Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2006 - V ZR 49/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, sich neben den Klägern zur Hälfte an allen Kosten zu beteiligen, die mit der Wiederherstellung des unbefestigten Weges zur Ausübung des Wegerechts der Beklagten auf dem Grundstück der Kläger im Zusammenhang stehen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, sich an den Kosten für die Wiederherstellung eines über das Grundstück der Kläger verlaufenden Weges zu beteiligen.
- 2
- Das Grundstück der Kläger ist mit einer Grunddienstbarkeit (Wegerecht) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des dahinter liegenden Grundstücks belastet. Die Beklagten sind Eigentümer des Hinterliegergrundstücks. Sie und ihre Mieter erreichen es - auch mit ihren Kraftfahrzeugen - über das Grundstück der Kläger auf einem nicht befestigten, aus zwei ausgefahrenen Fahrspuren bestehenden Weg, den auch die Kläger befahren. Nach Regenfällen sammelt sich dort Wasser an.
- 3
- Die Kläger wollen - jetzt noch - die Feststellung erreichen, dass die Beklagten verpflichtet sind, sich zur Hälfte an allen Kosten zu beteiligen, die mit der Wiederherstellung eines der Ausübung des Wegerechts der Beklagten dienenden unbefestigten Weges auf dem Grundstück der Kläger in Zusammenhang stehen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist insoweit erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihren Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger keinen Anspruch auf eine Kostenbeteiligung der Beklagten nach § 1020 Satz 2 BGB; zum einen sei der Weg keine Anlage im Sinne der Vorschrift, zum anderen finde diese nur dann Anwendung, wenn dem Dienstbarkeitsberechtigten die alleinige Befugnis zur Benutzung einer Anlage zustehe. Eine analoge Anwendung von § 748 BGB scheide aus; der Grundstückseigentümer und der Dienstbarkeitsbe- rechtigte müssten den Weg jeweils auf eigene Kosten so unterhalten, wie es für ihre Belange erforderlich sei. Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB bestehe nicht, weil die Beklagten den Weg nicht rechtswidrig nutzten und weil die Schäden nicht durch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten entstanden seien. Schließlich bestehe auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, weil die Wiederherstellung des Weges mit ihrer Beteiligung an den Kosten nicht dem Willen der Beklagten entspreche.
- 5
- Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II.
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- 1. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht die Verpflichtung der Beklagten nach § 1020 Satz 2 BGB, sich zur Hälfte an den Kosten für die Instandsetzung des Weges zu beteiligen.
- 7
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Weg um eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift. Darunter versteht man eine für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung des Grundstücks geschaffene Einrichtung (Senat, BGHZ 149, 213, 217). Nichts anderes ist der Weg, obwohl er unbefestigt ist und nur aus zwei Fahrspuren besteht. Denn er ist wenigstens durch ständiges Befahren mit Kraftfahrzeugen entstanden, falls er nicht irgendwann einmal angelegt wurde. Spätestens seit dem Entstehen der Fahrspuren und sonstiger Veränderungen der Erdoberfläche , die mit der Benutzung der Fläche zum Betreten und Befahren zusammenhängen , ist der unbefestigte Weg eine vom Menschen geschaffene Einrichtung, die der Ausübung der für den jeweiligen Eigentümer des Hinterlie- gergrundstücks bestehenden Dienstbarkeit auf unbestimmte Dauer dient. Darin unterscheidet sich der unbefestigte Weg von einer bloßen Veränderung des Grundstücks selbst, die keine Anlage i.S.v. § 1020 Satz 2 BGB sein soll (Staudinger /Jörg Mayer, BGB [2002], § 1020 Rdn. 12; Grziwotz, Grundbuch- und Grundstücksrecht, Rdn. 434).
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- b) Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht auch an, dass die Anwendbarkeit von § 1020 Satz 2 BGB auf die Fälle beschränkt sei, in denen der Dienstbarkeitsberechtigte die Anlage ausschließlich allein nutze. Der Senat hat in seinem - erst nach dem Erlass des Berufungsurteils veröffentlichten - Urteil vom 12. November 2004 (BGHZ 161, 115 ff.) anders entschieden, nämlich dass der Berechtigte auch dann nach § 1020 Satz 2 BGB zur Unterhaltung und Instandsetzung einer der Ausübung der Dienstbarkeit dienenden Anlage verpflichtet ist, wenn der Eigentümer die Anlage mitbenutzen darf, und dass der Berechtigte die Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten nicht allein, sondern in entsprechender Anwendung von §§ 748, 742 BGB im Zweifel zur Hälfte tragen muss.
- 9
- c) Anhaltspunkte dafür, dass hier eine andere Kostenverteilung angebracht ist, gibt es nicht. Zwar ist es möglich, dass es den Interessen der Parteien eher entspricht, die Unterhaltungspflicht an dem Maß der jeweiligen Nutzung auszurichten (Senat, Urt. v. 12. November 2004, V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 897 [insoweit in BGHZ 161, 115 ff. nicht abgedruckt]). Aber nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen befahren die Beklagten den Weg mit zwei Fahrzeugen, ihre Mieter mit einem Fahrzeug und die Kläger allenfalls auch mit einem Fahrzeug. Damit steht fest, dass die Beklagten und ihre Mieter den Weg wenigstens zur Hälfte nutzen. Da die Kläger keine höhere Kostenbe- teiligung verlangen, müssen die Beklagten jedenfalls die Hälfte der Wiederherstellungskosten tragen.
- 10
- 2. Danach ist das Berufungsurteil teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das führt zum Erfolg der Klage auch hinsichtlich des Feststellungsantrags.
- 11
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Burgdorf, Entscheidung vom 30.09.2004 - 13 C 429/04 -
LG Hildesheim, Entscheidung vom 11.02.2005 - 7 S 272/04 -
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Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert.
Jeder Teilhaber ist den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert.
Jeder Teilhaber ist den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
Im Zweifel ist anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.