Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2010 - V ZR 171/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Dem Kläger gehört das Grundstück L. Straße 37 in U. , den Beklagten das angrenzende Grundstück L. Straße 39. Beide Grundstücke sind bzw. waren in ihrem rückwärtigen Bereich entlang der gemeinsamen Grenze bebaut, das Grundstück des Klägers mit einem Haus, das Grundstück der Beklagten mit einem Stallgebäude. Die Außenwand des Hauses auf dem Grundstück des Klägers ist zum Grundstück der Beklagten hin mit Faserzementplatten gegen Witterungseinflüsse geschützt, soweit die Wand in Höhe und Breite über das Stallgebäude auf dem Grundstück der Beklagten hinausging. Im Jahre 2005 ließen die Beklagten das Stallgebäude abreißen. Seither fehlt dem Haus des Klägers in diesem Bereich der zuvor von dem Stallgebäude gebotene Witterungsschutz.
- 2
- Der Kläger hat geltend gemacht, die Außenwand seines Hauses bedürfe wieder eines Schutzes. Dessen Vervollständigung verursache einen Aufwand von 3.271,37 €.
- 3
- Mit der Klage hat er von den Beklagten diesen Betrag zuzüglich Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.990,66 € zuzüglich Zinsen und den verlangten Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht verneint den geltend gemachten Anspruch. Es hat sachverständig beraten festgestellt, dass die beiderseitigen Gebäude entlang der Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien errichtet sind bzw. waren und dass das Stallgebäude nicht an das Haus des Klägers angebaut war. Es meint, ein Anspruch des Klägers gemäß §§ 922 Satz 3, 1004 Abs. 1 BGB wegen der Beeinträchtigung seines Hauses scheide aus. Ein solcher Anspruch folge auch nicht aus § 823 BGB, weil der Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück der Beklagten keinen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des Klägers bedeute und die Beeinträchtigung der Außenmauer dessen Hauses durch die Witterung nicht auf ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten zurückgehe.
II.
- 5
- Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 6
- Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten, die Kosten für eine Vervollständigung des Witterungsschutzes der Außenmauer des Hauses zu tragen, besteht nicht.
- 7
- Nach § 903 BGB ist der Eigentümer einer Sache berechtigt, mit dieser nach Belieben zu verfahren. Die Rechte aus dem Eigentum haben nur insoweit zurückzutreten, als das Gesetz oder Rechte Dritter der Ausübung der Rechte aus dem Eigentum entgegenstehen (§§ 903 Satz 1, 1004 Abs. 1, Abs. 2, 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). Solche Rechte können sich aus der Gemeinschaftlichkeit einer Grenzeinrichtung ergeben (vgl. Senat, BGHZ 78, 396, 399, Urt. vom 21. April 1989, V ZR 248/87, NJW 1989, 2541, Urt. vom 11. April 2008, V ZR 158/07, NJW 2008, 2032) oder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis im weitesten Sinne herzuleiten sein (vgl. Senat, BGHZ 68, 350, 353 f.). Die Gemeinschaftlichkeit einer Wand hindert nach der zitierten Rechtsprechung des Senats keinen der beteiligten Nachbarn an dem Abriss der Bebauung auf seinem Grundstück. Der einseitige Abriss begründet jedoch einen Anspruch auf Schutz der in dem gemeinschaftlichen oder nach dem Abriss ehemals gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wand, § 10 Abs. 3 NNachBG (vgl. Senat, BGHZ 78, 396, 399 f.).
- 8
- Anders ist es, wenn es sich wie hier bei der Mauer, um deren Schutz es geht, nicht um eine gemeinschaftliche Einrichtung handelt (a.M. OLG Frankfurt MDR 1982, 848). Eine an die Grenze gebaute Mauer wird von dem bürgerlichen Recht und von dem niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz nur in dem von §§ 907 ff. BGB, §§ 16 ff. NNachBG erfassten Umfang geschützt. Hierzu gehört die Bewahrung des finanziellen Vorteils nicht, der sich daraus ergibt, dass eine Grenzwand auf einem Grundstück so lange keines oder keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, wie dieser Schutz von einer parallel errichteten Grenzwand auf einem Nachbargrundstück geboten wird (OLG Köln, NJW-RR 1987, 529 f.).
III.
- 9
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 24.09.2008 - 28 C 250/07 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 31.08.2009 - 6 S 124/08 -
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Annotations
Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)