Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 389/02 Verkündet am:
5. Juli 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Deutsch-amerikanischer Freundschaftsvertrag Art. VII, XXV; HGB § 128
Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten einer in den USA nach dortigen
Vorschriften gegründeten Gesellschaft (hier einer "Inc.") mit Verwaltungssitz
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland richtet sich jedenfalls dann nach
dem Gründungsrecht, wenn die Gesellschaft geschäftliche Aktivitäten auch in
den USA entfaltet.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2004 - II ZR 389/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. September 2002 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte und A. F. waren Gesellschafter der S. Inc. mit registriertem Sitz im Bundesstaat Delaware/USA und einer Repräsentanz in M. unter der Adresse einer H. GmbH. Im September 1994 beauftragte der Kläger die S. Inc., seine 7.550 Aktien der Hu.
Corporation in einem Depot der S. Inc. bei der Al. B. Inc., Bo. (USA) verwahren zu lassen. Anläßlich einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der S. Inc., die am 7. März 1995 in M. stattfand , wurde u.a. die Übernahme der Aktien des Klägers festgestellt. Mit Schreiben vom 12. April 1995 teilte A. F. dem Kläger mit, daß der Beklagte aus der S. Inc. ausgeschieden sei und deren neue Anschrift nunmehr "c/o A. F. ..." laute. Unter dem 18. August 1996 unterzeichnete der Kläger eine ihm übersandte englischsprachige Erklärung, wonach er u.a. bestätigte, daß ihm im Zusammenhang mit der Tätigkeit der S. Inc. keine Ansprüche gegen den Beklagten oder gegen die H. GmbH zustünden. Im November 1996 verstarb A. F.. Mit seiner im Mai 2001 erhobenen Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten Herausgabe der 7.550 Stück Aktien. Die S. Inc. habe ihren tatsächlichen Verwaltungssitz immer in M. gehabt und sei als OHG zu qualifizieren, weshalb der Beklagte für deren Verbindlichkeiten gemäß § 128 HGB hafte. Eine Enthaftung gemäß § 160 HGB sei mangels Eintragung seines Ausscheidens im Handelsregister nicht eingetreten. Die am 18. August 1996 unterzeichnete Erklärung habe der Kläger nicht verstanden; sie habe ohnehin gegen das AGB-Gesetz verstoßen.
Die in erster Instanz abgewiesene Klage hatte in zweiter Instanz Erfolg. Dagegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht meint, der rechtliche Status der als "S. Inc." bezeichneten Gesellschaft richte sich nach deutschem Recht, weil ihr tatsächlicher Verwaltungssitz sich in M. befunden habe. Da sie Bankgeschäfte und somit Handelsgeschäfte i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 4 a.F. HGB betrieben habe, sei sie ungeachtet ihrer fehlenden Eintragung im deutschen Handelsregister als OHG anzusehen gewesen (§ 123 Abs. 2 HGB). Infolgedessen schulde der Beklagte gemäß § 128 HGB Rückgabe der von der Gesellschaft verwahrten Aktien. Auf eine Enthaftung entsprechend § 160 HGB könne sich der Beklagte nicht berufen, weil für den Kläger der Rechtscharakter der S. Inc. als OHG nicht erkennbar gewesen sei. Der vom Kläger unterzeichnete Anspruchsverzicht vom 18. August 1996 sei unbeachtlich, weil der Kläger über dessen Inhalt nicht aufgeklärt worden sei.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht übersieht schon in seinem kollisionsrechtlichen Ausgangspunkt den hier einschlägigen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 (BGBl. II 1956, 487). Nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 dieses Abkommens gelten Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, als Gesellschaften dieses Vertragsteils; ihr rechtlicher Status wird in dem Gebiet des anderen Vertragsteils als solcher anerkannt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist somit im Geltungsbereich dieses Abkommens das Personalstatut einer Gesellschaft grundsätzlich nicht an das Recht ihres Verwaltungssitzes, sondern an das am Ort ihrer Gründung geltende Recht anzuknüpfen (vgl. BGH, Urt. v. 29. Januar 2003 - VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353). Das gilt sowohl hinsichtlich der Frage der Rechts- und Parteifähigkeit
der Gesellschaft (BGH aaO) als auch in bezug auf die ebenfalls nach dem Personalstatut zu entscheidende Frage einer Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 2002 - XI ZR 136/01, NJW-RR 2002, 1359 f.) und folgt u.a. auch daraus, daß Art. VII des Abkommens ausdrücklich Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften jedes Vertragsteils im Gebiet des anderen Vertragsteils gewährt (vgl. BGHZ 153, 353, 357 f.). Insofern gilt hier ähnliches wie im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 und 48 EGV (dazu EuGH, Urt. v. 5. November 2002 - Rs C-208/00 "Überseering", ZIP 2002, 2037; v. 30. September 2003 - Rs C-167/01 "Inspire Art", ZIP 2003, 1885 sowie BGH, Urt. v. 13. März 2003 - VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185): Die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft ist in einem anderen Vertragsstaat - unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen , in der sie gegründet wurde (BGHZ 153, 353, 356 f.; 154, 185, 189).
2. Ob für den Anwendungsbereich des deutsch-amerikanischen Vertrages (aaO) etwas anderes dann gilt, wenn es sich um eine nur zur Umgehung der strengeren Vorschriften des deutschen Rechts in den USA gegründete "Briefkastenfirma" handelt, die über keinerlei tatsächliche, effektive Beziehungen (sog. "genuine link") zum Gründungsstaat verfügt und sämtliche Aktivitäten ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1995, 1009; Kindler in Münch.Komm./BGB 3. Aufl. Bd. 11 IntGesR Rdn. 253; a.A. Bungert, WM 1995, 2125, 2128 ff.; derselbe DB 2003, 1043 f.; Mäsch in: Bamberger/Roth, BGB Anh. Art. 12 EGBGB Rdn. 3; Merkt, RiW 2003, 458 f.; vgl. auch EuGH, Urt. v. 30. September 2003 aaO zu Nr. 96), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn das fragliche Erfordernis eines "genuine link" wird auch von seinen Befürwortern nicht dahin verstanden, daß der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft sich im Gründungsstaat
befinden muß. Ausreichend wäre vielmehr, daß die Gesellschaft irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten in den USA - nicht notwendig im Gründungsbundesstaat (hier: Delaware) - entwickelt (vgl. Kindler aaO; Mankowski, EWiR 2003, 661 f.; Paefgen, DZWIR 2003, 441, 443), wofür z.B. das Bestehen eines Broker-Vertrages mit einem US-amerikanischen Partner genügt (vgl. Ebenroth/ Kemner/Willburger, ZIP 1995, 972, 974). Da die S. Inc. für die ihr anvertrauten Aktien ein Depot bei der Al. B. Inc. in Bo. unterhielt, ließe sich ein genuine link zu den USA nicht verneinen.
3. Richtet sich sonach das Personalstatut der S. Inc. nach amerikanischem Recht, scheidet eine Haftung des Beklagten nach § 128 HGB aus. Nach US-amerikanischem Recht, das der Senat mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts selbst feststellen kann (vgl. BGHZ 118, 151, 168; 122, 373, 378, 384), haftet der Gesellschafter einer "Inc." (Kapitalgesellschaft) grundsätzlich nicht für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (vgl. nur Ebke/Stadler, RiW 1989, 413). Einer der Ausnahmefälle, in denen nach US-amerikanischem Recht ein "Durchgriff" auf die Gesellschafter in Betracht käme (sog. "piercing
the corporate veil"; vgl. dazu Bungert, WM 1995, 2125, 2131; Merkt, USamerikanisches Gesellschaftsrecht 1991 Rdn. 313 ff.) ist nicht vorgetragen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2004 - II ZR 389/02 zitiert 5 §§.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 160


(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis

Handelsgesetzbuch - HGB | § 123


(1) Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. (2) Beginnt die Gesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung,

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Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Einer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bedarf es nicht, soweit der Gesellschafter den Anspruch schriftlich anerkannt hat.

(3) Wird ein Gesellschafter Kommanditist, so sind für die Begrenzung seiner Haftung für die im Zeitpunkt der Eintragung der Änderung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch, wenn er in der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschafter angehörenden Unternehmen geschäftsführend tätig wird. Seine Haftung als Kommanditist bleibt unberührt.

(1) Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.

(2) Beginnt die Gesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung, so tritt die Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte des Geschäftsbeginns ein, soweit nicht aus § 2 oder § 105 Abs. 2 sich ein anderes ergibt.

(3) Eine Vereinbarung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkt ihren Anfang nehmen soll, ist Dritten gegenüber unwirksam.

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Einer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bedarf es nicht, soweit der Gesellschafter den Anspruch schriftlich anerkannt hat.

(3) Wird ein Gesellschafter Kommanditist, so sind für die Begrenzung seiner Haftung für die im Zeitpunkt der Eintragung der Änderung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch, wenn er in der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschafter angehörenden Unternehmen geschäftsführend tätig wird. Seine Haftung als Kommanditist bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 136/01 Verkündet am:
23. April 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Tatrichter hat das für seine Entscheidung maßgebliche ausländische
Recht von Amts wegen zu ermitteln. Diese Ermittlungspflicht umfaßt auch die
ausländische Rechtspraxis, wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des
betreffenden Landes zum Ausdruck kommt.
Bei Rechtsgeschäften, die in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen
werden, gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw.
Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln des § 138 Abs. 1 BGB vor. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die
Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist.
BGH, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. (nachfolgend: B.-Bank) und das des Komplementärs M. H.. Er
nimmt die Beklagte, die Ehefrau des inzwischen verstorbenen M. H., als Gesellschafterin einer US-amerikanischen Personengesellschaft auf Rückzahlung eines dieser Gesellschaft gewährten Darlehens nebst Zinsen sowie auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eheleute H. gründeten gemeinsam mit ihren vier Söhnen am 1. Januar 1979 eine General Partnership unter dem Namen "H.-Farms" (nachfolgend: HFGP) für den Betrieb von zwei im US-amerikanischen Bundesstaat New York gelegenen Farmen. Zum 1. Januar 1980 wurde die HFGP umgewandelt in eine bis zum 31. Dezember 1989 befristete Limited Partnership (nachfolgend: HFLP) mit der Beklagten und ihrem Ehemann als Limited-Partner und den teilweise noch minderjährigen Söhnen als General-Partner.
Die HFGP und HFLP nahmen bei der B.-Bank Kredit auf, der zum Zeitpunkt der Umwandlung 831.196,41 DM betrug, letztmals bis Mai 1985 verlängert wurde und sich bis zum 31. Juli 1985 auf 2.169.649,77 DM erhöhte. Zur Sicherheit bestellte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Ehemann insbesondere zwei Grundschulden (Mortgages) am Farmgrundstück in New York. Das Einverständnis mit den verschiedenen Kreditvereinbarungen unterzeichnete für die HFLP jeweils die Beklagte.
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der B.-Bank von der Beklagten Darlehensrückzahlung in Höhe von 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 sowie als Konkursverwalter des M. H.
20.000 DM Schadensersatz wegen der unterbliebenen Rückübertragung eines Anteils an den H.-Farms.
Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch im wesentlichen auf den gesetzlichen Ausschluû ihrer persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der HFLP sowie auf eine Haftungsfreistellungserklärung , die M. H. am 28. November 1979 für die B.-Bank abgegeben haben soll, und macht die Einrede der Verjährung geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Der erkennende Senat hat die auf Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gerichtete Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als die Beklagte zur Darlehensrückzahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung , im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte hafte trotz ihrer formalen Stellung als Limited-Partner für die Verbindlichkeiten der HFLP persönlich und unbeschränkt nach § 96 des Partnership Law (P.L.) von New York, da sie nach auûen an der Geschäftsführung maûgeblich beteiligt gewesen sei (Control over management ), sowie "als in Deutschland handelnde Kreditnehmerin". Auch nach der Auflösung (Dissolution) der HFLP durch Ablauf der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Zeit habe die Haftung der Beklagten fortbestanden , weil der Betrieb der H.-Farms unter Mitwirkung der Beklagten fortgesetzt worden und das Unternehmen nunmehr wieder als General Partnership anzusehen gewesen sei. Die Verpflichtung der Beklagten sei durch ihr Handeln begründet und könne nicht mit dem Hinweis auf die Grundsätze des Vertrauen begründenden Rechtsscheins verneint werden. Daû der damalige Alleininhaber der B.-Bank, der Ehemann der Beklagten , die rechtlichen Verhältnisse gekannt habe, sei nicht von Bedeutung.
Die Haftungsfreistellungserklärung vom 28. November 1979 sei dahin auszulegen, daû davon nur Haftungsrisiken in direktem Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten erfaût werden sollten, nicht jedoch Verbindlichkeiten aus der Darlehensaufnahme oder deren Verlängerungen. Wenn die Erklärung dagegen als Freistellung für die Familienmitglieder auch als Darlehensnehmer zu verstehen sein sollte, sei sie nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Eine Verjährung sei weder nach dem Recht des Staates New York noch nach deutschem Recht eingetreten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
1. Für eine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten als Darlehensnehmerin fehlt jeder Anhaltspunkt. Insbesondere werden in den Darlehensverträgen die "H. Farms" ausdrücklich als Vertragspartner genannt.
2. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht bejahten persönlichen Haftung der Beklagten nach dem Gesellschaftsrecht des Bundesstaates New York beanstandet die Revision mit Recht die unzureichende Ermittlung des ausländischen Rechts.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der HFGP und HFLP sich nach dem Recht des Bundesstaates New York beurteilt.
Das internationale Gesellschaftsrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen entscheidet das Personalstatut einer Gesellschaft über die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (BGHZ 78, 318, 334; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1953 - IV ZR 114/53, LM § 105 HGB Nr. 7). Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika be-
urteilt sich das Personalstatut nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des DeutschAmerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II 487, 500). Maûgeblich ist danach das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde (OLG Celle WM 1992, 1703, 1706; OLG Düsseldorf WM 1995, 808, 810; Soergel/ Lüderitz, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 10 Anh. Rdn. 13). Zur Gründung hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Aufgrund des Sitzes der HFGP und HFLP im US-Bundesstaat New York, der Eintragung der HFLP im dortigen Register sowie der unwidersprochen gebliebenen Erwähnung ihrer Gründung nach dem Recht dieses Staates in einem von der Beklagten vorgelegten Gutachten ist jedoch davon auszugehen , daû sich das Personalstatut der Gesellschaften und damit auch die persönliche Haftung der Beklagten als deren Gesellschafterin nach dem Recht des Bundesstaates New York bestimmt.

b) Das somit maûgebliche ausländische Recht hat der Tatrichter nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Ermittlungspflicht kann mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503 und vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGHReport 2001, 894). Zu ermitteln und anzuwenden ist dabei nicht nur das ausländische Gesetzesrecht, sondern das Recht, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Die Ermittlungspflicht des Tatrichters umfaût daher gerade auch die ausländische Rechtspraxis , wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des betreffenden Landes zum Ausdruck kommt. In welcher Weise er sich die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäûen Ermessen. Die
Anforderungen sind um so gröûer, je detaillierter und kontroverser die Parteien eine ausländische Rechtspraxis vortragen (BGHZ 118, 151, 164). Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGHZ 118, 151, 163 f.; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 und vom 26. Juni 2001 je aaO). Gibt das Berufungsurteil keinen Aufschluû darüber, daû der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (Senatsurteil vom 26. Juni 2001 aaO m.w.Nachw.).

c) Danach ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft.
aa) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die persönliche Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 96 P.L.. Feststellungen zum Inhalt dieser Regelung enthält weder das Berufungsurteil noch das darin in Bezug genommene Urteil des Landgerichts. Ausführungen zur Auslegung dieser Norm durch die amerikanische Rechtsprechung und Rechtslehre fehlen völlig. Schon deshalb ist von einer unzureichenden Ermittlung des ausländischen Rechts auszugehen.
bb) Auch aus dem übrigen Akteninhalt ergibt sich, daû die von beiden Parteien beantragte Einholung eines rechtswissenschaftlichen Sachverständigengutachtens zu § 96 P.L. ermessensfehlerhaft unterblieben ist.

Dem Berufungsgericht lagen lediglich eine vom Kläger vorgelegte gutachterliche Stellungnahme der Rechtsanwälte R. in New York, ein vom Beklagten vorgelegtes rechtswissenschaftliches Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. sowie eine vom Gericht erbetene kurze Stellungnahme des amerikanischen Rechtsanwalts Bl. vor. Hinreichende Informationen zu dem vom Berufungsgericht im Rahmen des § 96 P.L. für maûgeblich erachteten Gesichtspunkt der Haftung eines Gesellschafters wegen maûgeblicher Beteiligung an der Geschäftsführung nach auûen (Control over management) enthält keine der drei Unterlagen. Die Stellungnahme der Rechtsanwälte R. geht auf diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht ein. Das Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. enthält zwar allgemein gefaûte Darlegungen zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 96 P.L., verzichtet aber ausdrücklich auf nähere Ausführungen zu diesem Punkt. Auch die kurze Stellungnahme des Rechtsanwalts Bl., die vom Verfasser einleitend als nicht auf Nachforschungen beruhend, allgemein und mangels Kenntnis aller Fakten zwangsläufig etwas vage bezeichnet wird, enthält nur sehr kurze Ausführungen zur Haftung eines Gesellschafters wegen Beteiligung an der Geschäftsführung und setzt sich dabei weder mit der einschlägigen Rechtsprechung noch mit der Rechtslehre auseinander.
3. Auch die Auslegung der auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung des M. H. durch das Berufungsgericht wird von der Revision mit Recht angegriffen.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es allerdings nicht zu beanstanden , daû das Berufungsgericht bei der Auslegung der Freistellungserklärung deutsches Recht und nicht das Recht des Staates New York zugrunde gelegt hat.
Das vor dem 1. September 1986 geltende deutsche Internationale Privatrecht, das nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB für die Auslegung der genannten Freistellungserklärung maûgebend bleibt, kannte, anders als der geltende Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über das für das Erlöschen von Schuldverhältnissen maûgebende Recht. Es war jedoch anerkannt, daû für die Frage des Erlöschens einer Verbindlichkeit grundsätzlich das Recht maûgebend war, dem das Schuldverhältnis selbst unterstand (BGHZ 9, 34, 37 m.w.Nachw.), daû aber eine gesonderte Rechtswahl für den Erlaû einer Schuld zulässig war (OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 367, 368 m.w. Nachw.; ebenso für das geltende Recht MünchKomm/Spellenberg, BGB 3. Aufl. Art. 32 EGBGB Rdn. 59).
Im vorliegenden Zusammenhang kann offenbleiben, ob das Schuldverhältnis, das durch die Freistellungserklärung zum Erlöschen gebracht werden sollte, die nach New Yorker Recht zu beurteilende gesellschaftsrechtliche Haftung oder die Darlehensverbindlichkeit selbst war. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Freistellungserklärung ergibt sich nämlich bereits aus einer gesonderten Rechtswahl der Parteien für diese Erklärung. Diese Rechtswahl wurde zwar nicht ausdrücklich vereinbart. Sie ist jedoch den Umständen des Falles und dem prozessualen Verhalten der Parteien zu entnehmen. Die Haftungsfreistel-
lungserklärung war in deutscher Sprache abgefaût und alle Beteiligten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Sowohl im vorliegenden Rechtsstreit als auch in dem bereits abgeschlossenen Parallelprozeû des Klägers gegen einen der Söhne der Beklagten sind die Parteien insoweit übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Daû in der Frage der Rechtswahl das prozessuale Verhalten der Beteiligten als wesentliches Indiz für den hypothetischen ursprünglichen Parteiwillen oder auch für eine nachträgliche stillschweigende Einigung gewertet werden kann, hat der Bundesgerichtshof wiederholt anerkannt (BGHZ 40, 320, 323 f.; 103, 84, 86; Senatsurteile vom 28. Januar 1992 - XI ZR 149/91, WM 1992, 567, 568 und vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 200/92, WM 1993, 2119, jeweils m.w.Nachw.).

b) Bei der Anwendung deutscher Auslegungsgrundsätze auf die Haftungsfreistellungserklärung sind dem Berufungsgericht jedoch entscheidende Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Die Auslegung individualvertraglicher Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Für das Revisionsgericht ist sie jedoch nicht bindend, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senatsurteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94, WM 1995, 743, 744 m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daû die Auslegung in erster Linie den Wortlaut der Erklärung und den diesem zu entneh-
menden objektiv erklärten Parteiwillen berücksichtigen muû (BGHZ 121, 13, 16; Senatsurteil vom 31. Januar 1995 aaO; BGH, Urteile vom 27. November 1997 - IX ZR 141/96, WM 1998, 776, 777 und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196) sowie daû vertragliche Willenserklärungen nach dem Willen der Parteien in aller Regel einen rechtserheblichen Inhalt haben sollen und daher im Zweifel nicht so ausgelegt werden dürfen, daû sie sich als sinnlos oder wirkungslos erweisen (BGH, Urteile vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536 und vom 1. Oktober 1999 aaO).
bb) Ein Verstoû gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze liegt darin, daû das Berufungsgericht den Wortlaut der Freistellungserklärung nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gericht hat seine einschränkende Auslegung dieser Erklärung lediglich auf die einleitende Erwähnung einer unmittelbar bevorstehenden Grundschuldbestellung sowie auf die im Schluûabsatz enthaltene Bestimmung über die Unabhängigkeit der Freistellung von etwaigen künftigen Grundschuldbestellungen und Sicherungsübereignungen gestützt. Dagegen hat es die zentralen Bestimmungen der Freistellungserklärung völlig auûer Betracht gelassen, nach denen alle Gesellschafter der H.-Farms "keinesfalls ... dem Bankhaus B. in der persönlichen Haftung" sein sollten und in denen für den Fall, daû "aus irgendwelchen Gründen eine persönliche Haftung jetzt oder auch später bestehen sollte, ... hierauf ein für alle Male verzichtet" wurde.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch dadurch gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoûen, daû es die Freistellungser-
klärung im Wege der Auslegung auf eine persönliche Haftung aus der Grundschuldbestellung beschränkte, ohne der nahe liegenden Frage nachzugehen, ob eine solche Beschränkung die Erklärung nicht jeder realen rechtlichen Wirkung beraubte und sie dadurch sinnlos machte. Daû für die Beklagte und die anderen Gesellschafter der H.-Farms aus der Bestellung von Sicherheiten persönliche Haftungsrisiken hätten entstehen können, wurde vom Berufungsgericht nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
4. Für die Revisionsinstanz muû daher zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daû die auf den 28. November 1979 datierte Freistellungserklärung des M. H. sich auch auf eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms erstreckt. Die Annahme des Berufungsgerichts, in diesem Fall sei die Freistellungserklärung nach § 138 BGB unwirksam, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.

a) Einen Verstoû gegen § 138 BGB hat das Berufungsgericht darin gesehen, daû M. H. mit der Freistellungserklärung die B.-Bank sittenwidrig geschädigt habe. Das ist, wie die Revision mit Recht rügt, schon deshalb nicht richtig, weil M. H. am 28. November 1979, als er die Freistellungserklärung angeblich abgegeben hat, Alleininhaber der B.-Bank war und daher allenfalls sich selbst, nicht dagegen eine rechtlich von ihm verschiedene Bank geschädigt haben könnte. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Ablichtungen aus dem Handelsregister, deren inhaltliche Richtigkeit von der Gegenseite nicht in Frage gestellt worden ist,
war M. H. von 1974 bis 1983 Alleininhaber der B.-Bank, die erst danach als Kommanditgesellschaft weitergeführt wurde.

b) Auch der vom Berufungsgericht zusätzlich erwähnte Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung vermag auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Gerichts einen Verstoû der Freistellungserklärung gegen § 138 BGB nicht zu begründen.
aa) Rechtsgeschäfte, die ein Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, verstoûen zwar in der Regel gegen die guten Sitten (BGH, Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, WM 1973, 303, 304). Jedoch gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vor, es sei denn, das Rechtsgeschäft weist besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf (BGHZ 53, 174, 180; 56, 339, 355; 130, 314, 331; 138, 291, 299 f.).
bb) Im vorliegenden Fall legen die Begleitumstände der Freistellungserklärung die Annahme nahe, daû M. H. diese Erklärung in der Absicht abgegeben hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und daû dies der Beklagten auch bekannt war. Bereits zu dem Zeitpunkt, als die Freistellungserklärung angeblich abgegeben wurde, waren die H.-Farms gegenüber der B.-Bank in erheblichem Umfang verschuldet und die Notwendigkeit weiterer Kredite war absehbar. Die Grundschulden auf dem Farmgrundstück in New York boten angesichts der bekannten Schwierigkeiten und Kosten einer Rechtsverfolgung in Amerika keine ausreichen-
de Sicherheit. Deshalb war die persönliche Haftung der in Deutschland ansässigen Gesellschafter der damals noch in der Rechtsform der General Partnership betriebenen H.-Farms für die B.-Bank besonders wichtig. Daû M. H. ihnen gegenüber auf die Haftung verzichtete, obwohl sie darauf keinen Anspruch hatten, spricht dafür, daû er sie aus verwandtschaftlicher Rücksichtnahme vor dem Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme bewahren wollte und dabei eine Schädigung seiner Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Es liegt auch nahe, daû der Beklagten als Ehefrau des M. H. und leitender Mitarbeiterin der B.-Bank diese Umstände bekannt waren.
cc) Für zusätzliche, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände, die eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnten, enthalten die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte.
Dem Berufungsurteil läût sich zwar entnehmen, daû die Haftungsfreistellungserklärung nicht zu den Kreditakten der B.-Bank genommen, sondern auf der Farm in Amerika aufbewahrt wurde mit der Folge, daû eine Überprüfung des Vorgangs durch die Aufsichtsbehörden der Bank verhindert und eine rechtzeitige Anfechtung durch den Kläger erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Diese Vorgänge liegen aber zeitlich nach der Abgabe der Freistellungserklärung. Für die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als sittenwidrig kommt es auf den Zeitpunkt seiner Vornahme an, wobei der Sittenwidrigkeitsvorwurf nur auf Umstände gestützt werden kann, die die Beteiligten in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben (BGHZ 130, 314, 331 f.; 138, 291, 300; BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989
- III ZR 34/88, WM 1990, 54, 56). Im vorliegenden Fall setzt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB daher voraus, daû M. H. und die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Freistellungserklärung die Verheimlichung dieses wichtigen Vorgangs geplant oder zumindest als ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben. Zu diesem Punkt enthält das Berufungsurteil keinerlei Feststellungen.
5. Soweit das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Verjährungseinrede als nicht durchgreifend angesehen hat, hält dies zwar hinsichtlich der Hauptforderung auf Darlehensrückzahlung, nicht dagegen in vollem Umfang hinsichtlich der Zinsforderung den Angriffen der Revision stand.

a) Die Verjährung der Hauptforderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint. Dabei kommt es auf die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Gerichts zu den Verjährungsregeln des Bundesstaates New York nicht an, weil das streitgegenständliche Darlehen einschlieûlich der Frage seiner Verjährung nach deutschem Recht zu beurteilen ist mit der Folge, daû die regelmäûige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von dreiûig Jahren Anwendung findet.
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Ziffer 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken in der 1984 unverändert gebliebenen Fassung von 1977 (abgedruckt in: Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. S. 1350), die in den Kreditverträgen zwischen der B.-Bank und den H.-Farms jeweils ausdrücklich in Bezug genommen
worden waren. Nach dieser Bestimmung waren für die Rechtsbeziehungen mit auûerhalb der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Kunden die Geschäftsräume der kontoführenden Stelle der Bank für beide Teile der Erfüllungsort (Satz 1), und der Erfüllungsort war zugleich maûgeblicher Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht (Satz 2). Diese Regelung kommt hier zur Anwendung, weil die H.-Farms ihren Sitz in Amerika hatten.

b) Die Verjährung der Zinsforderung hat das Berufungsgericht dagegen insoweit zu Unrecht verneint, als es um Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 1990 geht. Ansprüche auf rückständige Zinsen für diesen Zeitraum waren im Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung durch Einreichung der vorliegenden Klage (§ 209 Abs. 1 BGB a.F., § 253 Abs. 1 ZPO, § 270 Abs. 3 ZPO a.F.) am 11. Februar 1994 bereits nach den §§ 197, 201 BGB a.F. verjährt.
6. Die Revision rügt ferner mit Recht, daû das Berufungsgericht die Höhe der dem Kläger zuerkannten Zinsforderung nicht hinreichend begründet hat.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Verzinsung von 5% entspreche dem "seinerzeit langfristigen Darlehenszins", reicht zur Begründung der Zinsforderung nicht aus. Der zwischen der B.-Bank und den H.-Farms vertraglich vereinbarte Darlehenszins von 5% galt nur für die Laufzeit des Darlehens, die mit Ablauf der letzten Vertragsverlängerung vom 30. Mai 1984 am 31. Mai 1985 endete. Für die Zeit danach
kommen nur Zinsansprüche auf gesetzlicher Grundlage in Betracht. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich weder eine anderweitige Begründung einer Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms noch kann auf der Grundlage dieser Feststellungen ausgeschlossen werden, daû eine etwaige Haftung durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist.
1. Eine Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der H.Farms könnte nicht nur aufgrund des vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellten Verhaltens der Beklagten während des Zeitraums, als die H.-Farms als Limited Partnership betrieben wurden, sondern auch aufgrund der Stellung der Beklagten als Gesellschafterin der im Jahre 1979 bestehenden General Partnership sowie aufgrund ihrer etwaigen Beteiligung an einer Fortsetzung des Farmbetriebs nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 in Betracht kommen.

a) Die Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der anfänglichen General Partnership für die bis Ende 1979 aufgenommenen Kredite der H.-Farms haftet, hat das Berufungsgericht offengelassen. Der Senat kann diese Frage nicht klären, weil dazu Fest-
stellungen zu den tatsächlichen Vorgängen beim Übergang von der General Partnership zur Limited Partnership sowie auch zum Inhalt des darauf anwendbaren New Yorker Rechts erforderlich sind, die das Berufungsgericht unterlassen hat.

b) Eine selbständige Haftungsanknüpfung an die Vorgänge nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht bejaht werden. Dabei mag offenbleiben, ob die Feststellung des Berufungsgerichts , der Betrieb der H.-Farms sei nach dem Ende der Limited Partnership unter Mitwirkung der Beklagten fortgeführt worden, den Angriffen der Revision stand hält. Es fehlt jedenfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob nach dem Recht des Bundesstaats New York die Haftung der an der Fortsetzung einer aufgelösten Limited Partnership Mitwirkenden nur neu begründete Verbindlichkeiten erfaût oder sich auch auf die Altschulden der Limited Partnership erstreckt.
2. Auch die Frage, ob eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist, läût sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht klären. Die Unwirksamkeit dieser auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung stünde zwar fest, wenn sie, wie der Kläger behauptet, von M. H. erst nach dem Zusammenbruch der B.-Bank und damit zu einer Zeit abgegeben worden wäre, als M. H. die Bank nicht mehr vertreten konnte. Dem steht aber die Behauptung der Beklagten entgegen, die Freistellungserklärung sei am 28. November 1979 abgegeben worden. Dafür hat die
Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, auch Beweis angetreten. Dazu , wann die Erklärung tatsächlich abgegeben worden ist, hat das Berufungsgericht bisher keinerlei Feststellungen getroffen.

IV.


Das Berufungsurteil muûte daher in dem Umfang aufgehoben werden , in dem der erkennende Senat die Revision der Beklagten angenommen hat (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Insoweit war die Sache, die wegen
der in mehreren Punkten noch fehlenden Feststellungen tatsächlicher Art und zum Inhalt ausländischen Rechts nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 370/98 Verkündet am:
13. März 2003
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
ZPO § 50; EG-Vertrag Art. 43, Art. 48
Eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit
steht, ist berechtigt, ihre vertraglichen Rechte in jedem Mitgliedsstaat
geltend zu machen, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem sie gegründet
worden ist und in dem sie nach einer eventuellen Verlegung ihres Verwaltungssitzes
in einen anderen Mitgliedsstaat weiterhin ihren satzungsmäßigen Sitz
hat, hinsichtlich des geltend gemachten Rechts rechtsfähig ist.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - VII ZR 370/98 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. September 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung und Verhandlung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen behaupteter Mängel von Malerarbeiten geltend. Die Klägerin ist eine seit 1990 im Handelsregister für A. und H. als "Besloten Vennootschap" (BV) eingetragene Gesellschaft niederländischen Rechts. Sie beauftragte die Beklagte 1992 mit der Sanierung eines Garagengebäudes und des dazu gehörigen Motels. Die Leistungen sind erbracht. Die Klägerin behauptet Mängel der Malerarbeiten. Nach erfolgloser
Mängelbeseitigungsaufforderung hat sie mit der Klage 1.163.657,77 DM nebst Zinsen als Kostenaufwand für die Beseitigung der Mängel und daraus entstandener Schäden verlangt. Hilfsweise hat sie beantragt festzustellen, daß in gewillkürter Prozeßstandschaft ihr Mehrheitsgesellschafter in den Rechtsstreit eingetreten ist und die Beklagte zu verurteilen, an diesen die Klagesumme zu zahlen. Die Parteien streiten u.a. darüber, ob die Klägerin 1994/1995 ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt hat und ob sie in diesem Fall rechts- und parteifähig ist. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin sei nicht rechtsund damit auch nicht parteifähig. Für die Frage der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person sei deren Personalstatut entscheidend. Das Personalstatut knüpfe nach deutschem internationalen Privatrecht an den tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung an. Das gelte auch in den Fällen, in denen eine nach dem Recht des Gründungsstaates gegründete Gesellschaft ihren Verwaltungssitz auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verlege. Diese Anknüpfungs-
regel (Sitztheorie) werde durch die im EG-Vertrag geregelte Niederlassungs- freiheit nicht verdrängt. Die Klägerin habe ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt. 1994/95 hätten ihre jetzigen, in D. wohnenden Gesellschafter alle Geschäftsanteile erworben. Von diesem Zeitpunkt an sei die Verwaltung und Geschäftsführung der Gesellschaft faktisch von der Bundesrepublik aus erfolgt. Die Hilfsanträge hätten keinen Erfolg. Sie seien abzuweisen, weil der Prozeßstandschafter nur für eine rechts- und parteifähige Person auftreten könne.

II.

Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art. 234 Abs. 1a, Abs. 3 EG eingeholt. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 5. November 2002 - Rs. C-208/00 (Überseering) (NJW 2002, 3614 = NZG 2002, 1164 = EuZW 2002, 754) die vorgelegten Fragen wie folgt beschieden: 1. Es verstößt gegen die Artikel 43 EG und 48 EG, wenn einer Gesellschaft , die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsgemäßen Sitz hat, gegründet worden ist und von der nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates angenommen wird, daß sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz dorthin verlegt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit vor seinen nationalen Gerichten für das Geltendmachen von Ansprüchen aus einem Vertrag mit einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft abgesprochen wird.
2. Macht eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats ge- gründet worden ist, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, in einem anderen Mitgliedstaat von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch, so ist dieser andere Mitgliedstaat nach den Artikeln 43 EG und 48 EG verpflichtet , die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitzt.

III.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als niederländische Gesellschaft (BV) fähig, die durch den Generalübernehmervertrag mit der Beklagten erworbenen Rechte vor den deutschen Gerichten geltend zu machen. 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung zum deutschen internationalen Gesellschaftsrecht beurteilt sich die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes. Das gilt auch dann, wenn eine Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden ist und anschließend ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt. Daraus hat das Berufungsgericht konsequent abgeleitet, daß eine wirksam gegründete und nach niederländischem Recht fortbestehende BV nach Verlegung ihres Verwaltungssitzes in die Bundesrepublik Deutschland ihre vertraglichen Rechte vor deutschen Gerichten nicht durchsetzen kann, solange sie sich nicht nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts neu gegründet hat (vgl. Beschluß des Senats vom 30. März 2000 - VII ZR 370/98, m.w.N., EuZW 2000, 412 = IPRax 2000, 423 = NZG 2000, 926 = BauR 2000, 1222 = ZfBR 2000, 404).
2. Dieses Ergebnis ist mit der in Art. 43 und 48 EG garantierten Nieder- lassungsfreiheit nicht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, daß das Erfordernis, die Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland neu zu gründen, der Negierung der Niederlassungsfreiheit gleich kommt (EuGH, aaO, Tz. 81). Es stellt eine mit den Art. 43 und 48 EG grundsätzlich nicht vereinbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, wenn ein Mitgliedstaat sich u.a. deshalb weigert, die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, anzuerkennen, weil die Gesellschaft im Anschluß an den Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch in seinem Hoheitsgebiet wohnende eigene Staatsangehörige ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in sein Hoheitsgebiet verlegt haben soll, mit der Folge, daß die Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat nicht zu dem Zweck parteifähig ist, ihre Ansprüche aus einem Vertrag geltend zu machen, es sei denn, daß sie sich nach dem Recht dieses Aufnahmestaats neu gründet (EuGH, aaO, Tz.82). 3. Diese Auslegung der Art. 43 und 48 EG ist für den Senat bindend. Sie verpflichtet zu einer Rechtsanwendung, die nicht zu der beanstandeten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führt (Forsthoff, DB 2002, 2471, 2474).
a) Diese Rechtsanwendung läßt sich nicht damit erreichen, daß die Klägerin nach deutschem Recht nach Verlegung des Verwaltungssitzes jedenfalls eine rechtsfähige Personengesellschaft und damit als solche vor den deutschen Gerichten aktiv und passiv parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2000 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 = NJW 2002, 3539). Denn die Klägerin hat nicht als Personengesellschaft ihre Rechte geltend gemacht und geklagt, sondern als niederländische BV. Sie hat damit von ihrer durch den EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht. Das zwingt dazu, die Rechtsfähigkeit der Klägerin als niederländische BV zu achten (EuGH, aaO, Tz. 80, 95). Sie
kann nicht auf ihre Möglichkeiten als nach deutschem Recht anerkannte Personengesellschaft verwiesen werden, weil sie damit in eine andere Gesellschaftsform mit besonderen Risiken, wie z.B. Haftungsrisiken, gedrängt wird. Eine derartige Verweisung würde sich ebenfalls als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellen, wie der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes unmißverständlich entnommen werden kann (vgl. Forsthoff, DB 2002, 2471, 2476; Leible/Hofmann, RIW 2002, 925, 929; Zimmer, BB 2003, 1, 5; Lutter , BB 2003, 7, 9; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2238; Heidenhain, NZG 2002, 1141, 1142; Großerichter, DStR 2003, 1, 15; Wernicke, EuZW 2002, 758, 761; Buck, WuB II N. § 14 BGB 1.03).
b) Die Klägerin muß in die Lage versetzt werden, nach einer Verlegung ihres Verwaltungssitzes in die Bundesrepublik Deutschland ihre vertraglichen Rechte als niederländische BV geltend machen zu können. Das erfordert es, die Klägerin nach deutschem internationalen Gesellschaftsrecht hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit dem Recht des Staates zu unterstellen, in dem sie gegründet worden ist. Eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit steht, ist berechtigt, ihre vertraglichen Rechte in jedem Mitgliedstaat geltend zu machen, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem sie gegründet worden ist und in dem sie nach einer Verlegung ihres Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaat weiterhin ihren satzungsmäßigen Sitz hat, hinsichtlich des geltend gemachten Rechts rechtsfähig ist.
c) Die Parteifähigkeit der Klägerin beurteilt sich nach der lex fori, also nach deutschem Prozeßrecht. Gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist eine Gesellschaft parteifähig, wenn sie rechtsfähig ist. Auch insoweit ist das dargestellte Personalstatut maßgebend.
4. Im Rechtsstreit steht nicht in Zweifel, daß die Klägerin nach niederländischem Recht wirksam gegründet ist, ihren satzungsmäßigen Sitz in den Niederlanden hat und dort rechtsfähig ist. Sie ist deshalb auch befugt, ihre vertraglichen Rechte in der Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen und gerichtlich durchzusetzen.

IV.

Das Urteil ist demnach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zum Anspruch fehlen im angefochtenen Urteil jegliche Feststellungen. Dressler Hausmann Wiebel Bauner Kniffka

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.