Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2003 - V ZR 319/01

bei uns veröffentlicht am19.09.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 319/01 Verkündet am:
19. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Betreiber eines Kabelnetzes kann von Anbietern digitaler Programme und
Mediendienste verlangen, es zu unterlassen, gegen seinen Willen Programm- und
Dienstsignale in sein Netz einzuleiten und sein Netz zur Durchleitung solcher Programme
und Mediendienste zu nutzen (Fortführung von BGH, Urt. v. 19. März 1996,
KZR 1/95, NJW 1996, 2656).

b) Programm- und Dienstsignale werden nicht gegen den Willen des Eigentümers in
ein Kabelnetz eingeleitet, wenn sie dort nur deshalb verfügbar sind, weil der Betreiber
des Netzes sein Netz ohne Filtereinrichtungen mit einem anderen Netz verbindet
, in das solche Signale eingespeist werden.

c) Der Umstand, daß der Betreiber eines Kabelnetzes sein Netz für Signale öffnet, die
Anbieter von Programmen und Mediendiensten in ein anderes Kabelnetz einspeisen
, berechtigt diese Anbieter dagegen nicht, dessen Netz auch zur Durchleitung
ihres Programm- und Dienstangebots an Dritte zu nutzen. Das setzt vielmehr eine
zusätzliche Disposition des Netzeigentümers voraus.
BGH, Urt. v. 19. September 2003 - V ZR 319/01 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juni 2001 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. Juli 2000 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt , es zu unterlassen, den an das Breitbandkabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfängern ohne Zustimmung der Klägerin den Zugang zu den Mediendiensten „Highspeed-Internet“ und „Cable City M. “ zu ermöglichen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten , angedroht. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in einer in M. gelegenen Wohnanlage aufgrund eines mit der Grundstückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags ein von ihr errichtetes Breitbandkabelnetz, über das sie die angeschlossenen Wohnungen auf der Grundlage von Einzelanschlußverträgen gegen Entgelt mit Rundfunkprogrammen beliefert. Dieses Hausverteilnetz (Netzebene
4) ist an einem Übergabepunkt an das bislang von der Deutschen Telekom AG betriebene Straßenverteilnetz (Netzebene 3) angeschlossen, in das die von den jeweiligen Programmveranstaltern produzierten Signale über eine sogenannte Kopfstation eingespeist werden. Die am Übergabepunkt angelieferten Signale werden von der Klägerin aufgrund eines mit der Deutschen Telekom AG geschlossenen Vertrags ungefiltert übernommen und über das Hausverteilnetz in die angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet.
Die Beklagte ist Anbieterin der kostenpflichtigen Mediendienste „Highspeed Internet“ - einem schnellen Internetzugang - und „Cable City M. “ - einem Stadtinformationsdienst -, bei denen die Datensignale nach Umwandlung (Encodierung) in Fernsehsignale über einen TV-Kanal des M. Breitbandkabelnetzes verbreitet werden. Voraussetzung für die Nutzung dieser Mediendienste ist die Installation eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten und mit einer individuellen Kennung versehenen Kabelmodems , das die Fernsehsignale in für Personal-Computer lesbare Datensignale rückumwandelt (decodiert). Der Zugang zum Internet erfordert außerdem ein Telefonmodem zur Anforderung von Daten über die als Rückkanal genutzte Telefonleitung.
Die Beklagte schloß mit mindestens einem Bewohner der von der Klägerin verkabelten Wohnanlage einen Vertrag über die entgeltliche Nutzung ihrer Mediendienste. Verhandlungen der Parteien über eine von der Beklagten für die Durchleitung von Signalen durch das Kabelnetz der Klägerin zu entrichtende Vergütung blieben ohne Erfolg. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung der Signaldurchleitung in Anspruch. Hilfsweise möchte sie der Beklagten verbieten lassen, den mit der Klägerin vertraglich verbundenen Empfängern Zugangsmöglichkeiten zu den genannten Mediendiensten durch das Kabelnetz der Klägerin zu verschaffen. Wiederum hilfsweise begehrt sie die Feststellung, daß sie nicht zur unentgeltlichen Signaldurchleitung verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Signaldurchleitung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Indem die Beklagte in die Netzebene 3 Signale einspeise, die durch den Übergabepunkt auch in die Netzebene 4 gelangten, greife sie in das Eigentum der Klägerin an dem von ihr errichteten und betriebenen Kabelnetz ein. Eine Duldungspflicht im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB treffe die Klägerin nicht. Aus den zwischen einem Kabelnetzbetreiber und seinen Kunden geschlossenen Verträgen lasse sich regel-
mäßig kein Durchleitungsanspruch von Programmanbietern herleiten. Eine kartellrechtliche oder medienrechtliche Duldungspflicht habe die Beklagte nicht dargelegt. Selbst wenn die Beklagte den Unterlassungsanspruch nur dadurch erfüllen könne, daß sie auf die Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 gänzlich verzichte, und dies einer Einstellung der von ihr betriebenen Mediendienste gleichkomme, stelle das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedenfalls solange keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar, als die Klägerin gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zur Duldung der Durchleitung bereit sei.

II.


Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klage ist mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.
Das Eigentum der Klägerin an den von ihr verlegten Breitbandkabeln, bei denen es sich lediglich um Scheinbestandteile des Grundstücks handelt, in das sie eingefügt worden sind (§ 95 BGB), wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die von der Beklagten produzierten Signale durch das Kabelnetz der Klägerin geleitet werden, also am Übergabepunkt in dieses Kabelnetz gelangen und von den Inhabern der daran angeschlossenen Wohnungen empfangen werden können. Diese Signaldurchleitung entspricht vielmehr den von der Klägerin selbst in Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse getroffenen Dispositionen. Damit fehlt es insoweit an einem dem Inhalt ihres Eigentumsrechts (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand, der einen Abwehranspruch gemäß § 1004
Abs. 1 BGB auslösen könnte (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39; Urt. v. 22. Septem- ber 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 17).
Richtig ist allerdings, daß die Beklagte mit der Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 auf das Kabelnetz der Klägerin einwirkt. Mit der Signaleinspeisung verfolgt die Beklagte den Zweck, die mit ihr vertraglich verbundenen und über Breitbandkabel der Netzebene 4 an die Netzebene 3 angeschlossenen Empfänger mit Inhalten aus dem Internet und aus einem Stadtinformationsdienst zu beliefern (Nr. 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Übertragen werden die von der Beklagten gesendeten Signale allerdings nicht nur an deren Kunden. Im Gegensatz zum Telefonnetz, bei dem es sich um ein auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen beruhendes Vermittlungsnetz handelt, stellt das Breitbandkabelnetz ein baumförmig strukturiertes Verteilnetz dar, bei dem die eingespeisten Signale grundsätzlich an alle angeschlossenen Teilnehmer verteilt werden. Erst die Nutzung der von der Beklagten produzierten Signale erfordert die Verwendung eines von ihr zur Verfügung gestellten Kabelmodems, das die empfangenen Signale decodiert und den jeweiligen Empfänger mittels einer individuellen Kennung zur Nutzung autorisiert. Hieraus folgt, daß die Beklagte, indem sie ihre Signale in die Netzebene 3 einspeist, auf sämtliche Breitbandkabel der Netzebene 4 einwirkt, in die ihre Signale gelangen, und zwar unabhängig davon, ob an die betreffenden Kabel oder Kabelnetze Kunden der Beklagten angeschlossen sind oder nicht.
Zu einer Eigentumsbeeinträchtigung führt die Einwirkung auf eine fremde Sache jedoch nur dann, wenn sie gegen den Willen des Eigentümers erfolgt (RGZ 131, 335, 336; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 6; Stau-
dinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 87 I 2, S. 347; Löhr, WRP 1975, 523, 525; vgl. auch BGHZ 44, 288, 293). Durch eine seinem Willen entsprechende Einwirkung wird der Eigentümer in der ihm durch § 903 BGB eingeräumten Dispositionsbefugnis - mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren - nicht nachteilig betroffen, so daß es an einem Widerspruch zum Inhalt seines Eigentumsrechts fehlt. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die auf die Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 zurückzuführende Einwirkung auf fremde Kabelnetze der Ebene 4 maßgeblich vom Willen der jeweiligen Kabelnetzbetreiber abhängig ist. Diese allein entscheiden durch die technische Ausgestaltung ihrer Anlagen darüber, welche der in der Netzebene 3 befindlichen Signale in und durch ihre Breitbandkabel geleitet werden. Dagegen haben die Anbieter von Programmen und Mediendiensten nach Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 keinerlei Einfluß mehr auf die technische Verbreitung dieser Signale innerhalb des Breitbandkabelnetzes.
Die Klägerin hat ein Kabelnetz der Ebene 4 mit einer dem vorgelagerten Kabelnetz der Ebene 3 entsprechenden Bandbreite errichtet und die Zusammenschaltung beider Netzebenen veranlaßt. Dies führt aufgrund der technischen Gegebenheiten zwangsläufig dazu, daß sämtliche in die Netzebene 3 eingespeisten Signale, auf deren Zusammensetzung die Klägerin keinen Einfluß hat, auch in das Kabelnetz der Klägerin eingeleitet und darin bis zu den Antennendosen der angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet werden. Zwar hätte die Klägerin die Möglichkeit, die Einleitung bestimmter, ihr unerwünschter Signale durch das Anbringen geeigneter Sperrvorrichtungen am Übergabepunkt zu unterbinden. Dies tut sie jedoch nicht. Vielmehr nimmt sie es hin, daß auch solche Signale in ihr Kabelnetz gelangen, die sie selbst zur Belieferung
der angeschlossenen Wohnungen mit Rundfunkprogrammen nicht benötigt und zu deren Anlieferung die Deutsche Telekom AG aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages über die Zusammenschaltung der Netzebenen möglicherweise nicht einmal berechtigt ist. Damit ist es nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst, die durch den Betrieb ihres zur Netzebene 3 uneingeschränkt geöffneten Kabelnetzes die Durchleitung der von der Beklagten produzierten Signale bewirkt (in diesem Sinne auch OLG Hamburg, NJW-RR 2002, 550 mit abl. Anm. Reinersdorff, MMR 2001, 528; OLG München, Urt. v. 13. April 2000, 29 U 2077/00). Zwar ist die Eröffnung dieser Durchleitungsmöglichkeit für die Beklagte durchaus von Nutzen, weil sie ansonsten die an das Kabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfänger mit ihren Signalen nicht erreichen könnte. Unbefugt und deshalb nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähig ist die in der Signaldurchleitung als solcher liegende Nutzung indes nicht, weil sie auf der von der Klägerin selbst vorgenommenen Ausgestaltung ihres Kabelnetzes und ihrem damit zum Ausdruck gebrachten Eigentümerwillen beruht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur Pay-TV-Durchleitung (BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656; vgl. auch OLG Hamburg, AfP 2000, 371) getroffenen Feststellung, daß der Betreiber eines Kabelnetzes der Ebene 4 vorbehaltlich abweichender Regelungen im Landesmedienrecht ohne eine Vereinbarung über die Vergütung nicht zur Durchleitung von Programmsignalen verpflichtet ist und daß umgekehrt ein Programmanbieter keinen Anspruch gegen den Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Durchleitung hat. Aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur unentgeltlichen Signaldurchleitung folgt keineswegs denknotwendig ein Anspruch auf Unterlassung der Signaldurchleitung (a. A. v. Reinersdorff , MMR 2001, 528, 529 und MMR 2002, 222, 225), solange es, wie
hier, der Kabelnetzbetreiber selbst ist, der die nicht geschuldete Signaldurch- leitung tatsächlich bewirkt. Hat der Kabelnetzbetreiber die technischen Voraussetzungen für eine – unbeschränkte – Durchleitung selbst geschaffen, dann liegt es an ihm, diese Voraussetzungen wieder zu beseitigen, wenn eine vertragliche Vereinbarung mit dem Programmanbieter über die für die Signaldurchleitung zu entrichtende Vergütung nicht zustande kommt. In diesem Falle ist der Kabelnetzbetreiber nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgrund seines Eigentums am Kabelnetz dazu befugt, geeignete Sperrvorrichtungen anzubringen, um die Durchleitung zu unterbinden. Einen weitergehenden Anspruch auf Unterlassung hat er dagegen nicht.
Die Klage ist daher mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.

III.


Beeinträchtigt wird das Eigentum der Klägerin jedoch dadurch, daß die Beklagte das Kabelnetz der Klägerin ohne deren Einverständnis zu dem Zweck gewerblich nutzt, ihren Kunden den Zugang zum Internet und zu einem Stadtinformationsdienst zu ermöglichen. Der hiergegen gerichtete Hilfsantrag der Klägerin ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB begründet. Hierüber kann der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.).
Als Betreiberin des von ihr errichteten Breitbandkabelnetzes erbringt die Klägerin zwei unterschiedliche Telekommunikationsdienstleistungen. Ihr selbst
geht es in erster Linie darum, den an das Kabelnetz angeschlossenen Emp- fängern gegen Entgelt den Empfang von Rundfunkprogrammen zu ermöglichen , die über das Breitbandkabel verbreitet werden. Gleichzeitig erbringt sie eine – unentgeltliche – Dienstleistung zugunsten der Programmanbieter, die zur Verbreitung ihrer Inhalte auf Durchleitungsmöglichkeiten angewiesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656, 2657). Dabei differenziert die Klägerin weder nach der Herkunft noch nach dem Zweck der von ihr durchgeleiteten Signale. Diese Dienstleistung nimmt auch die Beklagte in Anspruch, soweit sie als sogenannter Content-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, Recht der Multimedia-Dienste, § 3 MDStV Rdn. 14 f.) und als Service -Provider (vgl. Roßnagel/Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 16 f.) eigene oder fremde Inhalte verteilt oder auf Anforderung zur Nutzung übermittelt (vgl. §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 3 Nr. 1 MDStV). Hierauf beschränkt sich die Beklagte allerdings nicht. Vielmehr schließt sie mit interessierten Empfängern entgeltliche Verträge, in denen sie sich als sogenannter Access-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 18; zu den verschiedenen Arten von Anbietern vgl. auch v. Bonin/Köster, ZUM 1997, 821, 822) dazu verpflichtet, ihren Kunden über das Breitbandkabel den Zugang zum Internet und zu einem von ihr angebotenen Stadtinformationsdienst zu ermöglichen (Nr. 2.1. Satz 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Inhalt dieser Verpflichtung ist nicht die Belieferung mit bestimmten Signalen, sondern die Schaffung der technischen Voraussetzungen hierfür. Soweit die Vertragspartner der Beklagten, wie zumindest in einem Fall, an das von der Klägerin betriebene Kabelnetz angeschlossen sind, kann die Beklagte diese Verpflichtung nur erfüllen, indem sie die von der Klägerin verlegten Breitbandkabel zur Zugangsvermittlung (vgl. § 3 Nr. 1 letzte Alt. MDStV) nutzt. Die Beklagte macht damit die Breitbandkabel der Klägerin zum Gegenstand einer von ihr selbst
angebotenen Dienstleistung. Diese gewerbliche Nutzung ihres Kabelnetzes zum Zweck der Zugangsvermittlung ist – im Gegensatz zur Signaldurchleitung als solcher – keine unmittelbare Folge der von der Klägerin veranlaßten Zusammenschaltung der Netzebenen 3 und 4, sondern wurde hierdurch lediglich ermöglicht. Es bedurfte daher einer weitergehenden Entscheidung darüber, ob, durch wen und unter welchen Voraussetzungen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte. Diese Entscheidung oblag nach § 903 BGB ausschließlich der Klägerin als Eigentümerin des Kabelnetzes. Die Befugnis des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, umfaßt das Recht, die Art und Weise ihrer Nutzung zu bestimmen. Insbesondere ist dem Eigentümer die Entscheidung überlassen, ob und wie er seine Sache gewerblich nutzen will (BGH, Urt. v. 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 13; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 71; Soergel/ J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 903 Rdn. 33; Wolf, Sachenrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 45; Gerauer, GRUR 1988, 672, 673). Die Klägerin hat sich mit der Nutzung ihres Kabelnetzes durch die Beklagte zum Zweck der gewerblichen Zugangsvermittlung weder ausdrücklich noch durch ihr tatsächliches Verhalten einverstanden erklärt. Indem die Beklagte das Kabelnetz gleichwohl zu diesem Zweck nutzt, greift sie in die eigentumsrechtliche Dispositionsbefugnis der Klägerin ein. Eine solche unbefugte Nutzung fremder Sachen widerspricht dem Inhalt des Eigentumsrechts und stellt deshalb eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24).
Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Beeinträchtigung ihres Eigentums zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die an ihr Kabelnetz angeschlossenen Empfänger aufgrund des zwischen der Klägerin und der Grund-
stückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags oder aufgrund eigener Einzelanschlußverträge zur Nutzung des Kabelanschlusses als Internetzugang berechtigt sein sollten, ergäbe sich hieraus kein Anspruch beliebiger Dritter, dieses Kabelnetz ohne eine gesonderte Vereinbarung mit der Klägerin und ohne eine an diese zu entrichtende Vergütung zur gewerblichen Verschaffung von Zugangsmöglichkeiten zu nutzen.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Schmidt-Räntsch Stresemann

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 443/99 Verkündet am:
22. September 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
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Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist
der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch
durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung
auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen
ist.
BGH, Urt. v. 22. September 2000 - V ZR 443/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Oktober 1999 aufgehoben und das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1998 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1995 erwarben die Kläger in Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einer Erbengemeinschaft das Grundstück S. A. 62 in B. -P. B. . Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 28. Juni 1996. Der Beklagte war bei Einreichung der Klage am 8. Juli 1998 Eigentümer des Nachbargrundstücks

S.

A. 61, welches mit bestandskräftigem Bescheid des Amtes zur Regelung
offener Vermögensfragen Mitte-P. B. am 11. November 1998 restituiert worden ist.
Beide mit zum Teil gewerblich genutzten Altbau-Miethäusern bebaute Grundstücke standen vor der Wiedervereinigung im Eigentum des Volkes; Rechtsträger war jeweils der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B. - P. B. . Dieser errichtete Anfang der 80er Jahre auf dem jetzigen Grundstück der Kläger einen etwa 2 x 4 m großen eingeschossigen Anbau. Der Zugang dazu ist ausschließlich durch einen Durchbruch in der Brandwand von dem NachbargrundstückS. A. 61 möglich. Ferner befindet sich im Erdgeschoß des auf dem Grundstück der Kläger gelegenen Seitenflügels ihres Miethauses ein 3,5 x 5,6 m großer Raum, der durch eine vor dem Erwerb der Kläger hergestellte Öffnung der Grenzwand zwischen den Grundstücken S. A. 61 und 62 erschlossen wird. Der Zugang zu einem angrenzenden Raum des Hauses der Kläger wurde seinerzeit zugemauert.
Sowohl der Anbau als auch der Raum im Seitenflügel des Miethauses der Kläger werden derzeit von einem Dritten gewerblich genutzt.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe die Räume an den Dritten vermietet , haben die Kläger verlangt, den Beklagten zu verurteilen, den Anbau zu beseitigen, die Maueröffnung und den Wanddurchbruch zu dem Raum im Seitenflügel ihres Miethauses zu schließen, den Zugang zu dem angrenzenden Raum zu öffnen sowie Auskunft über die Höhe des erzielten Mietzinses für die Vermietung des Anbaus und des Raums im Seitenflügel ihres Hauses zu erteilen und ihn nebst Zinsen auszuzahlen. Das Landgericht hat den Auskunftsund Zahlungsanspruch abgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt er weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die während des Rechtsstreits erfolgte Restitution des bisher dem Beklagten gehörenden Grundstücks nach dem auch hier anzuwendenden Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit keinen Einfluß auf die Passivlegitimation des Beklagten. Er sei Zustandsstörer gewesen, weil das Aufrechterhalten des das Eigentum der Kläger fortlaufend beeinträchtigenden Zustands auf seinen Willen zurückgegangen sei. Ob die Kläger Eigentümer des Anbaus geworden seien, sei unerheblich. Sie seien auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 320 Abs. 1 ZGB und § 912 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.

II.


Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Kläger waren trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl das Urteil inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht
(vgl. BGHZ 37, 79, 81 f; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1986, 3086).
2. Ob das Berufungsgericht zu Recht von einer fortdauernden Eigentumsbeeinträchtigung der Kläger ausgeht, kann dahinstehen. Zwar knüpft das Gesetz die Rechtsfolge des § 1004 BGB an jegliche Beeinträchtigung an, die der Eigentümer nicht dulden muß; allein der dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand begründet den Abwehranspruch (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39 m.w.N.). Die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers ist so lange beeinträchtigt, wie die Eigentumsstörung nicht beseitigt ist (Senatsurt. v. 11. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). In Anlehnung an die Grundsätze des Eigengrenzüberbaus könnte hier bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Eigentumsbeeinträchtigung gegeben sein. Jedoch sind Zweifel daran deswegen angebracht, weil die Baumaßnahmen seinerzeit von dem Berechtigten ausschließlich auf dem jetzt den Klägern gehörenden Grundstück ausgeführt wurden und die Kläger das Eigentum in dem baulich veränderten Zustand erlangt haben (s. dazu Staudinger/Gursky [1999], § 1004 Rdn. 41 ff). Dies bedarf aber keiner Vertiefung, weil der Beklagte für eine etwaige Störung nicht verantwortlich ist.

a) Nach allgemeiner Auffassung richtet sich der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gegen denjenigen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten - d.h. positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen - adäquat verursacht hat (vgl. nur Senat, BGHZ 49, 340, 347; Senatsurt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177; Staudinger/Gursky,aaO, Rdn. 93 mit umfangr. Nachw.), aber auch gegen denjenigen, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen maßgebenden Willen aber der eigentumsbeeinträchti-
gende Zustand aufrechterhalten wird, von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustands abhängt (vgl. Senatsurt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361 m.w.N.; 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1998, 2168, 2169; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 94 m. umfangr. Nachw.). Danach ist der Eigentümer eines Grundstücks für dessen gefahrenträchtigen Zustand verantwortlich und kann nach § 1004 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden, weil die Aufrechterhaltung des Zustands auf seinen Willen zurückgeht, ohne daß es darauf ankäme, welchen eigenen Beitrag er hierzu geleistet hat und ob er den störenden Zustand kannte (Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Haftung des Beklagten aus. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, daß die Baumaßnahmen, die das Eigentum der Kläger nach wie vor beeinträchtigen, seit vielen Jahren abgeschlossen sind. Denn an einer einmal eingetretenen Verantwortlichkeit eines Störers kann sich durch das Verhalten des Pflichtigen nichts ändern, wenn die Beeinträchtigung fortbesteht (Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Entscheidend ist vielmehr, daß der Beklagte die baulichen Veränderungen nicht vorgenommen und es sich bei ihnen seinerzeit gar nicht um die Beeinträchtigung fremden Eigentums gehandelt hat. Auch der Umstand, daß der Beklagte bei Klageerhebung Eigentümer des an das Grundstück der Kläger angrenzenden Grundstücks war, macht ihn nicht zum Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB. Eine solche Haftung kommt nämlich nur dann in Betracht , wenn die störenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von dem Grundstück des Eigentümers ausgehen oder zu besorgen sind (s. nur Senat, BGHZ 122, 283, 284 f; Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO). Um es mit einem vom Senat bereits in anderem Zusammenhang angeführten ähnlichen Beispiel
(Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, aaO) zu verdeutlichen: Der Grundstückseigentümer muß den Stein, den der Voreigentümer auf das Nachbargrundstück geworfen hat, nicht beseitigen. Denn die bei dem Nachbarn eingetretene Eigentumsstörung steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Zustand des Grundstücks des Eigentümers, sondern beruht ausschließlich auf dem Handeln des Voreigentümers. Der einzige Bezug zwischen Störung und Grundstück wird durch die Identität des Störers mit dem früheren Grundstückseigentümer hergestellt. Das reicht für die Begründung der Haftung des späteren Eigentümers nicht aus. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, daß der Grundstückseigentümer für jede Störungshandlung eines Voreigentümers verantwortlich ist, auch wenn sie keinen Bezug zu dem Zustand des Grundstücks aufweist. Das kann nicht richtig sein. Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen ist.
In dem vorliegenden Fall hat die zugemauerte Türöffnung in dem Miethaus der Kläger mit dem Zustand des benachbarten Grundstücks ebensowenig etwas zu tun wie der Durchbruch in der Mauer dieses Hauses. Beide Gegebenheiten beruhen nicht etwa auf Gefahren oder sonstigen Umständen, die von dem anderen Grundstück ausgehen. Nichts anderes gilt für den auf dem Grundstück der Kläger errichteten Anbau. Auch seine Existenz läßt sich nicht auf einen bestimmten Zustand des bei Klageerhebung dem Beklagten gehörenden Grundstücks zurückführen. Etwas anderes könnte allenfalls für die
Wanddurchbrüche auf diesem Grundstück gelten. Deren Beseitigung verlangen die Kläger indes nicht.

c) Auf die vom Berufungsgericht weiter erörterte Problematik des Eigentums an dem Anbau und der Duldungspflicht nach §§ 912 Abs. 1, 1004 Abs. 2 BGB kommt es somit nicht an.
3. Der Anspruch der Kläger ist auch nicht aus § 823 BGB begründet. Der Beklagte hat keine unerlaubte Handlung im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift begangen, weil er die baulichen Maßnahmen nicht durchgeführt hat und nicht zu ihrer Beseitigung verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB) kann dem Beklagten nach dem bisher Gesagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden.
4. Auch ein Anspruch der Kläger unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kommt nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 389 ff). Hier liegt indes keine Situation vor, die eine solche Korrektur erfordert.
5. Ob die während des Rechtsstreits erfolgte Eigentumsänderung an dem früher dem Beklagten gehörenden Grundstück zum Verlust seiner Passivlegitimation geführt hat, bedarf somit keiner Entscheidung.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben. Da die Sache nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zur Endentschei-
dung reif ist, hat der Senat abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies führt zur Abweisung der Klage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Schneider Lemke

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.