vorgehend
Landgericht Hamburg, 307 O 180/04, 12.07.2006
Hanseatisches Oberlandesgericht, 11 U 223/06, 12.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 32/08 Verkündet am:
16. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 204 Abs. 2 Satz 2; HGB §§ 130 a Abs. 3, 177 a Satz 1 a.F.

a) Bei einem auf § 130 a Abs. 3 HGB a.F. gestützten Anspruch ist der Kläger darlegungs
- und beweispflichtig dafür, dass die die Masse schmälernde Zahlung (hier:
Abbuchung von einem Gesellschaftskonto) von dem beklagten Geschäftsführer
veranlasst worden ist. An einer haftungsbegründenden Veranlassung kann es
fehlen, wenn die Belastung des Kontos auf einer Kontopfändung beruht.

b) Tritt der Stillstand des Klageverfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB mit Einverständnis
des Klägers ein und betreibt dieser das Verfahren lediglich wegen außergerichtlicher
Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten nicht weiter, liegt
darin kein triftiger Grund, der zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB
führen kann. Die mit der Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung
endet dann sechs Monate nach Eintritt des Stillstands.
BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 32/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 11. Zivilsenat, vom 12. Dezember 2007 aufgehoben und das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 12. Juli 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, Insolvenzverwalter in dem am 1. September 1999 über das Vermögen der T. Kommanditgesellschaft & Co. (nachfolgend : Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren, nimmt den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin auf Erstattung von "Zahlungen" in Anspruch, die dieser zu einer Zeit geleistet haben soll, als die Schuldnerin insolvenzreif war. Der Kläger stützt seine Gesamtforderung auf insgesamt 49 Einzelabbuchungen vom Konto der Schuldnerin in der Zeit vom 5. März bis 15. Juli 1999. Hierunter befindet sich mit Datum 22. April 1999 eine Belastung des Kontos in Höhe von 10.137,04 € mit dem Vermerk "Zahlungsempfänger: Rechtsanwälte Tr. ".
2
Am 19. Dezember 2000 forderte der Kläger vom Beklagten erstmals die Zahlung von 261.384,31 DM, was dieser ablehnte. Am 1. September 2003 verlangte der Kläger erneut - vergeblich - Zahlung vom Beklagten, diesmal in Höhe von 75.864,55 €. Mit Schreiben vom 2. März 2004 verzichtete der Beklagte zunächst bis zum 1. Juni 2004, mit Schreiben vom 4. Mai 2004 bis zum 1. Juli 2004 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung.
3
Mit am 29. Juni 2004 erhobener, dem Beklagten am 9. Juli 2004 zugestellter Klage verlangte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 75.864,55 €. Im Verhandlungstermin vom 3. November 2004 kamen die Parteien überein, außergerichtliche Vergleichsgespräche fortzusetzen und erklärten, sich bei Gericht zu melden, sobald absehbar sei, ob eine außergerichtliche Einigung möglich sei. Mit Schriftsatz vom 1. August 2005 teilte der Kläger dem Gericht mit, dass ein Vergleich nicht zustande gekommen sei und bat um Fortsetzung der mündlichen Verhandlung.
4
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 28.157,31 € betreffend Abbuchungen aus der Zeit vom 5. März bis 14. Juli 1999 stattgegeben. Davon umfasst ist die Belastung des Kontos der Schuldnerin vom 22. April 1999.
5
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur vollständigen Klageabweisung.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verurteilung wegen der Zahlung an die Rechtsanwälte Tr. sei zu Recht erfolgt, da der für seine Behauptung, der Abbuchung liege keine freiwillige Zahlung, sondern eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme zugrunde, darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten habe. Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt , da § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anwendbar sei.
8
II. Das Urteil des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der der Klage zugrunde liegenden Zahlungen insolvenzreif war, so dass der Beklagte für von ihm veranlasste Zahlungen gemäß §§ 130 a Abs. 3, 177 a Satz 1 HGB a.F. (= §§ 130 a Abs. 2, 177 a Satz 1 HGB n.F.) grundsätzlich haftbar ist. Hiergegen wird auch von der Revision nichts erinnert.
10
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts , das Landgericht habe den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 10.137,04 € bezüglich der Abbuchung "Rechtsanwälte Tr. " verurteilt.
11
a) Das Berufungsgericht hat die Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil des Beklagten verkannt.
12
Der Geschäftsführer haftet gemäß § 130 a Abs. 3 HGB a.F. für Zahlungen , die er zu einer Zeit leistet, in der die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Zwar ist der Zahlungsbegriff in § 130 a Abs. 2 und 3 HGB a.F. ebenso wie bei § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (§ 64 GmbHG n.F.) weit auszulegen (BGHZ 126, 181, 194; 143, 184, 186 ff.), so dass die Abbuchung von einem Konto der Gesellschaft in der Regel darunter fällt, es sei denn, dass mit der Abbuchung nur ein Gläubigerwechsel verbunden ist (BGHZ 143, 184, 187 f.; Sen.Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Tz. 8), was hier nicht festgestellt ist.
13
Voraussetzung der Haftung des Geschäftsführers gemäß § 130 a Abs. 3 HGB a.F. ist jedoch stets, dass die Zahlung und die dadurch verursachte Schmälerung des Gesellschaftsvermögens zu Lasten der Gläubigermehrheit durch ihn "veranlasst" worden ist (siehe nur Sen.Urt. v. 16. März 2009 - II ZR 280/07, Umdr. S. 16 z.V.b.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 38). Da der Geschäftsführer nur für solche Schmälerungen des Gesellschaftsvermögens verantwortlich gemacht werden kann, die mit seinem Wissen und Willen geschehen sind oder die er hätte verhindern können, ist die Veranlassung der Zahlung durch ihn eine anspruchsbegründende Tatsache im Rahmen der Haftung aus § 130 a Abs. 3 HGB a.F..
14
Für anspruchsbegründende Tatsachen ist nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Durch den Vortrag, die Abbuchung sei nicht von ihm veranlasst worden, sondern beruhe auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Kontopfändung) durch die Rechtsanwälte Tr. , hat der Beklagte das Vorliegen einer ihm anzulastenden, haftungsbegründenden Zahlung substantiiert bestritten. Angesichts dessen oblag es entgegen der verfehlten Ansicht des Berufungsgerichts dem Kläger, das Vorliegen des Haftungstatbestands des § 130 a Abs. 3 Satz 1 HGB a.F. insoweit zu beweisen.
15
b) Von seinem Rechtsstandpunkt aus grob verfahrensfehlerhaft (Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG) war die Ablehnung der von dem Beklagten für die Richtigkeit seiner Darstellung angebotenen Zeugenvernehmung durch das Berufungsgericht.
16
aa) Schon das Landgericht durfte die Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt W. nicht mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ablehnen, ohne dem Beklagten zuvor eine Frist gemäß § 356 ZPO gesetzt zu haben (BVerfG, Beschl. v. 26. Oktober 1999 - 2 BvR 1292/96, NJW 2000, 945, 946; BGH, Urt. v. 31. März 1993 - VIII ZR 91/92, NJW 1993, 1926, 1927 f.). Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst in erster Instanz keine Veranlassung hatte, von sich aus die Anschrift zu ergänzen, da er nach der vom Landgericht im Termin geäußerten Rechtsansicht davon ausgehen durfte, dass dieses den Kläger für die Gründe der Abbuchung für beweisbelastet hielt und der Kläger bis zu dem letzten Schriftsatz, auf den das Urteil erging, keinen Beweis angetreten hatte. Das Berufungsgericht hätte schon aufgrund dieses vom Beklagten gerügten Verfahrensfehlers seinerseits die Zeugenvernehmung nicht ohne Fristsetzung nach § 356 ZPO und erst Recht nicht unterlassen dürfen, nachdem der Beklagte im Berufungsverfahren die ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hatte.
17
bb) Die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Te. stellt einen weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar. Das Berufungsgericht hat insoweit - wie die Revision zu Recht rügt - die Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantritts überspannt.
18
Der Beklagte hat im Zusammenhang mit der Benennung des Zeugen vorgetragen, dass dieser einer der Mandanten von Rechtsanwalt W. war, in deren Interesse die "Rechtsanwälte Tr. ", die Sozietät des Rechtsanwalts W. , die Kontopfändung veranlasst hatten. Mehr als eine solche Erkennt- nisquelle des Zeugen musste der Beklagte angesichts der Tatsache, dass der Zeuge nicht über innere Tatsachen aussagen sollte, unter keinen Umständen vortragen (BGH, Urt. v. 14. Juli 1987 - IX ZR 19/87, NJW-RR 1987, 1403; v. 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82, NJW 1983, 2034, 2035; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 373 Rdn. 8; Musielak/Huber, ZPO 6. Aufl. § 373 Rdn. 11).
19
3. Einer Aufhebung und Zurückverweisung im Hinblick auf die aufgezeigten Rechtsfehler des Berufungsgerichts bedarf es nicht, da die Klage wegen der vom Beklagten zu Recht erhobenen Verjährungseinrede abweisungsreif ist, was der Senat selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anders als das Berufungsgericht meint, war die noch im Streit befindliche Klageforderung in Höhe von 28.157,31 €, wobei zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass es sich auch bei der Abbuchung i.H.v. 10.137,04 € um eine Zahlung auf Veranlassung des Beklagten gehandelt hat, bereits im Mai 2005 und damit vor der mit Schriftsatz des Klägers vom 1. August 2005 beantragten Fortsetzung des Verfahrens verjährt. Der Beklagte verhält sich nicht treuwidrig, wenn er sich hierauf beruft.
20
a) Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aus § 130 a Abs. 3 HGB verjährt gemäß Abs. 3 Satz 6 HGB a.F. (§ 130 a Abs. 2 Satz 6 HGB n.F.) binnen fünf Jahren nach seiner Entstehung gemäß § 200 Satz 1 BGB, also ab dem Zeitpunkt, in dem die die Masse schmälernde Zahlung geleistet oder die schmälernde Maßnahme ergriffen worden ist (siehe nur Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Hillmann, HGB 2. Aufl. § 130 a Rdn. 27; ebenso zu § 64 GmbHG Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rdn. 53; Rowedder/SchmidtLeithoff , GmbHG § 64 Rdn. 36). Bei wiederholten verbotswidrigen Zahlungen setzt jede Handlung eine neue Verjährungsfrist in Lauf (vgl. Sen.Urt. v. 29. September 2008 - II ZR 234/07, ZIP 2008, 2217 Tz. 14). Danach wäre die erste Forderung am 5. März 2004 und die letzte am 14. Juli 2004 verjährt.
21
b) Nach Klageerhebung am 29. Juni 2005 konnte der Beklagte sich zunächst nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen. Hinsichtlich der bei Klageerhebung bereits verjährten Einzelansprüche beruht dies auf dem von ihm erklärten Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung (aa), hinsichtlich der noch nicht verjährten Forderungen wurde die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB anwendbaren Fassung gehemmt (bb).
22
aa) Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 2. März 2004, d.h. vor Eintritt der Verjährung der hier streitigen Zahlungen, zuletzt bis zum 1. Juli 2004 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet. Gemäß § 202 BGB kann ein Schuldner auf die Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung und schon vor deren Eintritt verzichten (BGH, Urt. v. 18. September 2007 - XI ZR 447/06, ZIP 2007, 2206 Tz. 15 m.w.Nachw.). Durch den Verjährungsverzicht wurde der Ablauf der Verjährung zwar nicht beeinflusst, d.h. die Verjährungsvollendung wurde nicht hinausgeschoben. Folge des Verzichts war jedoch , dass das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten für den hier ausdrücklich bis zum 1. Juli 2004 vereinbarten Zeitraum ausgeschlossen war (MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 214 Rdn. 5; Lakkis, ZGS 2003, 423, 426; KG Berlin ZEV 2008, 481 Tz. 30). Grundsätzlich kann das Leistungsverweigerungsrecht bei einem derart befristeten Verzicht nach Ablauf der Frist wieder geltend gemacht werden. Macht der Gläubiger innerhalb der Frist seinen Anspruch nicht geltend, kann sich der Schuldner direkt nach Ablauf der Verzichtsfrist wieder auf Verjährung berufen und damit die Leistung verweigern (BGH, Urt. v. 20. Juni 1969 - VI ZR 21/68, VersR 1969, 857 ff.; v. 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, WM 1990, 695, 699 f. m.w.Nachw.; Lakkis aaO). Allerdings findet § 167 ZPO in diesem Zusammenhang entsprechende Anwendung, d.h. wenn ein Antrag auf Rechtsverfolgung (Klage) innerhalb der Verzichtsfrist eingereicht und die Klage "demnächst", wenn auch nach Ablauf der Verzichtsfrist zugestellt wird, kann sich der Schuldner nicht auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen (BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989 aaO m.w.Nachw.; MünchKommBGB /Grothe aaO § 214 Rdn. 8 m.w.Nachw.).
23
So liegt der Fall hier hinsichtlich der vom 5. März 1999 bis zum 28. Juni 1999 vom Beklagten geleisteten Zahlungen. Hinsichtlich dieser Zahlungen war die Verjährungsfrist zwar abgelaufen, als die am 29. Juni 2004 erhobene Klage am 9. Juli 2004 und damit "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO zugestellt wurde. Die Klage wurde aber vor Ablauf der Verzichtsfrist eingereicht.
24
bb) Für die Zahlungen in der Zeit vom 29. Juni bis 14. Juli 1999 ist die (restliche) Verjährung durch die Klageerhebung vom 29. Juni 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ab diesem Zeitpunkt wegen der am 9. Juli 2004 und damit demnächst erfolgten Zustellung (§ 167 ZPO) gehemmt worden.
25
c) Wegen Nichtbetreibens des gerichtlichen Verfahrens durch den Kläger endete die Hemmung entgegen der fehlerhaften Ansicht des Berufungsgerichts am 3. Mai 2005 (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach begann die restliche Zeit der Verjährungsfrist zu laufen mit der Folge, dass die Verjährung der Gesamtforderung noch im Mai 2005 und damit längst vollendet war, als der Kläger Anfang August 2005 die Fortsetzung des Verfahrens beantragte.
26
aa) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass durch die Vereinbarung der Parteien im Termin vom 3. November 2004 ein Stillstand des Verfahrens im Sinne des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ab diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB endet die mit der Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung sechs Monate nach Eintritt des Stillstands.
27
Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann anders zu beurteilen mit der Folge der Unanwendbarkeit von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn für das Untätigbleiben des Berechtigten (= Klägers) ein triftiger , für den anderen Teil erkennbarer Grund vorliegt (st. Rspr. zu der Vorgängervorschrift § 211 Abs. 2 BGB a.F. BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82, WM 1983, 533, 534; v. 23. April 1998 - III ZR 7/97, WM 1998, 1493, 1496; v. 27. Januar 1999 - XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101, 1102; v. 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99, ZIP 2000, 294, 295; v. 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98, NJW 2001, 218, 219 f.; v. 27. Januar 2005 - VII ZR 238/03, NJW-RR 2005, 606, 607).
28
Betreibt der Kläger lediglich wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen das Verfahren nicht weiter, stellt das keinen triftigen Grund in diesem Sinne dar und führt deshalb nicht zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB (= § 211 Abs. 2 BGB a.F.). Diese ist vielmehr nur dann gerechtfertigt , wenn besondere Umstände vorliegen, die über den in der Praxis häufigen Fall hinausgehen, dass die Parteien außerhalb des Prozesses noch in Verhandlungen stehen, und die es deshalb ausnahmsweise rechtfertigen, die Hemmung der Verjährung noch andauern zu lassen (st.Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 27. Januar 1999 aaO).
29
bb) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Anwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB verneint.
30
(a) Das Berufungsgericht hat zwar gesehen, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen der Anwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB an sich nicht entgegenstehen, es hat jedoch gemeint, ein fehlendes Weiterbetreiben des Prozesses hier deshalb ablehnen zu können, weil der Beklagte sich im Unterschied zu dem vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 27. Januar 1999 aaO) entschiedenen Fall nicht nur mit einem vom Kläger beantragten Nichtweiterbetreiben des Verfahrens im Hinblick auf außergerichtliche Vergleichsverhandlungen einverstanden erklärt habe, sondern hier die Parteien einvernehmlich verabredet hätten, den Prozess zunächst nicht weiter zu betreiben.
31
(b) Die Revision rügt zu Recht, dass eine derartige Differenzierung nach der Art des Zustandekommens eines von den Parteien ausgehenden Stillstandes weder dem Gesetzestext noch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnommen werden kann. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass das Verfahren nicht betrieben wird, d.h. dass keine zur Förderung des Verfahrens notwendigen Handlungen (BGHZ 73, 8, 11; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 204 Rdn. 49 jew. m.w.Nachw.) vorgenommen werden. Dabei geht ab dem Zeitpunkt des Stillstands die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses wieder auf den Kläger über, solange nur das Gericht mit dessen Einverständnis von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht (st.Rspr. s. nur BGH, Urt. v. 27. Januar 2005 aaO m.w.Nachw.).
32
Liegt das allein entscheidende Einverständnis des Klägers mit dem Stillstand des Verfahrens vor, ist es unerheblich, ob das Nichtweiterbetreiben des Prozesses auf eine Anregung des Gerichts oder eine Anregung des Klägers zurückgeht (BGH, Urt. v. 21. Februar 1983 aaO), ob das Gericht der Bitte des Beklagten, nicht zu terminieren folgt und der Kläger durch Untätigkeit nur konkludent zustimmt (BGH, Urt. v. 27. Januar 2005 aaO), oder ob - wie hier - beide Parteien diesen Wunsch gemeinsam dem Gericht gegenüber zum Ausdruck bringen. Nicht zu Unrecht weist die Revision darauf hin, dass es regelmäßig von Zufälligkeiten abhängt, ob die Parteien übereinstimmend den Antrag stellen , das Verfahren nicht weiter zu betreiben, oder ob ihre Erklärungen sukzessiv bei Gericht eingehen bzw. in welcher Form das Gericht das Begehren proto- kolliert. Von solchen Zufälligkeiten kann die Bestimmbarkeit der Verjährung angesichts der erforderlichen Klarheit und Sicherheit im Rechtsverkehr (s. hierzu BGHZ 59, 72, 74; BGH, Urt. v. 6. November 2008 - IX ZR 158/07, WM 2009, 282 Tz. 12) nicht abhängig gemacht werden.
33
d) Die Klage ist im Hinblick auf die vom Beklagten zu Recht erhobene Einrede der Verjährung abzuweisen.
34
(aa) Dies gilt auch für die Zahlungen in der Zeit vom 5. März bis 28. Juni 1999, hinsichtlich derer die Verjährung bei Klageerhebung bereits abgelaufen war (siehe oben 3 b, aa). Der Beklagte handelt nicht treuwidrig (§ 242 BGB), wenn er sich nunmehr angesichts des nachlässigen Verhaltens des Klägers nach Klageerhebung auf sein Leistungsverweigerungsrecht beruft.
35
(bb) Dem Berufen auf die Verjährung steht der Einwand der Treuwidrigkeit auch nicht deshalb entgegen, weil (auch) der Beklagte dem Landgericht gegenüber zugesagt hatte, mitzuteilen, ob eine außergerichtliche Einigung möglich sei. Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung war mit dieser Erklärung des Beklagten nicht verbunden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98, WM 2000, 2551, 2552); er hat damit lediglich zum Ausdruck gebracht , zu weiteren Vergleichsverhandlungen bereit bzw. an solchen interessiert zu sein. Zu mehr als zur Mitwirkung an Vergleichsverhandlungen war er in der Folgezeit nicht verpflichtet. Die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses lag unabhängig von der Erklärung des Beklagten allein im Verantwortungsbereich des Klägers. Wenn dann zudem - wie hier unstreitig - der Kläger und nicht etwa der Beklagte diese Vergleichsverhandlungen einschlafen lässt, ist für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens des Beklagten erst Recht kein Raum.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2020 - II ZR 427/18

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 427/18 Verkündet am: 11. Februar 2020 Kirchgeßner Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - II ZR 248/17

bei uns veröffentlicht am 24.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 248/17 vom 24. September 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:240919BIIZR248.17.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. September 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2009 - II ZR 147/08

bei uns veröffentlicht am 08.06.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 147/08 Verkündet am: 8. Juni 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2013 - II ZR 18/12

bei uns veröffentlicht am 19.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 18/12 Verkündet am: 19. November 2013 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Referenzen

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 128 und 129 für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ohne Unterschied, ob die Firma eine Änderung erleidet oder nicht.

(2) Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 280/07 Verkündet am:
16. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
111 Abs. 1, 2, 112; GmbHG § 64 Satz 1; InsO § 15 a Abs. 1 Satz 1

a) Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG (entsprechend § 64 Satz 1
GmbHG) gilt ab Eintritt der Insolvenzreife und nicht erst ab dem Ende der Insolvenzantragsfrist.

b) Stellt der Aufsichtsrat fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf
hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine
Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters
nicht vereinbar sind. Verstößt er hiergegen schuldhaft, kann er der
Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein.
BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 280/07 - OLG Dresden
LG Dresden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Dezember 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten des Klägers entschieden worden ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 5. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Dem Beklagten bleibt vorbehalten, nach der Zahlung der 153.387,56 € nebst den ausgeurteilten Zinsen seine Rechte in Höhe des Betrages, um den H. B. durch die Zahlung der E. AG an den Beklagten nach Rang und Höhe begünstigt worden ist, gegen den Kläger zu verfolgen. Im Übrigen wird die Sache - auch zur Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 15. August 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. AG (im Folgenden : Schuldnerin). Die Gesellschaft war am 17. Juli 2001 durch Umwandlung aus der E. GmbH hervorgegangen. Hauptaktionär mit 70,6 % der Aktien und - zunächst alleiniger - Vorstand war H. B. . Dem Aufsichtsrat gehörte der Beklagte, der schon vorher für die GmbH als Unternehmensberater tätig gewesen war, als Vorsitzender an.
2
Noch vor der Umwandlung hatte der Beklagte dem damaligen Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der E. GmbH, H. B. , ein Darlehen in Höhe von 500.000,00 DM gewährt. B. hatte diese Summe, ebenfalls aufgrund eines Darlehensvertrages, an die GmbH weitergeleitet. Nach beiden Darlehensverträgen sollten 200.000,00 DM zum 31. Dezember 2000 und 300.000,00 DM zum 31. Dezember 2001 zur Rückzahlung fällig sein. In der Zeit vom 14. Januar bis 18. Februar 2002 zahlte die Gesellschaft per Schecks bzw. Überweisungen insgesamt 153.387,56 € an den Beklagten. Als Tilgungszweck war auf den Schecks jeweils "Rückzahlung Gesellschafterdarlehen" vermerkt. Zuvor waren in einer Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft erörtert worden.
3
Weiter zahlte die Gesellschaft am 19. November 2001 an die dem B. gehörende Werbeagentur a. 100.000,00 DM. Weitere Zahlungen an die Werbeagentur bzw. an sonstige Stellen zugunsten des B. erfolgten in der Zeit vom 9. Januar bis 27. Februar 2002.
4
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz der an diesen geflossenen 153.387,56 €. Ferner macht er einen Teilbetrag in Höhe von 50.000,00 € aus der Zahlung an die Werbeagentur des B. vom 19. November 2001, hilfsweise aus den nachfolgenden Zahlungen geltend.
5
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 153.387,56 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage dagegen in Höhe eines Teilbetrages von 50.000,00 € der an ihn zum Zwecke der Darlehenstilgung geflossenen 153.387,56 € und - auf den Hilfsantrag - bezüglich der am 10. und 25. Januar 2002 an die Werbeagentur des B. gezahlten insgesamt 19.500,00 € stattgegeben. Es hat dem Beklagten vorbehalten, die Gegenansprüche, die den befriedigten Gläubigern zugestanden haben, in dem Insolvenzverfahren zu verfolgen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Dagegen wehren sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision und der Beklagte mit der Anschlussrevision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Anspruchs in Höhe von 153.387,56 € zur Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass der Beklagte seine Rechte in dem Insolvenzverfahren geltend machen kann, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision des Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
7
I. 1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der an den Beklagten geflossenen 153.387,56 € hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Anspruch auf Zahlung von 50.000,00 € ergebe sich aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. Der Beklagte habe es zugelassen, dass Zahlungen in dieser Höhe nach Ablauf der hier auf drei Wochen anzusetzenden Insolvenzantragsfrist geleistet worden seien. Die Schuldnerin sei am 31. Dezember 2001 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Dennoch seien am 12., 15. und 18. Februar 2002 insgesamt 50.000,00 € an den Beklagten überwiesen worden. Die Rahmenbedingungen für die bevorstehende Insolvenzreife seien schon in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 erkennbar gewesen. Der Beklagte habe in Bezug auf die schuldhafte Verletzung seiner Überwachungspflicht den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Soweit dagegen Zahlungen innerhalb der Insolvenzantragsfrist geleistet oder veranlasst worden seien, bestehe kein Ersatzanspruch.
8
2. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
9
a) Allerdings hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin am 31. Dezember 2001 überschuldet und damit insolvenzreif war. Ob sie auch zahlungsunfähig war, kann damit offen bleiben.
10
Eine Überschuldung i.S. des § 19 Abs. 2 InsO - in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 geltenden Fassung - ergibt sich aus dem vorläufigen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001. Darin ist ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 12.411.099,80 € - bei einer Bilanzsumme von 45.553.476,89 € - ausgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Überschuldung zwar grundsätzlich durch Vorlage einer Überschuldungsbilanz darzulegen. Die Handelsbilanz hat dabei aber eine indizielle Bedeutung. Legt der Insolvenzverwalter eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, so hat er die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern , ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807 m.w.Nachw.). Ist er diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des beklagten Organmitglieds , im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im einzelnen vorzutragen , in welchen Punkten stille Reserven oder sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgebliche Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind.
11
Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Aus der Handelsbilanz ergibt sich eine rechnerische Überschuldung. Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass weder stille Reserven noch sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden gewesen seien. Die Anschlussrevision macht nicht geltend, der vorläufige Jahresabschluss sei inhaltlich unrichtig. Sie zeigt auch nicht auf, dass der Beklagte konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorgetragen hätte. Soweit sie meint, in dem Abschluss seien Verbindlichkeiten ausgewiesen, die Vorgänge aus der Zeit nach dem 31. Dezember 2001 beträfen und deshalb in einem Überschuldungsstatus zum 31. Dezember 2001 nicht hätten berücksichtigt werden dürfen - wie die Abschreibungen und Rückstellungen wegen der im Jahre 2001 geplanten, aber erst im Folgejahr beschlossenen Schließungen von Filialen -, verkennt sie den Umfang der ausgewiesenen Überschuldung. Während der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 12.411.099,80 € ausmacht, sind von dem Einwand der Anschlussrevision nur Abschreibungen in Höhe von 966.000,00 € und Rückstellungen in Höhe von 8.815.000,00 € betroffen.
12
b) Fehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, es sei dem Vorstand nach § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG (= § 92 Abs. 3 Satz 1 AktG in der Fas- sung vor Inkrafttreten des MoMiG) lediglich untersagt, nach Ablauf der längstens dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu leisten. Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt - ebenso wie das gleichartige Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG (= § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F.) - bereits ab Eintritt der Insolvenzreife (BGHZ 143, 184, 188; 163, 134, 141; Sen.Urt. v. 18. März 1974 - II ZR 2/72, NJW 1974, 1088, 1089, jeweils zu § 64 GmbHG; MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 92 Rdn. 61 m.w.Nachw., anders noch MünchKommAktG/Hefermehl/Spindler 2. Aufl. Rdn. 44). Das folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Es entspricht auch dem Zweck der Norm. Durch das Zahlungsverbot soll sichergestellt werden, dass das noch vorhandene Gesellschaftsvermögen zur gleichmäßigen und ranggerechten Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erhalten bleibt (BGHZ 143, 184, 186). Dafür kommt es allein auf den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife an. Auch wenn der Vorstand wegen laufender Sanierungsbemühungen innerhalb der längstens dreiwöchigen Frist des § 15 a Abs. 1 Satz 1 InsO (= § 92 Abs. 2 AktG a.F.) noch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen muss, hat er doch das Gesellschaftsvermögen für den Fall zu sichern, dass die Sanierungsbemühungen fehlschlagen und das Vermögen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu verteilen ist. Verhält sich der Vorstand pflichtgemäß und stellt unverzüglich nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen den Insolvenzantrag, hat das Zahlungsverbot überhaupt nur Bedeutung für den Zeitraum ab Eintritt der Insolvenzreife.
13
Danach verstießen nicht nur - wie das Berufungsgericht meint - die Zahlungen ab dem 12. Februar 2002 in Höhe von 50.000,00 €, sondern sämtliche Zahlungen an den Beklagten in Höhe von zusammen 153.387,56 € gegen die Pflicht zur Massesicherung aus § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG, da alle Zahlungen aus diesem Komplex erst nach dem 31. Dezember 2001, dem Eintritt der Insolvenzreife , bewirkt worden sind. Dass diese Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordent- lichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gewesen wären, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Anschlussrevision nicht geltend gemacht.
14
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verstoß des Beklagten gegen die ihm als Aufsichtsratsmitglied in Bezug auf die Beachtung des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG obliegenden Pflichten einen Ersatzanspruch der Gesellschaft und damit des Klägers nach §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG begründet.
15
aa) Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG richtet sich zwar nur an den Vorstand als das geschäftsleitende Organ der Aktiengesellschaft. Den Aufsichtsrat treffen aber Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten. Er muss sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verschaffen und insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausschöpfen (s. auch Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, ZIP 2009, 70 Tz. 14 - MPS). Stellt er dabei fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Erforderlichenfalls muss er ein ihm unzuverlässig erscheinendes Vorstandsmitglied abberufen (Hopt/M. Roth in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 111 Rdn. 313 ff.; MünchKommAktG /Habersack 3. Aufl. § 111 Rdn. 44 ff.).
16
Im Streitfall hat die Gesellschaft lediglich darzulegen und zu beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten - ggf. durch ein Unterlassen - des Organmitglieds ein Schaden oder ein Vermögensverlust i.S. des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entstanden ist. Das Aufsichtsratsmitglied muss dagegen nach §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG darlegen und beweisen, dass es diese Pflichten erfüllt hat oder dass ihn jedenfalls an der Nichterfüllung kein Verschulden trifft (Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, ZIP 2009, 70 Tz. 20 - MPS; BGHZ 152, 280, 284).
17
bb) Danach ist der Beklagte zum Schadensersatz in Höhe von 153.387,56 € verpflichtet.
18
Durch die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten ist die Insolvenzmasse um diesen Betrag geschmälert worden. Das wäre nicht geschehen, wenn der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats wirksame Maßnahmen ergriffen hätte, um die Zahlungen zu verhindern. So hätte er die an ihn begebenen Schecks nicht einlösen und die Überweisungsbeträge sogleich auf das Gesellschaftskonto zurücküberweisen können.
19
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte den ihm obliegenden Entlastungsbeweis hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens und hinsichtlich seines Verschuldens nicht geführt hat. Dagegen wehrt sich die Anschlussrevision ohne Erfolg. Ob sich ein Organmitglied nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG entlastet hat, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Revisionsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Der Senat hat die Rügen der Anschlussrevision geprüft und dabei keine Rechtsfehler festgestellt. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass bereits in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schuldnerin eingehend erörtert worden sind. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
20
cc) Soweit die Anschlussrevision behauptet, die Zahlungen an den Beklagten seien einem debitorischen Konto der Schuldnerin belastet worden (vgl.
Sen.Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1008 Tz. 8), ist dieser Vortrag erstmals im Revisionsverfahren gehalten worden und damit unbeachtlich.
21
d) Ob dem Schadensersatzanspruch der Einwand entgegengesetzt werden kann, die Schuldnerin habe für den Beklagten eine D & O-Versicherung abgeschlossen und deshalb sei der Kläger zumindest nach Treu und Glauben verpflichtet, vorrangig den Versicherer in Anspruch zu nehmen, kann offen bleiben. Denn das Berufungsgericht hat den Abschluss einer solchen Versicherung nicht festzustellen vermocht. Die Anschlussrevision zeigt insoweit keine Rechtsfehler auf.
22
e) Die Anschlussrevision kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Aufsichtsrat habe den Vorstand beauftragt, eine D & O-Versicherung abzuschließen , und wenn das pflichtwidrig unterblieben sei, treffe die Gesellschaft eine entsprechende Schadensersatzpflicht.
23
Zweifelhaft ist schon, ob der Vorstand für den Abschluss einer D & OVersicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder zuständig ist oder ob die Prämienzahlung einen Vergütungsbestandteil darstellt, was gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG - bei Fehlen einer satzungsmäßigen Regelung - die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde (so Hüffer, AktG 8. Aufl. § 113 Rdn. 2 a; a.A. Kort, DStR 2006, 799, 802). Jedenfalls ist die Gesellschaft aber ihren Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber nicht verpflichtet, für diese - ohne eine Regelung in der Satzung - eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (Henssler in Henze/Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht 2001, S. 131, 146; Fleischer, WM 2005, 909, 919; MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 84 Rdn. 90).
24
f) Damit ist der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats, neben dem Vorstand B. und ggf. den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern, zum Ersatz der an ihn gezahlten 153.387,56 € verpflichtet. Diese Pflicht steht unter dem Vorbehalt , dass der Beklagte nach Zahlung des Schadensersatzes den Darlehensrückzahlungsanspruch des Vorstands B. , der mit der Zahlung an ihn, den Beklagten, im Wege der Leistung im Dreipersonenverhältnis getilgt worden ist, in dem Insolvenzverfahren an rangrichtiger Stelle gegen den Kläger geltend machen kann (vgl. BGHZ 146, 264, 278 f.).
25
II. Hinsichtlich der Abweisung des Anspruchs auf Ersatz von 50.000,00 € wegen der Zahlung der Schuldnerin an die Werbeagentur des Vorstands B. in Höhe von 100.000,00 DM am 19. November 2001 führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
26
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung insoweit wie folgt begründet : Die Zahlung einer Vergütung an die Werbeagentur des Vorstands am 19. November 2001 führe nicht zu einem Ersatzanspruch gegen den Beklagten nach §§ 116, 93 Abs. 2, 3 AktG. Zum einen habe eine Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Zum anderen ergebe sich, selbst wenn der zugrunde liegende Werbevertrag zwischen der Schuldnerin und B. gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat habe geschlossen werden können, aus dem Verstoß gegen diese Vorschrift allein, dass der Vertrag nichtig bzw. schwebend unwirksam sei. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Aufsichtsrats könne insoweit nur vorliegen, wenn der Aufsichtsrat seine Entscheidungskompetenz erkannt und wahrgenommen habe. Ein etwaiger Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung schließlich stehe nur der Schuldnerin zu.
27
2. Auch diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
28
a) Ohne Erfolg wehrt sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers, die Schuldnerin sei schon vor dem 31. Dezember 2001 insolvenzreif gewesen, gemäß § 531 ZPO nicht zugelassen hat. Ausweislich des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils (s. § 314 ZPO) hatte der Kläger im ersten Rechtszug lediglich vorgetragen, die Schuldnerin sei "bereits am 31. Dezember 2001" insolvenzreif gewesen. Damit war der gegenteilige zweitinstanzliche Vortrag neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Gründe, aus denen dieser neue Vortrag in der Berufungsinstanz hätte zugelassen werden müssen, zeigt die Revision nicht auf.
29
b) Nach dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Sachverhalt kommt aber eine Schadensersatzhaftung des Beklagten wegen der Zahlung der 100.000,00 DM an die Werbeagentur des Vorstands B. deshalb in Betracht, weil diese Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet worden ist.
30
aa) Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 21. April 1997 (BGHZ 135, 244, 252 ff. - ARAG/Garmenbeck; dazu krit. Hopt/M. Roth aaO § 111 Rdn. 352 ff.; Paefgen, AG 2008, 761) ausgeführt hat, ist der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 1, § 112 AktG grundsätzlich gehalten, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Ebenso hat er einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 BGB zu verfolgen. Auch insoweit gehört es zu seinen allein am Unternehmenswohl orientierten Pflichten, die Rechtslage zu begutachten, die Prozessrisiken abzuwägen, die Beitreibbarkeit der Forderung abzuschätzen und zu prüfen, ob ausnahmsweise Gründe vorliegen, die es angezeigt erscheinen lassen , die Forderung dennoch nicht oder nicht in voller Höhe geltend zu machen. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfungen hat er die Pflicht, den Anspruch gegen das Vorstandsmitglied durchzusetzen. Verstößt der Aufsichtsrat gegen diese Pflichten, haftet er seinerseits nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG.
31
bb) Danach kann der Beklagte - gemeinsam mit den beiden anderen Aufsichtsräten - verpflichtet gewesen sein, wegen der Zahlung der 100.000,00 DM einen Bereicherungsanspruch gegen B. geltend zu machen.
32
Der Kläger hat bestritten, dass zwischen B. und der Schuldnerin ein Vertrag über die Erbringung von Werbeleistungen geschlossen worden war. Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts. Damit ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass kein Vertrag bestand. Dann ist das Entgelt am 19. November 2001 ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Daraus kann sich - ggf. unter Berücksichtigung einer Saldierung der gegenseitigen Leistungen - ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin ergeben, den der Aufsichtsrat - unter den vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen - hätte geltend machen müssen. Ob die Veranlassung einer rechtsgrundlosen Zahlung daneben zu einem Schadensersatzanspruch der Schuldnerin gegen den Vorstand B. geführt hat, kann bei dieser Sachlage offen bleiben.
33
c) Der Rechtsstreit ist damit noch nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu prüfen haben, ob ein Zahlungsanspruch gegen B. bestand und ob die übrigen Voraussetzungen einer Pflicht des Aufsichtsrats zur Durchsetzung dieses Anspruchs erfüllt sind.
34
Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Sollte mit der Werbeagentur, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten von B. als Einzelkaufmann geführt wurde, ein Vertrag geschlossen worden sein, kann es darauf ankommen, ob der Vertragsschluss vor oder nach der Umwandlung der E. GmbH in die E. AG stattgefunden hat. Im ersteren Fall hätte B. als Geschäftsführer die GmbH bei dem Vertragsschluss mit sich selbst vertreten können, sofern er von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit war. Ist der Werbevertrag dagegen mit der AG geschlossen worden, konnte die Gesellschaft gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat vertreten werden. Das war hier nicht geschehen. Ob ein Vertrag deshalb nichtig (so Mertens aaO § 112 Rdn. 5 m.w.Nachw.) oder nur schwebend unwirksam ist (so Habersack aaO § 112 Rdn. 32 m.w.Nachw.), hat der Senat bislang offen gelassen (Sen.Urt. v. 29. November 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2005, 348, 349). Diese Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden, weil eine Genehmigung nicht erteilt worden ist und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht mehr in Betracht kommt.
35
III. 1. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, dass der auf Zahlung von 50.000,00 € gerichtete, auf die Nichtgeltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen B. wegen der Zahlung der Schuldnerin vom 19. November 2001 an die Werbeagentur gestützte Schadensersatzanspruch begründet ist, so hat es von Amts wegen die Verurteilung zur Zahlung von 19.500,00 € gemäß dem Hilfsantrag des Klägers aufzuheben. Die Entscheidung über den Hilfsantrag steht nämlich unter einer auflösenden Bedingung. Ihr Fortbestand hängt davon ab, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird (BGHZ 106, 219, 221; 112, 229, 232; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 29/98, NJW-RR 2001, 620, 622).
36
2. Soweit die Anschlussrevision die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag angreift, ist darüber in diesem Revisionsverfahren zu entscheiden. Wäre die Anschlussrevision nämlich begründet, müsste der Senat das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung auf den Hilfsantrag aufheben.
37
Die Anschlussrevision führt aber auch insoweit nicht zum Erfolg.
38
a) Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag wie folgt begründet: In Höhe von 19.500,00 € schulde der Beklagte gemäß §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG Schadensersatz, weil er es pflichtwidrig unterlassen habe, die weiteren Zahlungen an die Werbeagentur a. am 10. und 25. Januar 2002 in Höhe von 12.000,00 € und 7.500,00 € zu verhindern. Er habe den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Auch wenn er von den konkreten Überweisungen keine Kenntnis gehabt haben sollte, sei ihm jedenfalls bewusst gewesen, dass angesichts der fortlaufenden Werbung Vergütungen an die Werbeagentur gezahlt würden.
39
b) Die Anschlussrevision greift diese Feststellungen mit denselben Rügen an, die sie auch gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50.000,00 € vorbringt (s. oben unter I 2). Aus den oben dargelegten Gründen greifen diese Rügen auch hier nicht durch.
40
IV. Soweit das Berufungsgericht den Hilfsantrag - in Höhe von 30.500,00 € - abgewiesen hat, reicht es aus, dass der Senat diese Klageabweisung auf die Revision des Klägers aufhebt. Damit hat das Berufungsgericht die Möglichkeit, über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs erneut - und nur dann - zu entscheiden, wenn es den Hauptantrag wiederum abweisen sollte. Eine Entscheidung des Senats über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs wäre allenfalls veranlasst, wenn die Revision des Klägers insoweit unbegründet wäre (BGHZ 120, 96, 102). Das ist jedoch nicht der Fall.
41
Der Kläger wehrt sich vielmehr zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , insoweit bestehe kein Schadensersatzanspruch aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Beklagte von den übrigen Zahlungen des Vorstands B. an andere Stellen als dessen Werbeagentur - sämtlich nach Eintritt der Insolvenzreife - habe wissen müssen. Insoweit hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
42
Der Kläger hat - ausreichend - vorgetragen, dass der Schuldnerin durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Aufsichtsrats auch im Zusammenhang mit den weiteren von dem Vorstand B. veranlassten Zahlungen ein Schaden entstanden ist. Damit obliegt es dem Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass er bezüglich dieser Zahlungen seine Pflichten nicht verletzt hat oder jedenfalls schuldlos war (BGHZ 152, 280, 284; Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 aaO). Dass der Beklagte diesen Entlastungsbeweis erbracht hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

43
V. Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 253.387,56 € festgesetzt (153.387,56 € + 50.000,00 € bezüglich der Hauptanträge und 50.000,00 € bezüglich des Hilfsantrags).
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 05.12.2006 - 13 O 3202/04 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.12.2007 - 2 U 49/07 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, so ist durch Beschluss eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 234/07 Verkündet am:
29. September 2008
Röder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG gebundene Gesellschaftsvermögen ist nach den
allgemeinen, für die Jahresbilanz geltenden Bilanzierungsgrundsätzen festzustellen
; dabei sind Gesellschafterdarlehen auch im Fall eines Rangrücktritts stets zu
passivieren.

b) Schadensersatzansprüche gegen einen GmbH-Geschäftsführer wegen gemäß
§ 30 Abs. 1 GmbHG verbotener Auszahlungen (§ 43 Abs. 3 GmbHG) verjähren
gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG in fünf Jahren ab der jeweiligen Zahlung. Unterlässt
der Geschäftsführer die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen der
Gesellschaft gegen den Zahlungsempfänger (§ 31 Abs. 1 GmbHG) bis zum Eintritt
der Verjährung dieser Ansprüche (hier § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG), wird
dadurch nicht eine weitere Schadensersatzverpflichtung gemäß § 43 Abs. 2
GmbHG mit einer erst von da an laufenden Verjährungsfrist gemäß § 43 Abs. 4
GmbHG ausgelöst.
BGH, Urteil vom 29. September 2008 - II ZR 234/07 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 30. November 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der A. GmbH (nachfolgend Schuldnerin), deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war. Weitere Gesellschafterin war seine Ehefrau, die Beklagte zu 2. Beide hatten im Oktober 1997 ein privates Darlehen in Höhe von ca. 550.000,00 DM bei ihrer Bank aufgenommen. Zur Rückführung dieses Darlehens zahlte die Schuldnerin in der Zeit von November 1997 bis Juni 2000 insgesamt 260.000,00 DM (132.935,89 €) auf das Bankkonto der Beklagten. Der - erst im Oktober 2001 erstellte - Jahresabschluss der Schuldnerin per 31. Dezember 1996 wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag in Höhe von circa 485.000,00 DM auf, wobei Gesellschafterdarlehen in Höhe von circa 963.000,00 DM passiviert waren (Rev.Begr. S. 2 mit Hinweis auf BGHZ 171, 46 Tz. 1). Im September 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er beantragte am 30. Dezember 2004 den Erlass eines Mahnbescheids gegen beide Beklagten wegen einer Hauptforderung von 132.935,89 € unter der Bezeichnung "private Darlehenstilgung aus Vermögen der A. GmbH vom 1.1.1997 bis 31.12.2003". Gleichzeitig beantragte er einen Mahnbescheid mit derselben Forderungsbezeichnung gegen den Beklagten zu 1 wegen einer Hauptforderung von 129.663,93 €. Beide Mahnbescheide wurden anschließend zugestellt.
2
Mit seiner Klage hat der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern Rückzahlung der auf ihr Privatkonto geflossenen 132.935,89 € mit der Behauptung verlangt, die Schuldnerin habe den Betrag entweder als Darlehen an die Beklagten oder ohne Rechtsgrund geleistet. Die Beklagten haben dies mit der Maßgabe bestritten, dass es sich im Verhältnis zu ihnen um die Rückzahlung eines der Schuldnerin gewährten Gesellschafterdarlehens gehandelt habe. Weiter haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 15.338,76 € und den Beklagten zu 1 zu einer weiteren Zahlung von 117.597,13 €, jeweils nebst Zinsen, verurteilt. Die Berufung der Beklagten blieb im Wesentlichen erfolglos. Mit seiner - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte zu 1 die Beseitigung seiner Beschwer.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an einen anderen Zivilsenat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO), soweit durch das angefochtene Urteil zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt ist.
4
I. Das Berufungsgericht (dazu Dahl/Schmitz NZG 2008, 653) meint, es könne dahinstehen, ob die Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung in § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, in § 31 Abs. 1 GmbHG oder in § 812 BGB zu sehen sei. Die Zahlungen der Schuldnerin auf das Privatkonto der Beklagten hätten gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen. Wie in einem gegen den Beklagten zu 1 ergangenen Urteil des Berufungsgerichts vom 28. Juli 2005 (dazu BGHZ 171, 46) festgestellt, sei die Schuldnerin seit Ende 1996 insolvenzreif gewesen. Die Gesellschafterdarlehen von circa 963.000,00 DM hätten Eigenkapital ersetzt und seien in der vorgelegten Überschuldungsbilanz per 31. Dezember 1996, die einen Fehlbetrag von circa 287.000,00 DM ausweise, mangels einer Rangrücktrittserklärung der Beklagten zu Recht passiviert worden. Rückzahlungsansprüche des Klägers aus § 31 GmbHG seien allerdings bis auf einen Teilbetrag von 5.112,92 € (wegen der von der Schuldnerin im Mai und Juni 2000 geleisteten Zahlungen von je 5.000,00 DM) verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG sei durch die von dem Kläger im Dezember 2004 beantragten Mahnbescheide wegen Unklarheit der Anspruchsbezeichnung (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) noch nicht gehemmt worden. Dies sei erst durch Zustellung der Anspruchsbegründung des Klägers am 19. April 2005 geschehen. Ungeachtet dessen und unabhängig von den Voraussetzungen einer "längeren Verjährungsfrist" gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 a.F. GmbHG hafte der Beklagte zu 1 jedoch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG für die Un- einbringlichkeit der verjährten Ansprüche, weil er als Geschäftsführer der Schuldnerin verpflichtet gewesen sei, ihre Ansprüche gegen ihn und seine Ehefrau aus §§ 31 GmbHG, 812 BGB rechtzeitig vor Verjährungseintritt geltend zu machen oder den Kläger als Insolvenzverwalter dazu zu veranlassen. Der Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG sei von dem Ersatzanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG zu unterscheiden und verjähre erst fünf Jahre später als der letztere.
5
II. Das Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Zu Recht rügt die Revision, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts schon die Annahme der Voraussetzungen eines Primäranspruchs der Schuldnerin bzw. des Klägers gegen den Beklagten zu 1 aus § 31 Abs. 1 GmbHG nicht zu tragen vermögen.
7
a) Das angefochtene Urteil lässt nicht klar erkennen, von welchem Sachverhalt es ausgeht. Nach dem - prozessual maßgeblichen - Vortrag des Klägers sollen die Zahlungen der Schuldnerin auf das Bankkonto der Beklagten im Verhältnis zu ihnen "darlehensweise oder ohne Rechtsgrund erfolgt" sein. Beides haben aber die Beklagten mit der Maßgabe bestritten, dass mit den Zahlungen eines der Darlehen zurückgeführt worden sei, welche die Beklagten der Schuldnerin gewährt hätten. Feststellungen dazu fehlen. Aus den vorinstanzlichen Urteilen ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger den Vortrag der Beklagten hilfsweise zu Eigen gemacht hat (vgl. zu diesem Erfordernis Sen.Urt. v. 14. Februar 2000 - II ZR 155/98, ZIP 2000, 716 m.Nachw.) und er den Beklagten zu 1 - wie die Revision meint - wegen unzulässiger Rückgewähr eigenkapitalersetzender Darlehen gemäß §§ 30, 31 GmbHG analog (vgl. BGHZ 90, 370) in Anspruch nehmen will.
8
Soweit der Kläger Zahlungen der Schuldnerin "ohne Rechtsgrund" behauptet , handelt es sich der Sache nach um Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen , die bei - hier gegebener - Einigkeit der Gesellschafter nur unter den Voraussetzungen des § 30 GmbHG unzulässig, aber nicht rechtsgrundlos i.S. von § 812 BGB wären (vgl. BGHZ 148, 167, 171; 173, 1, 14 Tz. 30). Voraussetzung für etwaige Erstattungsansprüche der Schuldnerin bzw. des Klägers aus § 31 GmbHG wegen unzulässiger Entnahmen, die auch bei der Tilgung von Gesellschafterschulden mit Gesellschaftsmitteln vorliegen können (vgl. BGHZ 60, 330; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 30 Rdn. 17), wäre jedoch der Nachweis, dass die Schuldnerin in den jeweiligen Zahlungszeitpunkten eine Unterbilanz aufwies. In diesem Fall wäre auch die von dem Kläger alternativ behauptete Darlehensgewährung der Schuldnerin entsprechend § 30 GmbHG unzulässig gewesen und ein sofort fälliger Rückforderungsanspruch gemäß § 31 GmbHG entstanden (vgl. BGHZ 157, 72).
9
Eine bilanzielle sogar insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin "seit Ende 1996" behauptet der Kläger zwar unter Hinweis auf das in einem Rechtsstreit zwischen dem Beklagten zu 1 und seiner Bank ergangene Urteil des Berufungsgerichts vom 20. Juli 2005. Darauf und auf eine in jenem Rechtsstreit vorgelegte "Überschuldungsbilanz" (mit einem Fehlbetrag von circa 287.000,00 DM) stützt sich das Berufungsgericht auch in der vorliegenden Sache. Der erkennende Senat hat aber das genannte Urteil inzwischen durch Urteil vom 5. Februar 2007 (II ZR 234/05, BGHZ 171, 46) - u.a. wegen unzureichender Feststellungen zum Überschuldungszeitraum (aaO Tz. 8 f.) - aufgehoben.
10
b) Zu Recht rügt die Revision unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 5. Februar 2007 aaO Tz. 9, dass aus der Überschuldungsbilanz per Ende 1996 nicht gefolgert werden könne, die - immerhin bis September 2003 weiter existierende - Schuldnerin sei im gesamten Zahlungszeitraum von November 1997 bis Juni 2000 überschuldet gewesen. Die Beklagten haben dies, was die Revisionserwiderung übersieht, ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils bestritten. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Kläger.
11
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revision kommt es allerdings für den vom Kläger geltend gemachten Primäranspruch wegen angeblich unzulässiger Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen (§§ 30, 31 GmbHG) - anders als für den Tatbestand einer Krise i.S. des Eigenkapitalersatzrechts (vgl. dazu Sen.Urt. v. 3. April 2006 - II ZR 332/05, ZIP 2006, 996) - weder auf eine Überschuldung i.S. von § 19 InsO noch darauf an, ob die Gesellschafterdarlehen der Beklagten von circa 963.000,00 DM Eigenkapitalersatzcharakter hatten und - wegen fehlendem Rangrücktritt der Beklagten - in einem Überschuldungsstatus der Schuldnerin zu passivieren wären (dazu BGHZ 146, 264). Das gemäß § 30 GmbHG gebundene Gesellschaftsvermögen ist vielmehr nach den allgemeinen für die Jahresbilanz geltenden Grundsätzen festzustellen (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG aaO § 30 Rdn. 11 m.w.Nachw.). Dabei sind Gesellschafterdarlehen nicht nur bei fehlendem Rangrücktritt (dazu Sen.Urt. v. 6. Dezember 1993 - II ZR 103/93, BGHZ 124, 282, 284 m.w.Nachw.), sondern stets zu passivieren (vgl. Scholz/Westermann, GmbHG 10. Aufl. § 30 Rdn. 24 f.; Baumbach/Hueck/Fastrich aaO § 30 Rdn. 10). Das entsprach auch schon in der Zeit vor Erlass des - ohnehin nur den Überschuldungsstatus betreffenden - Senatsurteils vom 8. Januar 2001 (BGHZ 146, 264) ganz herrschender Meinung selbst für den Fall eines Rangrücktritts (vgl. BFH BStBl. II 1993, 502; Kleindiek in v. Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts Rdn. 7.20 m.w.Nachw.).
12
All das ändert aber nichts daran, dass es hier an hinreichenden Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG fehlt, weil aus der Bilanz per Ende 1996 nicht ohne weiteres gefolgert werden kann, die Schuldnerin habe im gesamten Zahlungszeitraum eine Unterbilanz aufgewiesen. Dazu bedürfte es "dichterer" Feststellungen zu den jeweiligen Bilanzjahren. Die Sache ist insoweit nicht entscheidungsreif, weil den Parteien gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit gegeben werden muss, zu den von ihnen und dem Berufungsgericht verkannten Gesichtspunkten in tatsächlicher Hinsicht vorzutragen.
13
2. Unrichtig entschieden und nicht entscheidungsreif ist die Sache auch hinsichtlich der Verjährungsfrage.
14
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann hier nicht offen bleiben , ob die von dem Kläger geltend gemachten Primäransprüche aus § 31 Abs. 1 GmbHG der fünfjährigen Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG (i.V.m. Art. 229 § 12 Abs. 1, § 6 Abs. 3 EGBGB) unterliegen, oder ob statt dessen - wegen etwaiger "böslicher Handlungsweise" des Beklagten zu 1 i.S. von § 31 Abs. 5 Satz 2 a.F. GmbHG - "eine längere Verjährungsfrist" eingreift. Unter den nach früherem Recht zur Anwendung der Regelverjährung (§ 195 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) führenden Voraussetzungen des § 31 Abs. 5 Satz 2 a.F. GmbHG käme nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 12 Abs. 2 EGBGB die nunmehr zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 n.F. GmbHG zur Anwendung (vgl. dazu Palandt/ Heinrichs BGB 67. Aufl. Art. 229 § 12 EGBGB Rdn. 4 sowie zu § 19 Abs. 6 GmbHG Sen.Urt. v. 11. Februar 2008 - II ZR 171/06, ZIP 2008, 643 Tz. 16 ff.). Danach wären die etwaigen Erstattungsansprüche des Klägers aus § 31 Abs. 1 GmbHG insgesamt nicht verjährt. Sie wären dagegen, wie das Berufungsgericht selbst sieht, bei Anwendung der jeweils mit den einzelnen Zahlungen der Schuldnerin beginnenden fünfjährigen Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG (i.V.m. Art. 229 § 12 Abs. 1, § 6 Abs. 3 EGBGB) großen- teils verjährt. Das Gleiche gilt, wie nachfolgend auszuführen ist, für etwaige, mit § 31 Abs. 1 GmbHG konkurrierende Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 1 als Geschäftsführer der Schuldnerin aus § 43 Abs. 3 GmbHG im Hinblick auf die fünfjährige Verjährungsfrist gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG.
15
b) Fehlgehend meint das Berufungsgericht, es komme auf die Voraussetzungen des § 31 Abs. 5 Satz 2 a.F. GmbHG nicht an, weil der Beklagte zu 1 als Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG dafür hafte, dass die durch die verbotenen Auszahlungen (§ 30 GmbHG) entstandenen Erstattungsansprüche der Schuldnerin gegen ihn selbst und seine Ehefrau aus § 31 Abs. 1 GmbHG nicht rechtzeitig vor deren etwaiger Verjährung gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG beigetrieben worden seien. Zu Recht rügt die Revision, dass die daraus gefolgerte Verdoppelung der Verjährungsfristen des § 31 Abs. 5 Satz 1 a.F. GmbHG und des § 43 Abs. 4 GmbHG im Gesetz keine Grundlage findet.
16
aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats beginnt die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche gegen einen GmbH-Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2, 4 GmbHG mit der Entstehung des Anspruchs, d.h. mit Eintritt des Schadens dem Grunde nach, ohne dass der Schaden in dieser Phase schon bezifferbar sein muss; es genügt die Möglichkeit einer Feststellungsklage (BGHZ 100, 228, 231 f.). Auf die Kenntnis der Gesellschafter oder der Gesellschaft von den anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es - selbst bei deren Verheimlichung durch den Geschäftsführer - nicht an (vgl. Sen.Urt. v. 21. Februar 2005 - II ZR 112/03, ZIP 2005, 852). Die subjektive Anknüpfung des Verjährungsbeginns in § 199 Abs. 1 BGB gilt nur für die "regelmäßige" (§ 195 BGB), nicht aber für die spezialgesetzliche Verjährungsfrist gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG, die nach wie vor (vgl. § 198 Satz 1 BGB a.F.) mit der Entste- hung des Anspruchs zu laufen beginnt (vgl. § 200 Satz 1 BGB; Großkomm.z.GmbHG/Paefgen, § 43 Rdn. 158; Baumbach/Hueck/Zöllner/ Noack, GmbHG 18. Aufl. § 43 Rdn. 57; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 93 Rdn. 37; a.A. Michalski/Haas, GmbHG § 43 Rdn. 233). Ebenso wenig entsteht dadurch, dass der Geschäftsführer gegen ihn gerichtete Schadensersatzansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG verjähren lässt, erneut ein Schadensersatzanspruch (vgl. Zöllner/Noack aaO Rdn. 59; OLG Köln NZG 2000, 1137).
17
bb) Für Ansprüche nach der im vorliegenden Fall einschlägigen - von dem Berufungsgericht nicht erwähnten - Vorschrift des § 43 Abs. 3 GmbHG gilt nichts anderes. Diese Vorschrift regelt nur einen Sonderfall eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG, wie aus dem Wort "insbesondere" deutlich wird (vgl. Großkomm.GmbHG/Paefgen aaO § 43 Rdn. 141; vgl. auch § 93 Abs. 3 AktG: "namentlich"; dazu Großkomm.z.AktG/Hopt, 4. Aufl. § 93 Rdn. 239). Danach ist ein Geschäftsführer schon dann "zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht … worden sind". Bereits in der gegen § 30 GmbHG verstoßenden Auszahlung liegt die haftungsbegründende Pflichtverletzung, wobei ein Verschulden i.S. des § 43 Abs. 1 GmbHG (vgl. BGHZ 122, 336, 340) zu vermuten ist (vgl. BGHZ 152, 280, 284). Der Schaden der Gesellschaft liegt hier schon in dem Liquiditätsabfluss - ohne Rücksicht auf die damit zugleich entstehenden Erstattungsansprüche gegen den Zahlungsempfänger gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG (vgl. BGHZ 157, 72, 78; Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 - II ZR 43/91, ZIP 1992, 1166 f.; Hüffer aaO § 93 Rdn. 22 m.w.Nachw.; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack aaO § 43 Rdn. 48 f.). Ihre erfolgreiche Beitreibung kann zwar den genannten Auszahlungsschaden entfallen lassen (vgl. Hüffer aaO). Geschieht dies nicht, wird aber dadurch auch bei Uneinbringlichkeit des Anspruchs gegen den Zahlungsempfänger aus § 31 Abs. 1 GmbHG nicht erneut ein Schaden dem Grunde nach bzw. ein weiterer Schadensersatzanspruch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG ausgelöst, sondern verbleibt es bei dem in § 43 Abs. 3 GmbHG geregelten Schadensersatzanspruch, der gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG in fünf Jahren ab seiner Entstehung (durch die verbotene Auszahlung) verjährt.
18
Da die Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG selbst bei Verheimlichen der schädigenden Handlung nicht erst mit dem Ende des Verschweigens beginnt (Sen.Urt. v. 21. Februar 2005 aaO), kann durch Unterlassung entsprechender Hinweise gegenüber anderen Organpersonen oder dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft erst recht nicht eine erneute Verjährungsfrist in Lauf gesetzt werden. Die dem Berufungsgericht offenbar vorschwebenden Grundsätze der Sekundärverjährung bei der Anwalts- und Steuerberaterhaftung (vgl. BGHZ 94, 380) finden hier keine Anwendung.
19
c) Das angefochtene Urteil stellt sich hinsichtlich der Verjährungsfrage auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar:
20
aa) Handelt es sich, wie hier, um mehrere Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen , die jeweils nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 GmbHG unzulässig sind, beginnt die Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG - ebenso wie diejenige gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG - mit der jeweiligen und nicht erst mit der letzten Zahlung (vgl. Großkomm.z.GmbHG/Paefgen aaO § 43 Rdn. 160; Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rdn. 437).
21
bb) Eine mit § 43 Abs. 3 GmbHG konkurrierende, der Regelverjährung (§ 195 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F.) unterliegende Haftung des Beklagten zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht, wie von dem erkennenden Senat in Fällen einer Vermögensentnahme ohne Willen der Mitgesellschafter angenommen (vgl. Sen.Urt. v. 28. Juni 1982 - II ZR 121/81, ZIP 1982, 1073; v. 14. September 1998 - II ZR 175/97, ZIP 1999, 240), scheidet hier in Anbetracht des einvernehmlichen Handelns der beiden Beklagten als alleinigen Gesellschaftern der Schuldnerin aus. Eine haftungsbegründende Treuepflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft liegt in der Mitwirkung an einer gegen § 30 GmbHG verstoßenden Zahlung nicht (BGHZ 142, 92, 96). Die darüber hinausgehenden Voraussetzungen einer Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB (BGHZ 173, 246 "TRIHOTEL") sind ebenso wenig dargetan wie die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten zu 1 aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB. Es kann daher hier offen bleiben, ob für die subjektive Anknüpfung des Beginns der Regelverjährung gemäß § 199 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB (dazu BGHZ 171, 1, 7 Tz. 19 ff.) auf den Kenntnisstand des Klägers als Insolvenzverwalter abzustellen wäre.
22
d) Eine abschließende Entscheidung zugunsten des Beklagten zu 1 in der Verjährungsfrage ist dem Senat verwehrt, weil es nach allem auf die von dem Berufungsgericht ausdrücklich offen gelassene Tatfrage ankommt, ob dem Beklagten zu 1, wie von dem Kläger behauptet, eine "bösliche Handlungsweise" i.S. von § 31 Abs. 5 Satz 2 a.F. GmbHG vorzuwerfen ist (vgl. oben II 2 a).
23
Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 136, 125, 131 m.w.Nachw.) handelt ein Gesellschafter "böslich", wenn er die Auszahlung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt, also weiß, dass bereits eine Überschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder dass infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird. Dies zu beurteilen, ist in erster Linie Sache des Tatrichters (vgl. auch BGHZ aaO S. 131 f.), und lässt sich gegenwärtig nicht abschließend beurteilen, weil schon die objektive Voraussetzung einer Unterbilanz im (gesamten) Zeitraum der Zahlungen der Schuldnerin nicht festgestellt ist (vgl. oben II 1 b). Andererseits schließt die Tatsache, dass der Beklagte zu 1 den Jahresabschluss der Schuldnerin für 1996 erst im Oktober 2001 und weitere Bilanzen offenbar nicht aufgestellt hat, ein bösliches Handeln nicht zwangsläufig aus, das vielmehr auch dann vorliegen kann, wenn der Gesellschafter die Möglichkeit eines Verstoßes erkennt und sich weiterer Erkenntnismöglichkeit verschließt (vgl. Hachenburg/Goerdeler/W. Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 69).
24
III. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien, zu treffen. Soweit es darauf ankommen sollte, wird das Berufungsgericht auch die Ausführungen der Revisionserwiderung zur Frage einer Verjährungshemmung durch die beiden Mahnbescheide zu würdigen haben.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 08.02.2006 - 5 O 154/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 30.11.2006 - 6 U 330/06 -

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 447/06 Verkündet am:
18. September 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Ein ohne zeitliche Einschränkung ausgesprochener Verzicht auf die
Einrede der Verjährung ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass er
auf die dreißigjährige Maximalfrist des § 202 Abs. 2 BGB begrenzt
ist, soweit sich aus der Auslegung der Erklärung nichts Abweichendes
ergibt.

b) Nach § 768 Abs. 2 BGB kann der Hauptschuldner durch den Verzicht
auf die Einrede der Verjährung die Haftung des Bürgen nicht
erweitern. Dabei ist es unerheblich, ob im Zeitpunkt der Erklärung
des Verjährungsverzichts durch den Hauptschuldner die Hauptschuld
bereits verjährt war oder nicht.
BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06 - OLG Jena
LG Erfurt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2007 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden
und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Prof. Dr. Schmitt
und Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 5. Dezember 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt das beklagte Land aus einer Bürgschaft in Anspruch.
2
Die Klägerin zählte neben einer örtlichen Volksbank zu den Hausbanken der B. -Gruppe, die im Gebiet des beklagten Landes unternehmerisch tätig war. Am 17. April 1997 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen des B. eröffnet und ein Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt. Die Klägerin gewährte dem Gesamtvollstreckungsverwalter einen Massekredit in Höhe von drei Millionen DM, für den sich das beklagte Land durch Bürgschaftsvertrag vom 29. April/5. Mai 1997 in Höhe von 80% der Kreditsumme verbürgte. Nachdem der Gesamtvollstreckungsverwalter am 5. Januar 1999 mitgeteilt hatte, der Kredit könne wegen Masseunzulänglichkeit nicht zurückgezahlt werden, kündigte die Klägerin den Kredit am 27. Mai 1999 und stellte die damals bestehende Kreditforderung zur Zahlung fällig. Anschließend machte sie Ansprüche gegen das beklagte Land aus der Bürgschaft geltend, die das Land zurückwies. Der Gesamtvollstreckungsverwalter erklärte mit Schreiben vom 5. November 2004 gegenüber der Klägerin, er verzichte - wie mit ihr zuvor besprochen - auf die Einrede der Verjährung, sofern Verjährung noch nicht eingetreten sei, um ihre Auseinandersetzung mit dem beklagten Land nicht zu erschweren.
3
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin das beklagte Land aus der Bürgschaft auf Zahlung von 1.227.100,50 € nebst Zinsen in Anspruch. Das beklagte Land hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben, weil die Hauptforderung am 31. Dezember 2004 verjährt sei.
4
Landgericht Das hat die Verjährungseinrede durchgreifen lassen und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist nicht begründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
7
Das beklagte Land könne sich gemäß § 768 Abs. 1 BGB auf die Verjährung der Hauptforderung, die am 31. Dezember 2004 eingetreten sei, berufen. Durch die Erhebung der Bürgschaftsklage sei die Verjährung der Hauptforderung nicht unterbrochen worden. Der vom Insolvenzverwalter über das Vermögen des Hauptschuldners vor Eintritt der Verjährung mit Schreiben vom 5. November 2004 erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung habe dem beklagten Land gegenüber gemäß § 768 Abs. 2 BGB keine Wirkung. Es gebe keinen überzeugenden Grund, den Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung aus dem Anwendungsbereich des § 768 Abs. 2 BGB herauszunehmen. Dem Gläubiger verblieben die in § 204 BGB genannten Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung. Die Berufung auf die Einrede der Verjährung der Hauptschuld verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Ein Verhalten des beklagten Landes, das dazu führen konnte, dass die Erhebung der Einrede sich als unzulässige Rechtsausübung darstelle, sei nicht erkennbar.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. http://www.juris.de/jportal/portal/t/gt8/page/bsiprod.psml;jsessionid=14EAEC80FB8A3F016E9294A79F29973B.jpb5?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE079602377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 -
9
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin gegen das beklagte Land keinen durchsetzbaren Anspruch aus § 765 Abs. 1 BGB hat, weil die Hauptforderung mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjährt ist (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 195 BGB n.F.) und das Land gemäß § 768 Abs. 1 BGB die Einrede der Verjährung wirksam erhoben hat. Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Bürge berechtigt, die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend zu machen. Daher kann er der Inanspruchnahme entgegenhalten , dass die Hauptschuld verjährt ist (Senat BGHZ 153, 337, 339; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - IX ZR 147/04, WM 2007, 27, 28, Tz. 10), auch wenn die Verjährung - wie hier - erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage eingetreten ist (BGHZ 76, 222, 225; 139, 214, 216).
10
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist durch die vertraglich geregelten Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme aus der Ausfallbürgschaft das Erfordernis einer die Verjährung hemmenden Klage gegen den Hauptschuldner nicht konkludent abbedungen worden.
11
a) Weder der Vertragsurkunde noch den Bürgschaftsbedingungen lässt sich ein solcher Verzicht entnehmen. Er ergibt sich auch nicht aus einer beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - IX ZR 398/00, WM 2002, 1645, 1646 m.w.Nachw.) der Ausfallbürgschaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 76, 222, 226) ist bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft, bei der die Einrede der Vorausklage gemäß § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB zugunsten des Gläubigers gänzlich ausgeschlossen ist, das Erfordernis einer die Verjährung hemmenden Hauptschuldnerklage nicht abbedungen. Nichts anderes gilt für die vorliegende Ausfallbürgschaft, die lediglich den Wegfall der Einrede der Vorausklage nach § 773 Abs. 1 Nr. 4 BGB vertraglich konkretisiert.
12
b) Entgegen der Ansicht der Revision lässt sich dem Bürgschaftsvertrag auch nicht entnehmen, dass der Eintritt der Masseunzulänglichkeit dem Wegfall der Hauptforderung wegen Untergangs des Hauptschuldners mit der Folge gleichgestellt werden sollte, dass Unterbrechungs - bzw. Hemmungsmaßnahmen gegenüber dem Bürgen genügen (Senat BGHZ 153, 337, 342 f.). Im Gegenteil enthalten Nr. 9.2 und 10.2 der Allgemeinen Bestimmungen für Kreditinstitute, die Bestandteil der Bürgschaftserklärung sind, konkrete Regelungen, nach denen trotz Fälligkeit der Bürgschaft - also insbesondere bei Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz des Hauptschuldners - seitens der Klägerin weiter Maßnahmen zur Befriedigung der Hauptschuld zu ergreifen waren. Bei Masseunzulänglichkeit sollte daher der Hauptschuldner gerade nicht als untergegangen angesehen werden.
13
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das beklagte Land die Einrede der Verjährung nicht durch die Verzichtserklärung des Gesamtvollstreckungsverwalters vom 5. November 2004 verloren hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Gesamtvollstreckungsverwalter und die Klägerin bei Abgabe der Verzichtserklärung von dem ab 1. Januar 2002 geltenden Recht (unten a) oder - wie die Revision geltend macht - von dem bis zum 31. Januar 2001 geltenden Recht (unten b) ausgegangen sind. In beiden Fällen durfte sich das beklagte Land gegenüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung der Hauptschuld berufen.
14
a) Nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden § 202 BGB n.F. ist der Einredeverzicht des Gesamtvollstreckungsverwalters zwar im Hauptschuldverhältnis zur Klägerin wirksam, nicht aber im Bürgschaftsverhältnis zum beklagten Land (§ 768 Abs. 2 BGB).
15
aa) Nach zutreffender und von der Revision nicht angefochtener Erkenntnis des Berufungsgerichts kann nach neuem Recht ein Hauptschuldner auf die Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1973 - IV ZR 185/72, NJW 1973, 1690 f.) und schon vor deren Eintritt verzichten (OLG Brandenburg NJW-RR 2005, 871; MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 Rdn. 13; Staudinger /Peters, BGB Bearb. 2004 § 202 Rdn. 5; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 202 Rdn. 7; AnwK/Mansel/Stürner, BGB § 202 Rdn. 45; jurisPK-BGB/Lakkis, 3. Aufl. Rdn. 19; Jauernig/Jauernig, BGB 12. Aufl. § 202 Rdn. 3; a.A. Bamberger/Roth/Henrich, BGB 2. Aufl. § 202 Rdn. 7).
16
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass der Verzicht nicht wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 2 BGB n.F. unwirksam ist. Nach § 202 Abs. 2 BGB n.F. kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Enthält der Verzicht auf die Verjährung keine zeitliche Einschränkung, so führt das aber nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit des Verzichts, sondern es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Forderung durch den Verzicht nicht unverjährbar sein soll (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 202 Rdn. 7 a.E.; Bamberger/Roth/Henrich, BGB 2. Aufl. § 202 Rdn. 7; a.A. LG Stendal FamRZ 2007, 585, 586, Tz. 36). Der ohne Bestimmung eines Endzeitpunktes erklärte Verzicht ist regelmäßig dahin zu verste- hen, dass er die Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB einhält, soweit sich aus der Auslegung der Erklärung nichts Abweichendes ergibt (siehe auch jurisPK-BGB/Lakkis, 3. Aufl. § 202 Rdn. 22; im Ergebnis auch Staudinger /Peters, BGB Bearb. 2004 § 202 Rdn. 19). Für die Annahme, es beginne wie beim Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) eine neue Verjährungsfrist zu laufen, besteht mangels Regelungslücke kein Anlass (vgl. LG Stendal FamRZ 2007, 585, 586, Tz. 36; MünchKommBGB/ Grothe 5. Aufl. § 202 Rdn. 13; Lakkis ZGS 2003, 423, 426; a.A. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 202 Rdn. 7 a.E; sowie für den Fall bereits eingetretener Verjährung bei Abgabe der Verzichtserklärung OLG Karlsruhe, NJW 1964, 1135, 1136; OLG Brandenburg NJW-RR 2005, 871, 872; auch Bamberger/Roth/Henrich, BGB 2. Aufl. § 202 Rdn. 7).
17
cc) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede nach § 768 Abs. 2 BGB gegenüber dem beklagten Land keine Wirkungen hat, auch wenn der Verzicht vor Verjährungseintritt erklärt worden ist.
18
Entgegen der Ansicht der Revision fällt auch der Verzicht des Hauptschuldners auf künftige Einreden unter § 768 Abs. 2 BGB. Nichts spricht dafür, den Verzicht auf künftige Einreden aus dem Anwendungsbereich des § 768 Abs. 2 BGB herauszunehmen. Ob im Zeitpunkt eines rechtsgeschäftlichen Verjährungsverzichts des Hauptschuldners die Hauptschuld bereits verjährt ist oder nicht, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unerheblich. Nach § 768 Abs. 2 BGB kann der Hauptschuldner die Haftung des Bürgen nicht durch den Verzicht auf Einreden verschärfen. Die Vorschrift ist Ausdruck des Verbots der Fremddisposition, das für den Bürgschaftsvertrag vertragswesentlich ist. Die Haftung des Bürgen darf nach diesem Grundsatz nicht über den bei Bürgschaftsübernahme überschaubaren Umfang hinaus zu seinen Lasten erweitert werden (vgl. dazu BGHZ 130, 19, 32 f.; 137, 153, 158; 153, 293, 297). Dazu gehört, dass der Bürge entsprechend der akzessorischen Natur der Bürgschaft alle dem Hauptschuldner nach dem ursprünglich verbürgten Hauptschuldvertrag gebührenden Einreden geltend machen kann, ohne dass ihm ein vom Hauptschuldner nach der Bürgschaftsübernahme erklärter Einredeverzicht zum Nachteil gereichen kann (Staudinger/Horn, BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 1, 3). Nach Sinn und Zweck dieser Regelung ist es dem Bürgen gegenüber deshalb auch unwirksam, wenn der Hauptschuldner durch sein Handeln eine neue oder längere Verjährungsfrist eröffnet, indem er etwa im Prozess mit dem Gläubiger die Verjährungseinrede nicht erhebt und deshalb rechtskräftig verurteilt wird (vgl. BGHZ 76, 222, 229 f.; Staudinger/Horn BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 4; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 768 Rdn. 11) oder die Hauptschuld anerkennt (OLG Düsseldorf MDR 1975, 1019; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 767 Rdn. 12, § 768 Rdn. 8; Schmitz, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 91 Rdn. 65; a.A. OLG München WM 2006, 684, 687). Dabei ist es unerheblich , ob diese den Bürgen benachteiligenden Handlungen vor oder nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen werden. Gleiches gilt für einen ausdrücklich erklärten Verjährungsverzicht, der unter Geltung des § 202 BGB n.F. - wie ausgeführt - auch schon vor Eintritt der Verjährung wirksam erklärt werden kann.
19
b) Die Klägerin kann gegenüber dem beklagten Land auch dann nicht erfolgreich einen Arglisteinwand gegen die Einrede der Verjährung erheben, wenn man ihren, von der Revision geltend gemachten Vortrag zugrunde legt, der Gesamtvollstreckungsverwalter habe der Klägerin mit deren Wissen und Billigung mit seiner Verzichtserklärung vom 5. November 2004 lediglich eine Arglisteinrede nach § 242 BGB verschaffen wollen, weil beide von der Rechtslage unter Geltung des seit 31. Dezember 2001 außer Kraft getretenen § 225 Satz 1 BGB a.F. ausgegangen seien.
20
Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Ansicht der Revision , dass ein nach § 225 Satz 1 BGB a.F. unwirksamer Verzicht des Schuldners auf die Erhebung der Verjährungseinrede einen Arglisteinwand des Gläubigers begründen konnte, wenn der Schuldner entgegen dem erklärten Verzicht gleichwohl die Verjährungseinrede erhob, obwohl er beim Gläubiger das berechtigte Vertrauen erweckt hatte, sich nicht auf die Einrede der Verjährung zu berufen (vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 Rdn. 13 m.w.Nachw.). Dieser Arglisteinwand konnte unter Umständen auch dem Bürgen entgegen gehalten werden, der die Einrede der Verjährung der Hauptforderung erhob (BGHZ 76, 222, 231). Aber auch nach diesen Grundsätzen ist der Arglisteinwand der Klägerin hier bereits deswegen ausgeschlossen, weil zu ihren Gunsten kein Vertrauenstatbestand eingreift. Die Verzichtserklärung des Gesamtvollstreckungsverwalters ist nach ihrem eigenen Vortrag in kollusivem Zusammenwirken mit ihr zustande gekommen, einzig und allein mit dem Ziel, einvernehmlich zu Lasten des beklagten Landes einen diesem gegenüber wirksamen Arglisteinwand zu schaffen, um dem Land die Verjährungseinrede unter Umgehung des § 768 Abs. 2 BGB abzuschneiden. Bei dieser Sachlage kann die Klägerin nicht unter Berufung auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegen die Erhebung der Verjährungseinrede durch das beklagte Land den Arglisteinwand erheben. Weder handelt das beklagte Land arglistig noch muss es sich das allein zu ihrem Nachteil von der Klägerin veranlasste Verhalten des Gesamtvollstreckungsverwalters zurechnen lassen.

III.


21
Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.
Joeres Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 04.10.2005 - 9 O 2346/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 05.12.2006 - 5 U 1011/05 -

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an der Anspruch von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 85/98 Verkündet am:
18. Oktober 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zur Frage der Beendigung der Verjährungsunterbrechung, wenn das Gericht nach
Abweisung der Klage gegen einen Streitgenossen das Ruhen des Verfahrens gegen
den anderen Streitgenossen anordnet und dieser das Verfahren erst nach
Beendigung eines Rechtsmittelverfahrens über das Teilurteil aufnimmt.

b) Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens stellt kein "Weiterbetreiben"
des Prozesses im Sinne von § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB dar.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98 - OLG Köln
LG Bonn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. März 1998 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Schlußurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 16. Mai 1997 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses, hatte 1970 zunächst das Erdgeschoß und 1971 das gesamte Haus an die Beklagte zu 2, die mittlerweile geschiedene Ehefrau des Beklagten zu 1, zum Betrieb eines Spielclubs vermietet. Im Juni 1977 wurden zwei schriftliche Mietverträge über das Anwesen zum Zwecke des Betriebs eines Spielcasinos und einer Nachtbar geschlossen, von denen der erste Vertrag von beiden Beklagten, der zweite nur vom Beklagten zu 1 unterzeichnet wurde. Zwischen den Parteien war strei-
tig, ob die Beklagte zu 2 seit 1977 Mitmieterin war. Das Mietverhältnis endete nach mehrfachen Verlängerungen, die der Beklagte zu 1 unterzeichnet hatte, zum 31. Dezember 1993. Laut Mietvertrag waren die Mieter zu notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen, Schönheitsreparaturen und zum Rückbau etwaiger Einbauten verpflichtet. Das Haus befand sich bei der Übergabe am 28. Dezember 1993 in einem schlechten Zustand. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 1993 forderte der Kläger die Beklagten unter Hinweis auf verschiedene , bei der ersten Besichtigung überschlägig festgestellte Schäden auf, bis spätestens 20. Januar 1994 alle Einbauten zu entfernen, das Objekt wieder benutzbar zu machen und die erforderlichen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Für den Fall, daß die Beklagten innerhalb der gesetzten Frist weder die Arbeiten durchführen noch ein entsprechendes Anerkenntnis abgeben würden, kündigte er an, die Kosten durch einen Architekten ermitteln zu lassen und sie gegenüber den Beklagten geltend zu machen. Da die Beklagten dem in der Folge nicht nachkamen, reichte der Kläger am 10. Juni 1994 Klage auf Schadensersatz in Höhe von rund 311.435 DM wegen nicht durchgeführter Reparaturen und wegen eines Mietausfallschadens ein. Die Klage wurde den Beklagten am 24. Juni 1994 zugestellt. Später reduzierte der Kläger die Forderung auf rund 228.667 DM. Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 13. Dezember 1994 die Klage gegen die Beklagte zu 2 mit der Begründung abgewiesen, daß sie seit Juni 1977 nicht mehr Mitmieterin gewesen sei und daher nicht hafte. Das vom Kläger angestrengte Berufungsverfahren endete mit Vergleich vom 17. September 1996. In dem in erster Instanz zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 anhängig gebliebenen Rechtsstreit wurde im Termin vom 7. März 1995 das
Ruhen des Verfahrens angeordnet, nachdem der Kläger in diesem Termin nicht erschien und der Beklagte keinen Sachantrag stellte. Nach Abschluß des Berufungsverfahrens über das Teilurteil nahm der Kläger mit am 21. Februar 1997 eingegangenen Schriftsatz das Verfahren gegen den Beklagten zu 1 auf und verlangte nunmehr auf der Grundlage eines mittlerweile durchgeführten selbständigen Beweissicherungsverfahrens Schadensersatz in Höhe von 156.375 DM. Der Beklagte zu 1 berief sich auf Verjährung. Das Landgericht hat durch Schlußurteil die Klage gegen den Beklagten zu 1 wegen Verjährung gemäß § 558 BGB abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts ab, erklärte die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt und verwies die Sache zur Verhandlung über die Höhe der Forderung an das Landgericht zurück. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten zu 1.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten zu 1 hat Erfolg, da die Forderung des Klägers verjährt ist.

I.

Das Oberlandesgericht hat die Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten dem Grunde nach angenommen. Diesen Ansprüchen stehe auch nicht die Einrede der Verjährung nach § 558 BGB entgegen. Der Ansicht des Landgerichts, daß die durch rechtzeitige Klageerhebung bewirkte Unterbrechung der Verjährung gemäß § 211 Abs. 2 BGB wieder beendet worden sei und die Verjährung von neuem zu laufen begonnen habe, weil der Kläger das Verfahren gegen den Beklagten zu 1 nach Erlaß des Teilurteils gegen die Beklagte zu 2 zunächst nicht weiterbetrieben habe, sei nicht zu folgen. § 211 Abs. 2 BGB, der lediglich eine Umgehung des § 225 BGB verhindern und den Eintritt der Verjährung nicht dem Belieben der Parteien überlassen wolle, sei unanwendbar, wenn die Parteien zunächst die Berufungsentscheidung über ein Teilurteil abwarten wollten, welches für den noch nicht entschiedenen Teil bedeutsam sei. Das sei hier der Fall gewesen. Denn wäre im Berufungsverfahren gegen die Beklagte zu 2 deren Passivlegitimation bejaht worden, hätte in der Sache selbst zumindest ein Grundurteil ergehen müssen, das sich mit den Voraussetzungen des Anspruchsgrundes hätte auseinandersetzen müssen. Dieses hätte zumindest teilweise auch für den Anspruch gegen den Beklagten zu 1 Bedeutung gehabt. Dabei mache es keinen Unterschied, ob das Teilurteil einen von mehreren Streitgenossen betreffe oder einen Teil des gegen einen Beklagten geführten Rechtsstreites. Daher habe unter prozeßwirtschaftlichen Gesichtspunkten für den Beklagten zu 1 ein triftiger Grund bestanden, den beim Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsmittelverfahrens gegen die Beklagte zu 2 ruhen zu lassen. Davon sei im Grunde auch der Beklagte zu 1 ausgegangen, da er gegen den im Termin vom 7. März 1995 nicht
erschienenen Kläger nicht etwa ein Versäumnisurteil, sondern nur das Ruhen des Verfahrens beantragt habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, daß sowohl für den Anspruch auf Erfüllung der vertraglichen Reparatur- und Beseitigungspflichten als auch für die Schadensersatzansprüche wegen Verzuges mit diesen Pflichten innerhalb der hierfür gesetzten Frist (§ 326 BGB) und wegen positiver Forderungsverletzung die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der Mietsache beziehungsweise ab Umwandlung des Erfüllungsanspruches in den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gilt (§ 558 BGB; st.Rspr. vgl. BGHZ 107, 179, 182 ff.; Senatsurteil BGHZ 128, 74, 81; Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 281/95 - MDR 1998, 272 ff. = NJW 1998, 1303 ff.). Die Verjährung der hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche begann mit Ablauf der vom Kläger für die Reparaturarbeiten bis zum 20. Januar 1994 gesetzten Frist. Noch innerhalb der Frist hatte der Kläger die Schadensersatzansprüche mit der am 10. Juni 1994 eingereichten und am 24. Juni 1994 zugestellten Klage rechtshängig gemacht und die Verjährung unterbrochen (§§ 209 Abs. 1 BGB). Die Unterbrechung dauert gemäß § 211 Abs. 1 BGB an, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist. Jedoch bestimmt § 211 Abs. 2 BGB, daß die Unterbrechung der Verjährung mit der letzten Prozeß-
handlung des Gerichts oder der Parteien endet und die Verjährungsfrist erneut zu laufen beginnt, wenn der Prozeß infolge einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand gerät. Ein solcher Stillstand trat hier mit dem Beschluß des Landgerichts vom 7. März 1995 über das Ruhen des in erster Instanz anhängig gebliebenen Verfahrensteils gegen den Beklagten zu 1 ein (§ 251 Abs. 1 i.V.m. § 251 a Abs. 3 ZPO). Wegen der Sperrwirkung des § 251 Abs. 2 ZPO war die neue Verjährungsfrist insoweit allerdings gemäß § 202 Abs. 1 BGB auf drei Monate gehemmt, so daß sie erst nach Ablauf der weiteren drei Monate wieder zu laufen begann (§ 217 BGB; vgl. Palandt/ Heinrichs BGB 59. Aufl. § 211 Rdn. 6). Da der Kläger das Verfahren jedoch erst am 21. Februar 1997 aufnahm, war Verjährung eingetreten. Auch die zuvor am 26. September 1996 verfügte Terminsbestimmung des Gerichts, die auf Antrag des Klägers wieder aufgehoben wurde, konnte die bereits abgelaufene Verjährungsfrist nicht mehr unterbrechen. 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, daß § 211 Abs. 2 BGB hier nicht anwendbar sei, weil der Kläger einen triftigen Grund gehabt habe, das Berufungsurteil im Verfahren gegen die Beklagte zu 2 abzuwarten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Anwendungsbereich des § 211 Abs. 2 BGB dahin eingeschränkt, daß nicht jeder Prozeßstillstand ohne Rücksicht auf seinen Entstehungsgrund zu einer Beendigung der Verjährungsunterbrechung führt. § 211 Abs. 2 BGB soll verhindern , daß eine Partei unter Umgehung des § 225 BGB, wonach eine Verjährung durch Vereinbarung weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann, den Verjährungseintritt durch Nichtbetreiben des Prozesses zu Lasten des Schuldners auf unbestimmte Zeit hinausschiebt. Hat die Partei jedoch einen triftigen Grund, das Verfahren einstweilen nicht weiterzuführen, soll ihr § 211 Abs. 2 BGB nicht zum Nachteil gereichen (Senatsurteil vom 27. Januar 1999
- XII ZR 113/97 - NJW 1999, 1101, 1102; BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - LM § 211 BGB Nr. 31 = NJW 1999, 3774 ff., jeweils m.w.N.). Die Anwendbarkeit des § 211 Abs. 2 BGB setzt dabei allerdings weder eine Absicht der Parteien voraus, § 225 BGB zu umgehen, noch kommt es allein auf ihre subjektiven Motive an, das Verfahren nicht weiterzuführen, mögen diese auch von vernünftigen und prozeßwirtschaftlich sinnvollen Erwägungen getragen sein. Aus Gründen der Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs, für den der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns klar erkennbar sein muß, und im Interesse des Schuldners, der durch die gemäß § 211 Abs. 2 BGB wieder beginnende Verjährung geschützt werden soll, sind vielmehr die nach außen erkennbaren Umstände des Prozeßstillstandes maßgebend, aus denen sich der erforderliche "triftige Grund" für die Untätigkeit der Partei ergeben muß (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 aaO S. 1102; BGH, Urteil vom 28. September 1999 aaO; BGHZ 106, 295, 299 m.N.). So reicht es für den Ausschluß des § 211 Abs. 2 BGB noch nicht aus, wenn eine Partei lediglich aus prozeßwirtschaftlichen Erwägungen den Ausgang eines Musterprozesses abwartet (BGH, Urteile vom 21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82 - NJW 1983, S. 2496 ff.; vom 23. April 1998 - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276) oder wenn sie ohne Vorliegen weiterer besonderer Umstände lediglich wegen außergerichtlicher Verhandlungen das Verfahren nicht weiterbetreibt (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 aaO). Daß auch die beklagte Partei mit dem Nichtbetreiben einverstanden ist, steht dem nicht entgegen. Die Parteien haben es in einem solchen Fall in der Hand, einen zeitweiligen Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede zu verabreden, der deren Erhebung dann unzulässig macht (vgl. Staudinger/Peters, 12. Aufl. BGB Bearb. 1995 § 202 Rdn. 31).
Als triftigen, nach außen erkennbaren Grund, der die Anwendung des § 211 Abs. 2 BGB ausnahmsweise hindert, hat der Bundesgerichtshof es aber angesehen, wenn nach Auffassung des Gerichts der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens gegen ein Teilurteil erhebliche Bedeutung für den noch nicht entschiedenen Verfahrensteil hat und die Parteien deshalb auf Antraten des Gerichts erst den Ausgang des Berufungsverfahrens abwarten (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1978 - VII ZR 278/77 - NJW 1979, 810, 811). Hierauf stützt sich das Berufungsgericht mit seiner Rechtsansicht, daß das Verfahren über die Berufung gegen das Teilurteil betreffend die Beklagte zu 2 auch Einfluß auf den beim Landgericht verbliebenen Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1 haben könne und daß deshalb für den Kläger ein triftiger Grund vorläge, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Das ist indes nicht richtig. Ein der Entscheidung des VII. Zivilsenats zugrunde liegender vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. In dem Teilurteil des Landgerichts war die Passivlegitimation der Beklagten zu 2 verneint und die Klage schon aus diesem Grunde abgewiesen worden. Es war zum einen ungewiß, ob das Berufungsgericht die Passivlegitimation bejahen und dann ein Grundurteil erlassen würde, in dem es sich mit allen Voraussetzungen des Anspruchsgrundes auseinandersetzen würde, die auch Bedeutung für die Klage gegen den Beklagten zu 1 hätten haben können. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen wäre, hätte die Entscheidung des Berufungsgerichts zum anderen keinen Einfluß auf den beim Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits gegen den Beklagten zu 1 gehabt, wovon im übrigen auch das Landgericht ausgegangen war, welches alsbald nach Erlaß seines Teilurteils erneut terminiert hatte. An die Rechtsansicht des Berufungsgerichts wäre das Landgericht nämlich nur insoweit gebunden gewesen , als sie der Aufhebung zugrunde gelegen hätte, mithin lediglich hinsichtlich der Frage der Passivlegitimation der Beklagten zu 2 (BGHZ 51, 131, 135). An
mögliche Ausführungen des Berufungsgerichts zum Anspruchsgrund hätte dagegen im Verhältnis zum Beklagten zu 1 keine Bindung bestanden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts macht es auch einen Unterschied, ob das Teilurteil - wie hier - einen von mehreren Streitgenossen betrifft oder - wie in dem vom VII. Zivilsenat entschiedenen Fall - einen Teil einer Forderung, für die der Einwand der Verjährung nur einheitlich beurteilt werden konnte und für die daher die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorgreiflich war. Hier waren die Beklagten einfache Streitgenossen (vgl. § 425 BGB; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 62 Rdn. 15). Ihr Verteidigungsvorbringen war jeweils gesondert zu prüfen, wobei das Vorbringen der Beklagten zu 2, die sich lediglich auf ihre fehlende Passivlegitimation berufen und die behaupteten Schäden mit Nichtwissen bestritten hatte, nicht zu einer für den Beklagten zu 1 vorgreiflichen Entscheidung führen konnte. Das ergibt sich auch aus materiell-rechtlichen Erwägungen mit Blick auf § 425 Abs. 2 BGB. Die dort aufgezählten Umstände, unter anderem der Eintritt der Verjährung oder die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Daher muß es jeweils ohne Einfluß auf den anderen Gesamtschuldner bleiben, ob sie gemeinsam oder in getrennten Prozessen verklagt werden. Die Entscheidung eines gegen einen der Gesamtschuldner geführten Verfahrens, auch in der Rechtsmittelinstanz, hat daher für das andere, parallel geführte Verfahren gegen den zweiten Gesamtschuldner nicht mehr Bedeutung als es ein Musterprozeß hätte. Für diesen aber kommt eine Ausnahme von der Regelung des § 211 Abs. 2 BGB nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 21. Februar 1983 aaO S. 2497; vom 23. April 1998 aaO S. 2276). 3. Daß auch der Beklagte zu 1 nicht an einer Fortführung des Prozesses vor Abschluß des Rechtsmittelverfahrens interessiert war, liegt auf der Hand, berechtigt aber noch nicht zu der Annahme, daß er damit stillschweigend mit
einer weiteren Unterbrechung der Verjährung einverstanden gewesen wäre. Für ein pactum de non petendo reicht der Vortrag des Klägers nicht aus. Hierfür wäre ein - auch konkludent möglicher - Vertrag zwischen den Parteien erforderlich , mit dem einverständlich die Verpflichtung des Gläubigers begründet wird, die gerichtliche Geltendmachung seiner Forderung etwa für einen beschränkten Zeitraum einstweilen zu unterlassen. Dieses Ergebnis muß von beiden Parteien gewollt sein. Es genügt nicht, daß der Schuldner das passive Verhalten des Gläubigers nur hinnimmt. Selbst die Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens reicht für sich allein nicht aus (Staudinger/Peters aaO § 202 Rdn. 16 und 18). 4. Schließlich hat auch das vom Kläger eingeleitete selbständige Beweisverfahren nach § 485 ZPO die Verjährung nicht unterbrochen (Senatsurteil BGHZ 128 aaO 79 f.). Davon geht auch der Kläger in seiner Revisionserwiderung aus. Er meint aber, die Einleitung des Beweisverfahrens am 18. Juli 1995 sei zumindest im Rahmen des § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB als "Weiterbetreiben" des Prozesses anzusehen und führe hier zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung. Darin kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar ist der Begriff des "Weiterbetreibens" weit zu verstehen (BGHZ 73, 8, 11 m.N.). Es muß sich aber um eine Prozeßhandlung handeln, die unmittelbar auf den Prozeß einwirkt und
dazu bestimmt und geeignet ist, ihn wieder in Gang zu setzen (Staudinger/ Peters aaO § 211 Rdn. 20, 21 m.N.). Das neben dem Prozeß geführte Beweisverfahren ist ein selbständiges Verfahren, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Daher war auf die Revision des Beklagten das klagabweisende landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an der Anspruch von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 158/07 Verkündet am:
6. November 2008
Bürk,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Hemmung der Verjährung durch Aufnahme von Verhandlungen endet
auch dann, wenn die Verhandlungen der Parteien "einschlafen"; die von der
Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. entwickelten Grundsätze sind auf
das neue Verjährungsrecht zu übertragen.
BGH, Urt. v. 6. November 2008 - IX ZR 158/07 - OLG Bremen
LG Bremen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2008 durch die Richter Prof. Dr. Kayser, Raebel,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 16. August 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Eigentümer einer Sattelzugmaschine mit Auflieger. Er führte als selbständiger Unternehmer Transporte für verschiedene Auftraggeber durch. Zu diesen gehörte bis Juli 2003 die A. mbH A. Transportgesellschaft (im Folgenden ATG). Im Juli 2003 beauftragte er die Beklagte, offene Frachtforderungen in Höhe von insgesamt 4.211,38 € gegen die ATG gerichtlich geltend zu machen. Die ATG hatte die Frachten wegen nicht zurückgegebener Paletten um 3.523,96 € und wegen abhanden gekommenen Transportgutes um 687,42 € gekürzt. Die Beklagte beantragte am 31. März 2004 den Erlass eines Mahnbescheids, welcher der ATG am 10. Mai 2004 zugestellt wurde. Diese legte am 14. Mai 2004 Widerspruch ein. Nach Einzahlung des weiteren Gerichtskostenvorschusses am 19. Mai 2004 erörterte die Beklagte den Anspruch des Klägers am 25. Mai 2004 mit dem Steuerbevollmächtigten B.
der ATG. Dieser nahm am 28. Mai 2004 schriftlich zu den Vertragsbedingungen der ATG Stellung. Danach brachen die Gespräche ab. Am 30. Juni 2005 ging die von der Beklagten gefertigte Anspruchsbegründung beim Mahngericht ein. Nach Abgabe des Mahnverfahrens an das zuständige Amtsgericht erhob die ATG die Einrede der Verjährung. Das Amtsgericht wies die Klage wegen Verjährung der Fracht ab. Das Urteil wurde rechtskräftig.
2
Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der nach Auffassung des Amtsgerichts verjährten Fracht (4.211,38 €) und der im Vorprozess angefallenen Kosten (1.932,33 €) - insgesamt 6.143,71 € - in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte auf Zahlung von 5.146,54 € verurteilt, weil sie den Anspruch auf Zahlung der Fracht in Höhe des für die nicht zurückgegebenen Euro-Paletten einbehaltenen Betrags habe verjähren lassen. Im Übrigen ist die Klage erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in TranspR 2008, 167 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, das Landgericht habe die Beklagte mit Recht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 675 BGB verurteilt, Schadensersatz zu leisten. Gegenansprüche wegen nicht zurückgegebener Paletten hätten der ATG nicht zugestanden. Auf die zwischen dem Kläger und der ATG geschlossenen Frachtverträge sei die einjährige Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB anzuwenden gewesen. Der Auffassung des Landgerichts, für die Beendigung der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB könne auf die Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. zurückgegriffen werden, sei zu folgen. Für die Beendigung der Hemmung der Verjährung genüge ein "Einschlafenlassen" der Verhandlungen. Die im Mai 2004 aufgrund der Verhandlungen mit dem Steuerbevollmächtigten der ATG eingetretene Hemmung der Verjährung sei deshalb sechs Monate nach Zugang des Schreibens des Steuerbevollmächtigen vom 28. Mai 2004 am 1. Dezember 2004 beendet gewesen. Damit sei der Anspruch Anfang April 2005 verjährt.

II.


5
Das rechtliche Ergebnis des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ihre Vertragspflichten schuldhaft verletzt (§ 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB), weil sie begründete Ansprüche des Klägers auf Fracht, welche sie gerichtlich geltend machen sollte, hat verjähren lassen.
6
1. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die von der Klägerin im Ausgangsprozess beanspruchte Fracht (§ 407 Abs. 2 HGB) nicht durch Verrechnung der ATG wegen der fehlenden Paletten erloschen und die Verjährungsfrist für die Fracht der Vorschrift des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB zu entnehmen ist. Gegen die Berechnung des Schadensersatzanspruchs durch das Berufungsgericht (insoweit gekürzte Fracht zuzüglich anteiliger Verfahrenskosten) erinnert die Revision ebenfalls nichts. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
7
2. Das Berufungsgericht ist – wie schon das Landgericht – davon ausgegangen , dass die einjährige Verjährungsfrist des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB im Mai 2004 nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses gemäß § 203 BGB gehemmt worden, die Hemmungswirkung aber durch "Einschlafenlassen" der Verhandlungen so frühzeitig in Wegfall geraten sei, dass Verjährung noch vor Begründung der Klage eingetreten sei. Auch das ist richtig.
8
a) Eine Hemmung der Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen die ATG nach § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB ist nicht eingetreten. Die Vorschrift ist auf Ansprüche des Frachtführers nicht anzuwenden. Sie enthält eine Sonderregelung nur für gegen diesen gerichtete Ansprüche. Eine entsprechende Anwendung der Bestimmung auf Ansprüche des Frachtführers kommt mangels einer Regelungslücke nicht in Betracht und wird nach Inkrafttreten des § 203 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch nicht mehr vertreten (vgl. Koller, Transportrecht, 6. Aufl. § 439 HGB Rn. 32).
9
b) Trotz zeitweiser Hemmung der Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB sind die Ansprüche der Klägerin gegen die ATG nach § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt. Nach § 203 Satz 1 BGB ist die Verjährung im Fall schwebender Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Eine entsprechende Formulierung fand sich bereits in § 852 Abs. 2 BGB a.F.
10
aa) Zu dieser Vorschrift hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden , dass es für eine Beendigung der Hemmung ausreiche, wenn der Ersatzberechtigte die Verhandlungen "einschlafen" lasse. Ein Abbruch der Verhandlungen durch ein solches "Einschlafenlassen" ist dann anzunehmen, wenn der Be- rechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (BGHZ 152, 298, 303; BGH, Urt. v. 6. März 1990 – VI ZR 44/89, VersR 1990, 755, 756; v. 1. März 2005 – VI ZR 101/04, NJW-RR 2005, 1044, 1047).
11
bb) Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass diese Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 203 Satz 1 BGB Geltung haben (BGH, Urt. v. 30. Oktober 2007 - X ZR 101/06, WM 2008, 656, 659 Rn. 24; Beschl. v. 27. März 2008 – IX ZR 185/05, zitiert nach juris; ebenso OLG Düsseldorf OLGR 2006, 518; KG KGR 2008, 368; LAG Rheinland-Pfalz DB 2008, 592 [LS]; Erman /Schmidt-Räntsch, BGB 12. Aufl. § 203 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. § 203 Rn. 8; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 203 Rn. 4; Staudinger /Frank Peters, BGB Neubearbeitung 2004 § 203 Rn. 13; a. A. OLG Koblenz NJW 2006, 3150, 3152).
12
(1) Dies entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren verlautbarten Verständnis der Norm (vgl. BT-Drucks. 14/6857 S. 43). Auf die Prüfbitte des Bundesrats , ob nicht durch eine besondere Formulierung in § 203 BGB sicherzustellen sei, die Verjährung von Ansprüchen nicht auf unabsehbare Zeit dadurch zu hemmen, dass Verhandlungen nicht weiterbetrieben werden (vgl. BTDrucks. aaO S. 7), hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass dem berechtigten Anliegen des Bundesrates durch den Entwurf sogar besser Rechnung getragen werde als durch die vorgeschlagene Ergänzung. Beim "Einschlafen" von Verhandlungen werde die Verjährungsfrist nicht auf unbestimmte Zeit gehemmt, weil für die Auslegung der (später beschlossenen) Entwurfsfassung auf die Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden könne, in der diese Frage bereits geklärt sei. Danach war nicht beabsichtigt, dass von einer Verweigerung des Schuldners nur im Fall einer ausdrücklichen Ablehnung der Fortsetzung der Verhandlungen auszugehen sei. Hierfür ist auch kein berechtigtes Bedürfnis erkennbar. Anderenfalls könnte die Frage der Begründetheit des Anspruchs auf unabsehbare Zeit in der Schwebe gelassen werden, indem die Verhandlungen nicht weitergeführt werden. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, innerhalb angemessener Fristen für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (BGHZ 59, 72, 74; Palandt /Heinrichs, aaO Überblick vor § 194 Rn. 9), nicht zu vereinbaren.
13
(2) Eine andere Sichtweise ist - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht wegen der Besonderheit der Ansprüche des Klägers, die der kurzen Verjährung des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB unterliegen, geboten. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer Verweigerung der Fortsetzung von Vergleichsverhandlungen und damit der Beendigung der Hemmung der Verjährung nach § 203 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen werden muss, bedeutet es keinen Unterschied, ob der Anspruch einer kurzen - einjährigen - Verjährung unterliegt oder ob er innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB oder einer anderen Frist geltend zu machen ist. In allen Fällen ist das Ende der Hemmung der Verjährung durch Vergleichsverhandlungen einheitlich zu bestimmen. Eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs der "Verweigerung" in § 203 Satz 1 BGB im Blick auf die jeweilige Verjährungsfrist führt zu Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit. Die Regelung könnte ihren Zweck, die verjährungsrechtlichen Folgen der Aufnahme von Verhandlungen über den Anspruch zu regeln, dann nicht mehr erfüllen.
14
3. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag schuldhaft verletzt. Ein Anwalt, der von seinem Mandanten beauftragt wird, dessen Rechte gegenüber einem säumigen Schuldner wahrzunehmen, ist vertraglich verpflichtet , Vorkehrungen schon gegen eine drohende Verjährung zu treffen. Diese Pflicht setzt wesentlich früher ein als der Eintritt der Verjährung selbst. Sie entsteht in der Regel spätestens dann, wenn ein Rechtsanwalt Dispositionen trifft, die das Risiko der Verjährung erhöhen (BGH, Urt. v. 18. März 1993 – IX ZR 120/92, WM 1993, 1376, 1377; v. 28. November 1996 – IX ZR 39/96, WM 1997, 321 f). Sie kann auch nach risikoerhöhenden Unterlassungen eingreifen (BGH, Urt. v. 28. November 1996 aaO S. 322). Nach dem Gebot des "sichersten Weges" hätte die Beklagte zum einen berücksichtigen müssen, dass auf die Ansprüche des Klägers die kurze Verjährung des § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB anzuwenden war. Zum anderen durfte sie nicht auf die Anwendung des § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB vertrauen. Unmittelbar lagen die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Norm nicht vor. Eine entsprechende Anwendung auf Ansprüche des Frachtführers wurde nach Inkrafttreten des neu gefassten § 203 Satz 1 BGB nicht mehr ernsthaft vertreten. Die Beklagte hätte deshalb mit der Anwendung des § 203 BGB rechnen müssen. Nach dieser Regelung war sie verpflichtet , im Fall des Einschlafens der Verhandlungen das Ende der Verjährungshemmung entsprechend der zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. ergangenen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 203 Satz 1 BGB n.F. war aufgrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift sehr nahe liegend. Hätte die Beklagte dies beachtet, hätte sie den Anspruch des Klägers nicht erst nach Eintritt der Verjährung begründet. Die ATG wäre verurteilt worden, die noch offene Fracht zu bezahlen.
Kayser Raebel Gehrlein Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 02.03.2007 - 4 O 1496/06 a -
OLG Bremen, Entscheidung vom 16.08.2007 - 2 U 29/07 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 85/98 Verkündet am:
18. Oktober 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zur Frage der Beendigung der Verjährungsunterbrechung, wenn das Gericht nach
Abweisung der Klage gegen einen Streitgenossen das Ruhen des Verfahrens gegen
den anderen Streitgenossen anordnet und dieser das Verfahren erst nach
Beendigung eines Rechtsmittelverfahrens über das Teilurteil aufnimmt.

b) Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens stellt kein "Weiterbetreiben"
des Prozesses im Sinne von § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB dar.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 85/98 - OLG Köln
LG Bonn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. März 1998 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Schlußurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 16. Mai 1997 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses, hatte 1970 zunächst das Erdgeschoß und 1971 das gesamte Haus an die Beklagte zu 2, die mittlerweile geschiedene Ehefrau des Beklagten zu 1, zum Betrieb eines Spielclubs vermietet. Im Juni 1977 wurden zwei schriftliche Mietverträge über das Anwesen zum Zwecke des Betriebs eines Spielcasinos und einer Nachtbar geschlossen, von denen der erste Vertrag von beiden Beklagten, der zweite nur vom Beklagten zu 1 unterzeichnet wurde. Zwischen den Parteien war strei-
tig, ob die Beklagte zu 2 seit 1977 Mitmieterin war. Das Mietverhältnis endete nach mehrfachen Verlängerungen, die der Beklagte zu 1 unterzeichnet hatte, zum 31. Dezember 1993. Laut Mietvertrag waren die Mieter zu notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen, Schönheitsreparaturen und zum Rückbau etwaiger Einbauten verpflichtet. Das Haus befand sich bei der Übergabe am 28. Dezember 1993 in einem schlechten Zustand. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 1993 forderte der Kläger die Beklagten unter Hinweis auf verschiedene , bei der ersten Besichtigung überschlägig festgestellte Schäden auf, bis spätestens 20. Januar 1994 alle Einbauten zu entfernen, das Objekt wieder benutzbar zu machen und die erforderlichen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Für den Fall, daß die Beklagten innerhalb der gesetzten Frist weder die Arbeiten durchführen noch ein entsprechendes Anerkenntnis abgeben würden, kündigte er an, die Kosten durch einen Architekten ermitteln zu lassen und sie gegenüber den Beklagten geltend zu machen. Da die Beklagten dem in der Folge nicht nachkamen, reichte der Kläger am 10. Juni 1994 Klage auf Schadensersatz in Höhe von rund 311.435 DM wegen nicht durchgeführter Reparaturen und wegen eines Mietausfallschadens ein. Die Klage wurde den Beklagten am 24. Juni 1994 zugestellt. Später reduzierte der Kläger die Forderung auf rund 228.667 DM. Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 13. Dezember 1994 die Klage gegen die Beklagte zu 2 mit der Begründung abgewiesen, daß sie seit Juni 1977 nicht mehr Mitmieterin gewesen sei und daher nicht hafte. Das vom Kläger angestrengte Berufungsverfahren endete mit Vergleich vom 17. September 1996. In dem in erster Instanz zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 anhängig gebliebenen Rechtsstreit wurde im Termin vom 7. März 1995 das
Ruhen des Verfahrens angeordnet, nachdem der Kläger in diesem Termin nicht erschien und der Beklagte keinen Sachantrag stellte. Nach Abschluß des Berufungsverfahrens über das Teilurteil nahm der Kläger mit am 21. Februar 1997 eingegangenen Schriftsatz das Verfahren gegen den Beklagten zu 1 auf und verlangte nunmehr auf der Grundlage eines mittlerweile durchgeführten selbständigen Beweissicherungsverfahrens Schadensersatz in Höhe von 156.375 DM. Der Beklagte zu 1 berief sich auf Verjährung. Das Landgericht hat durch Schlußurteil die Klage gegen den Beklagten zu 1 wegen Verjährung gemäß § 558 BGB abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts ab, erklärte die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt und verwies die Sache zur Verhandlung über die Höhe der Forderung an das Landgericht zurück. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten zu 1.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten zu 1 hat Erfolg, da die Forderung des Klägers verjährt ist.

I.

Das Oberlandesgericht hat die Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten dem Grunde nach angenommen. Diesen Ansprüchen stehe auch nicht die Einrede der Verjährung nach § 558 BGB entgegen. Der Ansicht des Landgerichts, daß die durch rechtzeitige Klageerhebung bewirkte Unterbrechung der Verjährung gemäß § 211 Abs. 2 BGB wieder beendet worden sei und die Verjährung von neuem zu laufen begonnen habe, weil der Kläger das Verfahren gegen den Beklagten zu 1 nach Erlaß des Teilurteils gegen die Beklagte zu 2 zunächst nicht weiterbetrieben habe, sei nicht zu folgen. § 211 Abs. 2 BGB, der lediglich eine Umgehung des § 225 BGB verhindern und den Eintritt der Verjährung nicht dem Belieben der Parteien überlassen wolle, sei unanwendbar, wenn die Parteien zunächst die Berufungsentscheidung über ein Teilurteil abwarten wollten, welches für den noch nicht entschiedenen Teil bedeutsam sei. Das sei hier der Fall gewesen. Denn wäre im Berufungsverfahren gegen die Beklagte zu 2 deren Passivlegitimation bejaht worden, hätte in der Sache selbst zumindest ein Grundurteil ergehen müssen, das sich mit den Voraussetzungen des Anspruchsgrundes hätte auseinandersetzen müssen. Dieses hätte zumindest teilweise auch für den Anspruch gegen den Beklagten zu 1 Bedeutung gehabt. Dabei mache es keinen Unterschied, ob das Teilurteil einen von mehreren Streitgenossen betreffe oder einen Teil des gegen einen Beklagten geführten Rechtsstreites. Daher habe unter prozeßwirtschaftlichen Gesichtspunkten für den Beklagten zu 1 ein triftiger Grund bestanden, den beim Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsmittelverfahrens gegen die Beklagte zu 2 ruhen zu lassen. Davon sei im Grunde auch der Beklagte zu 1 ausgegangen, da er gegen den im Termin vom 7. März 1995 nicht
erschienenen Kläger nicht etwa ein Versäumnisurteil, sondern nur das Ruhen des Verfahrens beantragt habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, daß sowohl für den Anspruch auf Erfüllung der vertraglichen Reparatur- und Beseitigungspflichten als auch für die Schadensersatzansprüche wegen Verzuges mit diesen Pflichten innerhalb der hierfür gesetzten Frist (§ 326 BGB) und wegen positiver Forderungsverletzung die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der Mietsache beziehungsweise ab Umwandlung des Erfüllungsanspruches in den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gilt (§ 558 BGB; st.Rspr. vgl. BGHZ 107, 179, 182 ff.; Senatsurteil BGHZ 128, 74, 81; Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 281/95 - MDR 1998, 272 ff. = NJW 1998, 1303 ff.). Die Verjährung der hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche begann mit Ablauf der vom Kläger für die Reparaturarbeiten bis zum 20. Januar 1994 gesetzten Frist. Noch innerhalb der Frist hatte der Kläger die Schadensersatzansprüche mit der am 10. Juni 1994 eingereichten und am 24. Juni 1994 zugestellten Klage rechtshängig gemacht und die Verjährung unterbrochen (§§ 209 Abs. 1 BGB). Die Unterbrechung dauert gemäß § 211 Abs. 1 BGB an, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist. Jedoch bestimmt § 211 Abs. 2 BGB, daß die Unterbrechung der Verjährung mit der letzten Prozeß-
handlung des Gerichts oder der Parteien endet und die Verjährungsfrist erneut zu laufen beginnt, wenn der Prozeß infolge einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand gerät. Ein solcher Stillstand trat hier mit dem Beschluß des Landgerichts vom 7. März 1995 über das Ruhen des in erster Instanz anhängig gebliebenen Verfahrensteils gegen den Beklagten zu 1 ein (§ 251 Abs. 1 i.V.m. § 251 a Abs. 3 ZPO). Wegen der Sperrwirkung des § 251 Abs. 2 ZPO war die neue Verjährungsfrist insoweit allerdings gemäß § 202 Abs. 1 BGB auf drei Monate gehemmt, so daß sie erst nach Ablauf der weiteren drei Monate wieder zu laufen begann (§ 217 BGB; vgl. Palandt/ Heinrichs BGB 59. Aufl. § 211 Rdn. 6). Da der Kläger das Verfahren jedoch erst am 21. Februar 1997 aufnahm, war Verjährung eingetreten. Auch die zuvor am 26. September 1996 verfügte Terminsbestimmung des Gerichts, die auf Antrag des Klägers wieder aufgehoben wurde, konnte die bereits abgelaufene Verjährungsfrist nicht mehr unterbrechen. 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, daß § 211 Abs. 2 BGB hier nicht anwendbar sei, weil der Kläger einen triftigen Grund gehabt habe, das Berufungsurteil im Verfahren gegen die Beklagte zu 2 abzuwarten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Anwendungsbereich des § 211 Abs. 2 BGB dahin eingeschränkt, daß nicht jeder Prozeßstillstand ohne Rücksicht auf seinen Entstehungsgrund zu einer Beendigung der Verjährungsunterbrechung führt. § 211 Abs. 2 BGB soll verhindern , daß eine Partei unter Umgehung des § 225 BGB, wonach eine Verjährung durch Vereinbarung weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann, den Verjährungseintritt durch Nichtbetreiben des Prozesses zu Lasten des Schuldners auf unbestimmte Zeit hinausschiebt. Hat die Partei jedoch einen triftigen Grund, das Verfahren einstweilen nicht weiterzuführen, soll ihr § 211 Abs. 2 BGB nicht zum Nachteil gereichen (Senatsurteil vom 27. Januar 1999
- XII ZR 113/97 - NJW 1999, 1101, 1102; BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - LM § 211 BGB Nr. 31 = NJW 1999, 3774 ff., jeweils m.w.N.). Die Anwendbarkeit des § 211 Abs. 2 BGB setzt dabei allerdings weder eine Absicht der Parteien voraus, § 225 BGB zu umgehen, noch kommt es allein auf ihre subjektiven Motive an, das Verfahren nicht weiterzuführen, mögen diese auch von vernünftigen und prozeßwirtschaftlich sinnvollen Erwägungen getragen sein. Aus Gründen der Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs, für den der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns klar erkennbar sein muß, und im Interesse des Schuldners, der durch die gemäß § 211 Abs. 2 BGB wieder beginnende Verjährung geschützt werden soll, sind vielmehr die nach außen erkennbaren Umstände des Prozeßstillstandes maßgebend, aus denen sich der erforderliche "triftige Grund" für die Untätigkeit der Partei ergeben muß (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 aaO S. 1102; BGH, Urteil vom 28. September 1999 aaO; BGHZ 106, 295, 299 m.N.). So reicht es für den Ausschluß des § 211 Abs. 2 BGB noch nicht aus, wenn eine Partei lediglich aus prozeßwirtschaftlichen Erwägungen den Ausgang eines Musterprozesses abwartet (BGH, Urteile vom 21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82 - NJW 1983, S. 2496 ff.; vom 23. April 1998 - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276) oder wenn sie ohne Vorliegen weiterer besonderer Umstände lediglich wegen außergerichtlicher Verhandlungen das Verfahren nicht weiterbetreibt (Senatsurteil vom 27. Januar 1999 aaO). Daß auch die beklagte Partei mit dem Nichtbetreiben einverstanden ist, steht dem nicht entgegen. Die Parteien haben es in einem solchen Fall in der Hand, einen zeitweiligen Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede zu verabreden, der deren Erhebung dann unzulässig macht (vgl. Staudinger/Peters, 12. Aufl. BGB Bearb. 1995 § 202 Rdn. 31).
Als triftigen, nach außen erkennbaren Grund, der die Anwendung des § 211 Abs. 2 BGB ausnahmsweise hindert, hat der Bundesgerichtshof es aber angesehen, wenn nach Auffassung des Gerichts der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens gegen ein Teilurteil erhebliche Bedeutung für den noch nicht entschiedenen Verfahrensteil hat und die Parteien deshalb auf Antraten des Gerichts erst den Ausgang des Berufungsverfahrens abwarten (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1978 - VII ZR 278/77 - NJW 1979, 810, 811). Hierauf stützt sich das Berufungsgericht mit seiner Rechtsansicht, daß das Verfahren über die Berufung gegen das Teilurteil betreffend die Beklagte zu 2 auch Einfluß auf den beim Landgericht verbliebenen Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1 haben könne und daß deshalb für den Kläger ein triftiger Grund vorläge, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Das ist indes nicht richtig. Ein der Entscheidung des VII. Zivilsenats zugrunde liegender vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor. In dem Teilurteil des Landgerichts war die Passivlegitimation der Beklagten zu 2 verneint und die Klage schon aus diesem Grunde abgewiesen worden. Es war zum einen ungewiß, ob das Berufungsgericht die Passivlegitimation bejahen und dann ein Grundurteil erlassen würde, in dem es sich mit allen Voraussetzungen des Anspruchsgrundes auseinandersetzen würde, die auch Bedeutung für die Klage gegen den Beklagten zu 1 hätten haben können. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen wäre, hätte die Entscheidung des Berufungsgerichts zum anderen keinen Einfluß auf den beim Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits gegen den Beklagten zu 1 gehabt, wovon im übrigen auch das Landgericht ausgegangen war, welches alsbald nach Erlaß seines Teilurteils erneut terminiert hatte. An die Rechtsansicht des Berufungsgerichts wäre das Landgericht nämlich nur insoweit gebunden gewesen , als sie der Aufhebung zugrunde gelegen hätte, mithin lediglich hinsichtlich der Frage der Passivlegitimation der Beklagten zu 2 (BGHZ 51, 131, 135). An
mögliche Ausführungen des Berufungsgerichts zum Anspruchsgrund hätte dagegen im Verhältnis zum Beklagten zu 1 keine Bindung bestanden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts macht es auch einen Unterschied, ob das Teilurteil - wie hier - einen von mehreren Streitgenossen betrifft oder - wie in dem vom VII. Zivilsenat entschiedenen Fall - einen Teil einer Forderung, für die der Einwand der Verjährung nur einheitlich beurteilt werden konnte und für die daher die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorgreiflich war. Hier waren die Beklagten einfache Streitgenossen (vgl. § 425 BGB; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 62 Rdn. 15). Ihr Verteidigungsvorbringen war jeweils gesondert zu prüfen, wobei das Vorbringen der Beklagten zu 2, die sich lediglich auf ihre fehlende Passivlegitimation berufen und die behaupteten Schäden mit Nichtwissen bestritten hatte, nicht zu einer für den Beklagten zu 1 vorgreiflichen Entscheidung führen konnte. Das ergibt sich auch aus materiell-rechtlichen Erwägungen mit Blick auf § 425 Abs. 2 BGB. Die dort aufgezählten Umstände, unter anderem der Eintritt der Verjährung oder die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Daher muß es jeweils ohne Einfluß auf den anderen Gesamtschuldner bleiben, ob sie gemeinsam oder in getrennten Prozessen verklagt werden. Die Entscheidung eines gegen einen der Gesamtschuldner geführten Verfahrens, auch in der Rechtsmittelinstanz, hat daher für das andere, parallel geführte Verfahren gegen den zweiten Gesamtschuldner nicht mehr Bedeutung als es ein Musterprozeß hätte. Für diesen aber kommt eine Ausnahme von der Regelung des § 211 Abs. 2 BGB nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 21. Februar 1983 aaO S. 2497; vom 23. April 1998 aaO S. 2276). 3. Daß auch der Beklagte zu 1 nicht an einer Fortführung des Prozesses vor Abschluß des Rechtsmittelverfahrens interessiert war, liegt auf der Hand, berechtigt aber noch nicht zu der Annahme, daß er damit stillschweigend mit
einer weiteren Unterbrechung der Verjährung einverstanden gewesen wäre. Für ein pactum de non petendo reicht der Vortrag des Klägers nicht aus. Hierfür wäre ein - auch konkludent möglicher - Vertrag zwischen den Parteien erforderlich , mit dem einverständlich die Verpflichtung des Gläubigers begründet wird, die gerichtliche Geltendmachung seiner Forderung etwa für einen beschränkten Zeitraum einstweilen zu unterlassen. Dieses Ergebnis muß von beiden Parteien gewollt sein. Es genügt nicht, daß der Schuldner das passive Verhalten des Gläubigers nur hinnimmt. Selbst die Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens reicht für sich allein nicht aus (Staudinger/Peters aaO § 202 Rdn. 16 und 18). 4. Schließlich hat auch das vom Kläger eingeleitete selbständige Beweisverfahren nach § 485 ZPO die Verjährung nicht unterbrochen (Senatsurteil BGHZ 128 aaO 79 f.). Davon geht auch der Kläger in seiner Revisionserwiderung aus. Er meint aber, die Einleitung des Beweisverfahrens am 18. Juli 1995 sei zumindest im Rahmen des § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB als "Weiterbetreiben" des Prozesses anzusehen und führe hier zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung. Darin kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar ist der Begriff des "Weiterbetreibens" weit zu verstehen (BGHZ 73, 8, 11 m.N.). Es muß sich aber um eine Prozeßhandlung handeln, die unmittelbar auf den Prozeß einwirkt und
dazu bestimmt und geeignet ist, ihn wieder in Gang zu setzen (Staudinger/ Peters aaO § 211 Rdn. 20, 21 m.N.). Das neben dem Prozeß geführte Beweisverfahren ist ein selbständiges Verfahren, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Daher war auf die Revision des Beklagten das klagabweisende landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz