissen sei, doch seien die durch diese Diagnose veranlaßte Probefusion und die endgültige Fusion der Segmente C1/C2 gleichwohl eine adäquate Folge des Unfalls. Der Kläger leide aufgrund des Unfalls und der Fusion der Segmente C1/C2 unter Einschränkungen der Beweglichkeit sowie einer Fehlhaltung und dadurch bedingten häufigen Schmerzen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich sowie unter gelegentlichem Schwindel und Übelkeit, Tinnitus und einer Verschlechterung des Sehvermögens. Die Bewegungseinschränkungen seien gutachterlich festgestellt, die – nicht meßbaren – Schmerzen sowie Schwindel und Übelkeit habe keiner der Sachverständigen in Zweifel gezogen. Die Beeinträchtigungen seien nur aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 erklärbar, da Vorerkrankungen nicht festgestellt seien und der Unfall vom 6. Dezember 1993 nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung geführt habe. Auch habe der Kläger glaubhaft angegeben, daß alle Beeinträchtigungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 25. März 1992 und der Fusion am 8. Mai 1996 entstanden seien. Ebenso wie die Sachverständigen habe das Gericht den Eindruck, daß der Kläger sich um eine wahrheitsgemäße Schilderung der Abläufe und Beeinträchtigungen bemüht habe und nicht etwa eine vorzeitige Versorgung ohne Arbeit erstrebe. Die Revision
sei zuzulassen, weil die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu § 287 ZPO grundsätzliche Bedeutung habe.

II.

Die Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei dem Unfall vom 25. März 1992 eine HWS-Distorsion "nach Erdmann I" erlitten, läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Frage, ob sich der Kläger bei dem Unfall überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, die haftungsbegründende Kausalität betrifft. Es hat, ohne § 286 ZPO in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu erwähnen, erkennbar den Regelungsgehalt dieser Vorschrift berücksichtigt , wonach der Nachweis des Haftungsgrundes den strengen Anforderungen des Vollbeweises unterliegt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 – VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – VersR 1975, 540, 541 und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 – VersR 1987, 310, jeweils m.w.N.). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewißheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" , sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr., vgl. BGHZ 53, 245, 256; BGH, Urteil vom 18. April 1977 – VIII 286/75 – VersR 1977, 721 und Se-
natsurteil vom 9. Mai 1989 – VI ZR 268/88 – VersR 1989, 758, 759). Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht hier - ebenso wie schon das Landgericht - auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K. gewonnen. Dessen Beurteilung gründet sich u.a. auf den Befund des erstbehandelnden Arztes Dr. S., der den Kläger am Unfalltag untersucht und dabei u.a. Röntgenaufnahmen und Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule vorgenommen hat. Dr. S. hat ausweislich seines Berichtes eine äußerlich unauffällige, frei bewegliche endgradig schmerzhafte Halswirbelsäule sowie einen leichten Stauchungsschmerz diagnostiziert und darüber hinaus angegeben, der 6. und 7. Halswirbelkörper seien deutlich druckschmerzhaft. Wie der Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten ausgeführt hat, sind ähnliche Befunde in der Folgezeit auch von anderen Ärzten erhoben worden. Sie werden entgegen der Auffassung der Revision in ihrem Kern auch nicht durch die Ausführungen des Orthopäden Dr. P. in Frage gestellt, der in seinem für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten vom 13. April 1993 einerseits zwar ein „echtes Schleudertrauma“ verneint, andererseits aber ebenso wie Dr. K. eine HWS-Distorsion Grad I bejaht hat. Aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen hat, daß die Angaben des Klägers insgesamt glaubhaft erscheinen, zumal die von ihm geklagten Beschwerden von keinem der Sachverständigen letztlich in Zweifel gezogen worden sind. Bei dieser Sachlage konnte es nach freier Überzeugung zu dem Ergebnis kommen, daß der Verkehrsunfall vom 25. März 1992 bei dem Kläger eine HWSDistorsion im Sinne einer Körperverletzung ausgelöst hat. Insbesondere war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet, hinsichtlich des Umfangs der Beschädigun-
gen der beteiligten Fahrzeuge und der sich daraus ergebenden kollisionsbe- dingten Geschwindigkeitsänderung ein Sachverständigengutachten einzuholen und sodann mittels eines biomechanischen Gutachtens der Frage nachzugehen , ob der Unfall geeignet war, eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (OLG Hamm, NZV 2001, 468, 469; OLG Celle, OLG-Report 2002, 81; OLG Frankfurt, NZV 2002, 120). Die von der Revision herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei ("Harmlosigkeitsgrenze"), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei (vgl. OLG Hamm, NJW 2000, 878, 879, OLG Hamm, r+s 2000, 502; 503; OLG Hamm, DAR 2001, 361; OLG Hamm, NZV 2001, 303; KG, VersR 2001, 597 f.; OLG Hamm, r+s 2002, 111 f.; vgl. auch KG, KG-Report 2001, 163, 164), stößt in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend auf Kritik (vgl. OLG Celle, aaO, OLG Frankfurt, aaO; vgl. auch OLG Bamberg, NZV 2001, 470; Kuhn, DAR 2001, 344, 345 ff. m.w.N.) und wird insbesondere aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen (Castro/Becke, ZfS 2002, 365, 366). Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze" spricht auch, daß die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u.a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen Bedeutung beizumessen sein kann (vgl. Mazzotti /Castro, NZV 2002, 499, 500 m.w.N.). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts erfolgte im Streitfall die Kollision, als der Kläger mit schräg nach rechts oben gewendetem Kopf nach oben blickte, um einen Blick auf die Lichtzeichenanlage zu werfen. Gesicherte medizinische Erkenntnisse zu der Frage, ob und in welcher Weise derartige
Muskelanspannungen und Kopfdrehungen die Entstehung einer HWS- Distorsion beeinflussen können, sind bisher nicht bekannt (vgl. OLG Hamm, NZV 2002, 322, 324; Castro/Becke, ZfS 2002, 365) und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise ein Gutachten über die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zu einer weiteren Aufklärung des Geschehensablaufs beitragen könnte, nachdem das Berufungsgericht aufgrund eingehender medizinischer Begutachtung und ausführlicher Anhörung des Klägers in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen hat, daß durch den Unfall eine Körperverletzung des Klägers verursacht worden ist. 2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts, wonach die von dem Kläger geklagten Beschwerden – mit Ausnahme der behaupteten Konzentrationsstörungen und der geltend gemachten verminderten geistigen Leistungsfähigkeit – auf den Verkehrsunfall vom 25. März 1992 zurückzuführen sind. Mit dem Nachweis, daß der Unfall zu einer HWS-Distorsion und damit zu einer Körperverletzung des Klägers geführt hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Klägers ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196 und Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 -, vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 -, jeweils aaO und m.w.N.). Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbil-
dung gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalles, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (ausführlich dazu Senatsurteil vom 7. Juli 1970 – VI ZR 233/69 – VersR 1970, 924, 926 f.). Diesen Grundsätzen, die in der Rechtsprechung seit langem geklärt sind (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 137, 142 ff. und vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 – VersR 2000, 372 f.) und die im Streitfall - anders als das Berufungsgericht meint - keiner Weiterentwicklung bedürfen, wird das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung der Revision gerecht. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei aufgrund der von ihm als glaubhaft erachteten Angaben des Klägers und der in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, daß die im angefochtenen Urteil festgestellten Beschwerden des Klägers auf den Unfall zurückzuführen sind. Es ist davon ausgegangen, daß zwar die Ergebnisse der Sachverständigengutachten für sich allein nicht zum Beweis der Kausalität genügen, die Ursächlichkeit aber gleichwohl nachgewiesen sei. Dabei hat es in zulässiger Weise berücksichtigt, daß die Beeinträchtigungen, soweit sie nicht meßbar sind, von keinem der Sachverständigen in Zweifel gezogen worden seien und deren übereinstimmender Eindruck sei, daß der Kläger versuche , seine Beschwerden objektiv darzustellen. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht neben dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden vor allem dem Umstand Bedeutung beigemessen hat, daß Vorerkrankungen als etwaige Ursachen bei allen Untersuchungen nicht festgestellt worden sind. Entgegen der Auffassung der Revision war es dem Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO nicht verwehrt, im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung zu gelangen, daß als einzig realistische Ursache für die Beschwerden des Klägers der Unfall vom 25. März 1992 in Betracht kommt (vgl. auch OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511 f. mit NA-Beschluß des Senats vom 8. Mai 2001
- VI ZR 314/00). Den nachfolgenden Unfall vom 6. Dezember 1993 konnte das Berufungsgericht als Ursache ausschließen, weil dieser nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Gesundheitszustands geführt hat (zur Kausalität von zwei zeitlich einander folgenden Unfällen bei Eintritt eines Dauerschadens vgl. Senatsurteil vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – VersR 2002, 200 f.). Auch eine psychische Fehlverarbeitung scheidet nach Überzeugung des Berufungsgerichts als Ursache der Beschwerden aus. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Klägers nicht entgegen, daß diese nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf die im Rahmen der ärztlichen Behandlung vorgenommene Fusion des Segments C1/C2 zurückzuführen sind. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Fusion eine adäquate Folge des Unfalls ist, denn sie wurde vorgenommen , weil sich der Kläger wegen seiner nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben hat, in deren Verlauf eine Ruptur der Ligamenta alaria diagnostiziert wurde. Auf die Frage, ob diese Diagnose zutraf und deshalb eine Fusion des Segments C1/C2 indiziert war, kommt es nicht an, da der Schädiger dem Geschädigten grundsätzlich für den gesamten durch seine pflichtwidrige Handlung verursachten Schaden und somit auch für etwaige Folgeschäden einzustehen hat, sofern diese in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Erstschädigung stehen. Der notwendige haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang fehlt nur dann, wenn sich bei der Zweitschädigung nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht hat, dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen war und deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang besteht. Ist das der Fall, kann von dem Erstschädiger billigerweise nicht mehr verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Fol-
gen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 – VI ZR 37/88 – VersR 1988, 1273, 1274 und vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – aaO, S. 201, jeweils m.w.N.). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn wie im Streitfall im Rahmen einer unfallbedingten ärztlichen Behandlung die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden möglicherweise unzutreffend diagnostiziert und deshalb eventuell falsch behandelt worden sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.