Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2018 - II ZR 452/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:030718UIIZR452.17.0
bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 452/17
Verkündet am:
17. Juli 2018
Ginter
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Verkündungsdatum berichtigt
aufgrund Schreibfehlerberichtigung
vom 8. August
2018 auf 3. Juli 2018.
Stoll
Amtsinspektorin
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers
einer GmbH ist bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen
die Gesellschafterversammlung zuständig. Eine Änderung des Dienstvertrags
eines abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs
- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich
das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein
gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2018 - II ZR 452/17 - OLG Dresden
LG Leipzig
ECLI:DE:BGH:2018:030718UIIZR452.17.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und die Richter Wöstmann, Born, Dr. Bernau und V. Sander

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Dezember 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger sowie die Rechtsanwälte Dr. N. und Dr. K. gründeten 2011 die N. Rechtsanwälte GbR mit Anteilen zu je 1/3 (nachfolgend N. -GbR). Anfang 2014 gründete die N. -GbR die beklagte GmbH, deren Alleingesellschafterin sie ist. Geschäftsführer der Beklagten war bis zu seiner Abberufung am 31. Oktober 2014 der Kläger. Die Beklagte übernahm planmäßig das Geschäft der N. -GbR, das Betreiben einer gemeinsamen Rechtsanwaltssozietät, und schloss mit deren Gesellschaftern Anstellungsverträge ab. Im Dienstvertrag des Klägers vom 1. August 2014 heißt es in § 1 Abs. 1: "Die Zuständigkeit des Dienstnehmers umfasst den anwaltlichen und den kaufmännischen Bereich der Geschäftsführung." Nach § 3 des Dienstvertrags hatte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 5.000 € brutto nebstZuschüssen zur Krankenversicherung und zum anwaltlichen Versorgungswerk zu zahlen.
2
Die Beklagte zahlte dem Kläger ab Mai 2015 keine Vergütung mehr. Der Kläger mahnte am 25. Juni 2015 sein Entgelt aus dem Dienstvertrag für die Monate Mai und Juni 2015 an. Daraufhin kündigte die Beklagte am selben Tag den Dienstvertrag des Klägers zum 31. Juli 2015, verbunden mit einer sofortigen Freistellung und einem Hausverbot. Der Kläger erklärte nach erneuter erfolgloser Mahnung seiner ausstehenden Vergütung mit Schreiben vom 10. Juli 2015 seinerseits die fristlose Kündigung seines Dienstvertrags.
3
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der aus dem Dienstvertrag geschuldeten Vergütung für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. Juli 2015 als Gehalt und für die Zeit vom 10. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 als Schadensersatz sowie die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit der fristlosen Kündigung vom 10. Juli 2015 beendet worden ist.
4
Das Landgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage dem Kläger die begehrten Zahlungen bis zum 9. Juli 2015 zu- und die beantragte Feststellung ausgesprochen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers, der seinen Feststellungsantrag nicht aufrechterhalten hat, das landgerichtliche Urteil abgeändert und der Zahlungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die von der Beklagten behauptete Abrede, wonach die beiden anderen Gesellschafter der N. -GbR am 23. März 2015 und/oder am 4. Mai 2015 mit dem Kläger die Einstellung seiner Vergütungszahlung vereinbart hätten, sei nicht schlüssig vorgetragen. Die Beklagte habe als GmbH bei der Abänderung des Dienstvertrags des Klägers wirksam nur durch ihren Geschäftsführer vertreten werden können, nicht aber durch die einzelnen Gesellschafter ihrer Alleingesellschafterin , der N. -GbR. Der Geschäftsführer der Beklagten, Dr. L. , habe jedoch nach seiner Erklärung in der Berufungsverhandlung an den Besprechungen der drei GbR-Gesellschafter nicht teilgenommen, sondern sei lediglich anschließend von dem Ergebnis informiert worden. Dem Kläger stehe auch für die Zeit nach Zugang der von ihm erklärten fristlosen Kündigung vom 10. Juli 2015 unabhängig von deren Wirksamkeit ein Zahlungsanspruch zu. Im Falle der Unwirksamkeit seiner Kündigung habe das Dienstverhältnis bis zum 31. August 2015 fortbestanden. Im Falle ihrer Wirksamkeit sei die fristlose Kündigung durch ein vorheriges vertragswidriges Verhalten der Beklagten veranlasst worden, so dass diese zum Schadensersatz in Höhe der entgangenen Vergütung verpflichtet sei.
8
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
9
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Vortrag der Beklagten zu der Änderung des Dienstvertrags des Klägers über seine Vergütung nicht schlüssig sei, weil die Beklagte dabei nur durch ihren Geschäftsführer vertreten werden könne. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass für den Abschluss der behaupteten Vereinbarung mit dem Kläger die Gesellschafterversammlung der Beklagten zuständig gewesen wäre.
10
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das zum Abschluss , zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers allein befugte Organ einer GmbH bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen die Gesellschafterversammlung (sog. Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG; BGH, Urteil vom 25. März 1991 - II ZR 169/90, ZIP 1991, 580, 582; Urteil vom 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643 f.; Urteil vom 8. Dezember 1997 - II ZR 236/96, ZIP 1998, 332, 333; Beschluss vom 26. November 2007 - II ZR 161/06, ZIP 2008, 117 Rn. 3). Der Grund für diese Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung für Änderungen des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers liegt darin, dass derartige Änderungen geeignet sind, in erheblicher Weise die Entscheidungen der Gesellschafter über seine Organstellung zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 25. März 1991 - II ZR 169/90, ZIP 1991, 580, 582) und durch diese Kompetenzzuweisung auch der Gefahr kollegialer Rücksichtnahme durch den (aktuellen) Geschäftsführer begegnet werden soll (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1997 - II ZR 236/96, ZIP 1998, 332, 333). Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung ist auf eine Änderung der im Geschäftsführerdienstvertrag des Klägers vom 1. August 2014 enthaltenen Vergütungsregelung gerichtet.
11
Entgegen der Revisionserwiderung hat es auf die Kompetenz der Gesellschafterversammlung keinen Einfluss, dass der Kläger bereits zum 31. Oktober 2014 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen worden ist. Für die Kompetenz der Gesellschafterversammlung sowohl für die Begründung oder Beendigung des Organverhältnisses als auch des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers kommt es nicht auf einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung oder Änderung an (BGH, Urteil vom 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643, 644). Eine Änderung des Dienstvertrags des abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat (BGH, Urteil vom 13. Februar 1984 - II ZR 2/83, WM 1984, 532, 533 f.; Urteil vom 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643, 644 f.). Dann nämlich besteht nicht die Gefahr, dass der die Kündigung aussprechende Geschäftsführer die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung einengen oder unterlaufen könnte.
12
Allein die bis zu der behaupteten Vereinbarung am 23. März 2015 und/oder 4. Mai 2015 verstrichene Zeit seit der Abberufung des Klägers führt nicht zu einer Umwandlung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis. Eine Umwandlung des Geschäftsführerdienstvertrags nach der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zum 31. Oktober 2014 in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch ist vorgetragen worden, wodurch der Dienstvertrag umgewandelt worden sein soll. Entgegen der Revisionserwiderung ist der Vertrag vom 1. August 2014 auch nicht von vorneherein als gewöhnlicher Anstellungsvertrag abgeschlossen worden, sondern umfasste nach § 1 Abs. 1 ausdrücklich die Geschäftsführertätigkeit.
13
III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit in der wiedereröffneten Berufungsinstanz die noch erforderlichen Feststellungen zu der von der Beklagten behaupteten Vereinbarung der drei Gesellschafter-Gesellschafter am 23. März 2015 und/oder 4. Mai 2015 getroffen werden können.
14
Es kommt zum einen in Betracht, dass die behauptete Vereinbarung der drei Gesellschafter der N. -GbR über die Änderung des Dienstvertrags des Klägers gleichzeitig als Beschluss der N. -GbR als Alleingesellschafterin der Beklagten und damit des für die Abänderung des Dienstvertrags des Klägers zuständigen Organs der Beklagten zu bewerten ist.
15
Falls die Vereinbarung nicht als Beschluss der N. -GbR als Alleingesellschafterin der Beklagten zu bewerten ist, kommt in Betracht, dass sich die Beklagte gemäß § 328 Abs. 1 BGB auf sie berufen kann. Wie der Senat bereits entschieden hat, kann die Gesellschaft gemäß § 328 Abs. 1 BGB als Dritte aus einer Vereinbarung ihrer Gesellschafter eigene Rechte herleiten und auf ihrer Grundlage Ansprüche eines an der Vereinbarung beteiligten Gesellschafters abwehren (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2010 - II ZR 4/09, ZIP 2010, 1541 Rn. 8). Das gilt auch, wenn die Vereinbarung nicht die Gesellschafter der Gesellschaft, sondern die Gesellschafter ihrer Alleingesellschafterin getroffen haben. Drescher Wöstmann Born Bernau V. Sander
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 20.04.2016 - 7 O 3044/15 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.12.2016 - 8 U 631/16 -
II. Zivilsenat
Geschäftsstelle
II ZR 452/17
(Bitte bei allen Schreiben angeben)
Schreibfehlerberichtigung
In dem Rechtstreit


wird der Verkündungsvermerk im Urteil vom 3. Juli 2018 aufgrund einer offenbaren
Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass das Verkündungsdatum
anstatt „17. Juli 2018“ richtig „3. Juli 2018“
lauten muss.
Bundesgerichtshof
Geschäftsstelle des II. Zivilsenats

Ginter, Justizangestellte

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 328 Vertrag zugunsten Dritter


(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. (2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 46 Aufgabenkreis der Gesellschafter


Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen: 1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;1a. die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2

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Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
2.
die Einforderung der Einlagen;
3.
die Rückzahlung von Nachschüssen;
4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

3
Der übergangene Vortrag ist entscheidungserheblich. Der Kläger schuldet der Beklagten Schadensersatz, wenn die Gesellschafterin bzw. der Aufsichtsrat der Auszahlung nicht zugestimmt haben. Geschäftsführer, die ihre Pflichten verletzen, haften der Gesellschaft für den entstandenen Schaden nach § 43 Abs. 2 GmbHG, nicht, wie das Berufungsgericht fehlerhaft meint, wegen einer Verletzung der Pflichten ihres Anstellungsvertrags nach § 280 Abs. 1 BGB (Sen.Urt. v. 9. Dezember 1996 - II ZR 240/95, ZIP 1997, 199). Der Geschäftsführer darf seine Stellung nicht zu seinen eigenen Gunsten und gegen die Interessen der Gesellschaft ausnutzen. Diese Pflicht verletzt er nicht nur bei einem unmittelbaren "Griff in die Kasse", sondern auch dann, wenn er darauf hinwirkt, sich eine ihm nach dem Anstellungsvertrag nicht zustehende Vergütung von der Gesellschaft anweisen zu lassen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass dem Kläger die angewiesene Vergütung aufgrund des schriftlich abgeschlossenen Geschäftsführerdienstvertrags nicht zustand. Einen Anspruch auf eine Vergütung über die Festlegungen im schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag hinaus hatte der Kläger nur, wenn dieser Vertrag abgeändert wurde. Das zur Abänderung des Geschäftsführeranstellungsvertrags befugte Organ der Beklagten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Gesellschafterversammlung (Sen.Urt. v. 25. März 1991 - II ZR 169/90, ZIP 1991, 580) - sog. "Annexkompetenz" zu § 46 Nr. 5 GmbHG, sofern die Satzung der Beklagten diese Aufgabe nicht einem Aufsichtsrat übertragen hat. Dass der Mitgeschäftsführer des Klägers die Anweisung zur Auszahlung der Vergütung abgezeichnet hat, entlastet den Kläger nicht. Ein Geschäftsführer kann sich nicht auf das Mitverschulden eines weiteren Geschäftsführers berufen. Im Verhältnis zur Gesellschaft bilden die Mitgeschäftsführer eine Haftungsgemeinschaft und haften gesamtschuldnerisch (Sen.Urt. v. 14. März 1983 - II ZR 103/82, ZIP 1983, 824). Der Beklagten ist schließlich ein Schaden entstanden. Sie musste auf eine überhöhte Vergütung des Klägers Lohnsteuer abführen, die ihr vom Staat nicht erstattet wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

8
Allerdings bindet die in Abweichung zur Satzungsbestimmung getroffene schuldrechtliche Vereinbarung über die Regelung der Abfindungsberechnung grundsätzlich nur die Vertragsparteien (Scholz/Emmerich, GmbHG 10. Aufl. § 3 Rdn. 119; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 3 Rdn. 124; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 3 Rdn. 556; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 45 Rdn. 116; zu den Ausnahmen BGH, Urt. v. 20. Januar 1983, - II ZR 243/81, NJW 1983, 1910, 1911; v. 27. Oktober 1986 - II ZR 240/85, ZIP 1987, 293, 295; zustimmend Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 45 Rdn. 116 m.w.Nachw.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 47 Rdn. 118; kritisch Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG 17. Aufl. § 47 Rdn. 20, Anh zu § 47 Rdn. 44; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 3 Rdn. 58; Goette, RWS-Forum 8, Gesellschaftsrecht 1995, 113, 127 f.; ders. Die GmbH, § 7 Rdn. 102; Winter, ZHR 154, 265 ff.; Jäger, DStR 1996, 1935, 1938 f.), hier also den Kläger im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern. Im Streitfall geht es aber um die Frage, ob die Gesellschaft auf der Grundlage einer Vereinbarung der Gesellschafter einen Sozialanspruch eines an der Vereinbarung beteiligten Gesellschafters abwehren kann. Dies ist nach den allgemeinen Grundsätzen möglich. Die Gesellschaft kann gemäß § 328 Abs. 1 BGB als Dritte aus der Vereinbarung der Gesellschafter eigene Rechte herleiten (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 3 Rdn. 121; Scholz/Emmerich, GmbHG 10. Aufl. § 3 Rdn. 120; vgl. auch Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG 17. Aufl. § 3 Rdn. 80).