Amtsgericht Hechingen Urteil, 28. Juli 2016 - 6 C 145/16

published on 28/07/2016 00:00
Amtsgericht Hechingen Urteil, 28. Juli 2016 - 6 C 145/16
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Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 566,44 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Kläger haben einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der angefallenen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB (c.i.c.).
1. Ein Schuldverhältnis besteht zwischen den Parteien in Gestalt eines aufschiebend bedingten Geschäftsbesorgungsvertrags (§§ 675, 158 Abs. 1 BGB). Am 12.05.2015 hat die Beklagte die Kläger mit der Stellung eines Verfahrenskostenhilfeantrags für die Ehescheidung beim AG Hechingen beauftragt. Ein Anwalt, der im PKH-Verfahren tätig war, jedoch nicht beigeordnet wurde, kann von der Partei grundsätzlich Vergütung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften verlangen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, 4 Aufl. 2005, Rn. 600). Eine Vergütung schuldet die Partei aber nicht, wenn ausdrücklich oder nach den Umständen klar war, dass die Partei den Anwalt nur bei PKH-Gewährung und Beiordnung beauftragen konnte und wollte (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs aaO). Hiervon ist anhand der vorliegenden Umstände auszugehen. Das Mandat wurde auf Grund der schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Kläger erteilt.
2. Die Beklagte hat ihre Pflicht aus dem oben genannten Schuldverhältnis verletzt. Indem sie das Mandat plötzlich und ohne Nennung von Gründen kündigte und ohne die Kläger zu informieren einen anderen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraute, hat sie den Bedingungseintritt und das Zustandekommen des Geschäftsbesorgungsvertrags treuwidrig vereitelt. Die Fiktion des Bedingungseintritts nach § 162 BGB ist grundsätzlich nur auf rechtsgeschäftliche Bedingungen und nicht wie vorliegend auf Rechtsbedingungen (die Beiordnung der Kläger) anwendbar (Palandt § 162 BGB Rn. 1). Der allgemeine Rechtsgedanke des § 162 BGB ist jedoch entsprechend anzuwenden (s. auch BGH NJW 1996, 3338 (3340); Palandt § 162 BGB Rn. 6). Die Vertragsparteien sind nach Treu und Glauben verpflichtet, alles Erforderliche zu tun, um den Bedingungseintritt herbeizuführen.
a) Die Gesamtwürdigung des Verhaltens der Beklagten ergibt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere Anlass, Zweck, Beweggrund und Inhalt des Rechtsgeschäfts (vgl. BGH, U. v. 16.09.2005 - V ZR 244/04), dass die Vereitelung des Bedingungseintritts durch die Beklagte treuwidrig war.
b) Vorliegend hat die Beklagte plötzlich und ohne Angabe von Gründen das Mandat gekündigt und ohne die Kläger zu informieren einen anderen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraut. Somit hat sie die Kläger vor vollendete Tatsachen gestellt und ihr berechtigtes Vertrauen in das Zustandekommen des Geschäftsbesorgungsvertrags erschüttert. Gerade wenn ein Rechtsanwalt durch eine mittellose Partei mit der Stellung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe beauftragt wird, darf er berechtigterweise darauf vertrauen, dass die Partei auch mit seiner Beiordnung für das Hauptverfahren einverstanden ist und ohne wichtigen Grund keinen zweiten Anwalt beauftragt.
3. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Sie hat keine nachvollziehbaren Gründe für den Anwaltswechsel dargelegt, weshalb die Vermutung nicht widerlegt wurde.
4. Den Klägern ist durch ihr Tätigwerden im Vertrauen auf den Bedingungseintritt ein kausaler Schaden in Höhe von 566,44 EUR entstanden. Für ein isoliertes VKH-Antragsverfahren entsteht eine 1,0 Verfahrensgebühr gem. § 13 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Nr. 3335 VV RVG. Auf der Grundlage eines Gegenstandswerts im Hauptverfahren von 8.000 EUR beläuft sich die Gebühr auf 456,00 EUR. Unter Berücksichtigung einer Pauschale für Post und Telekommunikation gem. Nr. 7002 VV RVG und Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG ergibt sich ein Gesamtbetrag von 566,44 EUR.
5. Ob die Kläger sich schadensersatzpflichtig gemacht haben, indem sie die Beklagte nicht darüber aufgeklärt haben, dass unabhängig von der Entscheidung über den VKH Antrag Gebührentatbestände verwirklicht werden, muss nicht entschieden werden. Die Beratung vor Einreichung eines PKH-Antrags durch den Rechtsanwalt besteht darin, dass der Anwalt den Mandanten über die Erfolgsaussichten eines PKH-Antrages unterrichtet (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, 4 Aufl. 2005, Rn. 918). Der VKH-Antrag der Beklagten wurde bewilligt, weshalb eine ggf. fehlerhafte Beratung nicht kausal für den Schaden wäre. Zudem wurde des Mandat aufschiebend bedingt für den Fall der Bewilligung von VKH geschlossen, weshalb den Klägern bei Ablehnung der VKH keine Ansprüche zugestanden wären.
10 
Eine weitergehende Beratungspflicht für den Fall eines Anwaltswechsels vor Bewilligung der VKH besteht nach Ansicht des Gericht nicht. Dies wäre eine Beratung im Hinblick auf treuwidrigen Verhaltens, was keinem Vertragspartner und damit auch nicht den Klägern abverlangt werden kann. Eine vertragliche Beratungspflicht über den Fall der Treuwidrigkeit besteht nicht.
II.
11 
Die Kläger haben weiterhin einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ab dem 31.12.2015 gem. §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1, 288 BGB. Mit Schreiben vom 16.12.2015 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30.12.2015 zur Zahlung aufgefordert, weshalb sie sich ab dem 31.12.2015 in Verzug befindet.
III.
12 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
13 
Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg
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published on 16/09/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 244/04 Verkündet am: 16. September 2005 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B
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Annotations

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.